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Schweizerisches Bundesblatt.

65. Jahrgang.

15. Oktober 1913.

Band IV.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz) 10 Franken Einrückungsgebühr per Zelle oder deren Bum 15 Bp. -- Inserate franko an die Expedition Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & de, in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des mit Oesterreich-Ungarn abgeschlossenen Schiedsvertrags.

(Vom 6. Oktober 1913.)

Tit.

Wir beehren uns, Ihnen den Schiedsvertrag zur Genehmigung vorzulegen, den wir am 2. September abbin mit der österreichischungarischen Regierung abgeschlossen haben.

Da das vorliegende Abkommen lediglich eine Erneuerung des am 1. November 1910 abgelaufenen frühern Schiedsvertrages mit Österreich-Ungarn darstellt, können wir uns hier kurz fassen.

Das frühere Abkommen ist abgelaufen, ohne dass weder der eine noch der andere der kontrahierenden Teile es in nützlicher Frist bemerkt hätte. Wir sind derart seit November 1910 ohne Schiedsvertrag mit Österreich-Ungarn geblieben. Da aber Fragen, die einem Schiedsgericht rufen könnten, zwischen Nachbarländern stets auftauchen können, ist es nützlich, · dem Schiedsabkommen eine längere Dauer zu sichern. Wir haben daher in den neuen Vertrag, der wie der frühere auf 5 Jahre abgeschlossen ist, die Klausel der stillschweigenden und automatischen Selbsterneuerung aufgenommen. Wird nicht 6 Monate vor Ablauf der vertraglichen 5 Jahre gekündigt, so bleibt der Vertrag für einen neuen Zeitraum von weiteren 5 Jahren zu Kraft bestehen. Die stillschweigende Selbsterneuerung für einen Zeitraum von längerer Dauer Bundesblatt. 65. Jahrg. Bd. IV.

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hat den Vorteil, z,u verhindern, dass eine der Parteien das Abkommen kundigen kann einzig etwa zum Zweck, in Hinsicht auf einen ihr ungünstig liegenden Fall sich dem Schiedsspruch entziehen zu können.

Indem wir uns beehren, Ihnen zu beantragen, dem vorliegenden Vertrag Ihre Zustimmung zu erteilen, benützen wir den Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den G.Oktober 1913.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Scliatztnann.

(Entwurf.)

Bundesfoeschluss betreffend

die Genehmigung des mit Österreich-Ungarn abgeschlossenen Schiedsvertrags.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 6. Oktober

1913, in Anwendung von Art. 85, Ziffer 5, der Bundesvt3rfassungt beschliesst: I. Der mit Österreich-Ungarn am 2. September 1913 abgeschlossene Schiedsivertrag wird genehmigt.

H. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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(Übersetzung.)

SchiedsYei'trag zwischen

der Schweiz und Österreich-Ungarn.

(Vom 2. September 1913.)

Der Bundesrat der schweizerischen Eidgenossenschaft und

Seine Majestät der Kaiser von Österreich, König von Böhmen etc.

und Apostolischer König von Ungarn, als Mitunterzeichner der am 18. Oktober 1907 im Haag unterzeichneten Konvention für die friedliche Schlichtung internationaler Streitigkeiten ; in Erwägung, dass die hohen vertragschliessenden Teile durch Artikel 40 dieser Konvention sich vorbehalten haben, Verträge abzuschliessen, um alle Fragen schiedsgerichtlicher Beurteilung zuzuführen, die ihrer Ansicht nach derselben unterstellt werden können, haben beschlossen, den nachfolgenden Vertrag abzuschliessen und zu diesem Behufe als ihre Bevollmächtigten ernannt: Der Bundesrat der schweizerischen Eidgenossenschaft: Herrn Joseph Choffat, ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der schweizerischen Eidgenossenschaft bei Seiner Kaiserlichen und Königlichen Apostolischen Majestät; Seine Majestät der Kaiser von Österreich, König von Böhmen etc.

und Apostolischer König von Ungarn: Herrn Leopold Grafen Berchtold, Ritter des Ordens vom goldenen Vliess, seinen geheimen Rat und Kämmerer, Minister des K.

u. K. Hauses und des Äussern etc., welche, nach gegenseitiger Mitteilung ihrer in gehöriger Form befundenen Vollmachten, sich über folgende Artikel geeinigt haben : Artikel I.

Streitige Rechtsfragen und Streitfragen, die sich auf die Auslegung der zwischen den hohen vertragschliessenden Teilen

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bestehenden Verträge beziehen, sollen, sofern sie nicht auf diplomatischem Wege äaben erledigt werden können, dem durch die Konvention vom 29. Juli 1899 eingesetzten und durch die Konvention vom 18. Oktober 1907 beibehaltenen, ständigen Schiedsgerichtshof im Haag unterbreitet werden. Dabei ist jedoch vorausgesetzt, dass solche Streitigkeiten weder die vitalen Interessen noch die Unabhängigkeit oder die Ehre der hohen vertragschliessenden Teile und ebensowenig die Interessen anderer Mächte berühren.

Artikel II.

In jedem Einzelfalle sollen die hohen vertragschliessenden Teile, bevor sie den ständigen Schiedsgerichtshof anrafen, eine besondere Vereinbarung abschliessen, die den Streitgegenstand, den Umfang der Befugnisse der Schiedsrichter und die Fristen klar bestimmt, welche für die Bildung des Schiedsgerichts und die verschiedenen Abschnitte des Verfahrens festzusetzen sind.

Artikel III.

Das gegenwärtige Abkommen ist für einen Zeitraum von 5 Jahren, vom 15. Tag nach dem Austausch der Ratifikationen an, abgeschlossen. Wird es nicht 6 Monate vor dem Ablauf dieses Termins gekündigt, so wird es weiter während eines neuen Zeitraums von 5 Jahren in Kraft bestehen, und desgleichen wird es sukzessive der Fall sein.

Artikel IV.

Das gegenwärtige Abkommen soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen sobald wie möglich in Wien ausgetauscht werden.

Zu Urkunde dessen haben die Bevollmächtigten gegenwärtiges Abkommen unterzeichnet und demselben ihre Siegel beigedrückt.

In doppelter Ausfertigung vollzogen zu W i e n , den 2. September 1913.

L. S.

J. ChoJfat m. p.

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L. S.

Berchtold m. p.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des mit Oesterreich-Ungarn abgeschlossenen Schiedsvertrags. (Vom 6. Oktober 1913.)

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1913

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41

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464

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.10.1913

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363-366

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