06.046 Botschaft zum Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes vom 24. Mai 2006

Sehr geehrte Herren Präsidenten Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zum Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. Mai 2006

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2006-0197

5061

Übersicht Mit dem Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI) werden die folgenden Ziele angestrebt: 1.

Die rechtlichen Grundlagen der bestehenden polizeilichen Informationssysteme RIPOL (automatisiertes Fahndungssystem), IPAS (Daten über Personen, die erkennungsdienstlich behandelt worden oder Gegenstand einer INTERPOL-Meldung sind) und JANUS (von der Bundeskriminalpolizei im Zuge von Ermittlungsverfahren oder Vorabklärungen als kriminalpolizeiliche Zentralstelle bearbeitete Daten) sollen aktualisiert und in einem Gesetz vereint werden. Das Ziel ist es, diese Systeme transparenter zu gestalten, sie weit möglichst zu harmonisieren, Synergien zu schaffen und Arbeitsabläufe zu rationalisieren.

2.

Es soll eine formelle gesetzliche Grundlage für einen Nationalen Polizeiindex geschaffen werden; dieser Index ist gewissermassen ein Verzeichnis der Namen von Personen, die in mehreren polizeilichen Informationssystemen erfasst sind. Der Index ermöglicht es somit den zuständigen Behörden, über ein automatisiertes Abrufverfahren umgehend zu klären, ob eine Person bei einer Polizeibehörde des Bundes oder der Kantone aktenkundig ist, und welche Stellen über Daten zur Person verfügen.

3.

Der zusätzliche Informationsfluss auf Grund der Mitwirkung im Schengener Raum und in Europol soll in die bestehenden Informationssysteme integriert werden.

4.

Andere bundesrechtliche Erlasse sollen punktuell angepasst werden, um den Strukturänderungen Rechnung zu tragen, die sich in den vergangenen Jahren im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) vollzogenen haben.

Abgesehen vom Nationalen Polizeiindex, als einem allgemeinen Verzeichnis vorhandener Polizeidaten, schafft das BPI keine neuen polizeilichen Datenbanken.

Vielmehr vereint das BPI die Bestimmungen zu den bestehenden polizeilichen Informationssystemen in einem einzigen Gesetz und stellt alle Informationssysteme in einen Gesamtzusammenhang.

5062

Inhaltsverzeichnis Übersicht

5062

1 Allgemeiner Teil 1.1 Ausgangslage 1.2 Grundzüge des Gesetzesentwurfs 1.3 Ergebnisse des Vorverfahrens 1.3.1 Vorbereitungsarbeiten auf Bundesebene 1.3.2 Vernehmlassungsverfahren 1.3.3 Hauptsächliche Änderungen gegenüber dem Vorentwurf

5064 5064 5065 5067 5067 5067 5068

2 Besonderer Teil 2.1 Einleitung 2.2 Erläuterungen einzelner Artikel 2.2.1 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen 2.2.2 2. Abschnitt: Polizeilicher Informationssystem-Verbund 2.2.3 3. Abschnitt: Andere polizeiliche Informationssysteme 2.2.4 4. Abschnitt: Schlussbestimmungen 2.3 Änderung bisherigen Rechts 2.3.1 Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (Art. 15) 2.3.2 Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Neuer Art. 11a) 2.3.3 Schweizerisches Strafgesetzbuch 2.3.4 Bundesgesetz über die kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes 2.3.5 Bundesgesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor (GWG)

5069 5069 5069 5069 5074 5079 5083 5084

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.2 Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden 3.3 Weitere Auswirkungen

5088 5088 5089 5089

4 Legislaturplanung

5090

5 Rechtliche Grundlagen 5.1 Verfassungs- und Rechtmässigkeit 5.2 Verhältnis zum europäischen Recht 5.3 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 5.4 Erlassform

5090 5090 5090 5091 5091

Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (Entwurf)

5093

5084 5085 5087 5087 5087

5063

Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Das Bundesamt für Polizei (fedpol) ist für verschiedene Informationssysteme verantwortlich: 1.

Automatisiertes Fahndungssystem (RIPOL), Artikel 351bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB)1;

2.

Automatisiertes Fingerabdruck-Identifikationssystem (AFIS), Artikel 351septies StGB;

3.

DNA-Profil-Informationssystem, Artikel 10 ff. des DNA-Profil-Gesetzes vom 20. Juni 20032;

4.

Informatisiertes Personennachweis-, Aktennachweis- und Verwaltungssystem im Bundesamt für Polizei (IPAS), Artikel 351octies StGB;

5.

Informationssystem der kriminalpolizeilichen Zentralstellen des Bundes (JANUS), Artikel 11 des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 19943 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes (ZentG);

6.

Datenverarbeitungssystem zur Bekämpfung der Geldwäscherei (GEWA), Artikel 35 des Bundesgesetzes vom 10. Oktober 19974 zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor (GwG);

7.

Informatisiertes Staatsschutz-Informations-System (ISIS), Artikel 15 des Bundesgesetzes vom 21. März 19975 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS);

8.

Informationssystem Ausweisschriften (ISA), Artikel 11 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 20016 über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige.

Diese weitgehend für Polizeizwecke geschaffenen Systeme sind seit ihrer Einführung Anfang der Neunzigerjahre laufend weiterentwickelt worden, zumal in diesem Zeitraum auch die Organisation und die Kompetenzen der Polizeiorgane im EJPD geändert worden sind. Im Zuge der Bereinigung der Strukturen im Polizeibereich des Bundes («Strupol») wurde die bis dahin der Bundesanwaltschaft angegliederte Bundespolizei Teil des damaligen Bundesamtes für Polizeiwesen (heute: fedpol).

Mit dem Inkrafttreten von Artikel 340bis StGB am 1. Januar 2002 wurde die Strafgerichtshoheit des Bundes erweitert und bei fedpol die neue Bundeskriminalpolizei (BKP) geschaffen. Das schweizerische Strafregister, die internationale Rechtshilfe in Strafsachen und die Sozialhilfe für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer wurden hingegen vom Bundesamt für Polizeiwesen in das Bundesamt für Justiz überführt.

1 2 3 4 5 6

SR 311.0 SR 363 SR 360 SR 955.0 SR 120 SR 143.1

5064

Mit dem Inkrafttreten des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Europäischen Polizeiamt7 (Europol) am 1. März 2006 und der Unterzeichnung der Abkommen über die Assoziierung der Schweiz an Schengen und Dublin8 wird die polizeiliche Zusammenarbeit unter den europäischen Staaten massgeblich gestärkt werden. Im Zuge dieser Zusammenarbeit wird auch der polizeiliche Informationsaustausch mit den europäischen Staaten merklich zunehmen; dieses Mehr an Informationen muss in den bestehenden oder in noch zu schaffenden Informationssystemen bearbeitet werden können.

1.2

Grundzüge des Gesetzesentwurfs

Angesichts der Entwicklungen bestehender polizeilicher Datenbanken, der Strukturbereinigungen im Bundesamt für Polizeiwesen und des Vorhabens der Schaffung eines Nationalen Polizeiindexes gelangte der Bundesrat zur Überzeugung, dass die damit zusammenhängenden Rechtsfragen nach einer neuen, umfassenden Gesetzesgrundlage verlangen. Mit dem nun im Entwurf vorliegenden Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI) werden die folgenden Ziele angestrebt: 1.

Die rechtlichen Grundlagen der bestehenden polizeilichen Informationssysteme RIPOL, IPAS und JANUS sollen aktualisiert und in einem Gesetzestext vereint werden. Das Ziel ist es, diese Systeme transparenter zu gestalten, sie so weit wie möglich zu harmonisieren, Synergien zu schaffen und Arbeitsabläufe zu rationalisieren.

2.

Es soll eine formelle gesetzliche Grundlage für einen Nationalen Polizeiindex geschaffen werden.

3.

Der zusätzliche Informationsfluss auf Grund der Mitwirkung im Schengener Raum und in Europol soll in die bestehenden Informationssysteme integriert werden können.

4.

Andere bundesrechtliche Erlasse sollen punktuell angepasst werden, um so den Kompetenzverschiebungen innerhalb des EJPD Rechnung zu tragen.

Hinsichtlich des ersten Zieles der Vereinheitlichung der Rechtsgrundlagen für die bestehenden polizeilichen Informationssysteme wurde darauf verzichtet, sämtliche in Ziffer 1 aufgeführten Systeme ins BPI zu integrieren. Dies aus folgenden Gründen: ­

7 8

Das Informationssystem GEWA ist kein polizeiliches Informationssystem.

Bei der das System betreibenden Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) SR 0.360.268.2 Abkommen vom 26.10.2004 über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (SR ...); Abkommen vom ...

zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Dänemark über die Begründung von Rechten und Pflichten zwischen diesen beiden Staaten hinsichtlich der Schengener Zusammenarbeit (SR ...); Abkommen vom ... zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstandes und über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in der Schweiz, in Island oder in Norwegen gestellten Asylantrags (SR ...).

5065

handelt es sich um eine Verwaltungsbehörde, die aufgrund einer Vorprüfung entscheidet, ob Verdachtsmeldungen von Finanzintermediären überhaupt an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden oder nicht. Die Tätigkeit der Meldestelle und das Informationssystem müssen im Umfeld des GwG9 geregelt bleiben.

­

Das informatisierte Staatsschutz-Informations-System (ISIS) ist ein auf Prävention ausgerichtetes Arbeitsinstrument der mit der Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit betrauten Behörden (Inlandnachrichtendienst). Seine präventive Ausrichtung rechtfertigt eine Abgrenzung zu den in diesem Entwurf erwähnten polizeilichen Informationssystemen, die schwergewichtig repressiven Zwecken dienen.

­

Das DNA-Profil-Informationssystem unterliegt den detaillierten Bestimmungen des 2003 vom Parlament verabschiedeten DNA-Profil-Gesetzes vom 20. Juni 200310. Um nicht ein Gesetz, das eben erst verabschiedet worden ist, mehr als der Hälfte seiner Substanz zu berauben, sind die Bestimmungen über das Informationssystem nicht zum Gegenstand dieses Entwurfes gemacht worden.

­

Im automatisierten Fingerabdruck-Identifikationssystem (AFIS) werden Fingerabdrücke gespeichert, die im Zuge von Ermittlungsverfahren und in Zusammenhang mit der Ausländergesetzgebung abgenommen worden sind.

Es scheint angebracht, im BPI nur die Bearbeitung personenbezogener Daten zu regeln, die einen Bezug zu Fingerabdrücken aufweisen, die im Rahmen eines kriminellen Sachverhalts sichergestellt worden sind11. Dies entspricht auch der aktuellen Situation, in welcher die Daten mit kriminalpolizeilichem Bezug im IPAS und diejenigen mit ausländerspezifischem Hintergrund im zentralen Migrationsinformationssystem ZEMIS bearbeitet werden.

­

Beim Informationssystem Ausweisschriften (ISA) handelt es sich um ein Aktenführungssystem zur Verwaltung von Ausweisschriften und Identitätsausweisen; es soll den Missbrauch solcher Dokumente verhindern helfen.

Polizeiliche Zwecke erfüllt ISA indessen keine, weshalb es vom Geltungsbereich des BPI ausgenommen sein soll.

Im Rahmen des vierten Ziels wird eine punktuelle Änderung der rechtlichen Grundlagen des Informationssystems ISIS vorgeschlagen12. Ausserdem sind eine neue Gesetzesgrundlage zur Schaffung eines Informationssystems im Bereich der Rechtshilfe in Strafsachen13 und eine Änderung des GwG14 vorgesehen.

