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Botschaft zu einem Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung

vom 9. September 1981

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Wir unterbreiten Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, folgende parlamentarische Vorstösse abzuschreiben: 1959 P 7 891 Sicherung der Landesversorgung in kritischen Zeiten (N 30.9. 59, Kämpfen) 1968 P 9 750 Wirtschaftliche Kriegsvorsorge (N 12. 3. 68, Tschanz) 1974 P 11960 Wirtschaftliche Landesverteidigung (N 26.6.74, Künzi) 1974 P 12 088 Landesversorgung Gesamtkonzept (N 2. 12. 74, Cavelty) 1978 P 78.509 Energie-Notstandsplanung (N 14. 12. 78, Künzi) 1979 P 79.321 Lagerhaltungs-Gesamtkonzeption (N 5. 6. 79, Wellauer) 1980 P 79.570 Pflichtlagerhaltung (N 13. 3. 80, Schwarz) Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

9. September 1981

1981-634

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Furgler Der Bundeskanzler: Buser

21 Bundesblatt. 133. Jahrg. Bd. III

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Übersicht Das Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung (Landesversorgungsgesetz, LVG) ist ein Ausfiihrungserlass zu Artikel 3lb(s Absatz 3 Buchstabe e der Bundesverfassung; eine neue Formulierung dieser Bestimmung wurde am 2. März 1980 von Volk und Ständen angenommen. Das Gesetz löst das Bundesgesetz vom 30. September 1955 über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge (SR 531.01,) ab.

Der Entwurf enthält Bestimmungen über L Massnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung zur Sicherstellung der Versorgung, und zwar sowohl für den Fall machtpolitischer äusserer Bedrohung ohne Waffengewalt als auch für den Kriegsfall; 2. Massnahmen gegen schwere quantitative Mangellagen, welchen die Wirtschaft nicht selbst begegnen kann; 3. Massnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung, die nicht die Landesversorgung, sondern vor allem den Schutz von Vermögenswerten, betreffen.

Für die erste Massnahmengruppe hält sich der Entwurf weitgehend an das geltende Recht. Die Vorratshaltung, insbesondere die Pflichtlagerhaltung, bleibt die wichtigste der ständigen Massnahmen. Zu diesen gehört ebenfalls die vorsorgliche Sicherstellung von lebenswichtigen Dienstleistungen, namentlich auf dem Gebiet des Transportwesens. Ferner soll der Bund eingreifen können, wenn die Versorgung durch machtpolitische oder kriegerische Ereignisse erheblich gefährdet oder gestört ist. Zu diesem Zwecke sind im Entwurf Massnahmen wie die Bewirtschaftung (Kontingentierung, Rationierung usw.), die Steigerung der inländischen Produktion, die Verstärkung der Lagerhaltung, sowie die Schaffung und Erhaltung von Produktionsstätten vorgesehen.

Bei der zweiten Gruppe geht es um die Vermeidung oder Behebung von Mangellagen, die ohne machtpolitische oder gar kriegerische Einwirkung entstehen können.

In diesem Bereich ist es in erster Linie Aufgabe der Wirtschaft selbst, mit solchen Schwierigkeiten fertig zu werden. Die staatliche Intervention muss sich also sowohl zeitlich jais auch sachlich auf ein Minimum beschränken. Deshalb wird hier zuerst eine möglichst wirksame Unterstützung der privaten Versorgungstätigkeit angestrebt. Die vorgesehenen Förderungsmassnahmen, die grundsätzlich nicht finanzieller Art sind, ziehen keine Beeinträchtigung der Handels- und Gewerbefreiheit nach sich. Für den Fall, dass sich die Mangellagen über längere Zeit
hinziehen, können überdies von der Handels- und Gewerbefreiheit abweichende Massnahmen getroffen werden, z. B. zur Bewirtschaftung, zur Verminderung des Verbrauchs und zur Beschränkung der Ausfuhr. Im Gegensatz zur wirtschaftlichen Landesverteidigung sind diese Massnahmen nicht allgemeiner Natur, sondern haben eine gezielte, befristete und sachlich begrenzte Lenkung eines bestimmten Bereichs der Wirtschaft zum Gegenstand.

Was den Schutz von Vermögenswerten (3. Gruppe) anbelangt, bleibt die heute geltende Regelung bis zum Inkrafttreten einer besonderen Gesetzgebung in Kraft.

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In organisatorischer Hinsicht wird das Milizsystem beibehalten, wonach Fachleute aus der Wirtschaft und der kantonalen und kommunalen Verwaltung freiwillig Funktionen im Interesse der Landesversorgung übernehmen. Das gleiche gilt für die Institution des nebenamtlichen Delegierten.

Das Gesetz enthält somit die Grundsätze für eine sowohl wirksame wie auch wirtschaftlich tragbare Versorgungspolitik.

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Botschaft I

Allgemeiner Teil

II

Ausgangslage und Vorarbeiten

Am 2. März 1980 haben Volk und Stände mit überwältigendem Mehr einer neuen Regelung der Landesversorgung und der damit verbundenen Neuformulierung, von Artikel 3 lbis Absatz 3 Buchstabe e der Bundesverfassung zugestimmt. Diese Bestimmung lautet wie folgt : 3 Wenn das Gesamtinteresse es rechtfertigt, ist der Bund befugt, nötigenfalls in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit, Vorschriften zu erlassen:

e. über vorsorgliche Massnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung und auch über Massnahmen zur Sicherstellung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen bei schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selber begegnen kann.

In seiner Botschaft vom 6. September 1978 zum Verfassungsartikel (BB1 1978 II 699) führte der Bundesrat folgendes aus : Mit der Schaffung einer neuen Verfassungsbestimmung über die Landesversorgung wird zwar eine unerlässliche Voraussetzung für eine sinnvolle und zeitgemässe Versorgungspolitik erfüllt, diese selbst aber noch nicht gewährleistet. Die Frage, wie weit die einzelnen Ziele auch tatsächlich erreicht werden, hängt in entscheidendem Masse von der aufgrund der neuen Bestimmung zu erlassenden Ausführungsgesetzgebung ab. Die Vorarbeiten für ein neues Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung sind bereits weit gediehen, so dass wir bei einer Annahme der hier vorgeschlagenen Verfassungsbestimmung durch Volk und Stände in der Lage wären, dem Parlament innert nützlicher Frist einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen.

Dieser hohe Stand der Vorbereitungen ist darauf zurückzuführen, dass von allem Anfang an die Vorarbeiten für den neuen Verfassungsartikel und den Entwurf zu einem Landesversorgungsgesetz parallel geführt worden sind.

Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 17. Juni 1974 eine Expertenkommission für ein neues Bundesgesetz über vorsorgliche Massnahmen für die wirtschaftliche Landesverteidigung eingesetzt. Diese Kommission nahm 1974 Stellung zu einem Vorentwurf des neuen Gesetzes und hielt dabei fest, dass Massnahmen zur Sicherstellung der Versorgung unseres Landes in Zukunft auch bei nichtkriegerischer Bedrohung möglich sein sollten.

Auf Veranlassung des Delegierten für wirtschaftliche Kriegsvorsorge konnte Prof.Dr. Rud. Probst, Bern, Mitte 1975 einen umfassenden Bericht vorlegen: «Die Sicherstellung der Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen, Elemente einer Konzeption und Vorschlägen für die Rechtsordnung». Dieser Bericht enthielt Entwürfe für ein umfassendes Landesversorgungsgesetz sowie einer erweiterten Verfassungsbestimmung. Nach drei Sitzungen der Expertenkommission hat dann das Bundesamt den Entwurf für ein neues Gesetz und eine neue Verfassungsbestimmung erarbeitet.

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Sowohl bei den Beratungen durch die Expertenkommission, wie auch bei der vorangehenden Überarbeitung der vorliegenden Entwürfe durch eine interne Arbeitsgruppe wurden die beteiligten Kreise aus Wirtschaft und Verwaltung intensiv und in weitem Umfange zur Mitarbeit herangezogen. Auch das Vernehmlassungsverfahren zur Änderung des Artikels 3 lbis Absatz 3 Buchstabe e der Bundesverfassung (Landesversorgungsartikel) ergab weitere Aufschlüsse über Wünsche, Begehren und Bedenken aller an der Landesversorgung interessierten Kreise.

In der Botschaft des Bundesrates zur Neuordnung der Landesversorgung (vgl.

Ziff. 33, Versorgungspolitische Massnahmen) konnten deshalb schon einzelne vorgesehene Massnahmen vorgestellt werden.

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Der Verfassungsauftrag und seine Verwirklichung

Mit der Annahme der neuen Verfassungsbestimmung haben Volk und Stände dem Gesetzgeber einen klaren und eindeutigen Auftrag erteilt. Es gilt nun, Vorschriften zu erlassen über - Massnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung zur Sicherstellung der Versorgung, und zwar sowohl für den Fall machtpolitischer äusserer Bedrohung ohne Waffengewalt als auch für den Kriegsfall ; - Massnahmen gegen schwere quantitative Mangellagen, welchen die Wirtschaft nicht selbst begegnen kann; - Massnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung ausserhalb des Versorgungsrechts, vor allem zum Schutz von Vermögenswerten.

Der vorliegende Gesetzesentwurf dient der Verwirklichung dieses Auftrages.

Dabei ist von folgenden, unabdingbaren Grundsätzen auszugehen: - Das Landesversorgungsrecht ist im Zusammenhang mit der Wirtschaftsverfassung zu betrachten. Es ist deshalb zunächst an die in Artikel 31 BV gewährleistete Handels- und Gewerbefreiheit zu erinnern, die ein wesentliches Element unserer verfassungsrechtlich verankerten freiheitlichen Wirtschaftsordnung ist. Wohl sieht diese Bestimmung auch vor, dass diese Grundfreiheit durch die Bundesverfassung und die darauf beruhende Gesetzgebung eingeschränkt werden kann. Für die Landesversorgung sieht die Verfassung die Möglichkeit zur Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit denn auch ausdrücklich vor.

Es wäre indessen verfehlt, in der neuen Fassung von Artikel 3 lbis Absatz 3 Buchstabe e eine Art Aufforderung zum staatlichen Interventionismus zu sehen. Nach dieser Bestimmung darf der Bund nach wie vor erst dann von der Handels- und Gewerbefreiheit abweichen, «wenn das Gesamtinteresse es rechtfertigt», und zwar nur «nötigenfalls». Dies wird im Buchstaben e zusätzlich bekräftigt, in dem es heisst, dass Massnahmen zur Sicherstellung der Landesversorgung bei schweren Mangellagen, «denen die Wirtschaft nicht selber begegnen kann», getroffen werden können. In diese Richtung weisen auch allgemeine staatsleitende Grundsätze, wie die Rechtsgleichheit, die Verhältnismässigkeit, die Gesetzmässigkeit und die Subsidiarität. Bereits dadurch wird der gesetzgeberische Auftrag klar abgegrenzt. Mit anderen Worten, es ist 409

davon auszugehen, dass die Sicherstellung der Versorgung unseres Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen grundsätzlich Sache der Privatwirtschaft ist. Bei seiner Versorgungspolitik muss sich der Staat bewusst sein, dass es in erster Linie die privatwirtschaftlichen Kräfte sind, die mit den ihnen gemässen Mitteln die Aufgabe erfüllen. Er wird also mit eingreifenden Massnahmen die gebotene Zurückhaltung üben, solange die Märkte funktionieren. Erst in Fällen schwerer Bedrohung, wenn die Versorgungspolitik ein Teil der Sicherheitspolitik wird, kann es dazu kommen, dass die Sicherstellung der Versorgung hauptsächlich mit staatlichen Eingriffen zu gewährleisten ist.

Bereits in der Botschaft zum neuen Verfassungsartikel wird ausdrücklich verlangt, dass die Versorgungspolitik die Wirtschaftspolitik nicht dominieren darf. Es darf also nicht unter dem Vorwand, man müsse für eine allfällige Notlage gerüstet sein, Strukturpolitik mit protektionistischen Akzenten betrieben werden. Die Vorsorgewirtschaft hat sich nach den gegebenen Verhältnissen, d. h. nach den Regeln der freien Marktwirtschaft zu richten. So kann sie z. B. nicht im internationalen Konkurrenzkampf unterlegene Unternehmen schützen, auch wenn das im Einzelfall zu einer Versorgungslücke führen könnte. Die Vorsorgewirtschaft muss sich in solchen Fällen aber rechtzeitig überlegen, wie sich diese Lücke schliessen lässt, zum Beispiel durch geeignete Lagerhaltung.

Ebensowenig darf die neue Gesetzgebung Grundlagen für Vorkehren der Konjunkturlenkung bieten. Vor der Volksabstimmung zum neuen Verfassungsartikel kam da und dort die Befürchtung zum Ausdruck, man wolle damit auf indirektem Wege eine Ausdehnung des staatlichen Instrumentariums auf dem Gebiete der Konjunkturpolitik herbeiführen. Die vorstehenden Ausführungen zeigen aber mit aller Deutlichkeit, dass davon nicht die Rede sein kann und darf.

Die Landesvorsorgepolitik hat nicht nur die Versorgung der Bevölkerung in kritischen Lagen zu gewährleisten, sondern auch das wirtschaftliche Leben so weit wie möglich aufrechtzuerhalten. Für das letztere sprechen unter anderem auch sozialpolitische Überlegungen. Diese anspruchsvolle Aufgabe kann nur in enger Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Staat bewältigt werden, dies um so mehr, als die dazu erforderliche Sachkenntnis meistens nur
in der Wirtschaft selbst zu finden ist. Dazu kommt, dass der Staat nicht in der Lage ist, die vielschichtigen und zum Teil recht heiklen Probleme der Landesversorgung im Alleingang zu lösen. Darum ist das bewährte Milizsystem beizubehalten: Fachleute aus Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung übernehmen freiwillig Funktionen im Interesse der Landesversorgung. Sie arbeiten im Nebenamt und bringen, neben den nötigen Fachkenntnissen, auch den Sinn für einfache, realistische und effiziente Lösungen mit.

Das Milizsystem hat sich schon seit Jahrzehnten bestens bewährt. Dabei wirkt die Wirtschaft als vollwertiger und mitverantwortlicher Partner mit. Gerade deshalb bietet die Aufrechterhaltung dieses Systems Gewähr dafür, dass die staatlichen Massnahmen in Grenzen gehalten werden, und zwar nicht nur in sachlicher, sondern auch in organisatorischer Hinsicht.

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Der Gesetzesentwurf wurde so konzipiert, das's er den vorerwähnten Grundsätzen in allen Teilen entspricht. Dies geht sowohl aus dem Wortlaut der verschiedenen Artikel wie auch aus den dazugehörigen Erläuterungen hervor.

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Die materielle Tragweite des Entwurfs

Wie schon der Botschaft zu einem Bundesbeschluss über die Neuordnung der Landesversorgung zu entnehmen ist, können die versorgungspolitischen Massnahmen einen einzelnen oder zugleich mehrere Sektoren der schweizerischen Wirtschaft betreffen. Je nach der Bedrohungslage wird eine Massnahme gewisse Individualrechte stärker oder schwächer beschneiden. Schon aus diesem Grunde muss der vorliegende Gesetzesentwurf die in Frage kommenden Massnahmen möglichst vollständig erfassen und auflisten. Dabei sind die unter Ziffer 12 erwähnten Grundsätze voll zu berücksichtigen.

Die Landesversorgung muss aber auch in äusserst schwierigen Situationen - wie etwa bei einer länger dauernden Wirtschaftsblockade oder einem Krieg - sichergestellt sein. In solchen Fällen sind umfangreiche staatliche Eingriffe wohl nicht mehr zu umgehen. Dies kann indessen zu folgendem Zielkonflikt führen: - Auf der einen Seite sind, vor allem aus rechtsstaatlichen Gründen, die notwendigen Massnahmen soweit möglich durch ordentliche Gesetzgebung zu erlassen. Dementsprechend sollten die im Gesetz vorgesehenen Kompetenzen weit genug gefasst sein und jenen Behörden übertragen werden, welche im entscheidenden Zeitpunkt innert nützlicher Frist handeln können, also dem Bundesrat und den Departementen. Dem Gebot der rechtzeitigen Bereitstellung der rechtlichen Grundlagen kommt im Landesversorgungsrecht eine vorrangige Bedeutung zu. Eine hohe Flexibilität bezüglich der Wahl und des Einsatzes der Mittel ist ebenfalls unerlässlich.

- Auf der anderen Seite muss aber konsequent darauf geachtet werden, dass keine «Kriegswirtschaft in Friedenszeiten» aufgebaut wird, d. h., dass die vorgesehenen Massnahmen und Kompetenzdelegationen in einem rechtlich, wirtschaftlich und politisch tragbaren Rahmen bleiben. Dazu kommt, dass eine vollständige Aufzählung der notwendigen Vorkehren im Gesetz auch schon aus rein materiellen Erwägungen als völlig illusorisch bezeichnet werden muss. Auch die sorgfältigste Überprüfung kann nicht zum vorneherein Lücken ausschliessen. Hierin liegt eine der Besonderheiten des Laridesversorgungsrechtes, !dass nicht nur auf Erfahrungswerte abgestellt werden kann, sondern dass ein Handlungsspielraum für unvorhersehbare Ereignisse miteinbezogen werden muss. Mit anderen Worten, die Abweichungen von der Handels- und Gewerbefreiheit können
unmöglich alle zum voraus umschrieben werden, ganz abgesehen davon, dass ein Gesetz, das schlechthin jeden Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit gestattet, klar gegen das Gebot der Verfassungsmässigkeit vërstossen würde. Eine solche Regelung wäre mit unserer freiheitlichen Wirtschaftsordnung nicht mehr vereinbar, auch wenn sie ordentliches Recht wäre.

Aus diesen Überlegungen geht hervor, dass das künftige Landesversorgungsgesetz so lange wie möglich als Grundlage versorgungspolitischer Massnahmen 411

dienen soll. Es sind indessen Fälle denkbar, wo die Möglichkeiten, die das Gesetz bietet, ausgeschöpft sind. Dann müssten den Behörden allfällige zusätzliche Kompetenzen eingeräumt werden, sei es aufgrund des Artikels 89bis BV, sei es aufgrund ausserordentlicher Vollmachten. Auf solche Befugnisse kann aus den erwähnten Gründen nach wie vor nicht von vornherein verzichtet werden.

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Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

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Einleitung

Mit Beschluss vom 9. Juli 1980 ermächtigte der Bundesrat das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, über den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen.

Am 10. Juli 1980 lud das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement die Kantonsregierungen, die politischen Parteien, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände sowie weitere interessierte Organisationen der Wirtschaft ein, sich zum Gesetzentwurf zu äussern.

Insgesamt waren damit 104 Adressaten zur Vernehmlassung aufgerufen, von denen 70 - das sind 73 Prozent - der Einladung Folge leisteten. Dazu kamen elf Eingaben von Organisationen, die nicht offiziell eingeladen worden waren.

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Grundsätzliche Beurteilung

Eine eindeutige Mehrheit der Vernehmlasser gewann vom Entwurf als Ganzem einen positiven Eindruck. Sie hält die Vorlage namentlich für geeignet, den verfassungsmässigen Auftrag zu erfüllen; die vorgesehene Aufgabenteilung zwischen Bund, Kantonen und Wirtschaft wird als ausgewogen und der Vollzug als ausreichend gesichert beurteilt.

In mehreren Stellungnahmen - hauptsächlich aus Wirtschaftskreisen - kam indessen die Befürchtung zum Ausdruck, der Entwurf sprenge zum Teil den Rahmen der Verfassung ; einzelne Bestimmungen gäben dem Bundesrat sehr weitgehende Eingriffsmöglichkeiten und öffneten dem Staat damit Tür und Tor zu interventionistischen Massnahmen. Diese Kreise stellten ausserdem fest, der Wille, das künftige Gesetz mit der gebotenen Zurückhaltung anzuwenden, komme wohl an einigen Stellen im Bericht, viel weniger aber im Gesetzestext selbst zum Ausdruck. Solche Bedenken richteten sich vor allem gegen die Bestimmungen des 3. Titels des Entwurfes (Massnahmen gegen Marktstörungen).

Nach Ansicht dieser Kreise sind unter diesem Titel nur Massnahmen zulässig, die die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen bei schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst begegnen kann, sichern. Damit sei klar ausgeschlossen, dass sich der Staat bereits bei geringfügigen Marktstörungen, wie sie immer wieder auftreten, in das Wirtschaftsgeschehen einschaltet.

Zahlreiche Vernehmlasser aus allen Kreisen traten entschieden für die Weiterführung und sogar für die bessere Verankerung des Milizsystems ein. In diesem 412

System übernehmen Fachleute der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung freiwillig Funktionen im Interesse der Landesversorgung. Nach allgemeiner Ansicht bietet nur dieses System dafür Gewähr, dass die mit dem Vollzug beauftragten Stellen mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten bestens vertraut sind. In diesem Zusammenhang wurde auch die Beibehaltung der Institution des nebenamtlichen Delegierten eindeutig befürwortet. Eine politische Partei bat immerhin zu prüfen, ob der Delegierte nicht besser durch einen vollamtlichen Direktor des Bundesamtes für Landesversorgung abgelöst werden sollte.

Mehrere Arbeitnehmer- und Konsumentenorganisationen schlugen vor, eine beratende Kommission für die Landesversorgung zu schaffen. Eine solche Kommission würde es auch denjenigen Kreisen, die im Milizsystem nicht oder nur wenig vertreten seien, erlauben, sich zu grundsätzlichen Fragen der Landesversorgung zu äussern.

Verschiedene Organisationen aus Land- und Forstwirtschaft sowie der Lebensmitteldetaillisten vermissten im Gesetz und insbesondere im Bericht einen Hinweis auf die elementare Bedeutung und wichtige Rolle ihres Wirtschaftszweiges für die Landesversorgung.

Im übrigen kann festgestellt werden, dass keine einzige Stellungnahme grundsätzlich ablehnend ausfiel.

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Beurteilung einzelner Bestimmungen des Entwurfs

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Die allgemeinen Bestimmungen

Der Zweckartikel Die Fassung dieses Artikels wird von zahlreichen Vernehmlassern als zu extensiv erachtet, im Vergleich zur massgebenden Verfassungsbestimmung. Die Verfassungsgrundlage müsste hier besser berücksichtigt und es müsste genauer festgehalten werden, dass die jederzeitige Sicherstellung der Versorgung sich nur auf vorbereitende Massnahmen beziehe, wogegen weitere Massnahmen nur getroffen werden könnten, wenn die Wirtschaft die Störung nicht selbst zu beheben vermag.

Nach anderen Stellungnahmen sollte der Zweckartikel eindeutiger die Subsidiarität aller staatlichen Massnahmen betonen, indem z. B. die Terminologie des Verfassungsartikels wiederholt würde («schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selber begegneti kann»).

Die Lebenswichtigkeit der Güter und Dienstleistungen Nach vielen Stellungnahmen können Güter und Dienstleistungen, die lediglich einer angemessenen Lebenshaltung des Volkes dienen, nicht als lebenswichtig betrachtet werden.

Bezüglich der Umschreibung der lebenswichtigen Güter und Dienstleistungen wurden verschiedene Ergänzungsanträge gestellt; so hat man zum Beispiel Verpackungsmaterial, Wasch- und Reinigungsmittel sowie Trinkwasser mit einbeziehen wollen.

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Massnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung

Bei den Massnahmen zur ständigen Bereitschaft gaben vor allem die Bestimmungen über die Vorratshaltung, insbesondere die Pflichtlagerhaltung zu Bemerkungen Anlass. Im allgemeinen wurde die Weiterführung des bisherigen Systems befürwortet. Die Möglichkeit, einzelne Betriebe zwangsweise zur Vorratshaltung zu verpflichten, wurde indessen zum Teil stark kritisiert: Eine solche Direktintervention des Bundes würde das heute reibungslos funktionierende Pflichtlagersystem in Frage stellen. Auch die Regelung, die den Pflichtlagerorganisationen ein Enteignungsrecht für die Beschaffung von Lagerraum einräumt, wurde verschiedentlich als zu einschneidend betrachtet. Ferner sahen alle stellungnehmenden Kantone in der Bestimmung über die Befreiung dieser Organisationen von allen direkten Steuern einen Eingriff in die kantonale Steuerhoheit.

Anlass zu Kontroversen gab das Problem der Vorratshaltung für Unterstützungsbedürftige: Während die einen Vernehmlasser aus praktischen Gründen die ersatzlose Streichung der betreffenden Bestimmung empfahlen, beantragten die anderen, dass die Kantone nach wie vor verpflichtet werden sollten, eigene Vorräte zu halten, insbesondere um allfälligen Notlagen begegnen zu können.

Mehrere Kreise vertraten die Auffassung, dass die Unterstellung einzelner Betriebe unter die Leistungspflicht erst in Zeiten zunehmender Bedrohung denkbar ist.

Was die Massnahmen bei zunehmender Bedrohung anbelangt, wurde die Erweiterung des Katalogs gegenüber dem geltenden Recht grundsätzlich begrüsst. Bei der Anwendung muss aber nach Ansicht zahlreicher Vernehmlasser der Grundsatz der Verhältnismässigkeit und der Subsidiarität strikte befolgt werden. Es wurde aber auch bedauert, dass man sich zu einem abschliessenden Katalog entschlossen und damit zusätzlichen Handlungsspielraum preisgegeben habe.

