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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zu den zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Rumänischen Volksrepublik abgeschlossenen Abkommen betreffend den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr sowie die Entschädigung der schweizerischen Interessen in der Rumänischen Volksrepublik (Vom 80. Oktober 1951)

, Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren !

Die im April d. J. mit der Eumänischen Volksrepublik aufgenommenen Verhandlungen haben am 3. August 1951 zum Abschluss folgender Abkommen geführt: I.Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Eumänischen Volksrepublik betreffend den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr, samt Liquidationsprotokoll zur Eegelung der beidseitigen rückständigen Forderungen; 2. Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Eumänischen Volksrepublik betreffend die Entschädigung der schweizerischen Interessen in der Eumänischen Volksrepublik.

Das Entschädigungsabkommen ist unter Batifikationsvorbehalt abgeschlossen worden, während das Abkommen betreffend den Warenaustausch und Zahlungsverkehr im Hinblick auf seine nur einjährige Gültigkeitsdauer einen solchen Vorbehalt nicht enthält. Wir beehren uns, Ihnen trotzdem beide Abkommen mit nachstehenden Ausführungen als Ganzes zur Genehmigung vorzulegen. Sie bilden zusammen das Vertragswerk, durch das die zwischen der

518 Schweiz und Eumänien hängenden wirtschaftlichen und finanziellen Probleme und insbesondere die Frage der Entschädigung der durch die rumänischen Nationalisierungsmassnahmen betroffenen schweizerischen Interessen einer Lösung zugeführt und die künftigen Handelsbeziehungen beider Länder auf eine neue Grundlage gestellt werden.

I.

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und Rumänien bis zum Zweiten Weltkrieg Seit der Erklärung der rumänischen Unabhängigkeit im Jahre 1867 bilden die Handelsbeziehungen der Schweiz zu Eumänien Gegenstand zwischenstaatlicher Vereinbarungen. Die erste provisorische Regelung in Form einer vorläufigen Meistbegünstigungserklärung erfolgte schon am 28. Dezember 1876.

Ihr folgten eine Eeihe von Handelsverträgen, die teils blosse Meistbegünstigungsabkommen darstellten, teils aber auch Zollvereinbarungen, insbesondere Zollermässigungen für die schweizerische Einfuhr in Eumänien enthielten. Am 1. September 1930 trat das vorläufige Handelsabkommen vom 25. August 1930 in Kraft. Es enthält eine Vereinbarung über die Meistbegünstigung, die am 19. Juli 1933 durch ein besonderes Niederlassungsabkommen ergänzt wurde.

Das Zusatzprotokoll vom 16. Januar 1933 zum vorgenannten Handelsabkommen setzt eine Eeihe von Konventionalzöllen fest, welche die Einfuhr verschiedener schweizerischer Exportgüter in Eumänien erleichterten. Diese Vereinbarungen bilden noch heute die handelsvertragliche Grundlage unserer Wirtschaftsbeziehungen zu Eumänien.

Der Wert der Einfuhr rumänischer Waren in die Schweiz schwankte seit Beendigung des Ersten Weltkrieges bis zum Jahre 1930 zwischen 10 und 20 Millionen Franken, bzw. 0,4 und 0,9 Prozent der schweizerischen Gesamteinfuhr, während der schweizerische Export, der im Jahre 1920 auf 26,0 Millionen Franken (0,8%) angestiegen war, in den folgenden Jahren die 20-MillionenGrenze nicht mehr überstieg.

Die Weltwirtschaftskrise der dreissiger Jahre, der Erlass mengenmässiger Beschränkungen der Ein- und Ausfuhr, vor allem aber die Einführung der Devisenbewirtschaftung in Eumänien, die zu schweizerischen Gegenmassnahmen führte, erforderten den Abschluss weiterer zwischenstaatlicher Abkommen über den Waren- und Zahlungsverkehr. Dem ersten Clearingabkommen zwischen der Schweiz und Eumänien vom 12. Januar 1933 folgten weitere ähnliche Verträge vom 4. September 1935 und 24. März 1937.

Die rumänischen Einschränkungen im Güter- und Geldverkehr haben sich auf den Warenaustausch zuerst nicht nachteilig ausgewirkt. Die schweizerische Einfuhr aus Eumänien stieg von 20,6 Millionen Franken (0,8 Prozent des Totalimportes der Schweiz) im, Jahre 1930 auf 44,8 Millionen Franken (2,5 Prozent) im Jahre 1937, während der schweizerische Export im gleichen Zeitraum

519 keine Ausweitung erfuhr. Entsprechend der wirtschaftlichen Struktur Bumäniens setzten sich die schweizerischen Bezüge aus diesem Lande in der Hauptsache aus landwirtschaftlichen Produkten (Getreide und Futtermittel, 01Saaten, Eier und Geflügel) und aus Petroleumprodukten zusammen. Der Aufbau der Industrien und der Transport- und Verkehrseinrichtungen Eumäniens boten willkommene Absatzmöglichkeiten. Vor allem waren es Maschinen, Instrument« und Apparate aller Art, ; die Bumänien in steigendem Masse aus der Schweiz bezog. Aber auch die schweizerischen chemischen und pharmazeutischen Erzeugnisse, Textilien und Uhren konnten sich auf dem rumänischen Markt Eingang verschaffen.

' Hand in Hand mit diesem Warenaustausch haben sich aber auch andere wirtschaftliche Beziehungen zwischen den beiden Ländern entwickelt, die rasch zunehmende Bedeutung erlangten. Schon in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg, dann aber auch nach seiner Beendigung, haben schweizerische Firmen nicht nur Vertretungen in; Eumänien errichtet und Lizenzen schweizerischer Fabrikationsverfahren an rumänische Firmen abgetreten, sondern auch unter grossen finanziellen Aufwendungen eigene Betriebe in Eumänien gegründet, ausgebaut und unterhalten. Schweizerische Wirtschafts- und Finanzkreise haben sich mit bedeutenden Summen an rumänischen Unternehmungen beteiligt. Sehr beachtenswert ist auch die Beteiligung schweizerischer Kapitalien an öffentlichen rumänischen Anleihen gewesen.

II.

Die rumänische Währungskrise und die Zeit des Zweiten Weltkrieges 1. Die Devisenbewirtschaftung, die Eumänien als letztes Land des europäischen Südostens am 18. Mai 1932 einführte, vermochte die Entwertung der rumänischen Wahrung nicht aufzuhalten. Der freie Kurs des Leu sank in den Jahren bis zum Ausbruch des letzten Krieges um rund 25 Prozent. Das am 2. März 1940 erlassene Dekret über das Aussenhandelsregime, durch das die rumänischen Goldbestände um 50 Prozent aufgewertet wurden, kam einer entsprechenden Abwertung des Leu gleich. Der Zufluss von Devisen sollte gleichzeitig durch eine besondere Superprämie von 50 Prozent stimuliert werden. Die Abschwächimg des Leu-Kurses, die in den vierziger Jahren besonders ausgeprägte Formen annahm, war auch nicht aufzuhalten durch wiederholte neue gesetzliche Massnahmen, welche die Diskrepanz zwischen dem offiziellen Kurs und dem inneren Wert der rumänischen Währung durch Import- und Devisenzuschläge, Abgaben und Prämien verschiedenster Art ausgleichen sollten: Die Schweiz suchte sich durch den Abschluss des «modus vivendi» vom 2. November .1939, durch den 40 Prozent des Gegenwertes der in die Schweiz importierten rumänischen Waren in Devisen freigegeben wurden, und durch den Abschluss des Transferabkommens vom 30. Juli 1940, das die freie Verfüg-

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barkeit der auf Clearingkonto bei der Schweizerischen Nationalbank disponiblen Mittel voraussah, dieser neuen Lage anzupassen. Mit diesen Vereinbarungen kam die Schweiz in den Genuss der erwähnten Superprämie von 50 Prozent und wurde dadurch in die Kategorie derjenigen Länder eingereiht, deren Zahlungsverkehr mit Eumänien sich auf der Grundlage freier Devisenzahlungen abwickelte.

Durch ein rumänisches Gesetzesdekret vom 31. März 1941 wurden die für die Übernahme von freien Devisen gültig gewesenen Prämien abgeschafft und durch eine neue einheitliche Prämie von 90 Prozent ersetzt, woraus sich eine Verteuerung der schweizerischen Bezüge aus Eumänien ergab, die für die schweizerische Wirtschaft auf die Dauer untragbar wurde. Mit dem Inkrafttreten des Abkommens über den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr vom 19. April 1943 wurde dann in der Schweiz auf den im Wege des Clearings zur Überweisung gelangenden schweizerischen Forderungen eine Prämie von S&lg Prozent erhoben, was eine Erhöhung der schweizerischen Exportpreise um 50 Prozent bedingte. Da der schweizerische Export durch das rumänische Gesetzesdekret vom 81. März 1941 eine Verbilligung erfahren hatte, war diese Abgabe tragbar. Sie erlaubte, wenigstens vorübergehend, die Überpreise der rumänischen Waren auszugleichen, und ermöglichte es, die schweizerischen Bezüge aus Eumänien aufrechtzuerhalten und damit die für den Export schweizerischer Waren notwendigen Clearingmittel zu schaffen.

