Die drei «KMU-Tests» des Bundes: bekannt? genutzt? wirkungsvoll?

Anhang

Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftprüfungskommission des Nationalrates vom 23. Februar 2005

«Im Allgemeinen wollen die Politiker sicherstellen, dass das Heilmittel nicht schlimmer ist als die Krankheit. Daher entstand der Bedarf an Folgenabschätzung der Regierungstätigkeiten».

In: OECD, 2003, S. 51.

2005-1654

3229

Das Wichtigste in Kürze Angesichts der sinkenden Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz und der besonders starken administrativen Belastung der kleinen und mittelgrossen Unternehmen hat der Bund Instrumente zur Unterstützung der Rechtsetzung eingerichtet, die drei «KMU-Tests»: die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA), den KMU-Verträglichkeitstest und das Forum KMU. Die RFA unterzieht die neuen Gesetze und Verordnungen einer Analyse der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen mit dem Ziel, die Gesetzgebung zu verbessern. Der Verträglichkeitstest ist eine Umfrage, in der das seco die KMU über ihre Probleme bei der Anwendung von Erlassen befragt. Das Forum KMU setzt sich für die Vertretung des Standpunktes der KMU im politischen Entscheidungsprozess ein.

Die PVK hat sich auf Interviews, Textanalysen und Praxisfälle gestützt, mit dem Ziel, die Auswirkungen der «KMU-Tests» auf den Entscheidungsprozess zu untersuchen, d.h. ihre Bekanntheit, ihre Nutzung und ihren Einfluss.

Die drei «KMU-Tests» sind den politischen Akteuren bekannt, wenn auch oft nur oberflächlich. Das Parlament, der Bundesrat und die externen Akteure sind für diese Instrumente weit weniger sensibilisiert als die Ämter und das seco.

Das politische Umfeld ist günstig für die Berücksichtigung der allgemeinen und spezifischen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die KMU, besonders auf der Diskursebene der politischen Akteure. Jedoch werden diese Aspekte im politischen Entscheidungsprozess besonders im Parlament nicht systematisch behandelt.

Die Nutzung dieser Instrumente in der vorparlamentarischen Phase bleibt gering.

Im Allgemeinen wird die RFA als eine zusätzliche Aufgabe angesehen, welche die Ämter in der letzten Minute erfüllen. Sie beschränken sich darauf, bei der Schlussredaktion des Kapitels über die wirtschaftlichen Auswirkungen, das in der Botschaft an das Parlament enthalten sein muss, eine RFA vorzunehmen. Die RFA wird somit nicht als Steuerinstrument zur Unterstützung der Entscheidungsfindung, zur Wahl von Alternativen und zur Argumentation über die Kosten genutzt. Die Akteure des Vernehmlassungsverfahrens (Ämter und externe Akteure) haben auch nicht die Möglichkeit, die von der RFA gelieferten Informationen zu berücksichtigen und darauf zu reagieren, da die RFA nicht zu den übermittelten Unterlagen gehört.

Zudem gibt es in den Ämtern
keinen Kulturwandel, ausser in einigen Fällen, in denen auf Grund der Durchführung einer RFA ein Informationsfeedback zwischen der Redaktion der Gesetzesartikel und der Einschätzung ihrer Wirtschaftsfolgen ermöglicht wird.

Die Ämter haben keine zusätzlichen Ressourcen eingesetzt, um die RFA durchzuführen: wenige Personen sind dafür besonders qualifiziert, das seco verfügt nur über eine Stelle, der Grossteil der Verordnungen werden keiner RFA unterzogen, kein Ausbildungsprogramm wird angeboten und es besteht keine interne Kontrolle der RFA in den Ämtern. Die Kontrolle der RFA wird durch das seco geleistet, aber es gibt kaum Möglichkeiten, Druck auf die Ämter auszuüben. Die formellste Möglichkeit ist das Mitberichtsverfahren, das jedoch zu diesen Punkten praktisch nie angewandt wird.

3230

Die Glaubwürdigkeit des Forums KMU ist bei den politischen Akteuren noch nicht fest etabliert. Die Ergebnisse der Verträglichkeitstest werden selten genutzt. Die Komplementarität zwischen den drei Instrumenten ist nicht optimiert.

In der parlamentarischen Phase sind die «KMU-Tests» und besonders die RFA eine offizielle Informationsquelle über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Gesetzesentwurfes. Die Qualität der aus diesen «KMU-Tests» hervorgehenden Information wird in Frage gestellt. Zudem steht sie in Konkurrenz mit einer Vielzahl weiterer Informationen. Das Nutzungspotenzial der «KMU-Tests» ist vorhanden, bleibt jedoch klein, vor allem auf Grund seiner geringen Präsenz und seiner Unangemessenheit für die Beratung eines Artikels nach dem anderen, wie sie im Parlament erfolgt.

Der Einfluss der drei «KMU-Tests» auf den Entscheidungsprozess ist minim, vor allem im Parlament. Von den drei Instrumenten hat die RFA den grössten Einfluss, wenn auch nur indirekter Art, denn sie dient eher der Vermittlung von Informationen und der Sensibilisierung. Der Beitrag der Stellungnahmen des Forums KMU ist meistens ungenügend, sie haben in der Regel keine konkreten Auswirkungen. Im Allgemeinen üben diese Instrumente keinen Einfluss auf die strategische Ausrichtung eines Gesetzes aus. Manchmal besteht ein Einfluss auf der operativen Ebene: Einzelne Artikel von Verordnungen werden auf Grund eines «KMU-Tests» geändert.

Der Nutzen einer verbesserten Gesetzgebung ist allerdings potenziell hoch. Die drei Instrumente könnten bei einer konsequenten Umsetzung eine entscheidende Rolle spielen. Aber eine Kosten-Nutzen-Analyse dieser Instrumente zeigt zum jetztigen Zeitpunkt, dass sowohl der Nutzen als auch die Kosten als gering eingeschätzt werden.

Was die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen im Allgemeinen und für die KMU im Besonderen im politischen Entscheidungsprozess betrifft, haben die «KMU-Tests» ihren Beitrag zu einer auf soliden analytischen Grundlagen basierenden Entscheidungsfindung durch die politischen Akteure somit noch nicht geleistet.

Letztere werden weiterhin vorwiegend durch politische Interessen, Lobbys oder durch das Streben nach einem Konsens beeinflusst.

3231

Inhaltsverzeichnis Das Wichtigste in Kürze

3230

Abkürzungsverzeichnis

3234

1 Auftrag 1.1 Rahmen der Untersuchung 1.2 Struktur des Berichts 1.3 Methodologie

3235 3235 3237 3237

2 Allgemeiner Rahmen der «KMU-Tests» 2.1 Drei Säulen der «KMU-Tests» des Bundes 2.1.1 Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) 2.1.2 KMU-Verträglichkeitstest 2.1.3 Forum KMU 2.2 Entscheidungsprozess bei der Bundesgesetzgebung 2.3 Internationale Erfahrungen

3239 3241 3242 3243 3244 3245 3246

3 Bekanntheit 3.1 Vertretung der Interessen der KMU und der Wirtschaft in der Politik der Schweiz 3.2 Bekanntheit der drei «KMU-Tests» 3.3 Informationsgehalt der «KMU-Tests»

3247

4 Nutzung 4.1 Nutzung in der vorparlamentarischen Phase 4.1.1 Politische Unterstützung und Nutzung auf höchster Ebene 4.1.2 Nutzung der RFA 4.1.3 Nutzung des Forums KMU 4.1.4 Nutzung des Verträglichkeitstests 4.1.5 Koordination der drei «KMU-Tests» 4.1.6 Durchführungszeitpunkt 4.1.7 Rolle des seco 4.1.8 Bereitstellung der Kapazitäten 4.1.9 Unterschied zwischen Gesetz und Verordnung 4.2 Nutzung in der parlamentarischen Phase 4.2.1 Nutzung im Vergleich 4.3 Kapitel in der Botschaft über die finanziellen Auswirkungen

3259 3259 3259 3260 3262 3263 3264 3265 3267 3268 3269 3270 3273 3273

5 Einfluss 5.1 Art des Einflusses 5.2 Kosten-Nutzen Verhältnis

3274 3278 3280

6 Schlussfolgerungen

3281

3232

3248 3251 3256

Anhänge: 1 Ausführlicher Fragebogen zu den «KMU-Tests» 2 Beispiel einer RFA 3 Beispiel eines KMU-Verträglichkeitstests 4 Beispiel einer Stellungnahme des Forums KMU

3287 3291 3296 3301

Literaturverzeichnis

3305

Liste der befragten Personen

3307

3233

Abkürzungsverzeichnis AB AHV BAK BAV BBG BBT BBl BehiG BJ BSSE BSV BUWAL BWO BVET CVP EFV EOG EVD FDP GPK GVG IMD K KMU OECD P ParlG PVK RFA SGK SIK SPS SVP VVS WAK Weko WFG

3234

Amtliches Bulletin Alters- und Hinterlassenenversicherung Bundesamt für Kultur Bundesamt für Verkehr Berufbildungsgesetz (SR 412.10) Bundesamt für Berufsbildung und Technologie Bundesblatt Behindertengleichstellungsgesetz (SR 151.3) Bundesamt für Justiz Beitragssatz für Selbständigerwerbende Bundesamt für Sozialversicherungen Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft Bundesamt für Wohnungswesen Bundesamt für Veterinärwesen Christlichdemokratische Volkspartei Eidgenössische Finanzverwaltung Erwerbsersatzgesetz (SR 834.1) Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Freisinnig-Demokratische Partei der Schweiz Geschäftsprüfungskommission Geschäftsverkehrsgesetz (SR 171.11) International Institute for Management Development Kommissionen Kleine und mittlere Unternehmen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Plenum Parlamentsgesetz (SR 171.10) Parlamentarische Verwaltungskontrolle Regulierungsfolgenabschätzung Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit Sicherheitspolitische Kommission Sozialdemokratische Partei Schweizerische Volkspartei Verordnung über den Verkehr mit Sonderabfällen (SR 814.610) Kommission für Wirtschaft und Abgaben Wettbewerbskommission Bundesgesetz über die Förderung von preisgünstigem Wohnraum (SR 842)

Bericht 1

Auftrag

An ihrer Sitzung vom 21. Juni 2004 hat die Subkommission EVD/EFD der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit der Durchführung einer Evaluation der «KMUTests» des Bundes beauftragt. Bei diesen Tests handelt es sich um die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA), den KMU-Verträglichkeitstest und das Forum KMU.

Das Ziel dieser Untersuchung ist, die Auswirkungen der drei «KMU-Tests» im politischen Entscheidungsprozess zu evaluieren. Es geht darum zu prüfen, ob bei der Gesetzgebung auf Bundesebene1 die Auswirkungen auf die Wirtschaft und besonders auf die KMU2 von den politischen Akteuren ausreichend berücksichtigt werden. Für das Parlament ist diese Evaluation von zweifachem Interesse: Einerseits übt es die Oberaufsicht über die Bundesämter aus, welche die «KMU-Tests» durchführen, und andererseits nutzt es die Ergebnisse dieser «KMU-Tests» im Gesetzgebungsprozess.

In Anbetracht der Bedeutung der KMU für die Wirtschaft und zu einer Zeit, wo die Schweiz danach strebt, ihr Wirtschaftspotenzial zu verbessern, ist der Nutzen dieser Untersuchung offensichtlich. Laut OECD führt eine häufige und professionelle Anwendung dieser Tests auch zu einem besseren Kosten/Nutzen-Verhältnis der politischen Entscheidungen und zu weniger mittelmässigen oder unnützen Regulierungen3, was sich auch positiv auf die Wirtschaft des Landes auswirkt, welche sie durchführt.4 Nach mehr als vier Jahren praktischer Nutzung in der Schweiz ist es an der Zeit, eine Evaluation dieser «KMU-Tests» vorzunehmen.

1.1

Rahmen der Untersuchung

Entsprechend dem Auftrag der Subkommission ist die zentrale Frage dieser Untersuchung: Welche Auswirkungen haben die «KMU-Tests» im politischen Entscheidungsprozess in der Schweiz? Folgende Fragen leiten die Evaluation:

1 2 3 4

-

Wie hoch ist der Bekanntheitsgrad der «KMU-Tests»?

-

Nutzen die politischen Entscheidungsträger diese Instrumente?

-

Tragen die Ämter den Auswirkungen der Gesetzgebung auf die Wirtschaft und insbesondere auf die KMU besser Rechnung?

-

Gibt es einen Kulturwandel innerhalb der Ämter?

-

Werden die Ergebnisse der «KMU-Tests» verwendet, um Vorlagen abzuändern?

Gewisse Kantone haben bereits ähnliche Instrumente eingeführt oder sind dabei, dies zu tun (Bern, Basel-Landschaft, Aargau, Zürich, Neuenburg, Solothurn).

Für eine präzise Definition und weitere Angaben über die KMU, siehe: Habersaat et al., 2001.

OECD, 2002, S. 53.

OECD, 2000, S. 8.

3235

-

Wie lässt das Forum KMU die Anliegen der KMU in den Entscheidungsprozess einfliessen?

Das Wirkungsmodell in Abbildung 1 macht die Funktionsweise der «KMU-Tests» deutlich. Die Evaluation der PVK legt den Schwerpunkt auf die Ebene E. Die von den «KMU-Tests» bezweckte Verhaltensänderung (Auswirkung) ist, dass die betroffenen Akteure (der Bundesrat, die Ämter und das Parlament) bei der Gesetzgebung den Folgen ihrer Entscheidungen für die Wirtschaft und besonders für die KMU besser Rechnung tragen. Die «KMU-Tests» tragen zu einem «Kulturwandel» in der Verwaltung und beim Gesetzgeber bei, indem diese sich der Kosten ihrer Handlungen besser bewusst werden und für Änderungen von Regulierungen empfänglicher werden, um diese Kosten zu senken.

Abbildung 1 Wirkungsmodell der «KMU-Tests»

A

B

C

Problemstellung: Schaffung eines günstigen Umfelds für die Privatwirtschaft durch die Minimierung der negativen Auswirkungen der Gesetzgebung. Keine Diskriminierung der KMU.

Konzeption

Rechtsgrundlagen: Parlamentsgesetz, Richtlinien des Bundesrates, Verfahren, RFA-Handbuch.

Behördenarrangement: seco und alle Ämter, welche Gesetze oder Verordnungen vorbereiten.

Forum KMU.

Durchführung

D

E

Leistungen der Verwaltung (Output): Regulierungsfolgenabschätzung, KMU-Verträglichkeitstest. Kapitel zur Wirtschaftsanalyse in den Botschaften.

Stellungnahmen im Rahmen von Vernehmlassungen.

Unterstützung und Beratung.

Auswirkungen (Impact): Im Verlauf des politischen Entscheidungsprozesses tragen der Bundesrat, das Parlament und die Verwaltung den Anliegen der Privatwirtschaft und der KMU Rechnung.

Wirkungen

F

Problemlösung (Outcome): Die Akteure des Privatsektors verfügen über rechtliche Rahmenbedingungen von besserer Qualität, die sie nicht überfordern, die keine zusätzlichen Hindernisse schaffen und die ihre Unternehmensfreiheit nicht übermässig einschränken. Die KMU werden gegenüber den anderen Unternehmen nicht diskriminiert.

Quelle: PVK, vereinfachtes Schema auf der Grundlage von: Knoepfel et al., 2001, S. 272.

3236

In dieser Evaluation umfassen die Auswirkungen der «KMU-Tests» die folgenden drei Dimensionen: -

ihre Bekanntheit bei den Akteuren des politischen Entscheidungsprozesses,

-

ihre Nutzung durch diese einzelnen Akteure,

-

ihren Einfluss, d.h. ihren allgemeinen Nutzen für den Entscheidungsprozess.

Wie dieses Wirkungsmodell zeigt, sind auch andere Arten von Evaluationen möglich. Eine Evaluation des Outputs (Ebene D) wurde vom seco durchgeführt.5 Eine Evaluation des Outcome (Ebene F) stösst hingegen auf zu starke methodologische Schwierigkeiten hinsichtlich der gesamten Kosten und Nutzen der Regulierung, wie es die Versuche der OECD in diesem Bereich zeigen. Zudem erfordert sie beträchtliche Ressourcen.

1.2

Struktur des Berichts

Der Bericht ist in sechs Kapitel gegliedert. Das erste fasst den Auftrag und die Methodologie zusammen. Das zweite beschreibt den allgemeinen Rahmen und präsentiert die «KMU-Tests», wie sie in der Schweiz entwickelt wurden. Die drei folgenden Kapitel analysieren die Auswirkungen dieser «KMU-Tests» im politischen Entscheidungsprozess in der Schweiz, gemäss den drei Dimensionen ihrer Bekanntheit, ihrer Nutzung und ihres Einflusses. Das letzte Kapitel schliesslich zieht die relevanten Folgerungen über ihre Auswirkungen.

1.3

Methodologie

Die PVK hat sich von den Evaluationsmethoden der «KMU-Tests» inspirieren lassen, welche die OECD entwickelt hat.6 In dieser Studie bezieht sich die PVK auf die Methodologie des Funktionstests7, welcher Ebene E betrifft. Er soll die Auswirkungen der «KMU-Tests» auf die Qualität der Gesetzgebung sowie ihren Integrationsgrad und ihren Einfluss auf die administrative und politische Kultur evaluieren. Es geht darum aufzuzeigen, wie die politischen Akteure ihre Praktiken infolge der Einführung dieser Instrumente ändern.

Konkret stützt sich die Untersuchung der PVK auf die Methode der Datentriangulation ab, um die verschiedenen Fragen dieser Evaluation zu beantworten.

Die drei verwendeten Quellen sind die Sekundäranalyse der Fachliteratur, Interviews mit Praktikern der «KMU-Tests» und die Analyse relevanter Texte.

Folgende Fallbeispiele wurden ausgewählt, um einen anschaulichen und repräsentativen Überblick zu bieten: die Revision des Erwerbsersatzgesetzes (Revision EOG; SR 834.1), das Bundesgesetz über die Förderung von preisgünstigem Wohnraum (WFG; SR 842), die Armee XXI (Teilrevision des Militärgesetzes; SR 510.10), das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG; SR 151.3), das Berufsbildungsgesetz 5 6 7

seco, 2004. Das seco hat eine Evaluation der Qualität des Inhalts der RFA durchgeführt.

Diese sollte feststellen, inwiefern die RFA die Verfahren und Richtlinien einhalten.

Siehe insbesondere OECD, 2003, S. 58 f, OECD, 2004b, S. 27 ff sowie Harrington und Morgenstern, 2004.

Die OECD hat Konformitäts-, Leistungs- und Funktionstests entwickelt.

3237

(BBG; SR 412.10), im Rahmen der 11. AHV Revision der Beitragssatz für Selbständigerwerbende (BSSE; SR 831.10)8 sowie die Verordnung über den Verkehr mit Sonderabfällen (VVS; SR 814.610). Diese Auswahl wurde auf Grund der folgenden Kriterien getroffen: der Gesetzgebungsprozess wurde spätestens im Jahr 2004 abgeschlossen, Durchmischung der durchgeführten «KMU-Tests», Vielfalt der Themen (Wirtschafts-, Sozial-, Finanzpolitik und andere).9 Nachfolgende Tabelle zeigt, welche «KMU-Tests» für die sieben Fallbeispiele durchgeführt wurden.

Tabelle 1 Durchgeführte «KMU-Tests» anhand von Fallbeispielen Revision EOG WFG

Armee XXI BehiG

BBG

BSSE

RFA

X

X

X

X

Verträglichkeitstest

X

X

X

X

Forum KMU

X

X

X

X

X

X

VVS

Quelle: PVK

Die bereichspezifische Fachliteratur ist eine wichtige Informationsquelle für die Durchführung dieser Evaluation. Besonders die OECD-Studien steuern einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag für den internationalen Vergleich bei. Auch die verwandte Literatur (Verwendung von Evaluationen, Analyse des politischen Prozesses, Lehre in den Organisationen) leistet einen interessanten Beitrag.

Der zweite Gesichtspunkt wird durch die 37 Interviews der PVK mit Akteuren des Entscheidungsprozesses10 aufgezeigt. Die Akteure stammen aus drei Kategorien: -

«Verwaltung»: Für diesen Bereich zuständige Bundesangestellte (seco und Ämter, welche in den «KMU-Tests» involviert sind)11,

-

«Parlament»: Präsidenten und Sekretäre von parlamentarischen Kommissionen,

-

«Externe»: Vertreter der Medien, von Lobbys und Universitäten.

Die PVK hat vor allem Personen befragt, die am Entscheidungsprozess der sieben behandelten Fallbeispiele teilgenommen haben. Um die Studie des seco über die Qualität der RFA zu berücksichtigen, hat die PVK ausserdem die von den beiden «besten» und den beiden «am wenigsten guten» RFA betroffenen Akteure der Verwaltung befragt. Der erarbeitete Fragebogen12 enthält offene und geschlossene, quantitative und qualitative Fragen.

Als Drittes hat die PVK eine Textanalyse durchgeführt, die ihr erlaubt, die Auswirkungen der «KMU-Tests» in der parlamentarischen Phase des Gesetzgebungsprozesses präziser zu bestimmen. Diese Phase ist von grosser Bedeutung, da in ihr 8

9 10 11 12

Die PVK hat die Textanalyse in diesem Fallbeispiel derart eingeschränkt, weil sich der KMU-Verträglichkeitstest und die Empfehlung des Forums KMU ausschliesslich auf den Beitragssatz der Selbständigerwerbenden beziehen.

seco, 2004, S. 7.

Siehe Liste der befragten Personen.

Die Vertreter des Forum KMU befinden sich auch in dieser Kategorie.

Siehe Anhang 1.

3238

endgültige, strategische Gesetzesbestimmungen beschlossen werden. Ebenso existieren in der parlamentarischen Phase des Gesetzgebungsprozesses genügend schriftliche Spuren, um die Sensibilisierung der politischen Akteure gegenüber den «KMU-Tests» verfolgen und messen zu können. In der vorparlamentarischen Phase hingegen ist es sehr viel schwieriger, die Sensibilität der Verwaltung zu messen, weil oft keine schriftlichen Dokumente vorliegen. Die Verordnung über den Verkehr mit Sonderabfällen wurde nicht in die Textanalyse miteinbezogen, weil diese nicht im Parlament besprochen wurde.

Die verschiedenen Fallbeispiele werden anhand der Kommissionsprotokolle beider Räte sowie der Debatten im Plenum analysiert. Für die Auswertung dieses Textmaterials hat sich die PVK für eine Mischung aus qualitativer und quantitativer Inhaltsanalyse entschieden. Sie hat sich dabei auf die Methode der Strukturierung gestützt, welche durch das Aufstellen eines Kategoriensystems bestimmte Textbestandteile herausfiltert.13 Die Kommissionsprotokolle sind Zusammenfassungen der Beratungen, welche den Sinn und den Inhalt der Vorstösse wiedergeben, während die Protokolle der Debatten im Plenum die Vorstösse der Redner Wort für Wort aufzeichnen. Die beiden Kategorien werden daher getrennt aufgeführt und können nicht direkt miteinander verglichen werden.

2

Allgemeiner Rahmen der «KMU-Tests»

Die Globalisierung, die Öffnung der Märkte, die technischen Fortschritte und die Entwicklung des ordnungspolitischen Rahmens führen zu einem zunehmenden Wettbewerb zwischen den verschiedenen Wirtschaftsstandorten. Jedes Land versucht die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Jedoch war das Wachstum der Schweiz in den letzten Jahren vergleichsweise schwach. 2004 lag die Schweiz in der IMD-Rangliste der wettbewerbsfähigsten Länder der Welt auf dem 14. Rang, während sie im Jahr 2000 noch den 7. Rang eingenommen hatte14. Auch die Rangliste des Weltwirtschaftsforums verzeichnet einen relativen Rückgang für die Schweiz, die sich 2004 auf dem 8. Platz befindet, einen Rang weiter hinten als noch im Vorjahr.15 Die KMU machen 99,7 % der marktwirtschaftlichen Unternehmen und 66,8% der Gesamtbeschäftigung aus (wachsen jedoch langsamer als die grossen Unternehmen).

Andere Statistiken (Anteil der Investition, der Exporte usw.) sind schwierig zu erstellen, und jährliche Aufstellungen sind besonders selten. 1998 wurden die Aufwendungen der KMU auf Grund der administrativen Belastungen auf 55 Stunden pro Monat oder, finanziell ausgedrückt, auf rund 7 Milliarden Franken pro Jahr geschätzt.16 Die staatlichen Eingriffe betreffen sie verhältnismässig stärker als die grossen Unternehmen. Die Kosten der Bürokratie belaufen sich für Unternehmen mit weniger als 10 Angestellten auf 5500 bis 7000 Franken pro Jahr und Angestellten, gegenüber 1200 bis 3300 Franken für Unternehmen mit 10­49 Angestellten.17 Im Bankbereich macht der durch die neuen Normen hervorgerufene Aufwand für die kleinen Geldinstitute 9,8 % des gesamten Aufwands aus, gegenüber 4,1 % für die 13 14 15 16 17

Mayring, 2003, S. 57.

Siehe: http://www02.imd.ch/wcy/ Siehe: www.weforum.org Bundesrat, 2003, S. 5466 und 5475.

Haag, 2004, S. 45.

3239

grossen Geldinstitute.18 Die IMD-Studie klassiert die Schweiz auf dem 16. Rang, was das rechtliche Umfeld der Unternehmen betrifft, und für die Weltbank liegt die Schweiz auf dem 11. Rang derjenigen Länder, in denen das Klima für die Geschäftstätigkeit am günstigsten ist.19 Das Ausmass an Regulierungen und die Art, wie diese die Geschäftstätigkeit stimulieren oder behindern, ist in der Schweiz günstig, aber weniger günstig als in Norwegen, Schweden oder Grossbritannien. Die Schweiz reformiert sich weniger schnell als Belgien, Finnland, Spanien, Norwegen oder Portugal. Daraus resultiert, wie Abbildung 2 zeigt, dass im internationalen Vergleich die Wertschöpfung der Schweizer KMU eher gering ist.

Abbildung 2 Realer Mehrwert der KMU (durchschnittliche jährliche Wachstumsrate in %, 1988­2000)

P rozentsatz

10 9.8

8 6 4

2.7

2.4

2.1

2

2

2

1.9

1.6

1.4

1.4

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0

Quelle: PVK, basierend auf Habersaat et al., 2001, S. 27.

Die Rolle des Staates in Wirtschaft und Gesellschaft hat im Verlauf der letzten Jahrzehnte tief greifende Änderungen erfahren; dabei gewann seine Tätigkeit als Regulierungsinstanz in Bereichen wie Umwelt, Soziales und Konsolidierung der Marktwirtschaft stark an Bedeutung. In diesem Umfeld ist das Ziel einer erfolgreichen Regulierung, die Wirksamkeit und die Effizienz der Wirtschaft im Lauf der Zeit zu steigern. Theoretisch wird eine gute Regulierung mit besseren wirtschaftlichen Leistungen und höherer Lebensqualität in Verbindung gebracht. Jedoch gibt es darüber nur wenige empirische Studien, und ihre Resultate sind nicht schlüssig.20 Die Art des politischen Systems und des Rechtssystems übt einen grossen Einfluss auf die Regulierungspolitik aus. Laut OECD können die meisten Regierungen und Parlamente, indem sie gut durchdachte rechtliche Entscheidungen treffen, die Kosten der Regulierung substanziell senken und zugleich ihren Nutzen steigern.

Zahlreiche Beispiele zeigen, dass die politischen Entscheidungsträger oft zufällig regulieren, ohne die Folgen ihrer Entscheidungen zu verstehen und ohne Alternativen zu prüfen.21 Die Regulierung besteht aus drei Säulen: den Politikfeldern, den 18 19 20 21

Kaczor, 2004, S. 27.

Weltbank, 2004.

OECD, 2004a, S. 5.

OECD, 2002, S. 44.

3240

Instrumenten und den Institutionen.22 In dieser Arbeit setzt sich die PVK mit den Regulierungsinstrumenten, den drei «KMU-Tests», auseinander.

