04.429 Parlamentarische Initiative Bundesgesetz über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften (Sprachengesetz, SpG) Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates vom 15. September 2006

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dem vorliegenden Bericht den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Wir beantragen Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2000 P

99.3510

Schweizerische Amtssprache als zuerst gelehrte Fremdsprache (N 13.6.00, Zwygart)

2001 M

00.3034

Unterstützung der mehrsprachigen Kantone (N 13.6.00, Jutzet; S 20.3.01)

2000 M

00.3193

Massnahmen zur eidgenössischen Verständigung (N 22.6.00, Kommission 00.016 NR; S 3.10.00)

Die Kommission beantragt mit 15 zu 6 Stimmen, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen. Eine Minderheit der Kommission (Füglistaller, Pfister Theophil) beantragt Nichteintreten.

15. September 2006

Im Namen der Kommission Die Präsidentin: Kathy Riklin

2006-2544

8977

Übersicht Am 12. November 2004 gab die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) einstimmig der Pa. Iv. 04.429 «Bundesgesetz über die Landessprachen» (Levrat) Folge. Diese verlangt, dass der Entwurf des Bundesgesetzes über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften (SpG), so wie er am 23. Oktober 2001 vom Bundesrat in die Vernehmlassung geschickt worden war, den eidgenössischen Räten vorgelegt wird. Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) hat diesen Entscheid mit Beschluss vom 3. Februar 2005 bestätigt. Die parlamentarische Initiative wurde notwendig, weil der Bundesrat am 28. April 2004 Botschaft und Entwurf zu einem Sprachengesetz abgelehnt hatte. Die Kommission stützte sich für ihre Arbeit nicht, wie in der Initiative verlangt, auf den Entwurf vom Oktober 2001, sondern auf die bereinigte Fassung der Verwaltung vom April 2004. Damit konnte die Kommission der geleisteten Vorarbeit umfassend Rechnung tragen, die auch die Durchführung der Vernehmlassung einschliesst.

Für die WBK-N ist das Sprachengesetz eine Notwendigkeit und ein klarer Verfassungsauftrag gemäss Artikel 70 BV. Sie bringt weiter mit diesem Entwurf ihre Überzeugung zum Ausdruck, dass es eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Kantonen ist, für die Erhaltung und Förderung, aber auch für eine optimale Nutzung des sprachlichen Reichtums in unserem Lande zu sorgen sowie auf neue sprachpolitische Herausforderungen zu reagieren. Solche Herausforderungen sind die Probleme der Minderheitensprachen, die verständigungspolitische Bedeutung der Sprachenpolitik für die mehrsprachige Schweiz, die wachsende Beliebtheit des Englischen als Arbeits- und Freizeitsprache sowie die starke Präsenz der Sprachen der Migrantinnen und Migranten. Sie ist der Auffassung, die Grundphilosophie dieses Gesetzes müsse sein, dass der Bund dort, wo er aus einer übergeordneten kulturellen Verantwortung heraus die Sprachen fördern könne, dies tun solle.

Die Besonderheit der Schweiz als mehrsprachiges Land beruht darauf, dass mehrere Sprachen offiziell anerkannt sind. Dies macht die Mehrsprachigkeit zu einem Teil unseres Selbstverständnisses und zu einem Wesensmerkmal unseres Staates. Die Bundesverfassung bringt dies mit dem umfassenden sprachpolitischen Auftrag an Bund und
Kantone klar zum Ausdruck. Mit dem Verfassungsauftrag von Artikel 70 BV soll die Viersprachigkeit des Landes erhalten sowie die Verständigung und der Austausch zwischen den Sprachgemeinschaften gefördert werden.

Eine Reihe parlamentarischer Vorstösse fordern, gestützt auf den Verfassungsauftrag, spezifische sprach- und verständigungspolitische Massnahmen.

Mit dem vorliegenden Erlass wird dem gesamten sprachpolitischen Auftrag in angemessener Weise Rechnung getragen. Der Entwurf regelt den Amtssprachengebrauch innerhalb der Bundesbehörden sowie im Verkehr zwischen diesen und den Bürgerinnen und Bürgern (Art. 70 Abs. 1 BV). Die Gleichwertigkeit der Amtssprachen wird dabei explizit verankert und der Status sowie die Verwendung des Rätoromanischen als Teilamtssprache des Bundes festgelegt. Der Entwurf konkretisiert den verständigungspolitischen Auftrag im sprachpolitischen Kontext (Art. 70 Abs. 3

8978

BV) mit einer Reihe konkreter Massnahmen zur Förderung der individuellen und gesellschaftlichen Mehrsprachigkeit Das Gesetz regelt ferner die Unterstützung der mehrsprachigen Kantone bei der Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben (Art. 70 Abs. 4 BV). Die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über Finanzhilfen für die Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache und Kultur werden in den 5. Abschnitt des Sprachengesetzes integriert (Art. 70 Abs. 5 BV).

Der Strategiebeschluss der EDK vom 25. März 2004 zum Sprachunterricht in der obligatorischen Schule hat landesweit eine kontroverse Debatte zur Frage der Einstiegsfremdsprache (eine Landessprache oder Englisch) sowie zur Position der zweiten Landessprache im obligatorischen Unterricht ausgelöst. Die Mehrheit der WBK-N will diese Frage zugunsten der Landessprachen beantworten. Diese Haltung wurde bereits durch die vom Parlament 2001 eingegangene Verpflichtung im Zusammenhang mit der Pa. Iv. Berberat (00.425) vorgezeichnet. Die vom Volk am 21. Mai 2006 mit 85,6 % angenommene Bildungsverfassung ermöglicht es dem Bund (Art. 62 Abs. 4 B), bei gescheiterten Koordinationsbemühungen der Kantone Vorschriften zu erlassen. Die Kommission ist sich bewusst, dass die Kompetenz für die Regelung dieser Frage in erster Linie bei den Kantonen liegt. Sie hat diesbezüglich wiederholt die EDK angehört, deren Haltung im vorliegenden Bericht wiedergegeben wird. Die Mehrheit der WBK-N hält jedoch daran fest, dass staatsund verständigungspolitische Gründe hier klare Vorgaben zugunsten der Landessprachen erfordern.

Die Kommission hat der Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 15 zu 6 Stimmen zugestimmt. Eine Minderheit der WBK-N will aus finanz- und bildungspolitischen Erwägungen, auf die Vorlage nicht eintreten.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

8978

1 Allgemeiner Teil 1.1 Entstehung des Sprachengesetzes 1.1.1 Vorarbeit der Verwaltung in Zusammenarbeit mit den kantonalen Instanzen 1.1.2 Vernehmlassung und deren Ergebnis 1.1.3 Bundesratsbeschluss vom 28. April 2004 1.1.4 Arbeit der Kommission 1.2 Geltendes Sprachenrecht des Bundes 1.2.1 Sprachpolitischer Auftrag der Bundesverfassung 1.2.1.1 Sprachpolitische Handlungskompetenz des Bundes 1.2.1.2 Bundesgesetze, Verordnungen und verwaltungsinterne Richtlinien 1.3 Abschreibung parlamentarischer Vorstösse 1.3.1 Vorstösse zur Verständigung 1.3.2 Vorstösse zu Austausch, Bildung und Forschung 1.3.3 Vorstoss zur Unterstützung der mehrsprachigen Kantone 1.3.4 Parlamentarische Initiativen 1.4 Standesinitiative 1.5 Landessprachen und Englisch 1.5.1 Kommission ist für Landessprachen vor Englisch 1.5.2 Englisch in der Schweiz 1.5.3 Reform des Sprachunterrichts bei den Kantonen

8982 8982

2 Besonderer Teil 2.1 Erläuterungen zu einigen Schwerpunkten 2.1.1 Austausch auf allen Bildungsstufen 2.1.1.1 Heutige Austauschaktivitäten 2.1.1.2 Ausbau der Austauschaktivitäten aus Sicht der ch-Stiftung 2.1.2 Weitere Massnahmen zur Sprachförderung im Unterricht 2.1.2.1 Grundvoraussetzungen für den Unterricht in einer zweiten und dritten Landessprache 2.1.2.2 Kenntnisse der lokalen Landessprache 2.1.2.3 Förderung der Kenntnisse Anderssprachiger in ihrer Erstsprache 2.1.3 Wissenschaftliche Institution zur Förderung der Mehrsprachigkeit 2.2 Anhörung der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) 2.3 Gutachten Borghi 2.4 Staatspolitische und volkswirtschaftliche Bedeutung 2.5 Erläuterungen zum Gesetzesentwurf 2.5.1 Allgemeine Bestimmungen (1. Abschnitt, Art. 1­3 SpG) 2.5.2 Amtssprachen des Bundes (2. Abschnitt, Art. 4­13 SpG)

8980

8982 8983 8984 8984 8985 8985 8986 8987 8988 8989 8989 8990 8990 8991 8991 8991 8992 8993 8995 8995 8995 8995 8996 8997 8997 8997 8998 8999 9000 9001 9001 9002 9002 9003

2.5.3 Förderung der Verständigung und des Austauschs zwischen den Sprachgemeinschaften (3. Abschnitt, Art. 14­21 SpG) 2.5.4 Unterstützung der mehrsprachigen Kantone (4. Abschnitt, Art. 22 SpG) 2.5.5 Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache und Kultur (5. Abschnitt, Art. 23 SpG) 2.5.6 Vollzug und Evaluation (6. Abschnitt, Art. 24­26 SpG) 2.5.7 Schlussbestimmungen (7. Abschnitt, Art. 27­28 SpG) 3 Finanzielle und personelle Auswirkungen 3.1 Auf den Bund 3.1.1 Bisherige Aufwendungen 3.1.2 Zusätzlicher Finanzbedarf für die Inkraftsetzung SpG 3.2 Auf die Kantone und Gemeinden

9008 9014 9015 9016 9017 9018 9018 9018 9018 9018

4 Verfassungsmässigkeit

9019

5 Verhältnis zum europäischen und internationalen Recht

9019

Glossar zu Sprachenrecht und Sprachenpolitik

9021

Bundesgesetz über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften (Entwurf)

9035

8981

Bericht 1

Allgemeiner Teil

1.1

Entstehung des Sprachengesetzes

1.1.1

Vorarbeit der Verwaltung in Zusammenarbeit mit den kantonalen Instanzen

Dem Entwurf für ein Sprachengesetz ist eine langjährige sprachpolitische Diskussion vorausgegangen, die mit der Motion Bundi vom 21. Juni 1985 «Rätoromanische Sprache ­ Erhaltung» (85.516) eingesetzt und zunächst zur Revision des Sprachenartikels 116 der Bundesverfassung1 geführt hatte. Die Ablehnung des EWR-Beitritts (1992) beschwor einen deutlich raueren sprachenpolitischen Wind herauf, was schliesslich die Einsetzung der adhoc Verständigungskommission2 zur Folge hatte. Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates ist wiederholt als Fürsprecherin sprachenpolitischer Massnahmen aufgetreten.

Schliesslich folgte die Totalrevision der Bundesverfassung3, mit der die sprachrechtlichen Verfassungsbestimmungen erweitert und neu gegliedert wurden. Seit 1995 ist die Vorbereitung eines Sprachengesetzes in der Legislaturplanung des Bundesrates erwähnt.

Seit 1996 hat die Verwaltung unter Federführung des Bundesamtes für Kultur in verschiedenen Schritten an der Gesetzesvorlage gearbeitet. Gestützt auf die Vorarbeiten einzelner Arbeitsgruppen haben die kantonalen Stellen, namentlich die EDK und die ch Stiftung, dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) beantragt, aktiv an der Ausgestaltung der Gesetzesvorlage mitwirken zu können. Dafür wurde im Februar 2000 eine «Paritätische Arbeitsgruppe Sprachengesetz Bund und Kantone» (PAS) eingesetzt, die den Auftrag hatte, verfassungsrechtliche Kompetenzfragen zu klären sowie einen möglichst auf Konsens begründeten Gesetzesvorentwurf vorzubereiten. Die vorgeschlagenen Massnahmen wurden vom Bundesamt für Justiz bezüglich der Verfassungsmässigkeit begutachtet.4 Die kantonalen Stellen haben ihrerseits zwei Rechtsgutachten eingeholt5. Der Expertenbericht der EDK «Gesamtsprachenkonzept» für die Koordination des Sprachenunterrichts in der obligatorischen Schule hat die Diskussion massgeblich mitgeprägt und mündete schliesslich in den Strategiebeschluss der EDK vom 25. März 2004 zur Weiterent-

1 2

3 4 5

Volksabstimmung vom 10. März 1996.

92.083 Bericht der Verständigungskommission beider Räte («... das Missverhältnis soll uns bekümmern») vom 22. Oktober 1993 (BBl 1994 I 17) mit Empfehlungen und einer Motion (93.3527).

Volksabstimmung vom 18. April 1999.

Constitutionalité des mesures fédérales en matière de compétence linguistique, 16.6.1999.

Prof. Augustin Macheret: Avis de droit concernant la portée de l'art. 116 Cst. féd. et du nouvel art. 70 Cst. féd. dans le domaine scolaire, 25.4.2000. Prof. Regula Kägi-Diener und Prof. Rainer J. Schweizer: Kompetenzen im Sprachen- und Kulturrecht, 17.8.2000.

8982

wicklung des Sprachenunterrichts6. Am 29. März 2001 schloss die PAS ihre Arbeiten ab und legte einen Gesetzesvorentwurf mit erläuterndem Bericht vor.7

1.1.2

Vernehmlassung und deren Ergebnis

Mit Beschluss vom 17. Oktober 2001 ermächtigte der Bundesrat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI), über den von der PAS vorgelegten Vorentwurf für ein Sprachengesetz eine Vernehmlassung durchzuführen. Es gingen 97 Stellungnahmen von Kantonen, politischen Parteien, Gemeinden und eidgenössischen Kommissionen, von staats-, kultur- und sprachpolitischen Organisationen, von bildungspolitischen und wissenschaftlichen Organisationen sowie von weiteren spezifischen Interessengruppen ein. Der Bundesrat hat am 16. Oktober 2002 die Ergebnisse der Vernehmlassung veröffentlicht.8 Der Vorentwurf wurde allgemein positiv aufgenommen. Die Notwendigkeit der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage wurde weitgehend bejaht. Insbesondere die Abschnitte 1 (Allgemeine Bestimmungen), 2 (Amtssprachen des Bundes), 4 (Unterstützung der mehrsprachigen Kantone) und 5 (Erhaltung und Förderung des Rätoromanischen und Italienischen) haben breite Zustimmung gefunden. Die kritischen Stellungnahmen konzentrierten sich auf den Abschnitt 3 (Förderung der Verständigung und des Austauschs). Hier sind unterschiedliche Auffassungen zur Interpretation sowie zur Umsetzung des verständigungspolitischen Auftrags des Bundes zum Ausdruck gekommen, der gemäss Artikel 70 Absatz 3 BV parallel zu jenem der Kantone besteht. Die Meinungen darüber, ob, wie und wieweit der Bund neben der Wahrnehmung der eigenen Aufgaben die Kantone bei der Erfüllung der ihrigen unterstützen soll, divergierten. Mehrere Kantone befürworteten aus finanzpolitischen Überlegungen und in Übereinstimmung mit der EDK eine Schwerpunktsetzung auf einige wenige Förderbereiche (Austausch, Institut zur Förderung der Mehrsprachigkeit, mehrsprachige Kantone, Rätoromanisch und Italienisch).

Ein Teil der Kantone und der politischen Parteien lehnte den ganzen Abschnitt zur Förderung der Verständigung und des Austauschs ab. Andere forderte eine Konzentration auf zwei verständigungspolitische Aufgaben (Förderung von schulischem Austausch und Schaffung einer Institution zur Förderung der Mehrsprachigkeit).

Eine dritte, zahlenmässig leicht überwiegende Gruppe befürwortete darüber hinaus auch ein Engagement des Bundes bei der Förderung der Landessprachen im Unterricht und teilweise bei der Förderung der sprachlichen Integration von Anderssprachigen.

6

7

8

Welche Sprachen sollen die Schülerinnen und Schüler der Schweiz während der obligatorischen Schulzeit lernen ­ Gesamtsprachenkonzept einer Expertengruppe an die EDK vom 15.7.1998 (http://www.romsem.unibas.ch/sprachenkonzept/Konzept.html).

