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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Erweiterung der Aufgabe der eidgenössischen meteorologischen Zentralanstalt.

(Vom 7. Februar 1913.)

Tit.

Wir sehen uns veranlasst Ihnen in Nachstehendem einen Antrag auf Erweiterung der Aufgabe der schweizerischen meteorologischen Zentralanstalt zu stellen, beziehungsweise eine teilweise Abänderung des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1901 über diese Anstalt (A. S. n. F. XVIII, 783) vorzuschlagen. Zur Begründung und nähern Erläuterung dessen haben wir folgende» anzubringen.

Im Jahre 1899 ging von dem VII. internationalen Geographenkongress, der vom 28. September bis 6. Oktober jenes Jahres in Berlin tagte, die Anregung zur Gründung einer internationalen Gesellschaft für Erdbebenforschung aus. Die Regierung des deutschen Reichs machte sich in ' der Folge zur Vermittlerin dieses Gedankens an die sämtlichen Kulturstaaten und unterbreitete uns durch Note ihrer hiesigen Gesandtschaft vom 25. März 1901 die Einladung, eine vom Direktor der kaiserlichen Hauptstation für Erdbebenforschung in Strassburg, Herrn Professor Dr. Gerland, auf 11. bis 13. April 1901 in Aussicht genommene Versammlung zum freien Meinungsaustausch in jener Stadt zu be-

263: schicken. Wir entsprachen dem Wunsche, indem wir die schweizerischen Gelehrten, welche bereits von der Geschäftsleitung desgenannten Kongresses in eine permanente Kommission für internationale Erdbebenforschung erwählt worden waren, Herren Professor Dr. F. A. Forel in Morges und Professor Dr. A. Riggenbach in Basel zur Teilnahme an der angedeuteten Versammlung beauftragten, um deren Äusserungen ad referendum zu nehmen.

Das hauptsächlichste Ergebnis der Verhandlungen der Konferenz waren die Aufstellung eines Entwurfs Statuten für die Gründung einer internationalen Vereinigung von Staaten und dasGesuch an die deutsche Reichsregierung, diesen Entwurf den zivilisierten Staaten zu unterbreiten.

In dem Berichte, welchen die oben genannten schweizerischen Abgeordneten uns über das Ergebnis der Konferenz erstatteten, äussern sie sich in bezug auf das Interesse, welches die Schweiz, an einer derartigen Verbindung hat, folgendermassen : ,,Die Studien über Erdbeben sind von hoher wissenschaftlicher und sozialer Bedeutung. Sie lehren uns eine Erscheinung erkennen, welche die davon betroffenen Völker stets in Erstaunen und Aufregung versetzt, und sie führen durch rationelle Untersuchung der Tatsachen zur Beruhigung der durch plötzliche und geheimnisvolle Katastrophen erschreckten Bevölkerung und vielleicht sogar zur Vermeidung einer Panik, wie sie schon oft vorgekommen ist. Diese Studien bezwecken nicht nur die Erkenntnis der Gesetze und unmittelbaren Ursachen der unserm Forschen nahe gelegten Naturerscheinungen, sondern sie sind auch im Zusammenhang mit der Geologie und Astronomie. Sie beleuchten uns die Zusammensetzung des von seismischen Strömungen durchzogenen Erdinneren und erlauben uns auf unserer Erdkugel Bewegungen, zu studieren, welche ohne Zweifel auch auf ändern Weltkörpern vorkommen. Die Erdbebenstudien stützen sich anderseits auf die Meteorologie und lassen uns Beziehungen erblicken zwischen den Erschütterungen des Erdbodens und den klimatischen Tatsachen.a ,,Die seismologischen Forschungen haben für gewisse dermal durch Erdbeben verheerte Länder eine wirklich soziale Bedeutung. Heute sind es Japan, Italien, der griechische Archipel und Zentral-Amerika, welche am häufigsten erschüttert werden und am meisten unter diesen Vorfällen leiden. Aber auch die Schweiz ist nicht immer verschont geblieben und die Erdbebenin Basel 1356, in Brig 1755 und Visp 1855 erinnern uns daran,.

