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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs des Toggweiler, Jakob, in Zürich.

(Vom 16. September 1913.)

Tit.

Mit Schreiben vom 1. Juli 1913 bat Toggweiler, Jakob geboren 1886, von Bonstetten, gewesener Füsilier des Bataillons 68 Packer in Zürich, gegen den Entscheid des Bundesrates vom 24. Juni 1913, durch welchen sein Gesuch um Enthebung vom Militärpflichtersatz abgewiesen wurde, an die eidgenössischen Räte rekurriert.

J. Toggweiler war am 25. September 1911 in den Wiederholungskurs eingerückt. Am 3. Oktober erlitt er beim Sprung über einen Abhang eine Distorsion des linken Knies und wurde deshalb gleichen Tags in den Kantonsspital Zürich versetzt.

Am 13. Oktober 1911 stellte der Abteilungsarzt der chirurgischen Klinik, Herr Dr. Schönholzer, der Militärversicherung folgenden Bericht zu: Toggweiler, Jakob, geboren 1886, Füsilier der Kompagnie 111/68, ist seit dem 3. Oktober a. c. wegen Distorsion des linken Knies mit Grelenkerguss im hiesigen Kantonsspital, chirurgische Abteilung, in Behandlung. Patient hat sich das Leiden im Wiederholungskurs zugezogen. Es handelt sich augenscheinlich um ein chronisches Leiden, indem Patient angibt, schon einige Male an Kniegelenkerguss gelitten zu haben."

,,Toggweiler wünscht nächsten Montag (16. Oktober) seiner Arbeit (Commis in Seidenwarengeschäft) wieder nachzugehen ; er ist auch so weit hergestellt, dass er gut poliklinisch weiter behandelt werden könnte.a Die Militärversicherung erklärte ihr Einverständnis damit, dass Toggweiler aus der Spitalbehandlung entlassen und poliklinisch weiter behandelt werde. Herr Dr. Schönholzer hat sich

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selbst mit dieser Nachbehandlung befasst und am 12. November 1911 über den Fall folgenden Schlussbericht ausgestellt: ,,Toggweiler stellte sich gestern nochmals vor, wobei ich folgenden Status konstatierte: In der l i n k e n Kniegegend ist keine Schwellung mehr zu konstatieren. Knieumfang rechts und links derselbe, kein Erguss mehr nachweisbar, Beugung und Streckung im linken Knie absolut unbehindert und schmerzlos, auch kein Knirschen bei Bewegungen vorhanden. Das vor einigen Tagen vom Patienten noch hie und da empfundene Stechen hat angeblich nun ganz aufgehört. Toggweiler wurde am 11. November geheilt entlassen.11 Der Fall war damit für die Militärversicherung erledigt, und es hat auch seither Toggweiler gegenüber der letztern keine Reklamationen erhoben. Dagegen reichte er am 9. Juni 1913 ein Gesuch um Enthebung vom Militärpflichtersatz ein mit der Begründung, dass der im Dienste erlittene Unfall zu seiaer Ausmusterung geführt habe. Es handelte sich somit um die Frage, ob gegenüber Toggweiler Art. 2, lit. ö, des Bundesgesetzes betreffend den Militärpflichtersatz vom 28. Juni 1878, wonach infolge des Dienstes militäruntauglich gewordene Wehrpflichtige von dieser Steuer befreit sind, Anwendung zu finden ha.be.

Aus der Eintragung im Dienstbüchlein Toggweile:rs ging hervor, dass dieser am 7. Januar 1913 wegen Knieleiden r e c h t s als hülfsdiensttauglich erklärt worden war. Der Bundesrat wies das Steuerenthebungsbegehren ab, gestützt darauf, dass Toggweiler am 11. November 1911 von den Folgen der im Militärdienste erlittenen Distorsion des l i n k e n Knies vollkommen geheilt gewesen sei, dass der Genannte laut den seinerzeit VOM Herrn Dr. Sehönholzer gemachten Angaben auch schon vordienstlich an Kniegelenkerguss gelitten habe, dass es sich also augenscheinlich um ein chronisches Leiden handle, und dass Toggweiler zudem überhaupt gar nicht wegen des im Jahre 1911 vorhanden gewesenen Leidens am l i n k e n Knie, sondern wegen euer Erkrankung des r e c h t e n Knies ausgemustert worden sei.

In Weiterziehung der Angelegenheit bestreitet der Rekurrent, dem Spitalarzte je etwas von einer frühern Erkrankung des Knies gesagt zu haben, auch sucht ' er dem Einwände, dass die Ausmusterung wegen des rechten Knies und nicht wegen des früher verletzten linken Knies erfolgte, dadurch zu begegnen, dass er
behauptet, es sei ihm das ,,Giftwasser" von einem Knie in das andere geflossen. Seine Behauptung .kann jedoch, wie vom eidgenössischen Oberfeldarzte in seiner Vernehmlassimg aus-

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geführt wird, vom medizinischen Standpunkte aus niemals als richtig anerkannt werden. Der Erguss, der sich infolge der Distorsion in einem Gelenk ausbildet, bleibt auf das verletzte "Gelenk lokalisiert und teilt sich nicht auch einem ändern unverletzten Gelenk mit. Deshalb kann die Erkrankung des rechten, beim Unfälle vom 3. Oktober 1911 vollkommen unbeteiligten Knies, wegen welcher Toggweiler ausgemustert worden ist, unmöglich eine Folge der Verletzung sein, die nur das linke Knie betroffen hatte.

Die neue Erkrankung des rechten Knies hat nach der Ansicht des Oberfeldarztes die Angaben von Herrn Dr. Schönholzer, dass Toggweiler chronischem Kniegelenkerguss unterworfen sei, bestätigt. Der letztgenannte Arzt hält seinerseits mit Schreiben vom 21. Juli 1913 daran fest, dass ihm Toggweiler seinerzeit mitgeteilt hat, bereits wiederholt an solchen Gelenkergüssen gelitten zu haben, und die Tatsache, ' dass Toggweiler im Jahre 1912 längere Zeit ärztlich wegen eines Ergusses im r e c h t e n Knie behandelt wurde, ohne dass ein besonderer Unfall vorausgegangen war, spricht entschieden für die Richtigkeit der von Dr. Schönholzer gemachten Angaben.

.;.. In Umfassung des Angebrachten stellen wir fest, dass das Leiden im rechten Knie, das den Grund zur Dienstuntauglichkeit Toggweilers abgegeben hat, mit dem Militärdienste in keinem ursächlichen Zusammenhange steht. Die Voraussetzung, an welche Art. 2, litt. £>, des Bundesgesetzes betreffend den Militärpflichtersatz die Enthebung von dieser Steuer knüpft, ist .somit hier nicht erfüllt, und es kann infolgedessen dem Rekurrenten kein Anspruch auf^diese Steuerenthebung zuerkannt werden.

Wir beehren ,,uns, Ihnen zu beantragen, es sei der von Jakob Toggweiler erhobene Rekurs abzuweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 16. September 1913.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der I. Vizekanzler:.

David.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs des Toggweiler, Jakob, in Zürich. (Vom 16. September 1913.)

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24.09.1913

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