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Minorität der Kommission des Ständerathes über den Nachlaß der Sonderbundstriegsschuld, (Vom 28. Juli 1842.)

Tit.!

Es hat Ihnen die Mchrlnt der Komrnisfion über die Frage des Nachlasses der Kriegsschuld der ehemaligen Sonderbundsstände einen Bericht vorgelegt, welcher in eben fo klarer als einläßlicher Weise sowol die bisherige geschichtliche Eutwiflung dieser Frage / aïs a-ch den gegenwärtigen Stand der Kriegsschuld selbst beleuchtet; völlig einoerstand..« mit diesem Theile des Berichtes, kann fich daher die .JOHnderheü Ihrer Kommission jeglichen Zurükfommens aus denselben enthalten.

Wenn nun aber der MehrheitsberichÊ die gegenwärtige finanzielle Lage der Schweiz einer reiflichen Prüfung unterwirft und auf Grundlage des günstigen Ergebnisses derselben einen vollständigen Nachlag der Kriegsschuld für gerechtfertigt hält, fo kann das die Minderheit Ini* dende Mitglied nicht umhin, gegenüber der Würdigung der .Jinanzlage von Seiten der Mehrheit einige Bebcnfen zu erheben. Es kann diefelbe in gleicher Weise nicht

735 unbedingt die Richtigkeit der Folgerungen anerkennen., welche die Kommifsioiismehrheii aus den bei der ..Jrage des Nachlasses fich geltend machenden politischen Rüksichten zu Gunsten eines gänzlichen Nachlasses ableitet.

23a$ zunächst den finanziellen Gesich.spunft betrifft, fo fezt die Kommifpnsmfhrhdt in sehr einläßlicher Weise die Einwirkung aus einander , welche ein gänzlicher Nachlaß einerseits auf die laufende Verwaltung, andererseits auf den muthmaßlichen Verrnogensbcftand für die Iahre 1852 und 1853 fornol, afa überhaupt für die Zukunft ausüben würde. Ohne die Gründlichkeit der einzelnen Berechnungen verkennen oder die Richtigkeit der einzelnen Zahlenanfäze irgendwie anfechten zu wollen, so kcinn doch die Minderheit nur einen untergeordneten Werth auf Nachnrnsung des »orüber.gehen..>en Einflusses legen, welchen ein gänzlicher Nachlaß auf die Rechnungsergeîmiff.: sowoï der laufenden Verwaltung, als auch der Gcneralrechnung der Iahre 1852 und 1853 ausüben mag; sie glaubt vielmehr einfach, die bleibende Wirkung festhalten zu sollen, welche der Akt eines Total* nachlasses an sich fofort auf den ganzen Vermögensbestand fewo! als auf die Einnahmsquellen der laufenden Verwaltung nach sich zieht.

Wenn nun mit dem 1. August 1852 die Restanz auf der ursprünglichen Schuld der ehemaligen Sonderbundsstände 2,296,468 Franken, die Nachtragsforderung mit Einrcchnting der feit deren Feststellung erwachsenen Zinsen 1,047,424 granken beträgt, so muß eben der für den Vermogensbeftand der Eidgenossenfchaft im galle eines Totalnachlasses sich ergebende Ausfall einfach der Summe diefer beiden Forderungen, mithin dem Betrage von 3,343,892 Franken gleichkommen. Nimmt man fodann an, daß dieses ausfallende Kapitalvermögen durch-

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schnittlich einen jährlichen Zinsertrag zu 4% gewährt haben würde, so ergibt fich in gleicher Weise an den Einnahmsquellen der laufenden Verwaltung ein Ausfall von 133,755 Franken.

