zu 00.421 Parlamentarische Initiative Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien. Konsumentenschutz Bericht vom 21. Oktober 2005 der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 1. März 2006

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 21. Oktober 2005 der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates betreffend «Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien. Konsumentenschutz» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. März 2006

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2006-0076

2571

Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 21. Oktober 2005 verabschiedete die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) ihren Bericht zur parlamentarischen Initiative de Dardel (00.421) «Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien. Konsumentenschutz» sowie den Entwurf zu Änderungen des Obligationenrechts (OR) und des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 19861 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Gleichzeitig wurde der Bundesrat zur Stellungnahme eingeladen.

Ziel der von der RK-N vorgeschlagenen Änderungen des OR und des UWG ist es, Erwerberinnen und Erwerber von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien in ähnlichem Umfang zu schützen, wie dies in der Europäischen Union (EU) mit der Richtlinie 94/47/EG vom 26. Oktober 19942 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (im Folgenden: Richtlinie) der Fall ist. Vorgeschlagen werden namentlich erweiterte vorvertragliche und vertragliche Informationspflichten der Anbieterin oder des Anbieters von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (Art. 3a E-UWG und 40h E-OR) sowie ein 10-tägiges Widerrufsrecht zu Gunsten der Erwerberin oder des Erwerbers (im Folgenden: Konsument/in) von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (Art. 40i E-OR).

2

Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Grundsätzliches

Wie die Vernehmlassung gezeigt hat, erfüllt die RK-N mit ihrem Entwurf ein breit abgestütztes Konsumentenschutzanliegen. Davon zeugen auch verschiedene Vorstösse der Eidg. Kommission für Konsumentenfragen. Im Interesse des Konsumentenschutzes und der Rechtssicherheit erscheint das Eintreten des Parlaments auf die Vorlage als geboten, nachdem die RK-N diese deutlich, mit 18 zu 3 Stimmen (bei einer Enthaltung), angenommen hat.

Im Übrigen verweist der Bundesrat auf seinen ausführlichen Bericht in Beantwortung des Postulats Frick (98.3488) «Schutz vor dubiosen Geschäftspraktiken beim Handel mit Wohnrechten»3. Die folgenden Einschätzungen haben auch noch heute ihre Gütigkeit: 1.

1 2 3

Ferienwohnungen werden in der Schweiz von ihren Benutzerinnen oder Benutzern entweder gemietet oder gekauft; Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien sind demgegenüber selten und lassen sich in einigen wenigen

SR 241 ABl. Nr. L 280 vom 29. 10. 1994, S. 83 ff.

Der Bericht wurde vom Bundesrat am 31. Mai 2000 verabschiedet und ist abrufbar unter der folgenden Internetadresse: http://www.bj.admin.ch/etc/medialib/data/wirtschaft/gesetzgebung/konsumentenschutz.

Par.0007.File.tmp/frick-d.pdf

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Kantonen nachweisen4. Grössere Bekanntheit hat die «Hotel- und Appartementhaus Immobilien AG» (Hapimag) erlangt.

2.

Bereits das geltende Recht kennt gewisse Möglichkeiten, gegen Missbräuche bei der Vermarktung von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien einzuschreiten. So können Erwerberinnen und Erwerber von Teilzeitnutzungsrechten den Vertrag nach den allgemeinen Regeln des Obligationenrechts anfechten, wenn sie vom Anbieter übervorteilt oder getäuscht worden sind (Art. 21 und 28 OR) oder wenn sie sich bei Vertragsabschluss in einem Irrtum befunden haben (Art. 23 OR)5. Ferner werden Anbieterinnen und Anbieter von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien mit Gefängnis oder mit Busse bis zu 100 000 Franken bestraft, wenn sie sich besonders aggressiver Vertriebsmethoden bedienen (Art. 3 Bst. h i.V.m. Art. 23 UWG). Schliesslich sind Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien explizit in Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe s der Verordnung vom 11. Dezember 19786 über die Bekanntgabe von Preisen (PBV) erwähnt. Damit ist sichergestellt, dass jene, die Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien erwerben wollen, rechtzeitig und korrekt über deren Preis ins Bild gesetzt werden.

3.