Das Jahr 1944, das auf der politischen Ebene für Eumänien durch die entscheidende Wendung des Krieges und den Einmarsch der sowjetischen Truppen gekennzeichnet war, brachte die Unterbrechung des Warenverkehrs, während der Zahlungsverkehr fortgeführt werden konnte. Die Entwertung der rumänischen Währung machte rasche Fortschritte. Ein neues Dekret vom 2. Mai 1945, das eine variable Devisenprämie zum Ausgleich der Preisdifferenzen auf rumänischen Waren vorsah, sollte die neuen Schwierigkeiten überbrücken.

2. Im Gegensatz zum Zahlungsverkehr, der durch die Entwertung der rumänischen Währung in den Jahren 1932 bis 1947 laufend neue Preis- und Kursprobleme aufwarf, wies der Warenaustausch zwischen der Schweiz und Eumänien eine erfreulichere Entwicklung auf. Die schweizerische Einfuhr aus Eumänien, die im letzten Vorkriegsjahr 1938 noch 25,0 Millionen Franken oder
1,6 Prozent der schweizerischen Gesamteinfuhr betragen hatte, stieg auf 42,1 Millionen Franken (2,3 Prozent) im Jahre 1940, 80,2 Millionen Franken (4,0 Prozent) im Jahre 1941, 99,7 Millionen Franken (4,9 Prozent) im Jahre 1942, um im Jahre 1943 den Höchststand von 103,8 Millionen Franken (6,0 Prozent) zu erreichen. Im Jahre 1944 importierte die Schweiz noch für 65,4 Millionen Franken (5,5 Prozent) rumänische Waren. Diese Zahlen zeigen, welche Bedeutung die schweizerischen Bezüge aus Eumänien während des Zweiten Weltkrieges für unsere Landesversorgung erlangten. Es darf hier erwähnt werden, dass der Schweiz während längerer Zeit nur Eumänien als Bezugsland für flüssige Brenn- und Treibstoffe offenstand. Nur dank unserer traditionellen Wirtschaftsbeziehungen zu diesem Land war es möglich, während

521 dieser Zeit auch mit den kriegführenden Staaten, durch deren Gebiet unsere Bezüge aus Eumänien transitieren mussten, Sonderabkommen über den Transport dieser Waren abzuschliessen und den Gegenwert dieser Lieferungen weiterhin dem schweizerisch-rumänischen Zahlungsverkehr zukommen zu lassen.

Aber auch die bedeutenden rumänischen Lieferungen von Getreide und Futtermitteln stellten einen willkommenen Beitrag zur Sicherung unserer Landesversorgung dar.

, Die schweizerischen Exporte nach Eumänien weisen in diesem Zeitraum eine ähnliche, wenn auch weniger starke Steigerung auf. Sie sind von 14,0 Millionen Franken oder 1,1 Prozent des schweizerischen Gesamtexportes im Jahre 1938 auf 54,3 Millionen Franken (3,3 Prozent) im Jahre 1943 angestiegen.

Sie verteilen sich auf die verschiedenen Wirtschaftszweige, wobei der rumänische Markt nach wie vor insbesondere für schweizerische Maschinen, Instrumente und Apparate für die Erzeugnisse der chemischen und pharmazeutischen Industrie günstige Absatzmöglichkeiten bot.

III.

Die Nachkriegszeit 1. Die im Frühjahr 1946 auf Wunsch der rumänischen Eegierung aufgenommenen Verhandlungen führten am 29. Juni 1946 zum Abschluss eines neuen Abkommens über den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr. Durch dieses Abkommen sollten die Wirtschaftsbeziehungen zu Eumänien den geänderten Verhältnissen angepasst werden. Es sicherte der Buraänischen Nationalbank die freie Verfügbarkeit über die auf dein Clearingkonto bei der Schweizerischen Nationalbank disponiblen Mittel zu, unter der Bedingung ihrer Bückerstattung im Falle des Bedarfs. Ehi ausführliches Protokoll sollte die Liquidation und die damit verbundenen, durch die rumänische Währungsentwertung sehr kompliziert gewordenen Kursfragen für alte schweizerische Forderungen regeln. Ein Briefwechsel, der Erleichterungen für die Gewährung und die spätere Eückzahlung im Clearingwege eines bei i schweizerischen Banken aufzunehmenden Kredites vorsah, wurde nur paraphiert und erst anlässlich neuer zwischenstaatlicher Vereinbarungen am 4. März 1947 unterzeichnet.

Dieser Kredit fand teilweise für die Liquidation alter schweizerischer Forderungen und für dringende rumänische Zahlungen im Eahmen des neuen Abkommens, teilweise für den Eückkauf rumänischer Staatstitel Verwendung.

Das Abkommen vom 29. Juni 1946 und die zusätzlichen Vereinbarungen dazu vom 4. März 1947, welche die Grundlage unserer wirtschaftlichen Beziehungen zu Eumänien in den letzten Jahren bildeten, brachten nicht den erhofften Erfolg. Die Inflation der rumänischen Währung nahm ständig grössere Ausmasse an. Die schweizerische Einfuhr aus Eumänien entsprach bei weitem nicht den gehegten Erwartungen; sie betrug in den letzten fünf Jahren noch 0,5 bis l Prozent unseres Gesamtimportes. Die schweizerische Ausfuhr stieg

522 dagegen von 1,8 Millionen Franken (0,1 Prozent der Gesamtausfuhr) im Jahre 1945 auf 22,2 Millionen Franken (0,6 Prozent), wobei es sich zum weitaus grössten Teil um Lieferungen handelte, die ausserhalb des gebundenen Zahlungsverkehrs in freien Devisen bezahlt wurden.

2. Wie in den anderen westlichen Ländern begann auch in Eumänien die grundlegende Umgestaltung der Wirtschafts- und Sozialordnung mit der Agrarreform. Das am 23. März 1945 erlassene Gesetz richtete sich einerseits gegen diejenigen Grundbesitzer, die beschuldigt wurden, mit dem nationalsozialistischen Deutschland zusammengearbeitet zu haben oder sonstwie für das Unglück des Landes verantwortlich zu sein, und anderseits gegen die Eigentümer von Gütern mit mehr als 10 ha Ausdehnung, welche diese während der letzten sieben Jahre nicht selber bewirtschaftet hatten. Ferner fiel der Konfiskation anheim der 50 ha übersteigende Teil aller Landgüter. Eine Entschädigung für die expropriierten Eigentümer war nicht vorgesehen.

Von diesem Gesetz sind nur wenige Schweizer betroffen worden, da Ausländer in Eumänien nicht landwirtschaftlichen Grund und Boden erwerben konnten. Jedoch haben einzelne Eumäninnen nach ihrer Heirat mit Schweizerbürgern und einige schweizerisch-rumänische Doppelbürger ursprünglich das rumänische Bürgerrecht beibehalten, um auf diese Weise Eigentümer ihrer Grundstücke zu bleiben. Zum Teil haften diese Doppelbürger seither auf das rumänische Bürgerrecht verzichtet, ohne ihre Eigentumsrechte abzutreten.

Der Nationalisierung der Industrie- und Finanzunternehmen gingen jahrelange Vorbereitungen voraus. Als erstes erfolgte am 28. Dezember 1946 die Verstaatlichung der Eumänischen Nationalbank. Nachdem die Industriebetriebe schon in den Jahren 1945 und 1946 zunehmenden Einmischungen des kommunistisch geleiteten Wirtschaftsministeriums ausgesetzt gewesen waren, erliess die Eegierung am 10. Juni 1947 ein Gesetz über die Einsetzung von Wirtschaftsämtern. Die Organisation dieser in der Form von Aktiengesellschaften für die verschiedenen Wirtschaftszweige geschaffenen Wirtschaftsämter weckte gegen aussen den Anschein, es handle sich hier mehr um «zunftmässige». Korporationen als um Exponenten einer staatlich gelenkten Wirtschaft. Ihr Aufgabenkreis, der nur in enger Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium erfüllt werden konnte,
liess jedoch über den Zweck dieser neuen Massnahmen, nämlich die Vorbereitung zur totalen Verstaatlichung der Wirtschaft, keinen Zweifel. Nicht nur die Verteilung der Eohstoffe, Halb- und Fertigfabrikate, die Aufstellung der Produktionspläne und die Leitung des Aussen- und Innenhandels, sondern auch die Betriebsorganisation wurde in die Hände dieser Wirtschaftsämter gelegt. Gleichzeitig erliess die Eegierung ein Gesetz über die Wirtschaftskontrolle mit einem dem Wirtschaftsminister, direkt unterstellten Kontrollorgan.