1997 zeigte eine Analyse, dass zwei Drittel der gültigen Bundesgesetze weniger als 20 Jahre alt sind23, was die Dynamik der Gesetzgebungstätigkeit in der Schweiz aufzeigt. 1998 zählte die amtliche Sammlung der Bundesgesetze 3270 Seiten, 2001 waren es 4000 und 2003 bereits 5500 Seiten. Diese starke Zunahme hängt vor allem mit dem Auftreten neuer Regulierungsbereiche, der Entwicklung des Sozialstaates und der Annäherung des schweizerischen Rechts an die internationalen Normen zusammen. So sind in der Schweiz die Motive für die Regulierung vorwiegend politischer Natur24; die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Regulierungen sind sekundär.

Der Bund hat seine Rolle hinsichtlich der Regulierung, besonders was die KMU betrifft, im Zwischenbericht des Bundesrates zur administrativen Entlastung der KMU (BBl 1997 II 283), im Bericht des Bundesrates über ein Inventar und eine Evaluation der wirtschaftsrechtlichen Verfahren in der Bundesgesetzgebung (BBl 1999 8387) sowie im Bericht des Bundesrates über Massnahmen zur Deregulierung und administrativen Entlastung (BBl 2000 994) geprüft. Auf der Grundlage dieser Berichte wurden Massnahmen zur administrativen Vereinfachung vorgeschlagen und ergriffen, um die Verfahren zu beschleunigen, ihre Koordination zu verbessern, das Recht zu vereinfachen und die Verwaltung auf die Kunden auszurichten. Neben der Reduktion der bestehenden administrativen Belastungen wurden Mechanismen geschaffen, die bei der Erarbeitung neuer gesetzlicher Bestimmungen ihre Auswirkungen auf die KMU und die Wirtschaft berücksichtigen. In dieser Hinsicht hat der Bund zwei Instrumente entwickelt ­ die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) und den KMU-Verträglichkeitstest ­ und eine Expertenkommission, das Forum KMU, ins Leben gerufen. Diese drei Elemente bilden die sogenannten «KMU-Tests». Schliesslich hat der Bundesrat den Bericht über die Massnahmen des Bundes zur administrativen Entlastung in den Unternehmen veröffentlicht (BBl 2003 5999), der u.a. eine Bilanz der früher angekündigten Massnahmen zieht.

2.1

Drei Säulen der «KMU-Tests» des Bundes

Die «KMU-Tests» umfassen drei Säulen, die Ende der 90er Jahren geschaffen wurden. Diese drei Säulen sind einander nicht ähnlich und auch nicht direkt miteinander vergleichbar, sie bilden jedoch ein gemeinsames Ganzes. Das Forum KMU wurde im Dezember 1998 ins Leben gerufen, die KMU-Verträglichkeitstests werden seit Oktober 1999 angewandt, und die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) trat im Mai 2000 in Kraft. Im Vergleich zu den OECD-Ländern hat die Schweiz diese Instrumente spät eingeführt. Die politischen Ursprünge dieser drei Instrumente sind namentlich die Motion Forster (96.3618)25 für die RFA, die Motion Durrer (99.3284) für den Verträglichkeitstest und das Postulat der SVP-Fraktion (97.3143) für das Forum KMU.

22 23 24 25

OECD, 2004a, S. 4.

seco, 2000, S. 1.

BBl 2000 999 Sowie die Motionen Columberg (95.3024), Loeb (97.3221) und Widrig (97.3334) und die Postulate Spoerry (96.3167), Speck (96.3583) und Hasler (97.3447).

3241

Die hauptsächliche Rechtsgrundlage dieser «KMU-Tests» ist Artikel 94 Absatz 3 BV (SR 101), der besagt, dass «im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (Bund und Kantone) für günstige Rahmenbedingungen für die private Wirtschaft sorgen».

2.1.1

Regulierungsfolgenabschätzung (RFA)

Die RFA26 ist ein Instrument zur Verbesserung der Gesetzgebung, das die neuen Gesetzestexte vorgängig ihrer Verabschiedung einer Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen unterzieht. Ausserdem dient es der Vervollständigung der Dokumentation, welche dem Bundesrat und dem Parlament zur Verfügung steht, sowie zur Stärkung des Bewusstseins für die Kosten der Regelungen und für ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft. Es ist ein umfassendes Instrument für prospektive Evaluationen der Gesetzgebung. Zusammenfassend sind die Ziele der RFA: -

Vervollständigung der Entscheidungsgrundlagen;

-

Stärkung des Kostenbewusstseins;

-

Aufdeckung besserer Alternativen;

-

Schaffung von Akzeptanz für die vorgesehene Regelung;

-

Vereinfachung des Vernehmlassungsverfahrens;

-

Bereitstellung der Grundlagen für eine spätere Evaluation.27

Die RFA führt somit die Akteure des Entscheidungsprozesses (Bundesrat, Verwaltung, Parlament) zu einer strukturierten Reflexion über die wirtschaftlichen Auswirkungen der neuen Erlasse und zur Berücksichtigung der Alternativen. Sie erhöht auch die Transparenz der Entscheide und garantiert ein Minimum an Einheitlichkeit bei der Präsentation der wirtschaftlichen Informationen. Mit einer möglichst frühzeitigen Durchführung der RFA können somit dem Gesetzgebungsprozess wichtige Impulse gegeben werden28 und dies auf möglichst objektiven Grundlagen.29 Das alte Geschäftsverkehrsgesetz (GVG, SR 171.11) erwähnte in Artikel 43 Absatz 3 Buchstabe c, dass der Bundesrat in seinen Berichten und Botschaften die Auswirkungen seiner Erlasse auf die Wirtschaft darstellt. Diese Bestimmung wird in Artikel 141 Absatz 2 Buchstabe g des Parlamentsgesetzes (ParlG, SR 171.10) wieder aufgenommen, der vorschreibt, dass der Bundesrat in der Botschaft unter anderem die Auswirkungen des Entwurfs auf die Wirtschaft erläutert. Wie in den meisten Ländern der OECD ist die RFA also auch in der Schweiz auf Gesetzesebene verankert.30 Mit einem Entscheid vom 15. September 1999 hat der Bundesrat das Instrument der RFA angenommen. Daher müssen seit Mai 2000 alle in Vernehmlassung gegebenen Bundeserlasse, alle Gesetzesentwürfe betreffenden Botschaften des Bundesrates an das Parlament sowie alle Anträge auf Erlass einer Verordnung an den Bundesrat obligatorisch ein Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen enthalten, in

26 27 28 29 30

Ein Beispiel findet sich im Anhang 2.

EVD, 2000, S. 4.

Bundesrat, 2003, S. 6021.

Bundesrat, 2000, S. 1001.

Argy und Johnson, 2003, S. 49.

3242

Übereinstimmung mit den Richtlinien des Bundesrates.31 Für Anwendungsakte mit grosser wirtschaftlicher Tragweite (z. B. Konzession des Bundesrates für eine neue Eisenbahnlinie) ist diese Analyse ebenfalls erforderlich.

Die RFA analysiert die Auswirkungen der Gesetzeserlasse auf die Gesamtwirtschaft und behandelt die folgenden fünf Punkte, die in den Richtlinien des Bundesrates festgehalten sind: die Notwendigkeit und Möglichkeit staatlichen Handelns, die Auswirkungen auf die einzelnen gesellschaftlichen Gruppen, die Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft, alternative Regelungen sowie die Zweckmässigkeit im Vollzug. Die zu berücksichtigenden Folgen für die Wirtschaft sind allgemeiner Natur und betreffen alle Wirtschaftsteilnehmer, d.h. die Produzenten (grosse Unternehmen, KMU und Selbstständige), die Konsumenten, die Arbeitnehmer und den Staat. Der Standpunkt ist analytisch und gewährleistet eine unabhängige Perspektive.

Jedes für die Ausarbeitung von Regelungen zuständige Amt führt die RFA durch und verfasst in der Botschaft das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen.

Die Ergebnisse einer ersten RFA sollen bereits in den erläuternden Bericht einfliessen, der die Vernehmlassungsunterlagen begleitet.32 Das seco kann die Ämter unterstützen und das gute Funktionieren dieses Instruments beobachten. Es hat auch ein Benutzerhandbuch verfasst, das eine Vereinheitlichung der Information erlauben soll, damit das Parlament und der Bundesrat über möglichst transparente und vergleichbare Daten verfügen.

Die RFA hat eine zweifache Funktion. Sie trägt zum einen zur Entwicklung der öffentlichen Politiken bei, die eine systematische und transparente Analyse der wirtschaftlichen Probleme sowie Vorschläge von Alternativen für deren Lösung beinhaltet. Sie ist für die politischen Entscheidungsträger ausserdem ein Mittel für die Kommunikation relevanter Informationen. Die RFA ist ein Instrument, welches die Entscheidungsfindung auf soliden analytischen Grundlagen fördern soll, während die politischen Entscheidungsträger weiterhin vorwiegend durch politische Interessen, Lobbys oder durch das Streben nach einem Konsens beeinflusst werden.33

2.1.2

KMU-Verträglichkeitstest

Das Instrument der KMU-Verträglichkeitstests34 wurde vom Bundesrat im Oktober 1999 für eine vierjährige Versuchsphase eingeführt, an deren Ende eine Evaluation vorgesehen war.35 2003 wurde es weitergeführt, obwohl keine Evaluation über seine Notwendigkeit erfolgte. Laut seco dienten mehrere parlamentarische Vorstösse36 und der Bericht über die Massnahmen des Bundes zur administrativen Entlastung implizit als Grundlage für die Weiterführung.

Der KMU-Verträglichkeitstest ist eine vom seco durchgeführte gezielte Umfrage bei rund einem Dutzend KMU. Er erfolgt bei wichtigen Änderungen von Bundesgesetzen oder -verordnungen. Die Ämter werden aufgefordert, Vertreter für diese 31 32 33 34 35 36

BBl 2000 1038.

EVD, 2000, S. 8.

Bundesrat, 2000, S.1001­1002 und OECD, 2004b, S. 26.

Ein Beispiel findet sich im Anhang 3.

BBl 2000 1007 Insbesondere die Motion Loepfe (02.3676) und das Postulat Walker (02.3702).

3243

Umfragen in die Unternehmen zu schicken. Mit diesem Test sollen die Probleme erkannt werden, die sich beim Vollzug eines neuen Erlasses für die KMU stellen könnten: durch den Erlass verursachte Kosten, Einschränkung des Handlungsspielraums und Administrativaufwand.37 Der Test legt den Schwerpunkt auf den Vollzug der Massnahmen und konzentriert sich auf den besonderen Standpunkt der KMU. Eine Massnahme wird als KMU-verträglich angesehen, wenn die KMU sie ohne Hilfe von Spezialisten verstehen können, die Kosten minimiert sind, die Umsetzung schnell erfolgt, die Massnahmen effizient sind und die Unternehmensfreiheit gewährleistet ist.

Zwischen November 1999 und Oktober 2004 wurden 24 Verträglichkeitstests durchgeführt (Lohnausweis, Mutterschaftsurlaub, Ausländerrecht, Ausbildung von Lehrmeistern, Abfälle usw.). Der Verträglichkeitstest erfolgt parallel zum Vernehmlassungsverfahren, um den Gesetzgebungsprozess nicht zu verzögern. Die Ergebnisse des Tests werden danach an das Forum KMU zur Stellungnahme weitergeleitet, sowie an das betreffende Bundesamt, das sie zur Vervollständigung der RFA verwenden kann. Die Ergebnisse von acht Tests wurden in «Die Volkswirtschaft», dem Magazin für Wirtschaftspolitik des seco, veröffentlicht.

2.1.3

Forum KMU

Das Forum KMU wurde vom Bundesrat gemäss den Vorschriften für die eidgenössischen Expertenkommissionen ins Leben gerufen. Auf der Grundlage des Bundesratsbeschlusses vom 21. Oktober 1998 über die Massnahmen zur Beschleunigung und Optimierung der Verfahren im Bundesrecht hat das EVD am 22. Dezember 1998 die Einsetzungsverfügung für das Forum KMU verabschiedet. Das Forum KMU setzt sich aus fünfzehn Mitgliedern zusammen, die mehrheitlich KMU aus verschiedenen Wirtschaftszweigen vertreten.38 Dies unterscheidet es von den anderen Kommissionen.39 Zwischen März 1999 und November 2004 trat es 22mal zusammen, also etwa vier Mal pro Jahr. Es setzt sich dafür ein, dass die Bundesverwaltung den KMU besondere Aufmerksamkeit schenkt. Konkret untersucht es im Rahmen von Vernehmlassungen die Gesetzes- und Verordnungsentwürfe und kann dazu eine Stellungnahme40 aus der Sicht der KMU abgeben. Es befasst sich auch mit spezifischen Bereichen der Regulierung und schlägt Vereinfachungen oder alternative Regelungen vor. Das Forum KMU beschränkt sich nicht auf die Untersuchung neuer Gesetze, sondern befasst sich ebenfalls mit dem bestehenden Recht.41 Schwerpunkte sind dabei die administrativen Belastungen, die zusätzlichen Kosten und die Einschränkungen der Freiheiten.

Die in den Verträglichkeitstests erworbenen Erkenntnisse werden vom Forum KMU genutzt, das ihre Ergebnisse studiert, sie mit den Erfahrungen seiner Mitglieder vergleicht und eine Stellungnahme dazu erarbeitet.

37 38

39 40 41

BBl 2000 1006 Die Liste der Mitglieder ist unter dem folgenden Link verfügbar: http://www.seco.admin.ch/imperia/md/content/standortfoerderung/ unternehmenundfinanzierung/8.pdf?PHPSESSID=75a3a798797ac5694420e87e2a879a6e.

Sciarini, 2003, S. 602.

Ein Beispiel findet sich im Anhang 4.

BBl 2000 1007

3244

2.2

Entscheidungsprozess bei der Bundesgesetzgebung

Dieser Bericht setzt sich mit den Auswirkungen der drei «KMU-Tests» im politischen Entscheidungsprozess auf Bundesebene auseinander. Daher scheint es wichtig, kurz die Form dieses Prozesses in Erinnerung zu rufen, auf den sich die folgenden Kapitel beziehen. Die PVK beschreibt hier den Standardprozess bei der Entstehung eines Bundesgesetzes42, Abweichungen sind dabei von Fall zu Fall möglich. Es ist auch zu erwähnen, dass sich das politische System der Schweiz durch die Werte Konsens, Kompromiss und grosse Beteiligung auszeichnet.

Der Entscheidungsprozess bei der Bundesgesetzgebung wird im Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (SR 172.010), im ParlG (SR 172.10) und in der Verordnung über das Vernehmlassungsverfahren (SR 172.062) geregelt. Abbildung 3 zeigt eine schematische Darstellung dieses Prozesses.

Abbildung 3 Entscheidungsprozess bei der Bundesgesetzgebung Impuls

Auftragsanalyse / Projektskizze

Bericht

Vorentwurf

Vorparlamentarische Phase

Vernehmlassungen (interne und externe) Gesetzesentwurf und Botschaft

Parlamentarisches Verfahren / Referendum

Parlamentarische Phase

Inkrafttreten und Anwendung

Quelle: PVK, basierend auf BJ, 2002, S. 6ff.

Am Anfang des Prozesses steht als Impuls im Allgemeinen ein parlamentarischer Vorstoss, eine Volks- oder Standesinitiative, ein Gesetzgebungsprojekt des Bundesrates oder eines Departementes oder auch ein Staatsvertrag.43

42 43

Für eine Verordnung sind mehrere Etappen nicht vorgeschrieben (zum Beispiel die parlamentarische Phase) und andere dauern weniger lang (Vernehmlassungsverfahren).

BJ, 2002, S. 6.

3245

Nachdem ein Impuls gegeben wurde, beginnt die vorparlamentarische Phase mit einer Auftragsanalyse und der Projektskizze. Dafür ist normalerweise das zuständige Amt verantwortlich, das eine Arbeitsgruppe oder Kommissionen mit der Vorbereitung eines Berichts beauftragen kann.44 Ein Bericht wird erstellt, der als Grundlage für die interne oder externe Erarbeitung eines Vorentwurfs dient. Der vom Amt präsentierte Vorentwurf wird häufig mit einem erläuternden Begleitbericht für eine erste Vernehmlassung den betroffenen Ämtern unterbreitet. Danach wird er dem Bundesrat vorgelegt, der über die Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens entscheidet. Die externen Akteure (Parteien, Kantone, Interessenverbände usw.) werden konsultiert. Dadurch kann die Akzeptanz des politischen Vorschlags geprüft werden, d.h. seine Durchführbarkeit, seine Unterstützung und seine Anwendbarkeit.45 Darauf haben die Departemente die Möglichkeit, einen Mitbericht zu verfassen. Nachdem er von all diesen Ergebnissen Kenntnis genommen hat, beauftragt der Bundesrat das zuständige Bundesamt mit der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs und der dazugehörenden Botschaft. Letztere enthält das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen, welches die Ergebnisse der RFA wieder aufnimmt.

Die parlamentarische Phase beginnt mit der Überweisung des Gesetzesentwurfs und der Botschaft an die Bundesversammlung. Die parlamentarischen Beratungen folgen, zunächst in den Kommissionen der beiden Räte und danach in den Plenen. So wird ein Text mindestens vier Mal geprüft. Der Vorsteher des Departements, in dessen Geschäftsbereich der Beratungsgegenstand gehört, nimmt an den Ratsverhandlungen teil (Art. 159 ParlG), und er ist auch eingeladen, an den ersten Kommissionssitzungen teilzunehmen (Art. 150 und 160 ParlG), wo er häufig von Vertretern der Verwaltung begleitet wird. Nach der Differenzbereinigung zwischen den beiden Räten bindet die Schlussabstimmung das Parlament in seiner Entscheidung.

Der Erlass tritt danach in die Referendumsphase (Art. 140 und 141 BV), welche mit der Bestätigung des definitiven Abstimmungsresultates endet. Schliesslich wird der Erlass veröffentlicht und tritt in Kraft. Dann wird er von den betroffenen Akteuren umgesetzt.

2.3

Internationale Erfahrungen

Schliesslich ist es in diesem Kapitel noch wichtig, die internationalen Erfahrungen zu erwähnen, die der Schweiz in diesem Bereich als Referenz dienen. Die OECD ist bei der Unterstützung und Verbreitung der RFA führend. In einigen Mitgliedstaaten werden seit den 1970er Jahren RFA vorgenommen, doch die meisten haben dieses Instrument erst im Verlauf der 1990er Jahre eingeführt. Gegenwärtig nutzen fast alle Mitgliedstaaten die RFA, und keiner hat damit aufgehört.46 Die Rolle der RFA im Entscheidungsprozess ist von Land zu Land verschieden und hängt von den unterschiedlichen institutionellen, sozialen, kulturellen und rechtlichen Traditionen ab.47 Die OECD hat einen allgemeinen Rahmen für die Durchführung der RFA entwickelt. 1995 präsentierte sie die Empfehlung des Rates betreffend die Verbesserung der Qualität der offiziellen Regulierung ­ OECD/GD(95)95 ­, welche die Bedeu44 45 46 47

BJ, 2002, S. 9.

Sciarini, 2003, S. 604.

Argy und Johnson, 2003, S. XVII.

OECD, 2004b, S. 26.

3246

tung der RFA unterstreicht. 1997 veröffentlichte sie einen Bericht über die Wirkungsanalyse der Regulierungen, der die besten Praktiken in den Ländern der OECD aufzeigt.48 2002 wird in einem Bericht über die Reform der Regulierung den Regierungen empfohlen, die RFA in die Erarbeitung, Überprüfung und Reform der Regulierung zu integrieren.49 Die OECD hat auch Instrumente unterstützt, die den Verträglichkeitstests oder dem Forum KMU gleichen und deren Ergebnisse in die RFA einfliessen sollen. So hat die EU ein Europäisches Unternehmenstestpanel geschaffen50, das den Unternehmen die Möglichkeit bietet, ihre Ansichten zu den neuen Gesetzesvorschlägen und politischen Initiativen, die von der Kommission geprüft werden, zu äussern.

In manchen Ländern wurden zusätzliche Massnahmen getroffen, um die Transparenz der Information über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Gesetzgebung zu erhöhen. In Dänemark präsentiert das Ministerium für Handel und Industrie in seinem jährlichen Bericht an das Parlament die Auswirkungen aller im Vorjahr angenommener Gesetze auf die Unternehmen.51 Andere Länder präsentieren die Resultate der RFA auf dem Internet. Sowohl auf supranationaler Ebene (Europäische Kommission52) als auch innerhalb eines Landes (Québec, Queensland) haben Organisationen ihre eigenen RFA entwickelt.

Schliesslich werden nun auch Evaluationen dieser Instrumente durchgeführt. Die OECD verfolgt die Regulierungspolitik ihrer Mitgliedstaaten (namentlich Studien über Dänemark, Irland oder die Niederlande) und hat eine fortgeschrittene Methode entwickelt. Andere Institutionen, wie das National Audit Office (in Grossbritannien) oder das Government Accountability Office (in den Vereinigten Staaten), evaluieren die «KMU-Tests», die ihre jeweiligen Länder durchführen.

3

Bekanntheit

Dieses Kapitel hat zum Ziel, den Bekanntheitsgrad der drei «KMU-Tests» bei den wichtigsten Akteuren des politischen Entscheidungsprozesses auf Bundesebene zu analysieren.

In einem ersten Teil versucht die PVK, die Bedeutung der Themen im Zusammenhang mit den KMU und der Wirtschaft im politischen Entscheidungsprozess zu messen. Danach folgt eine Einschätzung des Bekanntheitsgrades der drei «KMU-Tests» bei den befragten Personen und in den relevanten analysierten Texten. Schliesslich zeigt die PVK auch kurz, wie die Akteure die Qualität der durch die «KMU-Tests» gelieferten Informationen beurteilen.

48 49 50 51 52

OECD, 1997.

OECD, 2002, S. 49.

Siehe: http://europa.eu.int/yourvoice/ebtp/ OECD, 2000, S. 35.

Siehe: http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/impact/index_en.htm

3247

3.1

Vertretung der Interessen der KMU und der Wirtschaft in der Politik der Schweiz

Zunächst schien es der PVK notwendig, die Bedeutung der Themen im Zusammenhang mit den KMU und der Wirtschaft im politischen Entscheidungsprozess auf Bundesebene zu messen. Die allgemeine Sensibilisierung für diese Themen ist häufig ein wichtiger Faktor für die Beurteilung der Verwendung der «KMU-Tests» durch die politischen Akteure. So wollte die PVK von den befragten Personen wissen, welche Priorität die Schweizer Politik der Vertretung der Interessen der KMU im politischen Entscheidungsprozess einräumt.

Tabelle 2 Priorität der Schweizer KMU-Politik (Anzahl Interviews)

Sehr wichtig Wichtig Wenig wichtig Unwichtig

Verwaltung

Parlament

Externe

Total

8 10 1 0

8 2 1 0

1 2 2 0

17 14 4 0

Quelle: PVK

Wie Tabelle 2 zeigt, ist die Vertretung der Interessen der KMU für die Akteure im Entscheidungsprozess in der Schweiz von grosser Bedeutung, denn 89 der befragten Personen sind der Ansicht, dass die KMU und die Vertretung ihrer Interessen eine wichtige oder eine sehr wichtige Rolle spielen. Man kann einige Unterschiede in der Einschätzung feststellen; so ist das Verhältnis der Personen in der Kategorie «Parlament», die dieses Thema für sehr wichtig halten, mit 73 % wesentlich höher als in der Kategorie «Verwaltung» (42 %). Mehrere Akteure haben jedoch eingeräumt, dass es häufig einen bemerkenswerten Unterschied gibt zwischen den sehr positiven Aussagen betreffend die KMU auf der einen Seite und der Realität der Handlungen und der Budgets, die weit weniger günstig für sie sind, auf der anderen Seite. Gewisse Akteure haben auch die mangelnde Systematik in dieser Frage erwähnt: Die politischen Akteure arbeiten eher von Fall zu Fall als auf konsequente Weise. Bei der Bedeutung der Vertretung der Interessen der KMU wurde ein gewisses zyklisches Verhalten festgestellt, wobei in den Wahljahren diese Problematik erhöhte Aufmerksamkeit geniesst. Die Skepsis oder eine gewisse kritische Distanz ist bei den Personen ausserhalb des Entscheidungsprozesses etwas weiter verbreitet. Mehrere Akteure haben ausserdem betont, dass auch andere Interessen eine wichtige Rolle in der schweizerischen Politik spielen, wie etwa der Umweltschutz oder die Sozialpolitik.

Zusätzlich zur Befragung misst die PVK mit Hilfe der Textanalyse, wie häufig die Entscheidungsträger im Parlament die vermuteten allgemeinen oder KMU-spezifischen wirtschaftlichen Auswirkungen der jeweiligen Vorlage thematisieren. Dazu werden die relevanten Textstellen aus der Masse der Kommissionsprotokolle und Plenumsdebatten der gewählten Fallbeispiele herausgefiltert. Eine Textstelle ist dann relevant, wenn sie eine Aussage enthält, in welcher eine Überprüfung oder Evalua-

3248

tion der vermuteten wirtschaftlichen Auswirkungen einer Vorlage oder eine Stellungnahme dazu erwähnt wird.53 Zur Illustration einige relevante Textstellen: «Die Investitionen beim Zugang zu Bauten und Anlagen kommen uns volkswirtschaftlich ganz sicher billiger zu stehen als die Ausgrenzung eines beträchtlichen Teils unserer Bevölkerung.»54 «La nouvelle loi profitera à tous les partenaires en matière de logement. En effet, elle devra promouvoir l'offre de logements à loyer ou à prix modérés pour répondre à la demande des personnes et des familles économiquement défavorisées. Elle renforcera la position des maîtres d'ouvrage et des organisations chargées de la construction de logements d'utilité publique et donnera du travail aux entreprises de la construction et à leur personnel.»55 Im Rahmen dieser Definition einer relevanten Textstelle, konnte die PVK auch ermitteln, ob die Parlamentarier die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die KMU im Spezifischen thematisieren. Es musste aus dem Inhalt jedoch klar ersichtlich sein, dass es sich um KMU handelt. Im Zweifelsfall wurde die Textstelle nicht berücksichtigt. Dazu zwei Beispiele: «Mein Einzelantrag ist ein kleines zusätzliches Mosaiksteinchen in den andauernden Bestrebungen, die KMU zu entlasten und vor allem ihre Rahmenbedingungen etwas zu verbessern.»56 «Wegen der paritätischen Finanzierung werden die Kosten gerechter verteilt, was vor allem für die kleinen und mittleren Betriebe von Bedeutung ist.»57 Mit Hilfe dieser beiden Analyseschritte bestimmt die PVK die Textmenge als Indikator dafür, welche Bedeutung die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen und die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die KMU für die Entscheidungsträger im Parlament haben. Die PVK hat sich für eine quantitative Textanalyse der Kommissionsprotokolle und der Debatten im Plenum entschieden und drückt das Ergebnis in Anzahl Zeilen aus.

53

54 55 56 57

Unter vermuteten wirtschaftlichen Auswirkungen versteht die PVK Auswirkungen, die mit den durch die Vorlage verursachten Veränderungen der Rahmenbedingungen auf die Wirtschaft zusammenhängen. Inbegriffen sind hier auch die Dimension der Marktakteure (KMUs, Arbeitgeber, -nehmer usw.) und die Dimension der Preise (Inflation, Zinsen, Kosten usw.) für die Wirtschaft.

Verhandlungen von National- und Ständerat über das BehiG: AB 2002 N 941.

Verhandlungen von National- und Ständerat über das WFG: AB 2003 N 212.

Verhandlungen von National- und Ständerat über das BBG: AB 2001 N 1583.

Verhandlungen von National- und Ständerat über die Revision EOG: AB 2001 N 1615.