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·dass vielleicht auch unsere Bevölkerung einst ein unmittelbares Interesse am Studium derartiger Phänomene bekommen könnte."

,,Die Technologie konnte bis jetzt, so scheint es, nicht grosseu 'Gewinn aus den Vorgängen ziehen, die sich im Kern und in der Rinde der Erde abspielten, jedoch sind die Arbeiten der japanischen und italienischen Seismologen schon für die Baupolizei sowie für die Architektur und die Ingeuieurkunst zunutze gezogen werden und zwar derart, dass der Erdbebendienst wenigt-stens in Japan ein wichtiger Zweig staatlicher Tätigkeit geworden ist. Die durch die Seismologen erfundenen Apparate sind übrigens -auch schon von den Ingenieuren zum Studium der Erschütterungen und der Elastizität baulicher Konstruktionen benützt worden und ·die Aufzeichnungen seismographischer Instrumente haben, in einem Falle wenigstens, dazu gedient, schwere Irrtümer in der Beurteilung von der Industrie erstellter Bauwerke zu verhüten.u ,,Der moderne Staat interessiert sich also mit Recht an dea seismologischen Studien und wir erlauben uns, das demnächst an Sie gelangende Gesuch der Regierung des deutschen Reiches Ihrer sorgfältigen Würdigung zu empfehlen. Die Schweiz muss mit den Arbeiten ihrer Nachbarn solidarisch bleiben ; sie ist es ^sich selbst schuldig an einem wissenschaftlichen, der ganzen zivilisierten Menschheit gemeinsamen Unternehmen mitzuwirken. Eine Lücke in den nicht von politischen Grenzen abhängigen Beobachtungen wäre zu bedauern ; wir möchten uns nicht der Demütigung aussetzen die Schweiz auf der Erdbebenkarte des Erd.balls einen weissen Fleck bilden zu lassen."

y.Die Schweiz darf sich um so weniger der Teilnahme au
,,Die finanzielle Teilnahme, welche von Ihnen wird verlangt -werden, beziffert sich nicht hoch ; die zu leistende Mitarbeit sowio die nötigen Geräte erfordern eine geringe Ausgabe, wenigstens solange unser Land von schweren seismischen Erschütterungen -verschont bleibt. Wir glauben nicht, dass das Unternehmen die ^Schweiz in Ausgaben stürzen wird, welche ihr reelles Interesse

265 an demselben übersteigen. Demgemäss erlauben wir uns die Vorschläge, welche Ihnen zugehen werden, für eine wohlwollende Aufnahme zu empfehlen.a Diesen Ausführungen zustimmend, haben wir gegenüber den nachfolgenden Eröffnungen der kaiserlich deutschen Gesandtschaft über den Gegenstand eine entsprechende Haltung eingenommen und dieser Stelle unter dem 29. September 1902 angezeigt, dass wir bereit seien, die für den Frühling 1903 in Aussicht genommene konstituierende Versammlung zu beschicken.

Diese Versammlung fand dann vom 24. bis 28. Juli des genannten Jahres in Strassburg statt und wir ermächtigten unsere Abgeordneten, die Herren Professor Dr. F. A. Forel und Professor Dr. A. Riggenbach an derselben, sofern es wünschbar erscheine, folgende für die Bundesverwaltung verbindliche Zusagen abzugeben : 1. dass in der Schweiz eine amtliche Zentralstelle für Erdbebenforschung geschaffen werde, welche den direkten Verkehr mit dem internationalen Bureau übernehmen werde; 2. dass die Schweiz bereit sei, an internationalen Erdbebenbeobachtungen sich zu beteiligen, jedoch unter Wahrung voller Freiheit, die Beobachtungen in der ihr geeignet erscheinenden Weise zu organisieren ; 3. dass die Schweiz bereit sei, der internationalen Assoziation beizutreten mit einem Jahresbeiträge bis etwa zu gleicher Höhe wie bei der internationalen Erdmessung, im Maximum Fr. 1000 jährlich.