Ferner hatte die rumänische Eegierung am 1. Mai 1947 ein neues Steuergesetz dekretiert, mit dessen Hilfe den Steuerhinterziehungen zu Leibe gerückt werden sollte. Tatsächlich war es in Eumänien üblich gewesen, die gesetzlich geschuldeten Steuern durch individuelle Abmachungen zu umgehen. Zweifellos

523 sind auf diese Weise dem Staat bedeutende Mittel entzogen worden. Es ist jedoch zu beachten, däss die Steueransätze überaus hoch waren und die oben beschriebene Praxis von der Regierung seit jeher toleriert worden :war. Das neue Steuergesetz zwang nun die Steuerpflichtigen, die hinterzogenen Beträge bis zum 1. Juli 1947 zu entrichten. Wer von dieser Amnestiemöglichkeit keinen Gebrauch machte, hatte Steuerbussen bis zum 15fachen des geschuldeten Steuerbetrages zu gewärtigen, was zum Euin zahlreicher Betriebe führen musste.

Das nur schrittweise Vorgehen bei der Verwirklichung der totalen Staatswirtschaft ist unter anderem auf die Inflation des Leu zurückzuführen, dessen völlige Entwertung von der Eegierung nicht aufgehalten werden konnte.

Während Ende 1945 der für den schweizerisch-rumänischen Zahlungsverkehr massgebènde Kurs noch 2,29 Schweizerfranken für 100 Lei gewesen war, sank der Kurs Ende 1946 auf 0,01 Schweizerfranken, im Frühling 1947 auf 0,003 Schweizerfranken und war nach dem 16. Juni 1947 auf 0,001 angelangt.

Mit dem Gesetz vom 16. August 1947 gelang es der Eegierung, durch fast vollständige Ausserkraftsetzung der im Urnlauf befindlichen Zahlungsmittel die neue Währung zu stabilisieren, und zwar auf der Basis von einem Kilogramm Peingold gleich 168 350,17 Lei. Der schweizerisch-rumänische Devisenkurs wurde hiermit auf 2,867 Franken für neue 100 Lei festgesetzt, welche Eelation seither keine Veränderung erfahren hat. Der Umtausch der alten Lei im Verhältnis von 20 000 zu l war für die privaten Personen nur in sehr beschränktem Masse möglich. Der Höchstbetrag, der für die Landwirte vorgesehen^ war, betrug 7,5 Millionen alte Lei und der Mindestbetrag 1,5 Millionen Lei gleich 75 stabilisierte Lei.

Das Gesetz vom 27. August 1947 über die Neuberechnung des Gesellschaftsvermögens von Aktiengesellschaften sollte die durch die Inflation völlig verschobenen Wertmaßstäbe korrigieren. Die Lei-Guthaben und -Schulden wurden im Verhältnis von 20 000 zu l gekürzt, so dass sie in den Bilanzen praktisch verschwanden. Anderseits stand das Aktienkapital bei vielen Gesellschaften in einem Missverhältnis zum Anlagevermögen, das aus Steuergründen keine der Inflation entsprechende Aufwertung erfahren hatte. Auf diese Weise erschienen in den meisten Bilanzen bedeutende «Neubewertungsreserven», die den
früheren «stillen Beserven» entsprachen. Gleichzeitig mussten jedoch die Unternehmen auf ihren Warenlagern, die im Hinblick auf die Inflation meist stark erhöht worden waren, eine ausserordentliche Steuer von 10 Prozent entrichten.

Nachdem die bilanzmässige Umstellung auf die neue Währung von den Betrieben durchgeführt und die unvermeidlichen Anpassungsschwierigkeiten mehr oder weniger behoben waren, erfolgte schlagartig am 11;. Juni 1948 nach sorgfältig vorbereitetem Plan die Nationalisierung der Industrieunternehmungen,..Banken, Versicherungs- und Transportgesellschaften. Der Staat übernahm hierbei nicht nur die Aktiven der Unternehmungen, sondern auch ihre sämtlichen Verpflichtungen. Wenn ein Darlehen jedoch Beteiligungscharakter hatte und Identität zwischen Gläubiger und Aktionär bestand, so blieb diesem für

524 den Kredit nur ein Entschädigungsanspruch. Dies galt auch dann, wenn die Erfüllung einer Schuld von den Gerichten als. «wirtschaftlich untragbar» bezeichnet wurde. Grundsätzlich war für die Eigentümer und Aktionäre eine Entschädigung vorgesehen. Diese sollte.aus einem vom Eeingewinn aller nationalisierten Unternehmen dotierten Fonds in Form von Staatsobligationen ausgerichtet werden, nach Abzug der nicht in der Bilanz ausgewiesenen, «aus schlechter Verwaltung» oder «infolge Übertretung der Steuergesetze» entstandenen Verluste. Es bestanden somit für die Eegierung, verschiedene Möglichkeiten, um die Ausrichtung von Entschädigungen zu verweigern.

Die Schweizerische Gesandtschaft in Bukarest hatte im Hinblick auf dieses Ereignis die Weisung erhalten, unverzüglich bei der rumänischen Regierung eine adäquate und effektive Entschädigung der von diesen, Massnahmen betroffenen schweizerischen Interessenten zu verlangen. Auf die betreffende Verbalnote der Schweizerischen Gesandtschaft erhielt diese nach einiger Zeit eine für alle ausländischen Vertretungen bestimmte Zirkularnote des Aussenministeriums, worin ganz einfach auf die im Nationalisierungsgesetz niedergelegte Entschädigungsregelung verwiesen wurde, ohne auf das Begehren nach einer effektiven Entschädigung einzutreten.

Von der Nationalisierung sind rund 40 Betriebe betroffen worden, an denen mehrheitliche oder erheblich schweizerische Beteiligungen bestanden, ferner 87 Industriegesellschaften und 27 Banken, von denen Aktien im schweizerischen Publikum verstreut waren. Ferner waren verschiedene schweizerische Gläu-1 biger durch die Nationalisierung der Schuldnerfirmen in Mitleidenschaft gezogen worden.

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Nachdem die Eegierung auf dem Wege der Steuergesetzgebung und Mietzinsgestaltung bereits erheblich die Eechte der Eigentümer städtischer Liegenschaften beschränkt hatte, deren Erträgnisse sich in den meisten Fällen mit den Unterhaltskosten deckten, so dass das Grundeigentum einer «nuda proprietas» gleichkam, wurde am 19. April 1950 die Verstaatlichung der den «ehemaligen «Grossbourgeois» gehörenden Liegenschaften, sämtlicher Hotels und der durch Erdbeben oder kriegerische Ereignisse beschädigten Häuser, um deren Aufbau sich die Eigentümer nicht mehr kümmerten, verfügt. Ausdrücklich ausgenommen waren die Häuser von Arbeitern, Beamten,
Klein-Gewerbetreibenden, einen Beruf ausübenden Intellektuellen und von Pensionsbeziehern.

Eine Entschädigung für die nationalisierten Objekte wurde ausdrücklich ausgeschlossen, so dass es sich hier wie im Falle der Bodenreform um eine Konfiskation handelte. Von insgesamt rund 200 schweizerischen Liegenschaften ist ungefähr ein Drittel von diesem Gesetz betroffen worden.

ObwohL sich die Nationalisierung nicht auf das in den Häusern befindliche Mobiliar erstrecken sollte, ist dieses bei der Übernahme der Liegenschaften vielfach mit verstaatlicht worden, besonders dann, wenn die schweizerischen Grundeigentümer nicht anwesend waren.

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Im Verlaufe der Durchführung dieser Massnahmen sind auch verschiedene Sachwerte Schweizern weggenommen worden, so private Automobile, die auf

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dein Areal einer verstaatlichten Fabrik standen, Holzlager, landwirtschaftliche Maschinen usw.

3. Weitere Schäden sind der schweizerischen Volkswirtschaft durch die Wegnahme schweizerischer Waren in den Jahren 1944 und 1945 zugefügt worden. Einerseits handelte es sich um schweizerische Exportgüter, die für Eumänien oder Drittländer bestimmt waren, anderseits um Importgüter, die aus Drittländern oder aus Eumänien stammten, insbesondere auch aus dem seinerzeit von rumänischen Truppen besetzten Transnistrien. Der grösste Teil dieser Waren war auf Schleppschiffen deutscher Eeedereien in rumänischen Donauhäfen, ein kleinerer Teil in ungarischen Eisenbahnwagen von alliierten bzw. sowjetrussischen Truppen requiriert worden. Für die aus der Wegnahme dieser Waren entstandenen Verluste war die Bundes-Kriegsrisiko-Versicherung aufgekommen. Bei den auf dem Landwege transportierten Waren war es in einigen Fällen gelungen, von der rumänischen Regierung eine Lei-Entschädigung zu erwirken. Der grösste Teil der verlorenen Waren blieb jedoch ohne Entschädigung.

: 4. Schon seit der Krise von 1930 waren die inneren und äusseren rumänischen Anleihen notleidend. In verschiedenen Vereinbarungen mussten sich die ausländischen Gläubiger von 1934 bis 1940 mit Zinsreduktionen auf der Basis von 40 bis 70 Prozent der vertraglichen Leistungen abfinden. Am 13. Dezember 1937 wurde bei gleichzeitiger Konversion verschiedener äusserer Anleihen ein neues 4% prozentiges Schweizerfranken-Anleihen emittiert, das durch eine besondere Garantie des staatlichen Tabakmonopols gesichert war. Doch auch diese Verpflichtung konnte von der rumänischen Eegierung nicht eingehalten werden. Am 5. Februar 1941 musste sie den Zinsendienst für alle rumänischen Anleihen einstellen.