3249

Tabelle 3 Thematisierung der Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft und auf die KMU im Spezifischen in den Kommissionen (K) und im Plenum (P) (in Zeilen) Revision EOG

WFG

Armee XXI

BehiG

BBG

BSSE

Quelle K P K P K P K P K P K P Gesamtvolumen 3530 3180 1800 1525 13745 9990 14715 5240 12015 8320 989 2580 Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen 232 420 118 227 41 58 596 441 121 192 29 154 Auswirkungen auf KMU im Spezifischen 21 18 ­ ­ 3 ­ 4 47 6 18 10 36 Quelle: PVK

Tabelle 3 zeigt, dass die vermuteten gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen einer Vorlage zwar nur selten, aber dennoch thematisiert werden. Im Falle der Kommissionsprotokolle in 2,4 % der Zeilen, im Falle der Debatten im Plenum in 4,8 % der Zeilen. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass Entscheidungsträger während öffentlicher Debatten im Plenum vermehrt dazu neigen, sich als Vertreter von bestimmten Interessen (z. B. der Wirtschaft) zu profilieren und dass die Voten dementsprechend klarer ausfallen. Die Textanalyse zeigt, dass andere Themen die Diskussionen bestimmen: finanzielle Auswirkungen auf die öffentliche Hand, die Rolle verschiedener Akteure (Kantone, Bundesämter usw.), allgemeine Aussagen über die Wirtschaft, die nicht in direktem Zusammenhang mit den Auswirkungen der jeweiligen Vorlage stehen, die Vorgeschichte der jeweiligen Vorlage, die Mängel und Verbesserungsmöglichkeiten des aktuellen Gesetzes, die Ausarbeitung verschiedener Details, Definitionen bestimmter Grundbegriffe usw.

Wenn man sich auf die einzelnen Fallbeispiele konzentriert, sieht man, dass das WFG mit 10,4 % und die Revision EOG mit 9,7 % die Spitzenreiter sind. Am wenigsten, nämlich in 0,4 % des Gesamtvolumens, wird im Falle der Armee XXI von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Vorlage gesprochen.

Sehr selten, nämlich in 0,2 % sämtlicher Protokollzeilen, werden die vermuteten wirtschaftlichen Auswirkungen der jeweiligen Vorlage auf die KMU erwähnt. Es gibt sogar Fallbeispiele, in denen nie über oben genannte Auswirkungen gesprochen wird, so z. B. im Fall des WFG und in den Plenumsdebatten über die Armee XXI.

Die PVK stellt fest, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die KMU in den Plenumsdebatten zwar äusserst selten, aber dennoch häufiger als in den Kommissionsprotokollen thematisiert werden.

Wenn die Parlamentarier die wirtschaftlichen Auswirkungen ansprechen, nehmen diese in 6,2 % der Zeilen explizit Bezug auf die KMU. Diese Prozentzahl ist insbesondere in den Fallbeispielen Revision EOG (6 %), BBG (7,7 %) und BSSE (25 %) hoch. Für alle drei dieser Beispiele wurden Verträglichkeitstests durchgeführt, und vor allem das Fallbeispiel BSSE ist durch seine Thematik von grosser Bedeutung für KMU. Andere wirtschaftsrelevante Bereiche, welche von den Parlamentariern ange-

3250

sprochen wurden, sind die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die für die Wirtschaft entstehenden Kosten, die notwendigen Investitionen usw.

Die in den Interviews geäusserten Meinungen und die Ergebnisse der Textanalyse zeigen wesentliche Unterschiede in Bezug auf die Berücksichtigung, durch die politischen Akteure, der allgemeinen wirtschaftlichen Auswirkungen und derjenigen auf die KMU. Es besteht also eine beträchtliche Differenz zwischen ihren Absichten und ihren Handlungen. Vor allem erfolgt offensichtlich keine systematische Behandlung dieser Themen.

3.2

Bekanntheit der drei «KMU-Tests»

Wie Abbildung 4 zeigt, kennen die meisten der befragten Personen die drei «KMUTests» des Bundes. Das Ergebnis der externen Akteure ist nicht aufgeführt, da die PVK nur diejenigen von ihnen befragt hat, welche die Tests kennen.58 Im Durchschnitt ist die RFA 81 % der befragten Personen bekannt, das Forum KMU 72 % und der Kompatibilitätstest 59 %.

Es ist interessant festzustellen, dass das bekannteste Instrument in der Verwaltung die RFA ist (90 %). Der Bundesrat, das seco und die Ämter haben die Information zu diesem Instrument also erfolgreich weitergegeben. Manche Ämter waren für diesen Ansatz schon empfänglich, denn sie beschäftigten sich auch mit Evaluationen oder Einschätzungen unter dem juristischen oder finanziellen Gesichtspunkt oder unter demjenigen der Umwelt. Andere Ämter waren ebenfalls bereits sensibilisiert, da gewisse gesetzliche Klauseln ihnen bereits vorschreiben, die Interessen der Wirtschaft und der KMU zu berücksichtigen, wie z.B. Artikel 41a des Bundesgesetzes über den Umweltschutz (SR 814.01). Auf der anderen Seite haben mehrere Ämter angegeben, schon von den RFA gehört zu haben, ohne dass sie jedoch in der Lage waren, genauer zu sagen, um was es sich dabei handelt. Die Verträglichkeitstests (65 %) und das Forum (70 %) sind in der Verwaltung hingegen weniger bekannt.

Dieses Ergebnis erstaunt für die Verträglichkeitstests nicht besonders, da sie nur zu einer relativ beschränkten Anzahl Themen durchgeführt werden und nur die Problembereiche betreffen, die in einem engen Zusammenhang mit den KMU stehen.

Das Forum KMU ist noch ziemlich unbekannt. Verwaltungsvertreter führen zu Themen, die das Forum behandelt Präsentationen durch (z.B. Behindertengesetz, AHV, Berufsbildung, Abfälle).

58

Die PVK möchte darauf hinweisen, dass sie Mühe hatte, in den externen Kreisen Personen zu finden, welche die «KMU-Tests» kennen, besonders bei den Medien und an den Universitäten.

3251

Abbildung 4 Bekanntheit der drei «KMU-Tests» (Anzahl Interviews)

Verwaltung

RFA

Verträglichkeit

Forum ja nein

Parlament

RFA

Verträglichkeit

Forum 0

5

10

15

20

Quelle: PVK

Der Kontrast zu den Parlamentariern ist ziemlich deutlich, ist doch dort das Forum KMU am bekanntesten. Die Personalisierung dieses Instruments erlaubt es ihm, von den Parlamentariern besser wahrgenommen zu werden, und es ist auch ihrer Arbeitsmethode besser angepasst. Übrigens sind es vor allem die Parlamentarier, die das Forum kennen, während die Kommissionssekretäre nur selten davon gehört haben. Dies könnte bedeuten, dass das Forum KMU auf Grund persönlicher Beziehungen ausserhalb des Parlaments bekannt ist. Im Verlauf der durchgeführten Interviews hat es sich herausgestellt, dass kein Vertreter des Forums zu Anhörungen der parlamentarischen Kommissionen eingeladen wurde. Paradoxerweise hat das Forum KMU mehr formelle Beziehungen mit der Verwaltung als mit dem Parlament. Die RFA ist vor allem durch das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen bekannt, viele Akteure sind sich jedoch der für die Verfassung dieses Kapitels verwendeten Analysenormen und Referenzmethoden nicht bewusst. Das am wenigsten bekannte Instrument ist der Verträglichkeitstest. Die Parlamentarier, welche ihn kennen, schätzen ihn auf Grund seiner Ausrichtung auf die Unternehmenspraxis und seiner speziellen Konzentration auf die KMU.

Mehrere Akteure haben erwähnt, dass sie nur eine oberflächliche Kenntnis der Existenz und des Konzepts dieser drei Instrumente haben und weder ein konkretes Beispiel noch die spezifische Methode und auch kein Mitglied des Forums KMU anführen können.

Um eine vergleichende Einschätzung zu erhalten, wollte die PVK herausfinden, welches dieser drei Instrumente das bekannteste im politischen Entscheidungsprozess ist.

3252

Abbildung 5 Bekanntester «KMU-Test» (Anzahl Interviews) RFA

Angehörte Personen:

Verträglichkeit

Verwaltung Parlament

Forum

Externe keiner 0

4

8

12

16

Quelle: PVK

Die RFA ist für 41 %, das Forum KMU für 24 % der befragten Personen das bekannteste Instrument. Das Ergebnis ist ziemlich deutlich, es zeigt jedoch auch, dass die Komplementarität dieser Instrumente für die Berücksichtigung der Auswirkungen der Gesetzgebung auf die KMU und die Wirtschaft durch alle politischen Akteure notwendig ist. Bemerkenswert ist, dass 22 % der befragten Akteure der Meinung sind, dass alle diese Instrumente wenig bekannt sind. Laut einer grossen Mehrheit ist es nötig, diese drei Instrumente besonders im Parlament besser bekannt zu machen.

In der Verwaltung wird die RFA mit grossem Abstand als das bekannteste Instrument eingeschätzt, was nicht erstaunt, da die RFA für alle Botschaften obligatorisch ist. Im Parlament sind die Kategorien «Forum», «Verträglichkeit» und «keine» etwa gleich bedeutend; der Verträglichkeitstest wird vor allem auf Grund seiner praktischen Anwendung und seiner konkreten Ergebnisse genannt. Die RFA überwiegt dort weit weniger deutlich als in der Verwaltung, obwohl sie als Informationsgrundlage in allen Botschaften des Bundesrates an das Parlament dient.

Schliesslich hat sich die PVK auch die Frage gestellt, welche Akteure des Entscheidungsprozesses diese drei Instrumente am besten kennen. Laut Abbildung 6 sind die befragten Personen der «Verwaltung», des «Parlaments» und die «Externen» der Ansicht, dass diese Kenntnis vor allem im seco und in den Ämtern zu finden ist. Das bestätigt, dass diese Instrumente vor allem für die vorparlamentarische Phase bestimmt sind. Im Parlament denken die Akteure, dass vor allem das seco diese Instrumente kennt, während man in der Verwaltung der Meinung ist, dass in erster Linie die anderen Ämter sie kennen.

3253

Abbildung 6 Eingeschätzter relativer Bekanntheitsgrad der «KMU-Tests» bei den verschiedenen Akteuren des politischen Entscheidungsprozesses (Unterschied zwischen positiven und negativen Antworten; mehrere Antworten möglich) 16 12 8 4 0 -4 -8 -12 -16

Angehörte Personen: Verwaltung Parlament

ne Ex

te r

t sr a

co Se

te r Äm

Bu nd e

Pa r

la m

en t

Externe

Quelle: PVK Anmerkung: Eine positive (negative) Zahl gibt an, dass die befragten Personen der Kategorien «Verwaltung», «Parlament» und «Externe» der Ansicht sind, der erwähnte politische Akteur kenne (kenne nicht) die drei «KMU-Tests».

Es herrscht praktisch völlige Einigkeit, was die geringe Bekanntheit dieser Instrumente im Parlament angeht. Sogar die befragten Parlamentarier sind der Meinung, dass diese Instrumente im Parlament wenig bekannt sind. Mehrere Vertreter der Verwaltung haben überdies festgehalten, dass angesichts zahlreicher parlamentarischer Vorstösse die Abgeordneten diese Instrumente nicht kennen. Insbesondere haben die Tests Mühe, sich gegenüber der von den Interessengruppen gelieferten Information durchzusetzen. Mehrere Vertreter der Verwaltung stellen sogar die Notwendigkeit in Frage, den Parlamentariern diese drei Instrumente bekannt zu machen. Die Parlamentarier sollten sich mit den in den Botschaften vermittelten Informationen begnügen.

In geringerem Masse sind die befragten Personen auch der Ansicht, dass die Akteure ausserhalb des Entscheidungsprozesses (Medien, Universitäten, Lobbys usw.) diese Tests nicht kennen. Die externen Akteure sind also über das Bestehen dieser Instrumente nicht wirklich informiert.

Schliesslich wird auch auf der Ebene des Bundesrates der Bekanntheitsgrad der «KMU-Tests» nicht allzu hoch eingeschätzt. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass die in den RFA enthaltene Information im Entscheidungsprozess nicht bis auf diese Stufe hinauf gelangt.

Ein anderer Indikator für die Bekanntheit dieser Tests bei den Akteuren des Entscheidungsprozesses ist die Analyse der parlamentarischen Vorstösse. Die Abgeordneten und der Bundesrat können sie in ihren Vorstössen, ihren Antworten oder ihren Stellungnahmen erwähnen. Wie in den Kapiteln 2.1 und 2.1.2 erwähnt, ist der Anstoss für den Einsatz dieser drei Instrumente und für die Weiterführung der Verträglichkeitstests in Motionen und Postulaten zu finden.

3254

Tabelle 4 Erwähnung der «KMU-Tests» in den parlamentarischen Vorstössen, einschliesslich der Antworten des Bundesrates (Anzahl) 2000

2001

2002

2003

Parlamentarische Vorstösse

1263

1326

1317

1222

«KMU-Tests»

1

2

3

6

Quelle: PVK

Wie Tabelle 4 zeigt, wurden die drei «KMU-Tests» seit ihrer Einführung im Jahr 2000­2003 insgesamt 12mal erwähnt, d.h. in 0,2 % der parlamentarischen Vorstösse. Ihre Erwähnung hat zwar deutlich zugenommen, bleibt jedoch weiterhin auf einem äusserst schwachen Niveau. Die PVK stellt fest, dass die drei «KMU-Tests» etwa gleich oft genannt werden. Sie tauchen am häufigsten in der Antwort oder der Stellungnahme des Bundesrates auf. Schliesslich werden diese Instrumente hauptsächlich in den Motionen und Interpellationen zitiert.

Eine andere interessante Informationsquelle ist die Textanalyse der Fallbeispiele.

Die PVK hat sich dabei besonders auf die Anzahl Nennungen der «KMU-Tests» konzentriert, um auf diese Weise eine Aussage über deren Bekanntheitsgrad machen zu können. Die PVK hat also in den Protokollen nach einer ausdrücklichen Erwähnung der Begriffe Regulierungsfolgenabschätzung, KMU-Verträglichkeitstest und Forum KMU gesucht. Die RFA stellt die eigentliche Methode dar, wie das relevante Kapitel in der Botschaft des Bundesrates geschrieben werden soll. Deshalb weitet die PVK ihre Analyse aus, indem sie auch das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen in der Botschaft berücksichtigt.

Tabelle 5 ist zu entnehmen, dass in keinem der Fallbeispiele die «KMU-Tests» ausdrücklich erwähnt werden. Die PVK hat in keinem der Protokolle die Begriffe Regulierungsfolgenabschätzung, Verträglichkeitstest oder Forum KMU gefunden.

Die geringe Zahl der Nennungen der «KMU- Tests» im Parlament spricht nicht für einen hohen Bekanntheitsgrad dieser Instrumente.

Tabelle 5 Nennungen der «KMU-Tests» in den Kommissionen (K) und im Plenum (P) (in Zeilen) Revision EOG

Quelle «KMU-Tests» Kapitel in der Botschaft

WFG

Armee XXI

BehiG

BBG

BSSE

K ­

P ­

K ­

P ­

K ­

P ­

K ­

P ­

K ­

P ­

K ­

P ­

31

­

4

7

­

­

65

­

9

­

15

­

Quelle: PVK

3255

Anders verhält es sich mit dem Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen in der Botschaft. Es wird zwar äusserst selten erwähnt ­ gemessen am Gesamtvolumen in 0,2 % der Textmenge ­ aber es wird erwähnt. Die PVK findet keine Korrelation zwischen der Thematisierung der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen (s. Tab. 3) und der Häufigkeit der Nennungen des Kapitels in der Botschaft: In 4,9 % der Fälle ist das relevante Kapitel in der Botschaft die Informationsquelle für Aussagen über wirtschaftliche Auswirkungen. Neben dieser Informationsquelle stützen sich die Parlamentarier auf Wirtschaftsverbände, praktische Erfahrungen, die Medien, die Partei oder den Vergleich mit internationalen Normen. Oft ist jedoch nicht ersichtlich, woher die Parlamentarier ihre Informationen beziehen.

Ausserdem ist zu beobachten, dass das relevante Kapitel, ausser im Fallbeispiel WFG, ausschliesslich in den Kommissionsprotokollen zu finden ist und nicht in den Plenumsdebatten. Dies ist wahrscheinlich dadurch zu erklären, dass während den Kommissionssitzungen Detailberatungen stattfinden, man sich vermehrt auf die bundesrätliche Botschaft stützt und seine Informationsquellen eher angibt.

Hier ist zu bemerken, dass häufig auch Bundesräte, Vertreter der Bundesverwaltung, kantonale Regierungsvertreter oder sonstige Experten zu Kommissionssitzungen eingeladen werden. Die PVK stellt fest, dass sich das Fallbeispiel BehiG durch relativ viele Erwähnungen des Kapitels über die wirtschaftlichen Auswirkungen auszeichnet, was aber vor allem auf Nennungen durch Bundesvertreter zurückzuführen ist. Interessant ist dies, weil die Verwaltung für die Formulierung dieses Kapitels zwar zuständig ist, es aber nur in einem der Fallbeispiele erwähnt. Von den Parlamentariern wird es hingegen in fünf der sechs Fallbeispiele als Informationsquelle verwendet. Paradoxerweise greifen also die Parlamentarier in ihrer Argumentation häufiger auf diese Art von Information zurück als die Verwaltungsvertreter.

3.3

Informationsgehalt der «KMU-Tests»

Die PVK hat den Begriff der Bekanntheit der «KMU-Tests» erweitert und sich auch kurz mit der Qualität der daraus hervorgehenden Information befasst.59 Die formelle Qualität einer RFA oder eines Verträglichkeitstests sowie die Verwendung anerkannter Methoden und verlässlicher Daten sind, laut der Literatur60, mögliche Entscheidungsfaktoren für ihre Nutzung und Wirkung.

Tabelle 6 zeigt, dass die befragten Akteure die durch die drei «KMU-Tests» gelieferte Information sehr unterschiedlich einschätzen, ihnen insgesamt allerdings eher kritisch gegenüberstehen. Dieses breite Meinungsspektrum kann durch die grosse Anzahl der RFA, Verträglichkeitstests und Empfehlungen des Forums KMU erklärt werden. Am positivsten bewertet werden die «KMU-Tests», die in wirtschaftspolitischen Bereichen durchgeführt wurden. Die Verwaltung ist in ihrer Bewertung im Durchschnitt positiver als das Parlament. Die Ursache dafür könnte sein, dass die Verwaltung diese Information erstellt (Botschaft, Stellungnahme des Forums), während das Parlament sie anwenden muss. Mehrere der befragten Personen bedauern das Fehlen von verfügbaren, relevanten Statistiken. Andere betonen die 59

60

Die in der Projektskizze vorgeschlagene Variante 1, die sich mit der Qualität des Inhalts der «KMU-Tests» auseinandersetzte, war nicht gewählt worden, sondern stattdessen die in dieser Evaluation behandelte Variante 2.

Williams, de Laat et Stern, 2002, S. A41.

3256

unterschiedlichen Bedürfnisse der Ämter und halten fest, dass ein Einheitsrahmen für die Durchführung der RFA Probleme bereiten kann. Schliesslich wird auch die fehlende Unterscheidung zwischen den kurzfristigen und den langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen und den damit verbundenen Risiken kritisiert. Das Eidgenössische Finanzdepartement überlegt sich Änderungen an den Methoden des RFA im Bereich der Regulierung der Finanzmärkte.

Tabelle 6 Qualität des Informationsgehalts der «KMU-Tests» (Anzahl Interviews)

Sehr gut Gut Befriedigend Unbefriedigend Unterschiedlich

Verwaltung

Parlament

Externe

Total

1 5 3 3 4

0 3 4 5 0

0 1 1 2 1

1 9 8 10 5

Quelle: PVK

Im Parlament sind die Ansichten geteilt zwischen den Personen, welche dieser Art Information aus der Verwaltung vertrauen und denen, welche sie zu allgemein oder zu wenig kritisch finden. Die positiven Seiten der Gesetzgebung sind in den meisten Fällen wiederzufinden, häufig ohne quantitative Begründung. Die Sprache wird als zu verwaltungslastig eingeschätzt, die Daten als nicht präzise genug, Alternativen fehlen und die Schlussfolgerungen sind für manche zu vage. Diese Information ist häufig nur eine von vielen Quellen und tritt in Konkurrenz mit derjenigen der Interessengruppen, der Medien oder der Universitäten. Die Informationsflut ist für viele Akteure auch ein Problem, da sie nicht über die Ressourcen verfügen, um diese Information befriedigend verarbeiten zu können.

Auch die Personen ausserhalb des Entscheidungsprozesses sind ziemlich kritisch.

Eine von ihnen teilt mit, dass sie diese Information nicht für wissenschaftliche Zwecke oder für eine spätere Evaluation verwendet, während dies doch gerade eines der Ziele der RFA ist. Eine andere Person hält fest, dass die von den RFA gelieferten Informationen ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln können. Schliesslich erwähnen mehrere Akteure, dass sie die, namentlich im Kapitel «Wirtschaftsfolgen» der Botschaften, gelieferte Information nicht prioritär ansehen.

Mehr im Detail ist zu erwähnen, dass die Verträglichkeitstests häufig für ihre mangelnde Repräsentativität kritisiert werden, da sie auf Interviews mit rund einem Dutzend KMU basieren, während in manchen Branchen mehrere tausend KMU tätig sind. Andererseits werden diese Tests häufig von Generalisten des seco durchgeführt, die nicht immer über optimale Spezialkenntnisse verfügen. Die PVK hält fest, dass eine Unterstützung durch die zuständigen Ämter nur spärlich erfolgt. Hingegen ist der hauptsächliche positive Punkt, dass die mit Vertretern von Unternehmen geführten Gespräche ermöglichen, sich mit der Realität ihrer Probleme auseinander zu setzen und so die Filter der Berufsverbände zu umgehen.

3257

Die Empfehlungen des Forums KMU werden häufig mit Stellungnahmen anderer Akteure aus Wirtschaftkreisen verbunden und auch als solche behandelt. Die Tatsache, dass diese Empfehlungen auf den Resultaten der Verträglichkeitstests basieren, wir von den Akteuren des Entscheidungsprozesses kaum wahrgenommen.

Zum Abschluss der qualitativen Bewertung der «KMU-Tests» nimmt die PVK auch Bezug auf die Studie des seco über die Qualität der RFA.61 Sie benotet die RFA gemäss den in den Richtlinien des Bundesrates enthaltenen Kriterien sowie einem allgemeinen Qualitätsurteil. Die Studie behandelt die Information von 42 Botschaften, die in den Jahren 2001­2003 vorgelegt wurden. Einige Aspekte sollen hier festgehalten werden. Laut dem seco werden die RFA im Allgemeinen gut durchgeführt, auch wenn Verbesserungen in mehreren Bereichen möglich sind. Allerdings sind die grossen Qualitätsunterschiede zwischen den einzelnen RFA hervorzuheben: Bei einem möglichen Maximum von 30 Punkten erhält die beste RFA 27 und die schlechteste 7 Punkte. Die RFA, welche zu Gesetzen im Bereich der Wirtschaft gemacht werden, sind im Durchschnitt von besserer Qualität als diejenigen zu den Gesetzen in anderen Bereichen. Wie Tabelle 7 zeigt, lässt sich keine massgebliche Verbesserung der Qualität der RFA im Verlauf der Jahre feststellen, eher das Gegenteil ist der Fall.

Tabelle 7 Durchschnittliche Qualität der RFA (2001­2003) 2001

2002

2003

Anzahl analysierter Botschaften

8

20

14

Durchschnittsnote (Maximum: 30)

19,1

15,2

15,2

Quelle: PVK, basierend auf seco, 2004, Tabelle 2.

Nur in 29 % der Botschaften werden sämtliche fünf Kontrollpunkte der RFA behandelt. Mängel sind vor allem bei den zahlenmässigen Angaben (über Kosten, Nutzen und Alternativen) festzustellen sowie bei der Erwähnung der vom Gesetz negativ betroffenen Akteure und den Details der wirtschaftlichen Auswirkungen. Es wurde noch keine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt. In Anbetracht der Erfahrungen anderer Länder erstaunen diese Ergebnisse nicht. In den meisten Ländern ist die Nicht-Einhaltung der Normen und Leitlinien für den Inhalt der RFA gängig.62 Die Studie des seco empfiehlt, dass die RFA früher im Entscheidungsprozess durchgeführt werden, dass sie den Schwerpunkt auf die Quantifizierung und die monetäre Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen legen, dass sie einem breiteren Publikum zur Verfügung stehen und dass sie auch zu Gesetzen durchgeführt werden, die bereits in Kraft sind.

61 62

seco, 2004.

OECD, 2004b, S. 27.

3258

4

Nutzung

In diesem Kapitel hat die PVK versucht, die Nutzung der drei «KMU-Tests» durch die wichtigsten Akteure im politischen Entscheidungsprozess zu beurteilen, die sich strukturiert mit den wirtschaftlichen Auswirkung von Gesetzestexten auseinander setzen. Im ersten Teil geht es um die Nutzung der Tests im vorparlamentarischen Verfahren und um die besondere Funktion der Ämter, welche Gesetzesentwürfe und Botschaften verfassen. Der zweite Teil befasst sich mit der Nutzung der Tests in der parlamentarischen Phase. Der letzte Teil zieht einen Vergleich mit dem Kapitel über die finanziellen Auswirkungen in den Botschaften.

4.1

Nutzung in der vorparlamentarischen Phase

Die Nutzung der RFA und der beiden anderen Tests durch die Ämter in der vorparlamentarischen Phase ist von entscheidender Bedeutung, denn da nehmen die Entscheidungen Gestalt an.63

4.1.1

Politische Unterstützung und Nutzung auf höchster Ebene

Mehrere befragte Personen weisen darauf hin, dass die Nutzung der «KMU-Tests» im Entscheidungsprozess von der politischen Unterstützung auf höchster Ebene abhängt. Die OECD hat dasselbe festgestellt. Die Departementsvorsteher müssen einen gewissen Druck auf die Ämter ausüben, damit diese Instrumente systematisch verwendet werden. Das Kapitel 2 verweist auf die wichtigsten vom Bundesrat und vom EVD auf Grund von parlamentarischen Vorstössen ergriffenen Massnahmen.

Die Mehrheit der befragten Personen hat jedoch darauf hingewiesen, dass die RFA und die beiden anderen Instrumente weder auf Departements- noch auf Bundesratsebene diskutiert werden. Die Diskussionen über die RFA gelangen nicht bis auf diese Stufe hinauf. Die Ämter scheinen die Erwartungen der Departemente und des Bundesrates zu erfüllen. Oder aber das seco schöpft seinen Handlungsspielraum nicht aus (siehe Kap. 4.1.7).

Die Diskussion über die RFA und die wirtschaftlichen Auswirkungen verbleibt somit auf der Ebene der Ämter. Der Amtsdirektor ist verantwortlich für den Inhalt der Botschaft, welche an den Bundesrat weitergeleitet wird.

Die Sensibilisierung für die wirtschaftlichen Auswirkungen neuer Gesetze bei der Vorbereitung der Bundesratssitzungen oder für die Departementsvorsteher geschieht nämlich nicht über die RFA oder die andern Tests, sondern eher indirekt. So müssen beispielsweise gewisse Ämter ihrem Departementsvorsteher Beispiele zur Veranschaulichung der Folgen für die KMU liefern.

63

Sciarini, 2003, S. 598.

3259

4.1.2

Nutzung der RFA

Bei Betrachtung des legislativen Entscheidungsprozesses in der Schweiz, wie er im Kapitel 2.2 ausgeführt ist, muss zuallererst festgestellt werden, dass der politische Impuls in mehreren Fällen sehr präzise ist. Die politische Ausrichtung des Dossiers ist klar definiert, beispielsweise durch eine parlamentarische Initiative oder durch die Übernahme von internationalen Normen. Eine RFA kann dann keine strategischen Alternativen bieten. In andern Fällen jedoch gibt der verfügbare Handlungsspielraum der RFA genug Raum, um einen Einfluss auszuüben.