9 10 11 12 13 14

SR 955.0 SR 363 Siehe dazu Artikel. 14 des Entwurfs Siehe Ziffer 2.3.1 Siehe Ziffer 2.3.2 Siehe Ziffer 2.3.5

5066

1.3

Ergebnisse des Vorverfahrens

1.3.1

Vorbereitungsarbeiten auf Bundesebene

Ab Ende 1999 unterzog eine Projektorganisation, in der das Eidgenössische Justizund Polizeidepartement (EJPD) und die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) vertreten waren, das System der inneren Sicherheit der Schweiz einer Gesamtüberprüfung (Projekt USIS). Im Rahmen dieses Projekts haben das EJPD und die KKJPD die Schaffung eines Nationalen Polizeiindexes in Auftrag gegeben. Dieser Index soll es den Schweizer Polizeibehörden ermöglichen mittels einer einzigen Abfrage abzuklären, ob eine andere Behörde bereits Informationen über eine bestimmte Person bearbeitet hat. Auf dieses Weise lassen sich einerseits die Rechts- und die Amtshilfe beschleunigen, und andererseits verfügen alle Schweizer Polizeibehörden über dieselben Informationen.

Angesichts der mangelnden Einheitlichkeit der geltenden Rechtsgrundlagen für polizeiliche Informationssysteme schlug das EJPD vor, ein einziges, für alle bestehenden polizeilichen Informationssysteme des Bundes geltendes Gesetz auszuarbeiten und darin gleichzeitig die gesetzliche Grundlage für einen Nationalen Polizeiindex zu schaffen. Der entsprechende Vorentwurf wurde im ersten Halbjahr 2005 in die Vernehmlassung gegeben.

1.3.2

Vernehmlassungsverfahren

Der Entwurf wurde insgesamt positiv aufgenommen, wenngleich einige wichtige Grundsätze und Details teilweise stark kritisiert wurden. Alle Behörden und Organisationen, die sich dazu äusserten, stimmten dem Entwurf grundsätzlich zu. Einige Kantone meldeten hinsichtlich ihrer Beteiligung am Nationalen Polizeiindex Vorbehalte an, zumal die Kosten noch nicht hinreichend genau beziffert worden seien und nicht feststehe, ob tatsächlich alle Kantone sich am Index beteiligen werden.

Die Notwendigkeit, im Bereich Polizeidatenbanken gesetzgeberisch tätig zu werden und ein Verbundnetz polizeilicher Informationssysteme zu schaffen, wurde nicht bezweifelt. Ebenso wenig wurde der Grundsatz in Frage gestellt, einen Nationalen Polizeiindex einzurichten und das RIPOL zur Vorbeugung internationaler Kindesentführungen einzusetzen. Abgesehen vom Vorhaben, das indirekte Auskunftsrecht in Bezug auf gerichtspolizeiliche Ermittlungen der Bundesanwaltschaft einzuführen (Änderungsentwurf des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege15), bejahte die Mehrheit der Kantone, der politischen Parteien und der interessierten Organisationen die Vorschläge.

Die grosse Mehrheit der Befragten nahm ausführlich Stellung zum Vorhaben, einen Nationalen Polizeiindex zu schaffen. Dieser Index ist denn auch das einzige neu zu schaffende Informationssystem, das im Entwurf zum BPI vorgeschlagen wird.

Die Kantone, die davon vor allem betroffen sind, befürworten zwar einerseits die Schaffung eines Polizeiindexes, zeigen sich aber andererseits besorgt hinsichtlich der technischen und finanziellen Auswirkungen und allfälliger Probleme für die polizeilichen Ermittlungsverfahren, wenn sich nicht alle Kantone am Polizeiindex beteiligen sollten. Einige Kantone befürworten eine Harmonisierung ihrer Informa15

SR 312.0

5067

tionssysteme und die Vereinfachung des Zugriffs auf Daten, die in Systemen des Bundes gespeichert sind, dies auch im Sinne eines vorbereitenden Schritts in Richtung Zusammenarbeit im Schengener Raum. Einige der Teilnehmenden bezeichneten es als wünschenswert, dass die Konzeption des BPI vereinbar ist mit den Verpflichtungen, welche die Schweiz in den bilateralen Abkommen mit der EU eingegangen ist. Die politischen Parteien befürworten den Polizeiindex durchwegs, vorausgesetzt, dass sich alle Kantone daran beteiligen.

Mit der Übernahme der geltenden Bestimmungen von Artikel 14 Absatz 2­4 ZentG16 in Artikel 8 BPI wird bezüglich Auskünften aus dem von der Bundeskriminalpolizei geführten «System Bundesdelikte», welches der heutigen Datenbank JANUS entspricht, das Prinzip des indirekten Auskunftsrechts beibehalten. Wenn eine Person dieses Recht geltend macht, erhält sie vom Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDSÖB) eine stets gleichlautende Antwort, wonach über sie entweder keine Daten bearbeitet werden oder der EDSÖB bei Vorhandensein allfälliger Fehler eine Empfehlung zu deren Behebung an die zuständige Behörde gerichtet habe. Das indirekte Auskunftsrecht stellt einen Kompromiss zwischen den Interessen der Strafverfolgung und dem Schutz der Grundrechte der Bürger dar. Geschaffen wurde es im Zuge der parlamentarischen Beratungen zum ZentG und zum BWIS17. Die Mehrheit der konsultierten Kantone und alle befragten politischen Parteien ­ darunter die vier Regierungsparteien ­ sprachen sich in der Vernehmlassung zum BPI nicht ausdrücklich gegen das indirekte Auskunftsrecht aus, wie es derzeit existiert. Anders steht es mit der im Vorentwurf vorgeschlagenen Erweiterung des indirekten Auskunftsrecht auf die gerichtspolizeilichen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft: Sechs Kantone verwarfen diesen Vorschlag ausdrücklich. Lediglich drei Kantone befürworten den Vorschlag in der im Vorentwurf unterbreiteten Form.

1.3.3

Hauptsächliche Änderungen gegenüber dem Vorentwurf

Der vorliegende Gesetzesentwurf unterscheidet sich vom Vorentwurf in folgenden Punkten:

16 17 18

­

Verzicht auf Änderung des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege (BStP)18, soweit das individuelle Auskunftsrecht betroffen ist, das es Personen ermöglicht, darüber Auskunft zu erhalten, ob die gerichtliche Polizei Daten über sie bearbeitet;

­

Einbezug der Daten, die im Rahmen von Schengen und Europol übermittelt werden, in die bestehenden Polizeiinformationssysteme;

­

Übernahme der im Strafgesetzbuch enthaltenen Bestimmung über den nationalen Teil des Schengener Informationssystems (N-SIS);

­

Schaffung einer Rechtsgrundlage für eine allfällige Festlegung der Kriterien zur Erfassung kantonaler Daten im Nationalen Polizeiindex durch den Bund (z. B. Deliktskatalog).

SR 360 SR 120 SR 312.0

5068

Abgesehen von diesen Änderungen stimmt die allgemeine Struktur des Gesetzesentwurfs weitgehend mit derjenigen des Vorentwurfes überein. Die allgemeinen Grundlagen der Datenbearbeitung bleiben unverändert.

2

Besonderer Teil

2.1

Einleitung

Wie unter Ziffer 1.1 erwähnt, regelt das BPI die Bearbeitung von Daten in den polizeilichen Informationssystemen des Bundes. Diese Systeme setzen sich zusammen aus dem polizeilichen Informationssystem-Verbund, dem automatisierten Personen- und Sachfahndungssystem, dem nationalen Teil des Schengener Informationssystems (N-SIS), dem Geschäfts- und Dokumentenverwaltungssystem von fedpol und dem Nationalen Polizeiindex. Abgesehen vom Polizeiindex und dem N-SIS sind diese auf formelle gesetzliche Grundlagen gestützten Informationssysteme bereits seit mehreren Jahren in Betrieb. Bis auf den Polizeiindex und den N-SIS werden mit dem BPI somit keine neuen Datenbanken im eigentlichen Sinne eingeführt, sondern lediglich die bestehenden Rechtsgrundlagen aktualisiert. Der Text der Bestimmung, die als formelle gesetzliche Grundlage des N-SIS dient und die bei der Volksabstimmung vom 5. Juni 200519 angenommen worden ist, ist ins BIP übernommen worden.

Das Gesetz regelt für jedes Informationssystem die Art der Daten und den Zweck, zu dem sie bearbeitet werden dürfen, die Grundsätze der Datenbearbeitung, die zugriffsberechtigten Behörden und das Recht von Privatpersonen auf Auskunft darüber, ob über sie Daten bearbeitet werden. Die Ausführungsverordnungen werden weitere Einzelheiten regeln20.

2.2

Erläuterungen einzelner Artikel

2.2.1

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Gegenstand

In diesem Artikel wird der Zweck des Gesetzes beschrieben. Dieser besteht in der Regelung der Nutzung der in Artikel 2 aufgeführten, vom Bund betriebenen polizeilichen Informationssysteme.

Art. 2

Geltungsbereich

Dieser Artikel enthält eine abschliessende Auflistung der im Gesetzesentwurf geregelten Informationssysteme.

Art. 3

Grundsätze

Hauptsächlich die Strafverfolgungs-, die Polizei- und die mit der Wahrung der inneren Sicherheit betrauten Behörden nutzen diese polizeilichen Informations19 20

BBl 2004 7149 ff. (Die Bestimmung über das N-SIS findet sich in Art. 351decies StGB) Siehe Ziffer 2.2.4 und 5.3

5069

systeme. Die Systeme sollen diese Behörden bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben unterstützen (Abs. 1). Es sei hier darauf hingewiesen, dass die mit der Wahrung der inneren Sicherheit betrauten Behörden zwar in erster Linie das Informatisierte Staatsschutz-Informations-System (ISIS) nutzen, das im BWIS21 geregelt ist. Zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben können diese Behörden jedoch punktuell auch die im BPI vorgesehenen polizeilichen Informationssysteme abfragen.

In Absatz 2 wird in allgemeiner Form festgehalten, dass die Polizeibehörden besonders schützenswerte Personendaten und Persönlichkeitsprofile in den polizeilichen Informationssystemen bearbeiten dürfen. Mit dieser Bestimmung soll der Anforderung von Artikel 17 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG)22 entsprochen werden, wonach solche Daten nur bearbeitet werden dürfen, wenn ein formelles Gesetz dies ausdrücklich vorsieht. Die Bestimmungen in Absatz 2 stellen indessen keine generelle Bewilligung zur Bearbeitung besonders schützenswerter Daten dar; vielmehr dürfen solche Daten lediglich dann in einem bestimmten Informationssystem bearbeitet werden, wenn dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist und dem Zweck des Systems entspricht. Die Zugriffsrechte der verschiedenen Behörden auf die polizeilichen Informationssysteme sind im Übrigen in den Abschnitten 2 und 3 des Gesetzesentwurfes detailliert geregelt.

Art. 4

Datenbearbeitung im Rahmen der internationalen Polizeizusammenarbeit

Dieser Artikel soll hervorheben, dass die Strafverfolgungs- und Polizeibehörden bei ihrer Arbeit in zunehmendem Mass auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen angewiesen sind. Die Polizeibehörden des Bundes dürfen bereits heute mit den zuständigen ausländischen Behörden Informationen austauschen23. Mit Artikel 4 des Entwurfs sollen bestehende Bestimmungen verstärkt und der Bund ausdrücklich ermächtigt werden, Daten der internationalen Polizeizusammenarbeit in den polizeilichen Informationssystemen zu bearbeiten. Ausländische Behörden und internationale Organisationen dürfen in den polizeilichen Informationssystemen Daten online abfragen, wenn dafür eine entsprechende gesetzliche Grundlage besteht. Dieser allgemeine Grundsatz bestätigt eine bereits bestehende Möglichkeit24 und erlaubt es, neue Systemzugriffe ins Auge zu fassen.

Die erfolgreiche Verbrechensbekämpfung - gegebenenfalls unter Einbezug des automatisierten Informationsaustausches - ist heute ohne internationale Zusammenarbeit nicht mehr denkbar. Der Gesetzesentwurf des BPI sieht die Bearbeitung der im Zuge des Informationsaustausches mit Schengen und Europol erhaltenen Daten bereits vor. Er ermöglicht aber auch weitere, in einem internationalen Abkommen vorgesehene Formen der Zusammenarbeit.