Nach längeren Verhandlungen wurde zu Beginn des Jahres 1943 in Bern eine Bückkaufsregelung für die in der Zeit vom I.August 1936 bis I.April 1941 verfallenen Coupons verschiedener äusserer Anleihen vereinbart. Die Couponsinhaber erhielten Gelegenheit, ihre Abschnitte vom 3. Februar 1944 an in der .Schweiz zu reduzierten Beträgen einzulösen. Dieses rumänische Eückkaufsangebot war unbefristet.

Der bereits erwähnte Kredit- von 1946/47 wurde vom interessierten schweizerischen Bankenkonsortium an die Bedingung geknüpft, dass dieser teilweise auch zur Eegelung der Titel der
rumänischen Staatsanleihen in der Schweiz diene. Am 4. März 1947 schloss die Schweizerische Kreditanstalt als Vertreterin der schweizerischen Banken mit dem zuständigen rumänischen Finanzinstitut eine Vereinbarung, auf Grund derer den schweizerischen Inhabern von rumänischen Staatsobligationen ein,bis zürn 31. Oktober 1947 befristetes und bis zum 30. April 1948 verlängertes Eückkaufsangebot unterbreitet wurde. Dieses Angebot sah für die einzelnen Anleihen verschieden gestaffelte Eückkaufs!

sätze vor.

Gleichzeitig widerrief die rumänische Eegierung ihr Eückkaufsangebot für die: Coupons ohne Ansetzung einer weiteren Frist für die Vorlage der fraglichen Bundesblatt. 103. Jahrg. Bd. III.

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526 Abschnitte.. Durch dieses Vorgehen wurde einer ganzen Anzahl von Interessenten, welche ihre Coupons aus verschiedenen Gründen bis zum 4. März 1947 nicht hatten vorweisen können, die Möglichkeit genommen, vom erwähnten Angebot Gebrauch zu machen. Infolge Fristablaufs oder Nichterfüllung der Affidavitbedingungen konnten verschiedene Obligationeninhaber nicht berücksichtigt werden. So .wurden die für die beiden Eückkaufsoperationen bereitgestellten Mittel nicht voll gebraucht. Die Schweizerische Kreditanstalt bzw.

die Schweizerische Bankiervereinigung nahen sich seither immer wieder bemüht, für die nicht zurückgekauften Coupons und Obligationen unter Verwendung dieses Eestbetrages eine Lösung zu finden, doch war dies erst im Eahmen der letzten Verhandlungen möglich.

5. Die umfassenden rumänischen Nationalisierungsmassnahmen vom Juni 1948 fielen zusammen mit der bekannten Vitianu-Affäre, die eine Verschlechterung der schweizerisch-rumänischen Beziehungen zur Folge hatte.

In Eumänien wurden insgesamt 44 Schweizerbürger verhaftet, von denen ein grosser Teil wegen an sich unbedeutender Verfehlungen lange Gefängnisstrafen erhielten. 12 Landsleute haben in der Haftzeit körperliche Schäden erlitten, ein Schweizer, Wladimir von Steiger, ist im .Bukarester Gefängnis gestorben.

· Nachdem die rumänische Wirtschaftsdelegation, die vereinbarungsgemäss im August 1948 zu Verhandlungen über die offenen Fragen kommerzieller und finanzieller Natur in Bern hätte eintreffen sollen, ' nicht erschienen war und keinerlei Aussicht bestand, dass die rumänische Eegierung den schweizerischen Begehren um Freilassung der verhafteten Schweizerbürger und Zahlung einer angemessenen Nationalisierungsentschädigung entsprechen werde, sah sich der Bundesrat am 20. August 1948 genötigt, gestützt auf den Bundesbeschluss über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Auslande vom 14. Oktober 1933/22. Juni 1939, einen Beschluss zu fassen, nach dem sämtliche Zahlungen von der Schweiz nach Eumänien an die Schweizerische Nationalbank zu leisten waren und über die rumänischen Vermögenswerte in der Schweiz nur noch mit Zustimmung der Schweizerischen Verrechnungsstelle verfügt werden durfte.

Diese Massnahmen hatten vorsorglichen Charakter; ihre Aufhebung wurde für den Zeitpunkt in Aussicht gestellt, wo sich die rumänische Eegierung für eine Eegelung der offenen Vergangenheitsfragen bereit finden werde.

IV.

Die schweizerisch-rumänischen Wirtschaftsverhandlungen 1950/51 Seit dem Erlass des Bundesratsbeschlusses vom 20. August 1948 hat sich der Bundesrat ohne Unterlass um eine Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen bemüht. Durch die Freilassung aller im Zusammenhang mit der Vitianu-Affäre verhafteten Schweizer und verschiedene offiziöse Fühlungnahmen gab die rumänische Eegierung zu verstehen, dass auch ihr daran gelegen war.

Als im Herbst 1950 gewisse Vorfragen auf diplomatischem Wege geklärt worden

527 waren und die rumänische Regierung befriedigende Zusicherungen für die Aufnahme umfassender Wirtschaftsverhandlungen gegeben hatte, beschloss der Bundesrat am 21. Oktober 1950 die Aufhebung des oben erwähnten Bundesr ratsbeschlusses.

Kurz hierauf fanden einleitende Besprechungen in Bukarest statt, bei welcher Gelegenheit im «niodus procedeiidi» die Traktandenliste für die Verhandlungen aufgestellt wurde. Gleichzeitig einigten sich die beiden Delegationen im «modus vivendi» auf einige provisorische Massnahmen im Gebiet des Zahlungsverkehrs. Nach eingehenden Vorbereitungen konnten die eigentlichen Verhandlungen am 2. April 1951 in Bukarest aufgenommen werden.

A. Abkommen betreffend den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr: 1. Dieses Abkommen tritt an die Stelle des am 29. Juni 1946 in Bern abgeschlossenen Vertrages und der Zusatzvereinbarungen vom 4. März 1947.

Seine Gültigkeit erstreckt sich zunächst bis zum 31. Juli 1952, wobei das Abkommen weiterhin in Kraft bleiben soll, wenn es nicht von der einen oder anderen Partei unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist gekündigt wird.

Die bisher zwischen beiden Ländern geltende Begelung des Warenaustausches und Zahlungsverkehrs wird im wesentlichen beibehalten. Sie lehnt sich im übrigen stark an die Bestimmungen der mit anderen osteuropäischen Staaten in den letzten Jahren abgeschlossenen Verträge an.

Zwei Warenlisten enthalten die Kontingente für die gegenseitigen Lieferungen. Auch wenn das Abkommen von keiner der beiden Parteien gekündigt werden sollte, bleibt ihre Gültigkeit auf ein Jahr beschränkt. Es fällt in die Zuständigkeit der durch das Abkommen eingesetzten «Commission mixte», diese Listen für eine weitere Vertragsperiode gültig zu erklären oder nötigenfalls neue Kontingente festzusetzen.

; Bei der Neuregelung des Warenaustausches zwischen der Schweiz und Bumänien ging es zunächst darum, vermehrt auf die traditionelle schweizerische Exportstruktur Bücksicht zu nehmen. Die neue schweizerische Ausfuhrliste weist einen Gesamtwert von rund 37 Millionen Franken auf. Auf Erzeugnisse der Landwirtschaft entfallen etwas weniger als 2 Millionen, wovon 1,5 Millionen für schweizerisches Zuchtvieh vorgesehen sind. Der Anteil für die Uhrenindustrie macht 1,5 Millionen und derjenige für die Textil- und chemische Industrie je ungefähr 5 bis 6
Millionen aus. Die Kontingente für die Maschinen- und Apparateindustrie betragen ungefähr 40 Prozent des Listenwertes, was verhältnismässig hoch ist. Wenn man jedoch bedenkt, dass bis dahin Bumänien den weitaus grossten Teil seiner Bezüge aus der Schweiz in freien Devisen bezahlte und daher die rumänischen Aussenhandelsstellen bei der Vergebung von Bestellungen entsprechend ihrem dringenden Bedarf in erster Linie die Maschinenindustrie berücksichtigten, so stellt die Neuregelung dennoch eine Verbesserung zugunsten der übrigen Zweige unserer Exportindustrie dar.

528 Der Verrechnungswert der Kontingente der rumänischen Lieferliste kann mit rund 38 Millionen Franken veranschlagt werden. An versorgungsmässig für die Schweiz interessanten Waren enthält diese Liste namentlich folgende Kontingente : . 25 000 Tonnen. Weizen, 20000 » Futtermais, Sämereien, 30 000 » Brennholz, 17000 m 3 .Laubholz, 20000 Tonnen Heizöl, 10 000 » ' Petrolkoks und verschiedene Chemikalien.

Es wird allerdings von Seiten Rumäniens, namentlich hinsichtlich der Anpassung der Exportpreise an das erfahrungsgemäss tiefe schweizerische Preisniveau, besonderer Anstrengungen bedürfen, um das in Aussicht genommene Lieferprogramm abzuwickeln. Sollte es sich zeigen, dass trotz den vorhandenen Exportüberschüssen die Einfuhr aus Rumänien wegen zu grosser Preisdifferenzen nicht in Gang gebracht werden kann, so müsste zu deren Überbrückung die Einführung eines Prämiensystems geprüft werden, wie es schon vor dem Kriege mit den meisten unserer Handelspartner in .Osteuropa bestanden hat.