Im Anschluss an den Impuls werden die meisten Gesetze zuerst von einer Expertengruppe vorbereitet. Diese Gruppe erörtert die mit dem Gesetz verfolgten Ziele und die wichtigsten damit verbundenen Massnahmen. In einigen Fällen untersucht ein Forschungsprogramm die mit der Verabschiedung oder der Änderung eines Gesetzes verbundenen Erwartungen. In diesem Stadium sind wirtschaftliche Überlegungen und die Auswirkungen des Gesetzes immer ein Thema, auch wenn eine solche Diskussion nicht auf harmonisierten Grundlagen erfolgt. Nur in einem einzigen Fall konnte die PVK feststellen, dass die RFA bereits bei der Sitzung der Expertengruppe verwendet worden war. Die Leitlinien und das Handbuch der RFA waren bei der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs massgebend. Das vorparlamentarische Verfahren führt zu einer ersten Entscheidung. Der Bundesrat verabschiedet seinerseits die Leitlinien der Revision und beauftragt das zuständige Amt.

In der Regel sind es die Ämter selbst, die eine RFA durchführen. In den meisten Fällen bereitet eine Gruppe von 3­10 Personen das Gesetz vor und verfasst die Botschaft. Nicht der Projektleiter führt in der Regel eine RFA durch, sondern ein einzelner wissenschaftlicher Mitarbeitender. Oftmals hat dieser auch noch andere Aufgaben. In den kleinen Ämtern erfolgen die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch schnell: Die Mitarbeiter können die vorzubereitenden und zu verfassenden Texte untereinander aufteilen. Wenn den Ämtern mitgeteilt wird, dass sie eine RFA zum Gesetz durchführen müssen, reagieren diese oft mit Unmut. Sie fassen dies als eine zusätzliche Pflicht auf, abgesehen von den fehlenden Mitteln oder den ungenügenden Fachkenntnissen für deren Durchführung. Diese Reaktion ist besonders bei den Ämtern verbreitet, die wenig Erfahrung
bei der Vorbereitung von neuen Gesetzen haben. Gewisse Ämter sind damit nur alle vier oder fünf Jahre konfrontiert. Nur wenige der mit einem Gesetzesentwurf betrauten Personen haben in der Folge erkannt, dass ihnen dieses Instrument einen Nutzen gebracht hat und dass das Verfahren disziplinierter abgewickelt werden konnte. Die RFA macht das Amt auf die Auswirkungen der Gesetze aufmerksam und zeigt auf, was es über die wirtschaftlichen Folgen weiss respektive nicht weiss. Die Analyse hat die Ämter ermuntert, ihr Know-how zu verbessern, die Auswirkungen ihrer Gesetze mehr zu hinterfragen und Hypothesen zu prüfen. Die Informationen über die wirtschaftlichen Auswirkungen werden überarbeitet oder vertieft, sobald die Massnahmen beschrieben sind, und umgekehrt. Es besteht also ein Austausch zwischen den für das Gesetz verantwortlichen Personen und eine wechselseitige Anpassung von Gesetzesartikel und wirtschaftlicher Auswirkung. Im Verfahren selbst findet somit ein Feedback statt.

Der Gesetzesentwurf geht danach in die Konsultationsphase. Das EVD empfiehlt, vor dem Beginn des Vernehmlassungsverfahrens eine provisorische RFA durchzuführen und sie in die den betroffenen Kreisen vorgelegte Dokumentation zu integ-

3260

rieren.64 Die Vernehmlassungsunterlagen müssen eine qualifizierte Meinung über die Frage enthalten, wer durch die vorgeschlagene Regelung einen Vorteil hat und wer nicht. Die konsultierten Kreise können sich danach dieser Meinung anschliessen oder sie in Frage stellen. Diese Meinung basiert auf einer RFA.65 Es sei daran erinnert, dass es beim Vernehmlassungsverfahren darum geht, den Interessengruppen, wie Wirtschaftsverbänden, die Möglichkeit zu geben, ihren Standpunkt bereits bei den Vorbereitungen zur Gesetzgebung darzulegen.66 Im Vernehmlassungsverfahren erfolgt bereits eine Berücksichtigung auf Grund der Reputation, was heisst, dass seitens der Bundesverwaltung den gewichtigsten Akteuren mehr Gehör geschenkt wird.67 Auch wenn das Vernehmlassungsverfahren den Entscheidungsprozess etwas verlangsamt, so kann damit doch verhindert werden, dass zu stark kritisierte Entscheidungen getroffen werden.

Was das Ämterkonsultationsverfahren betrifft, müssen die Bundeskanzlei, das Bundesamt für Justiz (BJ) und die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) immer konsultiert werden68, wohingegen der eidgenössische Datenschutzbeauftragte, das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann und das Bundesamt für Statistik von Fall zu Fall konsultiert werden. Mehrere befragte Personen haben bestätigt, dass das seco nicht immer konsultiert wird. Ausserdem ist die RFA nur selten in den abgegebenen Unterlagen enthalten. Wenn Konsultationen stattfinden, werden sie oft mündlich, in Sitzungen oder per E-Mail durchgeführt. Es ist anzumerken, dass die meisten befragten Personen über keine Beispiele von Stellungnahmen eines Amtes über die wirtschaftlichen Auswirkungen verfügen, wie sie in der Dokumentation beschrieben sind. Sogar die Bundeskanzlei hat sich noch nicht konkret über die formellen Verfahren oder die vernachlässigten Punkte geäussert, auch nicht über die Übereinstimmung des Kapitels mit dem Legislaturplan oder mit den früheren Erklärungen des Bundesrates. Die Wettbewerbskommission kann im Vernehmlassungsverfahren gemäss Artikel 45 und 46 des Kartellgesetzes (RS 251) auch eine Stellungnahme zu Entwürfen von Gesetzeserlassen abgeben, welche den Wettbewerb beschränken oder verfälschen. Bis heute hat sie von der Möglichkeit, durchgeführte RFA zu beanstanden oder Änderungen vorzuschlagen, nicht Gebrauch
gemacht. Die RFA wird manchmal zwar abgeändert, dies jedoch infolge von kritischen Beurteilungen von Artikeln des Gesetzesentwurfs.

In der Dokumentation für die externe Vernehmlassung ist die RFA auch nicht enthalten, aus dem einfachen Grund, dass sie bei Abgabe der Dokumentation in der Regel noch nicht durchgeführt wurde. Beim Vernehmlassungsverfahren gibt es somit keine Änderung. Eines der Ziele der RFA, nämlich das Vernehmlassungsverfahren zu vereinfachen, wurde somit offensichtlich nicht erreicht. Die Öffentlichkeit hat keine Möglichkeit Stellung zu nehmen und die Einbindung der betroffenen Gruppen wird nicht verstärkt.

In den wenigen Fällen, wo in der Vernehmlassungsdokumentation eine RFA enthalten ist, gab es keine Stellungnahmen zu den im entsprechenden Kapitel dargestellten wirtschaftlichen Auswirkungen. Die Stellungnahmen bezogen sich fast ausschliesslich auf die verschiedenen Gesetzesartikel und auf sehr punktuelle Massnahmen. Die

64 65 66 67 68

EVD, 2000, S. 8.

Bundesrat, 2000, S. 951.

Sciarini, 2003, S. 599.

Sciarini, 2003, S. 605.

BJ, 2002, S. 49.

3261

befragten Personen sind einhellig der Meinung, dass das Vernehmlassungsverfahren für den Entscheidungsprozess eindeutig nützlicher und wichtiger ist als die RFA.

Im Allgemeinen wird die RFA somit erst bei der Endredaktion der Botschaft zuhanden des Parlaments durchgeführt, und dies auch nur, weil es vorgeschrieben ist. Sie kommt also sehr spät im Entscheidungsprozess zum Zug, d.h. zu einem Zeitpunkt, in dem alle Entscheide der vorparlamentarischen Phase bereits gefällt worden sind. Es bleibt nur noch eine gesetzliche Pflicht zu erfüllen und das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen zu schreiben. Die Ämter machen dann eine Zusammenfassung der Informationen, welche oft schon an anderen Stellen in der Botschaft enthalten sind. In diesen Fällen bringt die RFA im vorparlamentarischen Verfahren also gar nichts. Auch die zwei RFA, welche in der Studie des seco am besten abgeschnitten haben, wurden erst kurz vor Redaktionsschluss der Botschaften durchgeführt. Den zwei Ämtern standen mehrere interne oder externe Dokumentationsquellen zur Verfügung sowie Statistiken, die zusammengefasst und unmittelbar vor deren Verabschiedung in die Botschaft integriert wurden. Sie haben also die RFA weder als Steuerinstrument noch als Entscheidungsinstrument oder zur internen Information benutzt. In den Ämtern gibt es keinen Kulturwandel.

Mehrere Ämter sehen in der RFA ein Instrument, das «nicht auf ihrem Mist gewachsen» ist. Dieses in einem andern Amt entwickelte Verfahren wird sehr unterschiedlich beurteilt. Gewisse Personen sind nicht überzeugt, dass die Nutzung der RFA wichtig ist. Die Passivität oder der Widerstand der Ämter gegenüber diesem Instrument ist ein entscheidender Einflussfaktor für dessen geringe Nutzung, weshalb es im Entscheidungsprozess auch nicht zu einem früheren Zeitpunkt eingesetzt wird. Es wird als eine zusätzliche Übung angesehen, etwa wie die Verträglichkeit mit dem europäischen Recht. In andern Fällen wird die RFA sogar als eine Gefährdung für den Gesetzesentwurf selbst angesehen. Das Amt will ihn durchbringen können. Die mögliche negative Auswirkung auf die KMU oder auf die Wirtschaft allgemein wird damit bagatellisiert, ignoriert, ja sogar nicht einmal bekannt gemacht. Nur in einem Fall hat die PVK einen prinzipiellen Einwand gegen die RFA verzeichnet, nämlich dass diese nur einen
Teilaspekt des politischen Vorgehens darstelle. Mit der RFA verändert sich die Debatte, was mit ein Grund ist, dass sie umstritten bleibt und schwierig anzuwenden ist.69 Für die meisten Vertreter der Bundesverwaltung ist die RFA kein Entscheidungsinstrument, nicht einmal ein Steuerinstrument. Was insbesondere die für einen Gesetzesentwurf vorgeschlagenen politischen Varianten betrifft, dient die RFA eher der nachträglichen Rechtfertigung der getroffenen Wahl und weniger als Arbeitsinstrument, um diese Wahl überhaupt zu treffen. Der Entscheid bleibt politisch. Die RFA leistet nur einen Beitrag zu mehr Transparenz in den Botschaftskapiteln über die wirtschaftlichen Auswirkungen.

4.1.3

Nutzung des Forums KMU

Das Forum KMU konzentriert sich jetzt an seinen Sitzungen auf zwei bis drei Punkte. Es ist zwischen zwei Zielen hin- und hergerissen: einerseits wissenschaftlich optimale Lösungen zu entwickeln und anderseits zwischen den verschiedenen sektoriellen Interessen seiner Mitglieder einen Kompromiss zu finden. Im Gegensatz zu 69

OECD, 2002, S. 51.

3262

den meisten andern ausserparlamentarischen Kommissionen fällt es dem Forum KMU weniger schwer, einen Kompromiss zu finden.70 Die horizontalen Themen (Rechnungslegungsgesetz, Arbeitsrecht, MwSt., Lohnausweis) werden in der Regel von allen Mitgliedern des Forums KMU diskutiert, während spezielle Themen (Abfall, Tourismuswerbung) nicht unbedingt die Aufmerksamkeit von allen mobilisieren.

Gestützt auf die Verträglichkeitstests, auf die praktischen Erfahrungen seiner Mitglieder und auf Gespräche mit Vertretern der interessierten Kreise, findet das Forum KMU praktische Lösungen für komplexe Probleme. Die Belastung des zuständigen Amts wird dadurch geringer, auch wenn es tatsächlich nur ein Belastungstransfer ist, da das seco diesen Test durchführt.

Einige Ämter in der Bundesverwaltung haben von positiven Erfahrungen mit dem Forum KMU berichtet. Für einige Personen kommt eine Stellungnahme des Forums KMU fünf normalen Stellungnahmen gleich. Es wurde auf einige Punkte hingewiesen, die zu Änderungen geführt haben, insbesondere in den Verordnungen (MwSt., Rechnungslegungsrecht).

In den meisten Fällen bezieht sich die Kritik auf die Schwerfälligkeit des Forums KMU. Mehrmals hat es zu spät in den Entscheidungsprozess eingegriffen und konnte ihn deshalb nicht spürbar beeinflussen. Die mangelnde Weiterverfolgung ist auch ein immer wieder vorgebrachter Kritikpunkt. Dies ist nicht weiter erstaunlich auf Grund des Milizcharakters der Kommission sowie des Personal- und Infrastrukturmangels. Einige haben auch bemängelt, dass es den Mitgliedern des Forums KMU an Fachwissen fehlt oder dass sie zu politischen Lösungen neigen, die von Interessenverbänden stammen.

4.1.4

Nutzung des Verträglichkeitstests

Der Verträglichkeitstest wird von einem Mitarbeiter des seco vorbereitet (Fragebogen, Auswahl der Unternehmen, Konsultation des betroffenen Amtes), von mehreren Personen durchgeführt (früher Praktikanten und Zivildienstleistende) und schliesslich von demselben Mitarbeiter ausgewertet. In der Praxis sind die betroffenen Ämter nicht an der Durchführung des Tests bei den KMU beteiligt. Manchmal werden Sie für die Formulierung der Fragen herangezogen, doch eine wirkliche Reaktion zeigen sie erst, wenn sie mit den Resultaten konfrontiert sind.

Die Resultate der Verträglichkeitstests werden dem Forum KMU immer vorgelegt.

Doch von den 24 vom seco durchgeführten Verträglichkeitstests hat das Forum KMU nur in zehn Fällen Empfehlungen abgegeben. Die Verträglichkeitstests werden somit mehrheitlich nicht direkt verwendet, entweder weil die politische Agenda geändert hat oder weil sich die Interessen der Mitglieder des Forums verschoben haben. In sehr seltenen Fällen wurden die Ergebnisse des Verträglichkeitstests in die RFA integriert und waren in der Botschaft enthalten.

70

Es gibt zum Beispiel Unterschiede zwischen den Vertretern von exportorientierten KMU und denjenigen von auf den einheimischen Markt ausgerichteten KMU oder zwischen den Vertretern von KMU aus verschiedenen Tätigkeitsbereichen.

3263

Für mehrere befragte Entscheidungsträger ist der Verträglichkeitstest eher belanglos und kommt nur in besonderen Situationen zum Zug. Er konzentriert sich auf die Probleme des praktischen Vollzugs und erhebt nicht den Anspruch, grosse Veränderungen herbeizuführen. Auch wird ein Grossteil der Verträglichkeitstests auf Verordnungsebene durchgeführt. Er kann auf Probleme hinweisen, die von den spezialisierten Ämtern zwar erkannt, jedoch nicht als prioritär eingestuft wurden.

Diese Ämter verfügen manchmal über ihr eigenes Netzwerk von Kontaktunternehmen, und die Informationen, die durch den vom seco bei andern Unternehmen durchgeführten Test gewonnen werden, vermitteln eine neue Sichtweise. Die so weitergeleiteten Informationen werden in der Regel von den Ämtern positiver aufgenommen, denn sie werden innerhalb der Bundesverwaltung produziert und stammen nicht von externen Interessenverbänden. In einigen Fällen jedoch ist der Test nicht auf das richtige Ziel ausgerichtet und untersucht einen vernachlässigbaren Aspekt einer Gesetzgebung.

Dieser Test verlangt die engste Zusammenarbeit zwischen dem zuständigen Amt und dem seco. Für die Durchführung des Tests wird weniger stark zusammengearbeitet, aber wie für die RFA wird ebenfalls ein längerfristiger Sensibilisierungseffekt angestrebt. Die Ämter können die objektiven Ergebnisse einer von der Bundesverwaltung durchgeführten Evaluation verwenden.

4.1.5

Koordination der drei «KMU-Tests»

Bei diesen drei für die Erarbeitung eines Gesetzes dienenden Instrumenten gilt der Grundsatz, dass die RFA auf Gesetzesebene wichtiger ist als auf Verordnungsebene, weil sie sich mit den gesamtwirtschaftlichen Folgen für alle interessierten Kreise befasst. Die Optik der KMU ist ein Aspekt davon. Sobald die Gesetzgebung umgesetzt ist und die Ämter die Gesetze konkretisieren, konzentrieren sich die Verträglichkeitstests und die Stellungnahmen des Forums auf die mit der Anwendung der Gesetze verbundenen Kosten für die KMU.

Bezüglich der Koordination zwischen den drei «KMU-Tests» sind sich die befragten Personen nicht einig. Manche sind der Meinung, dass diese drei Instrumente unabhängig voneinander eingesetzt werden können. Ihre Ziele und ihre Verfahren sind nicht ganz identisch. Gerade deswegen möchten andere Akteure eine verstärkte Koordination. Die Ergebnisse der Verträglichkeitstests und die Stellungnahmen des Forums KMU sollten in die RFA aufgenommen werden. In den Botschaften über die von der PVK gewählten praktischen Fälle verwies jedoch keine RFA auf diese Instrumente. Die Stellungnahmen des Forums werden manchmal im Kapitel über die Vernehmlassungsergebnisse zusammengefasst.

Zu bemerken ist, dass auf Grund der Restrukturierung des seco die Zuständigkeiten neu aufgeteilt wurden. Für die RFA ist die Direktion für Wirtschaftspolitik und für die Verträglichkeitstests und das Forum KMU die Direktion für Standortförderung zuständig. Die Verantwortlichkeiten und die Ressourcen wurden also getrennt.

3264

4.1.6

Durchführungszeitpunkt

Die drei «KMU-Tests» können im vorparlamentarischen Verfahren, dessen Phasen in Kapitel 2.2 beschrieben sind, zu verschiedenen Zeitpunkten durchgeführt werden.

Der Zeitpunkt ist sehr oft entscheidend71 und spielt eine wichtige Rolle in der Nutzung der Tests sowie in deren Auswirkungen. Wie jede Organisation hat auch die Bundesverwaltung in den verschiedenen Phasen des Entscheidungsprozesses ein Informationsbedürfnis.

Auf Grund der in mehreren Ländern beobachteten Praxis und gemäss den Empfehlungen der OECD müssen die RFA frühzeitig im Entscheidungsprozess vorgenommen werden, damit sich das mit dem Gesetzesentwurf beauftragte Amt auf eine breitere Entscheidungsgrundlage stützen, mögliche Alternativen vertieft diskutieren und die Kosten der Regulierung einbeziehen kann. Das EVD empfiehlt eine RFA in zwei Etappen: Zu beginnen ist mit einer Vor-RFA, welche sich hauptsächlich mit den Alternativen und den ersten Abschätzungen der Auswirkungen befasst und deren Ergebnisse im Begleitbericht des Vernehmlassungsdossiers enthalten sind.

Danach folgt, basierend auf den Ergebnissen der internen und externen Konsultationen, eine definitive RFA, welche die zusammengetragenen neuen Daten enthält und dem Parlament übergeben wird. Dieses Vorgehen wird zum Beispiel in Australien angewandt, wo zwei RFA erstellt werden: die eine während des Entscheidungsprozesses und die andere während der Präsentation des Gesetzes im Parlament.72 Die drei Hauptgründe, warum eine RFA früh durchgeführt werden sollte, sind, dass sie dann den Entscheidungsprozess noch massgeblich beeinflussen kann (Wahl von Alternativen, Beurteilung der Kosten, Begleitmassnahmen zugunsten von benachteiligten Gruppen), dass die Entscheidungsträger für die wirtschaftlichen Folgen des zu verabschiedenden Gesetzes durchwegs sensibilisiert sind und dass alle betroffenen Akteure die von der RFA vermittelten Informationen zur Kenntnis nehmen und dazu Stellung nehmen können.

Die von der PVK befragten Personen unterstreichen die Bedeutung der frühzeitigen Durchführung von «KMU-Tests», wie aus Tabelle 8 ersichtlich ist.

Tabelle 8 Beurteilung des Zeitpunkts für die Durchführung der drei «KMU-Tests» im politischen Entscheidungsprozess (Anzahl Interviews) Verwaltung

Sie sollten früher durchgeführt und integriert werden

14

Sie erfolgen rechtzeitig

3

Sie sollten später durchgeführt und integriert werden

0

Quelle: PVK

71 72

Williams, de Laat und Stern, 2002, S. A34.

Argy und Johnson, 2003, S. 62.

3265

Nach Ansicht einer Mehrheit der Vertreter der Bundesverwaltung ist der für die Durchführung einer RFA geeignete Zeitpunkt unmittelbar nach den Beratungen der Expertenkommission. Das Gleiche gilt für den Zeitpunkt der Weitergabe einer Empfehlung des Forums KMU. Der Gesetzesentwurf ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgereift. Meistens wird die Empfehlung des EVD nicht berücksichtigt: Da zur Zeit, in der das Konsultationsverfahren bei den Ämtern und den externen Akteuren läuft, die RFA noch nicht durchgeführt wurde, gibt es auch keine detaillierten Informationen über die wirtschaftlichen Folgen des Gesetzesentwurfs. Die Mehrheit der befragten Personen hat eingeräumt, dass die RFA sehr spät durchgeführt wird, nämlich erst während der Endredaktion der Botschaft. Die Ämter führen nur eine RFA durch.

Einige befragte Personen haben angemerkt, dass der Bericht, der als Basis für den Vorentwurf dient, oft schon Informationen über die wirtschaftlichen Auswirkungen enthält. Doch solche Entwürfe stützen sich nur selten auf das für die RFA entwickelte Verfahren. Es handelt sich eher um allgemeine Überlegungen. Die PVK hat nur von einem Fall erfahren, in welchem in diesem Stadium bereits eine RFA durchgeführt worden war.

Bei der Erarbeitung der Verordnungen ist die RFA bereits verfügbar, da sie für die Verabschiedung des Gesetzes durchgeführt wurde. Die Information ist somit vorhanden, und eine neue RFA wird auf Verordnungsebene selten gemacht.

Die Problematik im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Durchführung der Verträglichkeitstests ist etwas anders, da der Gesetzes- oder Verordnungsentwurf schon ziemlich genau umrissen sein muss, damit die Unternehmen zu den diesbezüglichen wirtschaftlichen Auswirkungen sinnvoll befragt werden können. Deshalb ist der geeignete Zeitpunkt eher parallel zum Vernehmlassungsverfahren, wenn die Regeln schon genauer bestimmt sind, aber noch Einflussmöglichkeiten bestehen. Einige befragte Personen finden die Dauer des Vernehmlassungsverfahrens (in der Regel 3 Monate) für die Durchführung dieser Verträglichkeitstests problematisch, da für die Vorbereitung, die Durchführung und die Weitergabe der Ergebnisse mehr Zeit benötigt wird.

Die Ergebnisse der Verträglichkeitstests und die Empfehlungen des Forums KMU müssen den Ämtern auch früh genug zugestellt werden, um sie für diese
Aspekte zu sensibilisieren. Diese Sensibilisierung ist sehr wichtig. So erfolgte der Verträglichkeitstest für die Abfallverordnung, wie in den meisten Fällen, zu Beginn des Vernehmlassungsverfahrens. Es war ein konkreter Gesetzesentwurf vorhanden, der als Grundlage für den Test diente. Als das Vernehmlassungsverfahren beendet war und die Testergebnisse bekannt waren, hatte das Amt noch die Möglichkeit, zu reagieren und Vorschläge zu machen. Für diese zwei Instrumente, wie übrigens auch für die RFA, stellt das politische Timing, das sie nicht beeinflussen können, eine grosse Herausforderung dar: Gewisse Gesetzesentwürfe erstrecken sich über mehrere Jahre, andere werden beschleunigt, wieder andere werden auf internationalen Druck wiederbelebt.

3266

4.1.7

Rolle des seco

Das seco erfüllt hinsichtlich der RFA zwei Funktionen. Erstens stellt es sicher, dass das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen einheitlich daherkommt. Das seco kontrolliert also die von den andern Ämtern verfassten Kapitel hinsichtlich mehrerer Qualitätskriterien (fünf Analysepunkte, Einbezug, Plausibilität, Zahlen).

Zweitens unterstützt das seco die Ämter mittels Dokumentation, Erinnerungen zu Jahresbeginn, Erfahrungsaustauschgruppe und bilateraler Kontakte zwischen dem seco und den Ämtern.

Der Einfluss des seco bei der Kontrolle der RFA ist begrenzt. In der Praxis beschränkt er sich auf die Unterstützung und die Ermahnung der Ämter. Auch wenn das seco eine RFA für ungenügend hält, hat es nicht die Kompetenz, den Entscheidungsprozess zu verzögern, damit das Kapitel korrigiert werden kann. Es gibt somit keine formelle Anforderung für die Genehmigung einer RFA. Die traditionelle Unabhängigkeit der verschiedenen Ämter besteht fort. Aus Angst an Unabhängigkeit zu verlieren, kann eine gewisse Zurückhaltung der verschiedenen Ämter festgestellt werden, vermehrt in Zusammenarbeit mit einem anderen Amt politische Massnahmen auszuarbeiten.73 Das seco versucht, Druck auf die Ämter auszuüben, was oft damit verbunden ist, dass hierarchische Wege eingeschlagen werden müssen. Dies verlangsamt den Prozess deutlich und beeinträchtigt die Nutzung der RFA.

Es braucht nicht nur Mittel, sondern auch Kompetenzen, um die Ämter dazu zu bewegen, eine RFA durchzuführen und einen Nutzen daraus zu ziehen.

In der Schweiz sind die Sanktionen bei Nichteinhaltung der Anforderungen in Zusammenhang mit der RFA nicht schwerwiegend. Die formellste Sanktion ist der Mitbericht. Die Departemente, die mit einem Gesetzesentwurf oder den wirtschaftlichen Auswirkungen eines solchen Gesetzes nicht oder nur teilweise einverstanden sind, können einen Mitbericht verfassen. Das verantwortliche Departement kann mit einer Antwort auf die Mitberichte reagieren. Es kann die in den Mitberichten gemachten Vorschläge annehmen und seine Vorschläge anpassen, es kann aber auch seinen Entwurf beibehalten. Die andern Departemente haben noch die Möglichkeit, mit einer Replik auf die Antwort auf die Mitberichte zu reagieren. Taktische Erwägungen spielen in dieser Phase eine nicht unerhebliche Rolle.74 Zu beachten ist, dass davon abgeraten wird,
einen Mitbericht einzureichen, wenn die Unterschiede eher technischer oder formaler Art sind. Man versucht besser, mit dem betreffenden Departement oder Amt eine direkte Übereinkunft zu finden. Die mangelnde Glaubwürdigkeit der Sanktionen trägt nicht zur stärkeren Integration dieser Instrumente in den Entscheidungsprozess und zur Förderung des Kulturwandels in den Ämtern bei.75 Keine der befragten Personen hat vom EVD einen Mitbericht über die wirtschaftlichen Auswirkungen in Zusammenhang mit einem Gesetzesentwurf erhalten. Das seco wendet das Mitberichtsverfahren betreffend RFA sozusagen nie an. Da diese Einflussnahme zu spät im Entscheidungsprozess erfolgen würde, versucht das seco seine Bemerkungen bereits im Ämterkonsultationsverfahren einzubringen. Anzu-

73 74 75

OECD, 2000, S. 36.

BJ, 2002, S. 51.

In Kanada beispielsweise kann das mit der Überwachung der RFA betraute Sekretariat eine Weiterleitung eines Gesetzesentwurfs an das Kabinett verweigern, wenn es die Analyse als ungeeignet ansieht.

3267

merken ist, dass das Mitberichtsverfahren nicht zu Gesetzgebungsprojekten innerhalb desselben Departements angewendet werden kann.

Durch die Reorganisation des seco wurde die Stabstelle «Regulierungsanalyse» in der Direktion für Wirtschaftspolitik geschaffen, was deren Vorsteher die Möglichkeit gibt, Stellungnahmen und Kommentare zuhanden der von den RFA betroffenen Ämter zu unterzeichnen. Diese höhere Hierarchieebene liegt trotzdem weit unterhalb derjenigen der meisten OECD-Länder. Einige Personen haben denn auch darauf hingewiesen, dass das seco politisch nicht genug Macht hat, um die für die Gesetzgebung verantwortlichen Ämter und das Departement stark zu beeinflussen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn man die Bedeutung des BJ und der Kontrolle der Verfassungsmässigkeit miteinander vergleicht.