Vorentwurf für die Vernehmlassung und Erläuterungen zur Entstehung und Bedeutung des Vorentwurfs für ein Sprachengesetz (SpG), 29.3.2001 (www.bak.admin.ch, Sprachen und kulturelle Minderheiten).

Bundesgesetz über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften (Sprachengesetz, SpG), Bericht zum Ergebnis der Vernehmlassung, 16.10.2002 (www.bak.admin.ch, Sprachen und kulturelle Minderheiten).

8983

1.1.3

Bundesratsbeschluss vom 28. April 2004

Das EDI hat den Bundesrat am 25. Juni 2003 in einem Zwischenschritt mit einem Aussprachepapier über die laufenden Vorarbeiten zum SpG in Kenntnis gesetzt und dabei bezüglich der Finanzierung konkrete Zahlen und eine phasenweise Inkraftsetzung der Vorlage vorgeschlagen. Es wurde darufhin beauftragt, gestützt auf diese Vorarbeit die Botschaft vorzubereiten und dem Bundesrat zum Beschluss vorzulegen. Dieser lehnte am 28. April 2004 Botschaft und Gesetzesentwurf überraschend ab, weil er überzeugt war, dass der Bund bereits über die notwendigen Instrumente verfüge, um die im Sprachengesetz vorgesehenen Ziele zu erreichen.

1.1.4

Arbeit der Kommission

Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) hat sich in den letzten Jahren wiederholt zur Sprachpolitik geäussert und sich auch eingehend mit der Frage des Fremdsprachenunterrichts befasst. Sie hat in einem Schreiben vom 28. Oktober 1998 der Vorsteherin des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) mitgeteilt, sie habe sich nach einer «mit grossem Engagement geführten Diskussion» einstimmig dafür ausgesprochen, dass aus staatspolitischen und kulturellen Gründen die erste Fremdsprache eine Landessprache sein müsse. Auch im Geschäftsbericht der GPK (1998 und 1999) wurde der Rückstand bei der Umsetzung der aus dem Verständigungsbericht (92.083) abgeleiteten Massnahmen bemängelt. In einem zweiten Schreiben vom 30. September 2002 an den Bundesrat (zur Umsetzung der Pa. Iv. Robert: Förderung der zweisprachigen Erziehung (92.455) sowie der Pa. Iv. Berberat: Unterricht der Amtssprachen des Bundes (00.425)) brachte die WBK-N ihre Erwartung zum Ausdruck, dass diese Initiativen im Rahmen des Sprachengesetzes umgesetzt würden (siehe Ziff. 1.3.4).

Nach dem negativen Entscheid des Bundesrates vom April 2004 hat die WBK-N am 3. Juni 2004 an einer ausserordentlichen Sitzung mit 13 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung beschlossen, im Rat (4. Juni 2004) eine Erklärung zum Sprachengesetz abzugeben. Die Kommission bedauerte den negativen Entscheid des Bundesrates.

Sie billigte deshalb den Entscheid des Bundesrates nicht und unterstützte den Antrag der Legislaturplanungskommission, ein Sprachengesetz zu schaffen.

Gestützt auf die vorausgegangenen Beschlüsse der Kommissionen beider Räte zur Pa. Iv. Levrat hat die WBK-N am 24. Juni 2005 die Beratung dieser Vorlage aufgenommen. Sie hat sich dabei nicht wie im Initiativtext festgehalten, auf den Entwurf SpG «wie er am 23. Oktober 2001 vom Bundesrat in die Vernehmlassung geschickt worden war» abgestützt, sondern auf der Basis der Vernehmlassung erfolgte. Damit konnte die Kommission der geleisteten Vorarbeit umfassend Rechnung tragen.

In der ersten Sitzung hat die Kommission eine Delegation der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) und der chStiftung angehört (siehe dazu Ziff. 2.2). Auskunft gegeben haben auch Vertreterinnen und Vertreter der Sprachwissenschaften aus verschiedenen Sprachregionen und Fachgebieten. Für die Detailberatung
wurden insgesamt vier Sitzungen durchgeführt. Im Hinblick auf die Beschlussfassung bezüglich des Fremdsprachenunterrichts an obligatorischen Schulen hat die WBK-N am 31. März 2006 eine zusätzliche Aussprache mit einer Delegation der EDK durchgeführt. Die Kommission hat zudem zu einigen umstrittenen Massnahmen bei 8984

Professor Marco Borghi, Freiburg, ein Rechtsgutachten eingeholt (siehe Ziff. 2.3).

An ihrer 5. Sitzung vom 4. Juli 2006 hat sie gestützt auf das Rechtsgutachten Borghi sowie auf die zusätzlichen Aussagen der EDK zu den umstrittenen Bestimmungen (Art. 14­16 SpG) eine zweite Lesung durchgeführt.

1.2

Geltendes Sprachenrecht des Bundes

1.2.1

Sprachpolitischer Auftrag der Bundesverfassung

Die Bundesverfassung beinhaltet verschiedene sprachpolitisch relevante Artikel.

Bereits in der Präambel wird dem Willen Ausdruck verliehen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit leben zu wollen. Die sprachliche Vielfalt ist dabei ein wichtiger Faktor. In Artikel 4 BV werden Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch als Landessprachen der Schweiz bezeichnet. Artikel 4 BV geht von einem generellen Begriff der Landessprachen aus, der die schriftlichen und mündlichen Formen sowie alle Idiome und Dialekte der vier erwähnten Sprachen umfasst. Die vier Landessprachen gelten grundsätzlich als gleichberechtigt und gleichwertig. Die sprachliche Vielfalt als wichtiges Wesensmerkmal der Schweiz wird auch in anderen Verfassungsartikeln zum Ausdruck gebracht, beispielsweise in Zusammenhang mit der Kulturförderung durch den Bund (Art. 69 Abs. 3 BV), Radio und Fernsehen (Art. 93 Abs. 2 BV), der Wahl des Bundesrates (Art. 175 Abs. 4 BV) sowie der Bundesrichterinnen und der Bundesrichter (Art. 188 Abs. 4 BV).

Artikel 18 BV verankert die Sprachenfreiheit als Grundrecht und gewährleistet dadurch grundsätzlich jedem Menschen das Recht, sich in der Sprache seiner Wahl, insbesondere in seiner Hauptsprache, auszudrücken. Die grundrechtliche Dimension des Schweizer Sprachenrechts kommt auch im Diskriminierungsverbot auf Grund der Sprache (Art. 8 Abs. 2 BV) zum Ausdruck, ebenso im Recht auf Information in einer der betroffenen Person verständlichen Sprache über die Gründe ihres Freiheitsentzugs und die ihr zustehenden Rechte (Art. 31 Abs. 2 BV) bzw. über die ihr gegenüber erhobenen Beschuldigungen (Art. 32 Abs. 2 BV).

Im Bereich der Bildung sind die Bildungsrahmenartikel zu erwähnen: 61a BV, der Bund und Kantone zur Kooperation und Koordination im Bildungsbereich verpflichtet und Artikel 62 BV, der in Absatz 4 dem Bund unter anderem die Möglichkeit einräumt, Vorschriften zu erlassen, wenn die Kantone auf dem Koordinationsweg sich nicht auf gemeinsame Bildungsziele einigen können.

Für die Umsetzung des sprachpolitischen Auftrags ist vor allem Artikel 70 BV massgebend: Art. 70 BV

Sprachen

Die Amtssprachen des Bundes sind Deutsch, Französisch und Italienisch. Im Verkehr mit Personen rätoromanischer Sprache ist auch das Rätoromanische Amtssprache des Bundes.

1

Die Kantone bestimmen ihre Amtssprachen. Um das Einvernehmen zwischen den Sprachgemeinschaften zu wahren, achten sie auf die herkömmliche sprachliche Zusammensetzung der Gebiete und nehmen Rücksicht auf die angestammten sprachlichen Minderheiten.

2

8985

Bund und Kantone fördern die Verständigung und den Austausch zwischen den Sprachgemeinschaften.

3

Der Bund unterstützt die mehrsprachigen Kantone bei der Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben.

4

Der Bund unterstützt Massnahmen der Kantone Graubünden und Tessin zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache.

5

Artikel 70 Absatz 1 BV erklärt Deutsch, Französisch und Italienisch als volle und gleichwertige Amtssprachen des Bundes, Rätoromanisch als Amtssprache im Verkehr des Bundes mit Personen rätoromanischer Sprache.

Absatz 2 ruft im ersten Satz in Erinnerung, dass es den Kantonen obliegt, ihre Amtssprachen zu bestimmen. Dabei sind die Kantone verpflichtet, auf die herkömmliche sprachliche Zusammensetzung der Gebiete zu achten und auf die angestammten sprachlichen Minderheiten Rücksicht zu nehmen, um das Einvernehmen zwischen den Sprachgemeinschaften zu wahren. Das hier umschriebene Territorialitätsprinzip relativiert einerseits die Sprachenfreiheit, wird anderseits aber selbst durch den verfassungsrechtlich gebotenen Minderheitenschutz relativiert. Oberstes Ziel bleibt die Erhaltung des Sprachenfriedens.

Absatz 3 verpflichtet Bund und Kantone, Massnahmen zur Förderung von Verständigung und Austausch zwischen den Sprachgemeinschaften zu ergreifen. Die Erfüllung des Verfassungsauftrags setzt voraus, dass Bund und Kantone bei der Vorbereitung sowie bei der Umsetzung der konkreten Massnahmen zusammenarbeiten.

Absatz 4 verpflichtet den Bund, die mehrsprachigen Kantone bei der Erfüllung von besonderen sprachpolitischen Aufgaben finanziell zu unterstützen.

Absatz 5 verpflichtet den Bund, Massnahmen der Kantone Graubünden und Tessin zur Erhaltung und Förderung des Rätoromanischen und des Italienischen zu unterstützen. Diese Unterstützung besteht nicht erst seit der Einführung einer expliziten Verfassungsgrundlage im Jahre 1996. Bereits zuvor gab es Unterstützungsmassnahmen des Bundes, die auf den Sprachenartikel aus dem Jahre 1938 abgestützt waren.

Die grundsätzliche Gleichwertigkeit der Landessprachen und der verschiedenen Sprachgruppen veranlasste den Bund, seinen Beitrag zur Erhaltung und Förderung der gefährdeten Landessprachen zu leisten.

1.2.1.1

Sprachpolitische Handlungskompetenz des Bundes

Gemäss Bundesverfassung sind die Kantone souverän, «soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist; sie üben alle Rechte aus, die nicht dem Bund übertragen sind» (Art. 3 BV). Der Bund erfüllt «die Aufgaben, die ihm die Bundesverfassung zuweist» (Art. 42 Abs. 1) und «er übernimmt die Aufgaben, die einer einheitlichen Regelung bedürfen» (Art. 42 Abs. 2).

Die neuen Bestimmungen im Bildungsrahmenartikel (Art. 61a BV, 62 BV) geben dem Bund keine neuen Kompetenzen zur Regelung von sprachrechtlichen Fragen im Bildungsbereich. Die geltenden Kompetenzen werden dadurch auch nicht eingeschränkt9. Jedoch erlauben sie dem Bund, Vorschriften zu erlassen, wenn die Kan9

Borghi, Rechtsgutachten vom 27.Juni 2006 (vgl. Ziff. 2.3)

8986

tone sich auf dem Koordinationsweg nicht auf gemeinsame Bildungsziele einigen können.

Artikel 70 der Bundesverfassung beinhaltet in den Absätzen 1, 3, 4 und 5 kompetenzbegründende Bestimmungen für sprachpolitische Massnahmen des Bundes.

Artikel 70 BV weist dem Bund ausdrücklich Kompetenzen zu im Bereich der Amtssprachen des Bundes (Art. 70 Abs. 1), bei der Unterstützung der mehrsprachigen Kantone zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben (Abs. 4) sowie bei der Unterstützung der Kantone Graubünden und Tessin zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und italienischen Sprache (Abs. 5). Die Regelung der Amtssprachen der Kantone fällt hingegen ausschliesslich in die Kompetenz der Kantone, wobei sie dazu verpflichtet sind, die herkömmliche sprachliche Zusammensetzung der Gebiete sowie die angestammten sprachlichen Minderheiten zu berücksichtigen (Abs. 2).

Auf Grund von Artikel 70 Absatz 3 wird der Bund verpflichtet, den ihm zugewiesenen Verfassungsauftrag zu konkretisieren. Anders als in Artikel 70 Absätze 4 und 5, die dem Bund eine Unterstützungstätigkeit zuweisen, ist er in Absatz 3 aufgerufen, die Verständigung und den Austausch zu fördern. Die Verpflichtung von Bund und Kantonen ist dadurch nicht nur subsidiär zu verstehen, sie schliesst auch die Entwicklung von Initiativen ein, die zu diesem Ziel führen. Diese parallele Kompetenz beeinflusst die Aufgabenteilung von Bund und Kantonen, die in anderen Verfassungsbestimmungen geregelt ist, nicht. Damit erhält der Bund hauptsächlich zwei Aufgaben: Er muss einerseits direkte Massnahmen zur Förderung der Mehrsprachigkeit in seinem Kompetenzbereich ergreifen und er kann anderseits indirekte Massnahmen vorsehen, mit dem Ziel, die Kantone in ihrem Kompetenzbereich bei der Förderung der Mehrsprachigkeit, namentlich im Bereich der obligatorischen Schule, zu unterstützen10.

1.2.1.2

Bundesgesetze, Verordnungen und verwaltungsinterne Richtlinien

In Übereinstimmung mit dem Sprachenrecht der Bundesverfassung hat der Gesetzgeber mehrere Bestimmungen erlassen, welche die Erhaltung und Förderung des Italienischen und Rätoromanischen zum Ziel haben und den Amtssprachengebrauch des Bundes regeln.

Das Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Finanzhilfen für die Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und italienischen Sprache und Kultur (SR 441.3) regelt die finanzielle Unterstützung des Bundes an die Kantone Graubünden und Tessin für ihre Bemühungen um die Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und italienischen Sprache und Kultur. Der Bund gewährt jährlich Finanzhilfen zur Unterstützung von allgemeinen Massnahmen sowie von Organisationen und Institutionen, die überregionale Aufgaben in diesem Bereich wahrnehmen. Das Gesetz erlaubt zudem die Unterstützung der Verlagstätigkeit in der rätoromanisch- und italienischsprachigen Schweiz sowie die Förderung der rätoromanischen Presse, mit dem Ziel, die Sprache zu erhalten (SR 441.31).

10

Borghi, Rechtsgutachten vom 27.Juni 2006 (vgl. Ziff. 2.3)

8987

Das Publikationsgesetz (PublG) vom 18. Juni 2004 (SR 170.512) sieht vor, dass die Veröffentlichungen gleichzeitig in den drei Amtssprachen des Bundes erfolgen (Art. 14), d.h. auf Deutsch, Französisch und Italienisch. Bezüglich des Rätoromanischen schreibt das Gesetz vor, dass Bundeserlasse von besonderer Tragweite in romanischer Sprache veröffentlicht werden (Art. 15). Bereits bei der Revision des PublG wurde darauf hingewiesen, dass diese Bestimmung eher ins SpG gehört, weil das Rätoromanische nur in klar bezeichneten Beziehungen mit Personen rätoromanischer Sprache als Amtssprache (Art. 70 Abs. 1 zweiter Satz BV) gilt jedoch nicht für die Gesetzgebung. Das Bundesrechtspflegegesetz vom 16. Dezember 1943 (SR 173.110) regelt den Gebrauch der Landessprachen in Verfahrenserlassen (Art. 30 Abs. 1).

Die Verordnung über das Übersetzungswesen in der allgemeinen Bundesverwaltung vom 19. Juni 1995 (SR 172.081) regelt die Übersetzung der amtlichen Veröffentlichungen und weiterer wichtiger Texte in die Amtssprachen des Bundes, wobei für das Rätoromanische besondere Bestimmungen gelten. Die Verordnung über ausserparlamentarische Kommissionen sowie Leitungsorgane und Vertretungen des Bundes vom 3. Juni 1996 (SR 172.31) sieht vor, dass Kommissionen in sprachlicher Hinsicht ausgewogen zusammengesetzt sein müssen (Art. 9). Die Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SR 741.21) regelt den Sprachgebrauch für Ortsnamen auf Ortschaftstafeln, Wegweisern etc. (Art. 49 Abs. 1).