Der Z a h l u n g s v e r k e h r zwischen der Schweiz und Eumänien wird sich auch in .Zukunft auf der Clearingbasis über ein einziges in Schweizerfranken bei der Schweizerischen Nationalbank geführtes «Vertrags-Konto» der Rumänischen Staatsbank, abwickeln. Sollten die auf dem Vertrags-Konto zur Verfügung stehenden Schweizerfrankenbeträge, herrührend aus den rumänischen Lieferungen nach der Schweiz, zur Regelung der vorhandenen kommerziellen Verbindlichkeiten in einem gewissen Zeitpunkt nicht ausreichen, so sieht das Abkommen1 den Einschuss anderer, nicht aus dem bilateralen Verkehr stammender Mittel vor. Die Rumänische Staatsbank hat das Recht, später die Rückzahlung solcher Mittel zu verlangen, soweit dies die jeweilige Clearinglage gestattet. . . .

2. Die beidseitigen rückständigen Forderungen, die auf Grund des Abkommens über den Warenaustausch und Zahlungsverkehr vom 29. Juni 1946 hätten transferiert werden sollen, wurden in einem besonderen Liquidationsprotokoll geregelt, das einen integrierenden Bestandteil des neuen Abkommens über den,Warenaustausch und den Zahlungsverkehr bildet.

Die Abrechnung über die gegenseitigen Ansprüche aus dem Versicherungsund/Rückversicherungsverkehr ergab zugunsten der schweizerischen Gesellschaften einen Saldo von 738594,18 Franken, dessen einzelne Posten in einer dem Liquidationsprotokoll
beigefügten Liste spezifiziert sind.

Bei den schweizerischen Rückwandererguthaben und Forderungen gegenüber nationalisierten Unternehmen, privaten Schuldnern und Staatsbetrieben einerseits und den rumänischen Forderungen gegenüber Industrieunternehmen

529 und Banken in der Schweiz anderseits bestand die grosse Schwierigkeit darin, dass nicht nur der seinerzeit unterbliebene Transfer nachzuholen war, sondern dass die meisten Ansprüche von den Schuldnern ganz oder teilweise in ihrem materiellen Bestand bestritten wurden. An sich wäre es Sache der Gerichte gewesen, über diese Rechtsstreite zu entscheiden. Die Abwicklung so zahU reicher Gerichtsverfahren hätte aber lange Zeit in Anspruch genommen und beträchtliche Kosten verursacht. Vor allem war die Annahme gerechtfertigt, dass bei Wiederherstellung des unterbrochenen Kontaktes zwischen Gläubigern und Schuldnern auf aussergerichtlichem Wege eine rasche Einigung zwischen den Parteien möglich sein werde. Eine Erleichterung schuf auch die, Tatsache, dass die rumänische Delegation wegen der Rechtsnachfolge des rumänischen Staates direkt für die früheren privaten Schuldner und Gläubiger verhandeln konnte. Aus diesen Gründen kamen die beiden Delegationen überein, im Rahmen der zwischenstaatlichen Verhandlungen die Klärung der strittigen Rechtsfragen anzustreben. Tatsächlich war dies in zahlreichen Fällen möglich. Wegen der ausgedehnten Erhebungen, welche dieses Verfahren erforderte, gelang es jedoch nicht, überall zu einem abschliessenden Ergebnis zu kommen. Es wird sich daher noch im Laufe dieses Jahres eine «Commission mixte» in Bukarest vereinigen, welche die Aufgabe hat, die beidseitig anerkannten Ansprüche listenmässig zu erfassen.

Diese besonderen Umstände veranlassten die Delegationen, ins Liquidationsprotokoll eine Regelung aufzunehmen, die einerseits durch Fixierung eines Globalbetrages und anderseits durch die Festlegung der für. die Abgeltung der .schweizerischen Ansprüche anzuwendenden Grundsätze gekennzeichnet ist.

Der festgesetzte Globalbetrag von 5 Millionen Schweizerfranken dient, nach Abzug des für die schweizerischen Buckversicherungsgesellschaften reservierten Betrages von 733594,18 Franken zur Regelung der Forderungen gegenüber nationalisierten Unternehmen und der Rückwandererguthaben, während die Forderungen gegenüber privaten Schuldnern und Staatsbetrieben über das für den laufenden Zahlungsverkehr vorgesehene Konto der Rumänischen Staatsbank bei der Schweizerischen Nationalbank zu honorieren sind.

Der für ein Liquidationsprotokoll ungewöhnlichen Lösung eines Globalbetrages wurde
schweizerischerseits erst zugestimmt, als die Einigung in den grundsätzlichen Fragen eine angemessene Abgeltung der schweizerischen. Ansprüche erwarten liess. Die Besonderheit dieser Globallösung ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass nach vollständiger Bezahlung der Summe von 5 Millionen Schweizerfranken die Ansprüche der schweizerischen Gläubiger als endgültig geregelt betrachtet werden und diese keinerlei Forderungen gegenüber dem rumänischen Staat mehr erheben können. Diese Regelung ist somit dem Abkommen über die Nationalisierunggentschädigung verwandt, weshalb die für die Globalentschädigung geltenden Rechtsgrundsätze, vor allem .auch hinsichtlich der Verteilung des Globalbetrages, analog anzuwenden sein werden.

Da die Forderungen gegenüber privaten Schuldnern und Staatsbetrieben zu Lasten des Vertrags-Kontos zu regeln sind, gilt hier das übliche individuelle Verfahren,

330 Bei der Festlegung der1 Grundsätze handelte es sich darum, die Voraussetzungen zu schaffen, dass die vom rumänischen Schuldner oder vom schweizerischen Rückwanderer für den Transfer bereitgestellten Mittel zu den damaligen Kursbedingungen umgerechnet werden können. Eine Einigung in diesem Punkt stiess wegen der rumänischen Inflationskurse auf erhebliche Schwierigkeiten, im weitern auch deshalb, weil nur mit Mühe festgestellt werden konnte, zu welchem Zeitpunkt die vom Schuldner für den Transfer nötigen Formalitäten seinerzeit tatsächlich erfüllt worden sind oder bei Einhaltung der von den rumänischen Behörden übernommenen Verpflichtungen hätten erfüllt werden können.

Die von Eumänien beanspruchten Guthaben bei schweizerischen Banken gehören fast ausschliesslich Privatpersonen, die aus verschiedenen Gründen, teils unter Zwang, ihre Konten an die Eumänische Staatsbank abgetreten haben. Nachdem die Kontoinhaber entweder ihre Zessionserklärung nachträglich widerrufen oder mit den Banken bereits ganz bestimmte formelle Abmachungen über die Dispositionsbefugnis getroffen haben, können die schweizerischen Banken dem rumänischen 'Begehren um Herausgabe nicht entsprechen.

Besondere Schwierigkeiten bieten auch die rumänischen Forderungen gegen Unternehmen in der Schweiz, da den Begehren auf Rückgabe bereits geleisteter Anzahlungen im Falle stornierter Bestellungen fast durchwegs schweizerische Schadenersatzansprüche im gleichen Umfange gegenüberstehen. Die Schweizerische Verrechnungsstelle hat ihre guten Dienste zu,einer Vermittlung zwischen den Parteien angeboten. Der Transfer der anerkannten rumänischen Forderungen wird über das oben erwähnte Konto der Rumänischen Staatsbank abgewickelt.

B. Abkommen betreffend die Entschädigung der schweizerischen Interessen in der Rumänischen Volksrepublik l. Angesichts der Tätsache, dass in einer völlig verstaatlichten Planwirtschaft kein Raum mehr für eine private wirtschaftliche Betätigung bleibt, war es auch bei diesen Entschädigungsverhandlungen die Aufgabe der schweizerischen Delegation, eine umfassende Regelung für die durch die politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen in Mitleidenschaft gezogenen schweizerischen Interessen anzustreben. Die rumänische Regierung war an sich nicht abgeneigt, zu einer solchen Generalbereinigung Hand zu bieten. Sie knüpfte
ihre Bereitschaft hierzu jedoch an die Bedingung, dass die schweizerischen Ansprüche nicht individuell, sondern durch Zahlung einer globalen und pauschalen Entschädigung endgültig abgegolten würden. Angesichts der vielfachen Vorteile, die eine solche staatsvertragliche Regelung bietet, gab der Bundesrat hierzu seine Einwilligung, um so mehr als die rumänische Delegation bereit war, jeden einzelnen Entschädigungsanspruch einem sorgfältigen Legitimationsund Bewertungsverfahren zu unterziehen. Die aus diesem Gründe sehr in die Details gehenden Besprechungen erklären die lange Verhandlungsdauer.

