347 # S T #

Schweizerische Bundesversammlung.

Die gesetzgebenden Räte der Eidgenossenschaft sind am 29. September 1913, nachmittags 41/2 Uhr, zur Fortsetzung der ordentlichen Sommersession zusammengetreten.

Als neue Mitglieder sind erschienen : Im Nationalrate : Herr Schmid, Robert, Dr. jur., Rechtsanwalt, von Hedingen, in Zürich.

,, Bosset, Frédéric, Landwirt, in La Maladeire b/Payerne.

Im Ständerate: Herr Andermatt, Josef, Staatsanwalt in Baar: ,, Laely, Andreas, Regierungsrat, in Chur.

Im Nationalrate eröffnete Herr Präsident Spahn die Session mit folgender Ansprache : Meine Herren !

.

Abermals haben wir den Verlust eines unserer Kollegen zu beklagen. In der Nacht zum 15. Juli verschied nach kurzer Krankheit auf seinem Gute ,,Gerensteg" in Rifferswil Herr Nationalrat Hauser. Niemand hätte es dem grossen und starken Manne angesehen, dass ihm nur noch so kurze Zeit seines Bleibens und Wirkens unter uns beschieden sei. Im Jahre 1854 geboren, hatte der Dahingeschiedene nach Absolvierung der Volks- und Sekundärschule die Absicht und den Wunsch, Theologie zu studieren. Allein der frühe Tod seines Vaters zwang ihn, auf diesen Wunsch zu verzichten und sich der Bewirtschaftung des väterlichen Bauerngutes zu widmen. Er tat das mit ebenso grosser Hingebung als Umsicht, sodass auch der Erfolg seiner Tätigkeit nicht ausbleiben konnte. Selbst ein tüchtiger Landwirt, brachte er allen Bestrebungen zur Hebung und Kräftigung des Bauernstandes und zur Förderung der Landwirtschaft sein lebhaftestes Interesse entgegen. Als Redaktor bäuerlicher Fachzeitungen, als Redner im Ratssaal und in Volksversammlungen betätigte er sich in intensiver Arbeit für die Verbesserung des landwirtschaftlichen Bildungswesens, für die Heranbildung eines tüchtigen Bauernstandes und überhaupt für alle ihn bewegenden,

348

volkswirtschaftlichen und politischen Fragen. Der rege Elildungstrieb und Lerneifer, der schon den Jüngling zum Studium geführt hatte, blieb ihm zeitlebens erhalten. Die Bücher blieben seine guten Freunde; aus ihnen holte er sich Rat und Belehrung, wie er auch, als Freund und Kenner der Litteratur, aus unsern grossen Dichtern ideales Streben und eine reiche Herzens- und Gemütsbildung schöpfte. Hausers Arbeit galt aber nicht bloss dem Bauernstände; er wusste zu wohl, dass kein Teil das Ganze ist, und dass nur die Arbeit dem Vaterlande frommt, die dem ganzen Volke geweiht ist. Ihm zu nützen und dem Vaterlande zu dienen war sein vornehmstes Ziel. Seine Mitbürger erkannten wohl und anerkannten auch seine uneigennützigen Absichten und den Wert seiner Arbeit. Sie sandten ihn als den Mann ihres Vertrauens in die Ra.tssäle des Kantons und des Bundes.

Hauser gehörte unserm Rate nur drei Jahre an, eine viel zu kurze Zeit, als dass er hier zur vollen Entfaltung seines Wesens und seiner Fähigkeiten Gelegenheit gehabt hätte. Aber aus seinen Voten, denen bei aller sachlichen Gründlichkeit der ideale Schwung nicht fehlte, sowie im persönlichen Verkehr lernten wir ihn kennen und schätzen als gescheiten und fähigen Kopf und als guten Bürger und ehrenwerten, liebenswürdigen Kollegen. Wir werden den Dahingeschiedenen stets in freundlicher Erinnerung bewahren.

Im Ständerate wurde die Session von Herrn Präsident Kunz mit folgender Ansprache eröffnet: Meine Herren Ständei-äte !

Seit unserer letzten Tagung hat der unerbittliche Tod wiederum ein Opfer unter den Mitgliedern der schweizerischen Bundesversammlung gefordert.

In der Nacht des 14. Juli ist in seinem Heimatsorte Rifferswil Nationalrat Joh. J a k o b H a u s e r im Alter von bloß 59 Jahren ganz unerwartet einem Herzschlage erlegen. Die Trauerkunde von dem Hinscheide dieses trefflichen Marines hat nicht nur im engern Kreise seiner Familie und seiner Freunde, sondern weitumher im Lande überall herzliche Teilnahme gefunden.

J. J. Hauser wurde im Jahre 1854 in Rifferswil geboren.

Ursprünglich zum Studium der Theologie bestimmt, musste er infolge des allzufrühen Hinscheides seines Vaters auf diesen seinen Lieblingswunsch verzichten und im Alter von kaum 17 Jahren

349

im Verein mit seiner Mutter die Leitung der elterlichen Gutswirtschaft übernehmen.

Er wurde Landwirt und hat sich in diesem Berufe durch rastlosen Fleiss und freudige Schaffenskraft sehr bald eine angesehene Stellung erworben. Daneben fand er Zeit, an seiner allgemeinen Bildung weiterzuarbeiten und durch Selbststudium sich ein reiches Wissen und grosse Erfahrungen zu erwerben, was ihm gestattete, mit einem gewissen Erfolg literarisch als Volksdramatiker und als Redaktor des ,,Bauernfreundes" vor die Öffentlichkeit zu treten.

Seiner engern Heimat hat Hauser in verschiedenen öffentlichen Stellungen grosse und wertvolle Dienste geleistet, so als Mitglied der Kirchen- und Armenpflege und des Gemeinderates von Rifferswil.

Im Zürcher Kantonsrat, dem er seit dem Jahre 1899 bis zu seinem Tode angehörte, war Hauser ein gern gehörter Redner und ein geschickter und sachkundiger Verteidiger der landwirtschaftlichen Interessen.

Im Juni 1910 wurde er als Nachfolger von Statthalter Studier in den schweizerischen Nationalrat gewählt. Die Zeit seiner Mitgliedschaft in diesem Rate war zu kurz, als dass er sich hätte eine führende Stellung erringen oder als Redner und Parlamentarier hervortun können. Aber er war ein angesehenes Mitglied sowohl des Rates wie namentlich des landwirtschaftlichen Klubs, und mit grosser Genugtuung sind seine Bestrebungen anerkannt worden, den Zusammenhang zwischen dem Bauernstand und den übrigen wirtschaftlichen Verbänden aufrechtzuerhalten im Interesse einer gemeinsamen Arbeit für eine gedeihliche Entwicklung unseres ganzen Vaterlandes.

Ausgestattet mit scharfem Verstande, einem geraden und offenen Sinn für Recht und Wahrheit, hat er, unbekümmert um der Parteien Gunst oder Ungunst, die nach reiflicher Prüfung gewonnene Überzeugung überall mannhaft vertreten und sich damit die Achtung aller derer erworben, welche mit ihm in Verkehr getreten sind.

Der schwer geprüften Familie entbieten auch wir heute unser herzliches Beileid und werden dem Verstorbenen ein dankJbares Andenken bewahren.

Meine Herren Kollegen, ich lade Sie ein, sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Sitzen zu erheben.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Schweizerische Bundesversammlung.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1913

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

40

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.10.1913

Date Data Seite

347-349

Page Pagina Ref. No

10 025 141

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.