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Bundesratsbeschluss Ober

die Beschwerde des Herrn Dr. Aug. Hegner und Genossen in Lachen betreffend Erteilung einer Baubewilligung für die Erstellung eines Schlachthauses in Lachen.

(Vom 7. März 1913.)

"Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t hat

über die Beschwerde des Herrn Dr. August Heg n er und G e n o s s e n in Lachen (Kanton Schwyz) gegen den Entscheid des Regierungsrates des Kantons Schwyz vom 8. November 1911 betreffend Baubewilligung für die Erstellung eines Schlachthauses in Lachen; auf den Bericht des Departements des Innern, Abteilung Sanitätswesen, vom 7. Februar 1913 hin, f o l g e n d e n Beschluss gefasst: · .

:

.

A,

In tatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

1.

Nachdem arn 24. April 1911 der Gemeinderat Lachen Herrn Emil Mächler, Metzgermeister daselbst, auf gestelltes Ansuchen di e Erlaubnis zur Erstellung eines Schlachthauses für ausländisches Schlachtvieh auf einem Platze Süd lieh vom Bahnhof Lachen unter einem Vorbehalte gewährt hatte, erhoben nach der am 7. Juli 1911 erfolgten Bekanntmachung des Bauvorhabens am 21. Juli Dr. med. Aug. Hegner und 27 Hauseigentümer in Lachen aus Gründen der öffentlichen Gesundheit Einspruch und ersuchten

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den Gemeinderat, die erteilte Baubewilligung rückgängig /-u machen. Sie führten aus, dass der Betrieb eines Schlachthauses auf dem vorgesehenen Platze ohne richtige Kanalisation gesundheitsgefährlich sei und die Nachbarschaft belästige ; es fehle am nötigen Wasser zum Betrieb des Schlachthauses, und überhaupt verstosse die geplante Anlage gegen Art. 8 der eidgenössischen Verordnung betreffend das Schlachten, die Fleischschau und den Verkehr mit, Fleisch und Fleischwaren, vom 29. Januar 1909.

Der Gemeinderat von Lachen wies jedoch am 24. Juli die Einsprache ab und bestätigte die erteilte Baubewilligung unter einigen weitern Vorbehalten. Hegner und Genossen richteten deshalb am 25. Juli 1911 an den Regierungsrat von Schwyz das Gesuch, die geplante Schlachthausanlage sowie das von der Gemeinde Lachen aufgestellte Schlachthausreglernent aus den erwähnten Gründen nicht zu genehmigen.

Mittlerweile erklärte am 27. Juli der mit Prüfung der Fragt; betraute Bezirksrat der March den in Aussicht genommenen Bauplatz als ungeeignet in bezug auf die Abflussverhältnisse, und der um ein Gutachten angegangene Kantonschemiker Bürgi in Schwyz hob nach vorgenommenem Augenschein in seinem Gutachten vom 31. August hervor, dass verschiedene Gründe gegen die Zulässigkeit des Projekts sprechen, wie ungünstige Abflussverhältnisse für die Kanalisation, ungenügender Wasservorrat zum Betrieb, ungenügende Entfernung von den nächsten Wohnungen, Schwierigkeit der Beseitigung der Abfälle, Verseuchung des Schlachthausareals, welches als Quellgebiet für einige Brunnen von Lachen diene. Anderseits hatte der Bezirkstierarzt der March den Bauplatz als sehr günstig in bezug auf die Verhütung der Einschleppung von Viehseuchen bezeichnet, und der Gemeinderat von Lachen verwies wiederholt auf die verschiedeneu von Mächlei: betreffend Kanalisation, Wasserbeschaffung und Beseitigung der Abfallstoffe eingegangenen Verpflichtungen, durch welche nach seiner Meinung die gegen das 'Projekt erhobenen Bedenken hinfällig würden.

Am 8. November 1911 wurde das Gesuch Hegaer und Genossen vom Regierungsrat von Schwyz wegen Formfehlers abgewiesen und die Schlachthausanlage von Lachen unter einigen weitern Vorbehalten genehmigt, ebenso das zudienende Schlachthausreglement. Der Regierungsrat stützte sich dabei auf den Umstand, dass entgegen der Vorschrift von § 66 der schwyzerischen Administrativprozessordnung der angefochtene Beschluss des Gemeinderates von Lachen der Beschwerde von Herrn Dr. Hegner