Die Weisungen des Bundesrates zur Förderung der Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung vom 22. Januar 2003 haben zum Ziel, die Mehrsprachigkeit am Arbeitsplatz zu fördern, die multikulturellen Eigenschaften der Verwaltung zu nutzen und eine angemessene Vertretung aller vier Sprachgemeinschaften zu gewährleisten.

Ziffer 9 schreibt vor, dass das Erscheinungsbild der Bundesverwaltung viersprachig zu gestalten ist und in Formularen und Anschriften alle Landessprachen zu berücksichtigen sind.

Das revidierte Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (SR 784.40, Stand am 28. 3. 2006, Ziff. 3), enthält einen sprach- und kohäsionspolitischen Programmauftrag. Dieser verpflichtet die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) zur Versorgung der gesamten Bevölkerung mit gleichwertigen Radio- und Fernsehprogrammen in den drei Amtssprachen
sowie zur Berücksichtigung der Bedürfnisse der rätoromanischen Schweiz. Bei Themen von nationalem Interesse ist in der Regel die Standardsprache zu verwenden (Art. 24 Abs. 5). Das Gesetz wird voraussichtlich im ersten Quartal 2007 in Kraft treten.

Das Bundesgesetz betreffend die Stiftung Pro Helvetia vom 17. Dezember 1965 (SR 447.1) schreibt der Kulturstiftung Pro Helvetia auch eine kohäsionspolitische Rolle zu. Sie fördert unter anderem den Austausch kultureller Werte zwischen den Sprachgebieten (Art. 2 Abs. 1 Bst. c). Das Gesetz wird gegenwärtig revidiert.

1.3

Abschreibung parlamentarischer Vorstösse

Nachstehend sind mehrere parlamentarische Vorstösse thematisch zusammengefasst, die für die Vorbereitung des vorliegenden Erlasses wegweisend waren. Alle nachstehend aufgeführten Vorstösse (mit Ausnahme der im Begleitbrief der Präsidentin aufgeführten) sind inzwischen bereits abgeschrieben. Da sie den Inhalt zum SpG massgeblich mitgeprägt haben, werden sie dennoch aufgeführt.

8988

1.3.1

Vorstösse zur Verständigung

Nach der Ablehnung des EWR-Vertrags am 6. Dezember 1992 durch Volk und Stände hatten die Motion Rhinow11 und die beiden gleich lautenden Motionen der Verständigungskommissionen von National- und Ständerat12,13 den Bundesrat beauftragt, verschiedene Massnahmen zur Förderung der Verständigung und des nationalen Zusammenhalts zu ergreifen. Diese Forderungen sind allgemein gefasst und gehen zum Teil weit über einen sprachpolitischen Auftrag hinaus. Sie müssen deshalb als Dauerauftrag im politischen Handeln des Bundesrates verstanden werden. Der konkrete sprachpolitische Auftrag der Verständigungsmotionen beider Räte war wegweisend für die Vorbereitung des Sprachengesetzes.

Mit der Motion der Spezialkommission14 zur Vorberatung der Richtlinien für die Legislaturplanung 1999­2003 wurde der Bundesrat an den Auftrag der Verständigungsmotionen vom 22. Oktober 1993 erinnert und aufgefordert, «dem Parlament einen Massnahmenkatalog vorzulegen zum besseren gegenseitigen Verständnis und zur Stärkung der gemeinsamen Handlungsfähigkeit der unterschiedlichen politkulturellen Sensibilitäten in der italienisch-, französisch- und deutschsprachigen Schweiz».

Das Postulat Brügger15 verlangte vom Bundesrat eine konsequentere Berücksichtigung der Landessprachen an internationalen Konferenzen.

Die Motion Ruey16 verlangte vom Bundesrat gesetzliche oder andere regulierende Massnahmen, um sicherzustellen, dass Bundesangestellte, die dem obersten Kader angehören, abgesehen von ihrer Muttersprache eine zweite Amtssprache beherrschen und eine dritte passiv verstehen.

1.3.2

Vorstösse zu Austausch, Bildung und Forschung

In Anknüpfung an den Bericht der Verständigungskommissionen forderte das Postulat der nationalrätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBKN)17 vom Bundesrat konkrete Massnahmen für den Jugendaustausch, namentlich für Lehrlinge sowie für die Mittelschuljugend. Das Postulat Maitre18 verlangte die Integration eines Sprachaufenthalts in die Lehrpläne von Lehrlingen sowie Mittel-

11 12 13

14 15 16 17 18

92.3493 Mo Rhinow vom 7.12.1992: Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften.

93.3526, 93.3527 Mo Verständigungskommissionen vom 22.10.1993: Sprachliche und regionale Verständigung in der Schweiz.

Vgl. auch 92.083 Bericht der Verständigungskommission beider Räte («... das Missverhältnis soll uns bekümmern») vom 22. Oktober 1993 (BBl 1994 I 17) mit Empfehlungen und einer Motion (93.3527).

00.3193 Mo Kommission 00.016 NR vom 9.5.2000: Massnahmen zur eidgenössischen Verständigung.

91.3261 Po Brügger vom 21.6.1991: Berücksichtigung der Landessprachen an internationalen Konferenzen.

05.3750 Mo Ruey vom 6.12.2005: Kaderleute der Bundesverwaltung sollten mehrere Amtssprachen beherrschen.

94.3017 Po WBK NR vom 3.2.1994: Massnahmen zur Verständigung.

99.3303 Po Maitre vom 17.6.1999: Bildung als Beitrag zum nationalen Zusammenhalt.

8989

schülerinnen und Mittelschülern, das Postulat Schmid Peter19 Transportvergünstigungen zur Förderung des Austauschs von Schülerinnen und Schülern zwischen den verschiedenen Landesteilen.

Das Postulat Zwygart20 lud den Bundesrat ein zu prüfen, mit welchen Mitteln gewährleistet werden könne, dass im Fremdsprachenunterricht in der Volksschule stets zuerst eine der schweizerischen Amtssprachen gelehrt werde. Das Postulat Rennwald21 ersuchte den Bundesrat, in Zusammenarbeit mit der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) Konzepte im Hinblick darauf zu entwickeln, dass künftig möglichst viele Schweizerinnen und Schweizer drei Sprachen beherrschen, d.h. ihre Hauptsprache, eine zweite Amtssprache sowie eine Weltsprache.

Die als Postulat überwiesene Motion Bezzola22 forderte den Bundesrat auf, sich dafür einzusetzen, dass das im Sprachengesetz vorgesehene wissenschaftliche Institut zur Förderung der Mehrsprachigkeit im Kanton Graubünden domiziliert werde und die laufenden Vorarbeiten keine den Standort präjudizierende Wirkung zeitigten.

Die Motion Simoneschi23 beauftragt den Bundesrat, jegliche Diskriminierung der italienischen Sprache bei der Ausschreibung von Bundesstellen zu beseitigen.

Im Rahmen der Revision des Berufsbildungsgesetzes hat der Gesetzgeber in Artikel 15 Absatz 4 nBBG festgehalten, dass die Frage des obligatorischen Unterrichtes einer zweiten Sprache in den Verordnungen über die berufliche Grundbildung geregelt werden muss.

1.3.3

Vorstoss zur Unterstützung der mehrsprachigen Kantone

Die Motion Jutzet24 beauftragte den Bundesrat, «gestützt auf Artikel 70 Absatz 4 BV dem Parlament ein Gesetz betreffend die Unterstützung der mehrsprachigen Kantone bei der Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben vorzulegen».

1.3.4

Parlamentarische Initiativen

Die parlamentarische Initiative Robert25 verlangte die Förderung der zweisprachigen Erziehung im Rahmen der Landessprachen und vom Bund die Unterstützung der Kantone insbesondere in Forschung, Begleitung und Auswertung bei der Einführung regional und kulturell angepasster Formen des zweisprachigen Unterrichts. Der Nationalrat leistete der Initiative am 16. März 1994 Folge. Am 23. November 1995 19 20 21 22 23 24 25

94.3141 Po Schmid Peter vom 17.3.1994: Transportvergünstigungen bei Schüleraustausch.

99.3510 Po Zwygart vom 7.10.1999: Schweizerische Amtssprache als zuerst gelehrte Fremdsprache.

00.3463 Po Rennwald vom 27.9.2000: Dreisprachige Schweizer Bevölkerung.

01.3714 Mo Bezzola vom 6.12.2001: Für ein Institut für Mehrsprachigkeit in Graubünden.

05.3186 Mo Simoneschi vom 18. 3. 2005 Sprachliche Diskriminierungen in Stellenausschreibungen des Bundes 00.3034 Mo Jutzet vom 8.3.2000: Unterstützung der mehrsprachigen Kantone.

92.455 Pa. Iv. Robert vom 18.12.1992: Förderung der zweisprachigen Erziehung.

8990

sprach sich die WBK-N dafür aus, die Initiative im Rahmen der Gesetzgebung zum Sprachenartikel umzusetzen und beantragte dem Rat, die Frist für die Behandlung der Initiative entsprechend zu verlängern. Im Schreiben vom 30. September 2002 an den Bundesrat verwies sie erneut auf die erwartete Umsetzung des Anliegens der Initiative im Rahmen des Sprachengesetzes. Im nun vorliegenden Gesetz wird der inzwischen abgeschriebenen Pa. Iv. Robert mit der Unterstützung einer wissenschaftlichen Institution zur Förderung der Mehrsprachigkeit Rechnung getragen.

Die parlamentarische Initiative Berberat26 fordert eine Ergänzung der Bundesverfassung (Art. 70 Abs. 3bis BV) mit folgendem Wortlaut: «Die Kantone sorgen dafür, dass als zweite Sprache jeweils eine Amtssprache des Bundes unterrichtet wird».

Der Nationalrat leistete am 22. März 2001 der Initiative mit 72 zu 67 Stimmen Folge. Die WBK-N hat mit ihrem Schreiben an den Bundesrat vom 30. September 2002 angeregt, auch diesem Anliegen im Sprachengesetz Rechnung zu tragen. In ihrem Bericht vom 14. Mai 2003 beantragt sie eine Fristverlängerung und begrüsst erneut eine Behandlung der Pa. Iv. Berberat in Zusammenhang mit dem Sprachengesetz, wobei sie auf die ausdrückliche Zustimmung des Initianten zu diesem Vorgehen verweist. Mit der Bestimmung von Artikel 15 SpG sowie mit dem Bildungsrahmenartikel (Art. 62 BV) wird das Anliegen der Pa. Iv. Berberat berücksichtigt.

1.4

Standesinitiative

Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates hat der Initiative des Kt. Tessin vom 28. April 2005 (05.305 Erhaltung der Mehrsprachigkeit zur Unterstützung des nationalen Zusammenhaltes. Eine unverzichtbare Aufgabe) Folge gegeben. Sie wird als Kommission des Erstrates nach der Verabschiedung des Sprachengesetzes die Abschreibung der Standesinitiative beantragen können. Die WBK-N hat die Initiative sistiert mit der Absicht, sie im Rahmen der Arbeit am Sprachengesetz umzusetzen.

1.5

Landessprachen und Englisch

1.5.1

Kommission ist für Landessprachen vor Englisch

Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) hat wiederholt die Bedeutung der Mehrsprachigkeit als einem der Grundpfeiler der Schweiz unterstrichen (Ziff. 1.1.4). Die Kommission ist überzeugt, dass diese in erster Linie durch die Vermittlung unserer Landessprachen im Fremdsprachunterricht erhalten werden kann und muss. Fremdsprachenkenntnisse werden in den Landessprachen auch in Zukunft die Grundlage für die interkulturelle Verständigung bilden. Das Englische soll Angesichts dessen globaler Bedeutung aber auch zum Sprachangebot der obligatorischen Schule gehören. In dieser Überzeugung hat die WBK-N im Rahmen der Detailberatung eine Bestimmung aufgenommen, die den Sachverhalt im Sinne der Initiative Berberat klar regelt und den Landessprachen den Vorrang im Unterricht gibt, ohne dabei aber das Englische zu vernachlässigen.

Bereits in ihrem Bericht vom 26. Oktober 2000 zur Initiative Berberat hielt die Kommission fest, «das Erlernen einer Landessprache bedeute (...) das gleichzeitige 26

00.425 Pa. Iv. Berberat vom 21.6.2000: Unterricht der Amtssprachen des Bundes.

8991

Vertrautwerden mit einer anderen Landeskultur und das Erspüren und Erahnen einer anderen Denk- und Betrachtungsweise. Dieser Lernprozess trage (...) letztlich wesentlich zur , zur unsichtbaren Klammer bei, welche unser Land im Innersten zusammenhalte (...)». Auch im Bericht der Verständigungskommissionen wurde diesem Punkt eine zentrale Bedeutung eingeräumt.

Für die Minderheit ist die Reihenfolge der unterrichteten Fremdsprachen objektiv gesehen nicht von primärer Bedeutung.

Viel wichtiger ist, dass am Ende der obligatorischen Schulpflicht Sprachkompetenzen in mindestens einer zweiten Landessprache vorhanden sind. Der Vorschlag der Minderheit ist mit dem Strategiebeschluss der EDK vom 25. März 2004 kompatibel und vermeidet, dass eine zu strenge Formulierung einen Sprachenstreit provoziert, welcher das ganze Sprachgesetz in Frage stellen könnte und am Ende zu Englisch als Einstiegsfremdsprache für alle Kantone führen könnte.

1.5.2

Englisch in der Schweiz

Das Englische ist in den letzten Jahren immer mehr ins Zentrum der sprachpolitischen Diskussionen in der Schweiz gerückt. Ausgelöst wurde diese Diskussion durch die steigende Beliebtheit und Verwendung des Englischen in der Jugendkultur, Arbeitswelt, Wissenschaft usw. Eine in den Medien teilweise verzerrte Diskussion zur Fremdsprachenreform in den Schweizer Schulen gipfelte in der Frage: Englisch oder Landessprachen? Auch eine Reihe von parlamentarischen Vorstössen beschäftigt sich mit dem Stellenwert des Englischen in der Schweiz.27 Im Rahmen der Vorbereitung des Sprachengesetzes hat der Bund einen Forschungsbericht zum Englischen in der Schweiz in Auftrag gegeben.28 Aus diesem Bericht geht hervor, dass Befürchtungen über eine zunehmende Dominanz des Englischen in der Schule und in der innerschweizerischen Kommunikation auf Kosten der Landessprachen verbreitet sind. Eine englische «Lingua franca» wird als ernsthafte Gefahr für die Mehrsprachigkeit und die Verständigung innerhalb der Schweiz betrachtet.

Bisher fehlen allerdings empirische Beweise für den zunehmenden Gebrauch des Englischen als Kommunikationssprache zwischen Angehörigen unterschiedlicher Sprachgruppen in der Schweiz.

Eine repräsentative Umfrage des Meinungs- und Marktforschungsinstituts Isopublic vom September 2000 bei 1000 stimmberechtigten Personen aus der deutsch- und französischsprachigen Schweiz belegt eine bessere Akzeptanz der anderen Landessprachen bei den Französischsprachigen. Während 65 Prozent der deutschsprachigen 27

28

Die wichtigsten Vorstösse zum Englischen in der Schweiz seit 1997 sind: Interpellation Hubmann vom 8.10.1997: Englisch als Kommunikationssprache in der mehrsprachigen Schweiz? (97.3459). Postulat Fässler vom 16.6.1999: Englisch auch für Detailhandelsangestellte» (99.3272). Motion Zbinden vom 3.9.1999: Gesamtschweizerische Volksschulreform (99.3454). Postulat Zwygart vom 7.10.1999: Schweizerische Amtssprache als zuerst gelehrte Fremdsprache (99.3510). Motion Hess vom 21.12.1999: Schutz der Landessprachen vor englischen Fremdwörtern (99.3612). Parlamentarische Initiative Berberat vom 21.6.2000: Unterricht der Amtssprachen des Bundes (00.425). Interpellation Grüne Fraktion vom 19.9.2000: Sprachenfrieden in Gefahr (00.3428). Postulat Schwaab vom 17.4.2002: Schutz der Landessprachen gegen Anglizismen (02.3193).

Murray, Heather/Wegmüller, Ursula/Ali Khan, Fayaz (2001). Englisch in der Schweiz.