Die grössten Schwierigkeiten verursachte der Komplex der industriellen Beteiligungen und Kredite, die wertmässig rund 80 Prozent der ge-

531 samten Entschädigungsansprüche ausmachten. Nicht in allen Fällen ist die Legitimation der schweizerischen Interessenten von der rumänischen Delegation anerkannt worden. So weigerte sie sich, diejenigen Aktionäre in die Entschädigungsregelung einzubeziehen, die ihre Aktien gegenüber den Behörden durch rumänische Treuhänder hatten vertreten lassen. In zwei besonders gelagerten Fällen, wo auch nach schweizerischer Auffassung die Entschädigungsberechtigung nicht über alle Zweifel erhaben war, erwies es sich als notwendig, eine Spezialregelung zu treffen ; die Interessenten haben noch vor Abschluss des Abkommens hierzu ihre Zustimmung gegeben.

Die Bewertung der Beteiligungen und Kredite erfolgte auf Grund der bei der Nationalisierung erstellten Übernahmebilanzen. Die schweizerische Delegation hat sich mit diesem Vorgehen unter der Bedingung einverstanden erklärt, dass auch die nach der Lei-Stabilisierung ermittelten «Neubewertungsreserven» und die bilanzmässig ausgewiesenen Kredite dem Aktivenüberschuss zugerechnet würden. Die vor Abschluss der Verhandlungen konsultierten Interessenten haben das Ergebnis des BewertungsVerfahrens allgemein als befriedigend bezeichnet.

.

Bei den im schweizerischen Publikum verstreuten I n d u s t r i e - A k t i e n handelte es sich darum, die Legitimation von rund 1900 Aktionären und den Wert von rund 455 000 Aktien zu ermitteln. Hiervon entfielen rund 1000 Aktionäre mit 135000 Aktien auf die Petroleum-Gesellschaf t «Steaua Komana». Die von der Schweizerischen Bankiervereinigung vor Verhandhmgsbeginn .durchgeführte Enquête trug wesentlich dazu bei, dass auch hier eine befriedigende Eegelung erzielt werden konnte. Bei der Bewertung verlangte die schweizerische Delegation, dass die gleichen Prinzipien wie für die grossen Beteiligungen angewendet, d. h. von den Übernahmebilanzen ausgegangen werden müsse.

: : Der Wert der A k t i e n liquidierter Banken wurde, soweit möglich, auf Grund der Liquidationsbilanzen ermittelt. Es handelte sich insgesamt um 293 Aktionäre mit 153 600 Aktien.

· .

: Die Durchführung des Legitimationsverfahrens verursachte bei den nationalisierten L i e g e n s c h a f t e n erhebliche Schwierigkeiten, weil nur im ehemals österreichisch-ungarischen Gebiet Bumäniens Grundbücher bestehen und im übrigen Teil des Landes auf die Gerichtsarchive
abgestellt werden muss, die über lang zurückliegende Eintragungen nicht immer mit der nötigen Zuverlässigkeit Aufschluss geben. Es wird Sache der noch dieses Jahr zusammentretenden «Commission mixte» sein, über die Eigentumsverhältnisse einiger noch ungeklärter Fälle Klarheit zu schaffen. Die Bewertung der Liegenschaften erfolgte auf der Basis der von den Interessenten für die Grundsteuer angegebenen jährlichen Mieterträgnisse, die bei Annahme einer Sprozentigen Verzinsung mit dem Koeffizient 20 multipliziert den Liegenschaftswert ergaben.

Obwohl diese Bewertungsmethode überall dort, wo die Interessenten aus Steuergründen unter dem tatsächlichen Ertrag liegende Mietwerte angegeben hatten,

532 nicht zuverlässig ist, konnte die schweizerische Delegation doch dem rumänischen Einwand, dass nicht mehr entschädigt werden könne, als versteuert worden sei, die Berechtigung nicht absprechen. Die Globalsumme wird auch hier die Ausrichtung von angemessenen Entschädigungsquoten erlauben.

Da die Eigentümer der nicht n a t i o n a l i s i e r t e n L i e g e n s c h a f t e n in der Zukunft kaum hoffen können, einen dem Investitionswert entsprechenden Ertrag zu realisieren, hat die schweizerische Delegation vorgeschlagen, auch für diesen Komplex eine Eegelung zu finden. Allerdings wird dies nicht auf dem Wege einer Globallösung möglich sein, da' die Eigentumsrechte formell noch von keinen Nationalisierungsmassnahmen betroffen sind. Der bereits erwähnten «Commission mixte» ist die Aufgabe übertragen worden, zuhanden der schweizerischen Eigentümer auf der für die nationalisierten Liegenschaften angewandten Bewertungsbasis Kaufofferten zu ermitteln. Die Zustimmung der rumänischen Behörden zum Erwerb dieser Liegenschaften wird von der Zu- '> Sicherung abhängig sein, dass in der Zukunft keine neuen schweizerischen Ansprüche geltend gemacht werden. Diejenigen Grundeigentümer, welche die Offerten nicht annehmen sollten und ihr Eigentumsrecht zu behalten wünschen, müssen daher damit rechnen, dass die schweizerische Eegierung bei künftigen Enteignungen nicht mehr in der Lage sein wird, sich bei der rumänischen Eegierung für eine neue Entschädigungsleistung einzusetzen.

Hinsichtlich der schweizerischen Entschädigungsansprüche für die in Eumänien zurückgelassenen Hauseinrichtungen, persönlichen Effekten und sonstigen Mobilien handelte es sich in erster Linie darum, festzustellen, ob diese Sachwerte Gegenstand rumänischer Enteignungsmassnahmen waren.

Die Erhebungen hierüber sind 'noch nicht abgeschlossen. Es wird ebenfalls Sache der «Commission mixte» sein, hier Klarheit zu schaffen. Schon jetzt kann gesagt werden, dass ein Teil dieses Mobiliars nicht von den rumänischen - Behörden übernommen worden ist, sondern mangels Ausfuhrbewilligung und wegen der hohen Transportkosten nicht in die Schweiz überführt werden kann.

Die rumänische Delegation hat ausdrücklich zugesichert, dass Ausfuhrgesuche von Schweizerbürgern mit allem nötigen Wohlwollen geprüft würden. Jedoch sind die rumänischen Bestimmungen auf
diesem Gebiet überaus streng, so dass in vielen Fällen den Interessenten nichts anderes übrig bleiben wird, als das zurückgelassene Umzügsgut in Eumänien zu veräussern. Für die Überweisung der auf diese Weise entstehenden Eückwandererguthaben hat die rumänische Delegation ebenfalls die nötigen Zusicherungen gegeben. Die Eigentümer von Sachwerten, die vom rumänischen Staat übernommen wurden, werden aus der Globalsumme entschädigt werden.

Dies gilt auch für die schweizerischen Gläubiger von K a p i t a l f o r d e rungen, die durch die Nationalisierung des schuldnerischen Unternehmens oder des Grundstückpfandes in Mitleidenschaft gezogen wurden. Die übrigen Forderungen kommerzieller und finanzieller Natur, die nicht Kapitalforderungen darstellen und gemäss den Vereinbarungen über den Zahlungsverkehr transferierbar waren; fallen unter das oben kommentierte Liquidationsprotokoll,

533 2. Auf Grund der Enquête der Schweizerischen Bankiervereinigung vom Januar/Februar 1951 konnten die in Schweizerbesitz befindlichen festverzinslichen rumänischen W e r t p a p i e r e in folgende Kategorien eingeteilt werden: : a, Äussere rumänische Anleihen : -- Anleihen, deren Titel bei der Eückkaufsoperation von 1947 ohne Affidavit zum Bückkauf zugelassen waren, jedoch nicht innert nütz. lieber Zeit vorgewiesen wurden; -- Titel, welche die Bedingungen des Schweizerbesitz-Affidavits von 1936 in allen Teilen erfüllten, jedoch nicht innert nützlicher Frist vorgewiesen wurden: -- Titel, welche die Bedingungen des Schweizerbesitz-Affidavits von 1936 nicht erfüllten und demzufolge nicht zum Bückkauf angeboten werden konnten; -- Anleihen, welche im Bückkaufsangebot von 1947 nicht enthalten waren ; b. innere rumänische Anleihen in Lei und Goldlei; 'c. lose Coupons, welche die Bedingungen des Bückkaufsangebotes von 1944 in allen Teilen erfüllten, jedoch infolge des Widerrufes dieser Offerte nicht eingelöst werden konnten, i Die schweizerische Delegation hat ursprünglich den Vorschlag gemacht, die oben erwähnten Titel der äusseren Anleihen und losen Coupons zu den Bückkaufsbedingungen von 1947 bzw. 1944 abzugelten und die inneren Anleihen, die infolge der Währungsinflation entwertet waren, durch eine Pauschalsumme zu regeln. Die rumänische Delegation hat sich grundsätzlich gegen die Durchführung einer neuen Bückkaufsoperation ausgesprochen, jedoch ihr Einverständnis gegeben, dass eine Begelung auf der von der schweizerischen Delegation vorgeschlagenen Basis im Bahmen des Entschädigungsabkommens getroffen werde. Die zu Beginn der Verhandlungen getroffene Unterscheidung in affidavit- und nichtaffidavit-berechtigte Obligationen im Sinne der Bückkaufsbedingungen von 1947 konnte in der Folge fallen gelassen werden. Die rumänischen Vertreter lehnten es vorerst ab, die nach dem l, Januar 1946 aus ausländischem Besitz erworbenen Obligationen in eine Begelung einzubeziehen.