Was nun zunächst diesen leztern Ausfall von'eirca 130,000 Franken, oder doch wenigstens, sosern die Nachtragsforderung nicht in Betracht gezogen wird, von cirea 90,000 granfen an den Einnahmen der laufenden Verwaltung betrifft, so geht Ollerdings auch die Minderhcit der Kommisfion darin mit der Mehrheit einig, daß fich derselbe für den Finanzhanshalt der Eidgenossenschaft nicht sehr fühlbar machen werde. Die Budgets der Jahre 1852 und 1853 gewähren nämlich eine muthmaßliche Gesammteinnahmc von eirca 12 Millionen granîen; es würde daher dieselbe durch den Ausfall obiger Zinsen höchstens um l'/io, bcziehiingsweife um 3/i Prozent fich vermindern. Zieht man überdicß noch in -..Betracht, daß diese Büdgets bedeutende Ueberschüsse der Cinnahn.cn über die Ausgaben, selbst bis 500,000 granfe«, in Ausficht stellen, so würde ossenl-ar selbst ein gänzlicher Nachlaß der noch ausstehenden Kriegsschuld diesen Ueberschuß zwar mindern, denselben aber nicht einmal zur Hälfte aufheben. Es ist also durchaus fein ©rund zur Besorgniß vorhanden, daß durch einen Nachlaß in irgend welcher Ausdehnung die künftige ©leichftellung der Einnahmen mit den Auegaben ohne Aeufnung der bestehenden Einnahmsquellen erschwert oder wol gar unmöglich gemacht werde.

Ungleich bedeutender ist dagegen der Einfluß eines gänzlichen ..Jlachlasses der Kriegsschuld auf den Vermögensbestand der Eidgenossenschaft. Da nämlich zufolge der îezten Staatsrechnung mit dem 31. Dezember 1851 fich ein reines Vermögen von 9,237,436 Franken heraus-

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PeDt, so würde dasselbe durch dnen Totalnachlaß u«, einen starken Dritttheil vermindert werden. Geht man vollends auf die Natur der einzelnen Bestandtheile die-ses Staatsvermögens näher ein, so findet fich das ge* fammteMobiliar mit einem Werthe von eirea 1,920,000 gr.

aufgeführt ; hiezu kommen noch Ausstände bei den verschiedenen Verwaltungen im Gesammtbetrng von eirea 460,000 Fr., serner der theilweise, mit einer Hypo* thekarschuld belastete Liegenschaftsbefiz von eirea 380,000 Franken, endlich die Kapitalien des Invalidenfonds und des Grenusinvalidenfonds im Gefammtbetrag von circa 1,500,000 Fr. Es find dieß fämmtlich Vermögens-' theile, welche theilweise ihrer Natur nach nicht flüsfig ge-> macht, theilweise auch nicht frei für jeden beliebigen Staatszwek verwendet werden können. Es betragen nun zwar die Schuldbriefe des Kriegsfonds eine Gesammt*1 summe von circa 4,360,000 neue Franken ; dieselben wer* den aber ihrem größten Theile nach durch die noch aus!» stehende Reftanz des seiner Zeit kontrahirten Staats«.

anleihens aufgewogen, welche fich mit dem 3l. Dezember 1851 noch auf eirea 3,370,000 Fr. beläuft. Zur freien Verfügung stünde demnach in eintretenden Nothfällen nicht viel mehr als der Baarvorrath der Kasse mit 1,500,000 Fr. und es müßte offenbar bei irgend einem erheblichen Truppenanfgebote, sei es durch Bezug von Geldkontingenten der Kantone, oder aber durch Kontra* hirung eines Anleihens für Erstellung größerer finan* zieller Hilfsmittel Vorsorge getroffen werden. Unläugbar werden fich dann um so mehr Bedenken, gegen den Be* zug eines Geldkontigentes Seitens der Kantone heraué..fiellen, wenn die Nothwendigkeit eines solchen als eine unmittelbare Folge des Nachlasses der Kriegsschuld er* scheinen würde; andererseits aber mochte, im Gegcnsaz zu

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der Anschauungsweise der Mehrheit, die Minderheit fast .bezweifeln, doß in Zeiten größerer Krifen der vor wenigen .JahreK geschaffene neue Bund so unbedingt bei der giuanzweït das sür Kontrahirnng eines Anleihens erforderliche Vertrauen finden werde.