Als Ergebnis der von 18 Staaten beschickten Versammlung -wurde uns im Januar 1904 der Entwurf einer ,,Übereinkunft ·betreffend die Organisation der internationalen seismologischen Assoziation -- Juli 1903tt unterbreitet, welche in Artikel l die Aufgabe der Vereinigung folgendermassen umschreibt: Zweck der Assoziation ist die Förderung aller Aufgaben der : Seismologie, welche nur durch das Zusammenwirken zahlreicher, über die Erde verteilter Erdbebenstationen gelöst werden können.

Als hauptsächlichste Mittel hierzu dienen : a. Beobachtungen nach gemeinsamen Grundsätzen ; &. Experimente für besonders wichtige Spezialfragen ; c. Gründung und Unterstützung seismischer Observatorien in Ländern, welche der Beihülfe der Assoziation bedürfen; Bundesblatt. 65. Jahrg. Bd. I.

.

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d. Organisation eines Zentralbureaus für Sammlung, Bearbeitung und Veröffentlichung der Berichte aus den verschiedenen Ländern.

Die Beitragspflicht wird in Artikel 4 dahin normiert', dass Staaten mit einer Bevölkerung bis zu 5 Millionen jährlich 400 -Mk.

i= Fr. 500 zu bezahlen haben; solche mit einer Bevölkerung von 5 bis auf 10 Millionen leisten 800 Mk. ; diejenigen mit einetBevölkerung von 10 bis 20 Millionen 1600 Mk. und diejenigen mit einer über 20 Millionen steigenden Bevölkerung 3200 Mk> Die Frage nach dem Sitz der Assoziation ist so geordnet, dass das Zentralbureau, d. h. die geschäftsleitende Stelle' der Vereinigung, mit der kaiserlich deutschen Hauptstation für Brdbebenforschung zu Strassburg i. E. in der Weise verbunden ist, dass der Direktor dieser Station zugleich Direktor des Zentralbureaus ist und dass die Arbeitskräfte und Mittel der Hauptstation auch den Zwecken der internationalen Erdbebenforschung dienen.

Das Zentralbureau sammelt die Berichte der einzelnen Länder, vereinigt sie zu allgemeinen Übersichten und veröffentlicht dieselben.

Nach Prüfung dieser Vorlage gaben wir der kaiserlich deutschen Gesandtschaft tinter dem 16. Februar 1904 unsere zustimmende Erklärung zur Gründung der geplanten internationalen Vereinigung für seismologische Beobachtungen ab. Frankreich, Grossbritannien, Italien und Österreich-Ungarn stellten zu dem Entwurfe der Übereinkunft einige Abänderungsanträge rein administrativer Natur. Diese wurden in einer Konferenz vom 15. Juli 1905 in Berlin erörtert und angenommen und wir erklärten unter dem 1. Dezember jenes Jahres unsere Zustimmung zu der danach abgeänderten Übereinkunft. Diese ist nach ihrem Art. 16 zunächst für 12 Jahre, vom I.April 1904 an gerechnet, abgeschlossen und gilt für jeden der beigetretenen Staaten auf je 4 Jahre verlängert, wenn nicht 6 Monate vor Ablauf dieser Periode eine Kündigung erfolgt.

Der Übereinkunft sind 1905 beigetreten: Das deutsche Reich, Belgien, Bulgarien, Chile, Frankreich, Grossbritannien, der Kongostaat, die Vereinigten Staaten Nordamerikas, Griechenland, Japan, Italien, Mexiko, Norwegen, die Niederlande, Österreich-Ungarn, Portugal, Rumänien, Russland, Schweiz, Spanien (20 Staaten).

Seither sind dazu gekommen Kanada und Serbien, wogegen der Kongostaat gestrichen wurde, weil dessen Souveränitätsrechte auf Belgien übergegangen sind.

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Unser Beitritt wurde von Ihnen in der Weise gutgeheissen, dass Sie uns erstmals bei der Budgetberatung für das Jahr 1907 einen Kredit von Fr. 500 zur Deckung des Beitrages der Schweiz an das Unternehmen bewilligten. Diese Kreditbewilligungen sind seither alljährlich wiedergekehrt und für 1909 gewährten Sie uns dazu noch einen ausserordentlichen Kredit zur festlichen Aufnahme der Jahresversammlung der permanenten Kommission der Assoziation in Zermatt.

