zu 04.429 Parlamentarische Initiative Bundesgesetz über die Landessprachen Bericht vom 15. September 2006 der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 18. Oktober 2006

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) hat mit Schreiben vom 19. September 2006 dem Bundesrat Entwurf und Bericht zu einem Bundesgesetz über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften zur Stellungnahme zukommen lassen. Nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG) nehmen wir nachfolgend dazu Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. Oktober 2006

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 7. Mai 2004 reichte Nationalrat Christian Levrat die parlamentarische Initiative «04.429 Bundesgesetz über die Landessprachen» ein. Entgegen dem Willen des Bundesrates, der am 28. April 2004 Entwurf und Botschaft für ein Bundesgesetz über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften abgelehnt hatte, sollte der Gesetzesentwurf ­ so wie er am 23. Oktober 2001 vom Bundesrat in die Vernehmlassung geschickt worden war ­ den eidgenössischen Räten vorgelegt werden.

Am 12. November 2004 gab die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) dieser Initiative einstimmig Folge. Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) hat diesen Entscheid mit Beschluss vom 3. Februar 2005 bestätigt. Bei der darauf folgenden Beratung der Vorlage stützte sich die WBK-N jedoch nicht auf den Entwurf vom Oktober 2001, wie die Initiative es verlangte, sondern auf die bereinigte Fassung der Verwaltung vom April 2004. Damit wollte die Kommission der bereits geleisteten Vorarbeit umfassend Rechnung tragen, die auch die Berücksichtigung der Vernehmlassungsergebnisse einschliesst. Am 15. September 2006 hat die WBK-N die Beratung abgeschlossen.

Mit Schreiben vom 19. September 2006 lud sie den Bundesrat zur Stellungnahme ein.

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Entscheid des Bundesrates vom 28. April 2004, auf ein neues Sprachengesetz (SpG) zu verzichten, darf nicht als Absage an ein sprachpolitisches Engagement des Bundes verstanden werden. Der Bundesrat ist sich der hohen staatspolitischen Bedeutung der Mehrsprachigkeit als Wesensmerkmal unseres Landes durchaus bewusst.

Der Bundesrat hat mit der Ablehnung des SpG im April 2004 vielmehr seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass der Bund bereits über die notwendigen Instrumente verfügt, um die im SpG festgelegten sprach- und verständigungspolitischen Ziele zu erreichen und somit den sprachpolitischen Auftrag in angemessener Weise zu erfüllen. Der Bund leistet auf diesem Gebiet schon heute viel: Auf Grund der geltenden Bestimmungen gewährt der Bund jährliche Finanzhilfen zur Förderung des Rätoromanischen und des Italienischen von 4,5 Mio. Franken an den Kanton Graubünden und von 2,3 Mio. Franken an den Kanton Tessin. Zudem unterstützt der Bund die verständigungspolitischen Organisationen mit jährlich 800 000 Franken. Darunter fallen auch Beiträge an die «ch Stiftung» zur Förderung des schulischen Austauschs.

Der vorliegende Gesetzesentwurf der WBK-N unterscheidet sich nur unwesentlich von der Vorlage, die der Bundesrat abgelehnt hatte. Wichtige Massnahmen des Gesetzesentwurfs, die den schulischen Bereich betreffen, fallen auf Grund der Zuständigkeiten in den Aufgabenbereich der Kantone. Im Hinblick auf die Erfüllung 9048

des sprachpolitischen Auftrags sieht der Bundesrat keinen Anlass, die soeben neu geschaffenen Regelungen bezüglich der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen in Frage zu stellen.

Der Verzicht des Bundesrates auf zusätzliche Massnahmen war auch unmittelbar an den Sparauftrag von Volk und Parlament geknüpft. Aus dem gleichen Grund hat er in anderen staatspolitisch sensiblen Bereichen Ausgaben gekürzt bzw. auf zusätzliche Massnahmen verzichtet. Für den Bundesrat steht auch bei der Beurteilung des vorliegenden Gesetzesentwurfs die Sanierung des Bundeshaushalts im Vordergrund.

Er ist entschlossen, diesen Auftrag konsequent zu erfüllen und auch weiterhin auf Aufgaben zu verzichten, wenn dies aus staatspolitischer Sicht vertretbar ist. Aus diesen Überlegungen heraus hält der Bundesrat an seinem Beschluss vom 28. April 2004 fest und lehnt die Vorlage der WBK-N ab.

Die WBK-N äussert sich in ihrem Bericht zur finanziellen Frage und befürwortet die Beschaffung von zusätzlichen Mitteln für die Umsetzung des SpG (Ziff. 3.1.2).

Zudem verlangt sie vom Bundesrat entsprechende Abklärungen im Rahmen dieser Stellungnahme. Verbindliche Aussagen zum Finanzbedarf sind auf Grund der Informationen, die der Verwaltung heute vorliegen, schwierig, da der effektive Finanzbedarf erst ermittelt werden kann, wenn feststeht, welche Massnahmen tatsächlich beschlossen und vom Bund mitgetragen werden sollen. Auf Grund der Kostenschätzung in der Vorlage der Verwaltung vom April 2004 und in Anbetracht des von der WBK-N beschlossenen Massnahmenkatalogs kann von einem jährlichen Maximalbetrag von etwa 15 Millionen Franken ausgegangen werden.

Gestützt auf seinen Beschluss vom 28. April 2004 hat der Bundesrat bewusst auf die Teilnahme an den Sitzungen der WBK-N für die Beratung des Sprachengesetzes und damit auf eine inhaltliche Mitsprache verzichtet. Er hält es deshalb auch jetzt für opportun, sich nicht zu inhaltlichen Aspekten dieser Gesetzesvorlage zu äussern, und sieht deshalb auch davon ab, in dieser Stellungnahme zuhanden der WBK-N schriftliche Anträge zu stellen.

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