Auch diese Frage konnte im Abkommen in befriedigender Weise geregelt werden, indem die nach dem Stichtag erworbenen Titel nicht ausgeschlossen, sondern zu einem niedrigeren Abgeltungssatz ebenfalls in die Begelung einbezogen wurden.

Auf dieser Grundlage ist eine Einigung zustande gekommen. Für die Abgeltung der fraglichen Wertpapiere ist
im vertraulichen Protokoll zum Entschädigungsabkommen ein approximativer Betrag von l 750 000 Schweizerfranken vorgesehen, welcher eine angemessene Entschädigung der Titelinhaber

534 gewährleistet. Es können somit nicht nur die seinerzeit verspätet angemeldeten Titel, sondern ebenfalls diejenigen Wertpapiere abgegolten werden, welche die Bedingungen der Eückkaufsofferte von 1947 nicht erfüllten. Ebenfalls ist die Berücksichtigung der losen Coupons auf der Basis der Vereinbarung von 1944 mit Bücksicht auf die seither in den meisten Ländern vorgenommenen Abwertungen als erfreulich zu bezeichnen. Ferner ist es zu begrüssen, dass auch für die an sich entwerteten inneren Lei-Anleihen eine Lösung gefunden werden konnte.

8. Was die . E r s a t z a n s p r ü c h e für die im Jahre 1948 v e r h a f t e t e n .Schweizerbürger betrifft, so gelang es nicht, von der rumänischen Regierung die ausdrückliche Zustimmung zu einer Entschädigungsleistung zu erwirken. Die rumänische Delegation hat es abgelehnt, auf diese Frage einzutreten. Sie gab zu verstehen, dass sie sonst genötigt sein werde, auf die VijianuAffäre zurückzukommen. Dagegen sind den berechtigten Wünschen der geschädigten Schweizerbürger bei der Festsetzung der Globalentschädigung schweizerischerseits Eechnung getragen worden, so dass die Möglichkeit besteht, diesen eine Entschädigung auszurichten.

Die schweizerische Delegation konnte sich deshalb mit dieser 'Lösung abfinden, weil von rumänischer Seite Zusicherungen gemacht wurden, dass eine Anzahl pendenter Ausreisegesuche von Schweizerbürgern, Doppelbürgern und ehemaligen Schweizern, die seinerzeit unter dem Druck der wirtschaftlichen Verhältnisse auf ihr Schweizerbürgerrecht verzichtet hatten, wohlwollend geprüft wurden. Der Erfolg dieser Gesuche ist abzuwarten.

4. Schliesslich erklärte sich die rumänische Eegierung bereit, die Bestimmungen des Entschädigungsabkommens analog auf die Angehörigen des Fürstentums Liechtenstein anzuwenden.

5. Die rumänische Eegierung zahlt als globale und pauschale Entschädigung für die oben erwähnten Ansprüche einen Betrag von 42,5 Millionen Schweizerfranken, und zwar 25,5 Millionen innert 30 Tagen nach Inkrafttreten des Entschädigungsabkommens und die restlichen 17 Millionen Schweizerfranken in 16 Semesterraten, die erste am 1. Juli 1952. Auf Grund der Besprechungen über die Legitimation der Interessenten und über die Bewertung der angemeldeten Ansprüche besteht die Gewissheit, dass die Beteiligungen, Kapitalforderungen und Sachwerte im
Durchschnitt zu 50 bis 60 Prozent des tatsächlichen Wertes abgegolten werden können, wobei 60 Prozent von diesem Betrag innert kurzer Zeit nach Inkrafttreten des Abkommens in bar auszurichten sind.

Die schweizerischen Ansprüche und eventuellen Gegenforderungen der rumänischen Eegierung gehen erst nach vollständiger Bezahlung der Globalentschädigung unter. Sie können .jedoch nach der Unterzeichnung des Entschädigungsabkommens nicht mehr geltend gemacht werden ; eine Anwendung dieser einschränkenden Bestimmung auf nicht schweizerische Ansprecher ist nicht vorgesehen.

535 Die getroffene Begelung entspricht im übrigen grundsätzlich den mit Jugoslawien, Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn abgeschlossenen Entschädigungsabkommen. Es wird daher, besonders hinsichtlich des Wesens der Globalentschädigung und deren rechtlichen Auswirkungen auf diese Vereinbarungen und die entsprechenden Botschaften des Bundesrates vom 29. Oktober 1948, 27. Oktober 1949, 17. Februar 1950 und 31. Oktober 1950 verwiesen.

6. Für die Ansprüche des Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartements aus Beschlagnahmung schweizerischer Waren in den Jahren 1944 und 1945 hat sich die rumänische Kegierung verpflichtet, eine Entschädigung zu zahlen, jedoch nicht in Schweizerfranken, sondern in Lei. Der Betrag von 50 Millionen Lei, der für die Bedürfnisse unserer diplomatischen Vertretung in Bumänien, insbesondere auch zum Ankauf und zur Einrichtung von Gesandtschaftsräumen verwendet werden kann, wird auf ein bei der Eumänischen Staatsbank zu errichtendes Konto der Schweizerischen Gesandtschaft eingezahlt. Diese kann im Jahre 1952 einen Höchstbetrag : von 20 Millionen Lei und in den folgenden Jahren ; je 15 Millionen Lei beziehen.

Die von der rumänischen Eegierung zu zahlende Lei-Entschädigung stellt nur einen Bruchteil der von der schweizerischen Delegation ursprünglich verlangten Ersatzleistung in Schweizerfranken dar. Die rumänische Delegation hat jedoch zur Begründung ihres ablehnenden Standpunktes verschiedene Argumente ins Feld geführt, die nicht einer gewissen Berechtigung entbehren.

Der rumänische Friedensvertrag verpflichtet zwar Eumänien, diejenigen Personen, die durch Massnahmen der alliierten Truppen zu Schaden gekommen sind, in Lei zu entschädigen. Der Vertragstext ist jedoch nicht eindeutig genug, um die von der rumänischen Delegation behauptete Interpretation auszuschliessen, dass diese Verpflichtung nur gegenüber Angehörigen der Signatarstaaten gilt. Ein grosser Teil der fraglichen Waren ist zudem vor Abschluss des mit der Sowjetunion getroffenen ; Waffenstillstandes beschlagnahmt worden, so dass diese Massnahmen von rumänischer Seite als reine Kriegshandlungen bezeichnet wurden, für die sie nicht aufzukommen hätten. Ferner stellte sich das Problem der aus Transniatrien stammenden Waren, die nach rumänischer Ansicht unter die bekannte Londoner Erklärung von 1943 über die Bückführung
von Waren aus besetzten Gebieten fielen. Unter diesen Umständen hielt es der Bundesrat für angebracht, das rumänische Angebot von 50 Millionen Lei anzunehmen.

, 7. Die rumänische Delegation hat sich auch nach dem Schicksal eventuell in der Schweiz liegender Vermögenswerte von rumänischen Staatsbürgern erkundigt-, die während des Krieges unter besonderen Umständen umgekommen sind. Im Verhandlungsprotokoll wurde der schweizerische Standpunkt eingehend dargelegt. Demnach sind in solchen Fällen die in der Schweiz für das Erbrecht gültigen international-rechtlichen Normen anzuwenden. Die schweizerischen Behörden sind bereit, bei den Nachforschungen nach solchen Vermögenswerten im Eahmen des Möglichen behilflich zu sein.

536 V.

Erläuterungen zu den Abkommenstexten A. Abkommen beireffend den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr Artikel l enthält einige allgemeine Bestimmungen über den Warenaustausch zwischen den beiden Ländern.

In Artikel 2 sind die verschiedenen Zahlungskategorien aufgezählt, auf welche die im Abkommen vorgesehene Begehmg Anwendung findet. Gegenüber den bisher zwischen der Schweiz und Bumänien geltenden Transferbestimmungen sind in Angleichung an andere in der Zwischenzeit abgeschlossene ähnliche Abkommen einige neue Zahlungskategorien hinzugekommen.

Artikel 3 sieht vor, dass alle in Artikel 2 genannten Zahlungen zwischen der Schweiz und Eumänien in Schweizerfranken zu leisten sind.

Artikel 4-9 enthalten Bestimmungen mit vorwiegend zahlungstechnischem Charakter. Gemäss Artikel 5 wird bei der Schweizerischen Nationalbank zugunsten der Eumänischen Volksrepublik ein sogenanntes «Vertrags-Konto» eröffnet, über das sich der gesamte gebundene Zahlungsverkehr zwischen den beiden Ländern abwickeln wird. Auf Grund von Artikel 7, Absatz l, ist die Eumänische Staatsbank gehalten, dem Clearing andere als aus dem bilateralen Verkehr herrührende Schweizerfrankenbeträge zuzuführen, wenn auf dem «Vertrags-Konto» zu einem gegebenen Zeitpunkt nicht mehr genügend Mittel vorhanden sind.

: Gemäss Artikel 10 wird eine gemischte Begierungskommission eingesetzt, der die Überwachung der Abwicklung des Abkommens obliegt, wie auch namentlich die Festsetzung des jährlichen Warenaustaiischprogramms zwischen den beiden Ländern.