Unter den durch den Beitritt zur internationalen seismologischen Assoziation übernommenen Verpflichtungen steht in erster Linie die Schaffung einer amtlichen Zentralstelle für Erdbebenforschung, welche den direkten Verkehr mit dem internationalen Bureau besorgt. In bezug auf diesen Punkt ist schon in den hiervor erwähnten Ausführungen der Herren Abgeordneten Professor Dr. Forel und Professor Dr.. Riggenbach angedeutet, däss die Erdbebenbeobachtungen in der Schweiz schon vor der vom internationalen Geographenkongress 1899 in Berlin ausgegangenen Anregung Gegenstand besonderer Pflege waren, indem sich 1878 eine-Spezialkommission der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft unter dem Namen ,,Erdbebenkommissiona gebildet hat, welche seither bis jetzt auf eigene Kosten für die Schweiz ziemlich genau die nämliche Aufgabe verfolgte, welche nun für den ganzen Erdball der internationalen seismologischen Vereinigung obliegt.

Die Erdbebenkommission*) veröffentlichte ihre Berichte zuerst in den Jahrbüchern des tellurischen Observatoriums in Bern und von 1891 an in den Annalen der eidgenössischen meteorologischen Zentralanstalt, Das Archiv und die Anfänge einer Bibliothek würden ebenfalls in diesem Institut untergebracht und seit 1905 besteht ein von der eidgenössischen meteorologischen Kommission gutgeheissenes Abkommen zwischen der Erdbebenkommission und der Verwaltung der meteorologischen Zentralanstalt über die Verwaltung des Archivs, die Publikation der Jahresberichte und die Führung des Sekretariats der erstem Behörde.

Diese Erdbebenkommission der schweizerischen naturfor?

sehenden Gesellschaft hat in den letzten Jahren sich auch um die Errichtung einer Erdbebenwarte bemüht. Zuerst war dafür ein Platz auf Grund und Boden des Bundes in unmittelbarer *) Zu vergleichen die bei den Akten liegende Schrift des Herrn Professor Dr. J. Früh : ,,Über die 30jährige Tätigkeit der schweizerischen Erdbebenkommission (inklusive Erdbebenwarte)".

268 Nähe des Physikgebäudes der eidgenössischen technischen Hochschule -- in welchem Gebäude die meteorologische Zentralanstalt untergebracht ist -- in Aussicht genommen. Dieser erwies sich jedoch als zu sehr dem Einflüsse störender Faktoren ausgesetzt, weshalb man auf ihn verzichtete und einen solchen im Degenriedwalde der Stadt Zürich, zirka 3 km von der meteorologischen Zentralanstalt entfernt, auswählte. Hier wurde in den Jahren 1910 und 1911 eine den schweizerischen Verbältnissen entsprechende Erdbebenwarte aufgeführt und mit den nötigen Instrumenten ausgerüstet. An die Kosten, die sich auf Fr. 26,027. 50 beliefen, trug die Erdbebenkommission, durch ein patriotisches Geschenk von Fr. 10,000 von Seiten eines Freundes der Naturwissenschaften in den Stand gesetzt, Fr. 13,423. 06 bei und Sie bewilligten bei der Aufstellung des Voranschlags für 1909 einen Beitrag von Fr. 12,000 (zu vergleichen Bundesblatt 1908, V, 429 und 430). Die Ausarbeitung der Pläne und die Ausführung des Gebäudes geschah durch unsere Baudirektion. Der Grund und Boden, auf dem die Station aufgerichtet wurde, ist von der Stadt Zürich unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.

Für das Nähere über die innere Einrichtung verweisen wir auf die schon hiervor erwähnte Schrift des Präsidenten der Erdbebenkommission, Herrn Professor Dr. J. Früh. Der Betrieb wird seit dem Sommer 1911, da die Station in Tätigkeit trat, gemäss einem Abkommen vorläufig vom Stadtforstamt in Zürich und der meteorologischen Zentralanstalt besorgt.