Forschungsbericht, Bern: BBW (www.bbw.admin.ch/html/pages/services/publikationen/pdf/2001-1d.pdf)

8992

Befragten eine Präferenz für Englisch als erster Fremdsprache aufweisen, ist dies nur bei 45 Prozent der französischsprachigen Befragten der Fall. Im Vergleich mit früheren Umfrageergebnissen hat der Wunsch nach Englisch als erste Fremdsprache bei den Französischsprachigen zu Gunsten des Deutschen an Boden verloren, in der deutschsprachigen Schweiz jedoch auf Kosten des Französischen zugenommen. In der Umfrage sprechen sich aber in beiden Sprachgruppen fast gleich viele (mehr als ein Viertel der Befragten) für Englisch als erste Kommunikationssprache zwischen Angehörigen unterschiedlicher Sprachgruppen in der Schweiz aus.

1.5.3

Reform des Sprachunterrichts bei den Kantonen

Die Reform des Sprachenunterrichts in den obligatorischen Schulen der Schweiz ist bereits seit einigen Jahren Gegenstand intensiver Diskussionen. Grundinhalte der beabsichtigten Reform sind eine Intensivierung und Verbesserung des Sprachenunterrichts (Erstsprache und Fremdsprachen), die Vorverlegung des Fremdsprachenunterrichts (1. Fremdsprache spätestens ab dem 3. Schuljahr) und die Einführung einer zweiten obligatorischen Fremdsprache für alle (zweite Landessprache oder Englisch ab der 5. Primarstufe). Die Überlegungen zum Sprachenunterricht gehen in ihren zentralen Inhalten auf das Gesamtsprachenkonzept zurück, einen von der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) 1997 in Auftrag gegebenen Expertenbericht.

Die kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren haben den Strategiebeschluss zur Weiterentwicklung des Sprachenunterrichts an ihrer Plenarversammlung vom 25. März 2004 mit 24 Stimmen bei zwei Enthaltungen (AI, LU) angenommen.

Die EDK spricht sich mit ihrem Beschluss deutlich für die Beibehaltung einer zweiten Landessprache in der Primarschulstufe (spätestens ab dem 5. Schuljahr) für alle Schülerinnen und Schüler aus. In einem mehrsprachigen Land soll eine zweite Landessprache aus staatspolitischen Gründen weiterhin früh gelernt werden. Die EDK unterstützt auch das Ziel, den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, Kenntnisse in weiteren Landessprachen und in Englisch zu entwickeln.

Der gemeinsam festgelegte Fahrplan sieht folgendes Vorgehen vor: Bis spätestens 2006/2007 wird die Ausgangslage angepasst: In allen Kantonen wird spätestens ab dem 5. Schuljahr eine zweite Landessprache und spätestens ab dem 7. Schuljahr Englisch für alle Schülerinnen und Schüler unterrichtet.

Spätestens ab 2010 soll in allen Kantonen der Unterricht einer ersten Fremdsprache im 3. Schuljahr und einer zweiten Fremdsprache im 5. Schuljahr beginnen. Die ersten Umsetzungen begannen in der Zentralschweiz (UR, SZ, OW, NW, ZG) mit der Vorverlegung des Englischunterrichts auf das 3. Schuljahr schon im Schuljahr 2005/2006. Mit Ausnahme von NW erfolgte die Einführung des Englischunterrichts unter Beibehalt des obligatorischen Französischunterrichts ab dem 5. Schuljahr. In Zürich erfolgte seit 2004/2005 die Vorverlegung des Englischunterrichts auf das 2. Schuljahr.

Die Reihenfolge
bei den Fremdsprachen wird innerhalb der vier EDK-Regionalkonferenzen koordiniert. Gemäss bereits vorliegenden Beschlüssen und Absichtserklärungen von Regionalkonferenzen zeichnet sich folgende Lösung ab:

8993

In der Mehrheit der Deutschschweizer Kantone soll Englisch Einstiegsfremdsprache sein (2./3. Schuljahr) und Französisch weiterhin ab dem 5. Schuljahr unterrichtet (Bildungsdirektorenkonferenz Zentralschweiz, Ostschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz und Zürich).

In der Westschweiz wird Deutsch bereits heute ab dem 3. Schuljahr unterrichtet.

Deutsch wird erste unterrichtete Fremdsprache bleiben, Englisch wird zu einem späteren Zeitpunkt auf das 5. Schuljahr vorgezogen (Erklärung der Westschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz).

Im deutsch-französischen Sprachgrenzgebiet wird Französisch spätestens ab dem 3., Englisch spätestens ab dem 5. Schuljahr unterrichtet. (Erklärung der Sprachgrenzkantone [BS, BL, SO] sowie der zweisprachigen Kantone [BE, FR, VS]). In den Kantonen Tessin und Graubünden bleibt eine zweite Landessprache Einstiegsfremdsprache.

Die sich hinsichtlich Sprachenfolge abzeichnende Lösung sei im Hinblick auf die Mobilität vertretbar, da der Unterschied bezüglich Einsetzen der Fremdsprachen nur zwei Jahre betragen werde und die zu erreichenden Kompetenzniveaus über das Standardprojekt (HarmoS) der EDK klar vorgegeben würden. Zudem halte eine Mobilitätsklausel die Kantone an, allen zuziehenden Kindern den Anschluss an den Sprachenunterricht im neuen Wohnkanton zu ermöglichen.

In mehreren Deutschschweizer Kantonen hat sich gegen den Sprachenbeschluss der EDK mit zwei Fremdsprachen in der Primarschule Widerstand gebildet: Eine erste entsprechende Volksinitiative wurde im Kanton Zürich lanciert, also in jenem Kanton, der ­ gemeinsam mit Appenzell Innerrhoden ­ bei der Einführung der Fremdsprache Englisch vor Französisch in den Primarschulen eine Pionierrolle gespielt hatte. Inzwischen hat sich ein Interkantonales Komitee «Nur eine Fremdsprache an der Primarschule» gebildet. In den Kantonen Schaffhausen, Thurgau und Zug wurden bisher entsprechende kantonale Initiativen abgelehnt (Abstimmungen im Februar und Mai 2006). Die Zürcher Volksinitiative wurde im Kantonsrat am 10. Juli 2006 mit 90 gegen 65 Stimmen abgelehnt. Sie gelangt voraussichtlich am 26. November 2006 zur Volksabstimmung.

Verbindlichkeit der Sprachenstandards Die EDK hält in ihrem Strategiebeschluss fest, dass die Ziele betreffend Sprachenstandards nur erreicht werden können, wenn der Sprachenunterricht weiter verbessert
wird und die Sprachförderung früher einsetzt. Bei der Realisierung der gemeinsamen Ziele wollen die Kantone verstärkt zusammenarbeiten. Das bedeutet Investitionen bei der Lehreraus- und -weiterbildung, didaktische Entwicklungsarbeit, wissenschaftliche Evaluationen. Dabei sollen auch die Anforderungen an die sprachlichen und didaktischen Fähigkeiten der Lehrpersonen gemeinsam festgelegt und vorgegeben werden29.

In beiden Fremdsprachen (zweite Landessprache und Englisch) sollen bis Ende der obligatorischen Schule die gleichen sprachlichen Ziele erreicht werden (nicht die Reihenfolge bei der Einführung, sondern die Intensität des Sprachenlernens ist ausschlaggebend für die zu erreichenden Kompetenzniveaus). Dieses Vorgehen wird zusätzlich gestützt durch das 2003 gestartete EDK-Projekt «Harmonisierung der 29

Der Bezugsrahmen dafür ist der gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen des Europarates.

8994

obligatorischen Schule» (HarmoS), welches die Festlegung und periodische Überprüfung von gesamtschweizerisch verbindlichen Kompetenzniveaus und -standards in den Bereichen Erstsprache, Mathematik und Naturwissenschaften am Ende des 2., 6. und 9. Schuljahres und für die Fremdsprachen (zweite Landessprache und Englisch) am Ende des 6. und 9. Schuljahres vorsieht.

Die EDK hat die Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS-Konkordat) im Februar 2006 bei den Kantonen in die Vernehmlassung gegeben. Diese dauert bis am 30. November 2006. Gemäss heutigem Fahrplan wird das Konkordat im Oktober 2007 zur Ratifikation in den Kantonen freigegeben werden.

2

Besonderer Teil

2.1

Erläuterungen zu einigen Schwerpunkten

2.1.1

Austausch auf allen Bildungsstufen

Die Kommission hat in ihrer Erklärung vom 3. Juni 2004 zum Sprachengesetz zum Ausdruck gebracht, dass die Bemühungen um die Erhaltung der Grundwerte unseres Landes und deren Förderung sich nicht in der Vermittlung steriler Sprachkenntnisse erschöpft, sondern auf dem lebendigen Austausch und auf Erfahrung weitergehender kultureller Werte und Erfahrung gründet. Der praktische Austausch ist nach Auffassung der Kommission das Herzstück des Entwurfs für ein Sprachengesetz, weil dadurch die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften unseres Landes intensiviert, das Verständnis für andere Sprachen und Kulturen vertieft und dadurch ein Beitrag zur nationalen Kohäsion geleistet wird.

2.1.1.1

Heutige Austauschaktivitäten

Bund und Kantone fördern bereits heute den schulischen und ausserschulischen Austausch in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen. Der Bund unterstützt die internationale Mobilität im Hochschulbereich durch die Entrichtung von Mobilitätsstipendien (Erasmus). Auch im Bereich der Berufsbildung bemüht sich der Bund um Austauschmöglichkeiten mit der EU (Leonardo) und innerhalb der Schweiz. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) fördert Austauschangebote für junge Stellenlose mit abgeschlossener Berufsbildung im Rahmen des Programms «Offene Stellen». Der Bund unterstützt im Weiteren den ausserschulischen internationalen Jugendaustausch über die schweizerische Dachorganisation Intermundo. Im Bereich des schulischen Austauschs arbeitet der Bund mit der ch Stiftung für Eidgenössische Zusammenarbeit (chJugendaustausch) zusammen.

Die meisten schulischen Austauschprojekte werden von den Kantonen und ihren Austauschverantwortlichen organisiert und über die ch Stiftung koordiniert. In der Schweiz nehmen jährlich insgesamt 15 000 bis 16 000 Schülerinnen und Schüler an schulbezogenen Austauschprojekten teil. Die in den vergangenen Jahren festgestellte jährliche Zunahme der Austauschaktivitäten um ca. 10 Prozent zeugt von der wachsenden Beliebtheit der Austauschprojekte. Am häufigsten finden binnenschweizerische bilaterale Klassenaustausche statt, insbesondere auf der Sekundarstufe I.

8995

Individueller Schüleraustausch findet vor allem im Bereich der internationalen Jahresaustausche statt, die vornehmlich durch private Organisationen angeboten werden und kostenpflichtig sind. Individueller Schüleraustausch innerhalb der Schweiz wird von einigen Kantonen angeboten (z.B. «Ferieneinzelaustausch»-Programm der Nordwestschweiz, der Westschweiz und des Tessins und «Partnersprachliches zehntes Schuljahr» des Kantons Freiburg in Zusammenarbeit mit weiteren Kantonen).

30 bis 40 Lehrkräfte absolvieren jährlich einen Stellentausch bzw. eine Hospitation im Rahmen des Lehrpersonenaustausches. In zunehmendem Mass werden die künftigen Lehrkräfte im Verlauf ihrer Grundausbildung die Möglichkeit oder gar die Pflicht haben, einen Aufenthalt in einem anderssprachigen Gebiet zu absolvieren.

Einige pädagogische Hochschulen sehen derartige kostenneutrale Austausche in ihrem Ausbildungskonzept vor (z.B. im Kanton Wallis und zwischen BEJUNE (Bern ­ Jura ­ Neuenburg) und der PH Solothurn).

Im Bereich des Lehrlingsaustauschs liegen keine gesicherten Zahlen vor. Solche Programme werden in der Regel kostenlos von Kantonen, Grenzregionen und Organisationen angeboten.

2.1.1.2

Ausbau der Austauschaktivitäten aus Sicht der ch-Stiftung

Zielsetzung der ch-Stiftung ist der Ausbau des nationalen und internationalen Austauschs von Lernenden und Lehrenden auf allen Bildungsstufen. Die Zahl der an Austauschprogrammen Beteiligten soll mittelfristig verdoppelt werden. Über die bereits bestehenden Institutionen (chJugendaustausch) sollen die Angebote und Dienstleistungen nach Möglichkeit ausgebaut werden, wobei der Austausch als integrierter Bestandteil der Aus- und Weiterbildung der Lehrenden und Lernenden im schweizerischen Bildungswesen entwickelt werden soll. Angesichts der unterschiedlichen Grössen der einzelnen Sprachregionen der Schweiz ist es langfristig wünschenswert, dass der chJugendaustausch (chStiftung) in den kleineren Sprachregionen strukturell besondere Akzente setzt und zusätzliche Austauschprojekte anbietet.

Den Anlaufstellen für den nationalen und internationalen Austausch von Lernenden und Lehrenden kommen folgende Aufgaben zu: ­

Beratung und Betreuung in- und ausländischer Austauschinteressierter;

­

Entwicklung innovativer Austauschprojekte sowie Begleitung und Evaluation bestehender und neuer Projekte;

­

Information und Dokumentation zu Austauschprojekten sowie öffentliche Sensibilisierungsarbeit;

­

Schaffen von austauschbezogenen Unterrichtsmaterialien und Weiterbildungsangeboten für Lehrende und Bildungsverantwortliche;

­

Unterhalten des Netzwerkes der kantonalen Austauschverantwortlichen sowie des Informationsaustauschs mit in- und ausländischen Austauschorganisationen.

Die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) würde sich zur Wahrnehmung der Austauschaktivitäten die Schaffung einer nationalen Austauschagentur wünschen, in 8996

enger Zusammenarbeit mit dem Bund30. Die WBK-N teilt diese Auffassung nicht.

Nach ihrem Willen soll keine Agentur geschaffen, sondern vielmehr vermehrt direkt die bereits bestehenden Organisationen unterstützt werden.

2.1.2

Weitere Massnahmen zur Sprachförderung im Unterricht

Die Kommission ist sich bewusst, dass die Kompetenz für die Gestaltung des Unterrichts in der obligatorischen Schule in den Zuständigkeitsbereich der Kantone fällt.

Der Bund kann jedoch subsidiär die Kantone bei der Erfüllung besonderer Aufgaben unterstützen. Die WBK-N hat zu diesem Zweck drei Bestimmungen zur Förderung der individuellen Sprachkompetenz gutgeheissen. Diese haben die Optimierung der Grundvoraussetzungen für die Gestaltung des Unterrichts der zweiten und dritten Landessprache, die Förderung der lokalen Landessprache sowie der Erstsprache Anderssprachiger zum Ziel (vgl. Kommentar zu Art. 16 in Ziff. 2.4).

2.1.2.1

Grundvoraussetzungen für den Unterricht in einer zweiten und dritten Landessprache

Die obligatorische Schule muss von den grossen Fortschritten in der Erforschung und Anwendung von neuen und effizienteren Methoden für den Unterricht einer zweiten und dritten Landessprache profitieren können, insbesondere im fachbezogenen Sprachunterricht und sprachbezogenen Fachunterricht (Content and Language Integrated Learning CLIL, Immersionsunterricht, zweisprachiger Unterricht usw.).

Grosser Bedarf besteht z.B. bei der Nachqualifizierung der Lehrkräfte, damit diese mit den neuen Methoden bekannt gemacht werden und ihre sprachlichen Kompetenzen weiterentwickeln können. Letzteres kann auch über intensivere Austauschaktivitäten erreicht werden. Für den Erwerb guter Kenntnisse einer zweiten und dritten Landessprache sind ferner qualitativ hoch stehende Lehrmittel erforderlich.

2.1.2.2

Kenntnisse der lokalen Landessprache

Optimierte Grundvoraussetzungen sind auch für die Förderung der Kenntnisse der lokalen Landessprache (Standardsprache) in der obligatorischen Schule notwendig.

Verschiedene Studien (International Adult Literacy Survey/IALS-Studie 1999, PISA 2000) zeigen grosse Mängel in der Lesefähigkeit der Schülerinnen und Schüler auf.

Gestützt auf diese Resultate in einer Erklärung vom 7. März 2002 hat die EDK Massnahmen zur Förderung der Lesefähigkeit empfohlen und am 12. Juni 2003 einen Aktionsplan mit Folgemassnahmen zu PISA 2000 gutgeheissen (siehe weitere Empfehlungen der EDK31). Zielgruppe sind vor allem Kinder und Jugendliche mit 30 31

Vgl. http://www.edk.ch/PDF_Downloads/LLTG/Jahresbericht2005_d.pdf «Empfehlungen zum Verhältnis Hochsprache und Mundart im Schulunterricht» vom 15. Juni 1984; Strategiebeschluss vom 25. März 2004 zum Sprachenunterricht in der obligatorischen Schule; EDK: Aktionsplan «PISA 2000»-Folgemassnahmen, vom 12. Juni 2003.

