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E r s t e Beilage

zu Nr. 13 des schweizerischen Bundesblattes.

Samstag, den 31. März 1849.

Entwurf eines

Buudesgesetzes übe die Posttaren.

Berathen in den Sitzungen vom 9.-- 12. März 1849.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Vollziehung der Ziffer 2 des Artikels 33 der Bundesverfassung, nach welcher im Postwesen die Tarife im ganzen Gebiete der Eidgenossenfchaft nach den gleichen, möglichst billigen Grundfätzen bestimmt werden follen ; nach Einsicht des Vorschlags des Bundesrathes,

beschli ßt: Art. 1. Die Taxe sür den Transport von Briefen, Schriftpaketen, ..Druckschristen und Warenmustern im J n n e r n der Schweiz wird nach der E n t f e r n u n g , und nach dem G e w i c h t bestimmt. Die Entfernung ist nach der kürzesten Pcfrtraße, de vom Anfgabspostbnreau bis zum Abgabspostfureau führt, zu bemessen.

Art. 2. Diefe Entfernung wird nach drei Briefkreisen berechnet: Der erste Bricfkreis geht bis auf 10 Stunde«.

Der zweite von 10 Dis 30 Stunden.

Der dritte über 30 Stunden.

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2 Slrt. 3. Für B r i e f e ist die Taxe nach folgendem Maßstabe festgesetzt: Sm ersten Jm zweiten Smbrittrn Brleffteis. Britfkreis. ..Brieffrei.....

Bis auf 1/2 2otD an-schließiich 5 -fy. 108îp.15 Rp.

Von 1/2 bis 1 Loth ,, 71/2,/ is ,, 22'/2,, l'/2 ,,

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11/2 ,, 2

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8

,, 16

" 1 Pfund ,,

30 ,, 60 " 90 ,,

Art. 4. Jn größern Orten, in welchen ein bedeutender Briesverkehr stattfindet, kann der Bundesrath eine Ortspost bewilligen, durch welche die frankirten Briefe nach folgendem Tarife befördert werden:

Bis auf 2 Loth ausfchiießlich 2% Sty.

Von 2 bis 4 ,, " 5 n 4 n 8

,,

,,

10

"

Unfrankirt unterliegen folche Briefe den gewöhnlichen Taxen.

Art. 5. Schriftpakete ohne Werthangabe, wie z. B. Prozeßakten, Rechnungen, Assefuranzpapiere, Legitimationsschristen und andere Urkunden, insofern sie anßer einem allfälligen Begleitfchreiben keine Briefe enthalten und das Gewicht öon einem Pfunde nicht überschreiten, werden ebensalls wie Briese behandelt, unterliegen jedoch nur der Taxe gewöhnlicher Pakete, nämlich: 3m ersten Briefkreis.

Jm zweiten Bnefkrei«. 3m driften ..Sviefkreis.

Von 10 Rappen. Von 20 Rappen.

Von 30 Rappen.

Der Einschluß von Briefen wird als Verletzung des Postregals behandelt.

3 Art. 6. Für eingeschriebene Briefe oder Schriftpakete ist die doppelte Tale zu bezahlen und sie sind bei der Aufgabe zu frankiren.

Art. 7. Für Druckschristen, insofern sie außer der Adresse nichts Geschriebenes enthalten und daher Behufs der Prüfung unter Band aufzugeben und zugleich zu frankiren sind, findet folgende Taxermäßignng statt: Jm ersten Jm zweiten Jm brüten Briefkreis. Briefkreis. Brieftrei«.

Bis auf 2 Loth ausschließlich

Von 2 bis 4 ,, ,, 4 "8

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,, 8 " 1 Pfund

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2'/2 9Î.X 5 9ïp. 7-/2 Sty.

5

" 10 " 15 ,,

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71/2 ,, 15 " 22
,,

10 ,, 20 " 30 ,,

Ausnahmsweise sind jedoch die Zeitungen und periodischen Blätter des Auslandes, für die nicht bereits die gesetzliche Transporttaxe bezahlt worden ist, von der Zwangsfrankatnr befreit.