21 22 23

24

SR 120 SR 235.1 Siehe beispielsweise Artikel 2 Buchstaben a, b, d und e des Bundesgesetzes über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes, SR 360, und Artikel 4­8 des Vertrags vom 27. April 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden, SR 0.360.163.1.

Siehe beispielsweise Artikel 351bis Absatz 3 Buchstabe e StGB (Interpolstellen können im RIPOL Daten online abfragen).

5070

Art. 5

Datenbearbeitung zur internen Kontrolle und im Zusammenhang mit Wartungsarbeiten

Die Berechtigung zur unmittelbaren Datenabfrage, das heisst zum Online-Zugriff, ist je nach System und Bedürfnis und je nach den gesetzlichen Aufgaben der betreffenden Behörden unterschiedlich geregelt. Einheitlich geregelt wird in Artikel 5 hingegen das Recht auf Zugriff auf polizeiliche Informationssysteme durch interne Kontrolldienste und durch diejenigen Personen, die für die Einhaltung der Datenschutzvorschriften und die technische Wartung verantwortlich sind. Dieses Zugriffsrecht ermöglicht ihnen die korrekte Erfüllung ihrer Aufgaben. Damit diese Zugriffsrechte nicht für jedes Informationssystem ausdrücklich wiederholt werden müssen, ist diese Bestimmung im Allgemeinen Teil eingefügt worden.

Art. 6

Aufbewahrung, Löschung, Archivierung und Vernichtung der Daten

Dieser Artikel verweist auf eines der Grundprinzipien des Datenschutzes, wonach Personendaten nur so lange aufbewahrt werden dürfen, wie es der Bearbeitungszweck erfordert. Deshalb sind maximale Aufbewahrungsfristen vorgesehen. Diese sind indessen je nach Informationssystem unterschiedlich ausgestaltet und in Spezialerlassen auf Verordnungsstufe geregelt25. Zudem sieht Artikel 6 vor, dass die Berechnung der Aufbewahrungsfristen der Daten nach einem genau bestimmten Verfahren zu regeln ist. Es gilt, je nach Informationssystem, entweder das so genannte statische oder das dynamische bzw. historische Verfahren: ­

Für die in den polizeilichen Informationssystemen bearbeiten Daten, bei denen nach der in Absatz 1 Buchstaben a («statisches» Verfahren) festgelegten Vorgehensweise verfahren wird, gilt für jeden einzelnen Eintrag eine individuelle Aufbewahrungsfrist. Nach deren Ablauf werden die betreffenden Daten, ungeachtet einer allfälligen Verbindung mit anderen Daten, gelöscht.

­

Auch für die unter Absatz 1 Buchstabe b («dynamisches» oder historisches Verfahren) fallenden Systeme gilt eine maximale Aufbewahrungsfrist. Wird indessen eine neue Information im System aufgenommen, die einen Bezug zu einer bereits gespeicherten Information aufweist, können diese Daten miteinander verknüpft werden. Mit dieser Verknüpfung entsteht ein Datenblock, der erst dann gelöscht werden muss, wenn die Aufbewahrungsfrist der zuletzt erfassten Information abgelaufen ist.

Bei der Anwendung des dynamischen bzw. historischen Verfahrens müssen die Daten von einem Fachdienst von fedpol26 regelmässig einer allgemeinen Überprüfung unterzogen werden (Abs. 2). Im Zuge dieser Überprüfung wird jeder Datenblock einzeln geprüft. Daten, deren maximale Aufbewahrungsfrist noch nicht abgelaufen ist, die aber nicht länger benötigt werden, werden gelöscht oder anonymisiert.

Absatz 4 entspricht den Grundsätzen des Bundesgesetzes vom 26. Juni 199827 über die Archivierung.

25 26 27

In Art. 19 wird der Bundesrat ermächtigt , die Aufbewahrungsdauer der Daten und die Löschungsmodalitäten pro Informationssystem auf Verordnungsstufe zu regeln.

Siehe beispielsweise Artikel 14 der JANUS-Verordnung (SR 360.2) für das aktuelle JANUS-System.

SR 152.1

5071

Art. 7

Auskunftsrecht

Absatz 1 legt das dem Artikel 8 DSG zugrunde liegende Prinzip fest, wonach jede Person dazu berechtigt ist, beim Inhaber der Datensammlung Auskunft darüber zu verlangen, ob über sie in einem polizeilichen Informationssystem Daten bearbeitet werden. Für alle polizeilichen Informationssysteme nimmt fedpol grundsätzlich die Funktion einer Anlaufstelle wahr. Artikel 7 und Artikel 8 beschreiben die je nach System unterschiedlichen Modalitäten.

Nach Artikel 7 Absatz 2 leitet fedpol Auskunftsgesuche betreffend Daten, die im Informationssystem zur Unterstützung gerichtspolizeilicher Ermittlungen des Bundes (Art. 10) bearbeitet werden - diese Ermittlungen unterliegen den Bestimmungen der Bundesstrafrechtspflege28 - an die Schweizerische Bundesanwaltschaft weiter.

Gesuche betreffend die von der Bundeskriminalpolizei ausserhalb eines Strafverfahrens bearbeiteten Daten29 werden an den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten weitergeleitet. Diese Gesuche werden nach den in Artikel 8 des Gesetzesentwurfs festgelegten Bestimmungen bearbeitet. Die Auskunftsgesuche, die kantonale Behörden gemäss Artikel 13 des Entwurfs betreffen, müssen direkt an die kantonalen Behörden gerichtet werden. Diese Gesuche werden nach kantonalem Recht bearbeitet.

Absatz 4 regelt die Behandlung von Gesuchen um Auskunft über Daten, die in dem Informationssystem über internationale und interkantonale Polizeikooperation (Artikel 12), im polizeilichen Personenidentifikations- oder im automatisierten Fahndungssystem (Artikel 14 und 15), im nationalen Teil des Schengener Informationssystems (Art. 16), im Nationalen Polizeiindex (Artikel 17) oder im Geschäftsverwaltungssystem von fedpol (Artikel 18) bearbeitet werden. Das Zugriffsrecht bestimmt sich nach den Bestimmungen des DSG einschliesslich der Auskunftsverweigerungsgründe gemäss Artikel 9 dieses Gesetzes. Nach Rücksprache mit der Behörde, die die Daten eingetragen hat oder hat eintragen lassen, entscheidet fedpol über das Gesuch. Das Untersuchungsgeheimnis muss in jedem Fall gewahrt bleiben.

Art. 8

Recht auf indirekte Auskunft

Dieser Artikel regelt das Recht auf Auskunft über die im kriminalpolizeilichen Informationssystem nach Artikel 11 bearbeiteten Daten (System Bundesdelikte). Mit der Übernahme der derzeit geltenden Bestimmungen von Artikel 14 Absatz 2­4 ZentG in Artikel 8 BPI wird das Prinzip des indirekten Auskunftsrechts für dieses System beibehalten. Wenn eine Person dieses Recht geltend macht, erhält sie vom Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDSÖB) die stets gleichlautende Antwort, wonach über sie entweder keine Daten unrechtmässig bearbeitet werden oder der EDSÖB bei Vorhandensein allfälliger Fehler in der Datenbearbeitung eine Empfehlung zu deren Behebung an die zuständige Behörde gerichtet habe. Die gesuchstellende Person kann aus dieser Antwort nicht ableiten, ob sie betreffende Daten im Informationssystem überhaupt bearbeitet werden; sie hat aber das Recht, sich an das Bundesverwaltungsgericht zu wenden, damit dieses die Arbeit des EDSÖB überprüfe.

28 29

Artikel 102bis BStP System Bundesdelikte, geregelt in Art. 11

5072

Der EDSÖB vertritt den Standpunkt, dass dieses Auskunftsrecht unbefriedigend sei, weil es nicht einem echten Auskunftsrecht entspreche. Vor allem könne er in der Rolle als Vertreter des Gesuchstellers nicht beurteilen, ob gewisse Informationen richtig seien, womit das Recht auf Datenberichtigung letztlich nicht gewahrt werden könne. Der EDSÖB wünscht deshalb, dass die geltende Lösung durch ein direktes Auskunftsrecht ersetzt werde.

Dem EDSÖB ist entgegen zu halten, dass ein direktes Auskunftsrecht für das Informationssystem der Bundeskriminalpolizei die Geheimhaltung der Ermittlungen beeinträchtigen und dadurch die Polizeiarbeit gefährden könnte. Die vom Gesetzgeber auch im Rahmen der nachrichtendienstlichen Informationsbearbeitung vorgesehene Regelung des indirekten Auskunftsrechts verhindert, dass schwertskriminelle Kreise anhand des Auskunftsrechts in Erfahrung bringen können, ob seitens der Bundeskriminalpolizei Informationsbearbeitungen angehoben worden sind, welche zur Aufdeckung einer geheimen kriminellen Organisationen führen könnten. Genau dieser Rückschluss aber würde möglich, wenn die bestehende indirekte durch eine direkte Auskunftsregelung ersetzt würde, weil Letztere die Verweigerung von Auskünften stets von einer Begründung abhängig macht. Aus dieser Begründung kann der um Auskunft Ersuchende unschwer schliessen, dass eine strafverfolgungsbehördliche Datenbearbeitung im Gange sein muss, die sein persönliches Umfeld betrifft. Dies gilt es zu verhindern.

Im Übrigen beschränkt sich das die indirekte Auskunftsregelung, wie erwähnt, auf das von der Bundeskriminalpolizei gespiesene «System Bundesdelikte», welches namentlich der Aufdeckung krimineller Organisationen und der Bekämpfung der von diesen ausgehenden Straftaten dient30. Sobald gegen die von einer kriminalpolizeilichen Datenbearbeitung betroffenen Personen ein Strafverfahren eröffnet wird, kommt die direkte Auskunftsregelung zur Anwendung. Die Regelung des indirekten Auskunftsrechtes im BPI erweist sich somit aufgrund ihres beschränkten Geltungsbereiches als verhältnismässig.

Der Bundesrat erachtet deshalb die bestehende Regelung als einen guten Kompromiss zwischen den Interessen des Datenschutzes und denjenigen der Polizei und will sie unverändert in das BPI übernehmen. Im Übrigen kennen auch andere europäische Länder
vergleichbare Verfahren31.

Mit Ausnahme der Regelung des indirekten Auskunftsrechts gemäss Artikel 8 ist das DSG32 auf die polizeilichen Informationssysteme anwendbar, sofern das BPI und der BStP33 keine speziellen Bestimmungen bezüglich der Datenbearbeitung enthalten. Zu denken ist etwa an Gründe für die Verweigerung einer Auskunft (Art. 9 DSG) oder an die Möglichkeit der Bundesbehörden, im Einzelfall Personendaten bekannt zu geben (Art. 19 DSG).

30 31

32 33

Vgl. dazu die Erklärungen zu Artikel 11 In Frankreich beispielsweise ist der Commission nationale de l'informatique et des libertés (C.N.I.L.) eine gesetzliche indirekte Kontrolle über bestimmte Datenbanken eingeräumt worden.

SR 235.1 SR 312.0

5073

2.2.2

2. Abschnitt: Polizeilicher Informationssystem-Verbund

Die Artikel 9­14 bilden das Kernstück des BPI. Sie definieren das Hauptarbeitsinstrument der Bundeskriminalpolizei (BKP) im Kampf gegen die Kriminalität: Den polizeilichen Informationssystem-Verbund.