Liegt den Bundesbehorden die treue Wahrung der Jntegrität des schweizerischen Staatsvermögens vor Allem als Pflicht ob, so mag allerdings die weitere Frage sehr erheblich erscheinen, in wie weit etwa der nachzulassende Rest der Kriegsschuld durch Vorschläge im eidgenoffifchen grinanzhaushalt von frühern Iahren her ganz oder iheilnjeise bereits aufgewogen fei. Die Mehrheit der Kommiffion, von dem 31. Dezember 1848, als dem Anfangspunkt des Haushaltes des neuen Bundes ausgehend, berechnet für den Fall eines gänzlichen Nachlasses den Gesammtausfall des Staatsvermögens mit dem 3i. Dezember 1852 zu eirea 720,000 Fr. Der Vermögensbestand vom 31. Dezember 1848 weist nämlich eine Gcsammtsumme von 4,647,469 Fr., derjenige vom 31. Dezember 1851 eine solche von 6,412,677 gr. alter SBährung auf; es ergibt sich somit eine Vermehrung »on 1,765,208 gr. a. W. oder, nachdem Maßstab von 69 = 100 reduzlrt, von eirea 2,558,000 gr. n. W., welche Angesichts der günstigen Ergebnisse der Zollser...»altung bis zum 31. Dezember 1852 leicht bis auf 3,000,000 gr. ansteigen dürste, so daß für den Fall des Nachlasses der ©efammtschuld von 3,340,000 Fr.

ier Ausfall des Stnatsvermögens gegenüber dem 31. Dejember 1848 hiernach selbst nicht einmal: volle 400,000 gr.

betragen würde. Vor Allem fällt hier nun aber in Betracht, daß sich in diesem Vermögenszuwachs auch der mittlerweile der Eidgenossenschaft zugefallene Grenusfond enthalten findet, welcher in dem Vermogensftatus vom

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3l. Dezember 1851 mit ,710,000 Fr. a. SB., oder zu 71 = 100 redujirt, mit l Million jjranken neuer Währang aufgeführt erscheint. Ss bildet nämlich der Greiiusfond offenbar einen solchen Bestandthcil des gegenwärtigen Staatsvermögens, der nicht im Entferntesten den ordentlichen Vorschlägen im eidgenössischen ginanzhaushalte angereiht werden darf; insbesondere kann die Eidgenossenschaft in keinerlei Weise frei über denfelben verfügen, da ihm durch den Erblasser ein ganz bcfonderer Vcrwendungszwek vorgezeichnct ist. 9iach Abzug obiger 710,000 gr. a. W. ergibt sich ahcr mit dem 31. Dezember 1851 nur noch einVorfchlag von 1,055,208 granken a. W., oder zu 69 = 100 redujirt von cirea 1,529,000 Fr. n. W., oder mit dem 31. Dezember 1852 annähernd ein folcher von 2 Mill. n. Franken.

Noch darf wol bei der Berechnung der Vermögens»ermehrung eines weitern Momentes nicht unerwähnt gelassen werden. In dem Vermo'gensstatuö vom 31. Dez.

1848 wird nämlich irrthümlich der Betrag der Nachtragsfordernng an der Sonderbnndskriegsschnld nur zu 404,960 Fr. a. W. berechnet, während dicfe.be durch den Vfrmögensstatus vom 3J. ...Dezember 1851 auf 652,987 Fr. a. W. festgestellt wird. Nach dieser Berichtigung mup sich nun folgerichtig das Staatsvermögen mit dem 31. Dezember 1848 um 248,000 gr. a. W.

erhöhen; um die gleiche Summe, oder annähernd um 360,000 gr. n. W., vermindert fich dann a&er wiederum der Gefammtöorfchlag mit 31. Dezember 1851 gegenüber demjenigen vom 31. Dezember 1848. Um sonach auf die Berechnung der Kommissionsmehrheit zurükzukommen, so erhöht sich der von ihr angegebene Ausfall im Staats»ermogen von eirc« 720,000 gr. einmal um den Betrag des Grenusfonds von 1 Million gr., sodann um die

740 Differenz der spätern Bereinigung ber Nachtragsfordc* rung uind beläuft fich somit annähernd auf 2,100,000 Franken.

Ein weiterer Umstand dürfte geeignet fein, selbfi auch die wirkliche Vermogensvermehrung in minder gün# stigem Sichte erscheinen zu lassen. Der Vermogensstatus vom 31. Dezember 1848 weist ein reines Vermögen von 4,647,469 Fr. mit einem Zinsertrag »on 126,059 Franken a. W., der Status vom 31. Dezember 1851 mit Einschluß des Grenussonds jwar ein Vermögen von 6,412,677 Fr., jedoch nur mit einem Zinsertrag von 121,887 Fr. a. W. auf; der Zinsertrag ist also gegenüber dem 31. Dezember 1848 um mehr denn 4000 gr.

geringer. Diese Erscheinung findet allerdings darin ihre Erklärung, daß fich einerseits das ..Diobiliarvermögen um annähernd 900,000 Fr., andererseits der Baûrvorrath der Kasse um eitea l Million Fr. a. W. vermehrt hat.