Art. 8. Waarenmnster, die entweder allein, oder mit einem einfachen Briefe verfendct werden und als solche leicht erkennbar sind, werden bis anf das Gewicht von einem Pfund wie Briefe behandelt, aber nach dem Tarife der Pakete taxirt, nämlich: Sm ersten Brieffteis. Jm zweiten Briefkreis. Jm dritten Bneflreis.

Zu 10 Rappen. Zu 20 Rappen.

Zu 30 Rappen.

Art. 9. Für P a k e t e und G e l d s e n d u n g e n wird im Jnnern der Schweiz für je 5 Wegstunden und von jedem Pfund des Gewichtes oder bei Gelbfendungen nnd andern Werthstücken von je 40 Franken des Werthes eine Transportgebühr von 1 Rappen berechnet. Die Entfernungen werden nach der kürzesten Poststraße von dem Anfgabspostbureau bis zum Abgabspostbnreau bemessen.

4 Art. 10. Zu dieser Transporttaxe wird auf jedes

Poststück eine Einschreibgebühr von 5 Rappen hinzugerechnet.

Art. 11. Jeder Bruchtheil unter fünf Stunden wird für volle fünf Stunden, jeder Brnchtheil eines Pfundes wird für ein ganzes Pfund und jeder kleinere Betrag als Franken 40 für volle Franken 40 gerechnet.

Jeder Brnchtheil unter 5 Rappen wird bis auf 5 volle

Rappen ergänzt.

Art. 12. Werthstücke werden in der Regel nach dem Werthe, wenn sich aber nach dem Gewichte eine höhere Taxe ergibt, nach dem Gewichte tarnt.

Art. 13. Als niederste Gefammttaxe für ein Poststück, die jedenfalls zu entrichten ist, wenn auch der Betrag nach obiger Berechnung sich nicht fo hoch belauft, sind festgefetzt: Für eine Entfernung bis anf 10 Stunden 10 Rp.

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,, von 10 bis 30

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üfcer 30

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20 ,, 30 "

Art. 14. Für den Transport von Paketen und Geldsendnngen auf Bergpässen kann der ordentliche Tarif durch eine angemessene Zntaxe erhöht werden.

Art. 15. Für Briefe, Schriftpakete, Druckschriften, Waarenmuster, gewöhnliche Pakete und Geldsendungen, welche v o n dem A u s l a n d e kommen, oder dahin abgehen, hat der Bnndesrath die Taxen je nach den beliehenden Verträgen besonders festzusetzen.

Art. 16. Z e i t u n g e n und p e r i o d i s c h e B l ä t t e r , die entweder beim Postamte oder bei dem Verleger abonnirt und der Post aufgegeben werden, sind durch die Briefpost ju befördern. Für die Ablieferung an den Empfänger ist eine Taxe von 20 vom Hundert des Verlagspreises festßefetzt, welche zum Voraus zu entrichten ist.

Art. 17. Wenn die Post zugleich mit der Beförderung auch das Abonnement fcesorgt, so hat sie für inländische Blätter eine Gebühr von einem Batzen, für ausländische »on zwei Batzen zu beziehen, ohne Unterschied, ob das -Abonnement für ein ganzes, halbes, oder nur für ein Vierteljahr fceforgt werde.

Art. 18. Nach gleicher Berechnung (Art. 16 und 17) werden die Schweizerblätter an ausländifche Postverwaltungen, und ausländifche Blätter an die Empfänger in der Schweiz abgegeben, infofern nicht befondere Verträge etwas Anderes bestimmen. Für ausländifche Blätter wirb jedoch als Grundlage der Berechnung der Transporttaxe d e r Preis angenommen, zu welchem diefelben der fchweizerifchen Postverwaltung abgeliefert werden.

Art. 19. Für den Perfonentransport im Jnnern der Schweiz sind folgende Taxen für jede Wegstunde festgesetzt: Für einen Platz im Eonpe Btz. 5.

Für einen Platz im Jnnern oder auf den Außensitzen

Btz. 4.

Für einen Platz in der Rotonde Btz. 3.

Wo die Frequenz es erfordert, kann der Preis der Plätze um 5 oder 10 Rappen für jede Wegstunde ermäßigt werden.

Sofern Schnellposten errichtet werden, fo foll der Preis der Plätze je einen Batzen mehr betragen.

