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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Solothurn nach Niederbipp.

(Vom 12. September 1913.)

Tit.

Durch Bundesbeschluss vom 27. Juni 1906 (E. A. S. XXII, 260) ist einem Initiativkomitee zuhanden einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Strassenbahn von Niederbipp (Station der S. B. B.)

nach Alt-Solothurn (Station der S. B. B.) erteilt worden. In Art. 3 dieses Beschlusses wurde als Sitz der Gesellschaft Niederbipp bestimmt. Unterm 31. August 1912 hat sich nun eine Aktiengesellschaft für den Bau und Betrieb dieser Bahn konstituiert.

Nach eingehender Prüfung aller in Betracht fallenden Verhältnisse kam die Gesellschaft zum Schlüsse, dass die Konzession abgeändert -werden müsse. In einer Eingabe vom 15. Mai 1913 an den Bundesrat führte sie aus, es ergebe sich aus der Prüfung der gegenwärtigen Verhältnisse die Notwendigkeit, die Konzession abzuändern und zu erweitern. Sie stelle daher folgende Begehren: 1. Die Bahn solle als ,,Solothurn-Niederbipp-Bahn" bezeichnet werden.

2. Als Sitz der Gesellschaft solle Solothurn bestimmt werden.

3. Die Konzession sei dahin zu erweitern, dass sie neben der Bewilligung für die Linienführung und den Betrieb nach Alt-Solothurn auch diejenige für ein neues Teilstück vom Baseltor Bundesblatt. 65. Jahrg. Bd. IV.

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in Solothurn über die Aare zur direkten Einfuhrung in den Bahnhof Neu-Solothurn in sich schliesse. Dabei solle es die Meinung haben, dass von den beiden Anschlüssen in Solothurn derjenige nach Neu-Solothurn in erster Linie zur Ausführung gelangen werde.

Zur Begründung ihres Gesuches führt die Gesellschaft im wesentlichen aus, die Änderung in der Bezeichnung der Bahn -- die gegenwärtige Konzession lautet für eine Strassenbahn von Niederbipp nach Alt-Solothurn -- sei von der Aktionärversammlung anlässlich der unterm 26. April 1913 beschlossenen Statutenänderung angenommen worden. Die Verlegung des Gesellschaftssitzes nach Solothurn sei aus praktischen Gründen von den Interessenten herbeigewünscht und in den neuen Statute a festgelegt worden.

Was die Einführung der Bahn in den Bahnhof Neu-Solothurn anbelange, so sei sie vom Kanton Bern verlangt und von der Aktionärversammlung vom 26. April 1913 ebenfalls beschlossen worden. Dieser neue Anschluss werde notwendig, um den mit Rollschemeln zu vermittelnden Güterverkehr besser bedienen zu können. Gleichzeitig komme man damit einem allgemeinen Wunsche entgegen. Der Anschluss an den Bahnhof Neu-Solothurn bedeute aber auch eine Verbesserung der Rentabilität des Bahnunternehmens, indem dadurch der Güterverkehr einen namhaften Zuwachs erhalten werde. Die neue Abzweigung werde zii'ka 100 Meter östlich des Baseltores durch die Rötistrasse über eine neu zu erstellende Aarebrücke direkt zum Bahnhof Neu-Solothura führen. Deren Endstation sei in der Nähe des Aufnahmegebäudt!» des Bundesbahnhofes projektiert. Ausserdem solle ein Anschluss an den Bundesbahnhof selbst mittelst einer Rollschemelanlage erstellt werden.

Wir lassen nachstehend die technischen Hauptangaben filidie neu zu konzessionierende Strecke nach der Station NeuSolothurn folgen : Länge der Bahn: 1323 m.

Spurweite : l m.

Maximalsteigung: 45 °/oo.

Höhenpunkte: Baseltor 444 m, Station Neu-Solothurn 435 in.

Kleinster Halbmesser: 30 m.

Güterverkehr: Normalwagenbeförderung auf Rollschemeln.

Betriebssystem : Elektrizität.

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Der Kostenvoranschlag für diese Strecke setzt sich aus folgenden Posten zusammen : Organisations- u n d Verwaltungskosten . . . .

unterbau Oberbau Hochbau Elektrische Einrichtungen Signale, Einfriedigung Rollmaterial Verschiedenes Total

F r . 6,000 ,, 169,845 ,, 29,106 ,, 3,000.