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nicht beigelegt worden sei und dass nach § 20 der schwyzerischen Vollziehungsverordnung zum eidgenössischen Lebensmittelgesetz im Kanton Schwyz der Gemeinderat für die Genehmigung von Schlachthausbauten zuständig sei. Die 30 m betragende Entfernung des geplanten Schlachthauses von der nächsten Wohnung sei eine genügende im Sinne von Art. 8 der eidgenössischen Verordnung betreffend das Schlachten, die Fleisqhschau etc., wenn die Aufsichtsbehörden für Ordnung im Schlachthaus sorgten. Mit Rücksicht auf die vom Kantonschemiker geäusserten Bedenken wurden an die Genehmigung der Anlage nebst zudienendem Reglement einige Vorbehalte bezüglich Wasserversorgung, Kanalisation, Beseitigung der Abfallstoffe und Ernennung eines besondern Schlachthausverwalters geknüpft.

Gegen diesen ablehnenden Bescheid reichten Dr. Hegner und Genossen am 1. Dezember 1911 beim Bundesrat Beschwerde ein und verlangten, dass der Entscheid des Regierungsrates vou Schwyz als unbegründet aufgehoben und die Bewilligung zur Erstellung eines Schlachthauses auf dem vorgesehenen Platz, weil im Widerspruch mit der eidgnössischen Lebensmittelgesetzgelmng stehend, verweigert werde.

II..

Zur Vernehmlassung über die Beschwerde eingeladen, rechtfertigt der Regierungsrat von Schwyz in seiner Antwort vom 26. Januar 1912, unter Beifügung einer Rückäusserung des Gemeinderates von Lachen, seinen Standpunkt und beantragt, es sei der Rekurs wegen Inkompetenz des Bundesrates abzulehnen oder dann als unbegründet abzuweisen. Der Regierungsrat habe den Rekurs wegen Formfehler, das heisst wegen Missachtung von § 66 der schwyzerischen Administrativprozessordnung abgewiesen ; ein Rekurs gegen diesen Entscheid beim Bundesrat sei somit gesetzlich unzulässig und der Bundesrat zur Beurteilung des Rekurses nicht befugt. Wenn der Regierungsrat in dem angefochtenen Entscheid auf die Schlachthausfrage eingetreten sei, so sei es nicht deswegen geschehen, weil ein Rekurs von Herrn Dr. Hegner und Genossen vorlag, sondern weil der Gemeinderat von Lachen sich nicht getraut habe, allein von sich aus die Frage zu erledigen und um einen Beschluss des Regierungsrates nachgesucht habe. Wenn auch der Bundesrat durch den eingereichten Rekurs Kenntnis von der Sachlage erhalten habe, so hahe er doch nur dann einzuschreiten, wenn ein Rekurs in gesetzlicher Form eingereicht werde. Wollte der Bundesrat dennoch

635 ·auf den Inhalt der Streitfrage eingehen, so sei zu berücksichtigen,
·schreibe nur eine genügende Entfernung von menschlichen Wohnungen vor, so dass die Entscheidung in jedem Falle nach den vorliegenden Verhältnissen getroffen werden müsse. Die Ausführung der Anlage sei an eine ganze Reihe von schützenden Bedingungen geknüpft worden, und den Rekurrenten stehe immer noch "der Rekurs offen, wenn dieselben nicht innegehalten würden.

Der Gemeinderat von Lachen erklärt in seiner der Antwort des Regierungsrates beigefügten Rückäusserung vom 17. Januar 1912, er habe die Schlachthausfrage nur deshalb dem Regierungsrat unterbreitet, weil es sich um ein Schlachthaus für ausländisches Schlachtvieh handle. Die geplante Anlage entspreche ·den gesetzlichen Vorschriften,, die Baubewilligung sei im Einverständnis mit dem Bezirkstierarzt erfolgt, und wenn sich je -etwas Nachteiliges zeigen sollte, so sei der Ersteller verpflichtet, nach Weisung der Behörden Abhülfe zu schaffen. Die Einwendungen des Herrn Hegner und Genossen seien darum nicht stichhaltig oder zum mindesten stark übertrieben.

III.