8997

anderssprachigem Hintergrund sowie mit ungünstigen Lernvoraussetzungen. Die Förderungstätigkeit beschränkt sich auch hier auf die Bereitstellung von lehr- und lernbegünstigenden Grundlagen.

2.1.2.3

Förderung der Kenntnisse Anderssprachiger in ihrer Erstsprache

Die Förderung der Kenntnisse Anderssprachiger in ihrer Erstsprache umfasst zwei grundsätzlich verschiedene Bereiche: einerseits geht es um die Förderung des Rätoromanischen und Italienischen ausserhalb ihrer Sprachgebiete, andererseits um den Umgang mit den Nicht-Landessprachen der Migrantinnen und Migranten.

Viele Rätoromaninnen und Rätoromanen leben ausserhalb ihres Sprachgebietes, was besondere Massnahmen zur Förderung bedingt, wenn kein weiterer Rückgang unserer vierten Landessprache in Kauf genommen werden soll.

Aber auch das Italienische hat in der Schweiz auf Grund des starken Rückgangs ausserhalb der angestammten Sprachgebiete sehr an Bedeutung eingebüsst. Die Regierung des Kantons Tessin hat immer wieder auf die Notwendigkeit zur Förderung des Italienischen ausserhalb der Sprachgebiete durch den Bund hingewiesen, denn man müsse das Italienische insbesondere auch dort fördern können, wo es zwar verbreitet, jedoch stark rückläufig ist.

Unter diesem Titel sind auch die Erstsprachenkenntnisse der ausländischen Migrantinnen und Migranten angesprochen (gemäss Volkszählung 2000 9 % der Wohnbevölkerung in der Schweiz). Heute besteht in der Schweiz ein fakultatives Angebot von Kursen in heimatlicher Sprache und Kultur (Kurse HSK) in allen grösseren Nicht-Landessprachen sowie in Italienisch für italienische und Französisch für französische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Die Kurse HSK werden mehrheitlich von den Herkunftsländern zusammen mit den Elternorganisationen finanziert und durchgeführt. Das Angebot konzentriert sich auf Gemeinden mit grossem Anteil an Kindern aus Migrantenfamilien, das heisst vor allem auf die städtischen Zentren der Kantone Zürich, Basel und Genf. Die lokalen Schulbehörden stellen dafür die Räumlichkeiten zur Verfügung, sichern die Koordination und Information und setzen die notwendigen Rahmenbedingungen.

Gute Fähigkeiten in der Erstsprache erleichtern wesentlich den Erwerb einer zweiten Sprache und verbessern dadurch die Integration und den Schulerfolg der Migrantenkinder. Die positiven Effekte des Erstsprachenunterrichts sind wissenschaftlich belegt.32 Das Förderungsangebot soll sich auf die Verbesserung der Grundvoraussetzungen für den Unterricht, z.B. auf die Nachqualifizierung der Lehrkräfte beschränken.

32

Cummins, Jim/Swain, Merrill (1986). Bilingualism in Education. Aspects of Theory, Research and Practice. London and New York: Longman. ­ Bauer, Rupprecht S./ Meder, Gregor/Previsic, Vlatko (1992) (Hrsg.), Interkulturelle Erziehung und Zweisprachigkeit. Hohengehren: Schneider. ­ Müller, Romano (1997). Sozialpsychologische Grundlagen des schulischen Zweitspracherwerbs bei MigrantenschülerInnen. Theoretische Grundlagen und empirische Studien bei zweisprachigen und einsprachigen SchülerInnen aus der 6.­10. Klasse in der Schweiz. Aarau et al.: Sauerländer. ­ Reich, Hans H./ Roth, Hans-Joachim et al. (2002). Spracherwerb zweisprachig aufwachsender Kinder und Jugendlicher. Ein Überblick über den Stand der nationalen und internationalen Forschung. Hamburg: SIZ SchulinformationsZentrum.

8998

Die in Artikel 16 Buchstabe c SpG vorgeschlagenen Massnahmen zur Integration von Ausländerinnen und Ausländern beschränken sich auf die obligatorische Schule.

Dies in Abgrenzung zu den bereits im neuen Ausländergesetz (AuG), sowie in der Verordnung vom 13. September 2000 über die Integration von Ausländerinnen und Ausländern (VintA, SR 142.205) vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten der Erstsprache von Migrantinnen und Migranten. Das vom Bundesamt für Migration (BFM) unterstützte Schwerpunktprogramm zur Integration von Ausländerinnen und Ausländern berührt den schulischen Bereich nicht.

2.1.3

Wissenschaftliche Institution zur Förderung der Mehrsprachigkeit

Die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) hat bereits im Jahre 1989 die Schaffung eines «Schweizerischen Sprachenzentrums» angeregt und eine entsprechende Projektskizze vorgelegt. Das Projekt wurde im Rahmen der Vorbereitung des Sprachengesetzes von der Verwaltung aufgenommen. Ziel ist die Schaffung eines Kompetenzzentrums für Mehrsprachigkeit, das die angewandte Forschung in diesem Bereich fördert und die Funktion einer wissenschaftlichen Dienstleistungsstelle für die Erarbeitung, Umsetzung und Verbreitung von Fachwissen übernimmt, insbesondere im Bereich der schulischen Mehrsprachigkeit. Ein solches erfüllt auch die in der parlamentarischen Initiative Robert (92.455) geforderte «Unterstützung der Kantone durch den Bund bei der Einführung regional und kulturell angepasster Formen zweisprachiger Erziehung, insbesondere im Bereich Forschung, Begleitung und Auswertung».

Die EDK räumt im Jahresbericht 200533 der Schaffung einer solchen Institution nach wie vor erste Priorität ein, wobei sie davon ausgeht, dass der Bund die Institution mittragen und weitgehend allein finanzieren wird.

Aus der Sicht der WBK ist es nicht Aufgabe des Bundes, ein entsprechendes Kompetenzzentrum neu zu schaffen. Bund und Kantone sollen gemeinsam Vorhaben unterstützen können, bei denen bereits bestehendes Fachwissen beispielsweise an einer Universität zusammengeführt und weiter entwickelt wird, um damit die bislang im Bereich der Mehrsprachigkeit noch fehlenden wissenschaftlichen Kompetenzen zu erlangen. Namentlich was die angewandte Forschung betrifft, fehlt in der Schweiz eine wissenschaftliche Einrichtung, die sich auf nationaler Ebene interdisziplinär und anwendungsorientiert mit gesellschafts- und bildungspolitisch relevanten Fragestellungen zur Mehrsprachigkeit beschäftigt.

Die laufenden Reformen des Sprachenunterrichts bei den Kantonen sollen wissenschaftlich unterstützt, koordiniert und begleitet werden können. Spezifisches Fachwissen ­ beispielsweise über Immersionsunterricht und andere neue Formen des mehrsprachigen Unterrichts ­ muss aufbereitet und vermittelt werden. Die kontinuierliche Evaluation des Sprachenunterrichts bedarf ebenfalls gesamtschweizerischer Koordination. Die von der EDK gewünschte Institution sollte neue Formen der mehrsprachigen Erziehung und Ausbildung entwickeln, begleiten und auswerten. Im
Weiteren sollte sie dieses Fachwissen zur schulischen Mehrsprachigkeit auch aktiv vermitteln, indem sie beispielsweise bei der Gestaltung entsprechender Ausbildungsprogramme an den Hochschulen mitwirkt oder Impulse für die Ausbildung 33

Vgl http://www.edk.ch/PDF_Downloads/LLTG/Jahresbericht2005_d.pdf

8999

von Lehrpersonen an pädagogischen Hochschulen liefert. Das Aufgabenfeld sollte auch die Information, Dokumentation und Sensibilisierung der Öffentlichkeit im Bereich der Mehrsprachigkeit umfassen.

Bei der Lancierung des Nationalen Forschungsprogramms des Schweizerischen Nationalfonds mit dem Titel «Sprachenvielfalt und Sprachkompetenz in der Schweiz» (NFP 56) im Januar 2003 rechnete der Bundesrat mit der Schaffung des Institutes. Im Rahmen des NFP 56 werden nun neue Ergebnisse der Grundlagenforschung zum Thema Mehrsprachigkeit erarbeitet und zusätzliche Fachleute generiert werden. Der Schweizerische Nationalfonds für wissenschaftliche Forschung (SNF) hat 25 Projekte gebilligt, die bis 2008 abgeschlossen sein werden. Die laufende Arbeit kann sowohl inhaltlich als auch personell als Grundlage für eine zukunftsweisende Zusammenarbeit angesehen werden.

2.2

Anhörung der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK)

Die WBK-N hat die EDK im Rahmen der Beratung des Sprachengesetzes zwei Mal angehört, anlässlich des Hearings vom 24. Juni 2005 sowie am 31. März 2006, nachdem die EDK zu einzelnen Beschlüssen der WBK-N schriftlich Bedenken geäussert hatte. Ihre Äusserungen anlässlich der beiden Sitzungen werden nachstehend zusammengefasst wiedergegeben: Zu Artikel 15 Absatz 3 (Antrag der Mehrheit). Die EDK lehnt die Bestimmung entschieden ab. Begründung: ­

Die Kantone haben sich im Strategiebeschluss auf eine flexible Lösung geeinigt. Artikel 62 BV käme nur dann zum Tragen, wenn der Kompromiss der EDK scheitern würde.

­

Die Bestimmung von Artikel 15 Absatz 3 würde einen Mehrfrontenkrieg verursachen und provoziere das Referendum gegen das SpG.

­

Der Kampf um die zweite Landessprache sei nur zu gewinnen, wenn man freistellt, ob mit Englisch oder der zweiten Landessprache begonnen wird.

­

Die EDK will mehr als eine Fremdsprache in der Primarschule und setzt sich dafür ein, dass die zweite Landessprache in der Primarschule erhalten bleibt.

Die zu erwerbenden Sprachkompetenzen werden mit den Lernzielen gesteuert (HarmoS).Die EDK ­ wie auch die chStiftung ­ äussern sich für eine klare Prioritätensetzung bei Abschnitt 3 des Sprachengesetzes, wobei die Interessen und Bedürfnisse der Kantone vorrangig zu berücksichtigen sind: ­

Der Bund muss mit dem Sprachengesetz den Verfassungsauftrag erfüllen.

­

Die Massnahmen zur Förderung von Verständigung und Austausch sollen sich auf folgende Punkte beschränken: a. Schaffung eines Kompetenzzentrums für die Mehrsprachigkeit b. Förderung des Austauschs c. Unterstützung der mehrsprachigen Kantone d. Förderung des Rätoromanischen und des Italienischen.

9000

Auf die Massnahmen von Artikel 15, 16, sowie Artikel 18­20, denen aus der sprachpolitischen Optik der Mehrheit der WBK-N grosse Bedeutung beigemessen wird, soll verzichtet werden, da es sich einerseits um Aufgaben in der kantonalen Zuständigkeit handelt und andererseits Bagatellsubventionen gestreut würden, die wenig bewirken würden. Nach Ansicht der EDK sollte der Bund vielmehr die verfügbaren Mittel in seinem Zuständigkeitsbereich, namentlich in der Berufsbildung, einsetzen.

2.3

Gutachten Borghi

Die WBK-N hat am 31. März 2006 beschlossen, ein Rechtsgutachten in Auftrag zu geben. Prof. Marco Borghi, Freiburg, erhielt den Auftrag, die Systematik des Sprachengesetzes bezüglich der Artikel 14­16 zu überprüfen, einen Vorschlag zur Anwendung des Subsidiaritätsprinzips in den drei Bestimmungen auszuarbeiten sowie bezüglich der neuen Verfassungsbestimmungen im Bildungsbereich die Verfassungsmässigkeit von Artikel 14­16 zu prüfen. Prof. Borghi kommt bezüglich der Bildungsverfassung zu folgenden Schlussfolgerungen: Die neuen Verfassungsbestimmungen (Art. 61a und 62 Abs. 4) enthalten keine neuen gesetzgeberischen Kompetenzen. Anderseits beschränken sie auch nicht die gesetzgeberischen Kompetenzen des Bundes, wie sie in Artikel 70 der Bundesverfassung enthalten sind (Ziff. 1.2.2) und wonach die Verfassungsmässigkeit der Artikel 14­16 zu bejahen ist.

2.4

Staatspolitische und volkswirtschaftliche Bedeutung

Die Notwendigkeit staatlichen Handelns leitet sich aus dem sprach- und verständigungspolitischen Auftrag des Bundes nach Artikel 70 BV ab, der die Stärkung der institutionellen und der individuellen Mehrsprachigkeit als Voraussetzung für das Verständnis der anderen Sprachgemeinschaften und die Kommunikation zwischen den Sprachgemeinschaften zum Ziel hat. Neben diesen staatspolitischen Argumenten erklärt sich der Handlungsbedarf jedoch auch auf Grund von konkreten Bedürfnissen, die sich aus einer Reihe von neuen gesellschaftlichen ­ auch wirtschaftlich begründeten ­ Herausforderungen ergeben. In der gegenwärtigen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation wird die individuelle Mehrsprachigkeit für immer mehr Menschen aller Berufsrichtungen zu einem Schlüsselfaktor für ihren beruflichen Erfolg. Die Mehrsprachigkeit des eigenen Landes muss deshalb vermehrt als ein Potenzial begriffen werden, das für den Wirtschaftsstandort Schweiz und damit für die Bewohner und Bewohnerinnen des Landes Möglichkeiten bietet, die noch zu wenig ausgeschöpft werden. Denn der sprachliche Austausch erleichtert auch den wirtschaftlichen Austausch und der Sprachenfrieden trägt zum sozialen Frieden bei, welcher ein traditioneller Standortvorteil der Schweizer Wirtschaft ist. In diesem Punkt wurde die Kommission von Prof. François Grin von der Universität Genf anlässlich der Anhörungen vom 24. Juni 2005 unterstützt.

Vom Sprachengesetz betroffen sind grundsätzlich alle Landessprachen. Im Rahmen der Förderung der institutionellen Mehrsprachigkeit sind namentlich das Rätoromanische und das Italienische als Minderheitensprachen angesprochen sowie die mehrsprachigen Kantone, die bei der Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben Unterstützung 9001

erhalten werden. Zum Vorteil aller Landesprachen gereichen die Massnahmen zur Förderung der individuellen Mehrsprachigkeit, namentlich durch den Austausch, durch die wissenschaftliche Institution zur Förderung der Mehrsprachigkeit sowie durch die Gestaltung besserer Grundvoraussetzungen für den Unterricht in einer zweiten und dritten Landessprache. Vor allem junge, in der Ausbildung stehende Menschen werden von neuen Erkenntnissen und Methoden in der Sprachvermittlung profitieren können.

Gute individuelle Sprachkompetenzen erleichtern nicht nur den beruflichen Erfolg und die Mobilität jedes einzelnen, sie steigern auch die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten schweizerischen Volkswirtschaft, weil gute Sprachkenntnisse der Arbeitskräfte in der modernen Kommunikationsgesellschaft ein Standortvorteil sind. Arbeitskräfte mit einem diversifizierten Sprachenportfolio sind in den verschiedensten Wirtschaftssektoren gegenüber anderen besser qualifiziert. Die sprachliche Integration Anderssprachiger erleichtert zudem die Verständigung in der Arbeitswelt und wirkt sich positiv auf die Arbeitsproduktivität aus. Die vorgesehenen Massnahmen, die in erster Linie die Förderung der Landessprachen zum Ziel haben, werden auch erlauben, Lösungen zu finden, wie das Englische neben den Landessprachen in unsere Bildungssysteme eingebunden werden kann.

In der gegenwärtig landesweit sehr kontrovers geführten Debatte über die Mehrsprachigkeit kann das Parlament mit dem Sprachengesetz ein positives Signal aussenden, insbesondere im Hinblick auf den für den nationalen Zusammenhalt und die Schweizer Wirtschaft so wichtigen Sprachenfrieden, der zum sozialen Frieden beiträgt. Die Schweiz erhält und pflegt damit einen wichtigen Standortvorteil.