Grundidee dieses Verbundsystems ist es, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kategorien von Daten alle erhobenen polizeilichen Informationen in einem System zu vereinen. Für jede Datenkategorie gilt indessen eine spezifische Regelung. Auf die jeweiligen Datenkategorien haben nicht alle, sondern lediglich die jeweils berechtigten Behörden Zugriff. Das Verbundsystem umfasst die derzeit nach Artikel 11 des ZentG und Artikel 351octies StGB34 in den Systemen JANUS und IPAS bearbeiteten Daten. Artikel 9 Absatz 2 des Gesetzesentwurfs verdeutlicht den Sinn der Zusammenführung der beiden Teilsysteme: Das Verbundssystem ermöglicht es den Benutzenden, soweit sie zugriffsberechtigt sind, mit einer einzigen Abfrage zu klären, ob Daten einer bestimmte Person in einem der Systeme oder auch in mehreren Systemen nach Massgabe der Artikel 10-14 (Ermittlungsverfahren, Bundesdelikte, internationale und interkantonale Polizeikooperation, kantonale Ermittlungen und Identifikation) bearbeitet werden.

Art. 10

System zur Unterstützung gerichtspolizeilicher Ermittlungen des Bundes

Artikel 10 regelt die Datenbearbeitung im Bereich der gerichtspolizeilichen Ermittlungen des Bundes. Hat die Bundesanwaltschaft ein Verfahren eröffnet, unterliegen die Ermittlungshandlungen der fedpol angegliederten BKP dem Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege35, namentlich den Artikeln 100 ff. Das nach Artikel 10 BPI vorgesehene Informationssystem ist dazu bestimmt, alle von der BKP während der Ermittlungen bearbeiteten Daten verzeichnen zu können. Der Zugriff auf diese Daten bleibt den verfahrensführenden Behörden, das heisst der BKP und der Bundesanwaltschaft, vorbehalten. Mit Einverständnis der Bundesanwaltschaft kann bei gewissen Verfahren der Zugriff einer kantonalen Behörde auf das Informationssystem auch eingeschränkt werden (Art. 10 Abs. 5). Auch der fedpol angegliederte Dienst für Analyse und Prävention (DAP) ist berechtigt, zur Erfüllung bestimmter, im Gesetz festgelegter Aufgaben im Informationssystem enthaltene Daten zu bearbeiten.

Art. 11

System Bundesdelikte

Das in Artikel 11 eingeführte System soll der BKP als Hilfsmittel für polizeiliche Vorabklärungen dienen. Dabei geht es um die ausserhalb von eröffneten Strafverfahren erfolgende Bearbeitung von Informationen, welche die BKP vor Eröffnung eines Strafverfahrens (polizeilichen Vorabklärungen) in Anwendung des ZentG und der internationalen Abkommen über die Polizeizusammenarbeit36 gesammelt hat. Diese Daten müssen der Bundesgerichtsbarkeit unterliegende strafbare Handlungen37

34 35 36 37

SR 311.0 SR 312.0 Siehe auch Erläuterungen zu Artikel 4 Artikel 340 und 340bis StGB

5074

betreffen und dem Tätigkeitsbereich der BKP als kriminalpolizeiliche Zentralstelle des Bundes entsprechen.

Das in diesem Artikel geregelte System Bundesdelikte entspricht dem sich derzeit in Betrieb befindlichen Informationssystem der BKP, JANUS. Artikel 11 der Vorlage übernimmt deshalb die entsprechende Rechtsgrundlage in Artikel 11 ZentG, die mit dem Inkrafttreten des BPI aufgehoben werden kann. Die in diesem System erfassten Daten bearbeitet die BKP in ihrer Funktion als kriminalpolizeiliche Zentralstelle des Bundes im Sinne von Artikel 1 der Verordnung über die Wahrnehmung kriminalpolizeilicher Aufgaben im Bundesamt für Polizei38.

Die Aufgaben als kriminalpolizeiliche Zentralstelle und die Art und Weise, wie die BKP Daten erhebt und anschliessend im System Bundesdelikte bearbeitet, sind namentlich in den Artikel 2, 3, 7 und 11 des ZentG geregelt. Nach Artikel 7 Absatz 1 und 2 ZentG hat die Zentralstelle die Aufgabe, kriminelle Organisationen im Sinne von Artikel 260ter StGB39 und grenzüberschreitende Wirtschaftsdelikte zu erkennen sowie insbesondere auch die vom Organisierten Verbrechen ausgehenden Straftaten zu bekämpfen.

Dieser Auftrag zur Früherkennung von komplexen und schwertskriminellen Phänomenen bedingt eine Datenbearbeitung, die gegen aussen nicht erkennbar ist und deshalb der speziellen Regelung des indirekten Auskunftsrechts unterworfen werden muss40. Auf Grund dieser Vertraulichkeitserfordernisse wird in Absatz 4 von Artikel 11 der Vorlage ausdrücklich vorgesehen, dass das Erscheinen von im System Bundesdelikte erfassten Daten im Nationalen Polizeiindex unterdrückt werden kann41. Gemäss Artikel 17 Absatz 4 kann der Bundesrat zudem den Zugriff auf Verzeichnungen im System Bundesdelikte für bestimmte Benutzerkreise des Index gänzlich ausschliessen.

In Absatz 5 von Artikel 11 werden die Online-Zugriffe auf das System Bundesdelikte geregelt. Die dort aufgeführten Behörden und Organisationseinheiten dürfen nur so weit auf das System zugreifen, als es zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben notwendig ist. Den präzisen Umfang der Zugriffsberechtigungen regelt der Bundesrat gemäss Artikel 19 Buchstabe c auf Verordnungsstufe.

Absatz 6 von Artikel 11 verweist im ersten Satz auf den Umstand, dass bei Vorliegen wichtiger Strafverfolgungsinteressen ohne Wissen der Betroffenen Personendaten
gesammelt werden können. Gemäss Artikel 3 in Verbindung mit Artikel 14 Absatz 1 ZentG kommt diese Befugnis der verdeckten Beschaffung von Personendaten der BKP auch in ihrer Eigenschaft als kriminalpolizeiliche Zentralstelle zu. Ist es seitens der BKP zu einer solchen verdeckten Informationsbeschaffung gekommen, hat sie die betroffene Person über diese Beschaffung zu informieren, sobald die Interessen der Strafverfolgung an einer weiteren Geheimhaltung weggefallen sind und der Mitteilung auch keine anderen gesetzlichen Gründe entgegenstehen. Diese Regelung des geltenden ZentG wird in Artikel 11 Absatz 6 der Vorlage überführt und mit folgenden Präzisierungen ergänzt: ­

38 39 40 41

Im zweiten Satz von Absatz 6 wird explizit darauf hingewiesen, dass die nachträgliche Mitteilungspflicht an verdeckte Datenbeschaffungen der BKP SR 360.1 SR 311.0 Vgl. Artikel 8 BIP und die Erläuterungen dazu.

Vgl. dazu die Erläuterungen zu Artikel 17 BPI, 5. Absatz.

5075

anknüpft. Im geltenden ZentG erwies sich diese Präzisierung aufgrund des systematischen Zusammenhanges zwischen Artikel 3 und 14 Absatz 1 als verzichtbar, zumal aus der Entstehungsgeschichte dieses Erlasses hervorgeht, dass die Eidgenössichen Räte die nachträgliche Informationspflicht auf die verdeckten Datenbeschaffungen der Zentralstellen beschränken wollten: Die Artikel 14 Absatz 1 ZentG entsprechende Bestimmung befand sich im bundesrätlichen Entwurf nämlich zunächst im ersten Teil der Vorlage (allgemeine Bestimmungen)42, wo auch die Verfahren der Informationsbeschaffung durch die Zentralstellen geregelt waren. Erst im Laufe der parlamentarischen Beratungen wurde diese Bestimmung dann unter Beibehaltung ihres Wortlautes in den Abschnitt 4 verschoben und in Artikel 14 ZentG eingegliedert43. Aufgrund der mit der Vorlage angestrebten Überführung von Artikel 14 Absatz 1 ZentG ins BPI erweist sich ein ausdrücklicher Hinweis auf die Datenbeschaffung durch die BKP als angezeigt. Der EDSÖB spricht sich indessen gegen diese Präzisierung aus, weil er der Auffassung ist, die nachträgliche Mitteilungspflicht der BKP müsse auch an Beschaffungsvorgänge anknüpfen, welche von anderen Behörden durchgeführt worden sind.

Dieser Interpretation des EDSÖB steht indessen nicht nur die Entstehungsgeschichte des ZentG, sondern auch das kompetenzrechtliche Prinzip entgegen, wonach für die Benachrichtigung der Betroffenen über einen zeitlich oft weit zurückliegenden Beschaffungsvorgang nur diejenige Behörde zuständig sein kann, welche die verdeckten Informationserhebungen zu verantworten hatte, zumal auch nur sie den verfahrensrechtlichen Gesamtzusammenhang der verdeckten Massnahmen kennt und somit auch nur sie beurteilen kann, ob die zur verdeckten Beschaffung Anlass gebenden Strafverfolgungsinteressen inzwischen weggefallen sind. Handelte es sich bei der verdeckt beschaffenden Drittbehörde um eine kantonale oder ausländische Stelle, wird offensichtlich, dass die nachträgliche Benachrichtigung nicht nach Massgabe des ZentG ablaufen kann.

­

In den Buchstaben a­c von Artikel 11 Absatz 6 der Vorlage finden sich weitere Präzisierungen zur Einschränkung der nachträglichen Mitteilungspflicht.

Diese entsprechen der heutigen Mitteilungspraxis der BKP und werden auch vom EDSÖB nicht in Frage gestellt.

Art. 12

System internationale und interkantonale Polizeikoordination

Das in Artikel 12 vorgesehene System erlaubt der BKP, alle Daten zu bearbeiten, die sie von schweizerischen und ausländischen Behörden erhält, die aber weder strafbare, der Bundesgerichtsbarkeit unterliegende Handlungen betreffen, noch in die Zuständigkeit einer kriminalpolizeilichen Zentralstelle des Bundes fallen. Beispielsweise kann die BKP als nationales Zentralbüro Interpol Schweiz von einem Kanton darum ersucht werden, Daten über eine der schweren Körperverletzung verdächtigte Person ins Ausland zu senden. Denkbar ist etwa auch, dass die BKP in ihrer Eigenschaft als Kontaktstelle ausländischer Polizeibehörden eine Meldung über Autodiebstahl erhält. Es ist wichtig, über ein System zu verfügen, in dem auch 42 43

Als Artikel 351duodecies Absatz 2 StGB (Informationsbeschaffung [durch die Zentralstelle für die Bekämpfung des organisierten Verbrechens]), vgl. BBl 1994 I 1145.

Vgl. Antrag der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates, AB S 1994 II 725. Der ursprüngliche Text wurde von der Kommission unverändert übernommen und später vom Parlament nicht kommentiert oder besprochen.

5076

polizeilich relevante, allgemein verbreitete Daten erfasst werden können, die also nicht strafbare Handlungen betreffen, die der Bundesgerichtsbarkeit unterliegen.

Dies ermöglicht es auch, Daten zu bearbeiten, die die Koordination interkantonaler und internationaler44 Ermittlungen zu strafbaren Handlungen betreffen, die nicht der Bundesgerichtsbarkeit unterliegen.

Derzeit erfüllt das IPAS diese Aufgabe ­ zumindest in einem gewissen Mass. Kraft Artikel 351octies Absatz 3 Buchstabe e StGB45 können alle im Rahmen der Zusammenarbeit mit Interpol bearbeiteten Daten im IPAS erfasst werden, und zwar unabhängig davon, um welche Straftat es sich konkret handelt.

Seit dem Inkrafttreten von Artikel 351octies ist eine Vielzahl neuer internationaler Informationskanäle46 zur Übermittlung polizeilich relevanter Daten entstanden. Es bedarf folglich eines Systems, in dem solche Informationen erfasst werden können, und zwar unabhängig davon, über welche dieser Kanäle sie eingegangen sind. Laut Absatz 5 soll dieses System zwischen den einzelnen Kanälen unterscheiden können, über die eine Information jeweils gesendet worden ist. So lassen sich die Informationen optimal verwalten und gegebenenfalls unterschiedliche Datenbearbeitungsregeln befolgen. Gleichlautende Bestimmungen für andere Polizeiinformationssysteme finden sich in Artikel 11 Absatz 3 und in Artikel 18 Absatz 4 des Gesetzesentwurfs.