Die Erdbebenkommission ist zur Überzeugung gekommen, dass die Besorgung der Erdbebenbeobachtung auf die Dauer nicht so fortgehen kann und dass sie ausserstande ist, ihn selbst zu übernehmen. Sie ist daher schon im Juli verflossenen Jahres mit einer Eingabe an unser Departement des Innern gelangt, worin sie den Vorschlag- machte, ihren Anteil an der Erdbebenwarte und den Instrumenten dem Bunde abzutreten unter der Bedingung, dass er diese der meteorologischen Zentralanstalt angliedere und die Sorge für den richtigen Betrieb der schweizerischen Erdbebenbeobachtung übernehme. Auch sprach die Erdbebenkommission die Erwartung aus, dass sie auch in Zukunft vom Bunde als amtliches Organ für Erdbebendienst angesehen und behandelt werde.

Die Verhandlungen, die hierauf zwischen der eidgenössischen meteorologischen
Kommission, welcher jene Eingabe zur Begutachtung überwiesen wurde, und der Erdbebenkommission stattfanden, haben dazu geführt, dass erstere in einer ausserordentlichen Sitzung

269 vom 16. März 1912 einem von Abgeordneten beider Kommissionen vereinbarten abgeänderten Vorsehlage zustimmte und ihn den Bundesbehörden zur Berücksichtigung zu empfehlen beschloss.

Dieser Vorschlag lautet folgendermassen : 1. Die neue, von der Erdbebenkommission und der Eidgenossenschaft gemeinsam erstellte und eingerichtete Erdbebenwarte im Degenriedwalde der Stadt Zürich wird von der Erdbebenkommission, beziehungsweise der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft, soweit es deren ideale Hälfte betrifft, der Eidgenossenschaft ohne Entschädigung abgetreten.

2. Die Eidgenossenschaft stimmt dieser Abtretung zu und übernimmt dagegen die gänzliche Besorgung des schweizerischen Erdbebendienstes. Sie überträgt diesen Dienst der eidgenössischen meteorologischen Zentralanstalt unter Zusieherung der Gewährung der dazu erforderlichen Mittel.

3. Die Erdbebenkommission der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft löst sich auf den Zeitpunkt, da die Erdbebenwarte auf die Eidgenossenschaft übergegangen ist, auf.

Dagegen spricht sie den Wunsch aus, dass einzelne ihrer dermaligen Mitglieder in den Personalbestand der eidgenössischen meteorologischen Kommission aufgenommen werden möchten.

Die zuletzt genannte Behörde hat sich in ihrer ordentlichen Jahresversammlung vom 30. Juli 1912 weiter mit den Vorschlägen beschilftigt und unserem Departement des Innern durch Eingabe vom 8. Oktober folgende Ausführungsvorschläge unterbreitet : ,,In erster Linie ist eine Revision des Bundesgesetzes über die schweizerische meteorologische Zentralanstalt vom 27. Juli 1901 notwendig.

Art. l dieses Bundesgesetzes ist abzuändern in folgende Fassung: ,,Der Bund unterhält die schweizerische meteorologische ,,Zentralanstalt in Zürich, ein derselben unterstelltes meteorologisches Observatorium auf dem Säntis und eine Erdbebenwarte ,,im Degenried bei Zürich unter derselben Direktion."

Dem Art. 2 ist folgende Erweiterung beizufügen : ,,Die Aufgaben der meteorologischen Zentralanstalt sind" . . . (nach lit. d einzusetzen): e. Erdbebenforschung: 1. Betrieb der Erdbebenwarte in Degenried: .