Es gewährt also, in theilweifem Auseinandergehen von der Anschauungsweise der Mehrheit, der finanzielle Gefichtspunlt ber Nachlaßfrage für die 9)l.nberheit wesentlich folgendes Schlußresultat: E s ü b t z w a r e i n g ä n z l i c h e r Nachlaß d 2 r ausstehenden Kriegsschuld anf die l a u f e n d e V e r w a l t u n g f e i n e n sehr erheblichen Einfluß aus; es f ö n n c u d a g e g e n a l l e r d i n g s e i n t r e t e n d t E ö e n t u a l i t ä t e n sei es den B e z u g e i n e s Geldf o n t i n g e n t e s , sei es die Ä o n t r a h i r u n g e i n e s A n l e i h e n s i n F o l g e d i e s e s Nachlasses e r f o r d e r l i c h m a c h e n ; es f ü h r t e i n g ä n z i c h e r N a c h l a ß gegenüber dem Vermögensbesiand mit Beginn des neuen eidgenössischen S t a a t s h a u s h a l t e s

741 e i n e n A u s f a l l im S U a . s v E r m B g e n anstatt v o n 700,000 g r. von a n n ä h e r n d 2,0O0,OOO gr.

h e r b e i ; e s m a c h t sich endlich dieser A u s f a l l i n s b e f o n d e r e f ü r b e n z i n s t r a g e n d e n Theil d e s Verm ögenef omplexes fühlbar.

Wenn nun die Minderheit der Kommission dm ÜJlehrheitsbericht auch in seiner Beleuchtung des politischen ©ejtcht3punf.es der Nachlaßfrage verfolgt, so geht fie darin völlig mit der Anschauungsweife der Mehrheit einig, daß ein Eingehen auf die Nachlaßgesnche der sieben Stände dee ehemaligen Sonderbundes auf die S t e l l u n g d e r S c h w e i z z u m A u s l a n d e n u r einen vorteilhaften Einfluß ausüben kann. Es läßt fich faum längnen, daß selbst bei dem minder befangenen Beobachter der jüngsten folgen schwelen Ereignisse vielfach noch die Meinung besteht, als sei in Folge derselben eine tiefe Spaltung unter dem schweizerischen Volke jurüfgeblieben, als hätten zur Zeit noch nicht die neuen Bun.....eszuftände das politische Bewußtsein eines großen Thei« les der schweizerischen Bevolkcrung durchdrungen, als werden die.neuen 53undeseinrid)tungen vorherrschend im* durch die Thatsache getragen und aufrecht erhalten, da§ diejenige Richtung , welche aus dem Kampfe des I.ihrc.3 1847 siegreich hfröorgcgangen, zur Zeit im Befij der öffentlichen ©cwalt fich noch befinde. Es mag diese Auffassung unserer Zustände noch mit um so mehr Anschein einer inner« Richtigkeit festgehalten werden , wenn der ferne stehende Beobachter t en Entscheid einer andern Frage, welche nunmehr gleichzeitig ihrer Erledigung durch die Bundrsbchorden entgfgenharrt, gleichfalls durch das Verhältnif des Siegers jum Besiegten als wesentlich bc-» dingt erachtet. Scheint nun in iener grage unser gegen"

742 wärtig bestehendes pofitiöc.5 Staatsrecht, abgesehen Bon jeder .Eagcspolitif, den Weg ihrer Erledigung klar und unzweideutig vorjMzeichncn , so wird das (.finhalten dieses Standpunktes unzweifelhaft eine um so unbefangenere Würdigung finden, wenn durch ein Eingehen auf die Nachlapgesuche der sieben Stände (.benfo entschieden das Streben der ...Bundesbehörden zu Tage tritt, die stets« fort noch hart auf den betreffenden Ständen lastenden Folgen ihrer Auflehnung gegen die Gksßinntthcit ju mildern und jene Zeit des offenen Kampfes damals fast un»ersohn!icher Gegenfäze mehr und mehr aus dem Bewußtsein des Schweizer.c.olkes verschwinden zu machen.

Ungleich wichtiger indeß als jene Ginwirkung auf die öffentliche Meinung des Auslandes find die Rüksichten der innern Politif, welche bei der Frage des .Nachlasses sich geltend machen.