Verträge über Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien weisen häufig einen internationalen Bezug auf, sei es, dass die betroffene Immobilie im Ausland liegt, sei es, dass der Anbieter seinen Sitz oder Wohnsitz im Ausland hat. In diesen Fällen sind jeweils die Regeln des internationalen Privat- und Prozessrechts zu beachten; sie führen dazu, dass auf einen Sachverhalt ausländisches Recht Anwendung findet und der Fall unter Umständen gar nicht vor ein schweizerisches Gericht gebracht werden kann7.

Der Bundesrat steht der Vorlage grundsätzlich positiv gegenüber. Trotzdem hat er dem konkreten Entwurf gegenüber gewisse Vorbehalte. Seine Abänderungsanträge finden sich unter Ziffer 2.2. Die Stellungnahme zu den Minderheitsanträgen folgt unter Ziffer 2.3.

Keine besonderen Bemerkungen hat der Bundesrat zu Artikel 40j E-OR (Zahlungen) und Artikel 40k E-OR (Auflösung von Kreditverträgen). Beide Vorschläge tragen wesentlich zur Effektivität des vorgeschlagenen Widerrufsrechts (Art. 40i E-OR) bei. Der Bundesrat unterstützt auch die Idee, von einer Bewilligungspflicht für gewerbliche Anbieterinnen und Anbieter von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien abzusehen sowie auf besondere Regeln betreffend die Vertragssprache zu verzichten und so bewusst vom europäischen Vorbild abzuweichen (Art. 4 Richtlinie).

4 5 6 7

Vgl. Bericht (a.a.O., Anm. 3), S. 6 f.

Vgl. Bericht (a.a.O., Anm. 3), S. 7 SR 942.211 Vgl. Bericht (a.a.O., Anm. 3), S. 9 ff., und das Urteil des EuGH in der Rs. C-73/04, Klein, vom 13. Oktober 2005. Dieses Urteil zielt darauf, den Gerichtsstand am Ort der gelegenen Sache zurückzudrängen zu Gunsten der Zuständigkeit der Gerichte jenes Staats, in dem die Erwerberinnen und Erwerber von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien ihren Wohnsitz haben.

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2.2

Abänderungsanträge

2.2.1

Systematik

Die RK-N schlägt vor, die neue Regelung in Sachen Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien im Allgemeinen Teil des Obligationenrechts zu platzieren. Sie tut dies deshalb, weil Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien in unterschiedlichen Formen (als bloss obligatorisches Recht, als dingliches Recht oder als Beteiligung an einer Gesellschaft) vorkommen und die RK-N schwerfällige Widerholungen und Verweise vermeiden wollte. Trotzdem bleibt die Regelung im Allgemeinen Teil des Obligationenrechts ein Fremdkörper. Verträge über Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien zielen auf einen Zustand, der zwischen dem traditionellen Kauf und der Miete eines Grundstücks liegt. Es liegt deshalb nahe, die neue Regelung im Besonderen Teil des Obligationenrechts, der den einzelnen Vertragsverhältnissen gewidmet ist, zu verankern. Sinnvollerweise geschieht dies im Sechsten Titel, im Anschluss an die Bestimmungen über «Kauf und Tausch» (Art. 184-238 OR)8.

Daraus resultieren die folgenden Anpassungen: Der Sechste Titel lautet neu: «Kauf, Tausch und Teilzeitnutzung von Immobilien», während der zusätzliche Fünfte Abschnitt den folgenden Titel erhält: «Teilzeitnutzung von Immobilien» mit den folgenden Bestimmungen: 238a [40g]9 (Gegenstand und Geltungsbereich); 238b [40h] (Form und Inhalt des Vertrags); 238c [40i] (Widerrufsrecht); 238d [40j] (Zahlungen) und 238e [40k] (Auflösung von Kreditverträgen).

2.2.2

Geltungsbereich

Der Entwurf der RK-N begnügt sich nicht mit der Übernahme des Gemeinschaftsrechts (vgl. Ziff. 1). In drei wichtigen Punkten geht er darüber hinaus.

8

9

1.

Folgt man Artikel 1 der Richtlinie, so belasten die Informationspflichten und das Widerrufsrecht nur Anbieterinnen und Anbieter, die im Rahmen der Berufsausübung Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien veräussern. Nach dem Entwurf gilt Gleiches auch für Konsumentinnen und Konsumenten, die untereinander Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien veräussern (Art. 40g Abs. 2 Bst. a E-OR). Die vorgeschlagene Erweiterung des Geltungsbereichs ist unpraktikabel. Sie belastet die Konsumentinnen und Konsumenten in ungebührlicher Art und Weise. Es ist zu befürchten, dass diese in Zukunft Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien ohne fachmännische Unterstützung nicht mehr weiterveräussern können.