Unter den einzelnen Massnahmen gab vor allem die Schaffung und Erhaltung von Produktionsstätten zu Bemerkungen Anlass; während einzelne Vernehmlasser darin einen zu weit gehenden Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit sahen und Streichung beantragten, vertraten andere die Auffassung, eine solche Bestimmung sollte bereits im Rahmen der ständigen Bereitschaft vorgesehen werden. Die Möglichkeit der Einführung einer Preisüberwachung wurde meistens als ausreichende Massnahme angesehen; gewisse Konsumenten- und Arbeitnehmerkreise forderten indessen noch eine Überwachung der Margen oder sogar eine Preiskontrolle.

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Massnahmen gegen Marktstörungen

In zahlreichen Stellungnahmen wurde eine strengere Anlehnung an die Formulierung der Verfassungsbestimmung über die Landesversorgung gefordert. Insbesondere wurde der Begriff der «Marktstörungen» stark kritisiert; es wurde gefordert, dass die vorgesehenen Massnahmen nur bei schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst begegnen kann, anwendbar sein sollten. Auch wurde betont, es dürfe sich hier nur um lebenswichtige Güter und um die Ver414

meidung oder Behebung von quantitativen Mangellagen - und nicht etwa um den Ausgleich von Preisschwankungen - handeln. Ferner wurde eine genauere Umschreibung der Massnahmen verlangt.

Auch hier bedauerten einzelne Vernehmlasser die abschliessende Aufzählung der Massnahmen, da doch schwere Mangellagen bekanntlich ganz unvorherge. sehene Auswirkungen zeitigen könnten.

Nach Ansicht mehrerer Wirtschaftskreise darf die wirtschaftliche Landesverteidigung durch die Freigabe von Pflichtlagern zur Behebung von Mangellagen nicht gefährdet werden. Deshalb sollten im Gesetz die Pflichtlager für die Behebung von Mangellagen von denjenigen für die wirtschaftliche Landesverteidigung mengenmässig getrennt werden. Die in diesem Falle notwendigen zusätzlichen Pflichtlager wären in ihrem Umfange mit der Wirtschaft bzw. den Pflichtlagerorganisationen abzusprechen. Nach anderen Stellungnahmen sind zusätzliche Pflichtlager weder nötig noch sinnvoll, da mehrere Branchen bereits über hohe Pflichtlagerbestände verfügen.

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Verwaltungsmassnahmen, Rechtsschutz, Strafbestimmungen

Im allgemeinen gaben diese Bestimmungen zu wenigen Bemerkungen Anlass.

Einzelne Stellungnähmen beantragten eine Straffung durch die Zusammenfassung von inhaltlich weitgehend analogen Bestimmungen in einem Artikel.

Stark kritisiert wurde indessen die Bestimmung, wonach als Sanktion bei Verletzung des Gesetzes auch die Betriebsschliessung vorgesehen werden kann. Sie wurde als zu einschneidend, ja sogar als kontraproduktiv beurteilt.

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Durchführungsbestimmungen

Vollzug Bedauert wurde vor allem, dass im Entwurf der Beizug der Kantone und Organisationen der Wirtschaft nur in einer «Kann-Vorschrift» vorgesehen ist. Ferner wurde eine deutlichere Umschreibung des Aufgabenbereiches der Kantone gefordert; dabei soll aber, wie einige Kantone unterstrichen haben, auf jeden unzulässigen Eingriff in die kantonale Organisationshoheit verzichtet werden.

Organisation Alle befragten Kreise sprachen sich eindeutig für die Beibehaltung, zum grossen Teil sogar für' eine Stärkung des Milizsystems und der Institution des Delegierten aus. Indessen verlangte eine politische Partei, dass geprüft werde, ob der Delegierte nicht durch einen vollamtlichen Direktor abgelöst werden sollte.

Verschiedene Wirtschaftsorganisationen waren der Ansicht, dass die im Entwurf aufgezählten Ämter ausreichen sollten; auf die Schaffung weiterer Stellen sowie öffentlichrechtlicher Körperschaften und Anstalten wäre demnach zu verzichten.

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Übergangsbestimmungen

Anlass zu Bemerkungen gab vor allem die Bestimmung über den Schutz von Vermögenswerten. Einige Wirtschaftsorganisationen lagen grossen Wert auf die Aufrechterhaltung der für solche Massnahmen erforderlichen Rechtsgrundlagen.

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Zusätzliche Bestimmungen

Einige Stellungnahmen enthielten die Forderung nach Aufnahme weiterer Bestimmungen. Die wichtigsten Postulate dieser Art waren die folgenden : - Einige land- und forstwirtschaftliche Kreise vermissten im Entwurf einen Artikel über die Förderung von Studien und Versuchen im Interesse der Landesversorgung.

- Forstwirtschaftliche Organisationen schlugen die Aufnahme einer Bestimmung über die Mehrnutzung des Waldes vor.

- Verschiedene Kantone und eine politische Partei beantragten, es solle eine Bestimmung über die Ausbildung der Funktionäre der Landesversorgung in den Kantonen und Gemeinden aufgenommen werden. Ein Teil von ihnen war ferner der Meinung, dass auch die Dispensation vom aktiven Dienst in der Armee und im Zivilschutz im Gesetz geregelt werden sollte.

- Verschiedene Arbeitnehmer- und Konsumentenorganisationen vermissten im Entwurf eine Bestimmung über die laufende Information der Bevölkerung und über das Anlegen von privaten Notvorräten.

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Zusammenfassung

Insgesamt ist festzustellen, dass der Entwurf von den Adressaten im Vernehmlassungsverfahren eindeutig positiv aufgenommen wurde.

Anlass zu kritischen Bemerkungen gaben vor allem die Massnahmen gegen Marktstörungen, die nach weitverbreiteter Auffassung über die Verfassungsgrundlage hinausgehen.

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Besonderer Teil : Kommentar zu den einzelnen Gesetzesartikeln

I.Titel: Einleitung Artikel l Zweck Diese Bestimmung umschreibt den Zweck des Gesetzes. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass das geltende Gesetz (BG vom 30. Sept. 1955 über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge [Kriegsvorsorgegesetz/KVG]) nicht mehr den heutigen Anforderungen entspricht, da es im wesentlichen nur Rechtsgrundlagen für Massnahmen bei unmittelbarer Kriegsgefahr und bei bereits eingetretener ernstlicher Störung der Zufuhr von lebenswichtigen Gütern bietet. Andere Bedrohungsarten, die - ohne militärische Massnahmen zu erfor-

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dem - für das Leben unserer Bevölkerung kritische Situationen heraufbeschwören können, sind im Gesetz zu wenig berücksichtigt.

Deshalb soll das neue Gesetz allen Bedrohungsarten Rechnung tragen und erlauben, die Versorgung unseres Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen soweit wie möglich sicherzustellen, d. h. sowohl bei unmittelbarer Kriegsgefahr oder sonstiger machtpolitischer Bedrohung als auch bei schweren, marktbedingten Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selber begegnen kann.

Insofern ist der Geltungsbereich des neuen Gesetzes umfassender als jener des Bundesgesetzes von 1955.

Es gilt aber zu betonen, dass alle im neuen Gesetz vorgesehenen Massnahmen nur ergriffen werden dürfen, soweit sie für die wirtschaftliche Landesverteidigung oder für die Sicherstellung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen notwendig sind. In dieser Zielsetzung finden die dem Bund eingeräumten Kompetenzen ihre Grenzen. Insbesondere bietet das Gesetz keine Grundlage für allgemeine handels-, konjunktur- oder energiepolitische Massnahmen oder etwa für den Schutz einzelner Wirtschaftszweige.

In bezug auf den Energiebereich hat die Botschaft vom 25. März 1981 über Grundsatzfragen der Energiepolitik (BB1 1981 II 371) bereits darauf hingewiesen, «dass die Landesversorgungsgesetzgebung dem Bund nicht erlaubt, langfristig wirksame energiepolitische Massnahmen zu treffen, welche auf eine Verbesserung der bestehenden Energieangebots- und Verbrauchsstrukturen abzielen.

Anzustreben ist indessen eine möglichst wirksame Koordination bei der Verwirklichung der energiepolitischen und der versorgungspolitischen Anliegen des Bundes.» Ein besonderes Problem stellt der Katastrophenfall von landesweitem Ausmass dar. Es liegt auf der Hand, dass auch in diesem Fall versorgungspolitische Massnahmen getroffen werden müssten. Doch würden solche Massnahmen den Rahmen dieses Gesetzes (unmittelbare Kriegsgefahr oder sonstige machtpolitische Bedrohung einerseits, marktbedingte Bedrohung andererseits) eindeutig sprengen. Dementsprechend würde der Bundesrat noch zusätzliche Befugnisse benötigen. Diese sollen jedoch zum vornherein überblickbar und beschränkt sein. Aus diesen Gründen ist auf eine solche Ausdehnung des Geltungsbereiches zu verzichten. Gegebenenfalls kann der Bundesrat auf diesem
Gebiet diejenigen unaufschiebbaren Massnahmen anordnen, zu denen er für die Wahrung der inneren Sicherheit der Eidgenossenschaft direkt ermächtigt ist (Art. 102 Ziff. 10 BV).

Bei der Anwendung des Gesetzes wird auch darauf Rücksicht zu nehmen sein, dass unsere und die Internationale Wirtschaft eng miteinander verflochten sind.

Angesichts der Rohstoffarmut unseres Landes ist die über die Grenzen hinausgreifende Wirtschaftstätigkeit nicht nur eine Quelle des Wohlstandes, sondern eine Lebensnotwendigkeit bei normalen wie bei gestörten internationalen Beziehungen. Dieser wirtschaftlichen Verbundenheit mit dem Ausland entspricht die aktive Beteiligung der Schweiz an den Bestrebungen zur Liberalisierung des zwischenstaatlichen Handels und zu deren rechtlicher Verankerung. Es liegt auf der Hand, dass die damit verbundenen internationalen Verhandlungen zur Sicherstellung der Landesversorgung beitragen können, und dass die daraus hervorgehenden Vereinbarungen beachtet werden müssen. Massnahmen der Ver417

sorgungssicherung, wie sie das Landesversorgungsgesetz vorsieht, können aber die Handelsliberalisierung behindern. Damit stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit solcher Massnahmen mit den völkerrechtlichen Vertragspflichten der Schweiz. Die wichtigsten Verträge, in denen die Handelsliberalisierung rechtlich verankert ist, enthalten zwar einen Vorbehalt für Massnahmen in Kriegszeiten oder bei schweren internationalen Spannungen (Art. XXI GATT, Art. 18 EFTA, Art. 21 Freihandelsabkommen mit der EWG); in diesem Zusammenhang ist auch das Protokoll Nr. 5 des Freihandelsabkommens mit der EWG zu erwähnen, wonach die Pflichtlagerhaltung im Industriesektor nur für bestimmte Erzeugnisse eingeführt werden darf.

Wie weit jedoch der mit den Vereinbarungen den Staaten eingeräumte Spielraum gegenüber den Massnahmen des Landesversorgungsgesetzes geht, ist nur in der konkreten Situation und in Konsultationen mit den zuständigen internationalen Organen und den Vertragspartnern zu bestimmen. Ohne Not sollte jedenfalls dieser völkerrechtlich festgelegte Rahmen nicht überschritten werden.

Ferner sind, unabhängig von den völkerrechtlichen Schranken, bei der Prüfung der Zweckmässigkeit und Angemessenheit jeweils auch die ausländischen Abwehr- und Ausgleichsmassnahmen, die durch die schweizerischen Vorkehren ausgelöst werden können, in Betracht zu ziehen.

Artikel 2 Lebenswichtige Güter und Dienstleistungen Die Abgrenzung des Geltungsbereichs erfordert, dass der Begriff der lebenswichtigen Güter und Dienstleistungen umschrieben wird. Die Auswahl der Güter und Dienstleistungen, die als lebenswichtig zu gelten haben, stellt indessen eines der wesentlichen und zugleich schwierigsten versorgungspolitischen Probleme dar. Eine allgemein und dauernd gültige Umschreibung des Begriffs «lebenswichtig» gibt es nicht. Trotzdem kann es nicht dem Bedürfnis und Gutdünken der Einzelnen oder gewisser Gruppen überlassen werden, die betreffenden Güter zu bestimmen; dies gilt auch, wo es um die marktwirtschaftliche Versorgungspolitik geht. Eine solche Lösung verbietet sich allein schon, weil ja die Versorgung des Landes sicherzustellen ist, d. h., weil es hier um ein öffentliches Interesse, das Gemeinwohl geht. Es ist also das Landesinteresse, welches die Richtung zu weisen hat für die Umschreibung und die Auswahl der, je nach den
Umständen und dem angestrebten Zweck, als lebenswichtig zu beurteilenden Güter und Dienstleistungen. Immerhin darf grundsätzlich angenommen werden, dass die hauptsächlichen Gruppen, wie sie in Absatz 2 Buchstaben a (Güter), b (Dienstleistungen) und c (Lager- und Speichermöglichkeiteri) umschrieben werden, als lebenswichtig zu gelten haben. Dabei ist aber zu bemerken, dass die Aufzählung in Absatz 2 nicht abschliessend ist, was durch das Wort «insbesondere» deutlich hervorgehoben ist. Es liegt auf der Hand, dass zahlreiche weitere Güter und Dienstleistungen - wie etwa Trinkwasser, Verpakkungsmaterial, Wasch- und Reinigungsmittel usw. - ebenfalls als lebenswichtig zu betrachten sind.

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2. Titel : Massnähmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung 1. Kapitel: Grundsatz

Artikel 3 Die Sicherstellung der Landesversorgung im Sinne von Absatz l ist in beiden Fällen (Einwirkung äusserer Macht, Krieg) in erster Linie eine Bundesaufgabe, im Unterschied zu den Massnahmen bei schweren Mangellagen (Art. 26-29).

Das heisst allerdings nicht, dass sie der Bund auch durchwegs selbst zu erfüllen hat: Im Gegenteil: Kantone und Gemeinden, namentlich aber auch die Unternehmungen der Wirtschaft und ihre Organisationen sind einbezogen. Das Ziel der Sicherstellung gilt sowohl, wenn unser Land selbst bedroht ist, als auch, wenn sich eine gegen andere Staaten gerichtete Bedrohung auf unser Land und seine Versorgung auswirkt.

Unter Gesamtverteidigung sind hier neben der wirtschaftlichen auch die politische und die militärische Verteidigung zu verstehen, die zusammen ein Ganzes bilden. Ihre Koordination ist deshalb ein Anliegen der wirtschaftlichen Landesverteidigung, nicht nur der wirtschaftlichen Kriegsvorsorge und der Kriegswirtschaft.

Die Massnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung sind zu unterscheiden nach Vorbereitung und Einsatz. Zu den .Massnahmen der Vorbereitung gehören sowohl die der ständigen Bereitschaft dienenden, dauernden, als auch die erst bei zunehmender Bedrohung zu treffenden Massnahmen. Bei den ersten liegt das Schwergewicht1 auf der Haltung zweckgebundener Gütervorräte. Die zweiten sind von Fall zu Fall zu treffen und bleiben so lange in Kraft, als es die Lage erfordert. Damit sie gegebenenfalls unverzüglich wirksam werden können, müssen sie bereits in normalen Zeiten vorbereitet und laufend überprüft werden. Alle Massnahmen sind so zu konzipieren, dass sie die Versorgung für eine bestimmte Dauer sicherstellen. Auch hier sollen die Grundsätze der Angemessenheit und der Zweckmässigkeit gelten, wie das Absatz 2 zum Ausdructbringt.

2. Kapitel: Ständige Bereitschaft 1. Abschnitt: Vorratshaltung

Artikel 4 Allgemeines Aus Absatz l geht hervor, dass die Vorratshaltung in erster Linie Aufgabe der privaten Wirtschaft bleiben soll. Diese Lösung entspricht unserer Wirtschaftsordnung und hat sich bewährt. Die Vorkehren des Gemeinwesens sollen hier wie überall die privaten Massnahmen nur ergänzen.

Absatz 2 übernimmt weitgehend geltendes Recht. Die hier vorgesehenen Massnahmen sind nicht abschliessend aufgezählt. Eine Förderung liegt schon im blossen Aufruf an :die Bevölkerung, Vorräte anzulegen; sodann gehören dazu die Einräumung von Vorteilen sowie allenfalls die Gewährung von Beiträgen, Darlehen und Garantien (Finanzhilfen). Bei deren Gewährung drängt sich aber grösste Zurückhaltung auf, da der Bund den .Bestand solcher freiwillig angelegten Vorräte nicht kontrolliert - und auch nicht kontrollieren kann. Deshalb 419

muss sowohl für die Haushalt- als auch für die freiwilligen Betriebsvorräte von der Gewährung von Beiträgen, Darlehen usw. abgesehen werden.

Was die Haushaltsvorräte betrifft, besteht die Förderung darin, dass der Bund die Bevölkerung regelmässig zum Anlegen von Vorräten an bestimmten lebenswichtigen Gütern auffordert. Zu diesem Zwecke werden periodisch gesamtschweizerische Kampagnen durchgeführt, an denen sich in den letzten Jahren auch die betroffenen Wirtschaftskreise stark beteiligt haben. Zudem werden von Fall zu Fall regionale oder lokale Anlässe, die sich für die Notvorratswerbung eignen, in die Aufklärungsarbeit einbezogen. Die Haushaltsvorräte bleiben auch im Rahmen allfälliger Bewirtschaftungsvorschriften den Eigentümern überlassen und werden nicht auf deren Bezugsansprüche angerechnet. Diese Zusicherung wird in einer Ausführungsverordnung ausdrücklich abzugeben sein; eine besondere gesetzliche Bestimmung - neben Artikel 4 Absatz 2 - ist nicht notwendig.

Was die freien Betriebsvorräte anbelangt, werden sie nach geltendem Recht ebenfalls dem Eigentümer überlassen, jedoch nur «soweit das Landesinteresse es zulässt» (Art. 4 Abs. l KVG). Vorräte dieser Art dürfen nicht mit den sogenannten freiwilligen Pflichtlagern (vgl. Kommentar zu Art. 6) verwechselt werden. Im Gegensatz zu diesen stehen sie ihren Eigentümern stets zur freien Verfügung, unter dem einzigen Vorbehalt einer allfälligen Ablieferungspflicht. Für solche Vorräte leistet der Bund keine finanzielle Garantie. Sie werden von ihm auch nicht kontrolliert.

In diesem Zusammenhang war aus Wirtschaftskreisen oft der Vorwurf zu hören, dass das Gesetz zu wenig eindeutig erkläre, unter welchen Umständen auf solche freiwillig angelegten Vorräte gegriffen werde. Diese Kreise befürchten, dass der Bund künftig auch ohne Not diese Waren behändigen könnte, wenn Bewirtschaftung angeordnet ist. Es wurde der Wunsch geäussert, dass der Bund im neuen Gesetz ein für allemal auf diese Möglichkeit verzichtet und schon heute eine bindende Zusicherung abgibt, die selbst unter Notrecht zu beachten wäre.

Eine so weitgehende und allgemeine Bindung, die für sämtliche lebenswichtigen Güter gelten würde, kann indessen nicht in derart absoluter Form eingegangen werden. Es darf jedoch füglich angenommen werden, dass viele Betriebe eher bereit sind, solche Vorräte
anzulegen, wenn sie vom Gesetz eine möglichst eindeutige Gewähr erhalten, dass ihnen diese Waren bei Bewirtschaftung nicht entzogen werden. Deshalb wird nun im Gesetzesentwurf der Begriff «grundsätzlich» verwendet; dadurch wird der Ermessenspielraum der Behörden auf das absolut notwendige Mass reduziert. Dem Eigentümer der Vorräte wird klar gemacht, dass er in der Regel nicht mit einer Ablieferungspflicht zu rechnen hat.

Eine solche Pflicht ist also nur bei einem landesweiten Versorgungsnotstand denkbar, d. h., wenn sich eine sehr ernste Gefährdung der Versorgung des ganzen Landes eindeutig abzeichnet, wie sie in einem Verteidigungsfall oder bei einer länger anhaltenden, totalen Einfuhrsperre für unentbehrliche Güter vorstellbar ist. Als derartige Ausnahmesituation hätte auch zu gelten, dass der betreffende Betrieb in einer allgemeinen Krise nicht mehr in der Lage ist, die Waren selbst zu verarbeiten oder seine Kundschaft zu beliefern.

Der Vorbehalt zu Gunsten des Getreidegesetzes im Absatz 3 ist deshalb notwendig, weil Landesversorgungs- und Getreidegesetz die gleiche Materie unter glei420

chen Voraussetzungen regeln, nämlich die Lagerhaltung im Rahmen der ständigen Bereitschaft. Auch in diesem Bereich werden aber die Bestimmungen des Getreidegesetzes durch die Bestimmungen des Landesversorgungsgesetzes ergänzt, das im übrigen generell gilt, soweit die Getreide- und Brotversorgung des Landes nicht im Getreidegesetz geordnet ist. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass ein enger Konnex besteht zwischen der Sicherstellung der Landesversorgung und weiteren Zuständigkeitsbereichen des Bundes, wie Verkehrs- und Energiewirtschaft, Währungsrecht, Bodenrecht und insbesondere militärische Landesverteidigung. Das neue Landesversorgungsgesetz soll die Bestimmungen über diese Zuständigkeiten keineswegs ersetzen.

Artikel 5 Anlegung von Mindestvorräten Der Abschluss von Pflichtlagerverträgen (vgl. Kommentar zum 2. Abschn.) genügt im allgemeinen, um eine angemessene Vorratshaltung sicherzustellen. Auf die Befugnis des Bundesrates, die Lagerung bestimmter Vorräte zu verfügen, kann deshalb grundsätzlich verzichtet werden. Der Vorentwurf enthielt zwar eine Bestimmung, wonach Betriebe, die an der Versorgung mit lebenswichtigen Gütern mitwirken, wenn nötig zur Vorratshaltung verpflichtet werden können.

Im Vernehmlassungsverfahren wurde aber mehrmals darauf hingewiesen, dass eine solche Massnahme eine der schwersten Eingriffe in die privatwirtschaftliche unternehmerische Freiheit darstelle und dass sie das heute reibungslos funktionierende Pflichtlagersystem unter Umständen in Frage stellen könnte.

Zudem ginge es kaum an, einzelne Betriebe einer Branche zur Vorratshaltung zu verpflichten und andere nicht. Dies würde zu unerwünschten Wettbewerbsverzerrungen führen. Wir können uns diesen Überlegungen anschliessen und verzichten deshalb auf eine derart weitgehende Ermächtigung.

Immerhin gibt es Ausnahmefälle, in denen die Haltung gewisser Mindestvorräte gewährleistet sein muss. Dies gilt zum Beispiel für einige wichtige Nahrungsmitteln, aber auch für die zu ihrer Herstellung notwendigen Energieträger. Aus einer solchen Regelung ergibt sich auch unter anderem eine bessere Dezentralisierung der Vorräte, was bei den zu Beginn einer Mobilmachung zu erwartenden Transportproblemen nur von Vorteil sein kann.

Eine besondere Entschädigung an die Betriebe, die zur Haltung solcher Mindestvorräte verpflichtet
werden, erscheint nicht angezeigt. Eine Lagerhaltung für etwa zwei bis höchstens vier Wochen, wie sie hier in Betracht kommt, kann noch nicht als zusätzliche Lagerhaltung angesehen werden, denn eine wenn auch bescheidene Vorratshaltung gehört ohnehin zu einer geordneten Betriebsführung.

Es ist aber denkbar, dass einzelnen Betrieben auch diese bescheidene Vorratshaltung mangels Lagerraum oder. aus finanziellen Gründen nicht zugemutet werden kann. In solchen Ausnahmefällen sollen die Kantone und die betreffenden Gemeinden dafür sorgen, dass die nötigen Vorräte trotzdem bereitgestellt werden.

Eine ähnliche Regelung ist bereits im geltenden Recht vorgesehen (Art. 5 KVG).

Gestützt daraufsind z.B. die Bäckereieni verpflichtet, ständig diejenigen Mengen Backmehl, Pressehefe und Salz auf Vorrat zu halten, die notwendig sind, 421

um den normalen Brotbedarf ihrer Kundschaft während mindestens 15 Tagen zu decken.

2. Abschnitt: Pflichtlagerhaltung Die Bestimmungen dieses Abschnitts umfassen die Regelung über die Pflichtlagerhaltung. Bereits nach bisherigem Recht hat sich das Instrument des Pflichtlagervertrags im Dienste der Vorratshaltungspolitik unseres Landes ausgezeichnet bewährt. Es besteht deshalb heute kein Anlass für grundlegende Änderungen.

Wie unten noch gezeigt werden soll, drängen jedoch die Erfahrungen, die in den letzten Jahren mit dem sogenannten Aussonderungsrecht gemacht wurden, gewisse Präzisierungen auf.

Artikel 6 Pflichtlagervertrag Für die Errichtung von Pflichtlagern schliesst der Bund mit Betrieben Verträge ab (Abs. 1). Diese Verträge sind öffentlich-rechtlicher Natur und bestimmen im einzelnen die Rechte und Pflichten des Bundes und des Lagerhalters.

In bezug auf den Abschluss solcher Verträge sind drei Fälle zu unterscheiden: 1. Will ein Betriebsinhaber eine Ware an Lager legen, die er als lebenswichtig betrachtet, stellt er einen entsprechenden Antrag. Dieser wird von der zuständigen Bundesbehörde im Rahmen ihres pflichtgemässen Ermessens und anhand der von Fachkreisen der Wirtschaft in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ämtern erarbeiteten Richtlinien geprüft. Kommt die Behörde zum Schluss, die Ware sei lebenswichtig, so wird ein Vertrag geschlossen.

