zu 06.400 Parlamentarische Initiative Anzahl Richter am Bundesgericht. Verordnung der Bundesversammlung Bericht vom 21. Februar 2006 der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates Stellungnahme des Bundesrates vom 17. März 2006

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates vom 21. Februar 2006 betreffend die Anzahl Richter und Richterinnen am Bundesgericht nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

17. März 2006

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2006-0693

3503

Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 17. Juni 2005 verabschiedete die Bundesversammlung das Bundesgerichtsgesetz (BGG)1. Gemäss Artikel 1 Absatz 3 BGG besteht das Bundesgericht aus 35­45 ordentlichen Bundesrichtern und Bundesrichterinnen. Es besteht ausserdem aus nebenamtlichen Bundesrichtern und Bundesrichterinnen, deren Zahl höchstens zwei Drittel der Zahl der ordentlichen Richter und Richterinnen beträgt (Art. 1 Abs. 4 BGG). Innerhalb dieser Vorgaben legt die Bundesversammlung die Zahl der Richter und Richterinnen in einer Verordnung fest (Art. 1 Abs. 5 BGG).

Am 26. August 2005 beauftragte das Büro des Ständerats die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats (nachfolgend: die Kommission), in Absprache mit der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats dem Parlament einen Entwurf für eine Verordnung über die Richterstellen am Bundesgericht zu unterbreiten. Zuvor waren der Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements und die Präsidenten der für die Belange des Bundesgerichts zuständigen Parlamentskommissionen übereingekommen, dass die Erarbeitung der Verordnung unter der Leitung einer noch zu bezeichnenden Parlamentskommission erfolgen solle.

Am 21. Februar 2006 verabschiedete die Kommission mit 7 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung den Entwurf zu einer Verordnung der Bundesversammlung über die Richterstellen am Bundesgericht und den dazugehörenden Begleitbericht.

Artikel 1 des Verordnungsentwurfs legt die Zahl der Richterstellen fest. Er sieht vor, dass das Bundesgericht aus 38 ordentlichen und 19 nebenamtlichen Richtern und Richterinnen besteht. Gemäss Artikel 2 hat das Bundesgericht ein Geschäftskontrollverfahren einzurichten, das Auskunft gibt über die Anzahl der von den Richtern und Richterinnen bearbeiteten Dossiers, die Funktion der Richter und Richterinnen bei der Fallbearbeitung sowie die Zeit, welche die Richter und Richterinnen pro Dossier aufgewendet haben. Artikel 3 regelt den Übergang von der heute geltenden Zahl der (ordentlichen und nebenamtlichen) Richter und Richterinnen zu den neuen Höchstzahlen: Bis zum Ablauf der im Zeitpunkt des Rechtswechsels laufenden Amtsperiode sollen die neuen Höchstzahlen dadurch erreicht werden, dass frei werdende Richterstellen nicht wieder besetzt werden. Nur wenn das Ausscheiden eines Richters oder einer Richterin zur Folge hätte, dass die für die Funktionsfähigkeit
des Gerichts erforderlichen Fachkenntnisse der Richter und Richterinnen oder die Vertretung der Amtssprachen nicht mehr gewährleistet wären, soll eine Wiederbesetzung der Stelle ausnahmsweise trotzdem zulässig sein. Gemäss Artikel 4 tritt die Verordnung zusammen mit dem BGG, d.h. am 1. Januar 2007 in Kraft. Sie ist befristet bis zum 31. Dezember 2011.

Zu Artikel 1 Absatz 1 (Zahl der ordentlichen Richter und Richterinnen) liegen zwei Minderheitsanträge vor. Eine Minderheit I (Marty Dick, Berset, Bonhôte) beantragt, die bisherige Zahl von 41 Richtern und Richterinnen beizubehalten. Eine Minderheit II (Hess Hans, Germann) stellt den Antrag, die Zahl der ordentlichen Richter und Richterinnen auf 35 festzulegen.

1

BBl 2005 4045

3504

Mit Schreiben vom 27. Februar 2006 hat der Präsident der Kommission den Bundesrat zur Stellungnahme eingeladen.

