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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer normalspurigen Eisenbahn von Locarno nach Valmara (Landesgrenze).

(Vom 6. Dezember 1913.)

Durch Bundesbeschluss vom 22. Dezember 1898 (E. A. S. XV, 328) haben Sie Herrn Francesco Balli, in Locamo, eine Konzession für den Bau und Betrieb nachfolgender Bisenbahnen erteilt : a. von Locarno nach Bignasco (Valle Maggia) ; b. von Locarno nach Camedo, beziehungsweise bis zur Grenze (Centovalli) ; c. von Locarno bis Valmara, beziehungsweise bis zur Grenze (längs des Langensees).

Die erste dieser drei Linien, nämlich diejenige von Locamo nach Bignasco (Vallemaggiabahn) ist erbaut und seit 1907 in Betrieb.

Die zweite, die sogenannte Centovalli-Bahn, ist gegenwärtig im Bau begriffen und wird in einiger Zeit dem Betriebe übergeben werden können. Die dritte, die Locarno-Valmara-Bahn, bildete den Gegenstand einer besondern Konzession gemäss Ihrem Beschlüsse vom 23. Juni 1905 (E. A. S. XXI, 154) und wurde später zweimal durch Bundesratsbeschlüsse vom 11. Oktober 1907 (E. A. S. XXIII, 282) und vom 23. Juli 1909 (E. A. S. XXV, 242) verlängert.

Die durch diesen letzten Bundesratsbeschluss vom 23. Juli 1909 erstreckte Frist zur Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten, wurde neuerdings um zwei Jahre, d. h. bis zum 1. Juli 1911, verlängert. Da die Frist nicht innegehalten und auch kein weiteres Fristerstreckungsgesuch eingereicht wurde, ist die Konzession erloschen.

Mit Eingaben vom 12. September, 5, Oktober und 19. November 1913 stellte nun Herr Nationalrat Balli das Gesuch um Erneuerung der Konzession für die Locarno-Valmara-Bahn, und zwar nicht mehr auf seinen Namen allein, sondern auf denjenigen

273 eines Initiativkomitees, welches durch die Herren Francesco Balli als Präsident, Nationalrat Evaristo Garbani-Nerini in Locamo, Dr. F. Pedotti, Stadtpräsident in Bellinzona, Nationalrat und Stadtpräsident H. Heller in Luzern, Ständerat G. Kunz, Direktor der Lötschbergbahn in Bern, Nationalrat und Stadtpräsident P. Maillefer in Lausanne, Nationalrat A. de Meuron in Lausanne, Gemeindepräsident C. Miauton in Les Planches (Montreux) und Gemeindepräsident Clausen in Brig, vertreten ist.

Zu diesem Gesuche haben wir folgendes zu bemerken.

Anlässlich der Behandlung eines Gesuches um Erneuerung der Konzession für elektrische Bahnen in den Freibergen durch die Bundesversammlung wurde im Jahre 1911 von der Eisenbahnkommission des Nationalrates der Wunsch geäussert, es möchte zukünftig, wenn eine Konzession infolge Ablaufes der vorgeschriebenen Fristen erloschen ist, nicht die alte Konzession erneuert, sondern eine neue erteilt werden.

Diesem Wunsche Rechnung tragend, haben wir die Eingabe des Herrn Balli um Erneuerung seiner Konzession für die LocarnoValmara-Bahn als Gesuch um Erteilung einer neuen Konzession betrachtet und demgemäss behandelt.

Dabei bemerken wir, dass davon Umgang genommen wurde, das Initiativkomitee zur Einreichung der vorschriftsmässigen Exemplare der Übersichtskarten zuhanden der Mitglieder der Bundesversammlung zu veranlassen, da es sich nur um eine Linie handelt, für die schon eine Konzession bestand. Auch auf die üblichen konferenziellen Verhandlungen konnte verzichtet werden.

Wie den Eingaben des Initiativkomitees zu entnehmen ist, hängt die Ausführung des Bahnprojektes nur noch von den Konzessionsverhandlungen in Rom ab. Das königliche Dekret betreffend die Konzession und die staatliche Subvention der Linie Fondotoce-Valmara soll demnächst veröffentlicht werden.

Dem beigelegten technischen Berichte entnehmen wir nachstehende Angaben : Länge der Bahn: 12,390 m.

Spurweite : 1,435 m.

Höchste Steigung: 10 %o.

Kleinster Halbdurchmesser : 300 m.