Der Geltungsbereich dieses Abkommens wird durch Artikel 11 auf das : Fürstentum Liechtenstein ausgedehnt.

Artikel 12, der wörtlich dem Artikel 15 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Ungarischen Volksrepublik vom 27, Juni 1950 nachgebildet ibt, setzt in den Absätzen l und 2 die Voraussetzungen fest, unter denen Arreste auf Vermögenswerte der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Eumänien und der Eumänischen Volksrepublik in der Schweiz bewilligt werden können. Absatz 3 dieses Artikels befasst sich sodann mit der Geltendmachung von Forderungen gegen juristische Personen und stellt fest, dass nur ihre eigenen sich im Lande des Gläubigers befindenden Vermögenswerte mit Arrest belegt werden können.

Durch Artikel 13 werden die bis anhin formell gültig gebliebenen Abkommen vom
29. Juni 1946 und Zusatzabkommen vom 4. März 1947 ausser Kraft gesetzt.

Artikel 14 setzt die vorläufige Geltungsdauer des Abkommens auf ein Jahr fest, wobei es vorbehaltlich der Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist weiterhin in Kraft bleibt,

537

Das Abkommen wird ergänzt durch ein V e r t r a u l i c h e s Protokoll Nr. l, dem die beiden Warenlisten A und B beigegeben sind. Dieses Protokoll enthält die üblichen Bestimmungen über die Erteilung der Ein- und Ausfuhrsowie Zahlungsbewilligungen durch die zuständigen Behörden beider Länder.

Das L i q u i d a t i o n s p r o t o k o l l enthält folgende Bestimmungen: In Artikel l werden die Listen der unter das Liquidationsprotokoll fallenden Ansprüche umschrieben, die mit Ausnahme der bereits fertig erstellten Liste C bis zum 30. November 1951 bereinigt sein müssen.

. Artikel 2 regelt die Übertragung der bisherigen Konten der Rumänischen Staatsbank auf das im Abkommen über den Warenaustausch und Zahlungsverkehr vereinbarte «Vertrags-Konto» und verpflichtet die Rumänische Staatsbank, nach Durchführung dieser Operationen zu Lasten dieses Kontos einen Zahlungsauftrag an die schweizerische Regierung in Höhe von 5 Millionen Schweizerfranken zu erteilen.

Artikel 3 legt die Grundsätze fest, nach welchen Kursbedingungen die Forderungen in Schweizerfranken und Lei gegenüber rumänischen Schuldnern zu transferieren sind.

Gemäss Artikel 4 gehen die schweizerischen Ansprüche aus Forderungen gegen nationalisierte Unternehmen in Rumänien nach Zahlung des Betrages von 5 Millionen Schweizerfranken endgültig unter. Die Bestimmungen der Artikel 5 und 7 des Entschädigungsabkommens gelten analog für diese Forderungen.

Artikel 5 bestimmt, dass ein Betrag von 783 594,18 Schweizerfranken innerhalb der Stumme von 5 Millionen Schweizerfranken für die schweizerischen Versicherungs- und Rückversicherungsansprüche reserviert bleibt, : die nach Zahlung dieser Summe untergehen.

Artikel 6 setzt die Kursbedingungen fest, nach denen die Guthaben der schweizerischen Rückwanderer in Schweizerfranken umzurechnen sind; deren Ansprüche gehen nach Zahlung der Summe von 5 Millionen Schweizerfranken endgültig unter.

Gemäss Artikel 7 sind die Forderungen gegenüber privaten Schuldnern in Rumänien und gegenüber rumänischen Staatsunternehmen über das «Vertrags-Konto» abzuwickeln.

' Artikel 8 regelt die schweizerischen Forderungen gegenüber rumänischen Banken in Liquidation.

Artikel 9 bestimmt, dass die rumänischen Forderungen über das «Vertrags-Konto» abzuwickeln sind.

' Artikel 10 erklärt das Liquidationsprotokoll zum integrierenden Bestandteil des Abkommens betreffend den Warenaustausch und Zahlungsverkehr.

538 B. Abkommen betreff end die Entschädigung der schweizerischen Interessen in der Bumänischen Volksrepublik Das Entschädigungsabkomrnen wird ergänzt durch ein Vertrauliches Protokoll, das den Kommentar zu den einzelnen Abkommensartikel liefert.

Die nachstehenden Erläuterungen beziehen sich daher auf beide Vertragstexte : Artikel l setzt die von der rumänischen Eegierung zu bezahlenden Globalsummen fest und bestimmt, für welche Ansprüche diese vorgesehen sind. Ferner wird die Abgrenzung der unter das Liquidationsprotokoll fallenden Forderungen vorgenommen. Im Vertraulichen Protokoll werden die einzelnen Ansprüche aufgeführt, ohne dass diese Listen abschliessenden Charakter haben.

Artikel 2 regelt in Verbindung mit dem Vertraulichen Protokoll die Zahlungsmodalitäten.

, Artikel 3 bestimmt, dass die gegenseitigen Ansprüche nach vollständiger Bezahlung der Globalentschädigung endgültig untergehen und dass weder die schweizerischen Interessenten noch die rumänische Regierung diese Ansprüche nach Unterzeichnung des Abkommens geltend machen können. Die Eechtstitel sollen nach der Bezahlung der Globalsummen der rumänischen Eegierung übergeben werden; für die : Ablief erung der Wertpapiere ist im: Vertraulichen Protokoll eine ihrem besonderen Charakter entsprechende Eegelung vorgesehen.

Artikel 4 befreit die ehemaligen Eigentümer von nationalisierten Unternehmen oder Grundstücken von den diese belastenden Verpflichtungen. , Artikel 5. stellt klar, dass die Verteilung der Globalentschädigung durch die zuständige schweizerische Behörde weder eine Haftung der Eidgenossenschaft noch der Eumänischen Volksrepublik begründet. Die für zwei abschliessend geregelte Entschädigungsfälle getroffene Vereinbarung ist im Vertraulichen Protokoll enthalten.

Artikel 6 umschreibt in Verbindung mit den entsprechenden Bestimmungen im Vertraulichen Protokoll die Kriterien für die Zuerkennung der Entschädigungsberechtigung der schweizerischen Ansprecher.

Artikel 7 verpflichtet die rumänische Eegierung, den schweizerischen Behörden alle Auskünfte zu erteilen, die sie bei der Verteilung der Globalentschädigung benötigen. Anderseits ist die schweizerische Eegierung verpflichtet, der rumänischen Eegierung alle ihr bekannten Auskünfte zu erteilen, falls schweizerische Interessenten in einem Drittstaat unter das Entschädigungsabkommen
fallende Ansprüche gegenüber dem rumänischen Staat geltend machen sollten.

Artikel 8 bestimmt, dass schweizerische Ansprüche, die aus rumänischen Massnahmen nach Unterzeichnung des Abkommens entstehen, nicht unter seine Bestimmungen fallen. '·

539 Gemäss Artikel 9 gelten die Bestimmungen des Abkommens in gleicher Weise für die liechtensteinischen Staatsbürger, gestützt auf den Zollunionsvertrag zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein vom 29. März

1928.

;

Die Abkommen betreffend den Warenaustausch und Zahlungsverkehr sowie die Entschädigung der schweizerischen Interessen in Eumänien sollen nach erfolgter Genehmigung durch Notenwechsel definitiv in Kraft gesetzt werden.

Von der rumänischen Seite liegt die Genehmigung bereits vor. Um die wirtschaftlichen Beziehungen keinen Störungen auszusetzen, war es nötig, die beiden Abkommen am 15. August 1951 provisorisch in Kraft treten zu lassen.

Gestützt auf diese Ausführungen beantragen wir Ihnen, die mit Eumänien abgeschlossenen Abkommen zu genehmigen. Sie bilden entsprechend unseren Darlegungen ein Ganzes, so dass sie gesamthaft genehmigt oder abgelehnt werden sollten.

: · ' Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 30. Oktober 1951.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, :

Der Bundespräsident: Ed. von Steiger Der Bundeskanzler: Leimgruber

540 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Genehmigung der zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Rumänischen Volksrepublik abgeschlossenen Abkommen betreffend den Warenaustausch und Zahlungsverkehr sowie die Entschädigung der schweizerischen Interessen in der Rumänischen Volksrepublik

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach1 Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 30. Oktober 1951, beschliesst: .

.

' Art- 1 Die zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Eumänischen Volksrepublik am 3. August 1951 abgeschlossenen Abkommen betreffend den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr sowie die Entschädigung der schweizerischen Interessen in der Eumänischen Volksrepublik werden genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, dieses Abkommen zu ratifizieren.

Art. 2 Der Bundesrat wird ermächtigt, die allenfalls zur Durchführung dieser Abkommen erforderlichen Vorschriften zu erlassen.

357

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zu den zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Rumänischen Volksrepublik abgeschlossenen Abkommen betreffend den Warenaustausch und den Zahlungsverkehr sowie die Entschädigung der schw...

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1951

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45

Cahier Numero Geschäftsnummer

6128

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.11.1951

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517-540

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10 037 640

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