2.5

Erläuterungen zum Gesetzesentwurf

2.5.1

Allgemeine Bestimmungen (1. Abschnitt, Art. 1­3 SpG)

Art. 1

Gegenstand

In Artikel 1 wird der sprachpolitische Auftrag von Artikel 70 BV wiedergegeben.

Dieser Auftrag betrifft verschiedene sprachpolitische Massnahmen, die im vorliegenden Sprachengesetz umfassend geregelt werden. Artikel 1 Buchstaben a­d fasst die im 2.­5. Abschnitt geregelten Bereiche zusammen: Amtssprachen des Bundes, Verständigung und Austausch zwischen den Sprachgemeinschaften, Unterstützung der mehrsprachigen Kantone bei der Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben sowie der Kantone Graubünden und Tessin zu Gunsten des Rätoromanischen und Italienischen. Damit wird ein Gesamtbild der sprachpolitischen Regelungsbestrebungen sowie der Förderungstätigkeit des Bundes vermittelt. Das Gesetz beinhaltet ein Programm, das den sprach- und verständigungspolitischen Zusammenhang zwischen den einzelnen Bereichen ersichtlich macht.

Art. 2

Zweck

Im Zweckartikel sind die wichtigsten Ziele der Sprachenpolitik des Bundes abgesteckt. Da die Viersprachigkeit als ein Wesensmerkmal der Schweiz verstanden wird, ist es für Bund und Kantone vorrangig, sie zu erhalten und zu stärken. Ein mehrsprachiger demokratischer Staat setzt sprachliche Gleichberechtigung sowie 9002

freie Verwendung und Entfaltungsmöglichkeit der verschiedenen verfassungsrechtlich verankerten Landessprachen voraus. Um dies verwirklichen zu können, müssen vor allem die kleineren Sprachgruppen berücksichtigt werden. Sie haben deshalb Anspruch auf besondere staatliche Unterstützung. Eine friedliche Koexistenz unterschiedlicher Sprachgruppen setzt auch gegenseitige Toleranz und Respekt voraus.

Die Bereitschaft dazu wird durch die Förderung von Verständigung und Austausch über die Sprachgrenzen hinweg erhöht. Eine wichtige Voraussetzung für die Kommunikation und für ein gutes gegenseitiges Verständnis sind die individuellen Sprachkompetenzen in den Landessprachen. Diese werden insbesondere in den kantonalen Bildungssystemen vermittelt. Gute Sprachkompetenzen sind zugleich Voraussetzung für eine gute institutionelle Zusammenarbeit auf allen staatlichen Ebenen.

Art. 3

Grundsätze

Die vier in Absatz 1 verankerten Grundsätze sind aus den sprachpolitischen und sprachrechtlichen Bestimmungen der Bundesverfassung hergeleitet. Sie bilden die Grundlage der Sprachen- und Verständigungspolitik und werden hier in Erinnerung gerufen. Das Prinzip der Gleichwertigkeit der Landessprachen ist in Artikel 4 BV enthalten. Die Individualrechte sind in Artikel 8 BV (Diskriminierungsverbot) sowie Artikel 18 BV (Sprachenfreiheit) aufgeführt und für Angehörige der sprachlichen Minderheiten als Rechtsgrundlage für die Spracherhaltung von besonderer Tragweite. Das Grundrecht der Sprachenfreiheit kann aber, wie die übrigen Grundrechte auch, eingeschränkt werden; der Grundsatz in Buchstabe c weist darauf hin. Oberstes Ziel bleibt der Erhalt des einvernehmlichen Zusammenlebens der Angehörigen der verschiedenen Sprachgruppen. Artikel 70 Absatz 2 BV ruft in Erinnerung, dass es den Kantonen obliegt, ihre Amtssprachen zu bestimmen. Es ist jedoch auch Aufgabe des Bundes, im staatlichen Handeln auf die sprachliche Zusammensetzung der Gebiete Rücksicht zu nehmen. Artikel 70 Absatz 3 BV enthält eine Parallelkompetenz von Bund und Kantonen zur Förderung der Verständigung und des Austauschs zwischen den Sprachgemeinschaften. Dies wird in Buchstabe d ausgedrückt.

Absatz 2 hält fest, dass der Bund bei der Erfüllung seiner sprach- und verständigungspolitischen Aufgaben mit den Kantonen zusammenarbeitet.

2.5.2 Art. 4

Amtssprachen des Bundes (2. Abschnitt, Art. 4­13 SpG) Geltungsbereich

Die Amtssprachenregelung des Bundes gilt zum einen für die Bundesbehörden (Abs. 1). Zu den Bundesbehörden gehören die eidgenössischen Räte, der Bundesrat und die Bundesverwaltung. Letztere ist in Artikel 2 Absätze 1­3 des Regierungsund Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 27. März 1997 (SR 172.010) definiert.

Die Departemente, die Bundeskanzlei, die Ämter und Gruppen, aber auch die dezentralisierten Verwaltungseinheiten unterstehen demnach diesem Gesetz. Die Amtssprachenregelung gilt zudem für die Gerichte des Bundes sowie für die Kommissionen, die der Bundesrat oder ein Departement einsetzt.

9003

Die Ausdehnung der Anwendbarkeit in Absatz 2 auf Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die der Bundesverwaltung nicht angehören, die aber öffentliche Aufgaben wahrnehmen, erfolgt nicht automatisch. Dies bedeutet, dass der Bundesrat befugt ist, die entsprechenden Bestimmungen im Rahmen der Verordnungen für die einzelnen Beauftragten separat zu erlassen.

Art. 5

Amtssprachen

Absatz 1 gibt sinngemäss den Verfassungstext von Artikel 70 Absatz 1 BV wieder.

Nach dieser Regelung gelten Deutsch, Französisch und Italienisch als Amtssprachen des Bundes. Das Rätoromanische gilt nur im Verkehr mit Personen rätoromanischer Sprache als Amtssprache des Bundes. Mit Ausnahme des Rätoromanischen, das als Amtssprache nur beschränkte Anwendung findet, sind die Amtssprachen des Bundes grundsätzlich gleichwertig.

Absatz 2 regelt den Gebrauch der Amtssprachen durch die Bundesbehörden und schliesst im mündlichen Verkehr den Mundartgebrauch im formellen Gespräch aus.

Art. 6

Wahl der Sprache

Die Bestimmungen regeln die Wahl der Sprache im Verkehr einzelner Personen mit dem Bund und umgekehrt. Die freie Wahl der Sprache im schriftlichen sowie mündlichen Verkehr ist grundsätzlich auf die vier Amtssprachen beschränkt. Während der Bund schriftlich in allen vier Amtssprachen antwortet, sieht Absatz 2 eine Einschränkung für die mündliche Kommunikation vor, die nicht immer in allen Amtssprachen gewährleistet werden kann.

Absatz 3 trägt der besonderen Situation der Rätoromanischsprachigen Rechnung.

Sie können sich schriftlich in den fünf Idiomen und in Rumantsch grischun äussern.

Diese offene Regelung berücksichtigt, dass sich die Rätoromanischsprachigen in der Regel nicht in Rumantsch grischun ausdrücken, es jedoch verstehen. Der Bund verwendet, ebenso wie der Kanton Graubünden, im schriftlichen Verkehr mit Romanischsprachigen die Schriftsprache Rumantsch grischun.

Mit der Ausnahmeregelung in Absatz 4 wird spezifischen Organisationsformen und Aufgabenbereichen Rechnung getragen. Für Dienststellen des Bundes, die in einer dezentral geprägten Struktur spezielle Aufgaben mit beschränktem Wirkungsradius erfüllen, soll der Gebrauch der Amtssprachen den Verhältnissen angepasst werden können (z.B. Zoll, Zeughäuser). Damit folgt der Gesetzgeber auch dem in Artikel 3 Buchstabe c SpG verankerten Grundsatz.

Das Bemühen der Bundesbehörden um Verständigung gilt auch gegenüber Personen, die keine der Amtssprachen sprechen oder verstehen (Abs. 5). Die verfassungsrechtlichen Garantien (insbesondere Art. 8 BV und die EMRK) bestimmen den Umgang der Gerichtsbehörden des Bundes und der Kantone mit Anderssprachigen.

Wenn eine der Amtssprachen unkundige Person sich an eine Bundesbehörde wendet, bemüht sich diese um Antwort und Kommunikation in einer Sprache, welche diese Person verstehen kann. Aus dieser Bestimmung kann jedoch nicht die Pflicht der Bundesbehörden abgeleitet werden, in jeder beliebigen Nicht-Landessprache zu kommunizieren.

9004

Art. 7

Verständlichkeit

Für die Kommission steht fest, dass die Art und Weise, wie die Bundesbehörden die Sprachen in der Gesetzgebung, in Bekanntmachungen, in Informationsschriften usw.

gebrauchen, für die Kommunikation im Staat von grosser Bedeutung ist. Deshalb legt Artikel 7 Absatz 1 Anforderungen an die sprachliche Qualität der Texte fest, die von den Bundesbehörden verfasst sind. Diese müssen sich bemühen, ihren Sprachgebrauch den konkreten Verhältnissen anzupassen und für die Bevölkerung verständlich zu kommunizieren.

Anderseits haben die Bundesbehörden auch eine Sprache zu verwenden, welche den Adressatinnen und Adressaten gerecht wird. Die Amtssprache soll deshalb der Tatsache Rechnung tragen, dass die Bevölkerung aus Frauen und Männern besteht.

Die Bemühungen um eine Gleichbehandlung der Geschlechter in der Sprache, welche der Bund bereits seit einiger Zeit unternimmt, werden damit weitergeführt.

Die Geltung dieser Bestimmung für alle Amtssprachen lässt die Möglichkeit für deren Entwicklung in diese Richtung offen, wobei die Eigenheiten der jeweiligen Sprachen berücksichtigt werden.

Absatz 2 verpflichtet den Bundesrat, den Anforderungen nach Absatz 1 praktische Beachtung zu schenken. Neben Ausbildungsmassnahmen ist hier z.B. an Terminologiearbeit und Fachsprachenforschung zu denken.

Die Kommissionsminderheit (Füglistaller, Fattebert, Freysinger, Kunz) will Absatz 2 streichen, da dieser die logische Konsequenz aus dem Zweckartikel des Gesetzes darstelle und eine erneute Nennung an dieser Stelle redundant erscheine.

Art. 8

Eidgenössische Räte

Absatz 1 statuiert den Grundsatz der Gleichwertigkeit der Landessprachen als Arbeitssprachen in den eidgenössischen Räten.

Absatz 2 konkretisiert den Grundsatz von Absatz 1 in einem Punkt: Für den Gesetzgebungsprozess relevante Materialien müssen zum Zeitpunkt der Beratung in den Kommissionen und im Ratsplenum in der Regel in allen drei Amtssprachen vorliegen. Mit einer flexiblen Formulierung soll der Gleichstellung der drei Amtssprachen Nachdruck verliehen werden, ohne den Ratsbetrieb durch eine starre Regelung übermässig zu behindern. Damit wird etwas verlangt, das über die geltende Praxis hinausgeht. Das Parlament hat jedoch bereits bei der Revision der Ratsreglemente34 auf diese Weise argumentiert und entschieden. Mit dem sukzessiven Ausbau des italienischen Übersetzungsdienstes seit 1991 ist die Realisierbarkeit dieser Regelung gewährleistet.

Durch die Anerkennung des Rätoromanischen als Teilamtssprache des Bundes haben die Ratsmitglieder auch die Möglichkeit, Voten in rätoromanischer Sprache abzugeben. Die Übersetzung wird bei Vorankündigung gewährleistet.

Art. 9

Bundesrat und Bundesverwaltung

Eine zielgerichtete und kohärente Sprachenpolitik setzt in erster Linie voraus, dass der Bundesrat und die Angestellten des Bundes die Mehrsprachigkeit auch praktizieren. Das erfordert eine angemessene Vertretung der Sprachgemeinschaften 34

Vgl. Artikel 37 GRN und Artikel 31 GRS

9005

(s. Art. 21 SpG) sowie das Recht der Angestellten, in deutscher, französischer oder italienischer Sprache arbeiten zu können. Diese Voraussetzungen sind auch in den Weisungen des Bundesrates vom 22. Januar 2003 zur Förderung der Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung formuliert (Ziff. 5).

Der Bundesrat hat bereits in seiner Antwort auf die Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (92.036, Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen vom 10.4.1992, BBl 1992 III 468) bezüglich der Wahl der Arbeitssprache klar geäussert: «In der Muttersprache arbeiten zu können ist ein Recht, an dem es festzuhalten und das es zu verteidigen gilt, ohne dass durch dieses Recht die direkte Verständigung leiden darf. Dieses Recht bildet den Grundstein für ein flexibles, direktes Funktionieren einer mehrsprachigen Verwaltung.» Zu den Instrumenten für die Arbeit in der Sprache der Wahl gemäss Absatz 2 gehören die bislang weitgehend fehlenden Übersetzungsdienste ins Deutsche. Es besteht in der Bundesverwaltung bezüglich der Übersetzungstätigkeit eine Ungleichbehandlung. Übersetzungsleistungen aus dem Deutschen ins Französische und Italienische gelten als Selbstverständlichkeit, nicht jedoch solche vom Französischen und Italienischen ins Deutsche. Es ist deshalb anzustreben, diese Leistungen flächendeckend anzubieten. Die Verfügbarkeit der Fachterminologie in den Amtssprachen ist ein weiteres bedeutendes Hilfsmittel, das durch den mehrsprachigen Terminologiedienst der Bundeskanzlei gewährleistet ist und mit der Terminologiedatenbank TERMDAT unentgeltlich angeboten wird.

Die Kommissionsminderheit (Füglistaller, Fattebert, Freysinger) hält Absatz 2 für überflüssig. Es sei davon auszugehen, dass die Sprache der Wahl die Muttersprache sei und daher Hilfsmittel unnötig seien.

Art. 10

Veröffentlichungen in Deutsch, Französisch und Italienisch

Für Veröffentlichungen des Bundes unterstreicht Absatz 1 zunächst die prinzipielle Gleichstellung der drei Vollamtssprachen Deutsch, Französisch und Italienisch.

Diese Regelung entspricht Artikel 14 Absatz 1 des PublG vom 18. Juni 2004 (SR 170.512). Im letzten Satzteil wird auf die Möglichkeit von Ausnahmeregelungen hingewiesen. Das geltende PublG sieht in Artikel 14 Absatz 2 vor, dass der Bundesrat im Einzelfall bestimmen kann, ob ausnahmsweise und unter klar definierten Bedingungen Texte des Landesrechts (z.B. Anhänge zu Verordnungen) und des internationalen Rechts von der Pflicht zur Veröffentlichung in den drei Amtssprachen auszunehmen sind oder ob auf die Veröffentlichung in einer Amtssprache sogar ganz verzichtet werden kann. Diese Ausnahme gilt aber nur für solche Texte, die im Sinne von Artikel 5 PublG ausserhalb der Amtlichen Sammlung AS veröffentlicht werden (in der AS wird nur ein Verweis mit Angabe des Titels und der Fundstelle oder der Bezugsquelle des verwiesenen Rechtestextes veröffentlicht).

Die in Absatz 2 vorgesehene gleichzeitige Veröffentlichung aller drei Fassungen gilt nicht nur für Texte, für die auf Grund des PublG oder anderer bundesrechtlicher Bestimmungen eine Publikationspflicht besteht, sondern auch für weitere Texte, wenn sie von besonderer Bedeutung sind, z.B. für Unterlagen in Vernehmlassungsverfahren.

Neben den in Art. 14 des PublG genannten Ausnahmen gibt es im Bundesrecht vereinzelt weitere Bestimmungen, die von der Pflicht zur Veröffentlichung in den

9006

drei Amtssprachen dispensieren (vgl. etwa Art. 6a LFG, SR 748.0). Solche spezialgesetzlich festgelegten Ausnahmeregelungen sind weiterhin anwendbar.

Art. 11

Veröffentlichungen in Rätoromanisch

Diese Bestimmung regelt die Veröffentlichung von Texten in rätoromanischer Sprache und gibt allgemeine Kriterien für deren Auswahl. Der Begriff lässt offen, welche Arten von Textenen publiziert werden. Dies können auch Erlasse von besonderer Bedeutung sein, z.B. die Bundesverfassung sowie sprach- und kulturpolitisch relevante Gesetzestexte, welche die rätoromanische Sprachgemeinschaft besonders betreffen. Die publizierten Erlasse sollen laufend nachgeführt werden. Ein echtes Bedürfnis nach einer rätoromanischen Fassung besteht auf Grund der langjährigen Erfahrungen weniger bei den Erlassen als bei Berichten und Broschüren (z.B. die alle drei Jahre zu publizierenden Berichte zur Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen bzw. zum Rahmenübereinkommen zum Schutz der nationalen Minderheiten, Der Bund kurz erklärt, usw.). Auch eine Auswahl von Pressemitteilungen soll den rätoromanischen Medien unmittelbar zur Verfügung stehen.