Art. 20. Auf größeren Bergpässen hat der Reifende für jede Wegstunde zu bezahlen: Für einen Platz im Eoupé Btz. 7.

Für einen Platz im Jnnern oder auf den Außensitzen

Btz. 6.

C

Art. 21« Bezüglich des Gepäckes der .Oîeisenden wird der Bnndesrath das Nöthige festsetzen.

Art. 22. Jn denjenigen Kantonen, in welchen dev.Schweizersrankenfnß nicht üblich ist, hat der Bnndesrath, bis zur Einführung eines allgemeinen Münzfußes, zu bestimmen, auf welche Weife die Reduktion der allgemeinen Tarife stattfinden foll.

Art. 23. Die Scheine, die im Postverkehr von den Postbureaux auszustellen sind, dürfen dem Stempel nicht unterworfen werden.

Art. 24. Von Entrichtung des Porto für Briefe und Schriftpaketc sind befreit: a. die Mitglieder der Bundesversammlung während der Dauei* der Sitzungen, wenn sie am Bnndessitze sich befinden ; b. die Behörden, jedoch nur in Amtsfachen; c. das im eidgenöfsischen Dienst stehende Militär.

Diese Begünstigung wird auch auf die Geldfendungen ausgedehnt, wenn das Geld an eidgenössische Behörden geht oder von denselben versendet wird, sowie auf die Gelder, die von Behörden an Arme gesendet werden.

Art. 25. Die spezielle Bezeichnung der Behörden,

welche die Portosreiheit genießen, und die Weise, wie die Portosreiheit ausgeübt und wie dem Mißbrauch vorgebeugt werden soll, ist durch eine besondere Verordnung näher zu bestimmen.

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Botschast

des Bundesrathes der schweizerischen Eidgenossenschaft on die schweizerische Bundesversammlung.

Beschlossen den 15. März 1849.

Tit.

Das tiefeingreifendste Gesetz in Postfachen, das wir Jhnen mit Gegenwärtigem überreichen, enthält die Bestimmnngen über die Gebühren, die in Zukunft der Post für den Transport von Personen, Briefen, Zeitungen, Paketen und Geldern bezahlt werden follen. Die Aufgabe, die wir in diefem Gefetze zu lösen haben, besteht darin, einerseits die Kantone zu besriedigen, die eine ergiebige Einnahmequelle in ihrem Staatshanshalt nicht leicht vermissen können und zu gleicher Zeit den Erwartungen zu entsprechen, die das verkehrtreibende Publikum an die Zentralisation des Postwesens knüpft. Wie fchwierig es sein wird, beiden Theilen zu entsprechen, mögen Sie, Tit., ans nachstehenden Andentungen entnehmen, die wir jeder weitern Erörterung unserer Taxanfätze voransfchicken müssen.

Die Bundesverfassung setzt uns für Berechnung des bisherigen Reinertrages der Kantone Grundsätze sest, die

das Maß der Wirklichkeit um Vieles überschreitet.

Schon in der Auswahl der drei Jahre, 1844, 1845 und 1846, die zu Berechnung der Durchschnittssumme angenommen worden sind, haben die Kantone getrachtet, einen möglichst großen Reinertrag sich zuzusühren, sonst wäre wohl das Jahr 1847 mit in Rechnung gezogen worden.

Damit nicht zufrieden, verheißt man denjenigen Kantonen/ die in ungünstigen Pachtverhältnissen stunden, eine NachBesserung. Diejenigen, die Nichts vom Postregale bezogen

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haben, sollen entschädigt werden, und diejenigen Pachtkantone, deren Ertrag w e n i g e r als Nichts betrug, sollen dennoch die volle Pachtsumme erhalten, während der Verlust der Pächter in keine Berechnung fällt, und .möglicherweife müssen fogar Anslosungssumnien für aufgehobene Lehensverhältnisse bezahlt werden. Das Betriebskapital der Postwagen, das die Kantone für Nichts in Rechnung brachten, müssen wir mit einer halben Million Franken auf uns nehmen, und überdieß Staatsgebäude verzinfen, die bisher gratis den Postverwaltungen überlassen worden sind.