Was nun zunächst die bisherige geschichtliche C£ntwiflung dieser Frage im Schoßt der beiden Räthc betrifft, so kann die Minderheit nicht in Abrede stellen, daß eine dem Nachlafj günstige Stimmung mehr und mehr in beiden Räthen, vorab in dem Ständeräthe, an Boden gewonnen hat. Angesichts der in die ©eschike unsers Vaterlandes tief eingreifenden Ereignisse , in deren Gefolge die Kriegsschuld der Stände des ehemaligen Sondcrbnndes entstanden ist, hat aber diese Frage eine weit über den Schoß der beiden Räthe hinaueragende Bedeutung gewonnen, und wenn in irgend einer Angelegenheit, fo wird hier der Entscheid der Bundesbehörden in dein tausendstimmigen Urtheil der öffentlichen Meinung so oder anders feine Würdigung finden.

Es darf nun wol zunächst in die Erinnerung zurükgmifen werden, daß über den Betrag der den Son-

· 743 derbundsständen auferlegten Kriegsschuld hinaus Kantone, Gemeinden und Privaten ungleich größere mate«3 nelle Opfer für Bekämpfung des Sonderbundes gebracht haben ; die ..Cragung diefer Kriegsschuld, wie dieselbe durch das betreffende ïagfazungsdekret festgestellt wurde, erschien daher als das Minimum der Sühne, welche die für die Sache ...es Bundes einstehende große Mehrheit des Schweizervolfeö von der gegen den Bund sich auflehnenden Minderheit zu fordern berechtigt war. Gerne erkennt indefj die Mindcrhei.: mit der Mehrheit die Xhatsache an, daß großf-erzige ©..fühle »or Allem in den Massen des Volkes waltra unì) daß dieselben in der Regel leichter als (Sinzclne dem Vergessen geschehener Unbill sich zuneigen. Gerne »eist mit ber Mehrheit auch die Minderheit darauf hin, daß bei Gelegenheit der Gränzbesezung »on 1849 insbesondere die Regierung des Äantons Schwpj ihre Anerkennung der freundlichen Aufnahme au.î.;usprechen fich veranlaft sah, welche die Milizen des Kantons Schwyz bei einer »or kaum zwei Iahren ihnen feindlich gegenüber stehenden Sevolkerung gefunden haben. Mag fiel) demnach die Stimmung der öffentlichen Meinung der übrigen Schweiz zu Gunsten a er sieben petitionirendcn Stände wesentlich gemildert haben, immerhin ist die Erinnerung an die großen Anstrengungen und Opfer de« Iahres 1847 noch keineswegs aus dem Bewußtsein eines großen Theiles ..-er Bevölkerung geschwunden.

Liegt nun in der nationalen ·'Bedeutung der ganzes.!

grage eine ernste Mahnung an die Bundesbehorden, dieselbe nach allen Seiten hin Her gewissenhaftesten Pritsung zu unterwerfen, so inachen fich insbesondere beßhall? gewichtig.; Bedenken gegen einen Gfsammtnachlaß der noch ,,u.3rtefic..den Kriegsschuld geltend, weil dn.#

744 · selbe, wie oben gezeigt worden ist, eine bedeutende Schwächung des schweizerischen Staatsvermögens in seinem Gesammtbestande nach sich ziehen würde. Unzweifeïhast ist dieses Staatsvermögen zunächst Eigenthum des Schweizervolkes selbst und es ist wol sor Allem Pflicht seiner Stellvertreter, für Aeusnung und Mehrung desselben Sorge zu tragen, mindestens aber dasselbe in demjenigen Bestände zu erhalten, in welchem fie bei Beginn des neuen Staatshaushaltes dessen Verwaltung übernommen haben. Es ist nun allerdings der umfichJigen ..thätigkeit der Bundesregierung gelungen, dem Bunde in der Weise reichliche Einnahmsquellen zu öffnen, daß von Iahr zu Iahr ein nicht unbedeutender Ueberschuß der Einnahmen über die Ausgaben in Ausficht gestellt wird and bereits ein nicht unwesentlicher Zuwachs des Staatsvermögens in den wenigen Jahren des neuen Staatshaushaltes sich ergeben hat.

