06.427 Parlamentarische Initiative Verlängerung des dringlichen Bundesgesetzes vom 8. Oktober 2004 über die Krankenversicherung (Pflegetarife) Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats vom 29. Mai 2006

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Verlängerung des dringlichen Bundesgesetzes vom 8. Oktober 2004 über die Krankenversicherung.

Gleichzeitig erhält der Bundesrat nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

29. Mai 2006

Im Namen der Kommission Die Präsidentin: Erika Forster

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Übersicht Mit dem dringlichen Bundesgesetz vom 8. Oktober 2004 wurde im Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG) eine Übergangsbestimmung zur Einfrierung der Pflegetarife eingeführt. Im Hinblick auf die Neuordnung der Pflegefinanzierung (05.025 s), die der Bundesrat den Räten am 16. Februar 2005 unterbreitet hat, wurde dieses Gesetz bis zum Inkrafttreten der neuen Regelung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2006 befristet. Die Kommission stellt fest, dass diese Zeit für die Beratung in beiden Räten und die Inkraftsetzung durch den Bundesrat nicht ausreicht und beantragt eine Verlängerung des dringlichen Bundesgesetzes.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Mit dem KVG wurde die Kostenübernahme im Pflegebereich neu geregelt. Während die Versicherung nach dem vormaligen KUVG an die Pflege einzig einen Beitrag geleistet hat, übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung gemäss Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe a KVG die «Pflegemassnahmen, die ambulant, bei Hausbesuchen (...) oder in einem Pflegeheim durchgeführt werden (1) von Ärzten und Ärztinnen, (2) von Chiropraktoren oder Chiropraktorinnen und (3) von Personen, die auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin Leistungen erbringen».

Angesichts der fehlenden Kostentransparenz der Pflegeheime und um die überdurchschnittliche Kostenentwicklung im Spitex- und Pflegeheimbereich besser in den Griff zu bekommen, wurden in Artikel 9a der Krankenpflege-Leistungsverordnung vom 29. September 1995 (KLV; SR 832.112.31) per 1. Januar 1998 Rahmentarife für die Pflegeleistungen nach Artikel 7 KLV eingeführt. Die Rahmentarife sollten solange gelten, bis die Leistungserbringer die Transparenzvorgaben erfüllen.

Per 1. Januar 2003 ist die Verordnung vom 3. Juli 2002 über die Kostenermittlung und Leistungserfassung durch Spitäler und Pflegeheime in der Krankenversicherung (VKL; SR 832.104) in Kraft getreten. Erfüllen die Pflegeheime die Anforderung zur Kostentransparenz gemäss VKL, so kann der Tarif unabhängig von den Rahmentarifen ausgehandelt werden. Die Aussicht auf die vollständige Transparenz der Kosten im Pflegeheimbereich ist realistisch. Es ist zu erwarten, dass innert nicht allzu langer Frist die Anforderungen der VKL erfüllt werden können. Auch unabhängig von der VKL ist angesichts der demografischen, der medizinischen und allgemein der gesellschaftlichen Entwicklung zu erwarten, dass in Zukunft der Bedarf an Pflegeleistungen und die Kosten zu deren Erbringung ansteigen werden. Der Bundesrat erklärte sich daher bereit, dem Parlament bis Ende 2004 eine Revision der Pflegefinanzierung zu unterbreiten. Bis zum Inkrafttreten dieser Regelung galt es eine Übergangsregelung zu finden, die eine dämpfende Wirkung auf die Kostenentwicklung ausübt. Mit der Botschaft vom 26. Mai 2004 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Strategie und dringliche Punkte) (BBl 2004 4259) wurde deshalb in einer Übergangsbestimmung die Einfrierung der Pflegetarife bis zum Inkrafttreten der Neuordnung
der Pflegefinanzierung vorgeschlagen. Die Bestimmung wurde am 8. Oktober 2004 vom Parlament verabschiedet und als dringlich erklärt (AS 2004 4375).

Mit der Botschaft vom 16. Februar 2005 wurde dem Parlament der Entwurf zum Bundesgesetz über die Neuordnung der Pflegefinanzierung (05.025) unterbreitet (BBl 2005 2033). Darin soll die Finanzierung der Pflegeleistungen durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) neu geregelt werden. Die gegenwärtige Einfrierung der Pflegetarife ist bis Ende 2006 befristet. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit stellt fest, dass diese Zeit nicht ausreicht für die Beratung der neuen Vorlage und die Inkraftsetzung der Revision und beantragt eine Verlängerung der Einfrierung der Pflegetarife bis Ende 2008, so dass sich die neue Regelung lückenlos an die geltende Regelung anschliesst. Die Kommission des Nationalrates hat der Kommissionsinitiative im Grundsatz zugestimmt.

