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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die teilweise Abänderung und Ergänzung des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei (Vom 10. Juli 1951)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die teilweise Abänderung und Ergänzung des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Porstpolizei zu unterbreiten.

Wie in der Botschaft zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Aufhebung des Abbaues von Bundesbeiträgen an die Kosten für Aufforstungen, Verbauungen und Meliorationen in lawinengefährdeten Gegenden (vom 10. Juli 1951) ausgeführt wird, genügen die in jenem Entwurf vorgesehenen Massnahmen nicht, um der durch Lawinenkatastrophen bedrängten Gebirgsbevölkerung wirksame Hilfe zu bringen. Vielmehr ist es notwendig, auch solche Arbeiten, die bisher auf Grund des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei nicht oder nur in ungenügendem Eahmen unterstützt werden konnten, neu oder in erhöhtem Umfang zu fördern.

Der vorliegende Gesetzesentwurf, will nun die Massnahmen, wie sie auf Grund der Bestimmungen des eidgenössischen Forstgesetzes getroffen werden, können, ergänzen beziehungsweise die Bundesbeiträge gemäss Artikel 42 des erwähnten Gesetzes erhöhen für Arbeiten, für die selbst die unabgebauten Ansätze nicht genügen.

Nachdem in der Botschaft zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Aufhobung des Abbaues von Bundesbeiträgen an die Kosten für Aufforstungen, Verbauungen und Meliorationen in lawinengefährdeten Gegenden

498 die allgemeinen Verhältnisse dargelegt wurden, kann hier darauf verwiesen werden. Im nachstehenden wird deshalb nur mehr auf die im beiliegenden Gesetzesentwurf vorgesehenen Arbeiten näher eingetreten. Dabei ist hervorzuheben, dass sich die vorgeschlagenen Massnahmen, welche über die Bestimmungen des eidgenössischen Forstgesetzes hinausgehen, auf die lawinengefährdeten Gebiete beschränken und auch zeitlich befristet sind. Durch diese letztere Bestimmung soll erreicht werden, dass die Arbeiten unverzüglich an die Hand genommen und innerhalb einer bestimmten Frist abgeschlossen werden.

Bei den im Gesetzesentwurf vorgesehenen Arbeiten die bisher auf Grund der Bestimmungen des eidgenössischen Forstgesetzes nicht oder nur ungenügend durch den Bund unterstützt werden konnten handelt es sich um verschiedene und verschieden geartete Massnahmen; deshalb weisen auch die vorgesehenen Beitragsansätze eine Staffelung von 30-80 % auf.

Der Gesetzgeber hat seinerzeit an die Kosten für die W i e d e r a n p f l a n z u n g von Waldflächen, welche durch Waldbrand, Insektensohäden, Lawinenbrach, Windwurf usw. zerstört werden, Bundesbeiträge von 80-50 % (Art. 42, Ziff. S, des eidgenössischen Forstgesetzeß) vorgesehen. Die Festsetzung dieses tiefen Ansatzes erfolgte unter der Annahme, dass der Ertrag aus der Holznutzung einen grossen Teil der Wiederinstandstellungskosten decken werde.

Die Erfahrung lehrt aber, dass die Rüst- und Transportkosten für geworfenes Holz im allgemeinen den Holzerlös übersteigen und die Waldeigentümer in vielen Fällen das Küsten von Lawinenbruchholz u. a. nur unter dem Zwang von Artikel 32 des eidgenössischen Forstgesetzes und auf stetes Drängen der zuständigen Organe des Bundes und der Kantone durchführen. Die Wiederbewaldung solcher Flächen stiess bisher der geringen Beiträge wegen, trotz gesetzlicher Verpflichtung, auf Schwierigkeiten. An ihre Wiederherstellung sollen daher die gleich hohen Beiträge wie für Neuaufforstungen (bis zu 80%) gewährt werden.

Schon bisher war es möglich, an die Kosten für Lawinenablenkmauern und Spaltkeile, also für unmittelbare Schutzmassnahmen bedrohter Waldungen, Bundesbeiträge auszurichten. Diese Lösung wurde, unter weitherziger Auslegung der Bestimmungen des eidgenössischen Forstgesetzes, von jeher auch dort angewendet, wo Siedelungen geschützt werden
mussten, wo aber Verbauungen und Aufforstungen im Anrissgebiet unverhältnismässig hohe Kosten verursacht hätten. Um eine klare Lage zu schaffen, sind diese Arbeiten nun besonders aufgeführt worden und sollen in Zukunft bis zu 80 % aus forstlichen Krediten unterstützt werden. Auch an die Baukosten von Schutzräumen, die bei drohender Gefahr von der Bevölkerung aufgesucht werden können, sind die gleich hohen Beiträge zu gewähren. -- Sofern solche Sioherungsmassnahmen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Siedelungswesen stehen, werden sie auf Grund der dafür gültigen Bestimmungen vom Bunde unterstützt.