2

Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Anzahl Richterstellen

2.1.1

Vorgehen der Kommission im Allgemeinen

Die Kommission hat die Zahl der Richter und Richterinnen gestützt auf eine ganzheitliche Betrachtungsweise festgelegt. Sie hat nicht nur die Entwicklung der Fallzahlen und die geschätzte Entlastung durch das neue Bundesgerichtsgesetz berücksichtigt, sondern auch den zukünftigen Finanzrahmen, die Zahl der Gerichtsschreiber und Gerichtsschreiberinnen und die Ausgestaltung der Dienste des Bundesgerichts in ihre Überlegungen einbezogen.

Der Bundesrat begrüsst diesen ganzheitlichen Ansatz. Zwar ist die Bundesversammlung im Rahmen der hier zur Diskussion stehenden Verordnung nur berechtigt, die Zahl der Richter und Richterinnen festzulegen. Die Zahl der übrigen am Bundesgericht tätigen Personen ­ Gerichtsschreiber und Gerichtsschreiberinnen, wissenschaftliches und administratives Personal ­ bestimmt das Bundesgericht im Rahmen der ihm vom Parlament zur Verfügung gestellten Mittel selbst. Eine sachgerechte Festlegung der Zahl der Richter und Richterinnen ist jedoch nur möglich, wenn die gesamte Organisation des Bundesgerichts einer Analyse unterzogen wird. Der Bundesrat teilt daher die Auffassung der Kommission, wonach die Reduktion der Richterstellen mit einer entsprechenden Herabsetzung des Personalaufwands für die Gerichtsschreiber und Gerichtsschreiberinnen einherzugehen hat. Er erwartet, dass das Parlament den Erkenntnissen aus den Vorarbeiten zur vorliegenden Verordnung bei der künftigen Behandlung des Voranschlags und des Finanzplans des Bundesgerichts Rechnung tragen wird.

Innerhalb der ganzheitlichen Betrachtungsweise hat sich die Kommission von der folgenden, aus mehreren Teilschritten bestehenden Vorgehensweise leiten lassen: Sie hat (1) eine Bedarfsprognose gestützt auf einen Vergleich der Zeitperioden 1992­1999 und 2002­2004 gestellt, (2) die Zwischenergebnisse aus dem Zeitvergleich aufgrund von veränderten Gegebenheiten und Situationen zwischen den Zeitperioden korrigiert, (3) die Auswirkungen des neuen Bundesgerichtsgesetzes veranschlagt und in die Berechnungen einfliessen lassen und (4) der Herabsetzung der Zahl der nebenamtlichen Richter und Richterinnen Rechnung getragen.

Der Bundesrat kann sich dieser Methode grundsätzlich anschliessen. Zwar wären auch andere Vorgehensweisen denkbar gewesen. So hätten die Rahmenbedingungen innerhalb der gewählten Methode anders festgelegt werden können
(z.B. Vergleich von anderen Zeitperioden oder Annahme einer anderen Verhältniszahl zwischen Richtern/Richterinnen und Gerichtsschreibern/Gerichtschreiberinnen), oder es hätte ein ganz anderes Vorgehen gewählt werden können (z.B. Annahme einer Einsparquote im Sinne einer Arbeitshypothese, gestützt auf die verschiedene Organisationsvarianten zu erarbeiten gewesen wären). Das Vorgehen der Kommission erscheint gesamthaft betrachtet aber als plausibel. Es ist differenziert und stützt sich auf Annahmen, die durchwegs sachlich begründet sind. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass die erforderliche Anzahl Richter und Richterinnen ohnehin nicht exakt ermittelbar ist, sondern stets auch auf Schätzungen und Annah3505

men beruht, geht der Bundesrat im Folgenden vom selben methodischen Ansatz aus wie die Kommission.

2.1.2

Beurteilung der einzelnen Zwischenschritte

2.1.2.1

Schritte eins und zwei

Die Kommission hat in einem ersten Schritt ermittelt, welches der Bedarf an Richtern und Richterinnen bzw. Gerichtsschreibern und Gerichtsschreiberinnen wäre, wenn dem Bundesgericht auch in Zukunft der Finanzrahmen der ersten Vergleichsperiode (1992­1999) zur Verfügung stünde. Dabei ist sie davon ausgegangen, dass das Bundesgericht in den kommenden Jahren dieselbe Geschäftslast zu bewältigen hat wie im jeweiligen Durchschnitt der beiden Vergleichsperioden, d.h. rund 7050 Fälle pro Jahr. Gestützt auf diese Annahme und anhand einer proportionalen Aufteilung der finanziellen Mittel auf sog. Richtergruppen (ein Richter oder eine Richterin plus drei Gerichtsschreiber oder Gerichtsschreiberinnen) ist sie zum Schluss gelangt, dass das Bundesgericht in Zukunft einen Bedarf an 37,4 Richterstellen haben wird.