Ungeachtet dieser lästigen Zugaben verlangt die Bundesversassung von der neuen Postverwaltung gleichsörmige, möglichst billige Tarife, den Fortbestand der bisherigen Verbindungen im Ganzen, infofern die Kantone nicht

selbst zu Aenderungen einwilligen, und das Publikum zählt mit voller Zuversicht darauf, daß die Kurfe vermehrt, befchleunigt, daß der Postdienst verbessert, die Transportmittel bequemer eingerichtet, die Münzplackereien aufgehoben und die Bestellgebühren abgeschafft werden.

Man verlangt größere Haftbarkeit der Post und wünfcht den Botendienst überall eingeführt, wo er noch nicht besteht. Zudem hat sich in neuerer Zeit die Ansicht immer mehr Bahn gebrochen, daß die Begünstigung des Verkehrs einem Lande unendlich mehr Gewinn abwerfe, als der Geldertrag, den man durch hohe Taxe dem Postärar zuzuwenden suche.

Nicht dej. Handelsstand allein, die Jndustrie, die größern, die kleinern Gewerbe, alle die ihr Brod nicht Allein aus der Scholle Landes ziehen, auf der sie wohnen, fehnen sich nach Erleichterungen, die auswärtige Zölle und fremde Konkurrenz dringend gebieten. Man legt auch woljl mit Recht hohen Werth auf den Gewinn f der dem Lande durch freien Austaufch der Jdeen in

9 Freundfchafts- und Familienangelegenheiten, in gemeinnützigen Bestrebungen, in Förderung von Künsten und Wissenschaften, ja selbst in der Politik, durch Belebung des eidgenössischen Sinnes und durch engere Verbrüderung der fchweizerifchen Nation erwachfen soll. Wollten wir auch in dieser Auffassung des wahren Zweckes einer Postanstalt auf unserm bisherigen Standpunkte verbleiben, wir würden dennoch durch das Beispiel anderer Staaten, durch

die öffentliche Meinung, durch das Wahre, Richtige der Ansicht felbst unwiderstehlich vorwärtsgestoßen, schneller und weiter, als wir es nur voraussehen können.

Bei diesen weit auseinandergehenden Forderungen müßten wir nahezu verzweiseln, unsere Aufgabe befriedigend löfen zu können, wenn wir nicht mit Vertrauen auf die

richtige Würdigung der Verhältnisse durch die Staatsmänner, die zunächst für ihre Kantone zu sorgen haben, zählen könnten, wenn nicht in der Bundesverfassung felbst eine Mindereinnahme im Postwefen in Aussicht gestellt wäre, und wenn uns anderseits nicht die Ersahrung lehrte, daß der Erfolg einer Taxermäßigung im Postwesen selten nur aus den Grund des Bisherigen nach trockenen arith-.

metischen Regeln berechnet werden kann, daß vielmehr der Ausfall der ersten Jahre in den spätern glänzend wieder gedeckt worden ist, wen« man anders nicht durch

Jdeale über die Grenze der Klugheit sich jagen ließ.

a. Von der Briefpost.

Die große glänzende Jdee im Postwesen, die jetzt ganz Europa durchzieht, verlangt nur eine niedere Briestaxe für alle Entfernungen. Wirklich hat anch diefes System da, wo bisher hohe Brieftaxen plötzlich auf ein Minimum herabgefetzt worden sind, auffallende Refultate hervorgebracht. Jn England z. B., wo die Taxe des einfachen

10 Briefes von 30 Rappen auf 7'/2 Rappen für alle Entfernnngen herabgefetzt worden ist, hat sich die Zahl der Briefe im Laufe von zehn Jahren verfünffacht ; da aber auch die Betriebskosten nahezu auf das Doppelte gestiegen sind, fo ist der Reinertrag dennoch nicht weit über der Hälfte der frühern reinen Einnahme stehen geblieben.