2. Es ist aber auch möglich, dass die zuständige Behörde je nach Lage oder aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung die Lagerhaltung für ein bestimmtes Gut als notwendig erkennt. In diesem Fall kann sie von sich aus mit der betreffenden Branche oder Firma Verhandlungen aufnehmen und den Abschluss von Pflichtlagerverträgen auf freiwilliger Basis vorschlagen.

In diesen beiden Fällen wird von «freiwilliger Pflichtlagerhaltung» gesprochen. Freiwillig deshalb, weil der Betriebsinhaber völlig frei darüber entscheiden kann, ob er einen solchen Vertrag abschliessen will oder nicht.

/y/icMagerhaltung deshalb, weil nach Abschluss des Vertrages das gesamte Pflichtlager stets vorhanden sein muss und ohne ausdrückliche Zustimmung der zuständigen Behörde nicht aufgehoben, verringert (Art. 7 Abs. 1) oder qualitativ vermindert werden darf.

3. Eine ausreichende Lagerhaltung an lebenswichtigen Gütern stellt nach wie vor eine der wichtigsten Voraussetzungen für
die Sicherstellung der Landesversorgung dar. Es hat sich aber gezeigt, dass Branchen und Firmen nicht immer in der Lage sind, Waren überhaupt oder in genügendem Ausmass auf Pflichtlager zu legen. Deshalb hat der Bund bereits im geltenden Gesetz die Einfuhr von lebenswichtigen Gütern in den Dienst der Vorratshaltung gestellt; die Einfuhr bestimmter Waren wurde der Bewilligungspflicht unterstellt und die Erteilung der Bewilligungen vom Abschluss und der Erfüllung eines Pflichtlagervertrages abhängig gemacht. Dieses System 422

des indirekten Zwanges zur Lagerhaltung hat sich bewährt und wird im neuen Gesetz beibehalten (vgl. Art. 8). In diesem Fall wird von «obligatorischerPflichtlagerhaltung» gesprochen.

Im Pflichtlagervertrag verpflichtet , sich der Betriebsinhaber gegenüber dem Bund, zusätzlich zii seinen laufend benötigten Betriebsvorräten Waren an einem vereinbarten Ort sachgemäss zu lagern und regslmässig zu erneuern. Der Bund ist solchen Lagerhaltern bei der Finanzierung behilflich und begünstigt sie in steuerrechtlicher Hinsicht. In den Artikeln 6-9 sind alle wesentlichen Grundsätze festgelegt, die der Bund beim Abschluss solcher Verträge zu beachten hat.

Heute kann der Bund den Lagerhalter allein durch Vertrag verpflichten, nur Waren auf Pflichtlager zu legen, die; in dessen Eigentum stehen. Dies stellt eine gesetzliche Ungereimtheit dar, die in zweifacher Hinsicht nicht befriedigt: Einmal setzen die Artikel 11 und 12 KVG, welche die Zwangsvollstreckung regeln, stillschweigend voraus, dass Pflichtlager im Eigentum des Lagerhalters stehen müssen, da nur ausgesondert werden kann, was ein Schuldner zu Eigentum besitzt. Stellt das Gesetz aber auf diese unerlässliche Voraussetzung ab, so ist es nur richtig und konsequent, wenn die Eigentumsbedingung künftig im Gesetz verankert wird. Daneben gibt es aber auch einen weiteren Grund, das Eigentumserfordernis für alle Pflichtlager - auch für Lager, die nicht mit Bundeshilfe finanziert sind und an denen kein Sicherungsanspruch des Bundes besteht strikte gesetzlich zu verlangen. Im Fälle der Bewirtschaftung muss es dem Bund jederzeit möglich sein, auf die Pflichtlager zu greifen, ohne dass er sich zuvor auf dem Rechtsweg in langwierigen Verfahren mit allfälligen Dritteigentümern auseinandersetzen muss. Artikel 6 Absatz 4 des Entwurfs verlangt deshalb von allen Pflichtlagerhaltern ausnahmslos, dass sie sich verpflichten, nur Waren auf Pflichtlager zu legen, die in ihrem ausschliesslichen Eigentum stehen. Das schliesst selbstverständlich nicht aus, dass sich Mit- oder Gesamteigentümer von Vorräten dem'Bund gegenüber solidarisch zur Lagerhaltung verpflichten.

Damit kann der Bund von jedem einzelnen das gesamte Pflichtlager verlangen.

Welche Vereinbarungen diese Pflichtlagerhalter untereinander treffen, ist für den Bund unerheblich. Soll ein solches Pflichtlager mit
Bündeshilfe finanziert werden, empfiehlt es sich in der Regel, dass sich ein Lagerhalter als Aussteller des Eigenwechsels den Banken gegenüber verpflichtet, während die übrigen auf demselben Wechsel als Solidarbürgen zeichnen.

Artikel 8 Einfuhrbewilligungspflicht zur Sicherstellung der Pflichtlagerhaltung Für gewisse Importprodukte, bei denen eine besonders starke Auslandabhängigkeit unserer Landesversorgung besteht, kann der Bundesrat schon heute die Einfuhrbewilligungspflicht verordnen. Bisher hat er davon für verschiedene Lebens- und Futtermittel, für flüssige Treib- und Brennstoffe, Schmiermittel, Antibiotikä, Dünger und Sämereien sowie für Seifen und Waschmittel Gebrauch gemacht. Die Wiedereinführung der obligatorischen Pflichtlagerhaltung für Kohle ist in Vorbereitung. Bestrebungen, auch das Erdgas diesem System zu unterstellen, haben bisher wegen technischen; Schwierigkeiten noch zu keiner Lösung geführt, werden aber fortgesetzt.

Heute wird die Erteilung der Einfuhrbewilligung vom Abschluss und der Erfüllung eines Pflichtlagervertrages (sog. obligatorische Pflichtlagerhaltung) sowie 423

von der Übernahme gleichartiger, nur beschränkt haltbarer Güter aus bundeseigenen Vorräten abhängig gemacht. Die bisherigen Erfahrungen haben jedoch gezeigt, dass je nach Ware auch weitere Bedingungen und Auflagen vorgesehen werden sollten. Zum Beispiel kann die Lagerhaltung je nach Verwendungszweck einer bestimmten Ware als notwendig oder überflüssig erachtet werden.

In einem solchen Fall wäre es sicher unzweckmässig und unverhältnismässig, die Ware als solche ungeachtet'ihrer Zweckbestimmung der Lagerpflicht zu unterstellen. Wird aber nur ein Teil des Importes der Lagerpflicht unterstellt, so werden beträchtliche Umgehungsmöglichkeiten geschaffen, was die Lagerhaltung ernstlich gefährden kann. Unter solchen Umständen sollen die der Lagerpflicht nicht unterstellten Importeure angehalten werden können, für die in Frage stehenden Waren eine Verwendungsverpflichtung einzugehen.

Im übrigen ist mit aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass solche Bedingungen und Auflagen nicht beliebiger Natur sein können, sondern dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Pflichtlagerhaltung an lebenswichtigen Gütern stehen müssen. Insbesondere sollen sie nicht zu protektionistischen Massnahmen Anlass geben. Andererseits ist soweit wie möglich zu verhindern, dass das Gesetz Wettbewerbsverzerrungen bewirkt; es ist insbesondere anzustreben, dass Inlandbetriebe nicht benachteiligt werden. Vor allem die inländische Lebensmittelverarbeitungsindustrie kann mit solchen Problemen konfrontiert werden, wenn die betreffenden Rohstoffe bei der Einfuhr mit Garantiefondsbeiträgen belastet werden, während die entsprechenden Fertigprodukte ohne derartige Belastung importiert werden können. Die naheliegendste und einfachste Lösung dieses Problems wäre an sich, diese Fertigprodukte über die Einfuhrbewilligungspflicht der obligatorischen Pflichtlagerhaltung zu unterstellen, was aufgrund von Artikel 8 Absatz l grundsätzlich auch möglich wäre. Es gilt jedoch zu betonen, dass nicht alle Fertigprodukte, die lebenswichtige Rohstoffe enthalten, als lebenswichtig betrachtet werden können. Auch der Anteil solcher Rohstoffe im Fertigprodukt spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. Dazu kommt, dass die systematische Unterstellung dieser Produkte unter die obligatorische Pflichtlagerhaltung uns auf internationaler Ebene ohne Zweifel
Schwierigkeiten bringen würde. Aus diesen Gründen sind möglichst einfache, auf freiwilliger Basis beruhende Lösungen zu suchen, wie sie bereits heute für Kakao, Seifen und Waschmittel bestehen (vgl. Abs. 3).

Nach Absatz 2 werden der Bedarf und die Richtmengen für die Vorräte der einzelnen Güter vom Bundesrat festgesetzt. Aufgrund dieser Grossen wird der Gesamtumfang der Pflichtlager für eine bestimmte Warengattung ermittelt. Diese Gesamtmenge wird daraufhin nach den Importen bzw. dem Verbrauch auf die einzelnen Firmen und Betriebe aufgeteilt. Die Verteilung der Lager soll dem Bedarf der verschiedenen Landesgegenden und den Anforderungen der Landesverteidigung möglichst entsprechen. Beim Abschluss solcher Pflichtlagerverträge hat der Bund diesem Grundsatz Rechnung zu tragen. Er kann deshalb einen Lagerort ablehnen und im Interesse einer angemessenen Dezentralisation verlangen, dass das Pflichtlager anderswo errichtet wird.

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Artikel 9 Verfügbarer Pflichtlageranteil Dieser Artikel nennt einen weiteren wesentlichen Bestandteil des Pflichtlagervertrages. Danach erhält der Pflichtlagerhalter das Recht, im Rahmen von Bewirtschaftungs- und Verwendungsvorschriften nach den Artikeln 23 und 28, mindestens die Hälfte der Pflichtlagermenge für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebes zu verwenden. Der Anteil kann im Pflichtlagervertrag festgesetzt werden.

Artikel 10 Garantiefonds und ähnliche Einrichtungen Lagerkosten und Preisrisiko stellen! für den Pflichtlagerhalter oftmals eine bedeutende wirtschaftliche Belastung dar, die er selbst zu tragen hat. Zur Deckung solcher Kosten und zum Schutz vor Preisrisiken können sich die Lagerpflichtigen branchenweise auf privatrechtlicher Ebene in Genossenschaften und Vereinen zusammenschliessen. Solche Organisationen verpflichten durch die Statuten ihre Mitglieder, Beiträge auf den Importen von Pflichtlagerwaren in eine gemeinsame Kasse («Garantiefonds»): abzuliefern. Daraus werden die Mitglieder für ihre Lagerhaltungskosten und für die verlustlose Abschreibung des Pflichtlagers entschädigt. Die Importeure überwälzen die von ihnen geleisteten Garantiefondsbeiträge teilweise oder vollständig auf den Konsumenten. Da dieser bei Einfuhrschwierigkeiten oder totalen Importausfällen von dieser Lösung profitiert, ist eine solche bescheidene «Risikoprämie» vollauf gerechtfertigt.

Das Garantiefondssystem kann aber nur dann zum Erfolg führen, wenn sich sämtliche Importeure einer Branche einer solchen Organisation anschliessen.

Dies wird durch indirekten Zwang erreicht, indem die Erteilung der Einfuhrbewilligung im Pflichtlagervertrag von der Mitgliedschaft abhängig gemacht wird (Art. 6 Abs. 3).

Da in letzter Zeit Kontroversen entstanden sind über die rechtliche Qualifikation der Pflichtlagerorganisationen und der Garantiefondsbeiträge, empfiehlt es sich, noch besonders auf einige wichtige Punkte hinzuweisen. In diesem Zusammenhang sei nochmals daran erinnert, dass die bisherige Regelung grundsätzlich beibehalten werden soll.

- Die Schadloshaltung der Importeure durch Garantiefonds - und damit die Schaffung von Pflichtlagerorganisationen - sind keine öffentlichen Aufgaben; sie geschehen auch nicht im Auftrag des,Bundes. Es handelt sich im Kern um Selbsthilfemassnahmen der Importeure. Deshalb ist
in Artikel 10 nur von Garantiefonds oder gemeinsamen Vorkehren der betreffenden Wirtschaftszweige die Rede.

- Ferner ist zu beachten, dass die Schaffung eines Garantiefonds stets nur auf Ersuchen der Privatwirtschaft, nie auf Initiative des Bundes hin in den Pflichtlagerverträgen vorgesehen wird. Erst dann, wenn die Mehrzahl der Angehörigen eines Wirtschaftszweiges erklärt, einen Garantiefonds schaffen zu wollen, ist der Bund bereit, durch eine entsprechende Abrede in den Pflichtlagerverträgen alle Lagerpflichtigen der betreffenden Branche zur Beteiligung am Garantiefonds zu verhalten.

- Diese an sich privatrechtliche Ordnung muss wegen der gesetzlichen Lagerhaltungspflicht in verschiedener Hinsicht durchbrochen werden. Da für alle 425

Lagerhalter einer bestimmten Branche der Beitritt in die Organisation obligatorisch ist, muss die dem Privatrecht eigene Freiheit hinsichtlich Aufnahme und Ausschluss aufgehoben werden. Der Staat kommt den Verbänden mit seinen öffentlichen Zwangsmitteln zu Hilfe, damit Aussenseiter zum Mittun verhalten werden können. Weiter bedarf es einschränkender Vorschriften hinsichtlich der Äufnung und Verwendung der Mittel in dem Sinne, dass die Bundesinstanzen ein Mitsprache- und Aufsichtsrecht erhalten.

- Das alles macht einen gesetzlichen Vorbehalt nötig, der erlaubt, dass die Statuten vom Privatrecht abweichen dürfen. Diese Abweichungsmöglichkeit wiederum ruft nach einer bundesrätlichen Genehmigung der Statuten. Zu beachten ist sodann, dass Streitigkeiten zwischen Garantiefonds und ihren Mitgliedern nicht von den Zivilgerichten, sondern von einem besonderen Organ, der Pflichtlagerkommission, beurteilt werden, deren Entscheide der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unterliegen.

- Man befindet sich demnach im Grenzbereich zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht. Die finanziellen Mittel der Garantiefonds sind aber jedenfalls nicht Bundesmittel, sondern eigene Mittel der Organisationen.

Artikel 11-17 Der Bund unterstützt die Lagerhalter bei ihrer Pflichtlagerhaltung in verschiedener Hinsicht. So gewährt er bei der direkten Bundessteuer auf Pflichtvorräten spezielle Abschreibungen (Art. 16), die schon bisher von den Kantonen und Gemeinden für die Veranlagung ihrer Steuern weitgehend übernommen worden sind. Ausserdem trägt er die Haftung für unversichertere Schäden an Pflichtlagerwaren (Art. 11 Abs. 2). Die bedeutendste Erleichterung für den Pflichtlagerhalter stellt jedoch die Finanzierungshilfe des Bundes in Form von Garantieleistungen gegenüber den kreditgebenden Banken dar. Dadurch erhält der Lagerhalter die Möglichkeit, gegen Ausstellung von Eigenwechseln bei einer Bank seiner Wahl einen Kredit bis zu höchstens 90 Prozent des Warenwertes zu einem niedrigen Spezialdiskontsatz zu beziehen. Die Banken sind zu dieser zinsgünstigen Kreditgewährung nur deshalb in der Lage, weil sie durch die Garantieerklärung des solidarisch haftenden Bundes gewissermassen eine absolute Sicherheit erhalten.

Die schwere Verantwortung, die dem Bund aus dem Garantieversprechen gegenüber den Banken erwächst,
verlangt eine entsprechende Sicherung gegen allfällige Verluste. Die Artikel 11 und 12 KVG räumen dem Bund für den Fall des Konkurses oder Nachlassstundung ein sog. «Aussonderungsrecht» ein. Obwohl das Eigentum am Pflichtlager erst mit der Konkurserklärung oder der Bewilligung der Nachlassstundung auf den Bund übergeht, entsteht der Sicherungsansprach des Bundes bereits mit der Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung. Das geltende Gesetz lässt in seinem Wortlaut allerdings in diesem Punkt die nötige Klarheit vermissen, weshalb sich das Bundesgericht vor kurzem in einem Grundsatzentscheid zu diesem Problem ausführlich äussern musste (BGE 106 Ib 93). Darin hat das Bundesgericht zwar den unklaren Gesetzeswortlaut bemängelt, aber eindeutig festgestellt, dass der Bund schon vor Konkurs und Stundung einen Sicherungsanspruch besitzt, und zwar in dem Sinne, dass das Eigentum des Pflichtlagerhalters mit einer Eigentumsbeschränkung belegt wird.

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Im Entwurf zum neuen Gesetz wird dieser Sicherungsanspruch nunmehr ausdrücklich festgehalten (Art. 12). Dadurch kann der Lagerhalter Pflichtvorräte rechtsgültig an Dritte veräussern, sofern er für Ersatz besorgt ist, so dass das Pflichtlager stets in der festgelegten Menge und Qualität verfügbar ist (BGE 104 III 115 E. 4). Er kann auch innerhalb der vertraglichen Grenzen Dritten, namentlich den finanzierenden Banken für die 10 Prozent Eigenanteil, Pfandrechte am Pflichtlager einräumen, oder es kann in einer Betreibung auf Pfändung oder bei der Geltendmachung des Retentionsrechts das Pflichtlager von einem oder mehreren Gläubigern als Haftungssubstrat beansprucht werden. Die Begründung solcher Pfandrechte bzw. die Entstehung eines Retentionsrechts am Pflichtlager bleibt durchaus rechtsgültig, doch gehen diese Rechte dem Sicherungsanspruch des Bundes in Abweichung sachenrechtlicher Prinzipien nach; sie sind ihm gegenüber unwirksam. Jeder dieser Gläubiger, mit Ausnahme derjenigen gewerblichen Lagerhalter, die ein Retentionsrecht für die Lagerentschädigung von Pflichtlagern geltend machen (Art. 485 Abs. 3 OR), muss sich bei Pfändung oder Verpfändung darüber im klaren sein, dass er bei einer Zwangsverwertung bloss eine.n Anspruch an einem allfälligen Verwertungsüberschuss hat. Der Sicherungsanspruch,verleiht dem Bund aber weder einen Eigentumsanspruch noch ein beschränktes dingliches Recht, sondern schützt ihn lediglich im Hinblick auf eine allfällige Zwangsvollstreckung vor Ansprüchen Dritter.

Eine Organisation hat in ihrer Vernehmlassungsantwort angeregt, dem Bund anstelle des Sicherungsanspruchs ein gesetzliches Pfandrecht an Pflichtlagern einzuräumen, das gelten isoli, bis es zur Aussonderung kommt. Eine solche Regelung lässt sich unseres Erachtens nicht vertreten. Einmal würde durch die Tatsache, dass der Bund zuerst ein beschränktes dingliches Recht an Pflichtlagerwaren Kraft Gesetzes erhält und später daran noch Eigentum am selben Objekt erwerben soll, die sachenrechtlichen Prinzipien zu arg strapaziert. Ein Pfandrecht ist stets Wertsicherungsrecht und muss bei Insolvenz des Eigentümers notwendigerweise zur Verwertung des Pfandgegenstandes zugunsten des Pfandnehmers führen.

, Hier ist aber der Pflichtlagerhalter in erster Linie gegenüber der finanzierenden Bank Schuldner, während der Bund erst
nach erwiesener Zahlungsunfähigkeit des Lagerhalters als1 Gläubiger an die Stelle der Bank tritt. Seine Haftung unterliegt somit einer aufschiebenden Bedingung. Es liegt deshalb nahe, dem Bund, der bis zum Eintreten dieser Bedingung noch gar nicht Gläubiger ist, kein beschränktes dingliches Recht einzuräumen. Er soll aber im Hinblick auf einen möglichen Eigentumsübergang durch eine mildere Massnahme lediglich soweit gesichert werden, dass ihm dannzumal ein Dritter seinen Eigentumsanspruch nicht ohne Recht streitig machen kann. Dies lässt sich durch eine Regelung erreichen, die vorsieht, dass Ansprüche Dritter gegenüber dem Sicherungsanspruch unwirksam - das ist nicht nichtig - sind. Damit ist auch gesagt, dass der Sicherheitsanspruch des Bundes keine weitere Kategorie neben den dinglichen und beschränkt dinglichen Rechten darstellt, Wie dies verschiedentlich vermutet worden ist.

' ' ' Ein gesetzliches Pfandrecht bedürfte auch schon aus praktischen Gründen einer eingehenden Ausgestaltung im Gesetz, da ein Pflichtlager ständig umgeschlagen werden muss, indem alte Ware verkauft und gleichzeitig neue Ware hinzuge427

kauft wird; damit würden auch die Eigentums- bzw. Pfandrechte an diesen Waren ständig wechseln.

Schliesslich wird vorgeschlagen, das Aussonderungsrecht auf sämtliche Pflichtlager auszudehnen, unabhängig davon, ob sie mit oder ohne Garantieleistung des Bundes finanziert worden sind. Wie einleitend dargestellt, wurde das Aussonderungsrecht ausschliesslich als finanzielle Sicherheit zugunsten des Bundes für seine Solidarbürgschaft eingeführt. Die Sicherung des Lagerbestandes für die Landesversorgung stand dabei nicht im Vordergrund. Ein Aussonderungsrecht des Bundes an nicht finanzierten Pflichtlagern einführen zu wollen, wäre unverhältnismässig und würde, wie noch zu zeigen ist, mehr Schwierigkeiten als Nutzen bringen. Bei den obligatorischen Pflichtlagern spielt diese Frage ohnehin keine Rolle, weil die Quote eines Importeurs, der sein Geschäft aufgibt, auf die übrigen Lagerhalter verteilt wird. Im freiwilligen Sektor hingegen betrifft diese Frage vor allem die Eisen-, Textil- und Chemiebranchen. Gerade diese Branchen zeichnen sich aber in bezug auf die Lagerhaltung dadurch aus, dass ihre Lagerwaren sehr häufig erneuert werden müssen, und dass sie grossen Preisschwankungen unterworfen sind. Wollte nun der Bund ein Aussonderungsrecht ausüben, müsste er die Ware aus der Masse auskaufen. Er würde zum Lagerhalter, könnte aber die Ware gar nicht umschlagen. Hinzu käme, dass er die Lagerhaltungs-, Finanzierungs- und Risikokosten zu tragen hätte. Es ist deshalb leicht einzusehen, dass er eine solche Aufgabe einfach nicht übernehmen kann.

In Zeiten einer Bewirtschaftung könnte er nötigenfalls, gestützt auf Massnahmenrecht, z. B. die Ware enteignen und auf andere Branchenfirmen übertragen.

Wird über den Pflichtlagerhalter der Konkurs eröffnet oder wird ihm eine Nachlass- oder Notstundung oder ein Konkursaufschub (gemäss Art. 725 OR bei einer AG, Art. 764 OR bei einer Kommandit-AG, Art. 817 OR bei einer GmbH oder Art. 903 OR bei einer Genossenschaft) gerichtlich bewilligt, so geht das Eigentum am Pflichtlager von Gesetzes wegen auf den Bund über, d. h., dieser kann es aus der Masse aussondern, sofern er die Banken für ihre Wechselforderungen befriedigt (Art. 13). Will der Bund ausnahmsweise solche Vorräte für sich behalten, so ist eine Bewertung vorzunehmen. Ist der Warenwert höher als die vom Bund
übernommene Garantieschuld, so hat dieser den Überschuss in die Masse abzuliefern oder dem Gemeinschuldner zurückzuzahlen.

Besteht ein Minderwert, so kann der Bund als Kurrentgläubiger am Konkurs oder Nachlass teilnehmen oder er erhält eine unverjährbare und verzinsliche Forderung gegen den Schuldner. In der Regel, d. h. insbesondere in Zeiten ungestörter Zufuhren, hat der Bund jedoch kein Interesse an der Ware, sondern einzig am Verwertungserlös. Er wird deshalb ein solches Pflichtlager selbst verwerten oder damit die Konkursverwaltung oder die entsprechenden Organe betrauen. Vom Ergebnis sind alle Aufwendungen für die Verwertung abzuziehen.

Bleibt ein Überschuss, so sind daraus zunächst die Pflichtlagerorganisationen für ihre Forderungen zu entschädigen. Der Rest fliesst in die Masse bzw. an den Schuldner zurück. Resultiert aber ein Verlust aus der Verwertung, so erhält der Bund auch in diesem Falle eine Konkurs- oder Nachlassforderung bzw. eine unverjährbare und verzinsliche Forderung gegenüber dem Schuldner. Zum Aussonderungsanspruch gehören selbstverständlich auch allfällige Ersatzansprüche wie Versicherungsleistungen und dergleichen.

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Wie oben bereits dargestellt wurde, ist es durchaus möglich, dass Dritte gesetzliche oder vertragliche Pfand- oder Retentionsrechte an Pflichtlagern erhalten.

Sofern ein Gläubiger ein solches Recht gutgläubig erwirbt, muss es als rechtsgültig anerkannt werden, doch bleibt es gegenüber dem Sicherungsanspruch des Bundes unwirksam. Der Bund darf jedoch den Dritten nicht daran hindern, seine erworbenen Sicherungsrechte durchzusetzen. Es muss dem Pfand- oder Retentionsgläubiger möglich sein, jederzeit die Spezialexekution einzuleiten.

Damit der Bund jedoch seines vorrangigen Anspruchs nicht verlustig geht, erhält er von Gesetzes wegen die Stellung eines nichtbetreibenden Pfandgläubigers im ersten Rang, während Forderungen der Pflichtlagerorganisationen unmittelbar hinter dem Anspruch des Bundes kolloziert werden (Art. 14). Ein allfälliger Verwertungserlös ist zur Amortisierung der Wechselforderungen der Banken zu verwenden. Reicht der Erlös nicht zur Deckung der Wechselsumme und ist der Pflichtlagerhalter nicht imstande, die Restsumme bei Wechselverfall aufzubringen, hat der Bund oder die Bank mittels protestiertem Wechsel .die Betreibung auf Konkurs einzuleiten.