2. Sammlung makroseismischer Berichte; 3. Verarbeitung und Publikation der durch l und 2 erhaltenen Resultate. "·

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,,Die beschlossene Angliederung des Erdbebendienstes an die meteorologische Zentralanstalt erfordert selbstverständlich auch eine Erweiterung des Personals und es wird nicht zu umgehen sein, eine neue Hülfskraft in das Budget einzustellen. Zufolge der geplanten Besserstellung des ständigen Personals der Anstalt, die im Gesetze eine Klassenverschiebung erfordert, wäre der neue Assistent, der eine umfassende, tüchtige, wissenschaftliche Bildung besitzen soll, in die Klasse IV einzureihen.a ,,Das Betriebsbudget betreffend dürften für die Erdbebenwarte folgende Ansätze nach bisherigen Erfahrungen einstweilen ausreichend sein : Gratifikation an den Stadtförster, welcher täglich die unumgänglich notwendigen Hantierungen besorgt (Aufziehen der Uhrwerke, Auflegen und Abnehmen, Berussen und Fixieren der Streifen, Ventilation und Reinhalten der Lokale) Fr. 300 Telephonabonnement ,, 62 Telephonverbindungen mit der Anstalt und der Sternwarte ,, 35 12 Elemente für Betrieb, Unterhalt und Reserven, dazu elektrische Beleuchtung der Registrierzylinder und Nebenapparate ,, 60 Beitrag an Publikationen, graphischen Darstellungen etc. ,, 200 Heizung ,, 50 Petrol (für tägliches Berussen der Streifen und Betrieb der Ventilationslampe) ,, 40 Papier ,, 70 Tramabonnement Seilbahn ,, 25 Schellack, Spiritus und Chlorcalciumverbrauch. . . ,, 150 Korrespondenz mit ausländischen Instituten, Formulare etc ,, 70 Reparaturen, Installationen etc ,, 200 Uhrmacher : ,, 50 Unvorhergesehenes, rund ,, 450 Total rund

Fr. 1800"

Zu diesem Vorschlage für Erweiterung des Pensums der meteorologischen Zentralanstalt macht die meteorologische Kommission noch einen weiteren, für allgemeine Besserstellung des wissenschaftlichen Personals dieser Anstalt, d. h. sie wünscht, es möchte zugunsten desselben folgende Beförderung mit entsprechender Besoldungserhöhung vorgenommen werden:

271 Versetzung v. Kl. in Kl.

II III

mit Gehalt Fr.

Direktor I 6200 -- 8300 Adjunkt II 5200 -- 7300 V 1. Assistent HI 4200 -- 5800 VI 2.

,, V 8200 -- 4300 VI V 3.

,, 3200 -- 4300 Dieser Vorschlag wurde von der genannten Kommission schon im Jahre 1911 zur Aufnahme in das Budget des laufenden Jahres «ingereicht; er konnte jedoch wegen der ihm entgegenstehenden gesetzlichen Bestimmungen nicht Berücksichtigung finden. Nun ist es der angelegentliche Wunsch der Behörde, dass der Anlass 4er partiellen Revision des Bundesgesetzes über die meteorologische Zentralanstalt auch zu einer günstigem Gestaltung der finanziellen Lage des Personals derselben benutzt werde.

Zur Begründung dieses Begehrens bringt die Behörde fol-gendes an : ,,Das wissenschaftliche wie überhaupt das gesamte ständige Personal der Anstalt ist mit Arbeit vollauf belastet. Von Jahr ·zu Jahr treten in der Wissenschaft neue Arbeitsgebiete auf, denen die Anstalt in corpore stets mit Eifer und Nachdruck die -zur Verfügung stehenden Kräfte widmet. Durch die Angliederung ·dei' Brdbebenwarte kommt neue Arbeit hinzu; aber auch durch diese Erweiterung neue Bürde und neue Pflichten ; insbesondere für die Anstaltsleitung, die schliesslich für alles verantwortlich ist. Tatsächlich stehen die gegenwärtigen Gehälter in einem starken Missverhältnis zu den wissenschaftlichen Anforderungen und den Gehältern von Staatsbeamten anderer koordinierter eidgenössischer Stellen-, bezw. Dienstabteilungen. Bei der vor ·einigen Jahren vollzogenen Reorganisation des Departements des Innern ist die meteorologische Zentralanstalt als sogenanntes Annexinstitut des eidgenössischen Polytechnikums nicht mit einbezogen worden, wohl aus dem Grunde, weil sie durch besondere Cresetzeserlasse, ziim Teil ganz neueren Datums, bereits organisiert ·war. Damals -- das heisst bei dieser Reorganisation -- sind auch für einzelne Dienstabteilungen des Departements des Innern, soweit sie nicht schon in die höchsten Besoldungsklassen rangierten, Verschiebungen der letzteren nach oben vorgenommen worden ; z. B. wurde der Chef des eidgenössischen hydrometrischen Bureaus von der II. in die I. Besoldungsklasse versetzt, der Adjunkt der forstlich-meteorologischen Zentralanstalt von der III. in die II., der Direktor des neugeschaffenen Amtes für Mass und Gewicht trat direkt in die L, sein Adjunkt in die II. Klasse ein, während