Liegen nun auch nach der Anficht der Minderheit in den gedrükten finanziellen Verhältnissen der ehemaligen Sonderiundsjlände und in dem unverkennbaren Streben wenigstens einiger derselben, durch Erstellung gemeinnüziger Einrichtungen ihre innern Zustände mit denjenigen anderer Kantone mehr in Einklang zu bringen, gewichtige Momente, welche die Gewährung eines Nachlasses wünfchenswerth machen, so muß doch die Ausdehnung eines folchen Nachlasses durch die Rükficht auf Erhaltung des Staatsvermögens, wenigstens in demjenigen Beftande, »ie derselbe beim Beginn des neuen Staatshaushaltes gewesen, wesentlich bedingt erscheinen. Gewiß ist es aber aller Anerkennung werth, wenn das Schweizervolk durch das Organ seiner -.Bundesbehorden zu Gunsten der fieben Stände wenigstens den Zuwachs des Staatsvermögens seit dem 31. Dezember 1848 zum Opfer

745 Bringt, und kann auch zur Zeit noch nicht die Stimmung in der übrigen Schweiz entschieden als eine dem Nach* lasse günstige bezeichnet werden, so wird doch wol gerne feie Mehrheit da auf eine Bereicherung des gemeinsamen Staatsvermögens verzichten, wogedrükten Miteidgenossen eine wesentliche Erleichterung gewährt werden kann.

Hat sich nun die Minderheit der Kommiffion durch das Bestreben, das Staatsvermögen wenigstens in sei* nem Bestände mit dem Beginne des neuen Staatshaushaltes ungeschwächt zu erhalten, bereits eine bestimmte ©ranze gezogen , so kann demnach der Nachlaß mit Rükficht aus das Obengefagte jedenfalls nur ein theilweifer fein. Man hat freilich fchon behaupten wollen, daß es fich hier grundsajlich nur um die Alternative der ®eWährung eines vollständigen, oder aber der Verweigerung irgend welchen Nachlasses handeln könne und daß jeder Mittelweg in das Gebiet der halben, mithin sruchtlofen Maßregeln falle. Die Minderheit muß nun allerdings zugeben, daß ein vollständiger Nachlaß den betreffenden Kantonen die größte Erleichterung verschaffen würde; fie vermag indessen nicht einzusehen, in wiefern nicht auch ein theilweifer Nachlaß eine Erleichterung wenigstens nach Maßgabe des Verhältnisses gewähren sollte, in Welchem der nachgelassene gorderungstheil zur ganzen Siestforderung steht. Wol gibt es auf dem Gebiete der Politik Maßregeln , deren Ausführung einmal begonnen, auch nach allen ihren Konsequenzen hin stattfinden muß, fofern nicht bei gleicher Verantwortlichfeit der einmal unternommenen Ausführung der von derselben gehoffte Erfolg völlig verfehlt werden soll, ©erabe hier aber handelt es fich nicht um eine solche untheilbare politif.%...

Maßregel; gerade hier läßt die Natur des voroürfigtti

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746 Objektes verschiedene Modifikationen der Ausführung des einmal adoptirten Nachlafprinzipes zu.

Einig geht aber die Minderheit wiederum darin mit der Mehrheit der Kommission, daß um deren Ausdruïsweise zu folgen, endlich einmal ein Gegenstand der Trafr tandera der Bundesversammlung verschwinden sollte, ,,der immer geeignet ijt, peinliche Erinnerungen wieder aufzuweken und die Wirkungen schon weit zurükliegender Ereignisse nicht etwa nach ihrer die Zukunft wohlthätig befruchtenden, sondern nach ihrer "das Bewußtsein bcstandener Mißhefligfeiten neu belebenden Seite in die Gegenwart hineinzutragen."

Soll nun aber der Zwek der Beseitigung dieses ...Serathungsgegenstandes erreicht werden , so muß an einen theilweisen Nachlaß nothwendia. sich der Vorbehalt knüpfen, daß alsdann binnen einer bestimmten Frist der noch ausstehende Forderungsrest bezahlt sein werde. Dieser Bedingung wird allerdings um fo leichter Genüge geleistet werden können, in je ausgedehnterem Maße der Nachlaß selbst gewährt wird , und es mag wol der von teer Minderheit gestellte Nachlaßantrag den Beweis ihres Be* strebens liefern, so weit immer nur der sie leitentoe Gesichtspunkt der ungeschmälerten Erhaltung des Staatsvermijgens hiernit in Einflang zn bringen war, auch ihrerseits aus erleichterie Erfüllung diefer Bedingung hinjuwirken.