,, 22,098 ,, 1,654 ,, 16,141 ,, 156 Fr. 248,000

In einer weitern Eingabe vom 18. Juni 1913 an das Eisenbahndepartement stellte die Gesellschaft noch das Gesuch, es möchte ihr gestattet werden, das Bauprojekt und den Finanzausweis für die Strecken Solothurn-Wiedlisbach und WiedlisbachNiederbipp getrennt vorzulegen. Der Finanzausweis könne nämlich zurzeit nicht für die ganze Linie geleistet werden, da der Regierungsrat des Kantons Bern dem Gesuche der Bahngesellschaft um Einzahlung des ersten Fünftels der bernischen Subventionsaktien nicht habe entsprechen können. Anderseits müsse aber mit den Bauarbeiten für den auf solothurnischern Gebiet liegenden Teil der Linie möglichst bald begonnen werden, denn die nacli dem solothurnischen Subventionsgesetze gewährte fünfjährige Frist, um mit dem Bau einer subventionierten Bahn zu beginnen, laufe für die Solothurn-Niederbipp-Bahn schon Mitte Oktober 1913 ab.

Sollten die Bauarbeiten vor letzterem Zeitpunkte auf der solothurnischen Teilstrecke nicht begonnen werden können, so falle die Subvention des Staates Solothurn dahin. Für die Teilstrecke Solothurn-Wiedlisbach könne die Gesellschaft den Finanzausweis aber schon jetzt beibringen, so dass immer noch Aussicht vorhanden wäre, mit den Bauarbeiten auf solothurnischem Gebiete rechtzeitig beginnen zu können, wenn die nachgesuchte getrennte Vorlage des Bauprojektes und des Finanzausweises bewilligt werde.

Um der Gesellschaft entgegenzukommen, schlug das Eisenbahndepartement den Regierungen der Kantone Bern und Solothurn vor, es sei ihr zu gestatten, die Bahn in vier Sektionen auszuführen, nämlich: Solothurn (Baseltor)--Wiedlisbach, Wiedlishach--Niederbipp, Solothurn (Baseltor)--Station Neu-Solothurn und Solothurn (Baseltor)--Station Alt-Solothurn. Die beiden Anschlüsse nach den Stationen Neu- und Alt-Solothurn mussten als eigene

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Sektionen aufgeführt werden, weil die Aarebrücke, über welche die Abzweigung nach der Station Neu-Solothurn führen soll, noch nicht erstellt ist, und diese Abzweigung in der Absicht der Gesellschaft vor dem Anschlüsse an die Station Alt-Solothurn gebaut werden soll. Die beiden Kantonsregierungen erklärten sich mit diesem Vorgehen einverstanden.

Da Titel und Eingang der Konzession, sowie verschiedene Artikel hätten abgeändert werden müssen, und nebstdem eine Konzessionsausdehnung und eine Fristverlängerung zu gewähren waren, erachtete es das Eisenbahndepartement als zweckmässiger, eine neue Konzession zu erteilen. Wie in solchen Fällen üblich, wurde von konferenziellen Verhandlungen Umgang genommen.

Mit dem Konzessionsentwurfe des Departements haben sich sowohl die Kantonsregierungen von Solothurn und Bern mittelst Schreiben vom 8. bezw. 12. August 1913 als die A.-G. Solothurn-Niederbipp-Bahn (Zuschrift vom 25. August 1913) noch einverstanden erklärt.

Der nachstehende Beschlussesentwurf veranlasst uns nur noch zu der Bemerkung, dass den Art. 18 und 22 eine die Vereinheitlichung der Tarifgrundlagen bezweckende Fassung gegeben worden ist, weil die neue Bahn an ihrem Anfangs- und am Endpunkte an das Netz der schweizerischen Bundesbahnen anschliesst und daher voraussichtlich früher oder später direkte Gütertarife einführen wird.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 12. September

1913.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Müller.

Der II. Vizekanzler: Bonzon.

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(Entwurf.)

ßundesbeschluss betreffend

Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Solothurn nach Niederbipp.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben der A.-G. Solothurn-Mederbipp-Bahn vorn 15. Mai und vom 18. Juni 1913 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 12. September 1913, beschliesst: Der Aktiengesellschaft Elektrische Strassenbahn SolothurnNiederbipp wird die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn von S o l o t h u r n (Stationen Neu- und All.-Solothurn der S. B. B.) nach N i e d e r b i p p (Station der S. B. B.) unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

Gleichzeitig wird die durch Bundesbeschluss vom 27. Juni 1906 (E. A. S. XXII, 260) erteilte Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Niederbipp (Station der S. B. B.) nach Alt-Solothurn (Station der S. B. B.) aufgehoben.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

190 Art. 3. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 4. Der Sitz der Gesellschaft ist in Solothurn.

Art. 5. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weiteren Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Das ständige Personal soll schweizerischer Nationalität sein.