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der Assistent der forstlich-meteorologischen Anstalt noch um eine Klasse höher taxiert worden ist wie der 1. Assistent unseres Institutes."

,,Das neue Besoldungsgesetz hat seinerzeit einem längst gehegten Bedürfnis entsprochen, um Ordnung und Gesetzlichkeit in die Besoldungsvcrhältnisse zu bringen. Durch eine Klassifizierung aber, die heute nun an unserer Anstalt tatsächlich eine gerechte Übeinstimmung vermissen lässt, die ferner selbständige Beamte, deren Inhaber tüchtige wissenschaftliehe Bildung und langjährige Erfahrung besitzen müssen, auf gleiche Stufe mit Beamten anderer Dienstabteilungen stellt, an deren Träger jene Anforderungen nicht gestellt werden können, erzeugt man je länger je mehr ein gewisses Gefühl der Hintansetzung. Wir glauben auch, dass man den gegenwärtigen Zustand schicklicherweise nicht länger fortdauern lassen darf, wobei die höheren, verheirateten Beamten der Zentralanstalt vor die Frage gestellt werden, zu einer Nebenbeschäftigung ausserhalb des Institutes, genötigt zu sein, um einen ordentlichen Lebensunterhalt zu verdienen. Nach alledem dürfte es nun an der Zeit sein, dem dringenden Ruf nach einer pekuniären Besserstellung des ständigen wissenschaftlichen Personals unserer Anstalt gerecht zu werden und die bereits letztes Jahr von der meteorologischen Kommission vorgeschlagenen Besoldungserhöhungen, resp. Klassenverschiebungen, bei der ohnehin notwendigen Gesetzesrevision,, durch das Departement erwirken zu lassen.1' So die eidgenössische meteorologische Kommission. Zu deren hiervor dargelegten Vorsehlägen für Erweiterung der Tätigkeit der meteorologischen Zentralanstalt und Verbesserung der finanziellen Lage des Personals der letztern erlauben wir uns empfehlend folgendes zu bemerken : 1. Die endgültige Übertragung des schweizerischen Erdbebendienstes auf die eidgenössische meteorologische Zentralanstalt, wie sie von der Erdbebenkommission der schweizerischen naturfor·schenden Gesellschaft gewünscht und durch die Eingabe der meteorologischen Kommission befürwortet wird und wie sie endlich in den hiernach vorgeschlagenen Zusätzen zu den Art. l und 2 des Bundesgesetzes vom 27. Juli 1901 über die schweizerische meteorologische Zentralanstalt zum Ausdruck gelangt, ist in Wirklichkeit nicht etwas Neues, sondern bloss die Vollendung einer schon bestehenden, durch das Bedürfnis herbeigeführten Tatsache, welche durch die verschiedenen hiervor erwähnten Kreditbewilligungen bereits Ihre Billigung gefunden hat.'

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Da die Erdbebenkommission auf die Eröffnung der Erdbebenwarte im Degenriedwalde sich ausserstande erklärt hat, den Erdbebendienst in der den jetzigen Verhältnissen entsprechenden Weise weiter zu führen, bleibt tatsächlich nichts übrig, als dass der Bund, der durch den Beitritt zur internationalen seismologischen Assoziation zu den Erdbebenbeobachtungen auf seinem Gebiete und zu deren Mitteilung an das internationale Zentralbuveau verpflichtet ist, sie selbst übernimmt und durch die geeignetste seiner schon bestehenden Anstalten weiter besorgen lässt.