Das seco hat auch eine beratende und eine unterstützende Funktion. Die den Ämtern zur Verfügung gestellten Dokumente, wie das RFA-Handbuch, die Checkliste und die praktischen Beispiele, werden geschätzt. Gemäss mehreren Ämtern sind allerdings die Informationen, insbesondere auf der Internet-Website des seco, nicht leicht auffindbar.

Zu Jahresbeginn verschickt das seco jeweils einen Brief an die Ämter, die eine Botschaft mit einer gewissen wirtschaftlichen Bedeutung ausarbeiten, und macht sie darauf aufmerksam, dass eine RFA durchgeführt werden muss. Durch diese Strategie werden die RFA hierarchisiert und wird die Aufmerksamkeit auf die wirtschaftlich wichtigen Bereiche konzentriert.

Das seco hat eine Gruppe zum Erfahrungsaustausch über die RFA ins Leben gerufen, die im September 2004 zum dritten Mal getagt hat. Ziel dieser Gruppe ist es, den eidgenössischen Ämtern und dem seco die mit dem RFA gemachten Erfahrungen zugänglich zu machen, damit das Instrument verbessert und dadurch die Qualität der neuen Gesetze gesteigert werden kann.

Mehrere Ämter stehen der Idee positiv gegenüber, dass sie zur Durchführung ihrer RFA das seco und seine Ressourcen verwenden können. Andere Ämter dagegen stellen sich gegen eine grössere Einflussnahme durch das seco mit der Begründung, dass es nur über Generalistenkenntnisse verfüge, eine andere politische Kultur und andere Interessen habe. Die Generalisten des seco unterschätzen nicht das Ausmass und die Schwierigkeit ihrer Aufgabe, die darin besteht die Ämter zu
motivieren, diese Analyse durchzuführen, welche schlussendlich in die Gesetzgebung einfliessen soll.

Schliesslich hat das seco auch den Auftrag, Verträglichkeitstests durchzuführen, und das Sekretariat des Forums KMU zu stellen.

4.1.8

Bereitstellung der Kapazitäten

Nach Meinung des Bundesrats sollte eine RFA nicht so aufwändig sein wie eine Kosten-Nutzen-Analyse. Externe Forschungsaufträge dürfen nur erteilt werden, wenn die Bedeutung des Gegenstandes dies rechtfertigt.76 Auch wenn die Durchführung einer RFA und eines Verträglichkeitstests einen Mehraufwand bedeutet, muss man doch feststellen, dass keines der von der PVK 76

Bundesrat, 1999, S. 951.

3268

kontaktierten Ämter für diese Aufgabe zusätzliche Mittel bereitgestellt hat. Die RFA werden also mit den vorhandenen Budgets durchgeführt, ja sogar mit verringerten Budgets. Manchmal wurden zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt, aber nur während der Vorbereitung einer Botschaft. Andere Male konnte dank einer internen Umstrukturierung ein kleines Kompetenzzentrum in einem Amt aufgebaut werden.

Es wurde nur ein einziges Beispiel erwähnt, wo die Evaluation der wirtschaftlichen Auswirkungen der Gesetze und der Gesetzesentwürfe im Pflichtenheft eines Bundesbeamten aufgeführt ist (mit Ausnahme des seco). In den meisten Ämtern ist niemand spezifisch mit dieser Aufgabe betraut.

Mehrere Ämter verfügen nicht über Ökonomen, um eine RFA durchzuführen. Oft werden diese deshalb von Juristen durchgeführt. Die Ämter verfügen also nicht immer über die erforderlichen Spezialisten.

Im seco steht für die RFA eine Stelle zur Verfügung, für die Verträglichkeitstests und das Sekretariat des Forums KMU sind es 0,8 Stellen. Diese Ressourcen sind besonders bescheiden, wenn man sie mit denen vergleicht, welche im BJ oder in der EFV für die Kontrolle der Verfassungsmässigkeit und für die Analyse der finanziellen Auswirkungen zur Verfügung stehen (siehe Kap. 4.3). Es ist daran zu erinnern, dass es in etwa pro Woche eine Gesetzesänderung gibt. Ein Generalist aus dem seco muss sich dabei in das neue Thema einarbeiten und versuchen die Praxis und Politik der Ämter, welche eine grosse Anzahl von Themenspezialisten beschäftigen, zu ändern.

Mehrere Ämter präsentieren regelmässig Gesetzes- oder Verordnungsentwürfe, die einer RFA unterzogen werden müssen. Ein systematischer interner Kontrollmechanismus der Qualität einer RFA ist vielleicht noch wichtiger als eine externe Überwachung, um in den Ämtern einen Kulturwandel zu erzielen.77 So wurden in Grossbritannien in jedem Departement «Departmental Regulatory Impact Units» eingeführt, welche eine bis vier Personen umfassen.

In der Schweiz gibt es keine solche Einrichtung. Noch beunruhigender ist die Aussage von beinahe allen Ämtern und Departementen, dass es keinen internen Gedankenaustausch gibt, um die Qualität der durchgeführten RFA zu beurteilen, um Erfahrungen über besondere Probleme in diesem Bereich auszutauschen oder um abzuschätzen, ob die Voraussagen der RFA tatsächlich
eingetroffen sind.

Das seco hat zwar eine Erfahrungsaustauschgruppe bestellt, doch es besteht kein Ausbildungsprogramm für Personen, welche in den Ämtern eine RFA durchführen.

4.1.9

Unterschied zwischen Gesetz und Verordnung

Die Richtlinien des Bundes empfehlen, bei allen Gesetzen und Verordnungen eine RFA durchzuführen. Es gelten überall dieselben Regeln und Richtlinien zur Durchführung einer RFA, ohne Rücksicht auf die gesetzgeberischen Prioritäten oder die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Gesetze.

Bei Verordnungen wurden gemäss den Abklärungen der PVK keine RFA durchgeführt. Mehrere befragte Personen haben angegeben, dass eine solche Praxis wünschenswert wäre, denn im Gegensatz zu den Gesetzen unterliegen die Verordnungen 77

Argy und Johnson, 2003, S. 53.

3269

keiner parlamentarischen Überprüfung. Andere Personen haben demgegenüber erklärt, dass eine RFA über eine Verordnung wenig Mehrwert erzeugt, da der vom Gesetz vorgeschlagene Rahmen bereits besteht und die wirtschaftlichen Folgen zu diesem Zeitpunkt bereits untersucht sind. Das seco ist sich bewusst, dass die Bemühungen bezüglich der Verordnungen weniger wichtig sind. Dennoch enthält ein Grossteil der Vorschläge an den Bundesrat betreffend Verordnungen auch eine Passage über die wirtschaftlichen Auswirkungen.

Für die Verordnungen eignen sich die Verträglichkeitstests besser; oft wirken sich die genauen Umsetzungsregeln auf dieser Ebene sehr stark auf die Kosten der KMU aus.

Es ist anzumerken, dass bei einer parlamentarischen Initiative der Bericht, der einen Erlassentwurf der Bundesversammlung begleitet, denselben Anforderungen entspricht wie eine Botschaft des Bundesrates (Art. 111, ParlG). In diesem Fall muss also auch eine RFA durchgeführt werden.78

4.2

Nutzung in der parlamentarischen Phase

Die parlamentarische Phase des Entscheidungsprozesses besteht darin, die vom Bundesrat und von der Bundesverwaltung ausgearbeiteten Gesetzesentwürfe zu beraten und zu verabschieden, wie in Kapitel 2.2 dargelegt. Die Kommissionsdebatten basieren auf der Botschaft und dem Gesetzesentwurf. Die parlamentarischen Initiativen wie diejenige zur Revision des EOG werden ebenfalls diskutiert und müssen auch ein Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen enthalten. Das Kapitel, welches die RFA enthält, ist somit integraler Bestandteil der Grundlagen für die Debatte im Parlament. Die Kommissionen können ausserdem Zusatzberichte verlangen (Art. 150, ParlG) oder externe Experten beiziehen und Vertreter der interessierten Kreise anhören (Art. 45, ParlG).

Für die Mehrheit der befragten Parlamentarier sind die RFA und das Kapitel über die wirtschaftlichen Folgen eine Informationsquelle. Sie stellt die offizielle Version der allgemeinen Auswirkungen des Gesetzesentwurfs dar. Die komplexen und technischen Informationen müssen klar und verständlich dargestellt werden. Diese Informationsquelle steht in Konkurrenz mit anderen Argumenten oder Stellungnahmen von den Interessenverbänden, den politischen Parteien, den Medien oder den direkten Kontakten. Die Berücksichtigung der in der RFA enthaltenen Informationen durch die Parlamentarier hängt von ihrer Beurteilung der Arbeit des Bundesrates ab.

Diese Informationen werden nicht von allen Parlamentariern als objektiv angesehen.

Wie bereits weiter oben angemerkt, werden die Qualität, die Glaubwürdigkeit und der wissenschaftliche Charakter der «KMU-Tests» noch von zahlreichen Parlamentariern angezweifelt. Es ist eine Arbeitsgrundlage, die nie als genügend beurteilt wird.

Mehrere befragte Personen bezweifeln, dass die Parlamentarier die Ergebnisse der RFA in der Botschaft lesen. Die Parlamentarier, die keine ideologische Sensibilierung für diese Problematik haben, sind besonders wenig geneigt, diese Passage zu konsultieren. Die Arbeitsüberlastung und die Informationsflut tragen zum selektiven 78

Zum Beispiel für die Revision des EOG, basierend auf der parlamentarischen Initiative 01.426, siehe BBl 2002 7554).

3270

Einsatz der Informationsquellen bei, was oft dazu führt, dass die RFA vernachlässigt wird. Zahlreiche in der Kommission oder im Parlament gestellte Fragen werden im Kapitel über die wirtschaftlichen Folgen beantwortet. Einige Personen haben auch darauf hingewiesen, dass diese Informationen innerhalb der Botschaft untergehen und nicht genügend herausgestrichen werden.

Laut der Mehrheit der befragten Personen ist im eidgenössischen Parlament die Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Gesetzgebung wenig entwickelt. Der «wirtschaftliche» Reflex nimmt keine zentrale Stellung ein.

Die Parlamentarier greifen nicht oft auf die in den RFA präsentierten Informationen zurück, da es für sie schwierig ist, Informationen, die einen ziemlich allgemeinen und diffusen Nutzen haben, zu ihrem Vorteil zu nutzen.79 Die RFA ist zu allgemein; sie beleuchtet nicht die wirtschaftlichen Auswirkungen jedes einzelnen Gesetzesartikels. Die parlamentarische Debatte ist aber auf die Diskussion der einzelnen Artikel des Gesetzesentwurfs ausgerichtet. Die RFA ist somit schwierig verwendbar, um einen Gesetzesartikel zu verschärfen oder zu mildern. Es ist ausserdem unmöglich für einen Parlamentarier, die wirtschaftlichen Auswirkungen der in der Kommission oder im Plenum vorgeschlagenen Änderungen zu kennen, wenn keine Alternativen aufgeführt werden. Für eine Mehrheit der befragten Personen im Parlament bleibt die RFA somit ein Informationsinstrument und wird nicht als Entscheidungsinstrument angesehen. Sie ist für die Arbeit der Parlamentarier nicht genügend relevant.

Wie in den meisten Ländern der OECD hat das Parlament in der Schweiz keine Überwachungsfunktion bezüglich der RFA.80 Mehrere befragte Personen haben darauf hingewiesen, dass die Parlamentarier im Laufe der Überprüfung eines Gesetzesentwurfs ziemlich regelmässig von der Bundesverwaltung Zusatzberichte verlangen. Diese Berichte enthalten in der Regel wieder ein Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen, das mit demjenigen in der Botschaft beinahe identisch ist. Sie liefern in der Regel keine neuen Informationen, werden von den Parlamentariern aber oft positiv aufgenommen.

Die Funktion des Forums KMU in der parlamentarischen Phase wurde von der PVK ebenfalls untersucht. Das Forum KMU hat zwei seiner 19 Stellungnahmen direkt an die zuständigen
parlamentarischen Kommissionen gesandt. Dieses Vorgehen ist sehr selten und kommt nur zum Zug, wenn das Forum den Moment verpasst hat, um in der vorparlamentarischen Phase Einfluss auszuüben. Es ist somit nicht erstaunlich, dass die Parlamentarier den Einfluss des Forums im Entscheidungsprozess bagatellisieren. Ausserdem wurde bis heute kein Vertreter des Forums in einer parlamentarischen Kommission befragt. Es finden keine direkten Kontakte zwischen dem Forum KMU und dem Parlament statt. Das Parlament kann eventuell indirekt die Stellungnahmen des Forums verwenden, wenn diese in den Ergebnissen der Vernehmlassung oder der Verträglichkeitstests erscheinen, zum Beispiel via die Publikation «Die Volkswirtschaft».

Das Parlament ist bezüglich der Leistung des Forums KMU als Eingangsfenster für die Anliegen der KMU besonders kritisch. Die geschürten Erwartungen wurden offenbar enttäuscht. Gewisse Parlamentarier bedauern seine mangelnde Transparenz oder die Tatsache, dass es keine jährliche Bilanz zu seinen Leistungen veröffentlicht.

79 80

OECD, 2002, S. 56.

Argy und Johnson, 2003, S. 58.

3271

Die PVK hat sich auch in ihrer Textanalyse auf die Frage der Nutzung der «KMUTests» als Diskussionsargument durch die Parlamentarier konzentriert. Von einer Nutzung der «KMU-Tests» kann gesprochen werden, wenn folgende beiden Kriterien kumulativ erfüllt sind: -

Die «KMU-Tests» (im engen Sinn: KMU-Verträglichkeitstest, eine Empfehlung des Forums KMU oder die RFA; im weiteren Sinn: das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen in der Botschaft des Bundesrates) werden erwähnt.

-

Der Redner erwähnt die «KMU-Tests» in einer argumentativen Absicht.

D.h., er benutzt die Tests um einen Vorschlag für eine Änderung, eine Annahme, eine Rückweisung oder eine neue Idee betreffend einer Vorlage zu bringen.

Keine Nutzung liegt vor, wenn nur das erste Kriterium erfüllt ist, d.h., wenn es eine Erwähnung der «KMU-Tests» gibt, aber die argumentative Absicht des Redners nicht ersichtlich ist. Mit Hilfe von Beispielen, welche die idealtypische Kategorie beschreiben, hat die PVK das ganze Textmaterial der gewählten Fallbeispiele kodiert. Hierzu zwei Beispiele: -

Nutzung: Ein Kommissionsmitglied führt auf, dass in der Botschaft stehe, dass sechzig Prozent der Selbständigerwerbenden in den Genuss der sinkenden Beitragsskala kommen. Wenn die vollen Sätze erhoben werden, entfalle der Anreiz, in den Arbeitsmarkt zu gehen. Die heutige Regelung sei adäquat und solle deshalb belassen werden.81

-

Nennung ohne Nutzung: Ein Kommissionsmitglied macht die Aussage, dass solche Szenarien bezüglich der Kosten bei den öffentlichen Bauten ihm nicht bekannt seien. Die bundesrätliche Botschaft enthalte einzelne Zahlen, hinter die er allerdings Fragezeichen setze.82

Gemessen am gesamten Textvolumen der analysierten Kommissionsprotokolle und der Debatten im Plenum ist die Anzahl der Nennungen der «KMU-Tests» gering.

Während der Diskussionen in den Kommissionen gibt es sowohl mehr Nennungen als auch mehr Nutzungen der «KMU-Tests» als dies während der Diskussionen im Plenum der Fall ist. Im Plenum gab es sogar keine einzige Nutzung der «KMUTests».

Tabelle 9 Nutzung der «KMU-Tests» in den Kommissionen (K) und im Plenum (P) (in Zeilen) Revision EOG

Quelle Nutzung Nennung ohne Nutzung

WFG

Armee XXI

BehiG

BBG

K 17

P ­

K 1

P ­

K ­

P ­

K 40

P ­

K ­

P ­

K 12

P ­

14

­

3

7

­

­

25

­

9

­

3

­

Quelle: PVK 81 82

Kommissionsprotokoll vom 21. Januar 2002 BSSE, S. 11.

Kommissionsprotokoll vom 22. November 2001 BehiG, S. 17.

3272

BSSE

Die PVK hält fest, dass, wenn die Parlamentarier die «KMU-Tests» erwähnen, sie diese auch in etwas mehr als der Hälfte der Fälle als Diskussionsargument nutzen.

Die verschiedenen Fallbeispiele zeichnen sich durch eine Mischung aus Erwähnung und Nutzung der «KMU-Tests» aus, so dass kein Muster zu erkennen ist.

4.2.1

Nutzung im Vergleich

Den Abschluss dieses Kapitels macht ein kurzer Vergleich der PVK über die Nutzung der «KMU-Tests» durch die verschiedenen Akteure im Entscheidungsprozess.

Wie aus Abbildung 7 hervorgeht und in Übereinstimmung mit den in den Kapiteln 4.1 und 4.2 präsentierten Ergebnissen, werden diese Tests vom Parlament am wenigsten verwendet. Wer sie am meisten verwendet, sind die Ämter. Die unterstützende Funktion des seco wird nur am Rand erwähnt. Die Nutzung durch den Bundesrat und durch die externen Akteure wird ebenfalls als unbedeutend eingestuft.

Abbildung 7 Eingeschätzte relative Nutzung der «KMU-Tests» durch die verschiedenen Akteure im Entscheidungsprozess (Unterschied zwischen den positiven und den negativen Antworten; mehrere Antworten möglich) 12

Befragte Personen:

8 4

Verwaltung Parlament Externe

0 -4 -8

te rn e Ex

nd e

sr a

t

co Se

Äm

te r

Bu

Pa

rla

m

en t

-12

Quelle: PVK Anmerkung: Eine positive (negative) Zahl heisst, dass die befragten Personen die Nutzung der drei «KMU-Tests» durch den politischen Akteur als gut (schlecht) einschätzen.

4.3

Kapitel in der Botschaft über die finanziellen Auswirkungen

In jeder an das Parlament gerichteten Botschaft ist ebenfalls ein Kapitel über die finanziellen Auswirkungen gemäss Artikel 141 Absatz 2 Buchstabe f ParlG, enthalten. Es umfasst die Auswirkungen auf die Finanzen und den Personalbestand des Bundes, der Kantone und der Gemeinden. Der Rahmen dieser Informationen ist vom Bundesgesetz über den eidgenössischen Finanzhaushalt (SR 611.0) vorgegeben.

3273

Wie das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen wird dasjenige über die finanziellen Auswirkungen vom verantwortlichen Amt verfasst. Es ist bereits im Stadium der Ämterkonsultation zwingend vorhanden. Die Abteilung «Ausgabenpolitik» der EFV, die 30 Personen umfasst, ist mit der Unterstützung der betroffenen Ämter und mit der Kontrolle der Qualität dieser Informationen beauftragt. Sie kann via Mitbericht Stellung nehmen. Da die vom Amt verlangten Mittel ins Budget aufgenommen werden müssen, ist die Möglichkeit besonders wichtig, eine schlecht ausgeführte Arbeit oder eine zu verschwenderische Politik zu sanktionieren. Die Sensibilisierung ist in den Ämtern sehr ausgeprägt.

Für die PVK war es interessant, diese zwei verwandten Kapitel zu vergleichen. Aus dem Vergleich geht insbesondere hervor, dass die grosse Mehrheit der befragten Personen, sei es in der Bundesverwaltung oder im Parlament, dem Kapitel über die finanziellen Auswirkungen auf den Bund und die Kantone grössere Bedeutung und grösseren Einfluss zumisst als dem Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Wirtschaft und die KMU und dementsprechend auch von einer höheren Nutzung ausgeht. Erklärt wird dies damit, dass sich die finanziellen Folgen direkt auf das Bundesbudget auswirken und dass sie bezüglich Geldmittel und Personal auch einfacher zu beziffern sind. Die Tatsache, dass diese Anforderungen schon länger als die «KMU-Tests» in Kraft sind, ist auch ein wichtiger Faktor.

5

Einfluss

Das fünfte Kapitel behandelt weiter die Evaluation der «KMU-Tests» und untersucht die dritte Ebene der Auswirkungen: den Einfluss. Das Ziel dieser Instrumente ist nicht nur, bekannt zu sein und von den politischen Akteuren verwendet zu werden, sondern auch, den Entscheidungsprozess zu beeinflussen.

Diese Einflussnahme erfolgt sowohl bei den Ämtern als auch im Parlament. Die Literatur hebt die Schwierigkeiten hervor, den Einfluss eines Instruments wie der «KMU-Tests» zu messen: Der Einfluss kann direkt sein, er kann aber auch subtiler sein und sich auf einen längeren Zeitraum auswirken. Wie Tabelle 10 zeigt, bewertet die Mehrzahl der befragten Personen den Einfluss von «KMU-Tests» auf den Entscheidungsprozess als «eher schwach» oder «schwach». Die befragten Parlamentarier sind besonders skeptisch. Nur drei befragte Personen sind der Meinung, dass das Forum KMU Erfolge erzielt hat und dass somit der Einfluss dieses Instruments eher stark ist.

Tabelle 10 Einfluss der «KMU-Tests» auf den Entscheidungsprozess (Anzahl Interviews)

Stark Eher stark Eher schwach Schwach Quelle: PVK

3274

Verwaltung

Parlament

Externe

Total

0 2 11 4

0 0 2 6

0 1 0 2

0 3 13 12

Die Personen, welche den Einfluss der «KMU-Tests» auf den Entscheidungsprozess für eher stark halten, machen die folgenden Gründe geltend: -

die «KMU-Tests» konzentrieren sich auf einen wichtigen Punkt,

-

sie basieren auf Statistiken,

-

sie zeigen zuverlässige Resultate,

-

sie machen Vorschläge, die direkt in die Gesetzgebung übertragbar sind.

Dies gilt insbesondere für die Ergebnisse der Verträglichkeitstests und für die Empfehlungen des Forums KMU.

Demgegenüber ist für die Mehrheit der befragten Personen der Einfluss der «KMUTests» auf den Entscheidungsprozess schwach, und zwar aus folgenden Gründen: -

die Probleme sind aus andern Quellen bekannt, und die «KMU-Tests» bringen keine entscheidenden Informationen,

-

insbesondere aus der RFA können weder Empfehlungen noch direkt von den politischen Entscheidungsträgern verwertbare Alternativen abgeleitet werden,

-

die grossen politischen Linien des Gesetzes (oder der Verordnung durch den Gesetzesrahmen) werden schon zuvor bestimmt,

-

die RFA wird als Alibi-Übung angesehen, als eine zu erfüllende Pflicht und nicht als ein Führungs- oder Steuerinstrument,

-

das Parlament zitiert und verwendet diese Instrumente nur äusserst selten.

-

die Rolle der Interessenverbände ist stark spürbar,

-

es gibt nur eine einzige formelle Verankerung der Tests (die Veröffentlichung in der Botschaft),

-

die Verbreitung der «KMU-Tests» ist nicht breit genug und nicht zielgerichtet,

-

die vermittelten Informationen sind zu allgemein, sie mobilisieren die politischen Entscheidungsträger nicht.

Auf die Frage, welcher der drei «KMU-Tests» den grössten Einfluss hat, haben die meisten befragten Personen spontan «keiner» geantwortet (siehe Abb. 8). Als einziges der drei Instrumente hat die RFA einigermassen gut abgeschnitten. Sie hat insbesondere bezüglich Sensibilisierung in den Ämtern und Transparenz für die Parlamentarier einen gewissen Einfluss. Sie scheint auch im Entscheidungsprozess am besten integriert zu sein.

Einige befragte Personen sind der Ansicht, dass der KMU-Verträglichkeitstest eine Wirkung hat, die jedoch eher als Feinabstimmung bezeichnet werden kann. Es gelingt ihm bisweilen einen bestimmten Punkt herauszukristallisieren, auf den sich dann die Änderung eines Artikels stützt. Demgegenüber haben mehrere Verträglichkeitstests keinen Einfluss, weil sie vom Forum nicht aufgenommen werden, weil die Ämter für die vermittelte Information keine Verwendung haben oder weil sich die politische Agenda gewandelt hat.

Das Forum KMU hat kaum Einfluss. Weder seine Stellungnahmen noch die Tatsache, dass es Verwaltungsangestellte einlädt, um ihre Gesetzgebungsprojekte vorzustellen, beeinflusst die Praxis und die Einstellung der Ämter.

3275

Abbildung 8 Der «KMU-Test» mit dem grössten Einfluss auf den Entscheidungsprozess (Anzahl Interviews) RFA Vertäglichkeitstest Forum KMU keiner 0

2

4

6

8

10

12

14

Quelle: PVK Anmerkung: Ein Entscheidungsträger hat spontan «alle drei zusammen» geantwortet.

Die PVK hat sich detaillierter mit dem Einfluss des Forums KMU auseinandergesetzt. Wie aus Tabelle 11 hervorgeht, wird der Beitrag des Forums KMU bezüglich der Anliegen der KMU von den meisten politischen Entscheidungsträgern negativ bewertet.

Tabelle 11 Beitrag des Forums KMU bezüglich der Anliegen der KMU im politischen Entscheidungsprozess (Anzahl Interviews)

Sehr gut Gut Genügend Ungenügend

Verwaltung

Parlament

Externe

Total

0 4 1 10

0 0 2 10

0 1 1 3

0 5 4 23

Quelle: PVK

Die meisten befragten Personen stellen fest, dass die politischen Entscheidungsträger einfach von Informationen und Berichten überschwemmt werden, und dass die Stellungnahmen des Forums KMU regelmässig als Kopien derjenigen des schweizerisches Gewerbeverbandes oder der Economiesuisse verstanden werden.

Die Glaubwürdigkeit und die Unabhängigkeit des Forums KMU sind noch nicht etabliert. Die logische Konsequenz dieser Informationen ist, dass seine Stellungnahmen im Entscheidungsprozess nicht sehr oft umgesetzt werden. Die meisten Personen wollten sich aber nicht zu der Frage äussern (25 von 37 befragten Personen!).

3276

Abbildung 9 Umsetzung der Empfehlungen des Forums KMU (Anzahl Interviews) Fast immer Oft Manchmal Nie Keine Antwort Quelle: PVK

Für gewisse Personen ist die Stellungnahme des Forums KMU eine Empfehlung unter anderen. Es gibt keinen Grund, ihr mehr Gewicht beizumessen, insbesondere wenn man die gleichen Texte 4 oder 5 Mal von konsultierten Akteuren, die den Wirtschaftskreisen nahe stehen, erhält. Kürzlich wurde im Fall der Debatten über den neuen Lohnausweis die Bedeutung der Stellungnahmen des Forums KMU (es hat drei zum selben Thema abgegeben) deutlich vom Aktivismus der Interessenverbände verdrängt. Für andere ist es eine Bestätigung des Gesetzesentwurfs. In diesen Fällen ist es schwierig, den Einfluss des Forums KMU zu messen und vor allem zu beurteilen, ob dieser Einfluss entscheidend war. In einigen seltenen Fällen, wie beim Recht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder beim Rechnungslegungsgesetz, hat das Forum eine wichtige Rolle gespielt, und seine Stellungnahmen wurden vom zuständigen Amt umgesetzt. Sein Einfluss war also gross.

Eine Untersuchung des seco zu den sechs Stellungnahmen des Forums KMU im Jahr 200183 kommt zum Schluss, dass von 30 Empfehlungen 16 umgesetzt wurden.

Die PVK hat für die Empfehlungen des Forums KMU von 2000 bis 2004 dieselbe Analyse nicht wiederholt, da sie es für unmöglich hielt, diesbezügliche Aussagen zu machen. Sie haben öfters die Form von Überlegungen oder sind zu allgemein gehalten, um gemessen zu werden. Ausserdem ist die Rolle des Forum KMU als wichtigstes Element bei der Verabschiedung dieser Massnahmen schwierig einzuschätzen.

Schliesslich ist die relative Bedeutung seiner verschiedenen Empfehlungen für die KMU und für die Wirtschaft unmöglich festzustellen: Sie können einander in Bezug auf das Ausmass ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen nicht gleichgesetzt werden. In diesem Umfeld ist die Analyse des seco zu interpretieren.