Indem Ihnen nun die Minderheit in nachfolgendem Antrage die Gewährung eines theilweisen Nachlasses vorschlägt, so erklärt sie sich ,ann mit der Mehrheit eine verstanden, daß der Nachlaß den einzelnen Kantonen mich Maßgabe der ihnen auferlegten Sdftungen «n ter Hauptforderung zu gut kommen soll; folgerichtig würde fie indessen auch nach demselben Verhältnisse den Betrag

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der Nationalsubfîription, fo wie die Deposita der Stände des ehemaligen Sonderbundes den einzelnen Kantonen zur Deku a,, sei es der bereits bezahlten oder der noch zu bezahle, den Schuld überlassen. Gleich der Mehrheit will fie schl \ßlich auch den von ihr vorgeschlagenen parHellen Nach iß an die ausdrüfliche Bedingung knüpfen, daß jede au; der Kriegsfchuld sich ableitende Reklamation der Kantorn unter sich dahin fallen foll.

Beschlußentwnrf der ...Windetheit der .Kommission.

Die schweizerische Bundesversammlung, nach Kenntnißnahme von den ihr vorgelegten Petitionen der hohen Stände L u z e r n vom 17. Dezember 1851, Schwyz vom 29. November /13. Dezember gleichen Iahres, O b w a l d e n vom 10. Iuli 1852, .Jlidwalden vom 29. Iuni/4. Iuli gleichen Iah* res, und S r e i b u r g vom 17. Dezember 1851 und 8. Iuli 1852, so wie einer Petition des Zentralkom i t e ' s für die s c h w e i z e r i s c h e Nationalsubskript i o n , datirt Zürich, den 2. Iuli 1852, und unterzeich* net: derPräfident: S. Pestalozzi'Hosmeister, der Aktuar': N. von Moos; nach sorgfältiger Prüfung dee Sachverhältnisses, b e schl i e jü t :

Art. 1. Es ist den Kantonen Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Freiburg und Wallis der Gesammtbetrag der bereinigten Nachtragsforderung der Kriegsschuld, so wie an der Reftanz der ursprünglich dekretirten .Jorderung in ihrem gegenwärtigen Bestände von Fr. 2,296,468. 10 Rp. n. W. eine Million Franken Bundesblatt. Iahrfl. IV. Bd. II.

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neuer Wahrung unter nachfolgenden Bedingungen nachgelassen.

Art. 2. Der Nachlaß foll den genannten Kantonen im Verhältniß der ihnen (nach Maßgabe der Geldskala vom Jahr 1838) auferlegten Beträge an der Hauptforderung von Fr. 5,526,639. 57 Rp. a. W. gleichmäßig zu Statten kommen, und es ist dasjenige Betreffniß, welches den einen Kantonen herausbezahlt werden muß, aus demjenigen zu schöpfen, das die andern noch nachzubezahlen haben.

A r t . 3. Es werben den genannten Kantonen die bei der schweizerischen Staatsfasse deponirten, den Ständen des ehemaligen Sonderbundes zugehörigen Titel und Baarfchaft nebst betreffenden Zinsen, so wie der ·Betrag der sogenannten Natfonalsubsfription, zu deren Empsangnahrne der Bundesrath bevollmächtigt wird, nach Maßgabe ihrer Schuldbetreffnisse überlassen.

Art. 4, Es leisten die genannten Kantone fowol aus jede Einsprache gegen die von ihnen noch zu bezahlende Restfordcrung gegenüber dem Bunde, als auch auf das ihnen durch den Tagfazungsbefchluß vorn 22. Januar 1848 eingeräumte Recht einer Abrechnung unter fich ausdrüllich Verzicht.

Art. 5. Es tritt der unter Art. 1 ausgesprochene Nachlaß nur unter dem Vorbehalt in Kraft, daß mit dem 31. Dezember laufenden Jahres die noch ausstehende Restforbenìna, welche mit dem 1. August laufenden Jahres definitiv auf gr. 1,296,468. 10 Rp. n, m.

festgestellt ist, »ottständig getilgt sein wird.

B e r n , den 28. Juli 1852.

Die Minderheit der Kommission: J. H. Ammann.

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Bericht der Minorität der Kommission des Ständerathes über den Nachlaß der Sonderbundskriegsschuld. (Vom 28. Juli 1842.)

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