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Grundzüge der Vorlage

Um den mit dem Wegfall der Rahmentarife befürchteten Kostenschub eindämmen zu können, wurde mit dem dringlichen Bundesgesetz vom 8. Oktober 2004 im KVG eine Übergangsbestimmung zur Einfrierung der Pflegetarife eingeführt. Damit werden die Rahmentarife bis zum Inkrafttreten der Neuregelung der Pflegefinanzierung weitergeführt. Gleichzeitig hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) per 1. Januar 2005 eine Erhöhung der Rahmentarife in den beiden oberen Pflegebedarfsstufen (Pflegeheime) vorgenommen. Ebenfalls erhöht wurden die Spitex-Rahmentarife. Diese neuen Rahmentarife sollten bis zum Inkrafttreten der Neuordnung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2006 gesetzlich eingefroren werden.

Da die Neuordnung der Pflegefinanzierung nicht am 1. Januar 2007 in Kraft treten kann, stellt sich die Frage der Verlängerung der Übergangsbestimmung. Nach Wegfall der Übergangsbestimmung würden die Leistungserbringer für die relativ kurze Dauer bis zum Inkrafttreten der Neuordnung höhere Tarife auf Basis der effektiven Kosten fordern, weshalb die weitere Einfrierung der Tarife bis zum Inkrafttreten der Neuordnung angebracht ist.

Materiell ergibt sich kein Änderungsbedarf an der Übergangsbestimmung, weshalb die geltende Bestimmung bis zum 31. Dezember 2008 verlängert werden kann. Der Verlängerungerlass im Anhang besteht deshalb lediglich aus einem neuen Absatz 3, in welchem die Geltungsdauer des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 2004 bis zum 31. Dezember 2008 verlängert wird.

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Erläuterungen

Nach Artikel 104a KVG kann das EDI Bestimmungen bezüglich der Kostenübernahme in der Krankenpflege erlassen. Aufgrund dieser Bestimmung wurden per 1. Januar 1998 die entsprechenden Rahmentarife festgesetzt. Diese für die Pflegeheime auf vier Pflegebedarfsstufen pro Tag bzw. für die übrigen Leistungserbringer auf drei Stufen pro Stunde festgesetzten Pauschalen decken die Kosten der Pflegeleistungen nach Artikel 7 Absatz 2 KLV, während die übrigen Pflichtleistungen separat verrechnet werden können.

Mit der am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Übergangsbestimmung wurde unabhängig vom Erreichen der Kostentransparenz eine Begrenzung der Kostenübernahme für die Pflegeleistungen durch die Krankenversicherung statuiert. Die Bestimmung enthält jedoch einen Vorbehalt zugunsten jener Fälle, in denen Tarife zur Anwendung kommen, welche die Rahmentarife am 1. Januar 2004 bereits überschritten haben, weil die betreffenden Leistungserbringer die Transparenzvorgaben erfüllten. Aus Gründen der Verhältnismässigkeit und des Vertrauensschutzes sind diese Tarife auf der am 1. Januar 2004 geltenden Höhe begrenzt worden.

Ein weiterer Vorbehalt gilt den vom Departement vorgenommenen Anpassungen (der Rahmentarife) an die Teuerungsentwicklung gemäss dem Landesindex der Konsumentenpreise. Damit ist gewährleistet, dass die Rahmentarife auch während der Geltungsdauer der Übergangsbestimmung an die Entwicklung der Konsumentenpreise angepasst werden können.

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Auswirkungen

4.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Mit der vorgeschlagenen Verlängerung der Übergangsbestimmung zur Festschreibung der Rahmentarife für Pflegeleistungen wird die aktuelle Situation fortgeführt, so dass grundsätzlich keine vorlagebedingten finanziellen und personellen Auswirkungen entstehen. Einzig der Vorbehalt hinsichtlich der Teuerungsanpassung könnte zu einer geringen zusätzlichen Belastung der obligatorischen Krankenversicherung führen.

4.2

Vollzugstauglichkeit

Die Vorlage führt ­ wie weiter oben ausgeführt ­ eine bestehende Regelung befristet weiter und enthält daher keine neuen gesetzlichen Bestimmungen, die zu neuen Vollzugsaufgaben führen werden.

4.3

Andere Auswirkungen

Angesichts dessen, dass mit der Vorlage die heute bestehende Situation weitergeführt wird, sind keine oder höchstens marginale andere Auswirkungen zu erwarten.

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Verhältnis zum europäischen Recht

Das europäische Recht (Recht der Europäischen Gemeinschaft und Recht des Europarates) sieht für den im vorliegenden Revisionsentwurf behandelten Bereich keine Normen vor. Die Staaten können die zu diesem Bereich gehörenden Aspekte nach eigenem Ermessen bestimmen.

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Rechtliche Grundlagen

6.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Dieses Gesetz stützt sich auf Artikel 117 der Bundesverfassung, der dem Bund eine umfassende Kompetenz zur Einrichtung der Krankenversicherung gibt.

6.2

Erlassform

Die vorgeschlagene Verlängerung der Übergangsregelung soll wiederum in Form eines zeitlich befristeten dringlichen Bundesgesetzes erlassen werden. Bundesgesetze können nach Artikel 165 Absatz 1 der Bundesverfassung dringlich erklärt werden, wenn sie sachlich und zeitlich dringlich sind. Die zeitliche Dringlichkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass das geltende dringliche Bundesgesetz Ende 2006 ausläuft, ohne dass eine Neuordnung der Pflegefinanzierung in Kraft treten wird.

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