Für die Auswahl der in rätoromanischer Sprache zu veröffentlichenden Texte arbeitet die Bundeskanzlei eng mit der Standeskanzlei Graubünden zusammen, die für den Bund auch Übersetzungsleistungen erbringt. Die Auswahl der Texte erfolgt zudem in Absprache mit den interessierten Ämtern.

Die Veröffentlichung der ins Rätoromanische übersetzten Erlasse erfolgt wenn möglich gleichzeitig mit den anderen Amtssprachen durch das Bundesamt für Bundesbauten und Logistik (BBL) in Form von Einzelausgaben. Diese Fassungen entfalten jedoch nicht die gleichen Rechtswirkungen wie die Publikationen gemäss PublG, da grundsätzlich nur die Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung die Normadressaten verpflichtet (Art. 8 PublG). Damit die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der vorgesehenen Regelung erfüllt werden können, muss die Bundeskanzlei über die entsprechenden personellen und finanziellen Mittel verfügen können.

Dabei ist eine Lösung innerhalb der bestehenden Strukturen anzustreben.

Mit der Aufnahme dieser Bestimmung ins SpG kann sodann Artikel 15 PublG, der jetzt die Veröffentlichungen in rätoromanischer Sprache regelt, aufgehoben werden (siehe Anhang). Für eine Regelung im SpG sprechen die besondere Rechtslage des Rätoromanischen sowie die damit verbundene Publikationspraxis.

Art. 12

Bekanntmachungen, Anschriften und Ausweise

Dieser Artikel verpflichtet den Bund, im Verkehr mit bestimmten Bevölkerungsgruppen nach dem Prinzip der kommunikativen Reichweite diejenige Amtssprache zu wählen, die diese Gruppe spricht. Er trägt dabei den Grundsätzen von Artikel 3 Buchstaben c und d Rechnung.

Die Absätze 2­4 halten einige Bereiche für die gleichzeitige Verwendung der vier Amtssprachen fest. Drucksachen müssen gemäss Absatz 2 Buchstabe a in allen vier Amtssprachen vorliegen. Diese Bestimmung lässt eine zusätzliche Beschriftung in englischer Sprache offen. Formulare, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind, müssen ebenfalls in den vier Amtssprachen vorliegen, es sei denn, sie sind nur an einen 9007

beschränkten Personenkreis gerichtet. Die Zentralverwaltung tritt überall in der Schweiz, auch auf den Internetempfangsseiten, viersprachig auf und demonstriert damit beispielhaft die gelebte Mehrsprachigkeit. Bei den Ämtern und Dienststellen des Bundes muss insbesondere die Beschriftung der Amtsstellen viersprachig sein.

Die verfassungsrechtliche Anerkennung von vier Amtssprachen des Bundes erfordert auch eine entsprechende Kommunikationspolitik der Behörden.

Art. 13

Völkerrechtliche Verträge

Diese Bestimmung regelt den Gebrauch der Amtssprachen bei völkerrechtlichen Verträgen und Beschlüssen des internationalen Rechts. Sie hat zum Ziel, dass die Amtssprachen des Bundes auch bei der Erarbeitung von internationalen Verträgen respektiert werden. Die Viersprachigkeit der Schweiz darf nicht dazu verleiten, dass bei internationalen Verträgen grundsätzlich auf das Englische ausgewichen wird.

Bei bilateralen Verträgen muss eine authentische Fassung in einer der Amtssprachen vorliegen. Bei multilateralen Verträgen ist ­ wenn immer möglich ­ eine authentische Fassung in einer der Amtssprachen anzustreben.

Absatz 3 verweist auf Ausnahmeregelungen im Publikationsgesetz und in der Bundesgesetzgebung. Artikel 14 Absatz 2 des Publikationsgesetzes sieht vor, dass der Bundesrat unter gewissen Voraussetzungen bestimmen kann, dass Texte des Landessrechts und des internationalen Rechts nicht in alle Amtssprachen übersetzt werden müssen oder dass auf eine Übersetzung ganz verzichtet werden kann. Im Weiteren sind auch Ausnahmen vorbehalten, die in besonderen Bestimmungen des Bundesrechts vorgesehen sind (z.B. Art. 6a Luftfahrtgesetz, SR 748.0).

2.5.3

Art. 14

Förderung der Verständigung und des Austauschs zwischen den Sprachgemeinschaften (3. Abschnitt, Art. 14­21 SpG) Schulischer Austausch

Austauschaktivitäten gemäss Absatz 1 fördern die individuelle Sprachkompetenz in den Landessprachen und tragen wesentlich zu einem guten Verständnis zwischen den Sprachgemeinschaften bei. Sie fördern die Mobilität der beteiligten Personen und bringen letztlich einen persönlichen wie auch gesellschaftlichen Gewinn. Bund und Kantone fördern in ihren Zuständigkeitsbereichen die verschiedenen Formen des Austauschs auf allen Bildungsstufen (individueller Austausch, Klassenaustausch, Sprachaufenthalte, Austausch der Lehrkräfte). Der Aufenthalt in einem anderen Landesteil soll gezielt als Bestandteil zweisprachiger Bildungsprogramme gefördert werden. Vor dem verständigungspolitischen Hintergrund soll der schulische Austausch in erster Linie innerschweizerisch unterstützt werden. Kann der Bedarf nicht innerhalb der Schweiz abgedeckt werden, sollen Austauschprogramme nach bisheriger Praxis auch auf die Nachbarländer ausgedehnt werden können. Auch für die gezielte Förderung der Sprachkompetenz im Rahmen der Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte ist der Austausch über die Landesgrenzen hinweg zu berücksichtigen.

Der Austausch dient insbesondere der Förderung der individuellen Sprachkompetenz sowie dem Eintauchen in benachbarte Kulturen und dem Erfahren und Verste9008

hen lernen ähnlicher und doch ungewohnter Lebensumstände. Mit dem Ausbau der schulischen Austauschaktivitäten werden insbesondere folgende Ziele angestrebt: Es sollen Lücken geschlossen und Bestehendes gestärkt und gefördert werden. Zudem sollen Innovationen ermöglicht werden, die es erlauben, den Austausch durch neue Ideen und Angebote zu beleben und seine Attraktivität zu steigern.

Absatz 2 sieht vor, dass der Bund einerseits den Kantonen, welche Austauschaktivitäten selbst organisieren, und anderseits auch den von Bund und Kantonen beauftragten Austauschorganisationen Finanzhilfen gewähren kann. Diese können im Auftragsverhältnis Koordinationsaufgaben für den Bund wie auch für die Kantone wahrnehmen.

Eine Kommissionsminderheit (Füglistaller, Fattebert, Kunz, Pfister Theophil) will den ganzen Artikel streichen. Sie ist der Auffassung, der Austausch sei bereits ohne Zutun des Bundes gut organisiert. Zudem handle es sich um ein Bildungsangebot, das nicht im Sprachengesetz zu regeln sei.

Eine zweite Minderheit (Savary, Dormond Béguelin, Graf Maya, Lang, Schenker Silvia, Stump, Widmer) will hingegen die Unterstützung durch den Bund zwingend formulieren. Austausch sei das Herzstück des Gesetzes und des sprachpolitischen Verfassungsauftrages.

Art. 15

Unterricht

Bund und Kantone setzen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die Förderung der Sprachkompetenz in der lokalen Landessprache (lokale Erstsprache) im Unterricht, namentlich in ihrer Standardform, als prioritäres Ziel. Die gute Beherrschung der lokalen Landessprache ist insbesondere für die schulische und berufliche Entwicklung von grundlegender Bedeutung.

Mit Ausnahme der beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen führt der Bund selber keine weiteren hier angesprochenen Schulen. Dem Bund steht aber in der Berufsbildung eine weit reichende Regelungskompetenz zu, die er in sprachpolitischer Hinsicht insofern ausschöpft, als er den Anforderungen an den Unterricht in den Standardsprachen vermehrt Nachdruck verleiht. Damit soll der Unterricht in Mundart ausgeschlossen oder doch stark eingeschränkt werden.

Die aktuelle Praxis sowie die Haltung der EDK wurden in Ziffer 1.5 ausführlich erläutert.

Der Bund und die EDK anerkennen gemeinsam auf Grund der Maturitätsanerkennungsregelung den Erwerb eines zweisprachigen Maturitätszeugnisses in den kantonalen Gymnasien (s. Anerkennungsverordnung des Bundes vom 15.2.1995 [SR 413.11], Art. 18 sowie Anerkennungsreglement der EDK vom 16.2.1995, Art. 18). Der Bund ermöglicht Interessierten zudem den Erwerb eines zweisprachigen Maturitätszeugnisses an den von ihm organisierten freien eidgenössischen Maturitätsprüfungen (Verordnung über die schweizerische Maturitätsprüfung vom 7.12.1998 [SR 413.12], Art. 17). Gefördert wird insbesondere die zweisprachige Maturität in den Landessprachen.

Mit Absatz 3 stellt sich die Kommissionsmehrheit dem Konflikt mit der EDK. Aus staats- und verständigungspolitischen Gründen beharrt sie auf dem Grundsatz, dass als erste Fremdsprache eine Landessprache zu unterrichten sei. Die Kommission folgt damit auch den Aufträgen aus der Pa. Iv. Berberat (00.425) (vgl. Ziff. 1.3.4) und dem Postulat Zwygart (99.3510) (vgl. Ziff. 1.3.2), die beide gegen den Willen 9009

des Bundesrates vom Nationalrat überwiesen wurden. Sie will damit ein klares Zeichen für die andere Sprachgemeinschaft setzen und der auf nationaler Ebene stetig steigenden Bedeutung des Englischen entgegentreten.

Die Minderheit (Sadis, Brunschwig Graf, Egerszegi-Obrist, Galladé, Häberli-Koller, Ineichen, Müller-Hemmi, Noser, Reymond, Riklin), welche mit der Strategie der EDK im Einklang ist, hält die Förderung der Mehrsprachigkeit für durchaus kompatibel mit den verständigungspolitischen Anliegen eines mehrsprachigen Landes wie der Schweiz und nicht als Hindernis der «cohésion nationale».

Die Landessprachen mit Englisch oder anderen Fremdsprachen in Konkurrenz zu bringen, wäre grundsätzlich falsch.

Deswegen ist es weniger wichtig, welche Fremdsprache die Einstiegsprache ist, als zu verlangen, dass am Ende der obligatorischen Schulpflicht Kenntnisse mindestens einer zweiten Landessprache vorhanden sind.

Im weiteren verlangt die Minderheit, dass der Unterricht der Landessprachen, die kulturellen Aspekte eines mehrsprachigen Landes wie der Schweiz mitberücksichtigen muss.

Art. 16

Weitere Massnahmen zur Sprachförderung

Dieser Artikel gewinnt mit der Einführung des 3. Absatzes in Artikel 15 zusätzlich an Bedeutung.

Der Bund kann die Kantone bei der Förderung des Unterrichts der Landessprachen unterstützen, indem er Finanzhilfen für die Gestaltung der Grundvoraussetzungen für den Sprachenunterricht gewährt. Er kann Massnahmen zur Förderung des Unterrichts in einer zweiten und dritten Landessprache (Bst. a), zur Verbesserung der Kenntnisse von Anderssprachigen in der örtlichen Landessprache (Bst. b) sowie in ihrer Erstsprache (Bst. c) unterstützen. Die Finanzhilfe des Bundes an die Kantone soll insbesondere für die didaktische und sprachliche Nach- resp. Weiterqualifizierung der bereits unterrichtenden Lehrkräfte und für die Schaffung von entsprechenden Lehrmitteln eingesetzt werden. Insbesondere der Unterricht einer dritten Landessprache ­ in den meisten Fällen handelt es sich um das Italienische ­ bedarf besonderer finanzieller Unterstützung, damit er weiterhin angeboten und attraktiv gestaltet werden kann.

Der Bund kann den Kantonen gemäss Buchstabe c auch Finanzhilfen bereitstellen für die Förderung der Kenntnisse Anderssprachiger in ihrer Erstsprache. Gute Kenntnisse der Erstsprache haben erwiesenermassen positiven Einfluss auf den schulischen Erfolg insgesamt, aber auch auf die Aneignung der lokalen Landessprache. Gute Beherrschung der Erstsprache und positive Erfahrungen mit der Herkunftskultur ermöglichen ein rascheres Erlernen anderer Sprachen. Insbesondere das Rätoromanische und das Italienische ausserhalb ihrer Sprachgebiete sowie die Nicht-Landessprachen sind Gegenstand der Förderungsmassnahmen. Bei entsprechender Nachfrage kann der Bund Kurse in rätoromanischer und italienischer Sprache unterstützen. Die Förderung zu Gunsten der Kurse in heimatlicher Sprache und Kultur für Anderssprachige (HSK) soll insbesondere zu deren Qualitätssicherung beitragen.

Eine Minderheit (Savary, Bruderer, Fässler, Galladé, Genner, Graf Maya, Maury Pasquier, Müller-Hemmi, Stump) will einen Schritt weiter gehen und die Bestimmung zwingend formulieren. Sie hält es aus Gründen des inneren Zusammenhaltes 9010

ebenso wie der Integration von Anderssprachigen für zentral, Fremdsprachenunterricht zu unterstützen.

Die zweite Minderheit (Füglistaller, Kunz, Pfister Theophil, Reymond, Rutschmann, Wäfler) will den Artikel streichen. Sie argumentiert mit der kantonalen Hoheit im Unterricht und damit auch der Pflicht zu dessen Finanzierung. Zusätzlich wird wiederum der Ort der Regelung bestritten. Bildungsfragen sollen nicht im Sprachengesetz geregelt werden.

Art. 17

Wissenschaftliche Institution zur Förderung der Mehrsprachigkeit (Institution, IFM)

Die Schaffung dieser Institution entspricht einem grossen Bedürfnis bei den Kantonen, insbesondere im Hinblick auf die laufenden Reformen im Sprachenunterricht.

Die IFM soll sowohl Forschungsinstitution als auch gesamtschweizerische Plattform für den Informationsaustausch zu Fragen der Mehrsprachigkeit in Forschung, Bildung und Politik sein. Sie betreibt anwendungsorientierte Forschung zur Mehrsprachigkeit, insbesondere zur schulischen Mehrsprachigkeit, und sie ist in diesem sowie in obgenannten Bereichen zuständig für ein umfassendes Dienstleistungsangebot (Unterstützung, Beratung, Wissensvermittlung usw.). Sie koordiniert gesamtschweizerisch die Forschung zur Mehrsprachigkeit und definiert weiteren Forschungsbedarf. Durch ihre Informations- und Dokumentationsarbeit erleichtert sie den Zugriff auf aktuelles Basiswissen zu Fragen der Mehrsprachigkeit. Gleichzeitig trägt sie zur öffentlichen Sensibilisierung für das Thema bei.

Bund und Kantone können die Institution unterstützen. Die Führungs- und Koordinationsfunktion der Institution liegt bei einer bestehenden universitären oder ausseruniversitären Forschungsinstitution mit institutioneller und die Sprachgrenzen übergreifender Vernetzung.

Die Kommissionsmehrheit will ein solches Institut zwar begrüssen, sich aber nicht an dessen Schaffung beteiligen und auch die finanzielle Unterstützung nicht als zwingend anerkennen. Sie will Gelder nicht unüberlegt ausgeben, sondern vielmehr bestehenden Projekten zum Durchbruch verhelfen und sie zur Vernetzung untereinander ermutigen.

Die Minderheit I (Freysinger, Fattebert, Füglistaller, Kunz, Pfister Theophil) will den Artikel 17 ganz streichen. Der Artikel sei unnötig und seine Umsetzung zudem sehr teuer. Koordinieren sei Sache der Kantone, wie sie es bis jetzt schon ohne Hilfe des Bundes täten.

Die Minderheit II (Freysinger, Fattebert, Füglistaller) will (im Falle einer Ablehnung der Minderheit I) sicherstellen, dass die Unterstützung lediglich an Kompetenzzentren gehen darf, welche die Aufgaben im Rahmen bestehender universitärer Sprachinstitute erfüllen können.