Da in der vorliegenden Angelegenheit die bisher einvernommenen Sachverständigen geteilter Meinung waren, so be·schloss das Departement des Innern -- nach vorheriger Einholung -eines Gutachtens des Justitzdepartements über die Kompetenzfrage -- die Ernennung einer Kommission von zwei Sachverständigen zur Prüfung und Begutachtung des beanstandeten .Schlachhausprojektes. Die Regierung von Schwyz wurde am ;6. Mai 1912 verständigt, um Vervollständigung des Aktenmaterials ·ersucht, und als Sachverständige wurden ernannt die Herren Max Münch, Ingenieur-Architekt in Bern, der mit der Bauleitung ·der neuen Schlachthofanlage daselbst betraut ist, und Dr. Julius Pfister, Tierarzt und Schlachthausverwalter in Zürich. Die Genannten erhielten am 6. Juni 1912 den Auftrag, auf Grund der Akten und allenfalls eines Augenscheins eine Reihe von Fragen :au beantworten, die die Bundesbehörde instand setzen sollten,

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zu entscheiden, ob das angefochtene Schlachthausprqjekt in Lachen; den Anforderungen von Art. 8 der eidgenössischen Verordnungbetreffend das Schlachten, die Fl'eischschau etc., vom 29. Januar 1909, entspreche oder nicht. Die genannten Sachverständigen erklärten Annahme der Wahl und sprachen- den Wunsch aus,, einen Augenschein an Ort und Stelle vornehmen zu können.

Da sich die verlangte Aktenvervollständigung verzögerte, so fand der Augenschein erst am 11. Oktober 1912 in Lachen statt, und zwar in Anwesenheit des Vorstehers des schweizerischen' Gesundheitsamts und von Vertretern der beiden Parteien.

Am 9. Januar 1913 ging das Gutachten der beiden Sachverständigen ein, das auf Grund des Aktenstudiums und des Augenscheins zum Schluss gelangt, dass das Schlachthausprojekt des Herrn Mächler den Anforderungen des Art. 8 der Verordnungbetreffend das Schlachten, die Fleischschau etc. in keiner Weise genüge und aus verschiedenen Gründen nicht zur Ausführungempfohlen werden könne.

Vor allem müsse die bloss 30 m betragende Entfernung des Schlachthauses von den nächsten Wohn- und Arbeitsräumen im vorliegenden Fall als ungenügend bezeichnet werden, weil bei den leisesten Luftströmungen Gerüche und Lärm sicher so weit spürbar vertragen würden. Die Art der Sammlung und Abfuhr der Abfalle sei noch ganz unabgeklärt. Einerseits spreche die Baubeschreibung von sofortiger Entfernung- derselben ausserhalb der Dorfgrenzen, anderseits sehe das Schlachthausreglement die1 Aufbewahrung von Mistabfällen und Jauche in geschlossenen Gruben vor, ohne aber über Lage und Bauart dieser Gruben Auskunft zu geben. Da Bau und Betrieb des Schlachthauses sehr primitiv gedacht seien, so sei zu befürchten, dass der letz>tere der Nachbarschaft durch allerlei Übelstände lästig fallen: werde, um so mehr, als dessen Betriebsdauer zeitweise über dieübliche Geschäftszeit hinausgehen werde. So sei zum Beispiel der Beginn der Schweineschlachtungen im Sommer schon vonmorgens 4 Uhr und im Winter von morgens 6l/z Uhr an vor*gesehen.

Die Prüfung der Baupläne ergebe, dass das Schlachtloka! für Grossvieh bei einer Länge von 8,3 m und einer Breite von 6 m bloss eine Bodenfläche von 50 m 2 darbiete. Obschon vorderhand1 im Projekt nur ein Schlachtplatz vorgesehen sei, so sei das.

Lokal doch unzulänglich, indem der übrige Teil des Raumes fiip den Abschub und die Aufhängung der ausgeschlachteten Tieresowie zur Behandlung, Reinigung und Lagerung der Eingeweide1

637 und aller übrigen aus der Schlachtung sich ergehenden Nebenprodukte nicht genüge. Vom hygienischen Standpunkt aus sei es verwerflich, das zum Auskühlen aufgestapelte Fleisch im gleiche» Räume hängen zu lassen, wo während und nach dem Schlachten, schmutzige Handlungen vorgenommen werden. Eine nach dem Schlachten unerlässliche Reinigung und allfällige Desinfektion könne nur dann gründlich geschehen, wenn man keine Rücksicht auf vorhandenes Fleisch zu nehmen brauche, das bei solchen Reinigungsarbeiten sonst nur allzu leicht beschmutzt werde. DasSchlachtlokal für Schweine sei ebenfalls zu klein und wegen der bei Schweineschlachtungen unvermeidlichen Dampfentwicklung zu niedrig.