Wollten wir nun in unferm Postgebiet das gleiche System befolgen, so dürfen wir nicht überfehen, daß zu ähnlichen Refultaten ein stark bevölkertes, reiches, gewerbthätiges Land gehört, wo zudem leichte Transportmittel, Straßen, Dampffchiffe, Eisenbahnen den Betrieb des Postwefens in hohem Grade erleichtern. Wir erfreuen uns nun allerdings auch in der Schweiz in mehrern Kantonen einer thätigen, gewerbfamen Bevölkerung. Allein den ergiebigen Verkehr können wir da, trotz Schnellposten und täglichen Botenkurfen, nicht hervorrufen, wo die Bevölkerung in Seitenthälern und auf Bergen dünn gefäet und nach ihrer Lage auf einen Broderwerb angewiefen ist, der eines ausgedehnten Briefwechfels nicht bedarf. Beachtenswerth ist auch der Umstand, daß wir bisher fchon in den meisten Kantonen für geringere Entfernungen unter zehn Stunden eine Brieftaxe von nur 5 Rappen hatten. Das Lästige der Briefporti machte sich nur bei g r ö ß e r n Entfernungen und bei der Korrefpondenz mit dem Auelande fühlbar.

Niemand wird nun wohl der eidgenöfsifchen Postverwaltnng zumuthen, daß sie die Einheitstaxe auf 5 Rappen

herabfetze. Es ist zu augenfcheinlich, daß der Ausfall für die Kantonskassen allzu empfindlich wäre. Würden wir aber die Taxe auf 7 oder auf 10 Rappen fetzen,so verschlimmem wir die Verkehrsverhältnisse der kleinern Gewerbe, der dürftigern Klasse, um die größere Handelswelt zu begünstigen, und die Post würde fehr bald eine empfindliche Verminderung der Briefzahl eintreten fehen.

11 nicht allein wegen Erhöhung des Preises, sondern auch wegen Umgehung des Briefregales, die eben auf kürzern Distanzen am leichtesten Statt finden kann.

Bei unbedingter Empfehlung der Einheitstaxe überfchätzt man übrigens sehr oft die Vortheile, die den Postärar..?

zngnt kommen sollen. Wir theilen zwar die Ansicht, daß die bisher üblichen Taxen für größere Entfernungen sich durchaus nicht rechtfertigen lassen; denn wenn wir bei Berechnung der Briefporti, die Manipulation und die Bestellung des Briefes, die bei allen Entfernungen ungefähr gleich viel kosten, als den einen Faktor in Rechnung bringen und die Transportkosten als den andern, so läßt sich eine Steigerung der Preise für den Transport allein von 5 bis auf 55 Rappen durchaus nicht rechtfertigen.

Die Postwagen müssen nun einmal die angewiefenen Kurse machen, gleichviel, ob sie einen halben oder einen ganzen Zentner Briefe mit sich führen, und eine zwei-, drei- oder vierfache Vermehrung der Briefe erhöht die Transportkosten nicht. Jnsosern gebietet allerdings das Jnteresse der Postanstatt selbst, bis ans denjenigen Taxbetrag herabzugehen, der durch Vermehrung der Briefzahl wahrscheinlicherweise den Reinertrag einer geringern Zahl Briefe mit hohen Porti wieder erfetzt oder felbst erhöht. Allein daß der Faktor des Transportes aus der Berechnung der Brieftaxe

ganz gestrichen werde, ist deßwegen nicht zu billigen, weil im Ganzen die Transportkosten doch durch die Briefporti gedeckt werden müssen und das letzte Hundert Briefe so wenig ein Recht auf unentgeldliche Beförderung ansprechen kann als das erste Hundert. Deßwegen fordert auch die Gerechtigkeit, daß Briefe auf größere Distanzen verhält*

nißmäßig höher taxirt werden, als diejenigen, die nicht weit transportirt werden müssen. Nnr bei Kaufleuten und ©ewerbtreibenden und folchen, die einen ausgedehnten

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Briefwechfel auf kleine und große Entfernungen zugleich führen, kann man es rechtfertigen, wenn man sie für alle Briefe gleich viel bezahlen macht. Wer aber nur auf kurze Distanzen korrefpondirt, und zu diesen gehört eine Klasse von Gewerbtreibenden, die vorzugsweise der Er-

leichterung bedürftig ist, der zahlt im Grunde bei der Einheitstaxe iinbilligerweife das Porto für die großen

Gefchäftslente. Bei den vielerlei Münzfüßen, die wir jetzt noch in der Schweiz besitzen, wäre es übrigens nn-

möglich, eine ganz gleiche Taxe einzuführen, und kommt einmal die allgemeine Münzreform, fo kann auch das Posttaxsystem einer Umgestaltung nicht entgehen.