Für die Mehrheit der befragten Personen wird die Auswirkung verbessert, wenn die drei «KMU-Tests» für denselben Gesetzesentwurf durchgeführt werden. Die Verträglichkeitstests machen die Empfehlungen des Forums KMU glaubwürdiger. Sie können dann die RFA ergänzen, die als notwendig angesehen wird. Die gegenseitige Ergänzung der drei Instrumente wird als positiv beurteilt und eingeschätzt.

83

Das Jahr 2001 war für das Forum KMU mit 6 Stellungnahmen «aussergewöhnlich» gegenüber je 2 in den Jahren 1999, 2000, 2002 und 2003. 2004 hat es 5 Stellungnahmen abgegeben.

3277

5.1

Art des Einflusses

Um den Einfluss der «KMU-Tests» im Entscheidungsprozess zu beurteilen, hat sich die PVK an der theoretischen Literatur84 orientiert. In erster Linie können die «KMU-Tests» folgenden Einfluss haben: -

direkt: Die vermittelten Informationen führen zu Empfehlungen, die im Entscheidungsprozess direkt übernommen werden.

-

indirekt: Die vermittelten Informationen beeinflussen die Kommunikation zwischen den Akteuren und sind eine wichtige Informationsquelle unter allen andern.

-

stimulierend: Die vermittelten Informationen sensibilisieren die Politiker und führen zu einer neuen Einschätzung der Situation.

Wie aus Abbildung 10 hervorgeht, sind die befragten Personen der Meinung, dass der Einfluss der «KMU-Tests» im politischen Entscheidungsprozess vor allem indirekt ist.

Abbildung 10 Art des Einflusses der «KMU-Tests» (Anzahl Interviews)

Direkt Indirekt Stimulierend Keine 0

3

6

9

12

15

18

Quelle: PVK Bemerkung: Einige Personen haben zwei Antworten gegeben.

Nach Meinung mehrerer befragten Personen wird der indirekte Einfluss der «KMUTests» durch die Argumente bestätigt, die aus ihnen gewonnen werden konnten und die in den parlamentarischen Diskussionen oder in den Referendumskampagnen verwendet werden. Die «KMU-Tests» sind ein Beurteilungselement unter anderen.

Der indirekte Einfluss findet sich auch innerhalb der Ämter, denn die gesammelten und weitergeleiteten Informationen erhöhen das Verständnis für die vorgeschlagene Gesetzgebung und deren wirtschaftliche Auswirkungen. Der indirekte Einfluss ist eher informativer und weniger organisatorischer Natur. Der Einfluss auf den internen Entscheidungsprozess wird von den befragten Personen nicht angesprochen.

84

Zum Beispiel Balthasar und Rieder, 2000, sowie Williams, de Laat und Stern, 2002.

3278

Der stimulierende Einfluss wurde auch genannt, insbesondere von den Parlamentariern. Die Sensibilisierung für ein Element, das unbekannt war, spielt dabei eine wichtige Rolle. Dagegen hat kein Akteur der Bundesverwaltung diesen Aspekt der «KMU-Tests» erwähnt. Die Tests haben somit keine neuen Elemente für die Entscheidungsfindung beigesteuert.

Mehrere Personen haben angemerkt, dass diese drei «KMU-Tests» von Natur aus keinen direkten Einfluss haben können. Insbesondere bezüglich der RFA konnten sie keine konkreten Beispiele nennen, wo eine Bestimmung direkt auf diese zurückzuführen war. Nur drei der Befragten halten den Einfluss der «KMU-Tests» für direkt, und dies nur im Zusammenhang mit der Funktion des Forums KMU, dessen Empfehlungen im Entscheidungsprozess aufgenommen werden können. In Anbetracht der Fachliteratur sind diese Ergebnisse nicht erstaunlich.

Da der indirekte und der stimulierende Einfluss am häufigsten erwähnt wurden, wollte die PVK wissen, ob auf Grund der Einführung dieser drei «KMU-Tests» die Bundesverwaltung und das Parlament die Interessen der KMU und der Wirtschaft vermehrt berücksichtigten. Die Sensibilisierung der Akteure und die indirekte Nutzung der Instrumente waren bei den befragten Personen im Allgemeinen nicht sehr ausgeprägt, wie es Tabelle 12 aufzeigt.

Tabelle 12 Zunahme der Berücksichtigung der Interessen der KMU und der Wirtschaft durch die Akteure des Entscheidungsprozesses infolge der Einführung der drei Instrumente (Selbstbeurteilung; Anzahl Interviews)

Stark Eher stark Eher schwach Schwach

Verwaltung

Parlament

4 1 7 5

1 0 3 4

Quelle: PVK

Die befragten Verwaltungsangestellten sind der Ansicht, dass innerhalb der Verwaltung die Sensibilisierung für die Interessen der KMU und der Wirtschaft infolge der Einführung dieser drei Instrumente kaum zugenommen hat. Die Tatsache, dass die RFA eine Struktur bringt und die wirtschaftliche Analyse formalisiert, hat die Praxis nicht verändert, die darin bestand, sich intuitiv mit den wirtschaftlichen Aspekten zu befassen. Sie bringt keinen Mehrwert. Für einige Akteure ist die einfache Tatsache, dass eine Botschaft nicht mehr eingebracht werden kann, ohne die wirtschaftlichen Auswirkungen des Gesetzes zu erwähnen, eine wichtige Verbesserung, die auf eine stärkere Beachtung der wirtschaftlichen Auswirkungen (auf die KMU und auf die Wirtschaft allgemein) durch ihr Amt hinweist. In einigen Fällen war nicht klar, ob diese stärkere Beachtung direkt auf die Einführung der «KMU-Tests» zurückzuführen war oder ob sie eher auf Grund von politischem und medialem Druck entstand.

3279

Laut den befragten Parlamentariern haben die Einführung der RFA und der beiden weiteren «KMU-Tests» im Parlament auch nicht zu einer grösseren Berücksichtigung der Interessen der KMU und der Wirtschaft beigetragen. Einen grösseren Einfluss im Entscheidungsprozess haben hingegen die politischen Stellungnahmen der Parteien, die besonderen Wirtschaftsinteressen (Pharmazeutik, Transport usw.)

und die persönlichen Erfahrungen der Parlamentarier.

Laut der theoretischen Literatur findet sich der Einfluss der «KMU-Tests» auf die Erlasse (Gesetze und Verordnungen) auf folgenden Ebenen: -

operativ: Die Änderungen betreffen einen Erlassartikel.

-

strukturell: Die Änderungen betreffen die Organisationsstruktur der Verantwortlichkeiten im Erlass.

-

strategisch: Die Änderungen betreffen die konzeptionelle und strategische Ausrichtung des Erlasses.

Sehr wenige der befragten Personen haben zu diesen Punkten eine Meinung geäussert. Die spärlichen Antworten verweisen auf die Tatsache, dass die «KMU-Tests» beinahe nie einen strategischen Einfluss auf ein Gesetz hatten. Die allgemeinen Ausrichtungen sind politisch, und weder die RFA noch die beiden andern Instrumente können einen solch grossen Einfluss haben. In einigen Fällen haben die befragten Personen einen Einfluss auf operativer Ebene geltend gemacht: Gesetzesoder Verordnungsartikel wurden geändert.

Die PVK hat ebenfalls zu beurteilen versucht, ob der Einfluss der «KMU-Tests» auf ein Gesetz oder auf eine Verordnung grösser war. Die Mehrheit der befragten Personen bemerkt, dass der Einfluss tatsächlich unterschiedlich ist und in der Regel auf eine Verordnung grösser und direkter ist. Die Verträglichkeitstests und die Empfehlungen des Forums KMU sind für die Verordnungen besonders nützlich: Sie machen konkrete, genaue und vertiefte Angaben.

Einige Personen unterstreichen, dass der Rahmen für die Verordnungen bereits klar ist und dass der Handlungsspielraum oder die Relevanz der Varianten nur auf Gesetzesebene vorhanden ist. Es ist überflüssig, für eine Verordnung eine RFA durchzuführen. Die Tatsache, dass das Gesetz vom Parlament behandelt wird, nicht aber die Verordnung, führt zu zwei gegensätzlichen Beurteilungen: Für einige ist der Einfluss der «KMU-Tests» auf die Verordnungen grösser, da die Bundesverwaltung für diese Problematik mehr sensibilisiert ist und das Parlament nicht dazu Stellung nimmt. Für andere dagegen müssen mit der Behandlung des Gesetzes im Parlament gewisse Anforderungen eingehalten werden, wie die Durchführung einer RFA.

5.2

Kosten-Nutzen Verhältnis

Die Auswirkungen der «KMU-Tests» im Entscheidungsprozess wären nicht vollständig ohne eine Kosten-Nutzen-Analyse. Idealerweise sollten die für die RFA eingesetzte Zeit und der Aufwand proportional zur erwarteten Verbesserung der Regulierung auf Grund dieser Analyse sein.85 Leider kommen dieser Einschätzung unüberwindbare statistische Probleme in die Quere. Es ist schwierig, den mit einer Verbesserung der Regulierung durch eine RFA verbundenen Nutzen zu quanti85

OECD, 1999, S. 31.

3280

fizieren, insbesondere bezüglich Transparenz oder Sensibilisierung. Wie kann anderseits der Unterschied zwischen einer mit und einer ohne RFA verabschiedeten Regulierung in Geldbeträgen gemessen werden? In gewissen Fällen könnte es sein, dass sich der wirtschaftliche Gewinn durch eine bessere Regulierung in Höhe von Dutzenden bis Hunderten von Millionen Franken bewegt.

Was die direkten Kosten für die Vorbereitung, die Nutzung und die Verfassung einer RFA betrifft, konnte keine der befragten Personen eine auch nur ungefähre Zahl nennen. Das seco geht davon aus, dass eine gut durchgeführte, extern in Auftrag gegebene RFA zwischen 50'000 und 100'000 Franken kostet. Zur Zeit jedoch kosten die in letzter Minute durchgeführten RFA, die keinen Beitrag zum Entscheidungsprozess leisten, nur einen Bruchteil dieser Summen, denn die Kosten beschränken sich unter Umständen auf den Lohn für einen Arbeitstag eines wissenschaftlichen Mitarbeiters. Auch die Gesamtkosten der RFA sind nicht bekannt, denn es bestehen keine Daten zu den Kosten des Vernehmlassungsverfahrens. Wie in Kapitel 4 aufgezeigt, wurden das Vernehmlassungsverfahren, das Mitberichtsverfahren und der Gesetzgebungsprozess durch die Einführung der «KMU-Tests» nicht stark beeinflusst.

Tabelle 13 begnügt sich deshalb damit, die Beurteilung des Verhältnisses von Kosten und Nutzen wiederzugeben, wie sie von den von der PVK befragten Personen gemacht wurde. Sie zeigt den geringen Kenntnisstand der befragten Personen bezüglich dieses Aspekts der «KMU-Tests» auf. Unter den Personen, welche sich dazu geäussert haben, ist die grosse Mehrheit der Meinung, dass sowohl die Kosten wie auch der Nutzen gering sind. Die «KMU-Tests» leisten nur einen marginalen Beitrag im Entscheidungsprozess. Das Verhältnis von Kosten und Nutzen ist also schwierig zu beurteilen: Für einige Personen ist der Nutzen auf Grund der geringen Kosten gross, für andere dagegen sind die Kosten auf Grund des geringen Nutzens hoch. Gemäss eines Grossteils der befragten Personen hätten höhere eingesetzte Mittel, für die RFA und die andern beiden Instrumente, eine deutliche grössere Nutzung und Wirkung zur Folge.

Tabelle 13 Kosten-Nutzen-Verhältnis der «KMU-Tests» (Anzahl Interviews)

Hoch Mittel Gering Weiss nicht

Verwaltung

Parlament

Externe

Total

5 4 4 6

0 2 0 5

0 2 1 2

5 8 5 13

Quelle: PVK

6

Schlussfolgerungen

Seit einigen Jahren verliert die Schweiz an wirtschaftlicher Attraktivität, und ihr Wirtschaftswachstum ist gering. Die Rahmenbedingungen und die Regulierung wurden als wichtige Einflussfaktoren des Wachstumspotenzials identifiziert. In der 3281

Schweizer Wirtschaft machen KMU den grossen Teil der Produktion und der Arbeitsplätze aus. Die Statistiken zeigen jedoch, dass sie durch die administrativen Regelungen stärker beeinträchtigt werden als die grösseren Unternehmen.

In der Schweiz sind die meisten Bundesgesetze weniger als 20 Jahre alt, und die Gesetzgebungstätigkeit nimmt zu. Die PVK hat sich hier mit den Instrumenten zur Unterstützung der Rechtsetzung befasst, den drei «KMU-Tests»: die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA), der KMU-Verträglichkeitstest und das Forum KMU.

Diese drei Instrumente wurden Ende der 1990er Jahre als Folge mehrerer Motionen und Postulate eingeführt. Die RFA unterzieht die neuen Gesetze und Verordnungen einer Analyse über deren gesamtwirtschaftliche Auswirkungen, mit dem Ziel, die Gesetzgebung zu verbessern. Diese Analyse wird von den zuständigen Ämtern durchgeführt und ist Bestandteil der Botschaft des Bundesrates an das Parlament.

Die RFA ist zugleich ein interner Prozess zur Hilfe bei der Entscheidfindung und ein Informationsmittel. Der Verträglichkeitstest ist eine vom seco bei einem Dutzend KMU durchgeführte Umfrage zu einem spezifischen Thema im Zusammenhang mit Problemen für die KMU beim Vollzug eines Erlasses. Das Forum KMU schliesslich setzt sich dafür ein, dass die Akteure des politischen Entscheidungsprozesses den KMU besondere Aufmerksamkeit schenken. In diesem Sinn gibt es Stellungnahmen ab, die häufig auf den Ergebnissen von Verträglichkeitstests basieren.

Bekanntheit der «KMU-Tests» bei den politischen Akteuren Anhand von Interviews, Textanalysen und Fallbeispielen hat sich die PVK mit dem Bekanntheitsgrad dieser drei Instrumente bei den politischen Akteuren befasst.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Sensibilisierung der politischen Akteure in der Schweiz für die Auswirkungen der Gesetzgebung auf die Wirtschaft und die KMU zwiespältig ist. Die befragten Personen haben die grosse (40 %) oder gar sehr grosse Bedeutung (49 %) der Vertretung der Interessen der KMU in der Schweizer Politik in den Debatten hervorgehoben. Die befragten Parlamentarier sind der Meinung, dass sie für diese Thematik besonders empfänglich sind. Doch die Analyse der ausgewählten Protokolle der parlamentarischen Kommissionen und der Sessionen im Plenum zeigt, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Gesetze nur 3,4 %
des Diskussionsvolumens ausmachen und somit deutlich weniger Gewicht haben als die Überlegungen zum Budget oder zur Kompetenzverteilung. Die spezifischen Auswirkungen auf die KMU machen ihrerseits nur 0,2 % des analysierten Diskussionsvolumens aus. Dabei bestehen merkliche Unterschiede zwischen den verschiedenen im Parlament behandelten Gesetzen; bei manchen werden die Auswirkungen auf die KMU nicht einmal angesprochen. Es besteht kein ständiges Interesse an diesen Fragen, und sie werden auch nicht systematisch behandelt.

Mit einem Bekanntheitsgrad von 81 % bei den befragten Akteuren der Verwaltung und des Parlaments ist die RFA der bekannteste der drei «KMU-Tests». Das Forum KMU und der Verträglichkeitstest sind etwas weniger bekannt. Allerdings ist die Kenntnis manchmal sehr oberflächlich. Im Parlament geniesst das Forum KMU auf Grund von persönlichen Beziehungen die höchste Bekanntheit. Unter den Akteuren des politischen Entscheidungsprozesses sind diese Instrumente besonders in der vorparlamentarischen Phase (Ämter und seco) bekannt. Sogar die Parlamentarier schätzen, dass das Parlament die drei «KMU-Tests» wenig kennt. Diese Information gelangt auch nicht bis auf die Stufe des Bundesrates hinauf, was eine geringere Unterstützung und weniger Druck für ihre Nutzung bedeutet. Schliesslich sind einem grossen Teil der externen Akteure die «KMU-Tests» nicht bekannt, wie die 3282

grosse Schwierigkeit der PVK bewies, Vertreter der Medien und der Universitäten zu finden, die sich zu diesem Thema äussern konnten. Die Textanalyse der ausgewählten Fallbeispiele zeigt deutlich, dass diese drei Instrumente in den Parlamentsdebatten keine Rolle spielen: Weder die RFA noch der Verträglichkeitstest noch das Forum KMU werden erwähnt. Nur in 0,2 % der gesamthaft analysierten Zeilen wird das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen in den Botschaften des Bundesrates genannt.

Laut den meisten befragten Personen ist die Qualität der aus den «KMU-Tests» hervorgehenden Information bei weitem nicht befriedigend. Die RFA sind häufig von unterschiedlicher Qualität, zu allgemein, zu wenig kritisch, relevante Statistiken fehlen, die Sprache ist zu verwaltungslastig, und es werden keine Alternativen präsentiert. Sie können so ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln und bieten kaum die Grundlagen für eine spätere Evaluation.

Nutzung der «KMU-Tests» in der vorparlamentarischen Phase Die «KMU-Tests» werden vorwiegend in der vorparlamentarischen Phase genutzt.

Indem sie den politischen Entscheidungsprozess chronologisch verfolgte, stellte die PVK fest, dass der mögliche Spielraum für die RFA von Anfang an reduziert ist, wenn der Impuls für ein Gesetzgebungsprozess schon eine klare politische Ausrichtung hat (z.B. in der Folge eines parlamentarischen Vorstosses oder eines Staatsvertrags). Bei der Erarbeitung des Vorentwurfs wird sie praktisch nie genutzt.

Die RFA ist im Allgemeinen auch in den Unterlagen, die bei den Ämtern und den externen Akteuren in Vernehmlassung gegeben werden, nicht enthalten. Dies aus dem einfachen Grund, weil sie gar noch nicht durchgeführt wurde. Das widerspricht den Anweisungen des EVD. Die betroffenen Akteure können somit nicht von den durch die RFA gelieferten Informationen Kenntnis nehmen und sich dazu äussern.

Selbst in den seltenen Fällen, wo sie vorhanden war, haben die Ämter und die befragten Personen die Möglichkeit nicht genutzt, sie zu kommentieren. Dieses Instrument hat somit das Vernehmlassungsverfahren nicht beeinflusst.

Die Ämter führen die RFA meistens in der letzten Minute durch, bei der Schlussredaktion der Botschaft an das Parlament und besonders des Kapitels über die wirtschaftlichen Auswirkungen. So kommt die RFA erst sehr spät im
Entscheidungsprozess zum Zug. Im Allgemeinen handelt es sich um eine Zusammenfassung der Information, die an anderen Stellen der Botschaft steht. Es ist also eine Zusatzaufgabe, die im besten Fall die wirtschaftliche Analyse formalisiert, jedoch keinen Mehrwert bringt. Die befragten Akteure beschreiben die RFA zum Teil als eine Alibiübung, besonders in den Ämtern, welche nur selten Gesetzesrevisionen durchführen. Die Motivation für die RFA und die Überzeugung von ihrer Bedeutung sind noch nicht vorhanden. In einigen Fällen diente die RFA als Schema, welches das Amt durch die ganze vorparlamentarische Phase geführt hat: Feedbacks erfolgten zwischen der Verfassung der Gesetzesartikel und der Einschätzung ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen. Die einzige Aufgabe, welche die RFA erfüllt, ist ihr Beitrag zu einer grösseren Transparenz der wirtschaftlichen Auswirkungen der Gesetze in den Botschaften an das Parlament.

Um die RFA durchzuführen, haben die Ämter keine zusätzlichen Ressourcen eingesetzt. Die Anzahl der Ökonomen ist nicht signifikant gestiegen, und die RFA steht nur bei sehr wenigen Mitarbeitenden des Bundes explizit im Pflichtenheft. Häufig ist sie nur eine Aufgabe unter anderen, welche ein wissenschaftlicher Mitarbeitender 3283

durchzuführen hat. Vor allem auf Grund mangelnder Ressourcen werden RFA nicht zu allen Verordnungen durchgeführt, was den Weisungen des Bundesrates widerspricht. Die Ämter haben auch keine internen Kontrollmechanismen eingerichtet, um die Qualität und den Einfluss der «KMU-Tests» zu evaluieren. Es gibt keinen internen Erfahrungsaustausch und keine Kontrollen, um zu prüfen, ob die Prognosen der RFA auch wirklich eingetroffen sind. Das seco hat eine Gruppe für den Erfahrungsaustausch eingesetzt, die sich jedoch 2004 erst zum dritten Mal traf. Es besteht kein Ausbildungsprogramm.

Was die Nutzung des Forums KMU betrifft, sind die hauptsächlichen Vorwürfe einer Mehrheit der befragten Personen, dass sein Arbeitsrhythmus es daran hindert, den Entscheidungsprozess rechtzeitig zu beeinflussen, dass es ihm an spezifischen Kenntnissen fehlt und dass es manchmal politischen Lösungen zu nahe ist, welche auch gewisse Interessengruppen vertreten. Einige positive Erfahrungen haben dennoch gewisse präzise Punkte aufgezeigt, allerdings eher auf Verordnungsebene.

Die Verträglichkeitstests werden im Allgemeinen während der Vernehmlassung durchgeführt, wenn der Entwurf so weit fortgeschritten ist, dass der Test sich auf konkrete Szenarien abstützen kann. Wenn die Ergebnisse der Verträglichkeitstests genutzt werden, was längst nicht immer der Fall ist, werden sie von den Ämtern sehr wohlwollend aufgenommen, da sie als eine interne Information angesehen werden, die auf konkreten und direkt bei den Unternehmen gemachten Erfahrungen basiert.

Sie bringen neue Aspekte ans Licht und relativieren die Bedeutung bereits bekannter. In anderen Fällen gehen sie jedoch an ihrem Ziel vorbei und werden im Entscheidungsprozess nicht verwendet. Die weitere Nutzung der Ergebnisse durch das Forum KMU ist bei weitem nicht die Regel.

Auch wenn diese drei Instrumente verwandte, aber nicht ähnliche Ziele verfolgen, ist ihre Komplementarität bei weitem nicht garantiert. Die Ergebnisse der Verträglichkeitstests sind nur selten in der RFA enthalten, da der Zeitplan der beiden Instrumente nicht koordiniert ist. Zudem sind die Stellungnahmen des Forums KMU manchmal zu stark politisch gefärbt, um in einer RFA aufgenommen zu werden. Die spärliche Anwendung und die geringe Motivation für die Nutzung der drei «KMUTests» resultiert daraus, dass
sich die Verwaltung bei der Vorbereitung des Gesetzes nicht auf breitere Entscheidungsgrundlagen stützt, Alternativen nicht gründlich bespricht und den Kosten der Regulierung nicht Rechnung trägt.

In der vorparlamentarischen Phase spielt das seco eine wichtige Rolle, obwohl nur 1,8 Stellen für die Erfüllung dieser Aufgaben zur Verfügung stehen. Das seco führt die Verträglichkeitstests durch und stellt das Sekretariat des Forums KMU. So besteht ein Aufgabentransfer von den Ämtern zum seco. Ausserdem unterstützt das seco die Ämter auch bei der Durchführung der RFA. Es erinnert sie daran, dass eine RFA durchgeführt werden muss, und stellt ihnen erläuternde Handbücher zur Verfügung. Es kontrolliert auch das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen anhand verschiedener Qualitätskriterien. Das seco hat jedoch nicht die Kompetenz, den Prozess zu blockieren, wenn die RFA nicht befriedigend ist. Es nutzt ziemlich regelmässig die informellen Beziehungen mit den Ämtern, um ihnen Verbesserungen vorzuschlagen. Die formellste Druckmethode ist das Mitberichtsverfahren.

Dieses wird jedoch praktisch nie angewendet bezüglich RFA, da das zuständige Departement seinen Entwurf ohnehin beibehalten kann. Taktische Erwägungen spielen eine wichtige Rolle bei der Einreichung von Mitberichten, und es wird davon abgeraten, sie bei technischen Differenzen anzuwenden. Bei den untersuchten Fallbeispielen wurde kein Mitbericht zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Geset3284

zes oder besonders zu den RFA eingereicht. Schliesslich kommt ein Mitbericht sehr spät im Entscheidungsprozess zum Zug.

Nutzung der «KMU-Tests» in der parlamentarischen Phase In dieser Phase sind die RFA und das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen eine Informationsquelle, welche die offizielle Version der allgemeinen Auswirkungen des Gesetzesentwurfs wiedergibt. Es ist eine Arbeitsgrundlage, dessen Informationsqualität bei weitem nicht genügt, zudem tritt sie in Konkurrenz mit einer Fülle von Informationen der Interessengruppen, der Parteien und von direkten Kontakten. Manche Parlamentarier lesen dieses Kapitel überhaupt nicht. Ausserdem ist die RFA häufig zu allgemein, und sie kann schlecht für die Diskussion eines Artikels nach dem anderen, wie sie im Parlament erfolgt, genutzt werden. Wenn die Alternativen nicht aufgezeigt werden, ist es für einen Parlamentarier unmöglich, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Änderungen, welche vielleicht vorgeschlagen werden, zu kennen.

Laut der Umfrage der PVK ist die Nutzung der Stellungnahmen des Forums KMU ebenfalls vernachlässigbar, und es ist festzuhalten, dass sich keine der befragten Personen an die Anwesenheit eines Mitglieds des Forums KMU an einer Sitzung einer parlamentarischen Kommission erinnert. Die Analyse der Protokolle der ausgewählten Fallbeispiele zeigt, dass in den seltenen Fällen, wo diese Informationsquellen im Parlament erwähnt werden, es eher darum geht, sie zu nutzen, d.h. mit ihrer Hilfe einen Vorschlag zu unterstützen, abzulehnen oder zu verändern. Somit haben die «KMU-Tests» ein Nutzungspotenzial, dieses bleibt jedoch gering, da die Präsenz dieser «KMU-Tests» im parlamentarischen Verfahren noch sehr bescheiden ist.

Einfluss der «KMU-Tests» im politischen Entscheidungsprozess Laut den befragten Akteuren ist der Einfluss der drei «KMU-Tests» im Entscheidungsprozess eher gering oder gar sehr gering. Diese Kritik wird von den Parlamentariern noch stärker geäussert. Der Einfluss ist grösser, wenn sich der «KMUTest» auf einen präzisen Punkt konzentriert, durch Statistiken gestützt wird, verlässliche Ergebnisse aufzeigt und Empfehlungen abgibt, die in die Gesetzgebung übertragen werden können. Dann trägt er zur Sensibilisierung der Akteure und zur Erhöhung der Transparenz bei. Jedoch ist der Einfluss im Allgemeinen
vernachlässigbar, da die «KMU-Tests» keine entscheidenden Informationen bringen, nicht weit genug verbreitet werden, keine direkt in den Entscheidungsprozess übertragbaren Empfehlungen abgeben und die politischen Akteure nicht mobilisieren. Häufig sind die Leitlinien des Gesetzesentwurfs von der Politik bestimmt, und die wirtschaftlichen Analysen können ihnen nicht widersprechen. Dann sind diese eine Alibiübung, die durchgeführt wird, weil sie in der Botschaft ausdrücklich erwähnt sein muss. Auch die Tatsache, dass sie nur an einem Ort formell verankert sind ­ die Veröffentlichung in der Botschaft ­ beschränkt ihren Einfluss.

Von den drei «KMU-Tests» weist die RFA den höchsten Einfluss auf, obwohl auch dieser bescheiden ist. Ausserdem wurden die Interessen der Wirtschaft und besonders der KMU nach der Einführung der «KMU-Tests» von den politischen Akteuren nicht stärker berücksichtigt als zuvor. Der Einfluss erfolgt vor allem indirekt, indem die von diesen Tests gelieferte Information die Kommunikation zwischen den Akteuren (innerhalb der Ämter, zwischen den Ämtern, im Parlament) beeinflusst und eine Rolle in der Gesamtheit der Informationsquellen spielt. Die Parlamentarier 3285

erwähnen auch, dass die «KMU-Tests» manchmal zur Wahrnehmung gewisser Probleme beigetragen haben.