499 Bereits die Motion von Nationalrat Bertoni vom 7. Juni 1916 zeigt, welche Bedeutung der Einzäunung bestimmter Flächen, die in Wald übergeführt werden sollen, zukommt. Der Schutz von Anpflanzungen oder natürlich, aufkommender Verjüngung vor dem Zahn und Tritt des Weideviehs ist entscheidend für das Gelingen der Wiederbewaldung eines Gebietes. Die Einfriedigungen, bestehen sie nun aus Holz, Draht oder Mauerwerk, beanspruchen bedeutende finanzielle Mittel und erfordern, auch bei dauerhafter Ausführung, grosse Unterhaltskosten, die vollständig zu Lasten des Waldeigentümers gehen. Dank einer guten Einfriedigung können bedeutende Einsparungen bei den Kulturkosten erzielt werden. Deshalb rechtfertigt es sich, Beiträge bis zu 80 % vorzusehen.

Die Erschliessung einer aufzuforstenden oder zu verbauenden Fläche ist die erste Voraussetzung für die Ausführung und spätere Kontrollo der Verbau- und Aufforstungsarbeiten. Vielerorts ist die Projektfläche abgelegen und schwer zugänglich, so dass diese nur mit grossen Kosten erschlossen werden kann. Ohne genügende Unterstützung durch den Bund können solche Anlagen überhaupt nicht ausgeführt werden. Für diese Arbeiten genügen Schutt- und Begehungswege, welche bei ungünstigen topographischen Verhältnissen und grossen Höhenunterschieden durch einfache Seilanlagen ergänzt werden müssen. An die Kosten der Erschliessung von Verbauungs- und Aufforstungsgebieten ist statt bisher 60 % ein Bundesbeitrag bis zu 60 % vorgeschlagen.

Die Versetzung von O b j e k t e n , welche durch Lawinen gefährdet sind, ist bis jetzt nur in wenigen Fällen vorgenommen worden. Und doch drängt sich diese Massnahme auf, wenn dadurch kostspielige Verbauungen eingespart werden können.

Es rechtfertigt sich deshalb, künftighin an Umsiedelungen, soweit sie nicht Gegenstand des landwirtschaftlichen SiedelungswesenS bilden und dadurch kostspielige Verbauungen in Lawinenanrissgebieten erspart werden können, Bundesbeiträge bis zu 80 % der Kosten aus forstlichen Krediten zu gewähren.

Diese Hilfe ist um so eher am Platze, als es sich zur Hauptsache um finanziell schlecht gestellte Eigentümer handelt, die gegebenenfalls anderswo einen teuren Hausplatz erwerben müssen.

An die Kosten von Galerie- und Tunnelbauten zum Schutze von Bahnen und Strassen wurden bis jetzt keine Bundesbeiträge gewährt. Sowohl
die Bahngesellschaften wie auch die für die Sicherheit des Verkehrs verantwortlichen Kantone waren daher immer bestrebt, an Stelle von Galerien und Tunnel vom Bunde unterstützte Bauten im Anrissgebiet der Lawinen zu erstellen. So wurden z. B. von der Lötschberg- und Ehätisehen Bahn ausgedehnte, kostspielige, von Bund und Kantonen mit grossen Beiträgen unterstützte Verbauungen und Aufforstungen ausgeführt, welche bei Erstellung von Schutzgalerien in bescheidenerem Rahmen genügt hätten.

Zudem vermögen bei ausserordentlichen Schneeverhältnissen, wie sie z. B. im letzten Winter bestanden, auch die besten Verbauungen den Abbruch

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von Schnee nicht unter allen Umständen zu verhindern. Ferner ist zu beachten, dass Galerien, im Gegensatz zu den in grosse» Höhen über Meer (bis 2500 m) erstellten Verbauungen, keinen grossen Unterhaltsaufwand erheischen.

Ursprünglich waren bedeutende Bergbahnen wie die Furka-Oberalp-, die Bernina- und die Visp-Zermatt-Bahn nur für den Sommerbetrieb gebaut worden. Um den notwendig gewordenen Ganzjahresbetrieb zu sichern, mussten nachträglich kostspielige Massnahmen zum Schutze dieser Bergbahnen vor Lawinen getroffen werden. Und auf Grund der im letzten Winter entstandenen gewaltigen Schäden werden ergänzende Schutgbauten nötig werden.