2.

Anders als nach der Richtlinie sollen nach dem Entwurf die vorgeschlagenen Änderungen nicht nur für die Veräusserung von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien gelten, sondern auch für die Vermittlung solcher Geschäfte (Art. 40g Abs. 2 Bst. b E-OR). Auch dieser Vorschlag droht zur Quelle zusätzlicher Rechtsunsicherheit zu werden. So fragt es sich beispielsweise,

Die vorgeschlagene Lösung entspricht, was die Systematik betrifft, der Rechtslage in Deutschland: Mit der Schuldrechtsmodernisierung wurde auf das ursprüngliche Spezialgesetz verzichtet. Neu werden Teilzeit-Wohnrechtsverträge zwischen dem Tausch und dem Darlehensvertrag geregelt (§ 481-487 BGB).

Die Artikelnummer in der eckigen Klammer nimmt Bezug auf die von der RK-N vorgeschlagene Systematik.

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ob das Anzahlungsverbot (Art. 40j E-OR) auch für die Vermittlungstätigkeit gilt und wie sich das auch in diesem Fall gewährte Widerrufsrecht (Art. 40i E-OR) zur Möglichkeit verhält, eine Vollmacht widerrufen (Art. 34 Abs. 1 OR) und einen Auftrag kündigen zu können (Art. 404 OR).

3.

Artikel 40g Absatz 1 E-OR definiert Teilzeitnutzungsrechte als das Recht, ein Grundstück während bestimmter, wiederkehrender Zeiträume zu nutzen.

Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn jemand eine Ferienwohnung für eine Woche im Frühling und eine Woche im Herbst vermietet. In den Augen des Bundesrats ist eine so offene Umschreibung von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien nicht praktikabel und wohl von der RK-N auch gar nicht gewollt. In Anlehnung an Artikel 2 der Richtlinie sollten daher nur Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien erfasst werden, die für mindestens drei Jahre Bestand haben.

Aus den erwähnten Gründen beantragt der Bundesrat, Artikel 40g Absatz 2 E-OR neu folgendermassen zu formulieren: «Die nachfolgenden Bestimmungen gelten nur für Verträge mit einer Mindestlaufzeit von drei Jahren.» Verzichtet man antragsgemäss darauf, Vermittlungsverträge zu regeln, so werden auch die Artikel 40h Absatz 6 E-OR und 3a Absatz 2 E-UWG gegenstandslos.

2.2.3

Widerrufsrecht bei öffentlich beurkundeten Verträgen

Artikel 40i E-OR gewährt den Erwerberinnen und Erwerbern von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien ein Widerrufsrecht, unabhängig davon, ob der Vertrag öffentlich beurkundet worden ist oder nicht. Der damit verbundene Konsumentenschutz schiesst nach Meinung des Bundesrats über das Ziel hinaus, wenn der entsprechende Vertrag öffentlich beurkundet worden ist. Trifft dies zu, so ist es die Aufgabe der Urkundsperson, die Erwerberin oder den Erwerber über die Tragweite des Geschäfts aufzuklären und so von einem nachteiligen Vertragsabschluss abzuhalten. Das Widerrufsrecht erweist sich in diesem Fall als überflüssig. Es führt auch zu einer massiven Erschwerung der Vertragsabwicklung, wenn der öffentlich beurkundete Vertrag bereits zu einem Grundbucheintrag geführt hat. Ein zusätzlicher Absatz 4 bei Artikel 40i E-OR würde dieses unerwünschte Ergebnis verhindern: «Der Konsument hat kein Widerrufsrecht bei einem öffentlich beurkundeten Vertrag.» Verzichtet der Gesetzgeber auf ein Widerrufsrecht bei öffentlich beurkundeten Verträgen, so sollte auch Artikel 40h Absatz 2 Buchstabe l E-OR angepasst werden.

Zu informieren ist in diesem Fall nur noch über ein allfällig bestehendes Widerrufsrecht: «[...] das allfällige Recht, den Vertrag zu widerrufen, sowie die Bedingungen und die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts; [...]».