Für die Zukunft ist zu verhindern, dass Pfandgläubiger aufgrund vertraglich ausbedungener sog. «eigenhändiger Verwertungsrechte» unter Umgehung des ordentlichen Betreibungswegs den Sicherungsanspruch des Bundes ausschalten können. Darum verpflichtet das Gesetz solche, Gläubiger, ihre pfandgesicherten Forderungen ausschliesslich durch Betreibung geltend zu machen (vgl. BGE 106 Ib93).

Die Tatsache, dass dem Bund hier ein gesetzliches Pfandrecht eingeräumt wird, scheint auf den ersten Blick zu den vorstehenden Ausführungen im Widerspruch zu stehen. Der Widerspruch besteht indessen nur scheinbar. Das Pfandrecht nach Artikel 14 entsteht nicht schon mit der Gewährung der Garantieleistung durch den Bund, sondern erst mit der Einleitung einer Spezialvollstrekkungsmassnahme durch einen Dritten. Es tritt an Stelle des Aussonderungsanspruchs bei Generalexekution.

Im Zuge der Auswechslung der Pflichtvorräte kann der Lagerhalter Waren veräussern, wenn er sie gleichzeitig wieder ersetzt. Hat er jedoch über seine Waren eine anfechtbare Verfügung im Sinne von Artikel 285 ff. SchKG getroffen, so steht die Anfechtungsklage ausschliesslich dem Bund zu,
soweit er für seine Regressansprüche nicht gedeckt wird (Art. 15).

Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Beschaffung der für die Lagerhaltung notwendigen Räume oder Anlagen nicht immer auf gütlichem Wege möglieh ist.

Deshalb erteilt Artikel 17 Absatz l dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement ein Enteignungsrecht. In den meisten Fällen werden diese Räume und Anlagen nicht vom Bund benützt, sondern werden für Rechnung der betreffenden Pfiichtlagerorganisation oder Firma enteignet. Es versteht sich von selbst, dass das Volkswirtschaftsdepartement nur mit äusserster Zurückhaltung von diesem Recht Gebrauch machen wird. So wird es nie darum gehen, Lagerraum sozusagen auf Vorrat zu beschaffen, da den Organen der wirtschaftlichen Landesverteidigung bei zunehmender Bedrohung ohnehin ein Requisitionsrecht zusteht (Art. 25).

Die finanziellen Mittel nach Artikel 17 Absatz 2 sollen ausschliesslich der Pflichtlagerhaltung i dienen. Sie sind also zweckgebunden. Bei den genannten 429

Bundesmitteln handelt es sich um finanzielle Leistungen für die Errichtung von Lagerräumen für bundeseigene Lager. Gewähr muss nach wie vor bestehen, dass die mit solchen Mitteln errichteten oder unterhaltenen Lager- und Tankräume ihrer Zweckbestimmung grundsätzlich erhalten bleiben, solange die Lagerhaltungspflicht nach Pflichtlagervertrag besteht und solange die betreffende Einrichtung für die Lagerhaltung noch tauglich ist. Eine Zweckänderung ist nur in begründeten Fällen und mit vorheriger Bewilligung der zuständigen Bundesbehörde zulässig. Diese Eigentumsbeschränkung ist im Grundbuch anzumerken.

Die Mittel sind in jedem Fall zurückzuerstatten, wenn a. die Anlage zweckentfremdet wird, oder b. der Pflichtlagervertrag gekündigt oder die Lagermenge reduziert wird, sofern die Anlage noch tauglich ist und nicht der betreffenden Pflichtlagerorganisation für die Lagerung von Pflichtvorräten zur Verfügung gestellt wird.

Die Einzelheiten werden im Pflichtlagervertrag sowie in den Statuten und Reglementen der betreffenden Pflichtlagerorganisationen geregelt. In den Gebieten, wo bereits heute eine ähnliche Regelung für die Sicherung des Lager- oder Tankraumes besteht, wird die Sicherung der im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Anlagen aufrechterhalten; sie wird aber nach der hier vorliegenden Bestimmung geregelt. So wird z. B. die Dienstbarkeitsregelung der Carbura durch die vorgesehene gesetzliche Eigentumsbeschränkung ersetzt.

Gerade in diesem Fall wird aber den spezifischen Gegebenheiten der Erdölbranche Rechnung zu tragen sein: In dieser Branche .sind in der Regel nicht genau bezeichnete Lagertanks, sondern die zur Pflichtlagerhaltung erforderlichen Tankkapazitäten, sichergestellt. Aus Gründen der Flexibilität muss diese Möglichkeit nach wie vor gegeben sein.

3. Abschnitt : Vorratshaltung des Bundes

Artikel 18 Dieser Artikel entspricht dem geltenden Recht. Die Vorratshaltung des Bundes bleibt nach wie vor subsidiär. Sie soll in erster Linie dazu dienen, die Bedürfnisse der Armee und der Verwaltung für Zeiten machtpolitischer Bedrohung oder für Kriegszeiten im grösstmöglichen Umfang sicherzustellen. Aus diesen grundsätzlichen Überlegungen sowie aus technischen und finanziellen Gründen ist eine weitergehende Vorratshaltung des Bundes nur in Ausnahmefällen denkbar, d. h., wenn es gilt, allfällige bedeutende Lücken zu füllen.

4. Abschnitt: Nutzung einheimischer Ressourcen

Artikel 19 Forstwirtschaft Holz, soweit es ungenutzt im Wald steht, ist wohl eine beachtliche, aber nicht sofort verfügbare Reserve. Die Nutzbarmachung stehenden Holzes erfordert bis zur eigentlichen und vielseitigen Holzverwertung eine lange, zum Teil beschwerliche und zeitraubende Produktions- und Arbeitskette. Der Holzschlag im Wald erfordert nach wie vor überdurchschnittlich viel menschliche Arbeitskraft und 430

speziell ausgerüstete Traktionsmittel, die gerade in Fällen wirtschaftlicher Bedrohung überaus knapp sind und dann auch :in der Landwirtschaft für die Nahrungsmittelproduktion dringend benötigt werden. Unter diesen Umständen muss die Mehrnutzung gegebenenfalls rechtzeitig angeordnet werden können.

Deshalb wird die Kompetenz zur Anordnung der Mehrnutzung bereits im Rahmen der ständigen Bereitschaft vorgesehen.

Die hier aufgeführten Massnahmen dürfen selbstverständlich erst nach Fühlungnahme mit den zuständigen Fachkreisen ergriffen werden, damit die langfristigen Zielsetzungen des Forstpolizeigesetzes nicht durch vorübergehende Übernutzungen zu stark beeinträchtigt werden.

; Die Mehrnutzung der Wälder kann für die Waldbesitzer wirtschaftliche Nachteile verschiedener Art zur Folge haben. Zum Beispiel kann es sich als notwendig erweisen, die zusätzliche Nutzung in abgelegene, verkehrstechnisch ungünstig gelegene Wälder zu verlegen, so dass der Hölzerlös die Rüst- und Transportkosten nicht zu decken vermag oder der Waldbesitzer keinen angemessenen Ertrag mehr erhält. Ferner können dem Wald durch behördlich angeordnete Mehrnutzungen Schäden zugefügt werden, die gegebenenfalls kostspielige Wiederherstellungsarbeiten notwendig machen. Die Kosten der Mehrnutzung ergeben sich daher nicht nur aus dem ungenügenden Erlös, sondern umfassen auch allfällige Wiederinstandstellungsarbeiten und eventuell erforderliche zusätzliche Maschinen und Transportanlagen (Wege, Seilbahnen usw.).

Wird die Mehrnutzung angeordnet, so kann zur Deckung der dadurch verursachten Kosten ein Ausgleichsfonds geschaffen werden. Subsidiär kommen ebenfalls Finanzhilfen in Frage. Es ist aber mit aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass solche finanzielle Leistungen nur ausgerichtet werden dürfen, wenn die zumutbaren Investitionen in Erschliessung und Betriebsausstattung vorgenommen ^wurden und wenn die im Forstpolizeigesetz vorgesehenen Beiträge nicht ausreichen.

i , ' ' i Artikel 20 Notstandswasserversorgung Schon anlässlich der Revision der Wasserwirtschaftsartikel in der Bundesverfassung wurde festgestellt, dass die, Regelung der Trinkwasserversorgung im Falle eines Notstandes (Notstandswasserversorgung) Sache des Bundes ist. In der entsprechenden Botschaft des Bundesrates über die Revision des Artikels 24bls BV wurde ausgeführt:
«Vorschriften über die Notstandswasserversorgung mit Trinkwasser und mit Brauchwasser in Kriegszeiten können gestützt auf Artikel 3 lb!s Absatz 3 Buchstabe e erlassen werden» (BEI 7972 II 1174).

Ebenso hat die eidgenössische Studienkommission «Aufgabenteilung Bund/ Kanton im Bereiche der Wasserwirtschaft» in ihrem Schlussbericht vom 16. April 1980 (S. 71) festgestellt, dass die Wasserversorgung auch in Zukunft grundsätzlich Sache der Kantone und Gemeinden bleiben soll. Für die Notstandswasserversorgung wird jedoch eindeutig dem Bund die Regelungskompetenz zugesprochen und die Notwendigkeit entsprechender Bundesvorschriften anerkannt.

Es ist somit naheliegend, die Kompetenz des Bundes im Bereich der Notstandswasserversorgung im LVG zu regeln. Die Vorsorge auf dem Gebiet der Wasser431

Versorgung wird im Ausführungsrecht allerdings anders gestaltet werden müssen, als sie sich bei Importgütern eingespielt und bewährt hat. Der Unterschied liegt darin, dass es sich beim Wasser grundsätzlich um ein landeseigenes Produkt handelt (vgl. Holz) und dass die hauptsächlichen Partner von Bund und Kanton nicht private, sondern öffentlichrechtlliche Unternehmungen (Wasserversorgungsbetriebe) sind.

Die vorsorglichen Massnahmen, die es zu regeln gilt, bestehen vor allem in Vorschriften, welche die Kantone beauftragen, die Notstandswasserversorgung in baulicher, betrieblicher, personeller und organisatorischer Hinsicht vorzubereiten, sowie in Vorschriften über die interkantonale Hilfeleistung. Dem Bund werden dabei keine Kosten erwachsen, da es sich um Rahmenvorschriften (Mindestnormen) handelt, deren Ausführung in den Aufgabenbereich aller Kantone fällt, und die finanziellen Lasten somit gleichmässig unter den Kantonen verteilt sind.

Der sogenannte Wasserversorgungsatlas ist zwar als Inventar von Versorgungsanlagen und Wasservorkommen ein wichtiges Informations- und Führungsinstrument der Notstandswasserversorgung. Dennoch soll er erst im Rahmen der Gesetzgebung zu Artikel 24bis BV (Wasserwirtschaft) gesetzlich geregelt werden.

Dies ist begründet durch die damit verbundenen finanziellen Verpflichtungen des Bundes.

Artikel 21 Studien und Versuche Als rohstoffarmes Binnenland hat die Schweiz zweifellos ein grosses Interesse an einer optimalen Ausbeutung einheimischer Urprodukte oder an der inländischen Erzeugung lebenswichtiger Güter. Der Entwurf umschreibt den Zweck der allenfalls unterstützungswürdigen Studien, Versuche und weiteren Vorbereitungsmassnahmen. Die hier angestrebte Förderung beschränkt sich auf Vorbereitungsmassnahmen; dagegen bietet dieser Artikel keine Grundlage, um die Produktion bestimmter Güter zu unterstützen. Selbstverständlich besteht keinerlei Anspruch auf eine Finanzhilfe; der Bundesrat wird in jedem Fall zuerst prüfen, ob gewisse Studien, Versuche oder sonstige Vorbereitungsmassnahmen im Interesse der wirtschaftlichen Landesverteidigung liegen und ob den Initianten die volle Tragung der Kosten oder eine anderweitige Beschaffung von Mitteln nicht zumutbar ist.

5. Abschnitt: Transporte und andere Dienstleistungen

Artikel 22 Die in Absatz l vorgesehenen Massnahmen sind vielfältig, wobei sie vornehmlich der Vorbereitung dienen. Sie sollen in erster Linie einen genügenden Transportapparat für Land-, Wasser- und Lufttransporte im In- und Ausland sicherstellen. Es handelt sich dabei im wesentlichen um die Ermittlung der Transportbedürfnisse und der Art der Einsätze der verschiedenen Transportmittel, um Bestandesaufnahmen und Kontrollen, um die Sicherstellung der notwendigen Transport- und Kommunikationsmittel und des erforderlichen Transport-, Unterhalts- und Betriebspersonals, um die Erarbeitung und Anordnung von Massnahmen zum Schutz und für die Sicherheit des Personals, der Transportgüter 432

und der Transportmittel. Ferner bietet diese Bestimmung die Grundlage für den Abschluss von internationalen Transportvereinbarungen und fachtechnischen Abmachungen mit den zuständigen ausländischen Behörden. Bei all diesen Massnahmen geht es also um die Sicherung der für den Ernstfall unerlässlichen Transportinfrastruktur.

Ist die Versorgung des Landes erheblich gefährdet oder gestört, kann der Bundesrat die Massnahmen nach Artikel 23 Absatz l Buchstaben f und i anordnen.

Die Kriegstransportversicherung (Abs. 2) ist bereits im geltenden Gesetz verankert (Art. 15 Abs. 2 KVG). Die Anwendung dieser Bestimmung hat in den letzten Jahren verschiedentlich zu Schwierigkeiten geführt, weshalb sich nunmehr eine klare Abgrenzung im Sinne des verfassungsmässigen Auftrags aufdrängt.

Getreu dem Prinzip der Subsidiarität der Landesversorgung, wonach der Bund nur dort in den Marktmechanismus eingreifen darf, wo die Privatwirtschaft aus eigenen Kräften die Versorgung des Landes nicht mehr selbst zu bewältigen vermag, muss hier eine Abgrenzung in zwei Richtungen vorgenommen werden: Einmal soll der Bund künftig nur noch Versicherüngs- oder Rückversicherungsdeckung gewähren, wenn ein Transport (Wasser-, Luft-, Schienen- oder Strassentransport) im Interesse der Landesversorgung erfolgt. Es gilt zu vermeiden, dass Transporte mit wesentlicher Bedeutung für die Landesversorgung aus versicherungstechnischen Gründen unterbleiben. Damit wird die Kriegstransportversicherung auf ihren eigentlichen Zweck zurückgeführt. Ausserdem wird so die Gefahr einer versteckten Subventionierung des Transportgewerbes vermieden (vgl. den Entscheid des Bundesrates in VPB, Heft 40/11 1976, Nr. 40, Erw. 4 S. 58). Sodann hat ein Transportunternehmer vor Ausführung eines Transports beim Bund um eine solche Versicherungsdeckung nachzusuchen.

Dadurch soll erreicht werden, dass nicht mehr der Transporteur bestimmen kann, welches Risiko der Bund zu tragen hat.

Dem Bundesrat bleibt es anheimgestellt, schon heute vorsorglich Versicherungsverträge abzuschliessen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes können Gesuche für einzelne Transporte oder generell für bestimmte Transportrouten oder ganze Transportzweige, wie etwa die Rhein- oder die Hochseeschiffahrt, bewilligt werden. Die Einzelheiten sind in einer bundesrätlichen Verordnung zu regeln.

3. Kapitel: Massnahmen bei zunehmender Bedrohung

Artikel 23 Massnahmen Die Massnahmen bei zunehmender Bedrohung sind von Fall zu Fall zu treffen; sie bleiben, je nach der Lage, vielleicht lange Zeit in Kraft. Damit sie gegebenenfalls unverzüglich wirksam werden können, ist es unerlässlich, dass sie bereits in normalen Zeiten vorbereitet werden. Die Voraussetzung für das Inkrafttreten ist,umschrieben. Die Anwendung mussiSache des Ermessens bleiben. Unter «Bedrohung» ist hier, wie in Artikel 3, die unmittelbare oder mittelbare machtpolitische Bedrohung oder der Krieg zu verstehen.

Zuständig für die Anordnung dieser Massnahmen ist der Bundesrat. Diese Kompetenzdelegation drängt sich vor allem aus praktischen Gründen und gestützt auf die gemachten Erfahrungen auf. Ernstliche Störungen, welche die Zufuhren und damit unsere Landesversorgung beeinträchtigen, können schlagartig 433

einsetzen. Bis die Bundesversammlung zur Erteilung zusätzlicher Ermächtigungen zusammentreten würde, könnten Wochen vergehen; zwar wäre die Einberufung einer ausserordentlichen Session an sich möglich, doch würde sie in der Öffentlichkeit alarmierend wirken und stände möglicherweise in keinem Verhältnis zu den sehr begrenzten Massnahmen, die unter Umständen angeordnet werden müssten. Raschheit und Beweglichkeit des Einsatzes können also nur auf die hier vorgesehene Weise gewährleistet werden. Die parlamentarische Kontrolle besteht aber nach wie vor (vgl. Kommentar zu Art. 51 Abs. 5).

In Zusammenhang mit dieser Bestimmung ist ausdrücklich daran zu erinnern, dass die ausgewogene Kombination von privater Initiative und staatlicher Lenkung im Bereich der Versorgung der tragende wirtschaftspolitische Grundsatz bleiben soll. Solange und soweit die Sicherstellung durch privatwirtschaftliche Initiative und Tätigkeit gewährleistet ist, hat der Staat keinen Grund zu eigener versorgungspolitischer Intervention. Drängt sich eine Intervention auf, hat der Staat seine Massnahmen nach dem Zweck zu richten: Sie sollen vor allem zweckmässig und überdies angemessen sein, und die angewendeten Mittel sollen in einem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen.

Es liegt auf der Hand, dass bei zunehmender Bedrohung die Sicherstellung der Versorgung immer mehr mit öffentlichen Massnahmen zu gewährleisten ist. Die Versorgungspolitik wird dann zum Bestandteil der Sicherheitspolitik gegen Einwirkungen äusserer Macht oder kriegerischer Gewalt. Die erwähnten Grundsätze gelten aber auch dann noch; nur führen sie zu viel weiter reichenden undtiefer greifenden Massnahmen. Bei der Beurteilung des Katalogs ist dies zu berücksichtigen.

Die in diesem Artikel abschliessend aufgeführten Massnahmenbereiche sollen je nach Lage und je nach Bedrohung diejenigen der ständigen Bereitschaft ergänzen. Sie sollen es ermöglichen, jeder machtpolitischen Bedrohung wirksam entgegenzutreten. Deshalb werden alle Massnahmen aufgezählt, die erfahrungsgemäss notwendig werden könnten. Diese sollen bereits in normalen Zeiten vorbereitet werden. Sie beziehen sich sowohl auf die Inlandproduktion (vgl. Bst. a, c, d) als auch auf die Güterbeschaffung (Bst. b), die Beschränkung der Ausfuhr (Bst. e), die Lagerhaltung (Bst. f), die Verteilung
(Bst. g), den Verbrauch (Bst. h) sowie auf die für die Landesversorgung unerlässlichen Dienstleistungen (Bst. i).

Ein grosser Teil dieser Massnahmen ist bereits im geltenden Gesetz verankert, darf aber nur vorsorglich für eigentliche Kriegszeiten angeordnet werden. Eine ausführlichere Umschreibung scheint angezeigt, um einen besseren Überblick über die möglichen Massnahmen zu geben.

Eine wichtige Neuerung stellen die Vorkehren auf dem Gebiet der inländischen Produktion (Bst. c und d) dar. Es geht um die Schaffung oder die Erhaltung von Betrieben, die in Zeiten gestörter Zufuhren lebenswichtig sind, sowie um eine Interventionsmöglichkeit in der Verarbeitungsindustrie. Es liegt auf der Hand, dass gewisse Betriebe in Zeiten schwerer Bedrohung unter allen Umständen aufrechterhalten werden müssen und dass der Staat in der Lage sein müss, die entsprechenden Massnahmen zu treffen. Es ginge aber nicht an, unter dem Vorwand der versorgungspolitischen Notwendigkeit nicht mehr lebensfähige Betriebe mit strukturpolitischen Massnahmen zu stützen. Bei der Anwendung dieser Bestimmung sind also Vorsicht und Zurückhaltung am Platz. Aus den glei434

chen Gründen wurde darauf verzichtet, eine solche Vorschrift bereits im Rahmen des 2. Kapitels (ständige Bereitschaft) vorzusehen. Neu ist ebenfalls die Pflicht zur Dienstleistung im Sinne von Buchstabe i. Lebenswichtige Dienstleistungen können nur dann als sichergestellt betrachtet werden, wenn sie zur gesetzlichen Pflicht gemacht werden. Die Verhältnisse in den einzelnen in Betracht fallenden Branchen sind so verschieden, dass die Einzelheiten gegebenenfalls in Ausführungs Vorschriften zu regeln sind. Es gilt zu betonen, dass sich diese Pflicht ausschliesslich auf Unternehmungen bezieht und nicht auf Einzelpersonen. Mit einer solchen Bestimmung wird also keineswegs eine gesetzliche Grundlage zur Einführung einer allgemeinen, individuellen Arbeitsdienstpflicht geschaffen.

In Absatz 2 erhält der Bundesrat die Kompetenz, die Verwendung der Pflichtlager zu regeln. Im Rahmen einer allfälligen Freigabe solcher Vorräte wird er insbesondere über Zeitpunkt, Umfang sowie über weitere Bedingungen der Freigabe zu beschliessen haben.

Artikel 24 Preise Preisregulierung ist das notwendige Gegenstück zur verteidigungswirtschaftlichen Lenkung auf dem Gebiet der Güter und Dienstleistungen. Zur Zeit finden sich entsprechende Regelungen nur im Getreidegesetz vom 20. März 1959 (SR 916.111.0) und im Bundesgesetz vom 21. Dezember 1960 über geschützte Warenpreise und die Preisausgleichskasse für Eier und Eiprodukte (SR 942.30).

Weitere verfassungs- und gesetzesrechtliche Bestimmungen fehlen. Deshalb ist zum mindesten für ,4en Bereich der lebenswichtigen Güter und Dienstleistungen eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. Diese Preisüberwachung kann aber nur in Zusammenhang mit Bewirtschaftungs- und Verwendungsvorschriften nach Artikel 23 angeordnet werden. Im Rahmen des Entwurfs ist sie also nur als flankierende Massnahme gedacht.

Artikel 25 Requisition Die in Artikel 23 aufgezählten Massnahmen haben nur Aussicht auf Erfolg, wenn die zu ihrer Durchführung notwendige Infrastruktur den Organen1 der wirtschaftlichen Landesverteidigung zur Verfügung steht. So sind z. B. eine verstärkte Lagerhaltung oder die Verlagerung von Vorräten ohne zusätzliche Lagerräume, Behälter und Transportmittel nicht denkbar. Die Beschaffung solcher Mittel und Einrichtungen wird nicht immer auf gütlichem Wege möglich sein.

Deshalb kann der
Bundesrat den Organen der wirtschaftlichen Landesverteidigung mit der Inkraftsetzung von Massnahmen bei zunehmender Bedrohung ein Requisitionsrecht einräumen. Ein solches Recht steht auch der Armee und dem Zivilschutz zu, jedoch nur in Zeiten aktiven Dienstes. Dieser Unterschied lässt sich dadurch rechtfertigen, dass die. Massnahmen nach Artikel 23 unter Umständen bereits bei machtpolitischer Bedrohung (Erpressung, Ausbeutung, Blokkade) ohne Anwendung militärischer Gewalt ergriffen! werden müssen. Es sind also durchaus Fälle denkbar, wo die Organe der wirtschaftlichen Landesverteidigung tätig werden, ohne dass Armee und Zivilschutz zum aktiven Dienst aufgeboten sind. Die Vorbereitung und Durchführung der Requisition richten sich in der Regel nach den Bestimmungen der Verordnung vom 3. April 1968 über 435

die Requisition (SR 519.7). Auf die in Absatz 4 erwähnten Fälle ist diese Verordnung jedoch nicht anwendbar, da der grenzüberschreitende Verkehr von Schiffen und Flugzeugen spezifische Probleme mit sich bringt, die besonders geregelt werden müssen.

3. Titel: Massnahmen gegen schwere Mangellagen zufolge von Marktstörungen

Im Unterschied zu den Massnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung (Art. 3-25) geht es hier um die Vermeidung oder Behebung von schweren Mangellagen zufolge von Marktstörungen, die keine machtpolitische oder gar kriegerische Ursache haben. Der marktwirtschaftlichen Konzeption liegt die Vorstellung zugrunde, dass sich Bedarf und Bedarfsdeckung frei, d. h. durch die Marktkräfte, regulieren und auf diese Weise die Versorgung des Landes sichergestellt ist. Der Staat hat aber dafür zu sorgen, dass die Existenzbedingungen für die Marktwirtschaft erhalten bleiben und dass nötigenfalls Massnahmen gegen schwere Mangellagen getroffen werden. Es gilt zu betonen, dass die Massnahmen dieses Kapitels ausschliesslich zur Vermeidung oder Behebung von quantitativen Mangeltagen und nicht etwa zum Ausgleich von Preisschwankungen dienen sollen. Als schwere Mangellage im Sinne des Entwurfs gilt also ausschliesslich eine allgemeine Verknappung des Angebotes für ein lebenswichtiges Gut.