Dies ist nach der übereinstimmenden Ansicht der Fachleute die meteorologische Zentralanstalt und sie kann die neue Aufgabe mit dem verhältnismässig geringsten Kostenaufwande erfüllen.

Durch die in Aussicht gestellte Auflösung der um die Erdbebenforschung verdienten Erdbebenkommission der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft endlich wird allen Schwierigkeiten vorgebeugt, welche bei einer Fortdauer für die Zentralanstalt etwa hätten entstehen können, wogegen die Vermehrung der eidgenössischen meteorologischen Kommission durch einige Mitglieder der aufgelösten Kommission eine der neuen Aufgabe der Zentralanstalt zuträgliche Ergänzung der Aufsichtsbehörde bilden wird.

2. Auch die weiter in Vorschlag gebrachte Beförderung des wissenschaftlichen Personals der meteorologischen Zentralanstalt in höhere Besoldungsklassen erscheint unter den dermaligen Umständen gerechtfertigt. Die Ansprüche an die Kenntnisse und die Arbeitstätigkeit dieser Beamten sind vergleichungsweise hohe, der Wetterdienst hat in den letzten Jahren an Umfang und Bedeutung für die schweizerische Landwirtschaft sehr zugenommen.

Anderseits ist der Direktor der meteorologischen Zcntralanstalt gegenwärtig der einzige Abteilungsvorsteher, der nach Gesetz noch in der II. Besoldungsklasse steht. Eine Versetzung in die I. Klasse ist gegenüber ihm ein Akt gerechter Ausgleichung. Nicht minder erscheint aber ein entsprechendes Nachrücken des Adjunkten, sowie der Assistenten, im Vergleich zur dermaligen Lage des gleichartigen Personals anderer Dienstabteilungen, als ein Akt der Billigkeit.

Bei diesem Anlasse halten wir es für angezeigt, auch zugunsten des Hülfspersonals der Anstalt (das aus einem Zeichner, einer Telegraphistin, einem Kanzlisten, der zugleich Bibliothekar ist, einer
Bureaugehülfin, sowie einem Abwart besteht und' ausschliesslich in die VII. Besoldungsklasse eingeordnet ist) die Möglichkeit einer etwas besseren Löhnung als Fr. 2800 per Jahr zu schaffen, indem wir für dieses Personal eine Besoldung nach

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der VII. bis VI. Klasse vorsehen. Selbstverständlich hat dies nur den Sinn, dass eine Löhnung nach der VI. Klasse nur dann gewährt werde, wenn sie durch die Umstände gebot&n erscheint.

Bei den heutigen Lohnverhältnissen ist es im grossen Interesse der Anstalt, guten Kräften auch eine angemessene Entschädigung bieten zu können.

Die von der meteorologischen Kommission vorgeschlagene Erweiterung und allgemeine Besserstellung des Personals der meteorologischen Zentralanstalt bedingen gegenüber den Ansätzen des dermaligen Voranschlags folgende Mehrausgaben: Besoldung des neuen Assistenten für den Erdbebendienst IV. Klasse .

Fr. 4000 Ausgaben für Material und Dienstleistungen nach dem Voranschlag der meteorologischen Kommission ,, 1800 Fr. 5800 Dagegen wird vom Voranschlagsposten B.IX. Ziff. 10, internationale seismologische Assoziation, von Fr. 1500 wegfallen eine Summe von . . . .

,,

1000

bleibt Mehrausgabe Nächste Wirkung der Beförderung des wissenschaftlichen Personals in die vorgeschlagenen Besoldungsklassen

Fr. 4800

Total Mehrausgabe

Fr. 6900

^

2100

Durch diese Ausführungen glauben wir den Inhalt des nachstehenden Entwurfes zu einem Bundesgesetz über Erweiterung der Aufgabe der meteorologischen Zentralanstalt hinlänglich beleuchtet TM. haben. Wir schliessen daher mit dem Antrage, Sie möchten diesen Entwurf gutheissen und ihn zu Ihrem Erlass erheben.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den T.Februar

1913.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Erweiterung der Aufgabe der eidgenössischen meteorologischen Zentralanstalt. (Vom 7. Februar 1913.)

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12.02.1913

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