2.2.4

Sanktionen bei Formverstössen

Verträge über Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien bedürfen nach dem Entwurf der qualifizierten Schriftform, d.h. sie müssen von der Konsumentin oder dem Konsumenten eigenhändig unterzeichnet werden und die vom Gesetz verlangten Angaben enthalten. Bei Nichteinhaltung dieser Vorschrift droht die Nichtigkeit des Vertrags 2575

bzw. eine Auslegung der fehlenden Angaben zu Lasten der Anbieterin oder des Anbieters von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (Art. 40h Abs. 5 und 6 i.V.m.

Art. 40g Abs. 1 und 2 E-OR). Das vorgeschlagene Regime ist unnötig kompliziert und schadet damit der Rechtssicherheit.

Nach Artikel 11 Absatz 2 OR hängt die Gültigkeit eines Vertrags von der Beachtung der vom Gesetz verlangten Form ab. Diese Regel genügt auch bei Verträgen über Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien. Eine missbräuchliche Berufung auf die Formnichtigkeit scheitert am Verbot des Rechtsmissbrauchs (Art. 2 Abs. 2 ZGB).

Diese Lösung hat sich bewährt und sollte auch bei Verträgen über Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien gelten. Verhindert werden muss, dass die Frage der Gültigkeit eines Vertrags mit Fragen zu dessen Auslegung und Ergänzung vermengt werden.

Aus den erwähnten Gründen beantragt der Bundesrat, auf Artikel 40h Absatz 5 E-OR zu verzichten. Dasselbe gilt auch für Absatz 6, sofern dies nicht bereits aus den in Ziffer 2.2.2 erwähnten Gründen geschehen ist.

Demgegenüber drängt es sich auf, in Artikel 40k E-OR nicht nur den Widerruf zu erwähnen. Ein mit dem Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten verknüpfter Kreditvertrag soll vielmehr auch in jenen Fällen aufgelöst werden können, wenn ein Vertrag über Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien daran scheitert, dass dieser gegen Artikel 40h E-OR verstösst und damit (form-)nichtig ist. Entsprechend sollte Artikel 40k Absatz 1 folgendermassen ergänzt werden: «Der Widerruf und die Nichtigkeit des Vertrags über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien lösen jeden Kreditvertrag auf, [...].»

2.2.5

UWG

Der Bundesrat beantragt, auf die von der RK-N vorgeschlagene Ergänzung des UWG (Art. 3a E-UWG) zu verzichten.

Das UWG enthält in Artikel 2 die sog. Generalklausel, die jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst, als unlauter und widerrechtlich erklärt. In Artikel 3 UWG sind zentrale Unlauterkeitstatbestände aufgeführt wie das Irreführungsverbot (Bst. b), das Verbot der besonders aggressiven Verkaufsmethoden (Bst. h) und das Verschleierungsverbot (Bst. i). Mit diesen vier Bestimmungen, die für alle Arten von Geschäfts- und Wirtschaftsbeziehungen Gültigkeit haben, besteht eine fundierte Basis gegen jedes unlautere Tun. Insbesondere werden mit dem Irreführungs- und Verschleierungsverbot auch unvollständige Angaben über die Firma, die angebotenen Leistungen, die Geschäftsverhältnisse, die Beschaffenheit, den Verwendungszweck und den Nutzen dieser Leistungen erfasst. Objektiv richtige Angaben können unlauter sein, wenn der Adressat sie unrichtig versteht10. Entscheidend sind nicht nur der Wortlaut, sondern auch die Aufmachung und die Gesamtumstände. Irreführung liegt auch dann vor, wenn unrichtige Behauptungen nur zwischen den Zeilen suggeriert werden oder wenn sie an anderer, oft nicht leicht zu findender Stelle berichtigt oder präzisiert werden.

10

Vgl. BGE 106 IV 218

2576

Das bestehende UWG, dessen Sinn auch in der Allgemeingültigkeit für sämtliche Branchen besteht, erfasst damit bereits die in Artikel 3a vorgesehenen Informationspflichten. Die überdimensionierte Auflistung schafft Doppelspurigkeiten und Überlappungen.

Aus rechtssystematischer Sicht ist zu sagen, dass Artikel 3a E-UWG ein Fremdkörper im UWG wäre. Die Bestimmung würde von der Regulierungsdichte her im Vergleich zu den übrigen UWG-Tatbeständen eine Bedeutung erhalten, die ihr aus rechtstatsächlicher Sicht nicht zusteht (vgl. Ziff. 2.1).