Art. 13

System zur Unterstützung der Ermittlungen der Kantone im Bereich ihrer Strafverfolgungskompetenzen

Artikel 13 sieht ein System vor, das den Kantonen für ihre polizeilichen Ermittlungen zur Verfügung steht. Es handelt sich um eine Dienstleistung des Bundes, die es den Kantonen ermöglicht, ein auf Bundesebene entwickeltes Informationssystem zu nutzen. Diese Dienstleistung ist indessen nichts Neues: Sie wird bereits in Zusammenhang mit dem Informationssystem JANUS47 angeboten. Darüber hinaus wird dank Artikel 13 in Fällen, die sowohl in die Zuständigkeit des Bundes wie in diejenige eines oder mehrerer Kantone fallen, der Austausch von Informationen unter den beteiligten Stellen erleichtert. Auch lassen sich so die Verfahren besser koordinieren. Den Kantonen bleibt es indessen freigestellt, Daten, die ausschliesslich ihren Zuständigkeitsbereich betreffen, in ihrem eigenen Informationssystem zu bearbeiten.

Die Daten, die im System nach Artikel 13 bearbeitet werden, unterliegen kantonalem Recht, das beispielsweise regeln wird, wer ­ auch welche Bundesbehörden ­ berechtigt ist, Daten einzusehen. Auch die Rechte der betroffenen Personen und die Regelung der Aufbewahrungsfristen, bestimmen sich entsprechend nach kantonalem Recht.

Der Gesetzesentwurf verpflichtet die Kantone, entsprechende Datenschutzbestimmungen zu erlassen und ein Kontrollorgan einzurichten. Diese Verpflichtung ergibt sich aus den Bestimmungen des auch für die Kantone geltenden Europarat-

44 45 46 47

Aufgabe der kriminalpolizeilichen Zentralstellen nach Artikel 2 Bst. b ZentG SR 311.0 Schengen, Europol sowie mit allen Nachbarländern und weiteren Ländern geschlossene, bilaterale Abkommen über die Polizeizusammenarbeit Siehe Artikel 12 ZentG und Artikel 7 Bst. b der Verordnung über das Informationssystem der Bundeskriminalpolizei (JANUS-Verordnung, SR 360.2)

5077

Übereinkommens vom 28. Januar 198148 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten.

Art. 14

System zur Personenidentifikation im Rahmen der Strafverfolgung und bei der Suche nach vermissten Personen

Artikel 14 behandelt das Informationssystem zur Personenidentifikation im Rahmen der Strafverfolgung und bei der Suche nach vermissten Personen. Es handelt sich tatsächlich um drei separate Systeme: 1.

Das System, in dem die DNA-Profile bearbeitet werden. Es unterliegt den Bestimmungen des DNA-Profil-Gesetzes vom 20. Juni 200349. Im BPI wird lediglich darauf verwiesen (Abs. 2).

2.

Das System, in dem weitere erkennungsdienstliche Daten bearbeitet werden ­ hauptsächlich Fingerabdrücke (zurzeit das AFIS50). Das System unterliegt den Bestimmungen von Artikel 351septies StGB51.

3.

Das System, in dem jene personenbezogenen Daten bearbeitet werden, die den erkennungsdienstlichen Daten und DNA-Profilen entsprechen (diese Daten werden derzeit im IPAS bearbeitet; siehe Art. 351octies, Abs. 3 Bst. c StGB). Dieses System unterliegt den Bestimmungen von Artikel 14.

Diese drei Informationssysteme werden aus Gründen der Sicherheit und des Datenschutzes von einander getrennt betrieben. Im AFIS werden Fingerabdrücke gespeichert, die im Zuge polizeilicher Ermittlungen oder in Zusammenhang mit der Ausländergesetzgebung erhoben worden sind. Einzig fedpol ist berechtigt, die Verbindung zwischen personenbezogenen und erkennungsdienstlichen Daten zu erstellen. Hergestellt wird diese Verbindung durch eine Prozesskontrollnummer.

Artikel 14 BPI enthält zwar keine materiellen Neuerungen, gibt aber die in Bezug auf die Identifikationssysteme aktuelle Informatikstruktur sehr viel systematischer wieder. Die Fingerabdrücke und Tatortspuren, die Fotos und die den DNA-Profilen entsprechenden Zahlenreihen werden in speziellen Datenbanken gespeichert. Das Informationssystem nach Artikel 14 BPI gibt Auskunft über die Namen der betreffenden Personen und die Umstände der erkennungsdienstlichen Bearbeitung. Dieses System entspricht der Kategorie «AFIS-DNA» des Hauptsystems IPAS gemäss geltendem Recht52. Wie bisher erhalten die BKP und das BJ für die internationale Rechtshilfe in Strafsachen einen Online-Zugriff53.

48 49 50 51 52 53

SR 0.235.1 SR 363 Siehe Artikel 7-11 der Verordnung über die Bearbeitung erkennungsdienstlicher Daten, SR 361.3 Im Rahmen dieses Gesetzesentwurfs ist eine Änderung vorgesehen; siehe Ziffer 2.3.3 Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a IPAS-Verordnung, SR 361.2 Vgl. Artikel 9 und 10 und Anhang 2 der IPAS-Verordnung

5078

2.2.3 Art. 15

3. Abschnitt: Andere polizeiliche Informationssysteme Automatisiertes Polizeifahndungssystem

Dieser Artikel übernimmt im Wesentlichen den Inhalt von Artikel 351bis StGB (RIPOL54). Eine Präzisierung erfolgte lediglich hinsichtlich der Zwecke, zu denen die Behörden Daten im RIPOL bearbeiten dürfen. So darf eine Behörde nicht für alle unter Absatz 1 aufgeführten Zwecke auf das System zugreifen, sondern nur für einen oder mehrere davon, die in Übereinstimmung mit ihrer gesetzlichen Aufgabe stehen. Von dieser Regelung ausgenommen sind fedpol und diejenigen kantonalen Polizeibehörden, die damit beauftragt sind, für die anderen zugriffsberechtigten Behörden Daten zu erfassen. fedpol und die kantonalen Polizeibehörden können also zu allen unter Absatz 1 vorgesehenen Zwecken Daten erfassen.

Eine weitere Neuerung stellt die Möglichkeit dar, das Fahndungssystem RIPOL künftig zur Verhinderung internationaler Kindesentführungen zu nutzen (Abs. 1 Bst. h). Tatsächlich ereignet sich diese mit schweren Folgen verbundene Art von Entführung in der Schweiz vergleichsweise oft55. Zurzeit können lediglich Personen im RIPOL-Fahndungssystem verzeichnet werden, die bereits entführt worden sind.

Für die mit der Grenzkontrolle befassten Behörden gehört dieses System denn auch zu einem der Hauptarbeitsmittel. Die Ausschreibung im RIPOL von Kindern, bei denen ein erhöhtes Risiko gegeben ist, dass sie entführt werden, und/oder auch die Ausschreibung von Personen, die eine solche Entführung begehen könnten, soll die Voraussetzung dafür schaffen, solche Fälle künftig möglichst zu verhindern.

Die Gefahr einer Entführung muss indessen als hinreichend konkret eingestuft werden, damit eine präventive Ausschreibung im RIPOL gerechtfertigt ist. Deshalb ist ein Eintrag im System nur möglich, wenn eine richterliche oder vormundschaftliche Behörde diese angeordnet hat. Es ist im Übrigen vorgesehen, diese Art von Daten nur während kurzer Zeit aufzubewahren (grundsätzlich 1 Jahr); die Aufbewahrungsfrist soll in einer Ausführungsverordnung festgelegt werden. Mit einer kurzen Aufbewahrungsfrist soll einerseits verhindert werden, dass diese einem präventiven Zweck dienende Daten nicht zu lange im RIPOL gespeichert bleiben.

Andererseits soll sichergestellt werden, dass die Gefahr einer Entführung regelmässig durch eine richterliche oder vormundschaftliche Behörde neu beurteilt wird.

Schliesslich sieht Absatz 1 Buchstabe i die
Möglichkeit vor, RIPOL im Zusammenhang mit einer verdeckten Ermittlung oder einer Observation von Personen oder Fahrzeugen im Rahmen der Strafverfolgung oder der Verhinderung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit zu nutzen. Die Nutzung von RIPOL im Zusammenhang mit einer verdeckten Ermittlung sieht bereits das geltende Recht vor56. Im Übrigen begründet die im BPI geregelte Nutzungsmöglichkeit von RIPOL keine neuen Zuständigkeiten für die Behörden, die in diesem System zur Ausschreibung von Fahndungen berechtigt sind. Die Regelung der Zuständigkeit für die Anordnung dieser Massnahmen bleibt dem anwendbaren Strafprozessrecht oder anderen Spezialgesetzen vorbehalten. Es geht hier einzig darum, Transparenz zu schaffen und in

54 55 56

Dieses System wird seit rund zehn Jahren erfolgreich betrieben Rund hundert Fälle pro Jahr Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b RIPOL-Verordnung, SR 172.213.61

5079

das BPI eine Zielsetzung aufzunehmen, die bereits in der gesetzlichen Regelung zum nationalen Teil des Schengener Informationssystems verankert ist57.

Nach Absatz 4 erhält neu auch diejenige Behörde Zugriff auf das Informationssystem, die nach den Bestimmungen des BWIS mit der Durchführung von persönlichen Sicherheitsprüfungen betraut ist. Neu zugriffsberechtigt sein werden auch das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco), die kantonalen und kommunalen Migrationsund Arbeitsmarktbehörden und die ausstellenden Behörden gemäss Ausweisgesetz (Bst. f­h). Diese Zugriffe sind bereits in Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung über das automatisierte Fahndungssystem (SR 172.213.61) vorgesehen. Die oben genannten Behörden entsprechen den in Artikel 351bis Absatz 3 Buchstaben h StGB erwähnten «weiteren Justiz- und Verwaltungsbehörden». Nach dieser Bestimmung ist der Bundesrat befugt, auf dem Verordnungsweg weitere Behörden zu bestimmen, die Daten abfragen dürfen. Dabei handelt es sich um Behörden, die zu der Zeit, in der der Artikel des Strafgesetzbuches verfasst wurde, noch nicht existierten oder aber unter einer anderen Amtsbezeichnung tätig waren. So soll auch der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) künftig Zugriff gewährt werden: Diese neue Behörde übt Strafverfolgungsfunktionen aus, die sich teilweise mit jenen der Eidg. Zollverwaltung decken, die nach geltendem Recht ebenfalls zugriffsberechtigt ist58. Der EDSÖB äusserte Zweifel, ob die EBSK einen Zugriff für die Ausübung ihrer Tätigkeiten benötigt. Angesichts des Strafverfolgungsauftrags der Kommission erachtet der Bundesrat diesen Zugriff jedoch als verhältnismässig.

Mit Absatz 5 erhält die aktuelle Schnittstelle, die es den Benutzenden von RIPOL erlaubt, gleichzeitig die Systeme ZEMIS59, ISA60, MOFIS61, FABER62, PAGIRUS63 und INFOSTAR64 abzufragen, eine formell-gesetzliche Grundlage. Die Möglichkeit zur Abfrage hat indessen nur, wer tatsächlich auch berechtigt ist, auf die entsprechenden Datenbanken zuzugreifen. Es handelt sich also um eine technische Lösung, mit der die Benutzende nicht mehr Daten erhalten, als wenn sie die fünf Systeme einzeln abfragen würden. Nur die Eingabe der Abfrage erfolgt zentral.

Diese Lösung könnte auch auf die Abfrage des Schengener Informationssystems (SIS) ausgedehnt werden65, wenn das Schengener Abkommen in Kraft gesetzt wird.