In einem zweiten Schritt hat die Kommission ihr Zwischenergebnis nach oben korrigiert und die Zahl der Richter und Richterinnen um zwei Richterstellen auf insgesamt 39,4 Stellen erhöht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die neuesten Fallzahlen des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts aus dem Jahre 2005 würden darauf schliessen lassen, dass die langjährige Durchschnittsbelastung der beiden Vergleichsperioden (7050 Fälle pro Jahr) zu tief sei. Die Jahresbelastung sei daher um durchschnittlich 5 Prozent (350 Fälle) zu erhöhen.

Der Bundesrat kann sich den Überlegungen und Berechnungen der Kommission anschliessen. Zwar kann man sich fragen, ob die langjährige Durchschnittsbelastung der beiden Perioden 1992­1999 und 2002­2004 nicht ein verlässlicheres Indiz für die Definition der künftigen Geschäftslast des Bundesgerichts gewesen wäre als die doch eher singuläre Geschäftszahl des Jahres 2005. Ein Einbezug auch der neuesten Zahlen dürfte jedoch im Interesse einer vorsichtigen Zukunftsprognose liegen und insofern zweckmässig sein, als das Bundesgericht und das Eidgenössische Versicherungsgericht davon ausgehen, dass sich der Trend der jüngsten Entwicklung im laufenden Jahr fortsetzen wird.

2.1.2.2

Schritt drei

Die Kommission hat in einem dritten Schritt den Auswirkungen Rechnung getragen, die sich aus der Totalrevision der Bundesrechtspflege und insbesondere aus dem am 1. Januar 2007 in Kraft tretenden Bundesgerichtsgesetz ergeben. Sie ist dabei zum Schluss gelangt, dass die neue Bundesrechtspflege ein Entlastungspotenzial im Umfang von 4,08 Richterstellen und Mehrbelastungen im Umfang von 0,95 Richterstellen mit sich bringt. Die Netto-Entlastung liege somit bei 3,13 Richterstellen, was zu einem Bedarf an 36,27 Richtern und Richterinnen führe (drittes Zwischenergebnis).

Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass die Auswirkungen der neuen Gesetze bereits jetzt abgeschätzt und in die Festsetzung der Zahl der Richter und Richterinnen einbezogen werden sollen. Er kann sich auch der Auffassung 3506

anschliessen, dass nur jene erwarteten Entlastungselemente zu berücksichtigen sind, die bereits ab Inkrafttreten des BGG Wirkung entfalten und zu denen einigermassen verlässliche Angaben vorliegen. Hingegen ist der Bundesrat der Ansicht, dass die Kommission die folgenden zwei Entlastungselemente zu wenig gewichtet bzw. nicht sachgerecht gewürdigt hat: ­

Wegfall von Direktprozessen: Die Kommission misst den wegfallenden Direktprozessen denselben Belastungswert zu wie sämtlichen übrigen Fällen. Sie kommt daher zum Schluss, dass der Wegfall von durchschnittlich acht Direktprozessen einem Entlastungspotenzial von 0,05 Richterstellen entspricht. Diese Einschätzung ist nicht richtig. Das Besondere an den Direktprozessen liegt darin, dass sie die betroffenen Richter und Richterinnen überdurchschnittlich stark belasten. Die Belastung ist regelmässig ein Vielfaches der Belastung, die bei einem durchschnittlichen Geschäft anfällt.

Bei einem der letzten grossen Strafprozesse des Bundesstrafgerichts in Lausanne soll die Belastung des mit der Verfahrensleitung betrauten Richters umgerechnet ein ganzes Jahrespensum betragen haben. Der Wegfall dieses einzigen Direktprozesses hätte somit die Bewältigung von 168 zusätzlichen Referaten ermöglicht (demgegenüber würde der besagte Strafprozess nach den Berechnungen der Kommission nur durch ein einziges zusätzliches Referat kompensiert). Auch wenn das erwähnte Beispiel ausserordentlich gewesen sein mag, ist doch offensichtlich, dass die Leitung eines Direktprozesses ungleich aufwendiger ist als das Verfassen eines Referates. Geht man davon aus, dass jeder der wegfallenden Direktprozesse zumindest einem Belastungswert von einem Zehntel des üblichen Jahrespensums eines Richters oder einer Richterin entspricht, so ergibt der Wegfall der durchschnittlich acht Direktprozesse ein Entlastungspotenzial von insgesamt 136 Fällen, was einem Wert von 0,8 Richterstellen (an Stelle der von der Kommission veranschlagten 0,05 Richterstellen) entspricht.