Auch im Falle übersetzter Weltmarktpreise liegt noch keine solche Mangellage vor, solange das Angebot mengenmässig ausreichend ist.

Diese Massnahmen haben schon in der Diskussion um den Verfassungsartikel sowohl Befürchtungen wie auch Erwartungen geweckt, die unbegründet sind.

Dass die neuen gesetzlichen Vorschriften nicht so ohne weiteres oder gar missbräuchlich angewendet werden können, ergibt sich aus dem Verfassungsrecht.

Die im Entwurf vorgesehenen Massnahmen haben aber auch insofern subsidiären Charakter, als sie gegenüber den ändern staatlichen Tätigkeiten und Massnahmen mit gleichem Ziel (z. B. Aussenhandelspolitik, Währungs- und Finanzpolitik und die übrige Wirtschaftspolitik: Industrie-, Gewerbe- und Landwirtschaftspolitik) deutlich zurückgesetzt sind. Auf allen diesen Gebieten wird danach getrachtet, unter anderem auch marktbedingten Versorgungsstörungen vorzubeugen und entgegenzutreten. Erst wenn diese Mittel nicht mehr ausreichen und gemäss der Verfassung auch die Wirtschaft nicht mehr mit der Lage fertig wird, sollen die im Gesetz vorgesehenen, an die frühere Kriegswirtschaft erinnernden Massnahmen eingesetzt werden. Auch vor übertriebenen Erwartungen muss gewarnt werden. So können zum Beispiel die Ausscheidung und die Freigabe eines kleinen Teils der Pflichtlager beim heutigen Stand der Lagerhaltung nur bei kurz
dauernden Versorgungsstörungen Erfolg versprechen. Um lange dauernde Versorgungsstörungen abzuwehren, müssten Lager unterhalten werden, die für einen mehrjährigen uneingeschränkten Verbrauch ausreichen würden, was offensichtlich nicht oder jedenfalls nicht von heute auf morgen möglich ist. Vor allem aus diesem Grunde verzichtet der Entwurf auf die Einführung besonderer Ausgleichslager, wie sie in der Botschaft zu einem Bundesbeschluss über die Neuordnung der Landesversorgung als Möglichkeit erwähnt worden sind. Statt dessen soll man auf zusätzliche oder ausgeschiedene Pflichtlager greifen können (Art. 27 und 28 Bst. a). Lange dauernde schwere Mangella436

gen können nicht mit der Freigabe von Lagern und mit begleitenden kriegswirtschaftsähnlichen Massnahmen behoben werden, sondern nur durch Substitution und technischen Fortschritt, oder über die Preisentwicklung oder die Änderung von Verbrauchergewohnheiten.

Artikel 26 Förderungsmassnahmen Da Ursachen, Natur Und Konsequenzen von Mangellagen höchst verschieden sein können, fällt eine abschliessende Aufzählung der Förderungsmassnahmen zu deren Behebung ausser Betracht. Bei diesen Massnahmen geht es vor allem um eine möglichst wirksame Unterstützung der privaten Vorratshaltung, und zwar ohne Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit. Im Vordergrund stehen die Einräumung von Vorteilen und, wenn sich die angestrebte Förderung nicht auf andere Weise erreichen lässt, Finanzhilfen.

Unter Förderung der Vorratshaltung sind im wesentlichen die gleichen Massnahmen zu verstehen wie diejenigen nach Artikel 4 des Entwurfs (Haushaltvorräte, freiwillige Betriebsvorräte usw.). Es handelt sich dabei um die einzigen allgemeinen und ständigen Massnahmen unter dem 3. Titel.

Je nach der Lage auf den Weltmärkten, d.h., wenn sich bei einzelnen lebenswichtigen Gütern Versorgungsschwierigkeiten abzeichnen, kann der Bund von Fall zu Fall zum Beispiel die gemeinsame Warenbeschaffung durch Importeure fördern, der Wirtschaft unzumutbare Risiken übernehmen usw.

Auch im Rahmen dieses Artikels haben Selbsthilfsorganisationen, insbesondere Pflichtlagerorganisationen, eine wichtige Rolle zu spielen. Deshalb wird dem Bund in Absatz 2 die Kompetenz eingeräumt, solche Organisationen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Es darf indessen angenommen werden, dass nicht jede wirtschaftliche Selbsthilfe,im unmittelbaren Interesse der Landesversprgung liegt. Der Bund soll nur dort unterstützend wirken, wo die Wirtschaft Eigenleistungen erbringt, die wirklich im allgemeinen Interesse liegen. Er hat sich ferner auf die Unterstützung der Selbsthilfe von Organisationen und Wirtschaftszweigen zu beschränken.

Artikel 27 Pflichtlagerhaltung für Mangellagen Im geltenden Gesetz (KVG) sind die Pflichtlager ausschliesslich im Hinblick auf eine allfällige Kriegswirtschaft vorgesehen. Auch die neue Konzeption setzt an sich für die Inanspruchnahme von Pflichtlagern eine machtpolitische Bedrohung voraus, wenn auch diese Bedrohung nicht unbedingt
militärischer Natur sein muss (vgl. 2. Titel, 2, Kapitel: Ständige Bereitschaft). Indessen können, wie erwähnt, Marktstörungen bei lebenswichtigen Gütern zu folgenschweren Mangellagen führen, die auch durch internationale Zusammenarbeit nicht zu beheben sind. Zwar kann die Wirtschaft in den meisten Fällen solche Störungen aus eigenen Kräften auffangen. Möglicherweise wird sie aber doch einmal überfordert sein und Überbrückungsmassnahmen verlangen. Deshalb ist eine Lösung anzustreben, die erlaubt, über gewisse Vorräte zu verfügen, ohne dass irgendeine machtpolitische Bedrohung vorliegt.

Es ist daran zu erinnern, dass für wichtige Güter bereits heute recht beträchtliche Pflichtlager bestehen, die eine Bedarfsdeckung für mehrere Monate sicher22 Bundesblatt. 133. Jahrg. Bd. III

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stellen. Wenn nun ein Teil dieser Lager auch bei schweren Mangellagen soll freigegeben werden können, stellt sich die Frage, ob nicht für gewisse Güter die Pflichtlagerbestände erhöht oder zum mindesten bereits bestehende Pflichtlager ausgeschieden werden sollten. Diese Frage wird im engen Einvernehmen mit der Wirtschaft, insbesondere mit den Pflichtlagerorganisationen, erörtert werden müssen. Dabei kommt der finanziellen und technischen Belastbarkeit der Wirtschaft eine ganz besondere Bedeutung zu. Es kann aber bereits heute füglich angenommen werden, dass lediglich für die allerwichtigsten Güter und, wenn überhaupt, nur eine beschränkte Erhöhung in Erwägung zu ziehen ist. Es gilt noch zu bemerken, dass die zusätzliche Anlegung von Pflichtlagern ausschliesslich in Zusammenhang mit der obligatorischen Pflichtlagerhaltung (mit Einfuhrbewilligungspflicht) denkbar ist, denn nur in diesem Rahmen kann nach dem Entwurf die Anlegung oder Vergrösserung von Pflichtlagern erzwungen werden.

Mit anderen Worten, der Bundesrat wird bei der Bestimmung der Bedarfsdekkung oder der Richtmengen nach Artikel 8 Absatz 2 den Anforderungen der Behebung von Mangellagen Rechnung zu tragen und die betreffenden Vorschriften entsprechend zu gestalten haben. Ob sich eine Aufstockung aufdrängt oder ob man es mit der Ausscheidung eines Teils der bereits vorhandenen Pflichtlager bewenden lassen kann, wird für jede einzelne Pflichtlagerware1 gesondert zu prüfen sein.

Bei der freiwilligen Pflichtlagerhaltung kann naturgemäss eine Aufstockung der Vorräte nicht erzwungen werden. Es wird Sache der zuständigen Behörde sein, je nach Lage oder wirtschaftlicher Entwicklung gemeinsam mit den betreffenden Firmen und Branchen die Notwendigkeit einer Aufstockung für ein bestimmtes Gut zu prüfen. Auf diesem Gebiet kommt also in erster Linie die Ausscheidung bestehender Pflichtlager in Frage.

Für die Anlegung, Finanzierung, Kontrolle usw. gelten die Bestimmungen über die Pflichtlagerhaltung für die wirtschaftliche Landesverteidigung (Art. 6-17) sinngemäss.

Die zusätzliche Anlegung oder Ausscheidung von Pflichtlagern für Mangellagen bietet dafür Gewähr, dass eine Freigabe die Bedarfsdeckung bei machtpolitischen oder kriegerischen Bedrohungen nicht beeinträchtigt.

Artikel 28 Weitere Massnahmen Wie alle Massnahmen des 3. Titels ist die
teilweise Freigabe von Pflichtlagern im Sinne von Buchstabe a rein subsidiärer Natur. Sie hat ausschliesslich zur Behebung von quantitativen Mangellagen zu dienen. Solange das Angebot - wenn auch zu sehr hohen Preisen - ausreicht, werden keine Pflichtlager freigegeben.

Bei einer allfälligen Freigabe wird der Bundesrat für jede einzelne Pflichtlagerware darüber zu entscheiden haben, ob die zusätzlich angelegten oder ausgeschiedenen Pflichtlager ganz oder nur teilweise freigegeben werden sollen. Dabei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen : In den meisten vorstellbaren Fällen werden die Mangellagen kaum die meisten, sondern lediglich ein oder einzelne lebenswichtige Güter betreffen. Angesichts der weitgehenden Substitutionsmöglichkeiten und der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft wird der Umfang der Freigabe in der Regel so bemessen sein, dass 438

sie eine Bedarfsdeckung für etwa drei Monate erlaubt. Von vornherein muss aber betont werden, dass unsere Lager nur ausreichen, um vorübergehende, schwere Mangellagen auszugleichen.

Im übrigen wird es bei einer Freigabe nicht ifrimer möglich sein, den gewünschten Zweck schon dadurch zu erreichen, däss die Ware einfach auf den1 Markt gebracht wird. Ergänzende Massnahmen, wie zum Beispiel Verhinderung des Aufkaufes, Setzung gewisser Prioritäten beim Verbrauch, Einschränkurig oder Verbot bestimmter Verwendungen (z.B. Verfütterung von Lebensmitteln) und dergleichen werden sich dann aufdrängen. Zu diesem Zweck sind die Bewirtschaftungsmassnahmen im Sinne der Buchstaben b-g sowie eine Preisüberwachung (Abs. 3) vorgesehen.

Was die weiteren in Absatz l aufgeführten Massnahmen anbelangt, bietet das Gesetz lediglich eine Grundlage, die von Fall zu Fall und je nach Lage der Ausführung bedarf. Diese besteht dann in,der gezielten, unter Umständen auch vorsorglich vorgenommenen Lenkung eines bestimmten Bereichs der Marktwirtschaft. Es ist aber davon auszugehen, dass im Rahmen der Marktwirtschaft staatliche Eingriffe sowohl sachlich als auch zeitlich auf ein Minimum beschränkt bleiben sollen. Dementsprechend ist der subsidiäre Charakter der Massnahmen deutlich hervorgehoben und durch die Formel «wenn nötig» noch betont. Ferner ist deren Aufzählung abschliessehd, was zwar für die Praxis nachteilig sein kann, aber aus Gründen der Rechtssicherheit und im Hinblick auf die klare Abgrenzung des .Anwendungsbereichs gegenüber der unternehmerischen Freiheit in der Wirtschaft erforderlich ist. Was die Geltungsdauer der Massnahmen nach Absatz l anbelangt, so wird ausdrücklich erklärt, dass diese nur so lange in Kraft bleiben dürfen, als es die Mangellagen erfordern. l Bei der Beurteilung des Massnahmenkatalogs (Abs. 1-3) ist zu berücksichtigen, dass plötzliche und folgenschwere Mangellagen bei lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen heute und auf absehbare Zeit einen der wahrscheinlichsten und in diesem Sinne ernstzunehmenden Bedrohungsfälle darstellen. Dieser Bedrohung zu begegnen erfordert ein ausreichendes Instrumentarium.

Artikel 29 Eigene Massnahmen des Bundes Nach dieser Bestimmung kann der Bundesrat Rechtsgeschäfte für Rechnung des Bundes abschliessen, soweit die Versorgung nicht mit anderen Mitteln sichergestellt
werden kann. Damit wird der Bund nicht etwa einer Privatunternehmung gleichgestellt. Im Interesse der Landesversorgung könnte es aber unter Umständen nützlich sein, dass z.B. der Bund selbst gewisse Wareneinkäufe tätigt. Er könnte auch Belieferungsverträge mit ausländischen Unternehmen abschliessen, wobei er sich vom Staat, dem das Unternehmen angehört, die völkerrechtliche Garantie geben Hesse, dass dieser Staat die vertragsgemässe Belieferung der Schweiz unter allen Umständen gestattet. Selbstverständlich hat diese Bestimmung rein subsidiären Charakter.

4. Titel : Venvaltungsmassnahmen und Konventionalstrafen

Die allgemeinen Bestimmungen dieses Titels (Art. 30 und 31) regeln den Verfall, die Rückforderung und die Abschöpfung zu Unrecht erlangter Vorteile, Bei439

träge usw. Materiell sind diese Bestimmungen weitgehend vom KVG übernommen worden. Sie sind für die Verwirklichung der Rechtsgleichheit, welcher im Landesversorgungsrecht ein hoher Stellenwert zukommt, unabdingbare Voraussetzung. Ohne diese Bestimmungen wäre eine Rückforderung oder Abschöpfung nur bei strafbaren Handlungen nach Artikel 58 ff. des Strafgesetzbuches möglich. Die strafrechtliche Verfolgung bleibt nach Artikel 36 aber in jedem Fall vorbehalten.

Was die Durchsetzung einer Anordnung oder Verfügung einer Massnahme nach diesem Gesetz im Einzelfall betrifft, sei hier auf die Zwangsmittel nach Artikel 39ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes (SR 172.021) verwiesen.

Artikel 30 und 31 Entzug, Rückforderung und Verfall von Beiträgen und Vorteilen Sind natürlichen oder juristischen Personen oder Personengesellschaften aufgrund dieses Gesetzes oder der Ausführungserlasse Vorteile gewährt worden; weil die Behörden über die Voraussetzungen getäuscht wurden, so können solche Vergünstigungen nach Artikel 30 entzogen werden. Hier handelt es sich um Vorteile, die nicht einen unmittelbaren Vermögensvorteil darstellen.

Im Gegensatz dazu sind vermögensrechtliche Leistungen des Bundes, die er erbracht hat, ohne dass der Empfänger die gesetzlichen oder vertraglichen Bedingungen erfüllte, nach Artikel 31 Absatz l zurückzufordern. Diese Bestimmung lehnt sich an Artikel 62 ff. OR (ungerechtfertigte Bereicherung) an und gilt auch für die nachträgliche Zweckentfremdung.

Im Fall von Artikel 31 Absatz l braucht kein deliktisches Handeln des Empfängers vorzuliegen; für den Verfall von Waren und Vermögensvorteilen (Abs. 2) dagegen ist es Voraussetzung, und zwar müssen das Gesetz selbst, ein Ausführungserlass oder darauf abgestützte Verfügungen und Verträge verletzt sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Rechtsverletzer den Vorteil selbst erlangt hat oder ob dieser einem Dritten zugute gekommen ist. Der Vorteil ist bei demjenigen abzuschöpfen, der ihn ohne Recht geniesst. Damit jedoch der Empfänger solcher Vermögensvorteile, insbesondere von Waren, diese nicht einfach verbrauchen kann, so dass im Zeitpunkt der Konfiskation der Vorteil nicht mehr bestände, muss dem Bund in Zukunft eine entsprechende Ersatzforderung gegen den Bevorteilten zustehen (Abs. 3).

Werden Dritte durch die Rechtsverletzung geschädigt,
so haben diese einen Anspruch auf den verfallenen Gegenstand oder Vorteil im Umfange des erlittenen Schadens (Abs. 4).

Artikel 32 Besondere Verwaltungsmassnahmen Die besonderen Verwaltungsmassnahmen werden vor allem beim Erlassen von Massnahmen nach den Artikeln 23-25 sowie 28 Bedeutung erlangen, da die Durchsetzung von Bewirtschaftungsvorschriften ohne Zwangsmittel schlechterdings undenkbar ist. Doch sind Fälle möglich, bei denen auch Vorbereitungsmassnahmen nur mit Verwaltungszwang zu erreichen sind. Dabei versteht sich von selbst, dass bei der Anwendung solcher Massnahmen Zurückhaltung geübt werden muss, und dass das Prinzip der Verhältnismässigkeit stets zu wahren ist.

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Die administrativen Maßnahmen sind im Gesetz abschliessend aufgezählt und beschränken sich auf vorsorgliche Beschlagnahme, Entzug und Verweigerung von Bewilligungen, Abgabe- und Bezugsbeschränkungen sowie Zuteilungskürzungen. Keiner besonderen Erwähnung bedarf, dass auch die Vollstreckungsmassnahmen nach den Artikeln 39 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes jederzeit anwendbar sind.

Artikel 33 Konventionalstrafen Im Bereiche der Pflichtlagerverträge hat sich schon sehr früh eine ganz besondere Regelung entwickelt, die später: Eingang in die ordentliche Gesetzgebung gefunden hat (Art. 26 KVG). Obwohl Pflichtlagerverträge Unbestrittenermassen öffentlichrechtlichen Charakter haben, wurde anstelle von Bussenverfügungen die eindeutig im Zivilrecht beheimatete Konventionalstrafe (Art. 160 ff. OR) vorgesehen. Nachdem diese Regelung bereits derart tief verwurzelt ist und sich bisher bestens bewährt hat, rechtfertigt es sich trotz allfälliger systematischer Bedenken, die Lösung auch künftig beizubehalten.

Diese öffentlichrechtliche Konventionalstrafe kann bei Nichterfüllung oder ungenügender Vertragserfüllung verlangt werden, wobei sie als kumulative Strafe nicht von der Einhaltung des Vertrags entbindet. Wird die Konventionalstrafe bestritten, so hat das zuständige Organ des Bundes die Pflichtlagerkommission durch Klage anzurufen. Das Verfahren ist heute in der Verordnung vom 12. Juli 1957 über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge (Organisation und Verfahren der Schiedskommission für Pflichtlager) (SR 531.107) geregelt, welche nach Inkrafttreten des Gesetzes bloss noch formeller Anpassungen bedarf.

Artikel 34 Verfügung von Verwaltungsmassnahmen Der Entzug von Vorteilen nach Artikel 30, die Rückforderung und der Verfall unrechtmässig erlangter Beiträge und Vermögensvorteile nach Artikel 31 sowie sämtliche Massnahmen nach Artikel 32 sind durch das zuständige Organ des Bundes dem Betroffenen durch Verfügung zu eröffnen. Geschädigte Dritte (Art. 31 Abs. 4) können ihre allfälligen Ansprüche innerhalb eines Jahres nach Kenntnis, spätestens aber nach Ablauf von fünf Jahren geltend machen. Die zuständige Bundesstelle hat über ein solches Begehren ebenfalls mittels Verfügung zu entscheiden.

Gegen diese Verfügungen steht den Betroffenen die Verwaltungsbeschwerde an das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement
und gegen dessen Entscheid die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht offen (Art. 37 Est. b und c).

Artikel 35 und 36 Verjährung und Verhältnis zur Strafverfolgung Ansprüche des Bundes, welche auf der Rückforderung und dem Verfall unrechtmässig gewährter oder erlangter Waren und Vermögensvorteile (Art. 31) sowie auf Konventionalstrafen (Art. 33) beruhen, verjähren ein Jahr nach Bekanntwerden des Rechtsgrundes, spätestens aber nach fünf Jahren. Dieselben Fristen gelten für Forderungen von geschädigten Dritten nach Artikel 31 Absatz 4. Wird eine Verwaltungsmassnahme ergriffen und liegt gleichzeitig eine strafbare Handlung vor, so bleibt die Amtsklage durch die zuständige Amts441

stelle stets vorbehalten. Die Mitteilung der getroffenen Verwaltungsmassnahmen und der verhängten Konventionalstrafen an die Strafbehörden ist angezeigt, damit diese insbesondere bei der Festsetzung von Bussen im Rahmen ihres Ermessens auf die Auswirkungen der Verwaltungsmassnahmen und Konventionalstrafen Rücksicht nehmen können.

5. Titel: Rechtsschutz

Bezüglich des Rechtsschutzes sind vornehmlich die Bestimmungen der Bundesverwaltungsrechtspflege massgebend. Artikel 39 verweist deshalb ausdrücklich auf die anwendbaren Verfahrensgesetze des Bundes (BG über die Organisation der Bundesrechtspflege; BG über das Verwaltungsverfahren). Soweit eine kantonale Behörde entscheidet, hat sie sich auf kantonale Verfahrensnormen zu stützen, die sich jedoch an den Rahmen des eidgenössischen Rechts halten müssen. Die übrigen Bestimmungen der Artikel 37, 38 und 40 regeln die Zuständigkeiten der einzelnen Instanzen. Schliesslich ist hier noch darauf hinzuweisen, dass die verwaltungsrechtliche Klage, entsprechend dem mutmasslichen Ergebnis der Revision des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, auch nicht mehr ins LVG aufgenommen wird.

Artikel 37 Beschwerde gegen Verfügungen Entsprechend der Verwaltungshierarchie sind Beschwerden stets an die nächsthöhere Instanz zu richten. Dabei wurde dem Prinzip Rechnung getragen, wonach Verfügungen soweit möglich stets nur von einer Verwaltungsinstanz überprüft werden müssen, bevor sie ans Bundesgericht weitergezogen werden können. Dies hat unter anderem zur Folge, dass Beschwerdeentscheide des Bundesamtes für Landesversorgung betreffend Verfügungen von Milizämtern und beteiligten Organisationen der Wirtschaft nicht erst an das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, sondern gleich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht weiterzuziehen sind (Art. 98 Bst. c OG).

Es ist auch denkbar, dass ausnahmsweise ein beschwerdefähiger Entscheid auf dem Gebiete der Landesversorgung gemäss Zuständigkeitsordnung nicht auf dem Verwaltungsgerichtsweg angefochten werden kann. Für diesen Fall weist Artikel 37 Buchstabe d auf die Möglichkeit zur Beschwerde an den Bundesrat hin.

Artikel 38 Pflichtlagerkommission Streitigkeiten, welche im, Zusammenhang mit der Pflichtlagerhaltung zu beurteilen sind, erfordern meistens spezifische, technische und praktische Kenntnisse.

Das KVG führte deshalb seinerzeit die «Schiedskommission für Pflichtlager» ein (Art. 33 KVG); diese hat sich bewährt. Aus diesem Grund rechtfertigt es sich, diese Institution unter der etwas sachgerechteren Bezeichnung «Pflichtlagerkommission» beizubehalten. Obwohl sie ausserhalb der Bundesverwaltung steht, werden ihre Mitglieder, die verschiedenen
Wirtschaftsbereichen angehören, durch den Bundesrat gewählt. Dieser regelt durch Verordnung auch ihre Organisation und das Verfahren, soweit die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes einer Ergänzung bedürfen. Solche Ergänzungen haben vor al442

lem dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Gegenstand des Verwaltungsverfahrensgesetzes stets eine Verfügung ist, während die meisten Streitsachen, die der Pflichtlagerkommission zugewiesen sind, Auseinandersetzungen über Verträge, Statuten und Réglemente darstellen. Der Bundesrat wird in einer Verordnung die sachliche Zuständigkeit der Kommission noch genauer festlegen müssen.

, Artikel 40 Zivilgerichte In einem Zwangsvollstreckungsverfahren sind wie schon bisher sämtliche Klagen und Beschwerden nach Schuldbetreibungs- und Konkursrecht sowie Zivilrecht (Konkursaufschub), die sich aus dem Aussonderungs- oder Pfandrecht nach den Artikeln 13-15 des Entwurfes ergeben, beim zuständigen Zivilgericht einzureichen. Dadurch soll vermieden werden, dass in ein und demselben Vollstreckungsverfahren verschiedene Gerichte tätig werden. Werden die Sicherungsansprüche des Bundes an Pflichtlagern nach Artikel 12 durch Dritte oder den Pflichtlagerhalter unter Umgehung eines ordentlichen Zwangsvollstrekkungsverfahrens im Sinne von den Artikeln 13 und 14 verletzt, so hat das BWK durch Verfügung die notwendigen Massnahmen zu treffen. Damit wird dem mutmasslichen Ergebnis der Revision des Bundesgesetzes über die Organisation der, Bundesrechtspflege Rechnung getragen.

o.Titel: Strafbestimmungen Wie schon im bisherigen Recht wird man auch in Zukunft auf Strafbestimmungen im Bereiche der Landesversorgung nicht verzichten können. Im Gegensatz zu den Verwaltungsmassnahmen, die bloss eine Korrektur widerrechtlich herbeigeführter Zustände auf wirtschaftlichem Gebiet bezwecken, soll mit der Androhung eigentlicher Strafen in erster Linie eine Präventivwirkung erzielt werden; es soll klar gemacht werden, dass Widerhandlungen sich nicht lohnen. Wer trotzdem gegen die Vorschriften über die Landesversorgung verstösst, den soll die Strafe treffen und veranlassen, sich künftig rechtmässig zu verhalten. Das Strafrecht des LVG dient somit in erster Linie der General- und Spezialprävention, wobei es durch eine differenzierte Strafandrohung der jeweiligen wirtschaftlichen Gefährdung des Landes Rechnung trägt. Die Artikel 46 und 47 gelangen nur zur Anwendung, wenn der Bundesrat Bewirtschaftungsvorschriften erlassen hat. Solche Blankobestimmungen sind dem schweizerischen Strafrecht keineswegs fremd; es kann auf die Artikel 90 SVG und 292
StGB verwiesen werden.