Welche Vorkehren für die Kühlhaltung der Lokale getroffen: worden seien, sei aus den Plänen nicht ersichtlich. Auch gäben die Pläne und die Baubeschreibung keine Auskunft über das Gefalle der Zementböden, die Art des Wandverputzes und die vorhandenen Wasserhahnen für kaltes und warmes Wasser, was doch zur Beurteilung der Möglichkeit der Reinhaltung der Lokale und Gerätschaften sowie des Brühens infizierter Fleischteile (zumBeispiel bei Maul- und Klauenseuche) unerlässlich sei.

Ein einwandfreier Schlachthausbetrieb erheische vor allem eine genügende Wassermenge, womöglich unter Druck, weshalb der Anschluss des Schlachthauses an die Wasserversorgung der Gemeinde Lachen das einzig Richtige sei. Der Wasserbezug aus einem im Dachstock des Schlachthauses angebrachten Behälter, in welchen das Wasser aus einem Sodbrunnen hinaufgepumpt werden müsste, könne nicht ernsthaft in Frage kommen, weil alle nähern Angaben hierüber fehlten. Zu einem Schlachthausbetrieb, wie er in Lachen vorgesehen sei, bedürfe es einer Wassermenge von l--1,6 m8 pro Schlachttier, was einer Höchstleistung der Wasserversorgung von 35 Minutenlitern entspreche..

Nach dem Schreiben des Regierungsrates von Schwyz verfügedie Gemeinde Lachen ohne Zuzug weiterer Quellen über eine Gesamtwassermenge von 320--360 Minutenlitern, sei also in derLage, die benötigte Wassermenge für das Schlachthaus zu liefern!.

Die Sachverständigen halten unter diesen Umständen die Wasserversorgung des Schlachthausprojekts für genügend.

Mit Rücksicht darauf, dass die Abwasser von Schlachthäusern viel feste oder schwer flüssige Bestandteile mit sich führen, diesich leicht an den Wänden ansetzen, zu Verstopfung oder Zersetzung Anlass geben, müsse das vorgesehene Gefalle der Kanalisation von bloss l°/o als zu gering betrachtet werden. Und da

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-dieselbe nicht durchgehends geschlossen sei, so müssten Zersetzungen des Kanalinhaltes leicht Geruchsbelästigungen erzeugen.

Es sei dies um so mehr zu befürchten, als die Abwasserleitungen nicht beständig grosse Wassermengen führten und durchgespült würden, somit des Vorteils der Selbstreinigung entbehrten, was -bei dem geringen Gefalle und den nur für die Schlachtungen berechneten Wassermengen um so mehr ins Gewicht falle. Überhaupt gestatteten die erwähnten Mängel der geplanten Kanalisation keine geordneten sanitarischen Verhältnisse. Möglicherweise könnte das Gefalle der Abwasserleitung noch vermehrt und ein beständiger Wasserzufluss zur Spülung hergestellt werden, -aus den Plänen und der Baubesprechung sei dies jedoch nicht ersichtlich, insbesondere auch nicht, ob eine sanitarisch einwandfreie Ausmündung der Leitung unter dem Seespiegel vorgesehen sei.

Ausser den genannten Mängeln beanstandeten die Sachverständigen sehliesslich noch die vorgesehene direkte Verbindung zwischen Schlachtlokal und Stallungen, durch welche die Luft des ersteren verschlechtert und zu allerlei übelriechenden Zersetzungen Anlass geben würde. Ebenso rügen sie das Fehlen von Vorkehren, um zu verhindern, dass der Boden des Schlachthauses und seine Umgebung, Inbegriffen die Ausladerampen, verunreinigt und verseucht werden.

· Aus allen diesen Gründen können sich die Sachverständigen nicht dazu entschliessen, die Genehmigung des Projektes Mächler zu empfehlen.

B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht: . .

I.

Angesichts der vom Regierungsrat von Schwyz erhobenen Einrede der Inkompetenz des Bundesrates zur Entscheidung des Rekurses überwies das eidgenössische Departement des Innern die Angelegenheit dem eidgenössischen Justizdepartement zur Begutachtung der Frage, ob der Bundesrat zur Behandlung des Rekurses befugt sei. Mit Schreiben vom 20. Februar 1912 kommt das letztere zum Schluss, die Einrede der Inkompetenz sei unbegründet. Der Bundesrat sei gemäss Art. 7, 56 und 57 des eidgenössischen Lebensmittelgesetzes und Art. 8 der Verordnungbetreffend das .Schlachten, die Fleischschau und den Verkehr mit Fleisch und Fleischwaren befugt, die Angelegenheit materiell zu entscheiden. Es handle sich im vorliegenden Fall nicht um eine