­

Erhöhung der Streitwertgrenzen: Die Kommission geht davon aus, dass die Erhöhung der Streitwertgrenzen einen Wegfall von 65 Fällen pro Jahr zur Folge haben wird. Diese Zahl ist nicht nachvollziehbar. Nach einer vom Bundesgericht im Jahre 2004 durchgeführten Auswertung hätte eine Erhöhung der Streitwertgrenzen auf 30 000 Franken im Untersuchungsjahr dazu geführt, dass 24,3 Prozent aller Fälle mit einem bestimmbaren Streitwert an der neuen Streitwertgrenze gescheitert wären. In Fallzahlen ausgedrückt hätte das Entlastungspotenzial einem Wert von 176 Fällen entsprochen.

Auch wenn der Umstand, dass die Streitwertgrenzen im Miet- und Arbeitsrecht lediglich auf 15 000 Franken erhöht worden sind, zu einer Korrektur dieser Zahl führen muss, wird deutlich, dass das von der Kommission veranschlagte Entlastungspotenzial klar zu tief ist. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Erhöhung der Streitwertgrenzen zu einem Entlastungspotenzial von mindestens 100 Fällen pro Jahr führt, was einem Wert von 0,6 Richterstellen (an Stelle der von der Kommission veranschlagten 0,4 Richterstellen) entspricht.

Damit ergibt sich, dass die Netto-Entlastung um insgesamt 0,95 Richterstellen erhöht werden muss. Sie liegt somit bei 4,08 Richterstellen, was einen neuen Bedarfswert von 35,32 Richterstellen ergibt (drittes Zwischenergebnis).

3507

2.1.2.3

Schritt vier

In einem letzten Schritt hat die Kommission dem Umstand Rechnung getragen, dass die Zahl der nebenamtlichen Richter und Richterinnen um über 50 Prozent auf 19 reduziert werden soll. Sie ist von der Annahme ausgegangen, dass jeder oder jede der verbleibenden 19 Richter und Richterinnen ein Jahrespensum von 48 Arbeitstagen erfüllt (also vier Tage pro Monat, was einem Beschäftigungsgrad von 20 Prozent entspricht). Da die nebenamtlichen Richter und Richterinnen im Durchschnitt der Vergleichsperiode 2002­2004 insgesamt 1465 Tage pro Jahr beschäftigt waren, hat die Kommission den Wegfall von 553 Arbeitstagen auf die ordentlichen Richterstellen umgerechnet. Ausgehend von der Annahme, dass die Effizienz eines ordentlichen Richters oder einer ordentlichen Richterin etwa 30 Prozent über jener eines nebenamtlichen Richters oder einer nebenamtlichen Richterin liegt, hat sie die erwartete Einbusse an Arbeitstagen der nebenamtlichen Richter und Richterinnen mit 1,7 Richterstellen veranschlagt. Diesen Wert hat die Kommission zum Zwischenergebnis gemäss Ziffer 2.1.2.2 von 36,27 hinzugezählt, was zum Endergebnis von 37,79 oder gerundet 38 Richterstellen geführt hat.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Kommission die Einbusse aufgrund der Herabsetzung der Zahl der nebenamtlichen Richter und Richterinnen nicht zutreffend ermittelt hat. Die Kommission hat übersehen, dass die nebenamtlichen Richter und Richterinnen nicht, um in der Terminologie der Kommission zu bleiben, als «Fallmanager» in einer Richtergruppe mit drei Gerichtsschreibern oder Gerichtsschreiberinnen arbeiten. Vielmehr arbeiten sie selbständig und ohne Unterstützung durch Gerichtsschreiber und Gerichtsschreiberinnen. (Falls sie für die Erarbeitung ihrer Referate eigene Hilfskräfte beiziehen, sind sie selbst für deren Entschädigung verantwortlich; die Bundeskasse wird dadurch nicht zusätzlich belastet). Diesem Umstand ist Rechnung zu tragen, wenn ermittelt werden soll, wie viele ordentliche Bundesrichter oder Bundesrichterinnen nötig wären, um ein Pensum im Umfang von 553 Arbeitstagen eines nebenamtlichen Richters oder einer nebenamtlichen Richterin zu übernehmen.