Art. 16

Nationaler Teil des Schengener Informationssystems, N-SIS

Dieser Artikel entstammt dem Entwurf zur Änderung von Artikel 351decies StGB.

Diese Bestimmung wurde vom Schweizer Stimmvolk im Rahmen der Abstimmung vom 5. Juni 2005 über die bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und Dublin66 angenommen. Der Wortlaut des Artikels wurde lediglich in formaler Hinsicht geändert, damit er der Terminologie 57 58

59 60 61 62 63 64 65 66

Vgl. Artikel 16 Absatz 2 Buchstabe f des Entwurfes.

Siehe Artikel 57 des Bundesgesetzes über Glücksspiele und Spielbanken, SR 935.52.

Gemäss diesem Artikel übt die Kommission Strafverfolgungsfunktionen nach dem Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht aus.

Zentrales Migrationsinformationssystem Informationssystem Ausweisschriften Motorfahrzeuginformationssystem Fahrberechtigungsregister Personen-, Akten- und Geschäftsverwaltungssystem im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen Zentrale Datenbank des Zivilstands Siehe auch Kommentar zu Artikel 4 Geänderter Gesetzestext siehe BBl 2004 7149

5080

des Gesetzesentwurfes entspricht. Gestützt auf Absatz 8 wird der Bundesrat eine Ausführungsverordnung erlassen. Eine solche Delegation findet sich auch für andere Polizeiinformationssysteme in Artikel 19 des Gesetzesentwurfs.

Art. 17

Nationaler Polizeiindex

Wie unter Ziffer 2.1 erwähnt, ist der Nationale Polizeiindex das einzig wirklich neue Informationssystem in diesem Gesetzesentwurf. Die Schaffung dieses Systems entspricht einem Anliegen des Bundesrates und der KKJPD. Dieses System wird die Arbeit aller Schweizer Polizeibehörden optimieren und effizienter gestalten. Heute verfügen die kantonalen Behörden online über keinerlei Information über die Arbeit der Polizei der Nachbarkantone. Um Auskünfte über eine Person einzuholen, muss derzeit jede einzelne Behörde der anderen fünfundzwanzig Kantone einzeln angefragt werden. Auch fedpol muss gesondert angefragt werden. Diese Vorgehensweise ist zeitaufwendig und umständlich.

Der Polizeiindex bezweckt eine Beschleunigung dieses Amtshilfe-Prozesses. Mit nur einer Abfrage soll in Erfahrung gebracht werden können, ob eine Person bei einer kantonalen Polizeibehörde, bei fedpol oder bei ausländischen Polizeibehörden ­ etwa im Zuge des Austausches polizeilicher Daten mit Interpol ­ aktenkundig ist. Das Ergebnis der Anfrage ist auf die Identität der Person, die zuständige Behörde, das Eintragungsdatum, den Eintragungsgrund und auf das Informationssystem beschränkt, aus dem die Daten stammen (Art. 17 Abs. 3). Für umfassendere Auskünfte bedarf es eines an die zuständige Behörde gerichteten Amtshilfeersuchens. In welchem Umfang einem solchen Ersuchen entsprochen wird, hängt von der Art des jeweiligen Falles ab und von den Voraussetzungen, unter denen Rechts- oder Amtshilfe gewährt wird.

Der EDSÖB ist der Ansicht, der Grund für einen Eintrag und die Bezeichnung des Informationssystems, in dem sich der Eintrag befindet (Quellensystem), dürften nicht angegeben werden; andernfalls könne nicht mehr von einem Polizeiindex die Rede sein. Dagegen ist Folgendes einzuwenden: Der Grund des Eintrages wird lediglich bei Personen genannt, die von einer Polizeibehörde erkennungsdienstlich behandelt worden sind (Abnahme von Fingerabdrücken und/oder Erstellung eines DNA-Profils). Es handelt sich somit um Personen, bei denen ein begründeter Verdacht besteht oder bestand, dass sie eine strafbare Handlung begangen haben könnten, und die im Zuge der erkennungsdienstlichen Behandlung auf die Folgen aufmerksam gemacht worden sind, welche die Bearbeitung ihrer Daten durch die Polizei hat. Deshalb wird im Gesetzesentwurf die Möglichkeit
beibehalten, dass der Grund für eine Erfassung einer Person im Polizeiindex erkennbar ist. Eine entsprechende Angabe im Quellensystem kann das Ergebnis einer Abfrage im Index präzisieren, womit zusätzliche Nachfragen entfallen können. Der vorliegende Entwurf hält deshalb daran fest, dass bei einer Abfrage des Index die Möglichkeit besteht, eine Angabe zum Grund für eine Erfassung und die Bezeichnung des Quellensystems zu erhalten Der Index enthält Daten über Personen, die in den folgenden polizeilichen Informationssystemen bearbeiteten werden: 1.

Polizeilicher Informationssystem-Verbund;

2.

Automatisiertes Polizeifahndungssystem;

3.

Informationssysteme der sechsundzwanzig kantonalen Polizeibehörden.

5081

Mit diesem Index erhalten die Behörden ein Instrument, mit dem sich die zunehmend komplexen und geografisch mobilen Verbrechensformen wirksamer bekämpfen lassen. Es ist vorgesehen, den Index in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen zu realisieren, die in diesem Zusammenhang ebenfalls gewisse Leistungen erbringen sollten (vgl. Ziffer 3.2).

Nach Absatz 5 kann der Bundesrat den Zugriff der einzelnen Behörden auf den Index einschränken. In Betracht fallen Einschränkungen des Zugriffs auf Daten von Personen, die in ein Strafverfahren verwickelt sind. Vor allem aber die im System Bundesdelikte nach Artikel 11 BPI verzeichneten Personen werden auf dem Index nur für einen eingeschränkten Benützerkreis erkennbar sein. Dank dieser Restriktionsmöglichkeit kann das BPI die mit dem Index einhergehende Erleichterung der Amtshilfe auch jenen Behörden zugestehen, die vergleichsweise wenig mit der polizeilichen Tätigkeit zu tun haben, wie das Bundesamt für Justiz oder Behörden der Militärjustiz.

Wird der Polizeiindex eingeführt, kann auf den im geltenden Recht vorgesehenen IPAS-Index verzichtet werden (Art. 351octies Abs. 2 StGB). Ausserdem ersetzt der nationale Index eingeschränkte Zugriffsrechte von Bundesbehörden auf mehrere polizeiliche Informationssysteme, insbesondere die aktuellen Zugriffe der Meldestelle Geldwäscherei und des Dienstes für Analyse und Prävention67. Würde auf den Polizeiindex verzichtet, müssten diese eingeschränkten Zugriffsrechte in den für die jeweiligen Informationssysteme geltenden gesetzlichen Grundlagen verankert werden. Generell wird der Kreis der Nutzungsberechtigten des Indexes auf Behörden beschränkt, die eine Polizei- oder Strafverfolgungsfunktion ausüben sowie auf Behörden, die bereits aufgrund des geltenden Rechts eine Befugnis zur Nutzung bestehender Informationssysteme innehaben.

Nach Absatz 8 entscheiden die kantonalen Behörden frei über den Anschluss an den Nationalen Polizeiindex sowie darüber, welche ihrer Daten in diesem System bearbeitet werden. Letzteres gibt ihnen die Möglichkeit auszuwählen, welche Personen im Polizeiindex erscheinen. Diese Wahl ist jedoch durch die in Absatz 3 erwähnten Datentypen beschränkt. Ein Kanton darf folglich keine Daten im Index verzeichnen, die nicht im Datenkatalog gemäss Absatz 3 aufgeführt sind.

Der Polizeiindex soll den Zugriff auf
alle über eine Person gespeicherten Informationen zu kriminellen Sachverhalten erleichtern. Dadurch liesse sich auch der Aufwand verringern, wenn es darum geht festzustellen, ob jemand inhaftiert ist und in welcher Haftanstalt sich diese Person gegebenenfalls aufhält. Ist jemand in Haft, kann davon ausgegangen werden, dass diese Person Gegenstand polizeilicher Ermittlungen ist oder gewesen ist. Falls der ermittelnde Kanton die von ihm erhobenen Daten für den Nationalen Polizeiindex zugänglich gemacht hat, lässt sich über diesen immerhin feststellen, bei welcher Behörde die betreffende Person polizeilich registriert ist. So gesehen könnte mit den zusätzlichen Informationen des Indexes der von der Geschäftsprüfungsdelegation in ihrem Bericht vom 16. November 200568 unterbreiteten Empfehlung 4 und dem in der Motion Burkhalter 05.3773 (Zentrale Datenbank über inhaftierte Personen) geäusserten Anliegen teilweise entsprochen werden.

67 68

Siehe auch Artikel 10 Absatz 3 der JANUS-Verordnung (SR 360.2) «Das schweizerische Sicherheitsdispositiv und der Fall Mohamed Achraf ­ eine zusammenfassende Beurteilung aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht»

5082

Art. 18

Geschäfts- und Aktenverwaltungssystem von fedpol

Dieses System ist nicht identisch mit den in Artikel 10-14 beschriebenen polizeilichen Informationssystemen. Der Zugriff auf dieses Geschäfts- und Aktenverwaltungssystem von fedpol ist den Mitarbeitenden des Bundesamtes vorbehalten.

Die darin bearbeiteten Daten werden nicht im Nationalen Polizeiindex verzeichnet.

Die Aufgaben von fedpol umfassen auch verwaltungspolizeiliche Aufgaben, wie die Suche nach Vermissten und Koordinationsarbeiten in Zusammenhang mit der Erteilung von Identitäts- und Legitimationsausweisen69.

Diese Vielfalt an Aufgaben rechtfertigt ein internes System zur Verwaltung von Geschäften und Akten, die in die Zuständigkeit von fedpol fallen. Mit diesem System lassen sich alle die Tätigkeit von fedpol betreffenden Dokumente und alle einund ausgehenden Meldungen erfassen, nach Kategorien erschliessen und bei Bedarf entsprechend der Art von Meldung in ein anderes Informationssystem einspeisen.

Auch in diesem Fall wird keine neue Datenbank geschaffen, sondern der Aufbau einer bestehenden Infrastruktur aktualisiert. Letztere ist in Artikel 351octies StGB (Abs. 1 Bst. b­e; Abs. 3 und 4) bereits heute gesetzlich verankert.

Wie bei den anderen Informationssystemen soll man auch im System unterscheiden können zwischen Meldungen, die über die jeweiligen Kanäle von Interpol, Europol oder Schengen versendet werden (Abs. 4). Auf diese Weise sollen das Sortieren von Meldungen und die Anwendung der unterschiedlichen, gegebenenfalls relevanten Rechtsbestimmungen erleichtert werden.

Mit Absatz 5 wird die Speicherung von Daten ermöglicht, die einen Bezug aufweisen zu Tätigkeiten von fedpol im Bereich der Identitätsausweisen und der Suche nach vermissten Personen. Es handelt sich hier um Daten aus dem Bereich «der Verwaltungspolizei im Zuständigkeitsbereich des Bundesamtes [für Polizei]» nach Artikel 351octies Absatz 3 Buchstabe d StGB.

In Absatz 6 ist vorgesehen, dass das Bundesamt für Justiz Zugriff auf das System erhält. Dank diesem Zugriff könnten befugte Personen klären, ob alle an einen internationalen Haftbefehl oder für eine andere im Zuge der Rechthilfe in Strafsachen getroffene Massnahmen gestellten Bedingungen erfüllt werden. Aus denselben Gründen ist vorgesehen, dem Bundesamt für Justiz einen Zugriff ähnlicher Art auf die in den Artikeln 11 und 12 BPI genannten Systeme zu gewähren.