Der Bundesrat wird in jedem einzelnen Bewirtschaftungserlass auf die Artikel 46 und 47 hinweisen müssen.

Demgegenüber werden Widerhandlungen nach den Artikeln 41^-5 bereits heute, in Zeiten relativen Friedens und ungestörter Zufuhren, geahndet. Im Vordergrund stehen Verstösse gegen die Vorratshaltung (Art. 41); als Delikte gelten aber auch Verhaltensweisen, durch welche vorgesehene Massnahmen gefährdet werden könnten, wie z. B. durch die Verletzung der Auskunfts- und Geheimhaltungspflicht (Art. 42 und 43) sowie durch Gerüchtemacherei (Art. 45).

Schliesslich werden, nach dem Entwurf gemeinrechtliche Delikte wie Leistungsund Abgabebetrug (Art. 44) als strafbar erklärt.

443

Artikel 41 Verletzung der Vorratshaltungspflicht Artikel 41 stellt einmal denjenigen unter Strafe, welcher vorsätzlich der vom Bundesrat angeordneten Vorratshaltungspflicht für Betriebe trotz Mahnung nicht nachkommt, dann aber auch den Lagerhalter, der ein sogenanntes «finanziertes» Pflichtlager mengenmässig verringert oder nicht durch handelsübliche Ware ersetzt (vgl. BGE 104 III 115 ff.). Ist ein Pflichtlager ohne die Garantie des Bundes finanziert worden, so sind Verstösse nach Absatz 4 bloss als Übertretungen zu ahnden.

Artikel 42 und 43 Verletzung der Auskunfts- und Geheimhaltungspflicht Die Verletzung der allgemeinen Auskunftspflicht nach Artikel 56 Absatz l stellt lediglich eine Übertretung dar. Diese Strafbestimmung wird nur angewendet, wenn der Fehlbare zur Auskunftspflicht aufgefordert und auf die Straffolgen von Artikel 42 hingewiesen worden ist oder wenn eine vertragliche Auskunftspflicht besteht. Nach Artikel 56 Absatz 2 besteht ausserdem die Möglichkeit, sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht zu berufen, wie nach Artikel 79 des Bundesstrafprozesses (SR 312.0). Strenger bestraft wird, nämlich mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Busse, wer aufgrund eines öffentlichrechtlichen Vertrags schriftliche Berichte zu erstatten hat, darin jedoch vorsätzlich unwahre oder unvollständige Angaben macht. Solche Falschbeurkundungen unter Strafe zu stellen erscheint von der Sache her geboten. Nach geltendem Recht unterstehen Beamte und im Auftrage des Staates handelnde Personen, wie etwa die privaten Pflichtlagerkontrolleure, hinsichtlich der Falschbeurkundung der sehr strengen Bestimmung von Artikel 317 StGB. Eine Person, die in keinem solchen Verhältnis zur Verwaltung steht, die aber kraft eines Vertrages zur schriftlichen Auskunft verpflichtet ist, würde ohne den Artikel 42, wenn sie weder eine Vorteils- noch eine Schädigungsabsicht verfolgt, straflos ausgehen; die Verletzung der Auskunftspflicht wäre allenfalls eine blosse schriftliche Lüge. Durch Artikel 42 soll nun insbesondere gewährleistet werden, dass die Erfassung wirtschaftlicher Daten im Hinblick auf eine Bewirtschaftung, die unverzüglich in Gang gesetzt werden müsste, nicht gefährdet wird.

Der Geheimhaltungspflicht unterstehen nach Artikel 57 auch alle Personen, die im Dienste der Landesversorgung stehen, sei es als Milizorgan oder
als Angehöriger einer Wirtschaftsorganisation. Dies hat zur Folge, dass das durch Artikel 320 StGB geschützte Amtsgeheimnis auch für diese Personen gilt (Art. 43 Abs. 1). Werden durch die Verletzung der Geheimhaltungspflicht weitere Straftatbestände des Strafgesetzbuches oder des Militärstrafgesetzes erfüllt, bleibt die Anwendung dieser Tatbestände in jedem Fall vorbehalten (Abs. 2). In Betracht fallen vor allem Tatbestände des verbotenen Nachrichtendienstes.

Artikel 44 Leistungs- und Abgabebetrug Durch die Einführung des Verwaltungsstrafrechts konnte die früher immer wieder kritisierte Uneinheitlichkeit bei den betrugsähnlichen Tatbeständen in den einzelnen Sondergesetzen endlich beseitigt werden (vgl. die Botschaft des Bundesrates zum Verwaltungsstrafrecht; BB1 19711 998 ff.). Es drängt sich nun auf, die so herbeigeführte Vereinheitlichung, die sich inzwischen bewährt hat, künf444

tig auch für das LVG gelten zu lassen, weshalb man sich in Artikel 44 mit einem Verweis auf die Artikel 14-16 VStrR begnügen kann.

Angesichts der Bedeutung, die der Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen im Hinblick auf einen Krisen- oder Kriegsfall zukommt, ist es gerechtfertigt, die Strafandrohungen im Unterschied zu denjenigen des Verwaltungsstrafrechts generell auf fünf Jahre Gefängnis und Busse bis zu 100 000 Franken festzusetzen.

Artikel 45 Gerüchtemacherei In der Vernehmlassung wurde vereinzelt die Notwendigkeit und die Durchsetzbarkeit einer Bestimmung über die Gerüchtemacherei bezweifelt. Die zahlreichen Strafentscheide aus der Bewirtschaftungsperiode während des Zweiten Weltkriegs zeigen jedoch, dass ein solcher Straftatbestand einem doppelten Rechtsgüterschutzbedürfnis entspricht. Er soll einmal verhindern, dass durch die Verbreitung von Gerüchten eine Hamsterwelle ausgelöst wird, die die gleichmässige Versorgung gefährden und die Preise in die Höhe treiben könnte.

Ausserdem soll insbesondere auch dem Gerüchtemacher, der sich oder einem ändern auf unlautere Weise einen Vorteil verschafft, ein Riegel geschoben werden. Diese Bestimmung dient somit der Sicherung der sozialen Gerechtigkeit.

Strafbar macht sich nach Artikel 45, wer unwahre oder entstellende Behauptungen über geltende oder bevorstehende Massnahmen, die die Landesversorgung betreffen, verbreitet. Dadurch wird sowohl derjenige bestraft, der bewusst etwas Falsches über bestehende oder künftige Massnahmen verbreitet, wie auch derjenige, der fälschlich behauptet, bestimmte Massnahmen seien oder würden in absehbarer Zeit ergriffen. Ist mit einem solchen Vorgehen eine Vorteilsabsicht verbunden, so ist der qualifizierte Tatbestand (Abs. 2) erfüllt, und die Strafe ist Gefängnis oder Busse statt Haft oder Busse. Unerheblich ist, wie solche Gerüchte verbreitet werden.

Artikel 46 Übertretungen bei Massnahmen zur Behebung von Mangellagen Werden zur Vermeidung oder Behebung schwerer Mangellagen Massnahmen nach den Artikeln 27 und 28 ergriffen, so sind Widerhandlungen gegen diese Massnahmen als Übertretungen zu verfolgen. In Abweichung der allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches sind wegen der besonderen Präventivwirkung nicht nur Versuch und Gehilfenschaft (Abs. 3), sondern auch die fahrlässige Begehung strafbar (Abs. 4), die geringfügigen Vertragsverletzungen bleiben allerdings straflos. Bei den hier in Frage stehenden Delikten, die z. B. in Geschäftsbetrieben verübt werden, handelt es sich oftmals um recht komplizierte Sachverhalte, die umfangreiche Untersuchungen notwendig machen. Für ; die Aufklärung solcher Fälle, die in Krisenzeiten zahlenmässig stark zunehmen, genügt die einjährige Verfolgungsfrist, welche höchstens auf zwei Jahre erstreckt werden kann (Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 StGB), fast regelmässig nicht, was kriminalpolitisch äusserst bedenklich werden könnte. Es drängt sich deshalb auf, in allen diesen Fällen für die Verfolgung und die ausgefällten Strafen die fünfjährige Frist vorzusehen.

445

Artikel 47 Vergehen gegen Massnahmen bei zunehmender Bedrohung In Zeiten zunehmender Bedrohung dürfte das Angebot zahlreicher Güter und Dienstleistungen sehr schnell knapp werden. Die Erfahrung zeigt, dass sich mit zunehmender Einschränkung der Versorgung die Verletzungen von Bewirtschaftungsvorschriften in ausserordentlichem Masse häufen, und dies in einem Zeitpunkt, in dem die angespannte nationale Wirtschaftslage deliktische Handlungen kaum erträgt. Hier wird der Generalprävention grosse Bedeutung zukommen. Es rechtfertigt sich deshalb, Delikte gegen Vorschriften nach den Artikeln 23-25 als Vergehen zu ahnden, den Bussenrahmen auf 100 000 Franken festzusetzen und die fahrlässige Begehung mit Haft oder Busse bis zu 50 000 Franken zu bestrafen.

Die relativ hohen Ansätze für Bussen sind ausser durch die besondere Generalprävention vor allem durch die Tatsache gerechtfertigt, dass es sich hier sehr oft um Taten mit Deliktsummen von mehreren Millionen Franken handelt.

Artikel 49 Strafverfolgung Die Verfolgung und Beurteilung soll wie schon bisher den Kantonen obliegen.

Nach dem neuen Verwaltungsstrafrecht (SR 313.0) könnte damit zwar das Bundesamt für Landesversorgung betraut werden. Auf diese Lösung wurde jedoch aus folgenden Gründen verzichtet: Die Verfolgung der Widerhandlungen durch das Bundesamt setzt einen Verwaltungsapparat voraus, der heute nicht besteht. Somit müssten bei Übernahme des Verwaltungsstrafrechts zusätzliche Beamte verpflichtet und ausgebildet werden. In normalen Zeiten ist aber die Zahl der Widerhandlungen erfahrungsgemäss sehr gering, wogegen sie nach Anordnung von Bewirtschaftungsmassnahmen bedeutend höher sein wird. Das Bundesamt würde also über Mitarbeiter verfügen, die heutzutage eindeutig unterbeschäftigt, in Krisensituationen der zusätzlichen Arbeitslast jedoch kaum gewachsen wären. Für solche ausserordentlichen Situationen war schon bisher eine eigene kriegswirtschaftliche Strafjustiz auf der Grundlage des Milizsystems vorgesehen. Die dafür vorbereiteten Rechtserlasse, welche aus der Nachkriegszeit stammen, werden gegenwärtig durch eine Expertenkommission einer Revision unterzogen.

Damit im Hinblick auf die vorgesehene kantonale Gerichtsbarkeit trotzdem eine einheitliche Rechtsprechung gewährleistet bleibt, wird dem Bundesamt nach Absatz 2 das Recht auf Erhebung
einer Amtsklage eingeräumt, und es sind ihm nach Absatz 3 sämtliche Urteile, Strafentscheide und Einstellungsbeschlüsse unverzüglich zuzustellen. Es rechtfertigt sich, diese Lösung, die vom geltenden Recht abweicht, einzuführen. Das Bundesamt ist nämlich besser in der Lage, einen Entscheid auf diesem spezifischen Gebiet materiell zu prüfen als die Bundesanwaltschaft. Hingegen rechtfertigt es sich ebenso, dass die Bundesanwaltschaft aufgrund einer allfälligen Instruktion des Bundesamtes weiterhin selber ein Rechtsmittel ergreifen kann.

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7. Titel: Durchführungsbestimmungen

Artikel 51 Grundsatz' Die Ausführungsyorschriften sollen grundsätzlich durch den Bundesrat erlassen werden. Neben der ohnehin zulässigen Delegation an das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement kann der Bundesrat nur bei zunehmender Bedrohung (Art. 23-25) den Delegierten für Landesversorgung und die Milizämter sowie Bundesstellen nach Artikel 52 Absatz 5 ermächtigen, allgemeinverpflichtende Vorschriften zu erlassen. Soweit Bundesstellen in Ausführung dieses Gesetzes legiferieren, unterstehen sie der Organisation der Landesversorgung. In solchen Situationen lässt sich eine derartige Subdelegation der Rechtssetzungsbefugnisse nicht mehr vermeiden, weil bei zunehmender Bedrohung riaturgemäss derart dringliche Umstände eintreten können, dass ein möglichst rasches Handeln unerlässlich wird. Auch sollen die Massnahmen innert kürzester Frist angepasst oder aufgehoben werden können.

Es darf als unbestritten gelten, dass der Vollzug des Gesetzes nur in Zusammenarbeit mit den Kantonen und der Wirtschaft sichergestellt werden kann.

Absatz 3 sieht die Schaffung einer beratenden Kommission vor. Eine solche Kommission kann durchaus gute Dienste leisten. Sie wird es unter anderem auch jenen Kreisen (Arbeitnehmer, Konsumenten usw.), die nicht oder nur wenig im Milizsystem vertreten sind, erlauben, sich zu grundsätzlichen Fragen der Landesversorgung zu äussern. Die Kommission wird unter der Leitung des Delegierten für Landesversorgung stehen. Eine Vertretung der Wirtschaftskreise ist ebenfalls vorgesehen; in diesem Zusammenhang ist indessen daran zu erinnern, dass bereits dem Milizsystem zum weit überwiegenden Teil Fachleute der Wirt!

schaft angehören.

Es empfiehlt sich, dass Kantone und Organisationen nicht nur vor dem Erlass der Gesetze (Art. 32 BV), sondern auch vor dem Erlass der Ausführungsbestimmungen angehört werden (Abs. 4). Dies gilt vor allem auch, wenn Massnahmen gegen Mangellagen anzuordnen sind, können doch die Behörden wohl nur von der Wirtschaft erfahren, dass diese einer solchen Situation nicht selber begegnen kann (Art. 26 Abs. l des Gesetzes).

Normalerweise berichtet der Bundesrat über die von ihm getroffenen Massnahmen und die von ihm erlassenen Durchführungsbestimmungen der Bundesversammlung im jährlichen Geschäftsbericht. Zudem kann jedes Mitglied der Bundesversammlung durch eine
Interpellation oder Einfache Anfrage Auskünfte über einzelne Massnahmen verlangen. Doch ist der Bundesrat in seiner Geschäftsführung grundsätzlich.autonom. Ohne besondere gesetzliche Grundlage kann die Bundesversammlung nicht verlangen, dass der Bundesrat und die ihm untergeordneten Verwaltungseinheiten gestützt auf eine Delegationsnorm erlassenes Verordnungsrecht aufheben, ändern oder ergänzen. Deshalb wird1 in Absatz 5 eine solche parlamentarische Kompetenz vorgesehen, allerdings nur soweit, als besonders; weitgehende Ermächtigungen, wie sie in den Artikeln 23-25 und 28-29 des Entwurfes verankert sind, in Frage stehen. Damit wird die demokratische Legitimation des auf zwangsläufig weiten Delegationsnormen beru; henden Verordnungsrechts verbessert.

447

Artikel 52 Organe des Bundes Dieser Artikel beschreibt die Organisation der wirtschaftlichen Landesversorgung auf Bundesstufe. Aus grundsätzlichen Überlegungen sowie gestützt auf die gemachten Erfahrungen und die eindeutigen Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens wird die Institution des Delegierten beibehalten. Ein Delegierter stellt, als Verbindungsmann zwischen Behörden und Wirtschaft, seine Beziehungen und Erfahrungen in den Dienst der Landesversorgung. Für das Amt kommt also eine Persönlichkeit aus der Wirtschaft mit umfassenden Erfahrungen in Frage. Nach wie vor leitet der Delegierte die entsprechende Bundesstelle (nunmehr das Bundesamt für Landesversorgung) und ist für die gesamten Vorbereitungsmassnahmen verantwortlich. Diesbezüglich sind ihm somit auch die Milizämter unterstellt. Der Delegierte sowie die Leiter der Milizämter und ihrer Sektionen, soweit diese nicht Bundesbeamte sind, werden jedoch unter der Bedingung ernannt, dass sie sich auch in schweren Krisen oder in Kriegszeiten zur Verfügung stellen. Dies ist eine wichtige Eigenschaft des Milizsystems.

Es ist zwar darauf hinzuweisen, dass in der Botschaft zum Verwaltungsorganisationsgesetz (VwOG) die Überführung der bisher vom Delegierten und. einem Dienst wahrgenommen Aufgaben in ein Bundesamt mit einem Direktor vorgesehen ist (BB1 7975 I 1508). Am gleichen Ort wird präzisiert, dass die Reorganisation des Dienstes für wirtschaftliche Kriegsvorsorge in Zusammenhang mit der Änderung des entsprechenden Bundesgesetzes erfolgen soll. Nun weicht aber die hier vorgeschlagene Regelung von diesen Grundsätzen ab.

Dies lässt sich indessen ohne weiteres rechtfertigen, und zwar sowohl in sachlicher als auch in rechtlicher Hinsicht. Einmal haben sich die im Vernehmlassungsverfahren beteiligten Kreise praktisch einstimmig für die Beibehaltung des Milizsystems und der Institution des Delegierten ausgesprochen. Dabei handelt sich hier um eine Organisationsform, die weit über die Grenzen der allgemeinen Bundesverwaltung hinausreicht (Milizämter) und dementsprechend besonders geregelt werden muss. Dazu kommt, dass beim VwOG bewusst darauf verzichtet wurde, die Kantone und Wirtschaftsorganisationen zu begrüssen, mit der Begründung, dass die Reorganisation der Bundesverwaltung weder ihre Rechte noch Pflichten berührte (BB1 7975 I 1461). Es gilt
indessen zu betonen, dass im Gegensatz dazu die Reorganisation der Landesversorgung die Kantone und Wirtschaftsorganisationen sehr direkt berührt. Die ihnen gebotene Gelegenheit zur Meinungsäusserung haben sie, wie bereits dargestellt, auf eindeutige und unmissverständliche Weise wahrgenommen.

Im übrigen stellt die Botschaft zum VwOG nicht in Abrede, dass die Organisationsformen, die sie empfiehlt, sich unter Umständen als unzweckmässig erweisen können und dass der Gesetzgeber «Macht und Kompetenz hat, gegebenenfalls andere Lösungen vorzusehen» (BB1 79751 1538).

Die in den Absätzen 2 und 3 erwähnten Milizämter bestehen bereits heute im Rahmen der kriegswirtschaftlichen Organisation. Ihre Zusammensetzung und Kompetenzen werden aber neu überprüft und den heutigen Anforderungen angepasst. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass die Schaffung weiterer Milizämter notwendig werden könnte (Abs. 4). Die Beibehaltung des sogenannten Milizsystems bleibt weiterhin vorgesehen: Geeignete Fachleute aus der Wirtschaft und.

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der öffentlichen Verwaltung übernehmen freiwillig Funktionen im Interesse der Landesversorguhg. Diese Fachleute bereiten in normalen Zeiten nebenamtlich die unerlässlichen Massnahmen vor, damit diese bei Bedarf unverzüglich angeordnet werden können. Erfahrungsgemäss sind sie am besten in der Lage, die Verhältnisse in den einzelnen Wirtschaftssektoren und Regionen zu überblicken.

Im übrigen hat sich dieses Zusammenspiel zwischen Verwaltung und Wirtschaft bestens bewährt. Da diese Fachleute weitgehend durch ihre Haupttätigkeit beansprucht sind, gibt es bereits heute für die wichtigsten Ämter ständige Geschäftsstellen beim Delegierten für wirtschaftliche Kriegsvorsorge. Nebst der Unterstützung der Milizfunktionäre kommt diesen Geschäftsstellen die Aufgabe zu, die Tätigkeit der einzelnen Ämter zu koordinieren. Die zusätzlichen Aufgaben, die sich aus dem neuen Gesetz für die Ämter ergeben, lassen eine ständige, gut eingespielte Organisation auf Verwaltungsebene immer notwendiger erscheinen.

Nach Absatz 5 kann der Bundesrat den bestehenden Bundesstellen Aufgaben im Rahmen des Gesetzes übertragen. Bereits heute sind bestehende Bundesstellen in die Organisation einbezogen (Bundesamt für Aussenwirtschaft, Preiskontrollstelle usw.). Es empfiehlt sich, auf eine abschliessende Aufzählung zu verzichten, da je nach Lage und Aufgaben die Mitwirkung verschiedener Bundesstellen notwendig werden könnte.

Die Einzelheiten der Organisation (interne Gliederung des Bundesamtes, Zuständigkeit und Zusammensetzung der einzelnen Ämter usw.) sind nach Absatz 6 dem Bundesrat überlassen.

Artikel 53 Kantone Beim Vollzug des Gesetzes spielen die Kantone eine wesentliche Rolle. Jede Massnahme im Rahmen des Entwurfs kann nur wirksam werden, wenn ihr Vollzug auf jeder Stufe gewährleistet ist. Dementsprechend sind die Kantone zu verpflichten, die erforderlichen Vorschriften in organisatorischer und personeller Hinsicht zu erlassen; es steht ihnen frei, ihre Gemeinden heranzuziehen. Soweit diese zur Mitwirkung herangezogen werden, unterstehen sie der Aufsicht der Kantone.

Diese müssen jederzeit in der Lage sein, die ihnen übertragenen Aufgaben kurzfristig zu übernehmen. In normalen Zeiten werden indessen diese Aufgaben meistens von nebenamtlichen kantonalen Beamten bewältigt. Aus naheliegenden Gründen ist in der Regel die Schaffung
eines ständigen vollamtlichen Beamtenapparates nicht zumutbar. Die Kantone haben aber in Zusammenarbeit mit den zuständigen Organen des Bundes dafür besorgt zu sein, dass die kantonalen und allenfalls kommunalen Kaderleute laufend ausgebildet und beübt werden. Die Einzelheiten werden in Vollzugserlassen geregelt (vgl. auch Ziff. 42: Auswirkungen für die Kantone und Gemeinden).

Im Vernehmlassungsverfahren haben einzelne Kantone am Entwurf bemängelt, dass die Umschreibung der übertragenen Aufgaben ungenügend sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Aufgaben grundsätzlich aus dem materiellen Teil des Entwurfs hervorgehen und dass sie erst in den Ausführungsvorschriften (sachlicher oder organisatorischer Art) näher umschrieben werden können. Fer449

ner gilt es zu bemerken, dass die betreffenden Vorschriften (wie z. B. Bewirtschaftungssysteme, Pflichtenhefte usw.) bereits heute weitgehend vorbereitet sind; die Kantone werden darüber laufend orientiert und wirken auch oft entscheidend bei der Vorbereitung mit.

Wenn der Bundesgesetzgeber gewisse Vollzugsaufgaben den Kantonen überträgt, untersteht in der Regel der Kanton als solcher der Oberaufsicht des Bundesrates. Dementsprechend wird dem Bundesrat in den Absätzen 2 und 3 die Kompetenz eingeräumt, sowohl bei der Rechtsetzung als auch beim reinen Vollzug anstelle eines säumigen Kantons zu handeln. Diese weitgehende Befugnis drängt sich deshalb auf, weil naturgemäss eine möglichst einheitliche und wirksame Durchführung dieses Gesetzes unerlässlich ist. Dabei kann aber von einer Bevormundung der Kantone keine Rede sein. Im übrigen sind derartige Vorschriften ohnehin auch in der übrigen Bundesgesetzgebung zu finden (vgl. z. B.

Art. 3 Abs. 3 des Gewässerschutzgesetzes [SR 814.20}; Art. 118 Abs. 4 des Landwirtschaftsgesetzes [SR 910.1]).

Artikel 54 Organisationen der Wirtschaft Es ist eine bewährte Besonderheit des Systems unserer Landesversorgung, dass Organisationen der Wirtschaft dazu beigezogen werden. Bereits heute leisten diese Organisationen wertvolle Dienste, vor allem auf dem Gebiet der Pflichtlagerhaltung. Die öffentliche Natur der anvertrauten Aufgabe erfordert eine entsprechende staatliche Kontrolle. Bei allen Personen, die dauernd oder vorübergehend für den Bund amtliche Funktionen ausüben, richtet sich die strafrechtliche und vermögensrechtliche Verantwortlichkeit nach dem Bundesgesetz vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz; SR 170.32). Dies gilt im Rahmen der übertragenen Aufgaben sowohl für die nebenamtlichen Milizfunktionäre (Art. 52 Abs. 2-4) als auch für die Angehörigen der herangezogenen Organisationen der Wirtschaft.

Artikel 55 Statistische Erhebungen Der Bundesrat muss sich laufend oder von Fall zu Fall die notwendigen Informationen beschaffen können, damit er die Massnahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung jederzeit der Entwicklung anpassen kann. Von dieser Befugnis ist aber nur zurückhaltend Gebrauch zu machen, damit solche Erhebungen kein unnötiges Ausmass annehmen. Deshalb sollen
aufgrund dieses Artikels nur Erhebungen durchgeführt werden, die unmittelbar und eindeutig zur Durchführung des Gesetzes erforderlich sind.

Artikel 56 Auskunftspflicht Die Auskunftspflicht nach Absatz l ist durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt. Sie besteht ebenfalls gegenüber den zur Mitwirkung herangezogenen Organisationen der Wirtschaft, im Rahmen der ihnen übertragenen öffentlichen Aufgaben.