Die von der Kommission ermittelten 1,7 Richterstellen verursachen einen finanziellen Aufwand von 561 000 Franken. Da die ordentlichen Richter und Richterinnen in einer Richtergruppe
arbeiten, für die der Besoldungsaufwand gemäss den Ausführungen der Kommission 798 000 Franken beträgt (vgl. Ziff. 2.3.3 des Berichts), entspricht der Aufwand von 561 000 Franken einem Besoldungsaufwand für 70 Prozent einer Richtergruppe. Die Herabsetzung der Zahl der nebenamtlichen Richter und Richterinnen verursacht somit nicht einen Mehrbedarf von 1,7 (ordentlichen) Richterstellen, sondern lediglich einen Mehrbedarf von 0,7 (ordentlichen) Richterstellen.

2.1.3

Fazit

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Berechnungen der Kommission in zweifacher Hinsicht korrigiert werden müssen: Die Entlastung aufgrund des BGG muss um 0,95 Stellen höher ausfallen (vgl. Ziff. 2.1.2.2), und die Korrektur aufgrund des Wegfalls der nebenamtlichen Richter und Richterinnen muss um eine Richterstelle tiefer sein (vgl. Ziff. 2.1.2.3). Bringt man diese zwei Korrekturen an, so ergibt sich ein Endergebnis von 36,02 Richterstellen.

3508

2.2

Artikel 3 der Verordnung (Übergangsbestimmung)

Artikel 3 der Verordnung verankert den Grundsatz, dass vakant gewordene Stellen nicht mehr besetzt werden, bis die in Artikel 1 vorgesehene Anzahl Richterstellen erreicht ist. Von diesem Grundsatz gibt es zwei Ausnahmen: Eine frei gewordene Stelle kann ausnahmsweise wieder besetzt werden, wenn 1.

die sprachliche Zusammensetzung des Gerichts ohne Wiederbesetzung der Stelle derart verändert würde, dass die Funktionsfähigkeit des Gerichts nicht mehr gewährleistet wäre, oder

2.

das Ausscheiden eines Richters oder einer Richterin zur Folge hätte, dass die für die Funktionsfähigkeit des Gerichts erforderlichen Fachkenntnisse der Richter und Richterinnen nicht mehr gewährleistet wären.

Der Bundesrat beantragt, die zweite Ausnahme zu streichen. Es kann nicht sein, dass beim Rücktritt eines Richters oder einer Richterin keiner oder keine der verbleibenden 40 (bzw. 39 oder 38) Richter und Richterinnen die Lücke schliessen kann, welche durch den Verlust der Fachkompetenz des abtretenden Richters oder der abtretenden Richterin entsteht. Es ist absehbar, dass das Bundesgericht bei jeder Vakanz geltend machen wird, die Stelle müsse ersetzt werden, weil der abtretende Richter oder die abtretende Richterin über ein spezifisches Fachwissen verfüge, das es zu ersetzen gelte. Es ist jedoch heute schon gang und gäbe, dass ein neu gewählter Bundesrichter oder eine neu gewählte Bundesrichterin in einer Abteilung eingesetzt wird, deren Zuständigkeit nicht mit dem Rechtsgebiet der bisherigen Tätigkeit der gewählten Person übereinstimmt. Das Bundesgericht muss in der Lage sein, seine Richter und Richterinnen flexibel einzusetzen. Gerade in dieser Möglichkeit liegt einer der Vorteile der Integration des Eidgenössischen Versicherungsgerichts in das Bundesgericht. Auf die Ausnahmeklausel betreffend die Fachkenntnisse der Richter und Richterinnen ist daher zu verzichten.

3

Anträge des Bundesrats

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen stellt der Bundesrat folgende Anträge: Art. 1 Abs. 1 1

Das Bundesgericht besteht aus 36 ordentlichen Richtern und Richterinnen.

Art. 3 zweiter Satz ... Ist diese Zahl noch nicht erreicht, so ist eine Wiederbesetzung dennoch zulässig, wenn nur auf diese Weise die für die Funktionsfähigkeit des Gerichts erforderliche Vertretung der Amtssprachen gewährleistet werden kann.

3509

3510