2.2.4 Art. 19

4. Abschnitt: Schlussbestimmungen Ausführungsbestimmungen

Nach Artikel 19 ist der Bundesrat ermächtigt, für jedes der polizeilichen Informationssysteme Bestimmungen zu erlassen betreffend:

69

a.

die Verantwortlichkeit bei der Datenverarbeitung;

b.

den Datenkatalog;

c.

den Umfang der Zugriffsberechtigung durch Abrufverfahren;

Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe h und j der Organsiationsverordnung für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement, SR 172.213.1

5083

d.

das Verfahren zur Datenlöschung und die Dauer der Aufbewahrung der Daten;

e.

die Zusammenarbeit mit den Kantonen;

f.

die Datenweitergabe an Dritte im Einzelfall;

g.

die Datensicherheit.

Diese Bestimmungen werden in Form einer oder mehrerer Vollzugsverordnungen ergehen. Das BPI regelt den Grundsatz, die Existenz und das Ziel der Bearbeitung und bestimmt, wer die Systeme benutzen darf. Es erscheint hingegen angemessen, die Regelung weiterer Aspekte der Datenbearbeitung dem Bundesrat zu überlassen.

Da deren Regelung einen höheren Detaillierungsgrad erfordert, ist zu erwarten, dass die entsprechenden Bestimmungen häufiger geändert werden müssen (denkbar sind etwa die Schaffung neuer Behörden, neue Beteiligungsformen der Kantone oder technische Neuerungen). Die Delegation an den Bundesrat erlaubt es, auf solche neue Situationen unter Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen mit der notwendigen Flexibilität zu reagieren.

2.3

Änderung bisherigen Rechts

2.3.1

Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (Art. 15)

Die Änderung spiegelt die strukturellen Neuerungen innerhalb des EJPD. Laut dem derzeit geltenden Artikel 15 Absatz 4 BWIS70 werden die Daten, die ausserhalb eines gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahrens beschafft werden, und die Daten der gerichtlichen Polizei im Informationssystem ISIS, getrennt bearbeitet.

Diese Bestimmung - sie stammt aus der Zeit, in der die damalige Bundespolizei der Bundesanwaltschaft unterstellt war - deckt sich mit jener in Artikel 11 Absatz 3 ZentG71. Damals war die Bundespolizei der Bundesanwaltschaft unterstellt und als Gerichtspolizei des Bundes im Sinne des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege tätig.

Die Aufgaben der heute nicht mehr bestehenden Bundespolizei sind zwei fedpol angegliederten Abteilungen zugewiesen worden: Dem Dienst für Analyse und Prävention (DAP) und der Bundeskriminalpolizei (BKP). Diese beiden Einheiten sind Teil von fedpol. Der DAP ist im Bereich Staatsschutz präventiv tätig und mit den im BWIS festgelegten Aufgaben befasst. An den gerichtspolizeilichen Ermittlungen beteiligt sich der DAP nicht. In der Folge der Umstrukturierung und vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 15 Absatz 6 BWIS werden gerichtspolizeiliche Daten nicht mehr im Informationssystem ISIS bearbeitet oder gespeichert.

Die entsprechende Passage in Artikel 15 Absatz 4 BWIS ist somit zu streichen.

Nach Artikel 15 Absatz 6 BWIS ist fedpol berechtigt, im Informationssystem ISIS die aus einem gerichtspolizeilichen Verfahren stammenden Daten zu präventiven Zwecken zu bearbeiten. Da der DAP, wie bereits erwähnt, nicht mehr an Ermittlungsverfahren beteiligt ist, scheint es gerechtfertigt, die Bestimmung in Absatz 6 dahingehend abzuändern, dass die mit Ermittlungen betraute BKP die aus einem von 70 71

SR 120 SR 360

5084

ihr geführten Verfahren stammenden Daten, die der Wahrung der inneren Sicherheit dienen können (Prävention im Sinne von Artikel 2 BWIS) dem DAP zur Verfügung stellen kann. Ausserdem soll der DAP ermächtigt werden, diese Daten in seinem eigenen Informationssystem zu bearbeiten. Die Bestimmung, die es untersagte, Daten weiterzugeben, bevor ein Verfahren abgeschlossen worden war, soll zu Gunsten eines flexibleren Handlungsspielraums aufgehoben werden. Ausschlaggebend für die Datenweitergabe muss sein, wie wichtig eine Information zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit ist, und nicht der Stand des Verfahrens. Es gilt zu bedenken, dass der DAP nicht mehr der Bundesanwaltschaft angegliedert und so von jeglichen Ermittlungsverfahren vollständig ausgeschlossen ist. Unverändert bleibt die Bestimmung, wonach gleichzeitig auch die zuständige Strafbehörde benachrichtigt werden muss.

2.3.2

Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Neuer Art. 11a)

1. Zweck (Absatz 1) Der neue Artikel 11a des Bundesgesetzes vom 21. März 198172 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG) sieht das Bundesamt für Justiz (BJ) als Betreiberin des neuen Personen-, Akten- und Geschäftsverwaltungssystems vor. In Absatz 1 wird auf die besondere Schutzbedürftigkeit der darin enthaltenen Daten und auf den Bearbeitungszweck hingewiesen. Die Datenbank soll alle Kooperationsformen umfassen, die im IRSG vorgesehen sind.

Gemäss Buchstabe a gibt das neue System Auskunft darüber, ob im BJ über eine bestimmte Person Daten bearbeitet werden. Personen- und Sachdossiers oder die elektronischen Personeneintragungen können aber nicht eingesehen werden. Inhaltsbezogene Datenbearbeitungsmöglichkeiten lassen sich hingegen aus dem unter Buchstabe b vorgesehenen Zweck der Bearbeitung von Daten über Geschäfte des BJ ableiten. Allerdings bleibt der Kreis dieser auf den Inhalt von Personen- und Sachdossiers und elektronischen Personeneintragungen bezogenen Falldaten auf bestimmte Sachbereiche beschränkt (siehe Absatz 2). Die unter Buchstaben c, d, und e genannten Zwecke sollen eine einheitliche, effiziente und zuverlässige Verwaltung und Bewirtschaftung der Personen- und Sachdossiers sowie der elektronischen Personeneinträge ermöglichen.

2. Inhalt (Absatz 2) Voraussetzung für die Zweckmässigkeit des neuen Personen-, Akten- und Geschäftsverwaltungssystems ist, dass in diesem System die Personalien derjenigen Personen enthalten sind, über die im BJ Daten bearbeitet werden. Wären diese Daten nicht zugänglich, liesse sich über das neue System unmöglich feststellen, ob das BJ über eine bestimmte Person Daten bearbeitet. Der Zugriff auf die in Absatz 2 Buchstaben a erwähnten Personalien kann nur über die Suche nach einer bestimmten Person erfolgen. Dieser Suchvorgang setzt seitens der Benutzer die Kenntnis eines bestimmten Namens oder das Wissen um konkrete Aktenbearbeitungsangaben wie die Nummer eines bestimmten Personen- und Sachdossiers oder eines Geschäfts72

SR 351.1

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vorfalles voraus. Von anderen Personenkriterien ausgehende Abfragen können Vornamen, Beruf, Wohnort und Autokennzeichen sein.

Unter Absatz 2 Buchstabe b wird auf all jene Informationen hingewiesen, die zur ordnungsgemässen Verwaltung und Bewirtschaftung von Personen- und Geschäftsdaten beziehungsweise Personen- oder Sachdossiers unentbehrlich sind, wie zum Beispiel die ersuchende Behörde, die kantonale Vollzugsbehörde und der Verfahrensstand.

Absatz 2 Buchstabe c soll das Führen von elektronischen (papierlosen) Dossiers erlauben. Die wesentlichen Passagen sämtlicher Eingänge in Papierform werden eingescannt und zusammen mit den vom BJ erstellten elektronischen Dokumenten, von eingegangenen E-Mails oder elektronisch erhaltenen Interpolschreiben dem jeweiligen Geschäft zugeordnet und abgelegt.

3. Online-Zugriff (Absatz 3) Die Bestimmung in diesem Absatz schafft die gesetzliche Grundlage für bestimmte Verwaltungseinheiten, um online klären zu können, ob im BJ über eine bestimmte Person Daten bearbeitet werden. Durch ein derart ausgestaltetes Abfragerecht lassen sich administrativ aufwändige Rückfragen und der direkte Kontakt unter den Behörden auf ein Minimum beschränken. Die Online-Abfrage ist einzig anhand des Namens zulässig. Allenfalls können weitere eingrenzende Abfragekriterien dazukommen. Die Auskunft des Systems wird sich auf die laut Absatz 2 Buchstaben a und b gespeicherten Daten beschränken.

4. Delegation (Absatz 4) Aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit muss die Bearbeitung strikte auf jene Daten beschränkt sein, die die Benutzer zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben unbedingt benötigen (Bst. a). Im Einzelfall handelt es sich um personenund geschäftsbezogene Daten nach Absatz 2 Buchstaben a und b. Eine weitere Datenkategorie umfasst Daten von Justizbehörden, die an Rechtshilfeverfahren beteiligt sind. Es handelt sich um Daten des ersuchenden Staates (Rechtshilfeersuchen mit den Verwaltungsdaten wie Absender, Eingangsdatum) und der ausführenden Behörde (wie Empfänger des vom BJ übermittelten Rechtshilfeersuchens, Angaben zum Verfahrensstand, beispielsweise ob eine Zwischenverfügung erlassen worden ist). Die letzte Datenkategorie betrifft die Art der strafbaren Handlungen, weswegen ein Rechtshilfegesuch gestellt worden ist (Deliktsart, Angaben zur Begehung der Straftat,
Tatort etc).

Unter Buchstabe b wird der Bundesrat damit betraut, in der Verordnung die Aufbewahrungsdauer und die Archivierung von Daten im Einzelnen angemessen zu regeln.

Nach der Bestimmung unter Buchstabe c ist der Kreis der zur Bearbeitung berechtigten Dienststellen des BJ in der Verordnung zu definieren. Die Bearbeitungsmöglichkeiten werden aber auch je nach Dienststelle in sachlicher Hinsicht eingegrenzt werden müssen. Ausserdem wird festgelegt, dass das BJ im Einzelfall Daten auch anderen als den in Absatz 3 genannten Behörden mitteilen kann.

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2.3.3

Schweizerisches Strafgesetzbuch

Im Entwurf wird Artikel 351bis StGB (RIPOL-Fahndungssystem) aufgehoben. Der Inhalt dieses Artikels findet sich in den Bestimmungen von Artikel 15 BPI wieder (siehe Erläuterungen zu Art. 15).

Artikel 351septies StGB (Zusammenarbeit bei der Identifizierung von Personen) wird um Absatz 2bis ergänzt. Mit diesem Absatz soll verdeutlicht werden, dass Artikel 351septies lediglich den Umgang mit erkennungsdienstlichen Daten regelt. Der Umgang mit DNA-Profilen und den mit erkennungsdienstlichen Daten in Zusammenhang stehenden Personendaten ist indessen nicht Gegenstand dieses Artikels (Identität, Grund des Eintrags usw.). Diese Ergänzung entspricht den Bestimmungen in Artikel 14 BPI.

Fingerabdrücke können auch in Zusammenhang mit Aufgaben im Ausländerbereich abgenommen werden. Die entsprechenden personenbezogenen Daten werden im zentralen Migrationsinformationssystem bearbeitet73.

Artikel 351octies StGB (IPAS-Informationssystem) wird aufgehoben; die Bestimmungen sind im Wesentlichen in die Artikel 10­14 BPI (Ziffer 2.2.2) eingeflossen.

Gewisse Aspekte finden sich auch im Geschäfts- und Aktenverwaltungssystem von fedpol (Art. 18 BPI) und im Nationalen Polizeiindex (Art. 17 BPI) wieder. Die internationale Rechtshilfe in Strafsachen wird via dem neu geschaffenen Artikel 11a des gleichnamigen Bundesgesetzes geregelt (Ziffer 2.3.2).

2.3.4

Bundesgesetz über die kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes

Die Artikel 11, 12 und 14 ZentG74 werden von den Artikeln 10­14 BPI übernommen (Ziffer 2.2.2).