Nach Artikel 10 der Verordnung vom 10. Januar 1972 über die Statistik des Aussenhandels (SR 632.14) unterliegen Zolldeklarationen der Geheimhaltungspflicht. Der Ein- und Ausfuhr kommt indessen im Rahmen der Landesversor450

gung eine wesentliche Bedeutung zu. Es sei vor allem an Artikel 8 des Entwurfs (Einfuhrbewilligungspflicht zur Sicherstellung der Pflichtlagerhaltung) erinnert.

Das Bundesamt für Landesversorgung muss in der Lage sein, die Einhaltung der Lagerpflicht und der den Importeuren auferlegten Bedingungen und Auflagen zu kontrollieren. Unter Umständen ist dies nur anhand der Zolldeklarationen möglich. Damit die Geheimhaltung weitmöglichst gewahrt bleibt, ist ausschliesslich das Bundesamt befugt, diese Deklarationen einzusehen (Abs. 3). Die Beamten des Bundesamtes sind ihrerseits zur Geheimhaltung verpflichtet.

Artikel 57 Geheimhaltungspflicht Die Geheimhaltungspflicht ist ebenfalls durch die zu wahrenden öffentlichen Interessen begründet^ zudem aber auch durch Interessen Privater (etwa von Pflichtlagerhaltern). Eine Verletzung dieser Bestimmung wird nach Artikel 320 des Strafgesetzbuches bestraft (vgl. Art. 43). Für Schäden, die durch eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht entstehen, haftet überdies der Bund aufgrund von Artikel 19 des Verantwortlichkeitsgesetzes (SR 170.32).

8. Titel: Schlussbestimmungen Artikel 58 Änderung bisherigen Rechts Absatz l stellt materiell eine Ergänzung der geltenden Zollrechtsvorschriften dar. Damit soll eine heute schon geübte Praxis sanktioniert werden. Hingegen wird die hier gebotene Möglichkeit nicht mehr wie bisher auf flüssige Treibstoffe beschränkt, sondern generell auf alle Treibstoffarten ausgedehnt. Es ist nicht auszuschliessen, dass z. B. auch die Lagerung gasförmiger Treibstoffe einmal einbezogen wird.

, Die Notwendigkeit der Umbennung des zuständigen Bundesamtes (Abs. 2) ergibt sich aus der Erweiterung des Geltungsbereiches des Gesetzes gegenüber dem des KVG.

Artikel 59 Aufhebung bisherigen Rechts Das neue Landesversorgungsgesetz tritt an .die Stelle des Bundesgesetzes vom 30. September 1955 über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge. Über die Einzelheiten der Ablösung ist auf den Kommentar zu Artikel 61 zu verweisen.

Artikel 60 Schutz von Vermögenswerten Beim Schutz von Vermögenswerten (Art. 16 KVG) geht es nicht um die Sicherstellung der Landesversorgung. Eine Regelung auf diesem Gebiet bleibt aber nach wie vor unerlässlich. Zur Vermeidung von Lücken sollen die zwei geltenden Bundesratsbeschlüsse (BRB vom 12. April 1957 betreffend vorsorgliche Schutzmassnahmen für juristische Personen, Personengesellschaften und Einzelfirmen [SR 531.541; BRB vom 12. April 1957 über den Schutz von Wertpapieren und ähnlichen Urkunden durch vorsorgliche Massnahmen [SR 531.55]) bis zum Inkrafttreten einer besonderen Gesetzgebung in Kraft bleiben. Auf diese Weise ist ein reibungsloser Übergang gewährleistet:

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Artikel 61 Referendum und Inkrafttreten Der Entwurf enthält Bestimmungen - zur wirtschaftlichen Landesverteidigung, sowohl für den Fall machtpolitischer äusserer Bedrohung ohne Anwendung von Waffengewalt als auch für den Kriegsfall, - zur Sicherstellung der Versorgung bei schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selber begegnen kann, und sieht dabei Massnahmen vor, die in die Wirtschaftsfreiheit eingreifen.

Mit den Vorschriften und Massnahmen der zweiten Gruppe wird Neuland betreten ; die Massnahmen der ersten Gruppe hingegen halten sich weitgehend an das geltende Recht, wobei neu der Fall der machtpolitischen, nichtkriegerischen Bedrohung einbezogen wird. In beiden Fällen wird die Inkraftsetzung der Neuordnung mit einem beträchtlichen Arbeitsaufwand verbunden sein (Erlass bzw.

Revision von Verordnungen, Abschluss bzw. Überprüfung oder Kündigung von Verträgen usw.). Um sinnvolle Prioritäten setzen zu können und einen möglichst reibungslosen Übergang zu gewährleisten, ist vorgesehen - das neue Landesversorgungsgesetz zeitlich gestaffelt in Kraft zu setzen, - parallel dazu das geltende Gesetz ebenfalls zeitlich gestaffelt aufzuheben (Art. 59).

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

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Auswirkungen für den Bund

Es gilt zu bemerken, dass die wirtschaftliche Landesverteidigung keine neue Aufgabe darstellt. Die Massnahmen, die im Falle von Mangellagen zu treffen wären, sind gleicher Art wie die, welche schon das Gesetz von 1955 vorsieht.

Das heisst also, dass unter normalen Umständen die finanzielle Belastung auf dem bisherigen Stand bleiben sollte. In diesem Zusammenhang sei auf die beträchtlichen Einsparungen hinzuweisen, die durch das Milizsystem, d. h. durch die wertvolle und ständige Mitarbeit namhafter Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, erzielt werden.

Im weiteren ist zu erwähnen, dass der Vorbereitung von Massnahmen bei zunehmender Bedrohung (vor allem Art. 23) eine vorrangige Bedeutung zukommt.

Bewirtschaftungssysteme sowie Massnahmen zur Sicherstellung der einheimischen Produktion lebenswichtiger Güter haben nur Aussicht auf Erfolg, wenn sie sachgerecht gestaltet und laufend der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung angepasst werden. Zur Zeit wird an einigen wichtigen Projekten gearbeitet, deren Finanzierung unbedingt auch unter dem neuen Recht sichergestellt bleiben muss. Es handelt sich dabei im wesentlichen um: - die Steigerung und Anpassung der landwirtschaftlichen Produktion (Ernährungsplan 80, angemeldeter Finanzbedarf etwa 160 000 Franken pro Jahr); - das für die Bewirtschaftung im Bereich der Chemie unerlässliche ChemieInformations-System, angemeldeter Finanzbedarf 308 000 Franken bis 1984, zusätzlich zu den finanziellen Leistungen der Chemieindustrie; - die Modernisierung des Rationierungswesens ; auf diesem Gebiet wird insbesondere die Möglichkeit des EDV-Einsatzes geprüft ; 452

für die allfällige Beschaffung der Anlagen zur Verarbeitung der Rationierungsausweise wäre mit Kosten von 15-20 Millionen Franken zu rechnen ; - den Schutz der schweizerischen Hochseeschiffe und ihrer Mannschaften.

Der Gesetzesentwurf räumt dem Bund aber; auch die Möglichkeit zu einer finanziellen Beteiligung ein, wie sie die heutige Gesetzgebung noch nicht kennt.

Es handelt sich dabei im wesentlichen um Förderungsmassnahmen, die dazu bestimmt sind, der Wirtschaft bei der Überbrückung von Engpässen infolge von Marktstörungen zu helfen (Art. 26 des Entwurfs). Wie wir schon im Kommentar zu dieser Bestimmung dargestellt haben, werden Finanzhilfen des Bundes nur nach dem Prinzip der Subsidiarität gewährt, d. h., wenn das gewünschte Ziel nicht auf andere Weise erreicht werden kann. Es ist selbstverständlich, dass diese Bestimmung bei der aktuellen Bundesfinanzlage sehr restriktiv gehandhabt würde. Ausserdem ist klar, dass allfällige Ausgaben erst bei Kenntnis der tatsächlichen Lage abgeschätzt werden könnten, oder genauer gesagt, bei Kenntnis des Beschaffungspreises der gewünschten Ware. Heute ist es deshalb kaum möglich, genaue Zahlen anzugeben.

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Auswirkungen für die Kantone und Gemeinden

Im Prinzip sind die meisten Bestimmungen, welche die Kantone und Gemeinden betreffen, bereits in der geltenden Regelung enthalten. Doch wegen der geringen rechtlichen Änderungen ist es möglich, dass die Kantone etwas mehr belastet werden als bisher. Es ist daran zu erinnern, dass nicht erst bei unmittelbarer Kriegsgefahr, sondern auch bei machtpolitischer Bedrohung Massnahmen zu ergreifen sind. Die zuständigen kantonalen Stellen müssten somit wohl früher als bis anhin gewisse Aufgaben übernehmen. Bei der Durchführung der vorgesehenen Massnahmen ist die Mitwirkung der Kantone unerlässlich. Auch bei der Anwendung von allfälligen Bewirtschaftungsmassnahmen gegen Mangellagen ist der Einsatz der kantonalen Behörden unumgänglich. Im Normalfall dürfte indessen die Belastung der Kantone nicht grösser sein als bisher.

Die Mitwirkung der Kantone ergibt sich aus den Artikeln 51 und 53 des Entwurfs. Die materiellen und organisatorischen Fragen werden in den Ausführungsbestimmungen geregelt. Was die Organisation anbelangt, wird der Bundesrat in einer Vollziehungsvefordnung einen allgemeinen Rahmen festlegen; innerhalb dieses Rahmens sind dann die Kantpne frei, sich nach den eigenen Gegebenheiten und Bedürfnissen zu organisieren. Auch die allfällige Heranziehung der Gemeinden ist Sache der Kantone. Der Bund seinerseits verkehrt offiziell immer nur mit den Kantonen.

Im Gegensatz zum geltenden Gesetz wird nun den Kantonen in Artikel 53 Absatz l ausdrücklich die Pflicht auferlegt, die für den Vollzug erforderlichen Organe zu bestellen. Mit anderen Worten, sie sind gegenüber dem Bundesrat, der Aufsichtsbehörde, dafür verantwortlich, dass auf ihrem Gebiet die notwendige Infrastruktur jederzeit besteht. Es wäre aber bestimmt unverhältnismässig, jedem Kanton die Schaffung eines ständigen und vollamtlichen Beamtenstabes für die Landesversorgung vorschreiben zu wollen. Deshalb werden, wenigstens in Normalzeiten, die Aufgaben in den meisten Kantonen nebenamtlich, d. h. im 453

Milizsystem bewältigt. Es handelt sich dabei im wesentlichen um die Sicherstellung der Organisation und der Verbindungen für den Ernstfall sowie um die Beschaffung von Nachrichten und Informationen.

Ferner dürfte es als selbstverständlich gelten, dass die Kaderleute der kantonalen - und allenfalls kommunalen - Organisation jederzeit in der Lage sein müssen, die ihnen für den Ernstfall übertragenen, wichtigen Aufgaben zu übernehmen. Sie müssen also die vorbereiteten Massnahmen kennen und die Organisationsstruktur sicherstellen und erproben. Da sie - wie bereits erwähnt - meistens nur nebenamtlich für die Landesversorgung tätig sind, müssen sie laufend informiert, ausgebildet und beübt werden.

Die betreffenden Ausbildungsziele werden von den zuständigen Organen des Bundes (Bundesamt für Landesversorgung und Milizämter) festgesetzt. Zur Erreichung dieser Ziele werden vom Bund wie bisher Ausbildungskurse und Übungen organisiert, sei es im Rahmen der Gesamtverteidigung, sei es spezifisch für die Landesversorgung. Es steht den Kantonen frei, ebenfalls solche Veranstaltungen durchzuführen. Jedenfalls sollten sie sich so organisieren, dass sie in der Lage sind, ihre Kaderleute auf kantonaler und allenfalls kommunaler Ebene für die Ausbildungskurse und Übungen aufzubieten und wenn nötig zu entschädigen.

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Richtlinien der Regierungspolitik

Die Vorlage über ein neues Landesversorgungsgesetz wurde in den Richtlinien der Regierungspolitik für die Legislaturperiode 1979 bis 1983 (BB1 1980 l 633) angekündigt.

5

Verfassungsmässigkeit

Der Entwurf stützt sich auf Artikel 31bis Absatz 3 Buchstabe e der Bundesverfassung in seiner neuen Fassung, wie sie am 2. März 1980 von Volk und Ständen angenommen wurde. Nach dieser Bestimmung ist der Bund befugt, nötigenfalls in Abweichung der Handels- und Gewerbefreiheit, Vorschriften zu erlassen über vorsorgliche Massnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung und auch über Massnahmen zur Sicherstellung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen bei schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst begegnen kann.

Als weitere Verfassungsgrundlagen führt der Ingress noch die Artikel 64 und 64bis der Bundesverfassung an, weil der Entwurf Sondernormen auf dem Gebiet des Privatrechts (Art. 10 Abs. 3), des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts (Art. 13-15) und des Strafrechts (Art. 41-50) vorsieht.

8002

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Bundesgesetz

Entwurf

über die wirtschaftliche Landesversorgung (Landesversorgungsgesetz)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 3 l bis Absatz 3 Buchstabe e, 32, 64 und 64bis der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 9. September 19811\ beschliesst: 1. Titel: Einleitung Art. l

Zweck

:

Dieses Gesetz regelt die vorsorglichen Massnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung sowie die Massnahmen ; zur Sicherstellung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen bei schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selber begegnen kann.

Art. 2 Lebenswichtige Güter und Dienstleistungen 1 Lebenswichtig sind Güter und Dienstleistungen, die notwendig sind, damit das Land in Zeiten der Bedrohung durchhalten und Mangel- oder Notlagen überstehen kann.

2 Lebenswichtig sind insbesondere a. Nahrungsmittel, Heilmittel und weitere unentbehrliche Güter des täglichen , Bedarfes, sowie Hilfs- und Rohstoffe für die Landwirtschaft, die Industrie und .das Gewerbe, Energieträger; alle dazu benötigten Produktionsmittel; b. Transport- und Fernmeldedienste; c. Lager- und Speichermöglichkeiten.

2. Titel: Massnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung 1. Kapitel: Grundsatz

Art. 3 1 Für den Fall einer Bedrohung durch Krieg oder einer anderen unmittelbaren oder mittelbaren machtpolitischen Bedrohung sichert der Bund im Rahmen der ') BEI 1981 III 405

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Wirtschaftliche Landesversorgung Gesamtverteidigung und in Zusammenarbeit mit den Kantonen und der Wirtschaft die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen.

2 Die Bereitschaft des Bundes richtet sich nach der Art, der Schwere und dem Umfang der Bedrohung, so dass die Massnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung wenn nötig unverzüglich in Kraft gesetzt werden können.

2. Kapitel: Ständige Bereitschaft 1. Abschnitt: Vorratshaltung Art. 4 Allgemeines 1 Die Vorratshaltung ist in der Regel Aufgabe der Wirtschaft, die in besonderen Bereichen durch Massnahmen des Bundes (Art. 18) allenfalls auch der Kantone ergänzt wird. Wirtschaft und Gemeinwesen arbeiten zusammen.

2 Der Bundesrat kann die Anlegung, Erhaltung und Vermehrung von Vorräten durch Verträge und andere Mittel fördern. Er kann insbesondere vorsehen, dass freiwillig gebildete Vorräte ihren Eigentümern für die Verwendung im eigenen Betrieb oder zur Belieferung der Kundschaft im Rahmen allfälliger Bewirtschaftungsvorschriften grundsätzlich belassen werden.

3 Die Bestimmungen über die Haltung von Vorräten an Brotgetreide bleiben vorbehalten.

Art. 5 Anlegung von Mindestvorräten 1 Betriebe, die an der Versorgung mit lebenswichtigen Gütern mitwirken, können unter Berücksichtigung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit verpflichtet werden, Mindestvorräte zu halten.

2 Soweit es einzelnen Betrieben nicht zugemutet werden kann, ausreichende Mindestvorräte zu halten, sind die Kantone verpflichtet, mit den Gemeinden auf andere Weise für die Bereitstellung der nötigen Vorräte zu sorgen.

2. Abschnitt : Pflichtlagerhaltung Art. 6 Pflichtlagervertrag 1 Für die Errichtung von Pflichtlagern schliesst der Bund mit Betrieben Verträge ab.

2 Im Pflichtlagervertrag sind insbesondere zu regeln: a. Art und Menge des Lagergutes ; b. Lagerung, Behandlung, Beaufsichtigung, Kontrolle und Auswechslung des Lagergutes ; c. der Lagerort (im schweizerischen Hoheitsgebiet); d. die Finanzierung und Versicherung ; 456

Wirtschaftliche Landesversorgung

e. die Deckung der Lagerkosten sowie des Preis- Gewichts- und Qualitätsverlustes, der sich aus der Lagerung ergibt.

3 Der Pflichtlagervertrag kann vorschreiben, dass der Lagerhalter einer Organisation (Art. 10) angehört und neben dem Pflichtlager ständig einen angemessenen freien Vorrat des zu lagernden Gutes unterhält.

4 Pflichtlagerverträge können nur über Waren abgeschlossen werden, die im Eigentum des Lagerhalters sind. Vorräte, an denen Dritte Eigentumsansprüche haben, können nur zum Gegenstand eines Pflichtlagervertrages gemacht werden, wenn sich alle Berechtigten gegenüber dem Bund und allenfalls gegenüber der finanzierenden Bank (Art. 11) solidarisch verpflichten.

Art. 7 Verringerung und Aufhebung von Pflichtlagern. Warenpapiere 1 Pflichtlager dürfen nur mit dem Einverständnis des Bundes verringert oder aufgehoben werden. Der Pfiichtlagerhalter muss zuvor allfällige Darlehen anteilsmässig der Bank zurückgezahlt und allfällige Verpflichtungen gegenüber Garantiefonds erfüllt haben.

2 Über Pflichtlager dürfen keine Warenpapiere ausgegeben werden.

Art. 8 Einfuhrbewilligungspflicht zur Sicherstellung der Pflichtlagerhaltung 1 Der Bundesrat kann zur Sicherstellüng der Pflichtlagerhaltung die Einfuhr bestimmter lebenswichtiger Güter der Bewilligungspflicht unterstellen. Er kann die Bewilligung vom Abschluss eines Pflichtlagervertrages sowie von anderen Bedingungen und Auflagen, insbesondere Verwendungsverpflichtungen, abhängig machen.

2 Für solche Güter bestimmt der Bundesrat das Ausmass der Bedarfsdeckung oder Richtmengen. Er strebt eine Verteilung der Lager an, die dem Bedarf der verschiedenen Landesgegenden und den Anforderungen der Landesverteidigung entspricht.

3 Auf den Abschluss eines Pflichtlagervertrages kann ausnahmsweise verzichtet werden, sofern der Importeur bereit ist, die gleichen finanziellen Verpflichtungen zu übernehmen, wie sie mit dem Pflichtlagervertrag verbunden wären.

Art. 9 Verfügbarer Pflichtlageranteil Im Rahmen von Bewirtschaftungs- und Verwendungsvorschriften nach den Artikeln 23 und 28 kann der Pflichtlagerhalter über mindestens die Hälfte der Pflichtlagermenge für den eigenen Betrieb oder zur Belieferung seiner Kundschaft verfügen.

Art. 10 Garantiefonds und ähnliche Einrichtungen 1 Pflichtlagerverträge können vorsehen, dass die einzelnen Lagerpflichtigen sich an der Äufnung von Garantiefonds und ähnlichen Einrichtungen ihres Wirt457

Wirtschaftliche Landesversorgung

schaftszweiges zur Deckung der Lagerkosten und des Preisrisikos auf den Pflichtlagern beteiligen müssen.

2 Schaffung, Änderung und Aufhebung solcher Einrichtungen bedürfen der Genehmigung des Bundesrates. Werden von den betreffenden Wirtschaftszweigen zur Durchführung Körperschaften gegründet oder herangezogen, so bedürfen auch deren Statuten der Genehmigung des Bundesrates.

3 Wenn die öffentlichen Interessen es erfordern, dürfen die Statuten von den Vorschriften des Privatrechts über Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft sowie über die Beschaffung und Verwendung der Mittel abweichen.

Art. 11 Finanzierung. Deckung unversicherbarer Risiken 1 Der Bund erleichtert die Finanzierung der Pflichtlagerhaltung durch Garantie von Bankdarlehen; er kann auch auf andere Weise die Kreditbeschaffung zu niedrigem Zins ermöglichen.

2 Der Bundesrat regelt die Deckung unversicherbarer Risiken.

Art. 12 Sicherung des Bundes 1 Sobald der Bund die Finanzierung eines Pflichtlagers garantiert hat, dienen ihm das Pflichtlager und allfällige Ersatzansprüche als Sicherheit.

2 Die Entstehung oder die Bestellung von zivil- und öffentlich-rechtlichen Ansprüchen Dritter aus Gesetz oder Vertrag an solchen Pflichtlagern und Ersatzansprüchen bleibt unwirksam, soweit dem Bund ein allfälliges Aussonderungsoder Pfandrecht (Art. 13 und 14) zusteht. Ausgenommen bleibt nur das Retentionsrecht der Besitzer von Lagerräumen für Forderungen nach Artikel 485 des Obligationenrechts '\ Art. 13

Aussonderungsrecht des Bundes a. Konkurs, Konkursaufschub, Nachlass- und Notstundung 1 Wird der Konkurs über den Eigentümer eröffnet oder nach den Artikeln 725, 764, 817 oder 903 des Obligationenrechts ') aufgeschoben, oder wird dem Eigentümer eine Nachlass- oder Notstundung bewilligt, so gehen das Eigentum am Pflichtlager und allfällige Ersatzansprüche des Lagerpflichtigen unmittelbar auf den Bund über, sofern dieser die vertraglichen Verpflichtungen des bisherigen Eigentümers aus dem Bankdarlehen übernimmt.

2 Übersteigt der Wert des Pflichtlagers oder der Ersatzansprüche - im Zeitpunkt der tatsächlichen Übernahme oder der abgeschlossenen Verwertung - nach Abzug aller Kosten die Forderungen des Bundes aus den von ihm zurückbezahlten Darlehen, so erfüllt der Bund zunächst die Verpflichtungen des Schuldners ge-

» SR220 458

Wirtschaftliche Landesversorgung genüber dem Garantiefonds. Der Rest ist der Konkursmasse oder bei Konkursaufschub, Naohlass- und Notstundungsverfahren dem Schuldner auszuhändi3

Wird der Bund durch die Waren, die er übernommen oder verwertet hat, nach Abzug aller Kosten nicht voll befriedigt, so nimmt er für den Ausfall am Konkurs oder am Nachlassvertrag teil. Bei Konkürsaufschub und Notstundung erhält er eine verzinsliche und unverjährbare Forderung gegen den Schuldner.

Art. 14 b. Pfändung und Pfandverwertung : · . .

1 Wird gegen den Eigentümer eines Pflichtlagers eine Betreibung auf Pfändung oder Pfandverwertung des Pflichtlagers und allfälliger Ersatzansprüche eingeleitet, hat der Bund für seine gesicherten Forderungen (Art. 12) die Stellung eines nicht betreibenden Pfandgläubigers im ersten Rang. Dritte mit gesetzlichen oder vertraglichen Ansprüchen auf das Pflichtlager (Art. 12 Abs. 2 erster Satz) erhalten als Gläubiger für ihre Forderungen ein Befriedigungsrecht, unmittelbar nach dem Bund und allenfalls nach dem Garantiefonds.

2 Sicherungsansprüche Dritter auf Pflichtlagerwaren oder auf Ersatzforderungen des Schuldners können nur durch Betreibung geltend gemacht werden.

Art. 15 c. Anfechtungsklagen Soweit der Bund für seine Forderung durch das, Aussonderungs- und Pfandrecht nicht voll gedeckt wird, stehen Ansprüche auf Anfechtung von Verfügungen (Art. 285 ff. SchKG1') ausschliesslich ihm zu. Diese Anfechtungsklage verjährt nach zehn Jahren.

Art. 16 Steuern und andere öffentliche Abgaben .

1 Bei der Veranlagung der direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden wird den besonderen Risiken der Pflichtlagerhaltung angemessen Rechnung getragen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

2 Pflichtlagerverträge unterliegen keinen Stempel- oder ähnlichen Abgaben.

Art. 17

Lagerraum

1

Lassen sich Lagerraum oder Anlagen für Pflichtlagerwaren nicht zu angemessenen Bedingungen und auf gütlichem Wege beschaffen, so steht dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement das Enteignungsrecht nach dem Bundesgesetz über die Enteignung 2 ) zu.

') SR281.1 2) SR711 459

Wirtschaftliche Landesversorgung 2

Lager- und Tankräume, für deren Bau oder Unterhalt Mittel aus Garantiefonds oder Bundesmittel verwendet wurden, dürfen während der Gültigkeitsdauer des Pflichtlagervertrages nur in begründeten Fällen und mit vorheriger Bewilligung des Bundes einer anderen Zweckbestimmung zugeführt werden.

Diese Beschränkung ist im Grundbuch anzumerken. Bei Zweckänderung der Anlage oder Kündigung des Pflichtlagervertrages sind die Mittel zurückzuerstatten.

3. Abschnitt: Vorratshaltung des Bundes Art. 18 1

Der Bund hält Vorräte für seinen Bedarf, vor allem für die Rüstung und für die Versorgung der Armee.

2 Er kann zur Ergänzung der Pflichtlager eigene Vorräte anlegen.

4. Abschnitt: Nutzung einheimischer Ressourcen Art. 19 Forstwirtschaft 1 Zur Sicherstellung der wirtschaftlichen Landesverteidigung kann der Bundesrat eine vermehrte Nutzung der Wälder anordnen.