Nach diesen Grundfätzen haben wir uns bestimmen lassen, die bisherige niedrigste Taxe von 5 Rappen für die erste Entfernung bis auf 10 Stunden beizubehalten, für die zweite Entfernung von 10 bis 30 Stunden haben wir die Taxe auf 10 Rappen angefelzt und für jede weitere Entfernung ßkr 30 Stunden auf 15 Rappen.

Gegen Entrichtung diefer Taxe wird jedem Adressaten der Brief in [eine Wohnung gebracht und eine besondere Bestellgebühr darf nicht bezogen werden.

Beigefügte Tabelle Nr. l, in der wir eine Uebersicht der bisherigen Taxen mit den neuen zufammengestellt .haben, wird Sie, Tit., überzeugen, daß wir mit nnfern Anfätzen den Wünschen des Volkes besser entgegenkommen, als wenn wir eine Einheitstaxe vorgeschlag..n hätten, indem wir bei geringen Entfernungen keine Erhöhung, tei mittlern und großen Entfernungen aber durchweg eine namhafte Ermäßigung eintreten lassen. Wir haben im Grunde die Batzenpost mit zwei Ausnahmen, die sich die Wage halten.

Eine neue postalifche Jdee will, daß die Entfernungen in gerader Richtung vom Aufgabepostbüreau zum Abgabe-

13 .postbüreau bemessen werden. Dieses System, die Distanzen zu berechnen, hat feine Vortheile in flachen Ländern, wo richtige Karten bestehen. Die Freunde niederer Brief.porti erreichen zugleich mit diesem System den Zweck, möglichst viele Orte in die nähern Kreise einzuzirkeln, die sonst nach der Straßenstrecke in einen entserntern Kreis sallen würden. Wir haben auch hierin der Eigenthümlichkeit unseres Landes Rechnung tragen müssen. Die Fälle kommen in nnserm Gebirgsland gar zu häufig vor, daß unsere Posten durch entferntere Kreise fahren müssen, um in Orte zu gelangen, die in nähern Kreisen sich befinden.

Für die Sonderbarkeit, daß die nach der Straßenstrecke entserntern Orte weniger Porto hätten zahlen müssen als die Orte, wo die gleichen Briese vorher durchgeführt

werden, hätte uns das Publikum wenig Dank gewußt, und der Kredit der Post wäre wegen diefer nicht leicht

faßlichen Eigenthümlichkeit kaum gestiegen. Da die Taxen ohnehin äußerst niedrig angesetzt sind, so dürfen wir wohl unsere Briefkreife nach der kürzesten Poststraße, die vom Anfgabepostbüreau zum Abgabepostbüreau führt, bemessen.

Die Taxe für solche Briefe, die das Gewicht von einem halben Loth übersteigen, die wir mit jedem halben Loth bis anf zwei Loth je um die halbe einfache Taxe und dann in steigender Progression angemessen erhöhen, Bedarf bei den fonst niedern Ansätzen keiner besondern Rechtfertigung.

Wir müssen nun aber noch einiger befonderer Ausnahmen erwähnen, die wir zu Begünstigung des Verkehrs empfehlen.

Jn großern Städten, wie in Zürich, Basel und Genf, bestehen jetzt fchon Stadtposten, durch welche frankirte Briefe, die für die gleiche Gemeinde bestimmt sind, um

14 bedeutend ermäßigte Porti befördert werden. Das Bed-'für niß erfordert den Fortbestand diefer Erleichterung des Verkehrs, und wenn ähnliche Verhältnisse auch an andern Orten diefe Einrichtung wünfchbar machen, so erachten wir, der Bnndesrath folle die Befngniß erhalten, dieselbe einznsühren. Zum Voraus die Bedingungen festzusetzen, wo solche Ausnahmen gestattet werden müssen, hielten wir nicht sür ausführbar, ohne bedenklichen Mißbräuchen die Thüre zu öffnen.