Art. 6. Es wird der Gesellschaft gestattet, die Bahn in vier Sektionen auszuführen, nämlich : I. Solothurn (Baseltor)-Wiedlisbach.

II. Wiedlisbach-Niederbipp.

III. Solothurn (Baseltor)-Station Neu-Solothurn.

IV. Solothurn (Baseltor)-Station Alt-Solothurn.

Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen für die erste Sektion nebst den Statuten der Gesellschaft zur Genehmigung einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der ersten Sektion zu beginnen.

Binnen 12 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die erste Sektion zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Für die übrigen Sektionen wird der Bundesrat die Fristen nach Anhörung der Bahngesellschaft und der Kantonsregierungen festsetzen.

Die Nichteinhaltung der Fristen für eine Sektion hat nur den Hinfall der Konzession für die betreffende Sektion zur Folge.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

191 In bezug auf die Benützung der öffentlichen Strassen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die Vorschriften der Beschlüsse des Regierungsrates des Kantons Solothurn vom 27. Februar 1906 und des Regierungsrates des Kantons Bern vom 7. März 1906 betreffend Bewilligung zur Benützung der Staatsstrassen, soweit diese Vorschriften nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zutage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen usw., sind Eigentum des Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe .zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung .gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen ·eines Beamten oder Angestellten übertragen sind, und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Punktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 13. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens fünfmal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und mit Anhalten auf allen Stationen, erfolgen.

192 Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Die Fahrpläne unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit nur einer Klasse aufstellen, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muss.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Für die Beförderung von Personen kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen für den Kilometer der Bahnlänge bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20°/o niedriger anzusetzen als für doppelte einmalige Fahrten.

Kinder unter vier Jahren sind taxfrei zu befördern, sofora für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zwölften Altersjahre ist die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnemenlsbillette zu ermässigter Taxe auszugeben.

Art. 16. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu befördern.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kaiin.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen für 100 Kilogramm und für einen Kilometer bezogen werden.

193 Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisegepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Für die Güterbeförderung sind die Warenklassifikation der schweizerischen Normalspurbahnen und der Normaltarif der schweizerischen Bundesbahnen anzuwenden, wobei die Einrechnung eines Zuschlages von höchstens 150 °/o zu den wirklichen Entfernungen gestattet ist.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, die für Handel, Industrie, Land- und Forstwirtschaft nötigen Ausnahmetarife einzuführen.

Art. 19. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 und für einen Kilometer höchstens 2,5 Rappen zu erheben.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen befördert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 21. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln usw. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, welche vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für die Beförderung von lebenden Tieren ist der für die schweizerischen Bundesbahnen geltende Tarif anzuwenden, wobei die Einrechnung eines Zuschlages von höchstens 150 °/o zu den wirklichen Entfernungen gestattet ist.

Art. 23. Für Gepäck-, Güter- und Tiersendungen kann eine Mindesttaxe erhoben werden, die aber den Betrag von 40 Rappen für eine einzelne Sendung nicht überschreiten darf.

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Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Empfänger auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgiitern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg für volle 20 kg gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg für volle 10 kg 5 das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 27. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens drei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag a.bwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich der Verzinsung des Obligationenkapitals, zu

195 decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung eines genügenden Erneuerungsfonds und eines Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden 'besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sich ergeben.

Art. 30. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsreehte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung des Erneuerungsfonds dazu nicht ausreichen, so ist ein Verhältnismassiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1950 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1950 und 1. Januar 1965 erfolgt, den 22Y2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1965 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert

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des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Erneuerungsfonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder dem Erneuerungsfonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufes der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 31. Haben die Kantone Bern und Solothuo oder die interessierten Gemeinden des Kantons Bern oder die Gemeinde Solothurn den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 30 definiert worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone oder die interessierten Gemeinden haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berschtigt gewesen wäre.

Art. 32. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 1. November 1913 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Solothurn nach Niederbipp. (Vom 12. September 1913.)

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1913

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37

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454

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

17.09.1913

Date Data Seite

185-196

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