2 Zur Deckung der durch die Mehrnutzung verursachten Kosten kann ein Ausgleichsfonds geschaffen werden; der Fonds wird durch Abgaben gespiesen, die einheitlich auf allen Holznutzungen beim Waldbesitzer erhoben werden.

3 Soweit dies für die Durchführung der Mehrnutzung unerlässlich ist, kann die Ausstattung der Forstbetriebe mit Maschinen und Anlagen durch Finanzhilfen gefördert werden.

Art. 20 Notstandswasserversorgung Der Bundesrat kann Vorschriften über die Sicherstellung der Versorgung mit Trinkwasser in Notlagen erlassen.

Art. 21 Studien und Versuche Der Bundesrat kann durch Finanzhilfen oder andere geeignete Mittel Studien und Versuche sowie andere Vorbereitungsmassnahmen fördern, die darauf abzielen, inländische Urprodukte nutzbar zu machen, die einheimische Erzeugung lebenswichtiger Güter zu steigern, unentbehrliche Ersatz- und Neustoffe herzustellen und lebenswichtige Güter zu konservieren.

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Wirtschaftliche Landesversorgung 5. Abschnitt: Transporte und andere Dienstleistungen Art. 22 1 Der Bundesrat trifft die erforderlichen Massnahmen, um ausreichende Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten zu.sichern, die Transport- und Kommunikationswege offenzuhalten sowie Lagerräume bereitzustellen.

2 Um die Durchführung bestimmter, im Interesse der Landesversorgung liegender Transporte zu ermöglichen, kann der Bund auf begründetes Gesuch hin oder im Rahmen eines von ihm selbst geschlossenen Transportvertrages Versicherung oder Rückversicherung gegen Kriegstransport- und ähnliche Gefahren gewähren.

3. Kapitel: Massnahmen bei zunehmender Bedrohung Art. 23 Massnahmen 1 Ist die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern oder Dienstleistungen infolge kriegerischer oder machtpolitischer Bedrohung erheblich gefährdet oder gestört, kann der Bundesrat Massnahmen treffen: a. zur Steigerung und Anpassung der inländischen Produktion in der Landwirtschaft (wie Durchführung von Ausbau- und Nutzungsprogrammen, Einführung der Anbau- und der Ablieferungspflicht) und in der Energiewirtschaft sowie durch Nutzung von Bodenschätzen und Ersatzstoffen; b. zur Güterbeschaffung (wie Abschluss von Rechtsgeschäften, gemeinsame Vorkehren von Importeuren, Finanzierung dieser Vorkehren, Deckung des Preisrisikos und der unversicherbaren Risiken, Lieferungspflicht) ; c. zur Schaffung und Erhaltung von Produktionsstätten; d. zur Lenkung der Verarbeitung (wie Bestimmung von Herstellungsverfahren, von Verwendungszwecken und Mengen) ; e. zur Beschränkung der Ausfuhr; . , f. zur verstärkten Lagerhaltung und zur Verlagerung von Vorräten ; g. zur angemessenen Verteilung von Gütern (wie Zuweisung, Kontingentierung, Rationierung, Sperre, Verhütung des Aufkaufs); h. zur Verminderung des Verbrauchs ; i. zur Sicherstellung von Dienstleistungen, namentlich von Transporten, (wie Einführung der Pflicht zur Dienstleistung, Sicherung von Transportmitteln, Änderung oder Aufhebung von Vorschriften über Betriebs-, Transport-, Fahrplan- und Flugplanpflicht, Bewilligungspflicht für die Veräusserung oder die Stillegung von Transportmitteln).

2 Der Bundesrat regelt insbesondere die Verwendung der Pflichtlager.

Art. 24 Preise 1 Der Bundesrat kann für die Geltungsdauer von Bewirtschaftungs- und Ver461

Wirtschaftliche Landesversorgung Wendungsvorschriften nach Artikel 23 die Überwachung der Preise für lebenswichtige Güter und Dienstleistungen anordnen.

2 Wenn nötig kann er Höchstpreise festsetzen.

Art. 25 Requisition 1 Mit der Inkraftsetzung von Massnahmen bei zunehmender Bedrohung (Art. 23 und 24) kann der Bundesrat den Organen der wirtschaftlichen Landesverteidigung das Requisitionsrecht einräumen.

2 Die nötigen Vorbereitungen sind schon in Friedenszeiten zu treffen.

3 Das Nähere ordnet der Bundesrat.

4 Die Requisition von Hochsee- und über die Grenze verkehrenden Lastschiffen sowie bestimmter Luftfahrzeuge wird besonders geregelt.

S.Titel: Massnahmen gegen schwere Mangellagen zufolge von Marktstörungen Art. 26 Förderungsmassnahmen 1 Zur Verhütung oder Behebung von schweren Mangellagen zufolge von Marktstörungen (Mangellagen), denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag, kann der Bundesrat die Vorratshaltung sowie die Beschaffung und die Verteilung von Gütern fördern. Finanzhilfen darf er erst gewähren, wenn sich die Förderung nicht anders verwirklichen lässt.

2 Der Bund kann die wirtschaftliche Selbsthilfe von Organisationen und Wirtschaftszweigen unterstützen.

Art. 27 Pflichtlagerhaltung für Mangellagen 1 Zur Sicherstellung der Versorgung des Landes mit bestimmten lebenswichtigen Gütern für den Fall von Mangellagen kann der Bundesrat Vorschriften erlassen über: a. die zusätzliche Anlegung obligatorischer Pflichtlager oder die Ausscheidung eines Teils dieser Pflichtlager; b. die Ausscheidung bestehender freiwilliger Pflichtlager.

2 Im übrigen gelten die Bestimmungen über die Pflichtlagerhaltung für die wirtschaftliche Landesverteidigung (Art. 6-17) sinngemäss.

Art. 28 Weitere Massnahmen 1 Kann die Wirtschaft die Versorgung nicht gewährleisten und reichen dazu auch die Förderungsmassnahmen des Bundes nicht aus, kann der Bundesrat wenn nötig und bis zur Behebung der Mangellagen für bestimmte lebenswichtige Güter Vorschriften erlassen über: 462

Wirtschaftliche Landesversorgung a. die Freigabe der zusätzlich angelegten i oder ausgeschiedenen Pflichtlager (Art. 27); b. die Mengen für die Erzeugung, die Verarbeitung.; die Verteilung und den Verbrauch; c. die Verminderung des Verbrauchs ; d. den Verwendungszweck .von Gütern und ihre Einstufung je nach Wichtigkeit für die Versorgung; e. die Beschränkung der Ausfuhr; f. die Rückgewinnung von Stoffen und die Verwertung von Altstoffen ; g. die Beschaffung von Ersatzgütern.

2 Unter den gleichen Voraussetzungen kann der Bundesrat auch Vorschriften über lebenswichtige Dienstleistungen je nach Wichtigkeit für die Versorgung erlassen.

' · : 3 Für die Geltungsdauer von Vorschriften nabh den Absätzen l und 2 kann der Bundesrat für die betreffenden Güter und Dienstleistungen die Überwachung der Preise anordnen. Wenn nötig kann er Höchstpreise festsetzen.

Art. 29 Eigene Massnahmen des Bundes Soweit die Versorgung nicht mit anderen Mitteln sichergestellt werden kann, ist der Bundesrat ermächtigt, Rechtsgeschäfte für Rechnung des Bundes abzuschliessen.

4. Titel: Venvaltungsmassnahmen und Konventionalstrafen Art. 30 Entzug von nicht vermögensrechtlichen Vorteilen Werden Behörden durch unrichtige Angaben oder Unterdrückung von Tatsachen irregeführt oder wird eine solche Irreführung versucht, so können nicht vermögensrechtliche Vorteile, die sich aus Massnahmen dieses Gesetzes ergeben, entzogen werden.

, Art. 31

Rückforderung und Verfall unrechtmässig gewährter oder erlangter Waren und Vermögensvorteile 1 Beiträge und ähnliche Zuwendungen können ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit zurückgefordert werden, wenn sie zu Unrecht ausbezahlt wurden oder wenn der Empfänger die ihm auferlegten Bedingungen trotz Mahnung nicht er: füllt.

2 Waren und Vermögensvorteile, die aufgrund einer Verletzung dieses Bundesgesetzes oder der gestützt darauf erlassenen Ausführungsbestimmungen, Einzelverfügungen und Verträge erlangt wurden, verfallen ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit der Verletzung zugunsten des Bundes.

463

Wirtschaftliche Landesversorgung 3

Besitzt jemand Waren oder Vermögenswerte, durch die er einen unrechtmässigen Vorteil erlangt hat, nicht mehr, so steht dem Bund ihm gegenüber eine Ersatzforderung in der Höhe des unrechtmässigen Vorteils zu.

4 Dritte, die durch das Verhalten von Herausgabepflichtigen ohne eigenes Verschulden geschädigt wurden, können beim zuständigen Organ des Bundes die Herausgabe des auf sie entfallenden Anteils an eingezogenen Waren und Vermögensvorteilen verlangen.

Art. 32 Besondere Verwaltungsmassnahmen Die zuständigen Organe des Bundes können vorsorgliche Beschlagnahmen anordnen, Bewilligungen entziehen oder verweigern, Abgabe- und Bezugsbeschränkungen sowie Zuteilungskürzungen auferlegen, wenn Bestimmungen dieses Gesetzes, der ausführenden Verordnungen oder Verfügungen in den folgenden Bereichen verletzt werden: a. Vorratshaltung; b. Lagerraum; c. Herstellung; d. Verarbeitung ; e. Verteilung; f. Verwendung; g. Verbrauch; h. Ausfuhrbeschränkungen; i. Preise; k. Beschaffung von Gütern; 1. Dienstleistungen.

Art. 33 Konventionalstrafen 1 Im Pflichtlagervertrag können Konventionalstrafen vereinbart werden.

2 Die zuständigen Organe des Bundes bestimmen im Einzelfall die Höhe der im vertraglich vereinbarten Rahmen einzufordernden Konventionalstrafe. Wird die Konventionalstrafe grundsätzlich nicht anerkannt oder die Höhe des eingeforderten Betrages bestritten, so rufen die zuständigen Organe des Bundes die Kommission für Pflichtlager (Art. 38) an.

3 Die Verhängung einer Konventionalstrafe entbindet nicht von der Vertragserfüllung.

Art. 34 Verfügung von Verwaltungsmassnahmen 1 Die zuständigen Organe des Bundes eröffnen Massnahmen nach den Artikeln 30-32 den Betroffenen mittels Verfügung.

2 Sind dem Bund bei der Rückforderung von Waren oder Vermögensvorteilen Verfahrenskosten entstanden, so haben die am Ergebnis beteiligten Geschädig464

Wirtschaftliche Landesversorgung ten (Art. 31 Abs. 4) die Kosten anteilsmässig zu tragen. Das zuständige Organ des Bundes setzt den Betrag durch Verfügung fest.

Art. 35 Verjährung 'Ansprüche des Bundes nach den Artikeln31 und 33 (Konventionalstrafen) verjähren ein Jahr, nachdem die zuständigen Organe des Bundes vom Rechtsgrund des Anspruchs Kenntnis erlangt haben, spätestens jedoch fünf Jahre seit dem Entstehen des Anspruches. Wird jedoch der Anspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für die das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht, so gilt diese.

2 Die Verjährung wird durch jede Einforderungshandlung unterbrochen; sie ruht, solange der Pflichtige in der Schweiz rechtlich nicht belangt werden kann.

3 Die Ansprüche Geschädigter nach Artikel 31 Absatz 4 verjähren ein Jahr, nachdem der Geschädigte von der Einziehung der unrechtmässigen Waren oder Vermögensvorteile durch den Bund Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch fünf Jahre nach der Einziehung.

; Art. 36 Verhältnis zur Strafverfolgung 1 Neben der Anordnung von Verwaltungsmassnahmen und der Verhängung von Konventionalstrafen bleibt die Strafverfolgung vorbehalten.

2 In den von den zuständigen Stellen zu erstattenden Amtsklagen (Art. 49 Abs. 2) sind die bereits getroffenen Verwaltungsmassnahmen sowie die verhängten Konventionalstrafen zu erwähnen.

5. Titel: Rechtsschutz Art. 37 Beschwerde gegen Verfügungen Beschwerdeinstanzen sind : a. das Bundesamt für Landesversorgung (Bundesamt) für Verfügungen der Milizämter (Art. 52 Abs. 2) und der herangezogenen Organisationen der Wirtschaft; b. das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement für erstinstanzliche Verfügungen des Bundesamtes ; c. das Bundesgericht für Entscheide der Pflichtlagerkommission und, soweit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist, für Beschwerdeentscheide des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements, des Bundesamtes und letzter kantonaler Instanzen; d. der Bundesrat, soweit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unzulässig ist.

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Wirtschaftliche Landesversorgung Art. 38 Pflichtlagerkommission 1 Die Pflichtlagerkommission entscheidet Streitigkeiten zwischen : a. Parteien von Pflichtlagerverträgen, b. Pflichtlagerhaltern und ihren Organisationen.

2 Der Bundesrat regelt Organisation und Verfahren der Pflichtlagerkommission und wählt ihre Mitglieder. Diese dürfen nicht der Bundesverwaltung angehören.

Art. 39 Verfahren Das Verfahren vor dem Bundesgericht bestimmt sich nach dem Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege1*, vor anderen Bundesbehörden nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz2' und vor kantonalen Behörden im Rahmen des Bundesrechts nach kantonalem Recht.

Art. 40 Zivilgerichte Streitigkeiten über das Pfandrecht des Bundes an Pflichtlagern, über das Aussonderungsrecht und allfällige Ersatzansprüche sowie Anfechtungsklagen (Art. 13-15) beurteilen die Zivilgerichte.

6. Titel : Straf bestimmungen Art. 41 Verletzung der Vorratshaltungspflicht 1 Wer vorsätzlich eine gestützt auf Artikel 5 angeordnete Pflicht zur Vorratshaltung trotz Mahnung nicht erfüllt, wird mit Gefängnis oder Busse bis zu 100 000 Franken bestraft.

2 Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich sein vertraglich vereinbartes Pflichtlager, für dessen Finanzierung er einen vom Bund garantierten Kredit in Anspruch genommen hat, verringert oder verschlechtert.

3 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Haft oder Busse bis zu 50 000 Franken.

4 Ebenso wird mit Haft oder Busse bis zu 50 000 Franken bestraft, wer vorsätzlich sein vertraglich vereinbartes Pflichtlager, für das der Bund keine Garantie geleistet hat, mengenmässig verringert oder qualitativ verschlechtert. Geringfügige Vertragsverletzungen bleiben straflos.

5 Die Verfolgung der Übertretungen nach den Absätzen 3 und 4 und die ausgefällten Strafen verjähren in fünf Jahren, spätestens jedoch, wenn diese Frist um die Hälfte überschritten wird.

» SR 173.110 2 > SR 172.021

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Wirtschaftliche Landesversorgung

Art. 42 Verletzung der Auskunftspflicht 1 Wer trotz Vertragspflicht in schriftlichen Berichten unwahre oder unvollständige Angaben macht, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder Busse bestraft.

2 Wer trotz Aufforderung und Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels der Auskunftspflicht nach Artikel 56 Absatz l nicht nachkommt, wird mit Haft oder Busse bestraft.

3 Ebenso wird bestraft, wer trotz vertraglicher Pflicht keine Auskunft erteilt.

Art. 43 Verletzung der Geheimhaltungspflicht 1 Für Verletzungen der Geheimhaltungspflicht nach Artikel 57 gilt Artikel 320 des · Strafgesetzbuches ').

2 Vorbehalten bleibt die Anwendung weiterer Strafbestimmungen des Strafgesetzbuches ') und des Militärstrafgesetzes2\ Art. 44 Leistungs- und Abgabebetrug 1 Für Leistungs- und Abgabebetrug, Urkundenfälschung, Erschleichen einer falschen Beurkundung und Unterdrückung von Urkunden gelten die Artikel 14-16 des Verwaltungsstrafrechts3'.

2 Die Strafe ist jedoch Gefängnis bis zu fünf Jahren und Busse bis zu 100 000 Franken.

Art. 45 Geriichtemacherei 1 Wer vorsätzlich unwahre oder entstellende .Behauptungen über geltende oder bevorstehende Massnahmen auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Landesversorgung äussert oder verbreitet, wird mit Haft oder Busse bestraft.

2 Beabsichtigt der Täter sich oder einem ändern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, so ist die Strafe Gefängnis oder Busse.

Art. 46 Übertretungen bei Massnahmen gegen Mangellagen 1 Wer vorsätzlich den gestützt auf die Artikel 27 und 28 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt, wird mit Haft oder Busse bis zu 20 000 Franken bestraft.

2 Ebenso wird bestraft, wer trotz Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels vorsätzlich: a. eine an ihn gerichtete Einzelverfügung nicht befolgt; b. einen mit ihm 'abgeschlossenen Vertrag verletzt, die sich auf die Artikel 27 und 28 oder eine aufgrund dieser Bestimmungen erlassene Vorschrift stützen.

» SR 311.0 > SR 321.0 > SR 313.0

2 3

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Wirtschaftliche Landesversorgung 3

Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu 10 000 Franken. Geringfügige Vertragsverletzungen bleiben straflos.

5 Die Verfolgung der Übertretungen und die ausgefällten Strafen verjähren in fünf Jahren, spätestens jedoch, wenn diese Frist um die Hälfte überschritten wird.

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Art. 47 Vergehen gegen Massnahmen bei zunehmender Bedrohung 1 Wer vorsätzlich den gestützt auf die Artikel 23-25 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis oder Busse bis zu 100 000 Franken bestraft.

2 Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich trotz Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels: a. eine an ihn gerichtete Einzelverfügung nicht befolgt; b. einen mit ihm abgeschlossenen Vertrag verletzt, die sich auf die Artikel 23-25 oder auf eine aufgrund dieser Bestimmungen erlassene Vorschrift stützen.

3 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Haft oder Busse bis zu 50 000 Franken.

4 Die Verfolgung der Übertretungen nach Absatz 3 und die ausgefällten Strafen verjähren in fünf Jahren, spätestens jedoch, wenn diese Frist um die Hälfte überschritten wird.

Art. 48 Anwendbarkeit des Strafgesetzbuches und des Verwaltungsstrafrechts 1 Es gelten die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches ')., 2 Für Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb gelten die Artikel 6 und 7 des Verwaltungsstrafrechts 2). Sie gelten auch für Betriebe und Verwaltungen der Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts.

Art. 49 Strafverfolgung 1 Die Kantone verfolgen und beurteilen die Widerhandlungen, auch in Fällen nach Artikel 44.

2 Das Bundesamt kann bei Widerhandlungen gegen dieses Gesetz kantonale Behörden verpflichten, das Verfahren einzuleiten und durchzuführen.

3 Alle Urteile, Strafbescheide der Verwaltungsbehörden und Einstellungsbeschlüsse sind ohne Verzug in vollständiger Ausfertigung und unentgeltlich dem Bundesamt mitzuteilen.

», SR 311.0 > SR 313.0

2

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Wirtschaftliche Landesversorgung Art. 50 Vorbehalt des Zollgesetzes Widerhandlungen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes über die Einfuhrbewilligungspflicht (Art. 8) und über die Beschränkung der Ausfuhr (Art. 23 und 28) werden nach Massgabe des Zollgesetzes ^ bestraft.

7. Titel : Durchführungsbestimmungen Art. 51 Grundsatz 1 Der Bundesrat vollzieht dieses Gesetz und trifft die erforderlichen, Massnahmen. Er kann den Delegierten und die Milizämter für die Ausführung der Massnahmen bei zunehmender Bedrohung (Art. 23-25) ermächtigen, allgemeinverpflichtende Vorschriften'zu erlassen.

1 Er zieht die Kantone und Organisationen der Wirtschaft zur Mitarbeit heran.

3 Er ernennt eine beratende Kommission für die Landesversorgung.

4 Die interessierten Kantone und Organisationen der Wirtschaft sind vor Erlass der Ausführungsbestimmungen anzuhören. Ausnahmen sind nur zulässig, wo es Gründe der Geheimhaltung oder der zeitlichen Dringlichkeit erfordern.

5 Der Bundesrat hat der Bundesversammlung jährlich Bericht zu erstatten, falls Massnahmen nach den Artikeln 23-25 und 28-29 getroffen worden sind. Die Bundesversammlung kann verlangen, dass die Massnahmen aufgehoben, geändert oder ergänzt werden.

, · , · Art. 52 Organe des Bundes 1 Der Bundesrat ernennt einen aus der Wirtschaft stammenden Delegierten für Landesversorgung, ;der dem Eidgenössischen .Volkswirtschaftsdepartement .unterstellt ist. Der Delegierte leitet das·· Bundesamt; er ist für die gesamten Vorbereitungsmassnahmen nach diesem Gesetz verantwortlich.

2 Der Vollzug des Gesetzes wird dem Delegierten mit dem Bundesamt und folgenden Milizämtern übertragen: a. Ernährungs-Amt; b. Industrie-und, Arbeits-Amt; c. Transport-Amt.

3 Die Milizämter werden aus im Nebenamt zu betrauenden Fachleuten der Wirtschaft, der kantonalen und kommunalen Verwaltungen sowie aus Beamten des Bundes zusammengesetzt. Sie können vollamtliche Geschäftsstellen unterhalten.

4 Der Bundesrat kann wenn nötig weitere Milizämter schaffen.

D SR 631.0 23 Bundesblatt. 133. Jahrg. Bd. III

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Wirtschaftliche Landesversorgung 5

Der Bundesrat kann bestehenden Bundesstellen Aufgaben nach diesem Gesetz übertragen; sie sind dabei den Milizämtern gleichgestellt.

6 Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

Art. 53 Kantone ' 1 Die Kantone erlassen die Vorschriften für den Vollzug der ihnen übertragenen Aufgaben und bestellen die erforderlichen Organe.

2 Erlässt ein Kanton die notwendigen Ausführungsbestimmungen nicht rechtzeitig, so trifft der Bundesrat auf dem Verordnungswege die vorläufigen Anordnungen.

3 Der Bundesrat beaufsichtigt den Vollzug durch die Kantone und handelt im Einzelfall anstelle eines säumigen Kantons auf dessen Kosten.

Art. 54 Organisationen der Wirtschaft Der Bundesrat beaufsichtigt den Vollzug durch die Organisationen der Wirtschaft. Er kann ihnen dafür Weisungen erteilen.

Art. 55 Statistische Erhebungen Der Bundesrat kann die für die Sicherstellung der Landesversorgung erforderlichen statistischen Erhebungen anordnen.

Art. 56 Auskunftspflicht 1 Jedermann muss den zuständigen Behörden und den herangezogenen Organisationen der Wirtschaft alle für den Vollzug des Gesetzes erforderlichen Auskünfte wahrheitsgetreu und vollständig erteilen, die notwendigen Unterlagen, insbesondere Bücher, Briefe und Rechnungen, zur Verfügung stellen und den Zugang zu den Räumlichkeiten gestatten.

2 Artikel 79 des Bundesstrafprozesses ') gilt sinngemäss.

3 Soweit es für den Vollzug des Gesetzes unerlässlich ist, sind Zolldeklarationen und der Inhalt vorgelegter Belege ungeachtet der zollrechtlichen Geheimhaltungspflicht dem Bundesamt zur Verfügung zu stellen.

Art. 57 Geheimhaltungspflicht Wer beim Vollzug des Gesetzes in einem Milizamt oder einer Organisation der Wirtschaft mitwirkt, ist zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet.

') SR 312.0 470

Wirtschaftliche Landesversorgung 8. Titel : Schlussbestimmungen Art. 58

Änderung bisherigen Rechts

!

1. Das Zollgesetz1) wird wie folgt geändert: Art. 42 Abs. 3 (neu) 3 Der Bundesrat kann für die Lagerung von Treibstoffen zu motorischen Zwekken, die zur Äufnung von Pflichtlagern eingeführt werden, von der Privatlagerung abweichende Vorschriften erlassen.

2. Das Verwaltungsorganisationsgesetz2) wird wie folgt geändert: Art. 58 Abs. l Bst. C , Das «Bundesamt für wirtschaftliche Kriegsvorsorge, Office fédéral de! la défense économique, Ufficio federale della difesa economica» wird in «Bundesamt für Landesversorgung, Office fédéral pour l'approvisionnement du pays, Ufficio federale per l'approvigionamento del paese» umbenannt.

Art. 59 Aufhebung bisherigen Rechts 1 Der Bundesrat bestimmt das Ausserkrafttreten des Bundesgesetzes vom 30. September 19553) über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge; er kann es zeitlich staffeln.

2 Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes wird der Bundesbeschluss vom 13. Dezember 19744) über die Elektrizitätsversorgung aufgehoben.

Art. 60 Schutz von Vermögenswerten Bis zum Inkrafttreten einer besonderen Gesetzgebung über den -Schutz von Vermögenswerten bleiben der Bundesratsbeschluss vom 12. April 19575) betreffend vorsorgliche Schutzmassnahmen für juristische Personen, Personengesellschaften und Einzelfirmen sowie der Bundesratsbeschluss vom 12. April 19576) über den Schutz von Wertpapieren und ähnlichen Urkunden durch vorsorgliche Massnahmen in Kraft.

Art. 61 Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten; er kann es zeitlich staffeln.

D > 3 > 4 > 5 ) «0 2

SR 631.0 SR 172.010 AS 1956 85 AS 1974 2137 SR 531.54 SR 531.55

8002 471

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Botschaft zu einem Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung vom 9.

September 1981

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1981

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

44

Cahier Numero Geschäftsnummer

81.059

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

10.11.1981

Date Data Seite

405-471

Page Pagina Ref. No

10 048 482

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