Eine fernere Erleichterung empfehlen wir für folche Pakete, in welchen größere Schriften ohne Werth versendet werden. Da solche Pakete, wenn sie der Briespost ausgegeben werden, nicht eingeschrieben werden müffen und deßwegen auch keine Haftbarkeit der Post Statt findet, nach dem Brieftarif aber übermäßig hoch belegt würden, so ist es für die Post nur eine Erleichterung, wenn sie solche Schriftpakete wie Briefe behandeln kann, wenn auch schon nicht mehr als die gewöhnliche Pakettaxe für diefelben entrichtet wird. Mißbräuche, das heißt, Verfenden von Briefen unter dem Titel "Schriftpakete" können theils durch Strafen, theils durch Taxirung nach der Brieftaxe verhindert werden, wenn es der Empfänger darauf ankommen lassen will, das Paket Behufs der Kontrole auf dem Postbüreau offnen zu lassen.

Wichtiger ist die Ausnahme für die Verfendnng von

Druckfchriften, welchen lithographirte Sachen gleich gehalten werden. Zur Begünstigung des lfterarifchen Verkehrs sind solche Drucksachen bis auf das Gewicht von zwei Loth nur mit der Hälfte der einfachen Brieftaxe und bei größerm Gewicht noch niederer taxirt, infofern diefelben nur unter Band und zu Vermeidung lästiger Rücksendungen srankirt der Briespost ausgegeben werden.

15 Endlich haben wir auch ausnahmsweise im Jnteresse der kleinern Gewerbe ei.te sehr niedere Taxe für die Uebersendnng von Waarenproben und Mustern angenommen.

b. Von der Fahrpost.

Durch die Fahrpost werden Pakete und Gelder befördert. Wir haben zwar zur Zeit für die Beförderung dieser Poststücke noch die gleichen Transportmittel, wie sür die Beförderung der Briefe und der denfelben gleichgehaltenen Gegenstände. Allein in den Bürean's sind die Poststücke fcisanhin fchon gesondert behandelt, gesondert verrechnet worden. Den Maßstab der Taxation geben zwar, wie bei den Briefen, die Manipulation und der Transport.

Die Manipulation und die Bestellung erfordert bei allen Poststücken ungefähr die gleiche Bemühung, besonders wenn in Zukunft die öftere Umspedirung wegsällt. Deßwegen läßt sich auch eine gleichsörmige Einschreibgebühr

von 5 Rappen sür jedes Stück rechtfertigen. Allein der Transport kommt deßwegen in höherm Maße in Berechnnng, als bei Briefen, weit es der Post nicht gleichgültig sein kann, wenn ihre Wagen mit schwerem Gepäcke überladen werden und weil die Verantwortlichkeit mit der größern Entfernung verhältnißmäßig zunimmt. Diese Rücksichten haben uns zu einem sehr einfachen, rationellen Taxsostem geführt, indem wir fur je 5 Stunden und für jedes Pfund oder jeden Geldwerth von 40 Franken einen Rappen als Transportgebühr berechnen, vorbehalten die Entrichtung eines Minimums von einem Batzen für die Entfernung unter 10 Stunden, von 2 Batzen für die Entfernung von 10 -- 30 Stunden und von 3 Batzen für jede weitere Entfernung. Die beiliegende Tabelle Nr. 2 wird Sie, Tit., überzeugen, daß wir auf folche Weife

16 auch für den Verkehr von Pakett-n und Geldern im Ganzen genommen eine namhafte Ermäßigung eintreten lassen.

Es wird übrigens begreiflich fein, daß wir fowohl bei den Brief- als bei den Pakettaren nur vom i n n e r n Verkehr fprechen können, weil die Taxen für den Verkehr mit dem Ausland durch die jeweiligen Verträge bedingt

sind. Es mag genügen, wenn wir vorläufig die Ansicht ausfprechen, daß in der Regel zu dem Preife, in dem

uns das Ausland die Briefe abgibt, mehr nicht als das innere Porto zugeschlagen werden soll.

c. Von d e m Z e i t u n g s t r a n s p o r t .

Jn der Taxation des Zeitungstransportes haben bisauhin die meisten Kantone eine Art Schutzzollsystem besolgt.