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-staatsrechtliche Beschwerde im Siane von Art. 189, Absatz 2, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege. Eine solche könnte nur erhoben werden, wenn Bürger oder Korporationen Rechtsverletzungen durch allgemein verbindliche oder sie persönlich betreffende Verfügungen erlitten hätten. Die Genehmigung einer Schlachthausanlage und der hierauf bezügliche Regierungsratsbeschluss seien nicht Erlasse allgemein verbindlicher Natur, sondern eine Verwaltungsmassregel in Ausführung des ·den Kantonen obliegenden Vollzuges des eidgenössischen Lebensmittelgesetzes. Wenn aber auch die Anfechtung des Regierungsratsbeschlusses durch das Mittel des staatsrechtlichen Rekurses nicht zulässig sei. so sei damit doch nicht jede Anfechtung ausgeschlossen. Da dem Bundesrat die Überwachung der Vollziehung des Lebensmittelgesetzes obliege, so stelle sich die Eingabe der Rekurrenten als eine zur Wahrung der Interessen der Allgemeinheit an die Oberbehörde ergangene Anzeige dar, durch welche ·diese Oberbehörde auf Misstände in der Vollziehung der Lebensmittelgesetzgebung aufmerksam gemacht werde. Diese Anzeige sei ein ganz selbständiger Akt, und der Bundesrat hätte auch ohne dieselbe das Recht gehabt, einzuschreiten, da er als Oberbehörde verlangen könne, dass keine Schlachthausanlagen von den kantonalen Behörden genehmigt werden, welche die wirksame Durchführung der eidgenössischen sanifcätspolizeilichen Vorschriften verunmöglichen oder erschweren.

II.

Aus dem Gutachten der Expertenkommission geht nun hervor, dass die geplante Schlachthausanlage den Vorschriften des Art. 8 der eidgenössischen Verordnung betreffend das Schlachten, die Fleischschau etc., vom 29. Januar 1909, n i c h t entspricht.

Der vom Gemeinderat angerufene ßezirkstierarzt empfiehlt auch das Projekt nur vom Standpunkt der Viehseuchenbekämpfung und schweigt sich über die Güte desselben in bezug auf die Forderungen der Gesundheitspflege vollständig aus. Die Entfernung des in Aussicht genommenen Schlachthauses von den nächsten Wohnhäusern ist ungenügend, und die Anlage entspricht weder in baulicher, noch in gesundheitlicher Beziehung den an ein neues Schlachthaus zu stellenden Anforderungen. Wenn auch die zum Betrieb erforderliche Wassermenge zu beschaffen sein wird, so ist doch das Gefalle der Kanalisation im Verhältnis zu der ver fügbaren Wassermenge ungenügend, und damit sind richtige .Abflnssverhältnisse unmöglicli. Auch sonst haften dem Projekt

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hygienische Nachteile an, so dass es vom technischen und sanitarischen Standpunkte aus nicht empfohlen werden kann. Die Einreden des Gemeinderates von Lachen und des Regierungsrates von Schwyz sind nicht stichhaltig. Geleiseanschluss erfordert nurBahn^ nicht Bahnhofnähe ; die Genehmigung des Projektes durch die Bundesbahnen beweist nur, dass die Anlage nicht gegen deren Interesse verstösst, nicht aber, dass die Anlage im allgemeinen vom gesundheitlichen Standpunkt aus nicht anfechtbarsei. Die zahlreichen Verpflichtungen und Vorbehalte, die den) Inhaber der Bewilligung zur Erstellung des Schlachthauses auf-erlegt wurden, sind der beste Beweis, dass die Gemeinde- und Kantonsbehörden selber das Projekt nicht für einwandfrei halten..

III.

Demgemäss wird erkannt: Die vom Gemeinderat von Lachen dem Metzgermeister Emil Mächler daselbst erteilte, vom Regierungsrate des Kantons Schwyz genehmigte Bewilligung zur Erstellung eines Schlachthauses nach vorgelegten Plänen wird, weil sie im Widerspruch zu den einschlägigen Bestimmungen der eidgenössischen Lebensmittelgesetzgebung steht, aufgehoben.

B e r n , den 7. März 1913.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft ; Schatzmann.

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Bundesratsbeschluss Ober die Beschwerde des Herrn Dr. Aug. Hegner und Genossen in Lachen betreffend Erteilung einer Baubewilligung für die Erstellung eines Schlachthauses in Lachen. (Vom 7. März 1913.)

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19.03.1913

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