Auf der anderen Seite zeigt die Untersuchung, dass die Tests nur geringen direkten Einfluss, geringe Änderungen der Durchführung der Gesetzesrevision und geringe Auswirkungen auf die Entscheidung haben. Die Verwaltungskultur veränderte sich durch diese Instrumente nicht merklich. Die «KMU-Tests» sind selten die einzige Ursache einer späteren Aktion. Der Einfluss der «KMU-Tests» erfolgt nicht auf der strategischen Ebene; sie wirken sich nicht auf die konzeptuelle Ausrichtung eines Gesetzes aus. In einigen Fällen wird ein Einfluss auf der operativen Ebene sichtbar: Einige Artikel von Gesetzen oder Verordnungen wurden auf Grund eines KMUTests abgeändert. Dabei ist der Einfluss auf die Verordnungen grösser. Der Beitrag der Stellungnahmen des Forums KMU im politischen Entscheidungsprozess bleibt klar ungenügend.

Eine zahlenmässige Schätzung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses der «KMU-Tests» konnte nicht durchgeführt werden, da in der Verwaltung keine diesbezüglichen Daten vorhanden sind. Die positiven Auswirkungen auf die Wirtschaft und die KMU dank einer besseren Gesetzgebung auf Grund der Nutzung der «KMU-Tests» durch die politischen Akteure sind möglicherweise hoch; ebenso die Vorteile der Sensibilisierung und der erhöhten Transparenz. Was die Kosten betrifft, konnte weder für die direkten Kosten der Vorbereitung und der Verfassung der «KMUTests» noch für die indirekten Kosten im Zusammenhang mit verschiedenen politischen Verfahren (Vernehmlassung, Mitbericht usw.) eine Schätzung erstellt werden. Laut den befragten Akteuren sind sowohl die Kosten als auch der Nutzen gering.

Auch wenn klar ist, dass die RFA und die beiden anderen «KMU-Tests» allein nicht ausreichen, um eine Regulierung von guter Qualität zu erzeugen, können sie doch das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Arten der politischen Entscheidung verändern. Entscheidungen werden von allen betroffenen Akteuren nicht mehr nur auf Grund von Politik, Experten und Konsens getroffen, sondern mittels der «KMUTests» zusätzlich mit soliden analytischen Grundlagen beeinflusst. Die Information, die aus ihnen hervorgeht, ist ein Beitrag zur demokratischen Debatte, aber ihre Auswirkungen, d.h. ihre Bekanntheit, ihre Nutzung und ihr Einfluss, sind in der Schweiz noch sehr beschränkt.

3286

Anhang 1

Ausführlicher Fragebogen zu den «KMU-Tests» Kenntnisstand ­

Welche Bedeutung haben die Interesse der KMU in der schweizerische Politik?
Sehr wichtig Wichtig Weniger wichtig Unwichtig

­

Kennen Sie die «Regulierungsfolgenabschätzungen» (RFA)?

­

Kennen Sie die «KMU-Verträglichkeitstests»?

­

Kennen Sie das «Forum KMU»?

­

Welcher dieser drei «KMU-Tests» ist Ihrer Meinung nach der bekannteste?
die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) der Verträglichkeitstest das Forum KMU Keiner

­

Weshalb?

­

Ordnen Sie folgende Akteure nach deren Kenntnisstand bezüglich «KMUTests»
Parlament Bundesrat Ämter seco Weitere Akteure (Interessengruppen, Volk, Wissenschaftskreise,
Medien).

­

Wie finden Sie die in den «KMU-Tests» enthaltenen Informationen?
Sehr gut Gut Genügend Ungenügend

­

Was ist unternommen worden, um den Bekanntheitsgrad der KMU-Tests zu steigern?

Nutzungsgrad ­

Wie werden diese «KMU-Tests» genutzt (beim Amt, beim Parlament)?

­

Durch welche internen und externen Faktoren wird die Nutzung der «KMUTests» beeinflusst?

­

Ist die Koordination dieser drei «KMU-Tests» zufriedenstellend?

3287

­

Ordnen Sie folgende Akteure gemäss deren Nutzung der «KMU-Tests» (abnehmender Nutzungsgrad)
Parlament Bundesrat Departement betreffendes Amt seco andere Akteure

­

Wie beurteilen Sie den Interventionszeitpunkt der «KMU-Tests» im politischen Entscheidungsprozess?
Sie sollten früher durchgeführt werden Sie erfolgen rechtzeitig Sie sollten später durchgeführt werden

­

In welchem Masse trägt Ihr Amt/Departement/Ihre Kommission den Interessen der Wirtschaft und der KMU seit der Einführung dieser Tests mehr Rechnung?
Stark Eher stark Eher schwach Schwach

­

Sind sämtliche Informationen aus der RFA (und den Tests) in den Vorentwurf und in die Botschaft aufgenommen und veröffentlicht worden? Wenn nein, weshalb nicht?

­

Hat sich die Transparenz der Regierungshandlungen verbessert?

­

Haben die Ämter/Departemente Vorkehrungen getroffen und zusätzliche Mittel zur Durchführung der RFA eingesetzt?

­

Falls Ihr Amt bereits mehrere RFA vorgenommen hat: Haben Sie ein Verfahren, um dieses Instrument zu beurteilen und Verbesserungen anzubringen?

­

Wie beurteilen Sie den Beitrag des Forums KMU in dem politischen Entscheidungsprozess?
Sehr gut Gut Genügend Ungenügend

­

Wie hat ihr Amt das seco genutzt (Ratschläge, Publikationen, Test ...)?

Haben Sie die Kommentare/Anmerkungen des seco berücksichtigt?

­

Wie beurteilen Sie den Beitrag des seco in der Information und Nutzung der «KMU-Tests»?

­

Haben andere Ämter Bemerkungen zu den von Ihnen geleiteten RFA gemacht?

3288

Wirkungsgrad ­

In Ihren spezifischen Fallstudien, wie beurteilen Sie die Auswirkungen des Tests im politischen Entscheidungsprozess?
Stark Eher stark Eher schwach Schwach

­

Können Sie ein konkretes Beispiel über die Wirkung eines «KMU-Tests» nennen?

­

Welche Wirkungen haben Ihrer Meinung nach «KMU-Tests» im Allgemeinen?
Starke Eher starke Eher schwache Schwache

­

Welches sind die internen und externen Faktoren, die die Wirkungen der «KMU Test» beeinflussen?

­

Welcher «KMU-Test» zeigt am meisten Wirkung?
die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) der Verträglichkeitstest das Forum KMU

­

Weshalb?

­

Welches sind die drei wichtigsten Erfolgskriterien eines «KMU-Tests»?

­

In welchem Masse wurden die Empfehlungen des Forums KMU Ihrer Meinung nach umgesetzt?
Praktisch immer Oftmals Eher selten Selten

­

Werden die Wirkungen verstärkt, wenn die drei «KMU-Tests» gemeinsam erfolgen?

­

Haben diese «KMU-Tests» eher
direkte Auswirkungen (Ergebnisse und Empfehlungen wurden direkt
angenommen),
indirekte, starke Auswirkungen (Ergebnisse und Empfehlungen beeinflussen die Debatten), Anreizwirkungen (Ergebnisse und Empfehlungen sensibilisieren die
Politiker für diese Problematik).

3289

­

Welcher Art sind diese Wirkungen?
operationell (Änderung eines Erlassartikels) strukturell (Änderung in der Organisationsstruktur der Verantwortlichkeiten) strategisch (Neuausrichtung des Erlasses)

­

Wirken sich die «KMU-Tests» unterschiedlich aus je nachdem, ob es sich bei den anvisierten Erlassen um Gesetze oder Verordnungen handelt?

­

Weshalb?

­

Wie beurteilen Sie das Kosten/Nutzen-Verhältnis dieser KMU-Tests?
hoch (Nutzen ist hoch im Verhältnis zu den Kosten) mittel niedrig weiss nicht

3290

Anhang 2

Beispiel einer RFA Quelle: Auszug aus der Botschaft über die Förderung von preisgünstigem Wohnraum (BBl 2002 2829 ff.)

4.5 4.5.1

Volkswirtschaftliche Auswirkungen Notwendigkeit und Möglichkeiten staatlichen Handelns

Wie früher dargelegt gehört Wohnen nebst Nahrung, Sicherheit und Bildung zu den Grundbedürfnissen. Weil nicht alle Menschen das Bedürfnis aus eigener Kraft befriedigen können, verpflichtet die Verfassung den Bund, den Wohnungsbau zu fördern und sich für die Verbilligung der Wohnkosten und für die Verbreitung des selbst genutzten Wohneigentums einzusetzen. Diesem Auftrag wird mit den vorgeschlagenen Massnahmen nachgekommen. Von den Grundsätzen, dass die Wohnungsversorgung und deren Finanzierung über den Markt erfolgt und für die Aufbringung der Wohnkosten in erster Linie die Bewohnerinnen und Bewohner zuständig sind, wird nicht abgewichen. Wie die eidgenössische Verbrauchserhebung von 1998 zeigt, gibt es jedoch nach wie vor eine beträchtliche Anzahl von Personen und Haushalten, die einen so grossen Anteil ihrer verfügbaren Mittel für eine angemessene Wohnung ausgeben müssen, dass die Befriedigung anderer Grundbedürfnisse gefährdet ist. Zudem ist es eine Eigenschaft des Wohnungsmarktes, dass Personen und Haushalte auf Grund persönlicher Umstände diskriminiert werden. Es ist nur wenigen Familien möglich, sich zu einem sinnvollen Zeitpunkt, nämlich dann, wenn die Kinder noch klein sind, den Wunsch nach Wohneigentum zu erfüllen und vorab in ländlichen Gebieten gibt es finanzschwache Haushalte, die mangels Alternativen im Mietbereich Zugang zum Hauseigentum haben müssen oder für die Erneuerung ihres Hauseigentums der öffentlichen Unterstützung bedürfen. Hohe Wohnkostenbelastungen und ein eingeschränkter Marktzugang sind umso häufiger, je angespannter der Wohnungsmarkt ist. Nach einer längeren Phase mit Angebotsüberschüssen zeichnen sich wieder Verknappungstendenzen ab. Vor allem in den Agglomerationen gibt es wenig leer stehende Wohnungen, und die Preise steigen erneut an. Der Bedarf für staatliches Handeln ist somit gegeben. Die vorgeschlagenen Hilfen ergänzen die marktwirtschaftliche Versorgung. Sie setzen den Marktmechanismus nicht ausser Kraft und schränken weder das Spiel von Angebot und Nachfrage noch den Preismechanismus ein. Sie enthalten jedoch Anreize, welche die Bauträger befähigen, Wohnungen so zu bauen oder zu erneuern, dass sie von wirtschaftlich schwächeren Gruppen nachgefragt werden können. In vielen Fällen würde zwar auch ohne Unterstützung gebaut, in der Regel aber nicht für die mit
der Vorlage anvisierten Zielgruppen. Das vorgeschlagene Volumen der künftigen Bundeshilfe erlaubt eine Basisunterstützung, die bei Bedarf durch die Kantone oder Gemeinden ergänzt werden kann.

3291

4.5.2

Auswirkungen auf die einzelnen gesellschaftlichen Gruppen

Direkte Nutzniesser der Hilfen sind im Mietwohnungsbereich Haushalte, die erfahrungsgemäss häufig von Versorgungsdefiziten betroffen sind: Bedürftige ältere Personen, Menschen mit Behinderungen, junge Familien, kinderreiche Familien oder solche mit einem Elternteil. Die Eingrenzung der Zielgruppen erfolgt über Einkommens- und Vermögenslimiten. Orientiert man sich an den heute im WEG geltenden Einkommenslimiten, gehören gemäss eidgenössische Verbrauchserhebung 1998 ungefähr jene 25 Prozent aller Haushalte zu den Anspruchsberechtigten, deren monatliches Einkommen unter 5000 Franken liegt. Viele von ihnen sind momentan ausreichend versorgt, doch vor allem bei notwendigen Umzügen sind sie auf ein preisgünstiges Angebot angewiesen. Dies gilt auch für neu gegründete Haushalte.

Die vorgeschlagene Darlehenslösung erlaubt es, deren Wohnkosten in einem Umfang zu vergünstigen, der in etwa der Zusatzverbilligung gemäss WEG entspricht. Es ist ein Nachteil der Objekthilfe, dass mit dem anvisierten Förderungsvolumen nur jener Teil der potenziell Anspruchsberechtigten von der Hilfe profitiert, der das Glück haben wird, in einer geförderten Wohnung zu wohnen. Zielkonformer, aber auch bedeutend teurer wäre eine allgemeine Subjekthilfe (siehe Ziff.

4.5.4).

Im Mietbereich ist es ein Anliegen, den gemeinnützigen Bauträgern auf dem Wohnungsmarkt gleich lange Spiesse wie den übrigen Bauträgern zu verschaffen. Nur so können diese im öffentlichen Interesse Versorgungsaufgaben wahrnehmen. Dies betrifft insbesondere den Zugang zum Kapitalmarkt. Generell bezwecken die in der Vorlage enthaltenen Finanzierungshilfen, dass sich auch bonitätsmässig schlechter gestellte Marktteilnehmer das notwendige Fremdkapital beschaffen können. Verdrängungswirkungen sind davon nicht zu erwarten.

In der Eigentumsförderung werden einerseits Haushalte mit wenig Eigenkapital und Finanzierungsschwierigkeiten unterstützt. Die Bundesbürgschaft erleichtert ihnen die Fremdfinanzierung und die zeitliche Verschiebung der Belastung; das Eigentum müssen sie langfristig jedoch selber tragen können. Gewisse Mitnahmeeffekte können hier nicht ausgeschlossen werden. Weil die Hilfe hier durch blosse Garantieleistungen erfolgt, können sie hingenommen werden. Andererseits gehören finanzschwache Eigentümerhaushalte zu den Nutzniessenden. Sie sollen mit zinslosen
oder zinsgünstigen Darlehen befähigt werden, ihr Wohneigentum zu erneuern oder in ländlichen Gebieten mit wenig Mietalternativen preisgünstiges Eigentum zu erwerben.

Die Mittel werden aus dem allgemeinen Bundeshaushalt bereitgestellt und durch die Steuerpflichtigen aufgebracht. Für ihre zielkonforme Verwendung sorgen neben den genannten Einkommens- und Vermögenslimiten zusätzlich Belegungsvorschriften.

Werden diese von einem Haushalt nicht mehr eingehalten, entfällt die in Form von Zinsverzichten auf den Darlehen gewährte Unterstützung. Dieser Mechanismus erfordert einen gewissen Kontrollaufwand. Weil die einzelnen Bauträger im Mietwohnungsbau aber mit Leistungsvereinbarungen eingebunden werden, kann er auf Stichproben beschränkt werden.

3292

4.5.3

Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft

Der jährliche Mitteleinsatz macht selbst unter Berücksichtigung der Zahlungen aus der WEG-Förderung weniger als 1 Prozent des Bundesbudgets aus. Von der Förderung können daher keine grossen gesamtwirtschaftlichen Folgen erwartet werden.

Es ist auch nicht die Absicht der Vorlage, die Wohnbautätigkeit anzukurbeln. Vielmehr sollen Wohnungen, die häufig auch sonst gebaut würden, gezielt verbilligt werden, und Erneuerungen sollen sozialverträglich vorgenommen werden können.

Die Wirkungen liegen somit primär im individuellen Bereich: Eine Verbesserung der Wohnverhältnisse steigert das persönliche Wohlergehen, was sich wiederum auf die individuelle Leistungsfähigkeit auswirkt.

Eine generelle Förderung des Wohnungsbaus würde bedeutend mehr Mittel erfordern. Sie ist jedoch aus ordnungspolitischen Gründen nicht opportun, und überdies kann der Wohnungsbau wegen des hohen Ressourceneinsatzes nur einen kleinen Beitrag zum Wirtschaftswachstum leisten. Ebenso ist nicht vorgesehen, die Förderung für konjunkturpolitische Zwecke einzusetzen. Die Erfahrung zeigt, dass es wegen des meist zeitraubenden politischen Entscheidungsweges und des langen Produktionsprozesses in der Regel zu konjunkturell prozyklischen Wirkungen kommt, d.h. es werden Leerstände produziert, die über die gewünschte Marktreserve hinausgehen. Trotzdem ergeben sich aus der Förderung positive Wirkungen für die Haupt und Nebenzweige der Bauwirtschaft. Die Bundeshilfen werden Investitionen auslösen, die sonst nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt getätigt würden. Dies gilt insbesondere für die arbeitsintensive Erneuerungstätigkeit.

Wichtig sind jedoch die indirekten gesamtwirtschaftlichen Wirkungen der vorgeschlagenen Förderung, die bereits in Abschnitt 1.2.1 ausführlich erwähnt wurden: Befriedigende Wohnverhältnisse sind ein sozialer Schutz im wirtschaftlichen und technologischen Strukturwandel. Sie tragen zum sozialen Frieden bei, sind Teil einer guten Lebensqualität und damit ein Faktor der Standortqualität. Ein in allen Regionen ausreichendes Wohnungsangebot fördert die für die wirtschaftliche Entwicklung notwendige Mobilität. Mit der gezielten Verbilligung der Wohnkosten können die Fürsorge und die Sozialwerke entlastet und Stigmatisierungen einzelner Personen und Haushalte verhindert werden. Das heute vor allem bei Familien bestehende
Armutsrisiko wird reduziert. Positive sozialpolitische Wirkungen dürfen auch von der vorgeschlagenen speziellen Unterstützung des gemeinnützigen Wohnungsbaus erwartet werden. Da gemeinnützige Bauträger sich nicht am Gewinn orientieren, bieten sie einen langfristig preisgünstigen Bestand an Wohnungen an. Darüber hinaus leisten sie oft auch Betreuungs- und Integrationsaufgaben, die sonst das Gemeinwesen übernehmen müsste.

Die Unterstützung von Modellvorhaben und die Ressortforschung werden zur Entwicklung innovativer Bau- und Organisationsformen im Wohnungswesen beitragen.

Die geförderten Mietwohnungen müssen zudem die Qualitätskriterien gemäss Wohnungs-Bewertungs-System WBS erfüllen. Sie werden damit eine Schrittmacherrolle spielen für den kostengünstigen und qualitativ hoch stehenden Wohnungsbau, der den Erfordernissen einer nachhaltigen Entwicklung Rechnung trägt.

3293

4.5.4

Alternative Regelungen

Die im Rahmen der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgaben zwischen dem Bund und den Kantonen ursprünglich vorgesehene Übertragung der Förderung auf die Kantone und eine entsprechende Verfassungsänderung sind in der Vernehmlassung zur NFA abgelehnt worden. Auch in der Vernehmlassung zum WFG hat eine klare Mehrheit die Aufrechterhaltung der Bundeskompetenz begrüsst.

Der Verzicht auf jegliche Förderungstätigkeit würde nicht nur dem Verfassungsauftrag widersprechen. Die damit eingesparten Mittel müssten weit gehend im Rahmen der Sozialhilfe aufgebracht werden86.

Im instrumentellen Bereich sind alternative Regelungen aus dem In- und Ausland eingehend geprüft worden. Die dynamische Förderung gemäss WEG ist zwar ein Modell, das mit einer wachsenden Wirtschaft im Einklang steht. Ohne grosse Risiken kann sie jedoch weder das Problem der Eigenkapitallücke noch jenes der hohen Wohnkosten lösen. Bei beiden Punkten setzt das vorgeschlagene Darlehensmodell an. Nachteilig ist, dass zu Beginn des Förderungsprogramms verhältnismässig umfangreiche Mittel bereitgestellt werden müssen. Diese sind jedoch steuerbar, währenddem das dynamische Modell unberechenbare künftige Verlustrisiken generiert. Aus ordnungspolitischen Gründen wäre eine Subjekthilfe der vorgeschlagenen Objekthilfe vorzuziehen. Im Zusammenhang mit der Sicherstellung tragbarer Wohnkosten ist heute weitgehend unbestritten, dass direkte Wohnbeihilfen bezüglich Treffsicherheit und Wirksamkeit den Objekthilfen tendenziell überlegen sind.

Zudem gewährleistet der generelle Rechtsanspruch eine Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer. Ein Blick über die Grenze zeigt, dass in verschiedenen europäischen Ländern in jüngerer Zeit objektbezogene Hilfen eher reduziert wurden, während subjektbezogene Leistungen verstärkt und gezielter ausgerichtet werden87.

Subjekthilfen unterschiedlicher Ausgestaltung und regelmässig ergänzt mit objektbezogenen Massnahmen kennen Deutschland, Österreich, Frankreich, Dänemark, Spanien, die Niederlande und Schweden. Dabei wird die Hilfe in den föderativ organisierten Staaten in der Regel von den staatlichen Ebenen gemeinsam getragen.

Wegen des generellen Rechtsanspruchs würde eine Subjekthilfe je nach Modell jährlich wiederkehrende Kosten zwischen 200 und 400 Millionen Franken verursachen88. Dabei handelt es sich um à
fonds perdu-Zahlungen, während die Darlehen in der Regel wieder zurückfliessen. Zudem nimmt der jährliche Finanzbedarf auf Grund der Amortisationen bei der Darlehenslösung stetig ab, während Mietzinsbeiträge auf hohem Niveau verbleiben würden. Schliesslich tragen die Darlehen langfristig zu einem Grundstock von preisgünstigen Wohnungen bei; die Subjekthilfe kann dagegen nicht direkt auf das Angebot einwirken. Neben dem hohen und zudem ungewissen Finanzbedarf sprechen gegen einen Systemwechsel auch ein relativ hoher Verwaltungsaufwand, die Preiserhöhungsgefahr in angespannten Märkten sowie der Umstand, dass die Diskussion um die Sozialwerke nicht mit einem weiteren Element belastet werden sollte. Zudem würde eine Subjekthilfe das Problem des Marktzugangs für gewisse Bewohnergruppen nicht lösen, weshalb sie 86 87 88

Siehe «Wirkungen und Nutzen der Wohnbauförderung im Kanton Zürich», statistik.info 17/2001, Zürich 2001.

Favarger u.a., Les politiques du logement en Europe occidentale, Grenchen 1998 (www.bwo.admin.ch/d/publikationen/publikationen_index.htm).

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3294

mit einer gewissen Objektförderung ergänzt werden müsste. Allerdings ist es bei der nun festgehaltenen Lösung wünschenswert, dass die Kantone oder Gemeinden mit ergänzendenindividuellen Zuschüssen dort aktiv werden, wo die Zinsvergünstigung auf den Darlehen die gewünschte Entlastung des Haushaltsbudgets nicht erreicht.

Als Alternative zu den Darlehen sind auch Zuschüsse geprüft worden. Mit ihnen könnte ein gleicher Verbilligungseffekt erreicht werden. Diese Option würde den «Aufwand» rein budgetmässig anfänglich stark reduzieren. In der Folge nähme er jedoch wegen der Kumulation des Förderungsvolumens rasch zu. Würden statt Darlehen nur Zuschüsse gewährt, überstiege das Total der Zuschüsse ab dem 16. Jahr den Betrag der Nettodarlehen, der im reinen Darlehensmodell in diesem Zeitpunkt zur Auszahlung gelangt. Anschliessend würde der Betrag für Zuschüsse bei gleich bleibendem Förderungsvolumen bis zum 28. Jahr weiter ansteigen und danach auf dem erreichten Niveau verharren, während für die Darlehen nach diesem Zeitpunkt per Saldo keine neuen Gelder mehr nötig werden. Beim Zuschussmodell müssten zudem wieder Bürgschaften gewährt werden, wodurch wie im heutigen System erneut Verlustrisiken generiert würden. Weiter würden solche Zuschüsse tendenziell die Hochhaltung der Zinsen begünstigen. Schliesslich würde der Einbau einer Alternative zu den Darlehen dem Anspruch auf Einfachheit und Transparenz widersprechen. Insbesondere sind Zuschüsse schwierig zu budgetieren, da die Zahl der Anspruchsberechtigten im Voraus nicht bekannt ist. Diese Gründe führten dazu, von diesem Instrument abzusehen.

4.5.5

Zweckmässigkeit im Vollzug

Die im WEG-Vollzug aufgebaute Zusammenarbeit mit den kantonalen Fachstellen für Wohnbau- und Eigentumsförderung hat sich eingespielt und bewährt. Sie soll mit dem neuen Bundesgesetz fortgeführt werden. Je nachdem, ob ein Kanton selber Wohnbau- und Eigentumsförderung betreibt oder nicht, sind dabei verschiedene Varianten denkbar. Sie werden im Rahmen der Vollzugsvorbereitungen mit den zuständigen kantonalen Amtsstellen eingehend überprüft. Ferner werden verschiedene Vollzugsaufgaben von gemeinnützigen Organisationen wahrgenommen und über Leistungsaufträge abgegolten. Bei den direkten Bundesdarlehen wird mit den Pauschalbeträgen eine transparente und einfach praktizierbare Lösung vorgeschlagen.

3295

Anhang 3

Beispiel eines KMU-Verträglichkeitstests Quelle: Wallart, 2003, S. 54.

Regelung des Abfallbereichs Aus Anlass der Revision der Verordnung über den Verkehr mit Sonderabfällen diskutierte das seco die Frage der Abfallentsorgung mit 12 KMU. Der KMU-Test zeigte nicht nur, wie diese Unternehmen zu den Vernehmlassungsvorschlägen stehen, sondern brachte auch zahlreiche Hinweise darauf, wie für die Unternehmen im Bereich Abfallbehandlung die Vorschriften vereinfacht, die Verfahren verbessert und die Kosten gesenkt werden könnten.

Seit 1986 ermöglicht die Verordnung über den Verkehr mit Sonderabfällen (VVS) eine breit angelegte Kontrolle von Abfallentsorgung und -aufbereitung in der Schweiz. Zurzeit ist eine Gesamtrevision im Gang, wodurch die geltende Verordnung durch eine Verordnung über den Verkehr mit Abfällen (VeVA) und eine Verordnung über Listen zum Verkehr mit Abfällen ersetzt wird. Bei dieser Gelegenheit untersuchte das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) zusammen mit sieben Produktionsbetrieben und fünf Unternehmen aus dem Abfallsektor die Behandlung verschiedener Abfallkategorien, was zur Formulierung zahlreicher Empfehlungen führte.

Inhalt und Ergebnisse des KMU-Tests Ein Markt für die Behandlung und das Recycling von Abfällen besteht in der Schweiz schon seit einigen Jahren. Dieser Markt spielt grundsätzlich: Die Unternehmen stehen im Wettbewerb zueinander und die Abfälle können dahin gebracht werden, wo es am wenigsten kostet. Allerdings gibt es auch Ausnahmen, bei denen der Markt noch nicht zufrieden stellend funktioniert (siehe unten).

Der Administrativaufwand im Zusammenhang mit der Abfallbehandlung ist bescheiden; die Unternehmen haben sich denn auch nicht besonders darüber beklagt.

Hingegen sind die Kosten für die Abfallbearbeitung immer höher. Bei einigen Produkten (z.B. Farben) kostet das Entsorgen sogar mehr als der Einkauf. Da die Auflagen strenger geworden sind, muss das, was früher im Betriebsofen verbrannt oder verkauft wurde, heute durch ein spezialisiertes Unternehmen beseitigt werden. Bei mittelgrossen Produktionsbetrieben verursacht die Abfallentsorgung jährlich Ausgaben zwischen 20 000 und 200 000 Franken. Das heutige Mass an Regelungen wird von den besuchten Unternehmen problemlos akzeptiert, aber es sollte auf keinen Fall mehr Vorschriften geben.

Die Abfallbehandlung ist ein Industriezweig, der vom technischen Standpunkt aus gut
funktioniert. Die meisten wieder verwendbaren Materialien werden rückgewonnen; der Rest wird behandelt oder verbrannt. Oft müssen die Abfälle zwingend in der Schweiz behandelt werden. Das gilt für Abfälle von Autos, für elektronische Teile, Kühlschränke usw., für welche nur beschränkte oder gar keine Ausfuhrmöglichkeiten vorhanden sind. Anders als der Markt für Güter und Dienstleistungen, der gegenüber Europa und der Welt offen ist, besteht für die Abfallbehandlung 3296

grösstenteils ein nationaler, manchmal gar nur ein regionaler oder kantonaler Markt.