2.3.5

Bundesgesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor (GWG)

Artikel 17 Absatz 4 Buchstabe e des Entwurfs sieht vor, dass die Meldestelle für Geldwäscherei (Meldestelle) auf den Nationalen Polizeiindex zugreifen kann. In Übereinstimmung mit dieser Bestimmung und als Ergänzung soll nun im GWG75 eine formelle gesetzliche Grundlage für den Zugriff der Meldestelle auf die verschiedenen Informationssysteme des Bundes geschaffen werden.

Zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben hat die Meldestelle derzeit Zugriff auf die Datenbanken RIPOL, AUPER76, IPAS; JANUS und VOSTRA. Die rechtliche 73 74 75 76

Siehe Bundesgesetz über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (BGIAA); BBl 2003 4489 SR 360 SR 955.0 AUPER wird durch das zentrale Migrationsinformationssystem (siehe Botschaft zum Gesetz über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich («Ausländer 2000») BBl 2002 4693) und das Personen-, Akten- und Geschäftsverwaltungssystem im Bereich der Rechtshilfe für Strafsachen (PAGIRUS , siehe Ziffer 2.3.2 dieser Botschaft) ersetzt werden.

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Grundlage für diese Zugriffsrechte bietet Artikel 5 der Verordnung vom 25. August 200477 über die Meldestelle für Geldwäscherei. Im Tätigkeitsbericht der Meldestelle aus dem Jahr 2002 zuhanden des Bundesrates wurde darauf hingewiesen, dass diese Grundlage auf Verordnungsstufe nicht genügt und eine Gesetz im formellen Sinn erforderlich ist. Mit Entscheid vom 9. April 2002 wurde das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzesentwurfes beauftragt. Das Entwurf des Artikels 35bis GwG ist das Ergebnis dieses Auftrags.

Die Empfehlung 26 der Arbeitsgruppe Finanzielle Massnahmen gegen die Geldwäscherei (GAFI) sieht vor, dass der nationale Informationsdienst direkt oder indirekt auf die Informationen zugreifen kann, die er für die Erfüllung seiner Aufgaben braucht. Dass die Meldestelle für ihre Arbeit auf die Informationssysteme des Bundes zugreifen können muss, ist unbestritten; das einzige Problem liegt darin, dass das Zugriffsrecht bisher lediglich auf Verordnungsstufe geregelt ist.

Neu im vorliegenden Gesetzesentwurf ist einzig die Bestimmung über den Zugriff auf das Staatsschutz-Informations-System (ISIS). Dieser Zugriff wird durch den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten bestritten. Für die Meldestelle ist aber dieser Zugriff auf ISIS im Rahmen ihrer gesetzlichen Analyseaufgaben von grosser Bedeutung, insbesondere was die Finanzierung des Terrorismus78 betrifft.

Der Zugriff auf AUPER wird durch einen Zugriff auf dessen Nachfolgesysteme ­ ZEMIS und PAGIRUS ­ ersetzt. Die Zugriffe auf JANUS, IPAS und RIPOL werden durch einen Zugriff auf den Nationalen Polizeiindex ersetzt; er umfasst die Identität von Personen, über die Daten in diesen drei System bearbeitet werden.

Unter den Begriff der in Absatz 1 erwähnten «Person» können sowohl natürliche als auch juristische Personen fallen. Ob und in welchem Umfang die Meldestelle auf weitere Informationen zugreifen kann, hängt von den für das jeweilige Informationssystem geltenden Bestimmungen ab (Abs. 2).

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Mit dem BPI werden - abgesehen vom Nationalen Polizeiindex und dem N-SIS - keine neuen Informationssysteme eingeführt. Vielmehr werden bestehende Informationssysteme nach neuen Prinzipen geordnet. Die Mittel für die finanziellen und personellen Aufwendungen dieser Neustrukturierung können im Rahmen der ordentlichen Finanzplanung des EJPD bereitgestellt werden.

Der Nationale Polizeiindex hingegen ist ein völlig neues Informationssystem. Seine Entwicklung wird Kosten in der Höhe von etwa zwei Millionen Franken verursachen. Die jährlichen Betriebskosten werden auf 100 000 Franken geschätzt.

77 78

SR 955.23 Gemäss Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung über die Meldestelle für Geldwäscherei (SR 955.23) muss die Meldestelle die Strafverfolgungsbehörden in der Bekämpfung der Geldwäscherei, des organisierten Verbrechens und der Terrorismusfinanzierung unterstützen.

5088

Dieser Index würde entscheidend dazu beitragen, polizeiliche Ermittlungen einfacher, schneller und wirksamer zu gestalten. Damit lassen sich umgekehrt Kosten und Zeit einsparen.

Die finanziellen und personellen Auswirkungen, die sich durch den Beitritt zum Schengener Informationssystem ergeben, sind bereits in der Botschaft des Bundesrates zur Genehmigung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union, einschliesslich der Erlasse zur Umsetzung der Abkommen («Bilaterale II»)79 erörtert worden.

3.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Durch die Einführung eines Nationalen Polizeiindexes würden vor allem die Kantone stark gefordert werden. Wohl ist es der Bund, der mit der technischen Entwicklung des Indexes betraut sein würde. Um aber mit dem Index online arbeiten zu können, müssten die Kantone auf eigene Kosten die von ihnen betriebenen polizeilichen Informationssysteme mit dem Nationalen Polizeiindex kompatibel gestalten, um den Datenaustausch zu ermöglichen. Die finanziellen Aufwendungen und die Personalkosten werden von Kanton zu Kanton variieren und können hier nicht beziffert werden. Die zu erwartenden Kosten einer Integration des Indexes in das bestehende polizeiliche Netzwerk sollten indessen einige zehntausend Franken pro Kanton nicht übersteigen.

Zudem werden die Kantone, um einen Teil der in den kantonalen polizeilichen Informationssystemen bearbeiteten Daten an ein Informationssystem des Bundes zu übermitteln zu können, ihre Gesetze über polizeiliche Informationssysteme gegebenenfalls anpassen müssen. Im Zuge des Vernehmlassungsverfahrens hat kein einziger Kanton eine solche Änderung von vornherein ausgeschlossen. Ein Kanton hat sogar angedeutet, dass der einschlägige Artikel des Vorentwurfs als gesetzliche Grundlage dienen könnte.

Aufgrund ihrer originären Zuständigkeit im polizeilichen Bereich steht es den Kantonen frei, sich am Projekt eines Nationalen Polizeiindexes zu beteiligen. Dies ist denn auch in Artikel 17 Absatz 8 des Entwurfs ausdrücklich festgehalten worden.

Die Kantone, die einen Anschluss möchten, werden indessen gehalten sein, die vom Bund vorgeschriebenen technischen Standards einzuhalten und die Kriterien anzuwenden, die der Bund hinsichtlich der Deliktsart festlegt (strafbare Handlungen von gewisser Tragweite). Die Vorteile, die ein Nationaler Polizeiindex mit sich bringt und die Vorteile von besser aufeinander abgestimmten polizeilichen Informationssystemen sind bereits unter Ziffer 3.1 dargelegt worden. Es sind Vorteile, von denen der Bund und die Kantone gleichermassen profitieren würden.

3.3

Weitere Auswirkungen

Mit diesem Entwurf zielt der Gesetzgeber in erster Linie darauf ab, die rechtlichen Grundlagen für die Arbeit mit polizeilichen Informationssystemen zu aktualisieren.

Der neue Nationale Polizeiindex, für den mit dem BPI die erforderliche Rechts79

BBl 2004 5965 ff., vgl. Ziffer 3.6.1

5089

grundlage geschaffen würde, wird die Effizienz der Strafverfolgung steigern. Es ist zu erwarten, dass eine auf diese Weise verbesserte Strafverfolgung zu neuen Erfolgen im Kampf gegen die Kriminalität führen könnte, was positive Auswirkungen auf die Sicherheit in der Schweiz und damit indirekt auch auf die Schweizer Wirtschaft hätte.

4

Legislaturplanung

Das vorliegende Gesetz ist im Bericht über die Legislaturplanung 2003­200780 nicht ausdrücklich erwähnt worden. Er geht jedoch in dieselbe Richtung wie Ziel 9 (Sicherheit gewährleisten: Die internationale Zusammenarbeit, die Prävention und die interne Strukturen von Justiz und Polizei optimieren), und zwar indem durch die Aktualisierung der gesetzlichen Grundlagen der polizeilichen Informationssysteme dazu beigetragen wird, diesen Arbeitsbereich transparenter zu gestalten und den Polizeibehörden zusätzliche Flexibilität zu gewähren. Nicht zuletzt wird der Nationale Polizeiindex es erlauben, die Zusammenarbeit mit den Kantonen zu verstärken.

Der Entwurf zum BPI ist eines der Ziele des Bundesrates für 2006. Ausserdem ist mit dem BPI ein Teil des Regelungsbereichs des neu zu schaffenden Polizeigesetzes des Bundes81 bereits abgedeckt.

5

Rechtliche Grundlagen

5.1

Verfassungs- und Rechtmässigkeit

Das BPI fasst bestehende gesetzliche Regelungen zusammen - etwa jene über das automatisierte Fahndungssystem RIPOL oder die Bestimmungen über die Zusammenarbeit mit Interpol. Es sieht im Übrigen die Schaffung eines Nationalen Polizeiindexes vor. Mit diesem Schritt erfüllt der Bund eine Aufgabe, die die Kantone alleine nicht in der Lage sind vollumfänglich zu erfüllen82. Entsprechend stützt sich das BPI auf Artikel 57 Absatz 2 der Bundesverfassung, wonach der Bund dazu befugt ist, bei Fragen der inneren Sicherheit seine Anstrengungen mit den Kantonen zu koordinieren und auf die Befugnis der Bundesversammlung, Geschäfte zu behandeln, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen und keiner anderen Behörde zugewiesen sind (Artikel 173 Absatz 2 der Bundesverfassung).

5.2

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Schweiz hat das Übereinkommen des Europarats vom 28. Januar 1981 über den Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten83 (STE Nr. 108) unterzeichnet. Im vorliegenden Entwurf ist den Anforderungen des Übereinkommens Rechnung getragen worden. Der Entwurf erfüllt zudem die Anforderungen des Zusatzprotokolls zu diesem Übereinkommen hinsichtlich 80 81 82 83

BBl 2004 1149 Siehe Liste der Parlamentsgeschäfte, BBl 2004 1202 Siehe Botschaft des Bundesrates über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzes.

BBl 1994 I 1145 SR 0.235.1

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der Aufsichtsbehörden und der grenzüberschreitenden Datenübermittlung. Das Zusatzprotokoll ist durch die eidgenössischen Räten im Rahmen der Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz84 genehmigt worden. Der Gesetzesentwurf entspricht im Übrigen den in Artikel 8 und 13 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)85 gestellten Anforderungen.

Schliesslich ist im Entwurf auch die Empfehlung R (87) 15 des Ministerausschusses des Europarates über die Nutzung personenbezogener Daten im Polizeibereich berücksichtigt worden.

5.3

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Nach Artikel 19 des Gesetzesentwurfs ist der Bundesrat befugt, für jedes der polizeilichen Informationssysteme Bestimmungen festzulegen (siehe Ziffer 2.2.4). Diese Bestimmungen werden in Form einer oder mehrerer Vollzugsverordnungen konkretisiert.

5.4

Erlassform

Dieses Gesetz ist in Form eines Bundesgesetzes zu erlassen, gemäss Artikel 163 Absatz 1 und Artikel 164 Absatz 1, Buchstaben b und g BV, wonach alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen über die Einschränkung verfassungsmässiger Rechte sowie Bestimmungen über die Organisation und das Verfahren von Bundesbehörden in der Form des Bundesgesetzes ergehen müssen.

84 85

BBl 2003 2101 ff.

SR 0.101

5091

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