Die eigenen Blätter haben sie sehr nieder, die kantonsfremden fehr hoch taxirt. Mit wenig Ausnahmen galt das ein- oder mehrmalige Erfcheinen in der Woche als Maßstab der Steigerung der Taxe. Den ersten Zweck beseitigen wir als einer wahren nationalen Politik entgegenstehend. Den zweiten, bloß finanziellen, Zweck suchen wir auf andere, viel einfachere, Weise dadurch zu erreichen, daß wir den Verlagspreis zum Maßstab der Taxe annehmen. Wir haben aber einen noch höhern Zweck im Auge, indem wir für den Transport aller Zeitungen und periodifchen Blätter durch die ganze Eidgenossenschaft eine und dieselbe mäßige Taxe von nur 20 vom Hirndert des Verlagspreises festsetzen, mit Beifügung einer Vergütung von einem Batzen, wenn die Post zugleich auch das Abonnement besorgen muß (s. Tabelle Nr. 3).

Durch dieses Taxfystem hoffen wir den tüchtigen Blättern in der ganzen Eidgenossenfchaft leichtern Eingang zu verschaffen und dadurch zu Verbreitung eines ächt nationalen

Geistes, zu Bildung einer gesunden, praktischen, öffent-

17 lichen Meinung wesentlich IJeizutragen. Es mag in diesen Bestimmungen in finanzieller Beziehung die schwächste Seite unseres Gesetzesvorschlages gesunden werden; wir glaubten aber, die rücksichtslose Durchführung dieser Maßregel der öffentlichen Meinung fchuldig zu sein.

d. Vom P e r s o n e n t r a n s p o r t . ' Treu dem Grundsatze unserer Bundesverfassung, die sor die ganze Eidgenossenschaft gleichförmige, möglichst billige Tarife verlangt, hatten wir uns nur nach den mäßigsten Taxen umzufehen, die bisher in den Kantonen

üblich waren, und diese dann gleichförmig für die ganze Eidgenossenfchaft festznfetzen. Es zeigt sich nun, daß die.

billigsten Verwaltungen bisher für einen Platz im Jnnern oder auf den Außensitzen 4 Batzen, für einen Platz im Eoupe 5 Batzen bezogen haben. Die Regel war also gegeben und es blieb uns nur noch übrig, sür besondere Verhältnisse Ausnahmen vorzuschreiben. Eine solche Ausnahme wünschen wir für die fehr unbequemen Plätze in der hintern Abtheilung der großen Postwagen, in den Rotonde«, für welche, fo lange sie noch bestehen, nur 3 Batzen bezogen werden sollen. Ausnahmsweise haben auch einige Postverwaltungen bereits jetzt schon Kurse mit Familienwagen, Omnibus, eingeführt und dann für einen Platz im Jnnern nur 3, im Coupé nur 3'/2 Batzen sich bezahlen lassen. Wo die Privatindustrie nicht bessere Dienste leistet, mögen solche Kurse auch in Zukwnst, jedoch immerhin nur als Ausnahmsknrse, sich rechtfertigen.

Dagegen empfehlen uns die Männer des Faches auf einigen Hauptrouten befondere Schnellposten (Briefposten, Malleposten, Kouriere) einzuführen, die, nur zu sechs Plätzen eingerichtet, ohne Beiwagen, zum schneller« Briefund Perfonentransport bestimmt wären. Auf den Faff 2

18 nun, daß solche Schnellposten eingeführt würden, haben wir nöthig erachtet, zum Voraus die Taxen zu bestimmen, das heißt, die gewöhnlichen Ansätze um einen Batzen zu erhöhen. Endlich wird es auch einleuchten, daß für Bergpässe, auf welchen das Vorspannen und das Umspannen und Umpacken, namentlich auf Schneestraßen, bedeutend größere Transportkosten erfordert, eine Erhöhung der Taren eintreten muß.

Jm Ganzen glaube« wir, auch mit diesen Bestimmungen den Wünschen des Publikums entgegengekommen zu sein und zu Belebung eines regen, nützlichen Verkehrs wefentlich beizutragen. Mögen Sie, Tit., überhaupt in unferm ganzen Gefetzesvorfchlage das Bestreben erkennen, durch die Zentralifation des Postwesens nicht nur Aenderung der Verwaltungsweise, sondern wirkliche, gründliche Verbesserungen zu Förderung der Wohlfahrt unseres gesammten Vaterlandes in's Leben zu rufen.

Es henützt, je.

(Folgen die Unterschriften.)

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Erste Beilage zu Nr. 13 des schweizerischen Bundesblattes. Samstag, den 31. März 1849.

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