Höhenpunkte: Locamo Bahnhof S. B. B. 205,oo; Locamo 206,9o; Ascona 214,40; Ronco 222,oo; Brissago 225,
Zwischenstationen 4.

Gütertransport : vorgesehen.

Betriebsart: Elektrizität oder Dampf.

27-J Der summarische Kostenvoranschlag setzt sich aus folgenden Posten zusammen : Organisation und Verwaltung Fr. 385,548 Verzinsung des Baukapitals ,, 338,64!)

Enteignung und Grunderwerb ,, 490,000 Unterbau ,, 5,129,437 Oberbau ,, 463,620 Hochbauten und mechanische Stationseinrichtungen ,, 147,746 Telephon und Signale ,, 150,000 Mobiliar und Gerätschaften ,.

45,000 Fr. 7,150,000 oder für den Bahnkilometer Fr. 577,000.

In seiner Vernehmlassung vom 6. Oktober 1913 erklärte der Staatsrat des Kantons Tessin, er habe gegen die Erteilung der neuen Konzession nichts einzuwenden.

Von der Generaldirektion der Bundesbahnen, die Gelegenheit erhalten hatte, sich über den Konzessionsentwurf zu äussern, wurden nur in bezug auf die Ruckkaufsbestimmungen einige Änderungen vorgeschlagen, die folgende Punkte betroffen. Nach dem erwähnten Konzessionsentwurf war im Falle des Rückkaufs vor dem I.Januar 1950 als Entschädigung der 25fache Wert des durchschnittlichen Reinertrages der der Ankündigung des Rückkaufes vorangehenden 10 Kalenderjahre zu bezahlen. Es fehlte aber an einer Bestimmung über die Berechnung der Rückkaufsentschädigung im Falle des Rückkaufes innerhalb der ersten 10 Betriebsjahre. Der Konzessionsentwurf wurde daher in dem Sinne ergänzt, dass als Rückkaufspreis in dem genannten Fallo der Betrag der erstmaligen Anlagekosten unter Abzug des Erneuerungsfonds vergütet werden soll. Die alte Konzession enthielt ferner die Bestimmung, dass im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession nach Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung bezahlt werden sollte.

Auf den Vorschlag der Generaldirektion wurde diese Bestimmung dahin geändert, dass ini Falle des Rückkaufs auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Konzession für die Berechnung des Rückkaufspreises die gleichen Bestimmungen gelten sollen, wie im Falle des Rückkaufes nach dem 1. Januar 1965, jedoch mit der Massgabe, dass höchstens die Anlagekosten unter Abzug des Erneucrungsfonds zu vergüten sein werden.

275 Im übrigen weicht der vorliegende Konzessionsentwurf nur insofern von der frühern Konzession ab, als er mit dem für alle neuern Konzessionen gewählten Wortlaut in Übereinstimmung gebracht ist und zur Ermöglichung einer einfachem Tarifgestaltung die Anwendung der für die schweizerischen Bundesbahnen geltenden Tarifgrundlagen vorschreibt.

Weitere Bemerkungen haben wir nicht anzubringen.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme und benützen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 6. Dezember 1913.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Scliatzmann.

(Entwurf.)

ßundesbesehluss betreffend

Konzession einer normalspurigen Eisenbahn von Locamo nach Valmara (Landesgrenze).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. dreier Eingaben des Herrn Francesco Balli, Nationalrat in Locamo, vom 12. September, 5. Oktober und 19. November 1913; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 6. Dezember 1913, beschliesst: Bundesblatt. 65. Jahrg. Bd. V.

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276 Einem Initiativkomitee, vertreten durch die Herren Francese» Balli, Nationalrat in Locamo, als Präsident, Evaristo GarbaniNerini, Nationalrat in Locamo, Dr. F. Pedotti, Stadtpräsident in Bellinzona, H. Heller, Nationalrat und Stadtpräsident in Luzern, G. Kunz, Ständerat und Direktor der Lötschbergbahn in Bern, P. Maillefer, Nationalrat und Stadtpräsident in Lausanne, A. de Meuron, Nationalrat in Lausanne, C. Miauton, Gemeindepräsident in Les Planches (Montreux) und Clausen. Gemeindepräsident in Brig, wird zuhanden einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer Eisenbahn von Locamo nach Valmara (Landesgrenze) unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Locamo.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weiteren Ausschusses soll aus Schweizerbiirgern, welche ihren Wohnsite in der Schweiz haben, bestehen. Das ständige Personal soll schweizerischer Nationalität sein.

Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft zur Genehmigung einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 6. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung

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derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Sie ist ebenfalls verpflichtet, ZerstörungsVorkehrungen, Erweiterungs- und Ergänzungsbauten, die im militärischen Interesse verlangt werden, beim Bau und später auf ihre Kosten auszuführen.

Art. 7. Die Bahn wird mit Spurweite von l,4ss Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität oder Dampf betrieben.

Art. 8. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zutage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen usw., sind Eigentum des Kantons Tessin und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 9. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der B.ahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 10. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben, und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind, und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 11. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und mit Anhalten auf allen Stationen, erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Die Fahrpläne unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

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Art. 13. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach dem Durchgangssystem mit drei Klassen aufstellen.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 14. Für die Beförderung von Personen ist der Normaltarif der schweizerischen Bundesbahnen anzuwenden.

Kinder unter vier Jahren sind taxfrei zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zwölften Altersjahre ist in allen Wagenklassen die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu ermässigter Taxe auszugeben.

Art. 15. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu befördern.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 16. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck ist der Normaltarif der schweizerischen Bundesbahnen anzuwenden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisegepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 17. Für die Güterbeförderung sind die Warenklassittkation der schweizerischen Normalspurbalmen und der Normaltarif und die Ausnahmetarife der schweizerischen Bundesbahnen anzuwenden.

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Art. 18. Für die Beförderung von Edelmetallen, von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 und für den Kilometer eine Taxe von höchstens ein Rappen zu erheben.

Art. 19. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen befördert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe der Stückgutklasse l des Gütertarifs zu erheben.

Art. 20. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für die Beförderung von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln usw. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, welche vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 21. Für die Beförderung lebender Tiere ist der für die schweizerischen Bundesbahnen geltende Tarif anzuwenden.

Art. 22. Die Gesellschaft ist ermächtigt, die in den Art. 14 bis 21 vorgesehenen Tarife und Taxen unter Einrechnung eines Zuschlages von höchstens 20 °/o zu den wirklichen Entfernungen anzuwenden.

Art. 23. Für Gepäck-, Güter- und Tiersendungen kann eine Mindesttaxe erhoben werden, die aber den Betrag von 40 Rappen für eine einzelne Sendung nicht überschreiten darf.

Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss die Beförderung von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladeplätze aufzuliefern und vom Empfänger auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen sind jedoch Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Empfängers, zu treffen (Camionnagedienst).

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungs-

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gutem, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg für volle 20 kg gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg für volle 10 kg; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

· Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 27. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens drei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhiiltnismässigherabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich der Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung eines genügenden Erneuerungsfonds und eines Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus

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dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit Bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgescbäften sich ergeben.

Art. 30. Es bleibt dem Bunde vorbehalten, auf dem Gesetzgebungswege zu beschliessen, dass die Linie, welche den Gegenstand der gegenwärtigen Konzession bildet, von den schweizerischen Bundesbahnen zu bauen sei. In diesem Falle wird die Konzession ohne weiteres hinfällig, und sind die Bundesbahnen gehalten, den Konzessionären die zur Erlangung der Konzession und zum Studium des Projektes notwendigen Ausgaben zu vergüten.

Art. 31. Ist die Linie von den Konzessionären gebaut worden, so gelten für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Tessin, folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann auf 1. Januar jedes Jahres erfolgen.

Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung des Erneuerungsfonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer vor Ablauf von 10 Jahren seit der Eröffnung des Betriebes rechtskräftig wird, den Betrag der erstmaligen Anlagekosten : sofern der Rückkauf nach Ablauf dieser Frist bis zum 1. Januar 1950 erfolgt, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1950 und 1. Januar 1965 -erfolgt^-den 22-Vsfachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1965 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug des Erneuerungsfonds.

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Erfolgt der Rückkauf auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Konzession, so gelten die Rückkaufsbestimmungen der letzten Periode, jedoch mit der Massgabe, dass höchstens die Anlagekosten unter Abzug des Ernouerungsfonds vergütet werden.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

Sollte der Rückkauf früher als 30 Jahre nach der Eröffnung des Betriebes erfolgen, so darf die Entschädigungssumme nicht weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen, jedoch unter Abzug des Erneuerungsfonds, betragen.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder dem Erneuerungsfonds einverleibt wurden.

e. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 32. Hat der Kanton Tessin den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 31 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 33. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am I.Januar 1914 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer normalspurigen Eisenbahn von Locarno nach Valmara (Landesgrenze). (Vom 6. Dezember 1913.)

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10.12.1913

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