An der Verkehrssicherheit unserer Bahnen und Strassen haben nicht nur einzelne Kantone, sondern das ganze Schweizervolk ein grosses Interesse.

Es rechtfertigt sich deshalb, an Sicher ungsmassnahmen für den Verkehr, wenn dadurch teurere Arbeiten im Anrissgebiet von Lawinen erspart -werden können, Bundesbeiträge bis zu 30 % der Kosten aus forstlichen Krediten zu gewähren.

Diese Arbeiten sollen in engem Einvernehmen zwischen den interessierten Bundesstellen und der Wissenschaft ausgeführt werden; die Kantone werden nicht nur die Projekte auszuarbeiten, sondern auch deren Ausführung zu überwachen haben. Sie werden je nach ihrer Finanzlage einen Teil der Kosten übernehmen und sind später für den guten Unterhalt der Werke verantwortlich.

Da bis zur Aufstellung und Genehmigung der Projekte eine gewisse Zeit verstreichen wird, sollen die dringenden Arbeiten auf Grund vorzeitiger Baubewilligungen begonnen werden können, ohne dass dadurch der Bauherrschaft Nachteile erwachsen. Den späteren Beschlüssen der Bundesbehörda soll aber dadurch in keiner Weise vorgegriffen werden.

Es ist schwierig, heute auch nur den mutmasslichen Kreditbedarf für die vorstehend erwähnten Arbeiten abzuschätzen, da zuverlässige Angaben über die Höhe der eingehenden Kreditbegehren fehlen. Die Mittel werden auf dem ordentlichen Budgetwege zu beschaffen sein; auf Grund der eingehenden Projekte und des Fortschreitens ihrer Verwirklichung ist jeweils der Kreditbedarf festzusetzen. Im Mittel dürfte er sich auf etwa % Million Franken jährlich belaufen.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Gesetzesentwurfes zu empfehlen und benützen diesen Anlass,
um Sie, Herr Präsident und sehr geehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 10. Juli. 1951.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Ed. von Steiger Der Bundeskanzler: Leimgruber

501 (Entwurf)

Bundesgesetz übet

die teilweise Abänderung und Ergänzung des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 10. Juli 1951, beschliosst:

Art, l Das Bundesgesetz vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei wird durch folgende vier Artikel ergänzt: Art. 37bis. Als ausserodentliche Hilfe zur Behebung der Lawinenschäden des Winters 1950/51 und Kur vermehrten Förderung von Aufforstungen und Verbauungen in lawinengefährdeten Gegenden leistet der Bund auch Beiträge an a. die Wiederinstandstellung verlichteter Schutzwaldungen; b. den Bau von Lawinenablenkmauern, Spaltkeilen, Schutzräumen und ähnlichen Werken nicht nur zur Sicherung von Schutzwaldungen, sondern allgemein; c. die Umsiedelung lawinengefährdeter Objekte an sichere Orte sowie an die Erstellung von Galerien zum Schutze von Bahnen, Strassen und Wegen, wenn dadurch kostspielige Verbauungen in Lawinenanrissgebieten erspart werden können.

Art. 42bis. Im Eahmen der ausserordentlichen Hilfe zur Behebung der Lawinenschäden des Winters 1950/51 und zur vermehrten Förderung von Aufforstungen und Verbauungen inlawinengefährdetenn Gegenden kann der Bund Beiträge gewähren: 1. bis zu 80%: a. an die Wiederinstandstellung verlichteter oder durch besondere Vorkommnisse zerstörter Schutzwaldungen, Bundesblatt. 103. Jahrg. Bd. II.

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6. an den Bau von Lawinenablenkmauern, Spaltkeilen, Schutzräumen und ähnliehen Werken, c. an die Erstellung von Einfriedigungen, welche im Zusammenhang mit Aufforstungen und Lawinenschutzmassnahmen notwendig werden; 2. bis zu 60 % an den Bau von Schutt- und Begehungswegen sowie von Seilanlagen in lawinengefährdeten Gegenden; 3. bis zu 30 % an die Umsiedelung lawinengefährdeter Objekte an sichere Orte sowie an den Bau von Galerien zum Schutze von Bahnen, Strassen und Wegen.

Art. 42ter. Die Zusicherung der Bundesbeiträgegemässs Artikel42biss erfolgt unter der Bedingung, dass auch die Kantone die nach ihrer Finanzlage zumutbaren Beiträge leisten.

Art. 42quater. Die Frist für die Gewährung der Bundesbeiträge gemäss Artikel 42bis, Ziffer l und 2, wird auf 80 Jahre und für diejenigen gemäss Ziffer 3 auf 10 Jahre festgesetzt.

Art. 2 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

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1951

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12.07.1951

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