2.3

Minderheitsanträge

Der Bundesrat anerkennt den Kompromisscharakter des Entwurfs der RK-N. Er unterstützt daher bei allen umstrittenen Punkten die Kommissionsmehrheit. Im Einzelnen äussert er sich wie folgt: 1.

Artikel 40h Absatz 2 Buchstabe j E-OR: Die Minderheit (Thanei) verlangt, dass im Vertrag erwähnt wird, dass die Konsumentin oder der Konsument mit keinen weiteren Kosten belastet werden darf. Nach Meinung der Mehrheit besteht ein Bedürfnis für diese Regel nur, soweit es um Kosten im Zusammenhang mit der Benutzung und mit den im Vertrag in Aussicht gestellten Dienstleistungen geht. Dieser Standpunkt ist insofern besser, als er eine nützliche Präzisierung mit sich bringt, ohne den Geltungsbereich der Bestimmung unnötig einzuengen.

2.

Artikel 40h Absatz 2 Buchstabe l in Verbindung mit Artikel 40i E-OR: Die Minderheit (Baumann) verlangt den Verzicht auf das Widerrufsrecht. Es ist offensichtlich, dass bei Annahme dieses Vorschlags die Vorlage viel von ihrer praktischen Bedeutung verlieren würde. Als defizitär erweist sich das geltende schweizerische Recht hauptsächlich mit Blick auf das fehlende Widerrufsrecht. Ein solches besteht zwar bei Haustürgeschäften und ähnlichen Verträgen, allerdings beschränkt auf bewegliche Sachen und Dienstleistungen (Art. (Art. 40a Abs. 1 OR).

3.

Artikel 40i Absätze 2 und 3 E-OR: Die Minderheit (Garbani) will das Widerrufsrecht verschärfen, indem die Widerrufsfrist von 10 auf 14 Tage verlängert wird. Der Bundesrat sieht keinen Grund für diese Verlängerung, nachdem sich auch das Gemeinschaftsrecht mit einer Frist von 10 Tagen begnügt (Art. 5 Richtlinie).

4.

Artikel 40ibis E-OR: Zwei Minderheiten (Garbani und Thanei) setzen sich dafür ein, dass die Konsumentin oder der Konsument das Recht erhält, nach drei (Minderheit Garbani) bzw. fünf Jahren (Minderheit Thanei) aus dem Vertrag über Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien auszusteigen. Dies ist für den Anbieter oder die Anbieterin ein ausserordentlich schwer wiegender Eingriff in die Vertragsfreiheit. Ihm oder ihr kann nicht in jedem Fall zugemutet werden, Teilzeitnutzungsrechte an Immobilien nach drei bzw. fünf Jahren wieder zurückzunehmen.

5.

Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe i E-UWG: Die Minderheit (Baumann) lehnt lauterkeitsrechtliche Sanktionen ab, wenn es der Anbieter oder die Anbieterin versäumt hat, auf die Möglichkeit des Widerrufs hinzuweisen. Der Bundesrat ist anderer Meinung. Fehlende Informationen über das Widerrufsrecht 2577

verdienen die gleiche Behandlung wie die anderen in Artikel 3a Absatz 1 Buchstaben a­h E-UWG erwähnten Angaben. Im Übrigen verweist er auf seinen Antrag, auf eine Revision des UWG gänzlich zu verzichten (vgl.

Ziff. 2.2.5).

6.

3

Artikel 3a Absatz 4 E-UWG: Die Minderheit (Thanei) wünscht eine explizite Sanktionierung aggressiver Methoden beim Verkauf von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien. Der Bundesrat hält diese Bestimmung für überflüssig, nachdem bereits Artikel 3 Buchstabe h UWG dieses Verhalten verpönt (vgl. Ziff. 2.1). Es besteht zudem die Gefahr, dass ein solcher Spezialtatbestand das generelle Verbot von aggressiven Verkaufsmethoden aushöhlt. Im Übrigen verweist der Bundesrat auf seinen Antrag, auf eine Revision des UWG gänzlich zu verzichten (vgl. Ziff. 2.2.5).

Zusammenfassung

Der Bundesrat beantragt dem Nationalrat, auf die Vorlage einzutreten, seinen Abänderungsanträgen zuzustimmen (vgl. Ziff. 2.2) und die Anträge der Kommissionsminderheit abzulehnen (vgl. Ziff. 2.3).

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