Das scheint darauf hinzuweisen, dass man die Vorteile, die der internationale Handel bietet (Grössenvorteile, Wettbewerb, stärkere Spezialisierung, technische Fortschritte), nicht genügend nutzt, obschon gerade sie in anderen Bereichen den Reichtum der Schweiz ausmachen.

Sonderabfälle Die schädlichsten Abfälle sind in der Kategorie Sonderabfälle (S) klassiert. Sie werden gegenwärtig durch verschiedene Mittel kontrolliert: Begleitschein für den Transport, Bewilligung des Kantons für die Behandlung. Der Verordnungsentwurf sieht für diesen Abfalltyp verschiedene administrative Erleichterungen vor. Von mindestens fünf Unternehmen wurde indessen darauf verwiesen, wie erschwerend es ist, dass von Kanton zu Kanton unterschiedliche Kontrollen durchgeführt werden.

Jeder Kanton wendet andere Kriterien an und nicht einmal alle Städte sind gleich streng. Somit hat die Umsetzung der Gesetze «etwas Anarchisches», wie es ein besuchtes KMU formuliert. Einige Kantone anerkennen beispielsweise die Anweisungen von Branchenverbänden, andere nicht.

Vorschlag: Es ist eine Harmonisierung der Kontrollen in den verschiedenen Kantonen anzustreben.

Die Tatsache, dass ein elektronischer Begleitschein vorgesehen ist, wird positiv aufgenommen; allerdings ist den KMU noch unklar, wie das funktionieren wird.

Vorschlag: Der elektronische Begleitschein muss in der Anwendung einfach sein. Er muss das Papierdokument ersetzen und darf nicht zusätzlich gefordert werden, und er muss ein statistisches Modul beinhalten.

Unternehmen, die ihre Sonderabfälle abgeben wollen, müssen gegenwärtig im Besitz einer vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) zugeteilten Unternehmensnummer sein. Bei unseren Besuchen wussten die KMU jedoch verschiedentlich nicht, um welche Nummer es sich handelte, oder verwechselten sie mit der Nummer der Mehrwertsteuer.

Vorschlag: Sobald als möglich Übergang zur einheitlichen Unternehmensnummer.

Die neue Verordnung sieht vor, dass für Kleinmengen bis zu 25 kg kein Begleitschein mehr auszufüllen ist. Mehrere Unternehmen sehen das als Erleichterung ­ so verhält sich der Chauffeur, der noch ein paar alte Batterien mehr auflädt, nicht mehr illegal.

Andere kontrollpflichtige Abfälle Der Verordnungsentwurf sieht die
Schaffung einer neuen Kategorie vor für Abfälle, die weniger schädlich sind als die Sonderabfälle: die anderen kontrollpflichtigen Abfälle (AK). Darunter fallen beispielsweise Altreifen, elektronische Abfälle oder Altautos. Altholz wird in einigen Kantonen bereits heute kontrolliert, für eines der

3297

besuchten KMU ändert die neue Pflicht nichts. Die Möglichkeit, zu exportieren, muss bestehen bleiben.

Vorschlag: Der Export anderer kontrollpflichtiger Abfälle (z.B. Altholz) in die EU sollte in einem einfacheren Verfahren bewilligt werden als der Export von Sonderabfällen.

Drei in der Abfallbehandlung tätige Unternehmen verwiesen auf Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den elektronischen Abfällen. Die Bewilligungen und Lizenzen sind teilweise redundant: ­

Um elektronische Abfälle zu verarbeiten, braucht es zuerst einmal eine offizielle Bewilligung des Kantons (VREG-Bewilligung).

­

Sodann ist eine Swico-Lizenz erforderlich. Dafür werden die gleichen Angaben verlangt wie bei der ersten Bewilligung; ausserdem sind 3000­4000 Franken zu bezahlen.

­

Die Swico anerkennt auch die VSMR-Lizenz des Recycling-Verbands Schweiz nicht.

Auch nach diesem Hindernislauf steht noch nicht fest, dass das Unternehmen auch wirklich elektronische Abfälle zum Behandeln erhält: Der Markt ist kartellisiert und intransparent. Es ist somit nicht die beste Entsorgung zum günstigsten Preis garantiert. Ein einziger Konkurrent verleibt sich regelmässig den gesamten regionalen Markt ein. Ist der Markt erst einmal aufgeteilt, so wird er nicht mehr in Frage gestellt und eine Verarbeitung der Abfälle in einer anderen Region ist nicht mehr möglich. Für den Transport der elektronischen Abfälle lässt Swico nur Cargo Domizil zu.

Vorschlag: Verbesserung der Funktionsweise des Marktes für elektrische und elektronische Abfälle, Aufhebung der Kartellisierung.

Vorschlag: Verringerung der Anzahl nötiger Bewilligungen durch die Zusammenfassung von VREG-Bewilligung, Swico-Lizenz, VVS-Bewilligung und VSMR-Lizenz.

Nicht kontrollpflichtige Abfälle Die am wenigsten problematische Abfallkategorie ist die der nicht kontrollpflichtigen Abfälle (also weder Kategorie S noch Kategorie AK). Bei den besuchten KMU werden diese Abfälle entweder in einer Kehrichtverbrennungsanlage verbrannt oder sie gehen an ein Recyclingunternehmen. Manchmal werden sie im Unternehmen selber sortiert; in einem Fall werden sie noch in die Deponie gebracht.

Das Unternehmen D. ist im Bau und in der Renovation tätig. Stein und Beton werden für den Strassenbau wieder verwendet. Zuvor müssen diese Abfälle jedoch aufbereitet werden. Das kann auf der Baustelle oder an einem spezialisierten Ort geschehen. Die Aufbereitung vor Ort ist einfacher und erfordert weniger Transporte, bedingt aber ab 1000 t/Jahr eine Umweltverträglichkeitsstudie. Diese Studie kostet Geld und nimmt vor allem viel Zeit (mehr als drei Monate) in Anspruch, sodass diese Lösung in der Praxis schwierig umzusetzen ist. Zudem variieren die Vorschriften von Kanton zu Kanton.

3298

Vorschlag: Die Schwelle von 1000 t/Jahr für Umweltverträglichkeitsstudien ist bezüglich der Behandlung von Stein und Beton auf einer Baustelle zu überprüfen, denn die Behandlung an Ort und Stelle weist auch ökologische Vorteile auf. Die Umweltverträglichkeitsprüfung muss einfacher und schneller werden.

Abfallliste Gemäss Verordnungsentwurf sollen die Abfalllisten mit jenen der EU harmonisiert werden. Die Harmonisierung wird begrüsst, da dadurch der Zollverkehr vereinfacht wird, der gegenwärtig für Abfall bearbeitende Unternehmen ein Problem ist (unterschiedliche Codes für den Schweizer und den ausländischen Zöllner). Die Tatsache, dass die Abfallcodes geändert und die neuen eurokompatiblen Codes übernommen werden müssen, sehen die besuchten Unternehmen nicht als Problem. Teilweise geht die Schweizer Liste weiter als jene der EU, was den KMU und der Wirtschaft höhere Kosten beschert. Einige Schweizer Codes existieren in der EU-Liste nicht, so zum Beispiel: ­

Code 15 01 10: Alle Verpackungen mit Sondermüll-Rückständen müssen wie die Kategorie S behandelt werden. Das geht weiter als die EU-Liste; dort werden nur Verpackungen aufgeführt, die gefährliche Produkte enthalten haben.

­

Die Codes 19 10 98 und 16 02 91-95, die bestimmte elektronische Abfälle oder Haushaltgeräte betreffen, gibt es in der EU-Klassifizierung nicht.

Ein weiteres Problem rührt daher, dass die Unternehmen oft nicht wissen, ob ihre Abfälle Sondermüll sind oder nicht; die Abfalllisten sind nicht sehr gut bekannt. Für die KMU bringt die Erhöhung der Anzahl Abfallkategorien somit noch mehr Herausforderungen mit sich. Das Vorliegen eines Handbuches zuhanden der Unternehmen und der kantonalen Verwaltungen wird deshalb sehr positiv aufgenommen.

Das wird den Recycling-Unternehmen Erleichterungen bringen.

Vorschlag: Im Handbuch ist anzugeben, wie sich die KMU über die Klassierung ihrer Abfälle und die dafür geeignete Behandlung informieren können (Telefonhotline, E-MailDienst, Expertensystem usw.). Vorschlag: Die neue Abfallkategorie (AK) soll ausgenutzt werden. Es ist zu prüfen, welche Sonderabfälle darin aufgenommen werden könnten. Wenn etwas in der Kategorie S verbleibt, ist das zu begründen (verursacht zusätzliche Kosten, die für die Unternehmen nicht immer nachvollziehbar sind).

Vorschlag: Ähnliche Abfälle sind in einer einzigen Kategorie zusammenzufassen, damit Auslegungs- und Kontrollprobleme vermieden werden (z.B. alte Fahrzeuge mit oder ohne Flüssigkeiten, Druckertoner mit oder ohne gefährliche Substanzen usw.).

Import ­ Export Für den Abfallexport ist eine Bewilligung des BUWAL nötig. Dabei handelt es sich um ein komplexes Verfahren, bei dem zahlreiche Dokumente erforderlich sind. Bei erstmaligen Gesuchen akzeptieren die Unternehmen das problemlos; bei Erneuerungen der Bewilligung ist das Verfahren jedoch wieder genauso kompliziert.

3299

Vorschlag: Ausarbeitung eines einfacheren Verfahrens für die Erneuerung von Ausfuhrbewilligungen.

Beim Abfall ist der Export oft die vorteilhafteste Lösung. Einerseits ist die Aufbereitung im Ausland oft weniger teuer, andererseits sind die Umweltauflagen dort weniger streng. In der Regel entscheidet das BUWAL, welche Abfälle im Ausland aufbereitet werden können und welche in der Schweiz behandelt werden müssen.

Gemäss einem der besuchten KMU führt das manchmal zu Wettbewerbsverzerrungen. So sagte man uns, dass nur ein einziges Unternehmen eine Ausfuhrbewilligung für alte Kühlschränke habe und dadurch einen Wettbewerbsvorteil aufweise.

Die Vorschriften sehen nicht immer die kostengünstigste Lösung vor. Alte Kupferkabel beispielsweise sind in der Schweiz kontrollpflichtige Abfälle, die aufbereitet werden müssen; die spezialisierten Unternehmen erhalten da für 300 Franken pro Tonne von jenen Unternehmen, die das Kupfer rückgewinnen. Weil diese Abfälle auf der grünen Liste der OECD stehen, schicken die EU-Länder sie nach China und erhalten dafür 600 Franken pro Tonne. Die Pflicht zur Aufbereitung in der Schweiz ist somit eine teure Lösung, wenn sie sich auch durch Umweltüberlegungen rechtfertigen lässt. Es besteht nämlich gemäss BUWAL die Gefahr, dass diese Kabel in Ländern wie China auf unsachgemässe Weise verbrannt werden, wodurch hochgiftige Emissionen wie Dioxine entstünden. Das wäre schlecht für die Umwelt, aber auch für das internationale Image der Schweiz.

Vorschlag: Bei der Erteilung von Exportbewilligungen sind auch wirtschaftliche Kriterien ­ und nicht nur der Stand der Technik ­ zu beachten (Art. 18 Abs. 1 Bst. a des VeVAVernehmlassungsentwurfs).

Vorschlag: Einem Unternehmen, das ein neues Entsorgungsverfahren ausprobieren will, sollte eine Exportbewilligung erteilt werden, selbst wenn 25 kg überschritten werden (Art. 17, 18 VeVA).

Vorschlag: Die Abfallbehandlung im Ausland soll leichter bewilligt werden, wenn die dortigen Entsorgungsbedingungen umweltschonend sind.

Vorschlag: Zwecks Verkürzung der Fristen sollte die Verwaltung parallel zur ausländischen Regierung mit der Prüfung eines Gesuchs beginnen.

Auswirkungen des KMU-Tests Das KMU-Forum hat alle im Test vorgeschlagenen Empfehlungen in die Stellungnahme im Rahmen der Vernehmlassung einfliessen lassen. Die Auswertung der Vernehmlassung liegt zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels noch nicht vor.

3300

Anhang 4

Beispiel einer Stellungnahme des Forums KMU Quelle: http://www.seco.admin.ch/imperia/md/content/analysenundzahlen/ strukturanalysenundwirtschaftswachstum/stellungnahme_ armeexxi_d.pdf?PHPSESSID=75a3a798797ac5694420e87e2a879a6e

KMU-Forum Eidgenössische Expertenkommission per Adresse: seco ­ WSWP Bundesgasse 8 3003 Bern

Bühler, im September 2001

Herrn Divisionär Christian Schlapbach Stv. Kdt. Heer Papiermühlestrasse 14 3003 Bern

Stellungnahme zu den Dienstmodellen in Armee XXI Sehr geehrter Herr Divisionär beiliegend lassen wir Ihnen zuhanden der zuständigen Stellen in der Projektleitung «Armee XXI» eine Stellungnahme des KMU-Forums zukommen. Das KMUForum, eine Eidg. Expertenkommission, hat die Aufgabe, zu neuen Gesetzes- und Verordnungsvorhaben Stellung zu nehmen, soweit sie aus der Optik der KMU Relevanz haben. Mit Blick auf das umfassende Projekt «Armee XXI» trifft dies vor allem für die Dienstleistungsmodelle zu, weshalb sich die beiliegende Stellungnahme auf diesen Punkt beschränkt.

Die Stellungnahme beruht auf der Diskussion im KMU-Forum am 11. September 2001 und auf einer anschliessenden Konsultation unter den Mitgliedern. Genutzt wurden auch Aussagen einiger kleiner und mittlerer Unternehmen, die vom Staatssekretariat für Wirtschaft vorab hinsichtlich ihrer Probleme mit mehrmonatigen Absenzen von Mitarbeiterinnen (Mutterschaftsurlaub) befragt wurden (sog. KMUTest).

Herrn Brändli, Chef Sektion Ausbildungsorganisation, möchten wir an dieser Stelle für die Beteiligung an der Sitzung des KMU-Forums danken.

Mit freundlichen Grüssen Hans-Rudolf Früh, Co-Präsident KMU

3301

KMU-Forum Eidgenössische Expertenkommission per Adresse: seco ­ WSWP Bundesgasse 8 3003 Bern

Bühler, im September 2001

Stellungnahme des KMU-Forums zu den in der Armee XXI vorgesehenen Dienstmodellen Anlässlich seiner Beratungen zum Thema Mutterschaftsurlaub ging das KMUForum auch auf die Dienstmodelle gemäss Armee XXI ein. Diese waren Gegenstand einer einige Monate vor der Sitzung des Forums abgeschlossenen Vernehmlassung.

Ob eine Mitarbeiterin demnächst ein Kind bekommt oder ob ein Mitarbeiter noch die RS vor sich hat oder Beförderungsdienste leisten will: Mehrmonatige Absenzen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedeuten für KMU mit weniger als 50 Beschäftigten eine grosse Belastung, gerade im heutigen Wettbewerbsumfeld. Sie sind beim Anstellungsentscheid deshalb sehr wohl ein Thema. Dies bestätigen die Aussagen der besuchten Unternehmen, aber auch Auswertungen der Arbeitslosenstatistik. Dabei sind die Reaktionen der Betriebe auf die mehrmonatige Absenz wegen der RS stark von der Konjunktur abhängig, was übrigens auch für die Einstellungschancen jüngerer Frauen zutrifft.

Bei Militärdienst ist ­ wegen der EO ­ die Belastung der Unternehmen nur begrenzt finanzieller Natur. Bedeutend sind die Schwierigkeiten, in der heutigen schnelllebigen Wirtschaft und unter dem heutigen verstärkten Wettbewerbsdruck während Monaten einen wichtigen Mitarbeiter entbehren zu können.89 Daraus ergeben sich zwei Folgerungen: ­

89

Die Armee, resp. die EO, werden in zunehmendem Mass die vollen Lohnkosten der Dienstleistenden zu übernehmen haben, soll eine Negativselektion unterbleiben. Die in der PI Triponez vorgesehene Ausweitung der Leistungen der EO geht deshalb in die richtige Richtung, doch stellt sich die Frage der Entwicklung der Abgabenlast.

Hinzu kommt der Umstand, dass die Unternehmen in zunehmendem Mass Beförderungsdienste nicht mehr als Investition in das zukünftige Kader des Betriebes und der Branche sehen, u.a. weil im Zeitalter der Globalisierung ein weltweites Beziehungsnetz, das durch Managementkurse in Fontainebleau etc. aufgebaut wird, mehr zählt als das nationale Beziehungsnetz, das die auf das Gebiet der Schweiz beschränkte Armee vermitteln kann.

Weiter sind oft Frauen Personalverantwortliche, die den im Militär erworbenen Fähigkeiten skeptisch gegenüberstehen, weil sie diese nicht aus eigener Erfahrung einzuschätzen wissen.

3302

­

Die Armee wird die Beanspruchung durch Militärdienst zudem mit Vorteil in ein Alter legen, in dem der Mitarbeiter noch nicht oder jedenfalls nicht in einer höheren Position in einen Betrieb eingebunden ist. Die Dienstmodelle, wie sie in der Vernehmlassungsunterlage zur Armee XXI aufgezeigt werden, bringen diese aus der Sicht der KMU wesentliche Verbesserung durch die Rückkehr zum einjährigen Rhythmus und durch die Verringerung der Zahl der WK.

Auch die Möglichkeit, die Militärdienstpflicht an einem Stück erfüllen zu können (Durchdiener), dürften dem Bedarf der Wirtschaft entgegenkommen.

Wenn die neuen Dienstleistungsmodelle deshalb im Grundsatz zu begrüssen sind, zeigen sich doch auch einige Schwächen: Fraglich ist die verlängerte Dauer der RS, namentlich wenn dies bedeutet, dass das Studium und andere Ausbildungen auf dieser Stufe in der Schweiz (noch) später abgeschlossen werden. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass die erste Dienstleistungsperiode 16 Wochen nicht übersteigt und in die Semesterferien gelegt werden kann. Beispielsweise sind Lösungen zu erwägen, welche die Verbandsausbildung in einem zweiten Block unterbringen. Für diesen könnte das Aufgebot bereits mit Blick auf die spätere Enteilung in einen WK-Verband erfolgen.

Nun sind für KMU Absolventen einer Berufslehre zahlenmässig sicher von grösserer Bedeutung als angehende Akademiker. Auch mit Bezug auf diese Dienstpflichtigen muss jedoch festgestellt werden, dass das Modell der 3 RS pro Jahr nicht mit dem eingespielten beruflichen Bildungssystem zusammenpasst. Es ist aus Armeeperspektive zwar überzeugend (dauernde Beanspruchung der Kader der Lehrverbände, Belegung der Kasernen, die Uof der 4 Monate früher angefangenen RS stehen für die Verbandsausbildung in der laufenden RS bereit und müssen nicht, wie heute, ein zweites Mal einrücken, was auch für die Unternehmen ein Problem ist).

Dass die Lehrabschlussprüfungen im Frühsommer vor RS stattfinden, hat sich in den Planungsgrundlagen aber nirgends niedergeschlagen. Ein zwangsweises Aufgebot in eine im Januar oder April startende RS könnte deshalb bewirken, dass zahlreiche Lehrabsolventen monatelang ohne Stelle dastehen, weil die Arbeitgeber erst wieder an Ihnen interessiert sind, wenn sie die RS, resp. die Ausbildung zum Uof hinter sich gebracht haben. Dieser Einwand betrifft auch die Durchdiener, ist hier das Modell mit 3 Schulen pro Jahr doch noch zwingender. Namentlich auch aus der Perspektive der Absolventen einer Lehre ist die zwangsweise Zuweisung in zahlenmässig gleich starke RS ein schwerwiegender Nachteil. Ein solcher Schritt, sollte an ihm festgehalten werden, müsste zwingend mit der laufenden Berufsbildungsreform koordiniert werden.

Beim Durchdienermodell und beim Modell zur Ausbildung der Unteroffiziere ist
zunächst zu gewärtigen, dass die Absolventen von den Firmen höchstens eine Lohnfortzahlung im Umfang der EO erhalten. Grosse Vorbehalte bestehen aber auch, ob den Unternehmen die Aufrechterhaltung der Stelle während quasi eines Jahres zugemutet werden kann. Es ist eine begründete Frage, ob diese Dienstleistungen nicht als Wechsel des Arbeitgebers qualifiziert werden müssten (bzgl. Kündigungsschutz, aber auch Sozialversicherungen usw.).

3303

Vielfach wurde in den kontaktierten Unternehmen der Wunsch geäussert, den WK immer in einer bestimmten Zeit des Jahres absolvieren zu können, und zwar dann, wenn am Arbeitsplatz weniger Druck herrscht. Zu prüfen ist deshalb eine Lösung, bei der wenigstens gewisse Einheiten ihren WK immer im gleichen Monat des Jahres leisten.90 Für das KMU-Forum Hans Rudolf Früh, Co-Präsident des KMU-Forums

90

Denkt man an den Punkt der mangelnden Lebenserfahrung in den Durchdienereinheiten, die gerade für die unter der aktuellen Bedrohungssituation heikelsten Einsätze (Sicherungsaufgaben) vorgesehen sind, lässt sich aufgrund dieses Wunsches nach festen WK-Terminen im Jahr noch ein anderes Modell für die Sicherungseinheiten entwickeln, nämlich die Abdeckung der Sicherungsbedürfnisse durch WK-Einheiten mit festem WK-Termin im Jahr, wobei auch Optionen mit 2x3 Monaten oder 3x2 Monaten statt 6 WK angeboten werden könnten, auch damit die bei diesen Einheiten sekundäre Ausbildung für den Verteidigungseinsatz in grösseren Blöcken vermittelt werden kann.

3304

Literaturverzeichnis Verwaltungsdokumentation 04.3277

Motion Walker: Verhältnismässigkeit bei der Aufsicht von Banken.

02.3702

Postulat Walker: Förderung der Wachstumspotenziale bei KMU.

02.3676

Motion Loepfe: Massnahmen zur Bürokratiebefreiung.

99.3284

Motion Durrer: KMU-Verträglichkeitsprüfung für geplante staatliche Regulierungen und Verfahren.

97.3447

Postulat Hasler: Impulse für unseren Wirtschaftsstandort.

97.3334

Motion Widrig: Vermeidung administrativer Hindernisse.

97.3221

Motion Loeb: Vereinfachung der administrativen Vorschriften.

97.3143

Postulat Fraktion der SVP: KMU-Forum.

96.3618

Motion Forster: Auswirkungen neuer und bestehender Gesetze und Verordnungen auf Klein- und Mittelbetriebe.

96.3583

Postulat Speck: Neue Instrumente zur Eindämmung der Regulierungsflut.

96.3167

Postulat Spoerry: Wirtschaftsrelevante Vorlagen. Zusatzinformation.

95.3024

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3306

Liste der befragten Personen Aubert Béatrice

Stellvertreterin, Abteilung Begleitende Rechtssetzung, BJ, Bern

Balaster Peter

Stellvertreter, Direktion für Wirtschaftspolitik, seco, Bern

Bangerter Käthi

Mitglied des KMU Forums, ehemalige Nationalrätin FDP, Bern

Barmettler Hugo

Leiter, Institutionelle Partner und Private, BBT, Bern

Bessard Pierre

Journalist, L'Agefi, Bern

Biedermann Dieter

Stellvertreter, Abteilung Rechtssetzungsprojekte und -methodik, BJ, Bern

Bieri Peter

Ehemaliger Präsident der WBK, Ständerat, CVP, Hünenberg

Bortoluzzi Toni

Ex-Präsident der SGK, Nationalrat, SVP, Affoltern am Albis

Breuleux Pierre-Yves

Sekretär, SIK, Bern

Brunner-Patthey Olivier

Chef, Fachstelle Ökonomie, BSV, Bern

Brupbacher Stefan

Sekretär, WAK, Bern

Cavelti Guido

Brugger und Partner AG, Zürich

Enzler Christoph

Wirtschaftsdienst, Bereich Grundlagen und Information, BWO, Grenchen

Früh Hans-Rudolf

Ehemaliger Co-Präsident, KMU Forum, Bühler

Füzesséry Alexandre

Stv. Sekretär, WAK, Bern

Gisiger Martin

Stv. Sektionschef, Finanzmärkte und -dienstleistungen, EFV, Bern

Hänsenberger Urs

Sekretär, SGK-N, Bern

Hauri Ernst

Leiter, Bereich Grundlagen und Information, BWO, Grenchen

Häusermann Simon

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, KMU Politik, seco, Bern

Hess Hans

Ehemaliger Präsident der SIK, Ständerat, FDP, Sarnen

Jacobzone Stéphane

Administrateur principal, Division de la réforme de la réglementation, Direction de la gouvernance publique et du développement territorial, OECD, Paris

Jeanneret Philippe

Abteilungschef, KMU Politik, seco, Bern

Jeanneret Pierre

Sekretär, UREK, Bern

Ladegaard Peter

Administrateur, Division de la réforme de la réglementation, Direction de la gouvernance publique et du développement territorial, OECD, Paris

3307

Leu Joseph

Ehemaliger Präsident der SIK, Nationalrat, CVP, Hohenrain

Madl Kubik Edith

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Führungsbereich Planung/Strategie, Bundeskanzlei, Bern

Maitre Jean-Philippe

Ex-Präsident der WAK, Nationalrat, CVP, Vésenaz

Müller Urs-Peter

Iur. Mitarbeiter, Erlasse/Verfahren, Bereich Recht, BVET, Bern

Muller Pascal

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, KMU Politik, seco, Bern

Oprecht Hanspeter

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Sektion Schienennetz, BAV, Bern

Raass Adrian

Leiter Ökonomie, Weko, Bern

Rigassi Barbara

Brugger und Partner AG, Zürich

Roncoroni Giacomo

Stellvertreter, Abteilung für Gesetzgebungsprojekte, BJ, Bern

Schiesser Fritz

Ehemaliger Präsident der WAK, Ständerat, FDP, Glarus

Schwarz Stefan

Leiter Direktionsgeschäfte, Direktion, BAK, Bern

Taddei Marco

Vize-Direktor, Schweizerischer Gewerbeverband, Bern

Tagmann Christoph

Leiter Recht, Weko, Bern

Tellenbach Mathias

Stellvertreter, Abteilung Abfall, BUWAL, Bern

Waber Beat

Journalist, Neue Zürcher Zeitung, Bern

Wallart Nicolas

Regulierungsanalyse, Wirtschaftspolitik, seco, Bern

Weber René

Leiter, Finanzmärkte und Finanzdienstleistung, EFV, Bern

Werder Hans

Generalsekretär, UVEK, Bern

Wettstein Gérard

Projektleiter, Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgaben, EFV, Bern

Widmer Hans

Ehemaliger Präsident der WBK, Nationalrat, SPS, Luzern

Widmer Thomas

Leiter Forschungsbereich Policy-Analyse & Evaluation, Institut für Politikwissenschaft, Universität Zürich, Zürich

Wieser Robert

Leiter, Recht, VBS, Bern

Zeller Franz

Wissenschaftlicher Adjunkt, Abteilung Radio und Fernsehen, BAKOM, Biel

3308

Durchführung der Untersuchung: Jérôme Duperrut Projektleiter, PVK Natasha Fröjd Mitarbeiterin, PVK Stefania Izzo CASS Stipendiatin, Parlamentsdienste Stefan Rieder Methodologische Unterstützung (Textanalyse), Interface Politikstudien GmbH Hedwig Heinis Sekretariat, PVK

Die PVK dankt allen von ihr befragten Personen für ihre Bereitschaft zur Auskunftserteilung während den Interviews und bei der Erstellung des vorliegenden Berichtes.

Originalsprache des Schlussberichts: Französisch (Teile der Kapitel 1.3, 3.1, 3.2 und 4.2, Deutsch).

3309

3310