Art. 18

Veröffentlichung von wissenschaftlichen Arbeiten

Der Bund kann Finanzhilfen gewähren für die Übersetzung und Publikation von wissenschaftlichen Arbeiten zur Mehrsprachigkeit sowie zur Sprachen- und Verständigungspolitik, die aus staatspolitischen Überlegungen mehrsprachig sein müssen. Voraussetzung für eine Unterstützung ist, dass sich die Werke an ein breites Publikum richten. Diese Massnahme füllt eine Lücke zwischen der Übersetzungs9011

tätigkeit im literarischen und kulturellen Bereich (gefördert durch Pro Helvetia und die ch Stiftung).

Die Minderheit (Brunschwig Graf, Fattebert, Freysinger, Füglistaller, Kunz, Markwalder Bär, Noser, Pfister Theophil) will diesen Artikel streichen. Wissenschaftliche Arbeiten und breites öffentliches Interesse stünden in einem gewissen Widerspruch.

Zudem dürften gerade auf wissenschaftlichem Niveau Sprachenkenntnisse erwartet werden; es handle sich bei diesem Artikel um einen Subventionstatbestand. Die Aufgaben könnten allenfalls vom SNF übernommen werden.

Art. 19

Unterstützung von Organisationen

Der Bund kann gemäss Buchstabe a Finanzhilfen gewähren an Nachrichtenagenturen von gesamtschweizerischer Bedeutung, die über die vier Sprachregionen des Landes in den jeweiligen Amtssprachen berichten. Damit die Medien über schweizerische Informationsquellen aus allen Sprachregionen verfügen, müssen diese im Sinne einer öffentlichen Dienstleistung bereitgestellt werden können. In der Medienlandschaft kommt deshalb den Nachrichtenagenturen, allen voran der Schweizerischen Depeschenagentur AG (SDA) eine immer bedeutendere Rolle zu, weil ihre Dienstleistungen die Voraussetzung bilden, damit die Radio- und Fernsehveranstalter wie auch die Printmedien ihre Aufgabe für einen «Service public» wahrnehmen können. Eine Unterstützung erfolgt nur auf Gesuch hin. Die Förderung einer rätoromanischen Nachrichtenagentur ist Gegenstand von Artikel 23 SpG.

Buchstabe b sieht vor, dass der Bund nicht gewinnorientierten Organisationen und Institutionen von gesamtschweizerischer und sprachregionaler Bedeutung Finanzhilfen gewähren kann, wenn sie verständigungsfördernd tätig sind und Grundlagenarbeit zur Förderung der Mehrsprachigkeit leisten. Damit wird die zum Teil seit langem praktizierte Mitfinanzierung von staatsbürgerlichen Organisationen durch den Bund geregelt, die in den letzten Jahren ihre Tätigkeit neu auf verständigungspolitische Aktivitäten ausgerichtet haben. Die Gewährung von Beiträgen ist dabei an eine Leistungsvereinbarung geknüpft. Die Streichung dieses Artikels würde einer Abschaffung bestehender Massnahmen gleichkommen. Zurzeit unterstützt der Bund die Organisationen Forum Helveticum, Rencontres Suisses/Treffpunkt Schweiz, Coscienza Svizzera, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Demokratie, Service de Presse Suisse sowie den Schweizerischen Feuilletondienst (de facto integriert in die SDA). Von «gesamtschweizerischer Bedeutung» heisst, dass von ihrer Tätigkeit ein verständigungsfördernder Impuls mit Beispielcharakter oder Breitenwirkung auf die jeweilige Sprachregion, aber auch über diese hinaus, ausgehen muss. Nicht verlangt ist eine Tätigkeit der einzelnen Organisationen in allen Sprachregionen des Landes. Hier sind auch Organisationen und Institutionen angesprochen, die einen spezifisch sprachpolitischen Auftrag erfüllen, indem sie durch verschiedenste Projekte (z.B. Forum für die Zweisprachigkeit
in Biel) und Publikationen (z.B. Stiftung Sprachen und Kulturen mit der Zeitschrift Babylonia) ein breites Publikum für die Anliegen der Mehrsprachigkeit sensibilisieren und Informationen vermitteln.

Buchstabe c weitet den Kreis der Empfänger von Finanzhilfen auf Gemeinwesen aus, die Projekte zugunsten der Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften fördern.

Eine Minderheit (Füglistaller, Fattebert, Freysinger, Kunz, Noser) will den Artikel streichen. Die Unterstützung von privatwirtschaftlich organisierten Agenturen sei falsch. Die in Buchstabe b begründete Unterstützung drohe, unabsehbare Folgekos9012

ten zu generieren. Schliesslich würden auch die Kantone in der Vernehmlassung diesen Artikel ablehnen, weil er nicht in das Sprachengesetz gehöre.

Die zweite Minderheit (Brunschwig Graf, Fattebert, Freysinger, Füglistaller, Ineichen, Kunz, Markwalder Bär, Noser, Pfister Theophil, Sadis) stellt sich lediglich gegen den Buchstaben c.

Art. 20

Finanzhilfen für Übersetzungen

Der Bund leistet gesamtschweizerisch tätigen, nicht gewinnorientierten Organisationen und Institutionen Finanzhilfe für schriftliche Übersetzungen. Viele nichtstaatliche Organisationen, die nicht unter die Bestimmung von Artikel 19 Buchstabe b SpG fallen, arbeiten Sprachregionen übergreifend (z.B. mehrere Frauenorganisationen). Ihre schriftliche Kommunikation erfolgt häufig in mehr als einer Landessprache, was erhebliche Übersetzungskosten mit sich bringt. Auch wenn der Inhalt ihrer Aktivitäten nicht sprach- oder verständigungspolitisch orientiert ist, so haben die Bemühungen dieser Organisationen und Institutionen um mehrsprachige Kommunikation gegen innen und aussen doch einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert bei der Förderung von Kontakt- und Kommunikationsmöglichkeiten über die eigene Sprachregion hinaus.

Diese Bestimmung wurde auf Grund der im Rahmen der Vernehmlassung eingegangenen Stellungnahmen der Organisationen neu ins SpG aufgenommen. Der Evangelische Frauenbund der Schweiz hat zudem diesem Anliegen im Dezember 2002 mit einer entsprechenden Petition mit rund 2700 Unterschriften an den Bund Nachdruck verliehen. Die Abgeltung solcher Übersetzungsleistungen soll über eine Zentralstelle erfolgen.

Die Minderheit (Füglistaller, Fattebert, Freysinger, Ineichen, Kunz) will diesen Artikel streichen. Die Förderung der Landessprachen durch Übersetzungen sei kein wachstumsrelevanter Bereich. Es sei auch anzunehmen, dass hier ein ausländerpolitisches Anliegen Einlass suche und dass künftig Ausländerorganisationen für den Bund Übersetzungen besorgen sollten. Wenn jedoch der Bund schon outsourcen wolle, sollten sich dabei auch Einsparungen ergeben.

Art. 21

Mehrsprachigkeit im öffentlichen Dienst

Zur Gewährleistung der Mehrsprachigkeit im öffentlichen Dienst muss das Personal beim Bund wie auch bei den Kantonen über die notwendigen Sprachkompetenzen in den Landessprachen verfügen. Sind diese nicht oder nur in ungenügender Weise vorhanden, müssen sie durch Aus- und Weiterbildung erworben werden. Die Verwaltungszusammenarbeit hat in den letzten Jahren auf den verschiedenen staatlichen Ebenen beträchtlich an Bedeutung gewonnen. Gute Kenntnisse der Landessprachen sind unabdingbar für die Verwaltungsabläufe und für die Kommunikation nach innen und nach aussen. Sie erleichtern eine reibungslose Zusammenarbeit der Verwaltungsstellen der Kantone unter sich sowie mit jenen des Bundes und sind deshalb auch von verständigungspolitischer Bedeutung. Mit der Motion Ruey vom 6. Dezember 2005. 05.3750 Kaderleute der Bundesverwaltung sollten mehrere Amtssprachen beherrschen wird diese Notwendigkeit erneut betont.

In Absatz 1 verpflichtet sich der Bund, die Kenntnisse seines Personals in den Landessprachen zu fördern. Auch die Armee wird in Absatz 2 angesprochen, da ihr ein grosses Potenzial an sprach- und verständigungspolitischen Massnahmen offen steht.

9013

Eine Kommissionsminderheit (Füglistaller, Fattebert, Ineichen, Kunz, Pfister Theophil) will Absatz 1 streichen. Es dürfe erwartet werden, dass Personen, die in der Verwaltung arbeiten, eine Landessprache beherrschten und sich in einer zweiten verständigen könnten. Es werde eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmenden der öffentlichen Verwaltung einerseits und der Privatwirtschaft andererseits geschaffen, wo Kenntnisse ­ wenn sie gebraucht würden ­ Voraussetzung seien, um eine Stelle zu erhalten.

Eine ausgewogene mehrsprachige Verwaltung setzt nicht nur gute Landessprachenkenntnisse des Personals voraus. Der Bund verpflichtet sich in Absatz 2 auch, für eine angemessene Vertretung der verschiedenen Sprachgruppen in den Bundesbehörden und in den ausserparlamentarischen Kommissionen zu sorgen. Dies entspricht auch der im Bundespersonalgesetz (SR 172.220.1) und in der Bundespersonalverordnung (SR 172.220.111.3) umschriebenen Personalpolitik, wonach die Arbeitgeber geeignete Massnahmen treffen zur Förderung der Mehrsprachigkeit sowie zur angemessenen Vertretung der Sprachgemeinschaften und zu deren Verständigung untereinander (Art. 4 Abs. 2 Bst. e BPG und Art. 7 BPV). Gestützt auf Artikel 7 BPV hat der Bundesrat in den «Weisungen zur Förderung der Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung» vom 22. Januar 2003 Regelungen getroffen, mit denen die Mehrsprachigkeit am Arbeitsplatz gefördert und die multikulturellen Eigenschaften der Verwaltung genutzt werden können.

Absatz 3 ermöglicht dem Bund, den Kantonen und Gemeinden Finanzhilfen für die sprachliche Aus- und Weiterbildung des Personals in den Landessprachen zu gewähren. Die Organisation und Durchführung entsprechender Kurse erfolgt zentral über das Eidgenössische Personalamt.

Eine Kommissionsminderheit (Füglistaller, Brunschwig Graf, Fattebert, Freysinger, Ineichen, Kunz, Markwalder Bär, Noser, Pfister Theophil, Sadis) will diesen Absatz streichen. Weiterbildung des Personals von Kantonen und Gemeinden sei von diesen zu bezahlen.

Absatz 4 hält fest, dass die Terminologiedatenbanken von Bund und Kantonen gegenseitig unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Dadurch wird die Harmonisierung und Qualitätsverbesserung der Verwaltungsterminologie auf den verschiedenen staatlichen Ebenen gefördert. Wie bereits unter Artikel 9 Absatz 2 erwähnt, unterstützt
beim Bund der mehrsprachige Terminologiedienst der Bundeskanzlei mit der Terminologiedatenbank TERMDAT, die auch Kantonen und Gemeinden zur Verfügung steht, die Schaffung einer verständlichen und einheitlichen Fachterminologie.

2.5.4 Art. 22

Unterstützung der mehrsprachigen Kantone (4. Abschnitt, Art. 22 SpG) Finanzhilfen an die mehrsprachigen Kantone

Aus einer gesamtschweizerischen verständigungspolitischen Perspektive erfüllen die mehrsprachigen Kantone eine wichtige Brückenfunktion. Sie leisten einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung der sprachlichen Vielfalt in der Schweiz. Die Mehrspra9014

chigkeit ist einerseits mit einem finanziellen Mehraufwand verbunden, anderseits stellt sie in mancherlei Hinsicht eine materielle und immaterielle Bereicherung und einen Vorteil für diese Kantone dar. Die Finanzhilfen des Bundes an die mehrsprachigen Kantone haben nicht die Pauschalabgeltung des Mehraufwandes, also der Mehrsprachigkeit an sich zum Ziel, wie die mehrsprachigen Kantone in einem gemeinsamen Standpunkt am 22. September 2000 gegenüber der paritätischen Arbeitsgruppe SpG dargelegt haben. Sie bezwecken vielmehr eine Unterstützung der kontinuierlichen Entwicklung der Zwei- bzw. Dreisprachigkeit, indem vorhandene Möglichkeiten und Ressourcen noch besser genutzt werden. Die Finanzhilfen sollen den mehrsprachigen Kantonen ermöglichen, besondere Aufgaben und Initiativen im Bereich der Verwaltung, des Sprachenunterrichts sowie in ihrem sprach- und kulturpolitischen Engagement umzusetzen. Mit dieser Ausrichtung der Finanzhilfen wird an die Parlamentsbeschlüsse zu den Standesinitiativen der Kantone Bern (91.312) vom 6. November 1991, Freiburg (92.305) vom 2. September 1992 sowie Wallis (92.306) vom 17. September 1992 angeknüpft. Die Standesinitiativen wurden damals vom National-35 und Ständerat36 abgelehnt mit der Begründung, dass die Mehrsprachigkeit nicht in dem von den mehrsprachigen Kantonen geforderten Sinne pauschal abzugelten sei.

Absatz 1 hält fest, dass der Bund den mehrsprachigen Kantonen Finanzhilfen zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben gewährt. Der Handlungsspielraum des Bundes ist dabei weitgehend durch den vom Gesetzgeber vorzugebenden finanziellen Rahmen bestimmt. Der Bund gewährt Finanzhilfen nur auf Gesuch hin.

Absatz 2 zählt die vier mehrsprachigen Kantone auf, die Finanzhilfen für ihre besonderen Aufgaben beanspruchen können.

Absatz 3 präzisiert, was unter «besondere Aufgaben» der mehrsprachigen Kantone zu verstehen ist. Dazu gehören insbesondere Zusatzaufwendungen im Bereich der staatlichen Institutionen (Verkehr mit der Bevölkerung, Öffentlichkeitsarbeit und praktisches Funktionieren der mehrsprachigen Verwaltung, des Parlaments und der Gerichte etc.) sowie im Schulwesen. In der aktuellen sprachpolitischen Entwicklung im Rahmen der Reform des Sprachenunterrichts können die mehrsprachigen Kantone besondere Aufgaben übernehmen. Bei der Förderung der zweisprachigen
Erziehung können sie auf Grund des vorhandenen mehrsprachigen Potenzials und ihrer Erfahrungen eine wegleitende Rolle spielen.

Mit Artikel 22 wird die in der Motion Jutzet (00.3034) geforderte Ausarbeitung einer Gesetzesbestimmung zu Artikel 70 Absatz 4 erfüllt.

2.5.5

Art. 23

Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache und Kultur (5. Abschnitt, Art. 23 SpG) Finanzhilfen an die Kantone Graubünden und Tessin

Mit dieser Bestimmung wird Artikel 2 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über Finanzhilfen für die Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der 35 36

AB 1995 N 227 AB 1994 S 709

9015

italienischen Sprache und Kultur (SR 441.3) im geltenden Wortlaut übernommen.

Dies bedeutet faktisch die Integration des genannten Erlasses ins Sprachengesetz.

Zusätzlicher Regelungsbedarf besteht zurzeit nicht.

Die Finanzhilfen unter diesem Titel sind in Anlehnung an Artikel 70 Absatz 5 BV für bedrohte und weniger verbreitete Landessprachen bestimmt, also für das Rätoromanische in Graubünden sowie für das Italienische in den Kantonen Graubünden und Tessin. Im Falle des Kantons Graubünden, dem neu gestützt auf die Artikel 22 und 23 Finanzhilfen zustehen, gilt es, die besonderen Aufgaben zur besseren Nutzung und Stärkung der Dreisprachigkeit von jenen zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und italienischen Sprache und Kultur getrennt aufzuführen.

Gemäss Absatz 1 Buchstabe a gewährt der Bund Finanzhilfe zur Unterstützung von allgemeinen kantonseigenen Massnahmen. Buchstabe b sieht Finanzhilfen für Organisationen und Institutionen vor, die überregionale Aufgaben wahrnehmen. Namentlich die Lia Rumantscha und die Pro Grigioni Italiano fallen unter diese Bestimmung. Im Kanton Tessin steht die Tätigkeit des Osservatorio linguistico della Svizzera italiana im Vordergrund. Buchstabe c hat die Förderung der Verlagstätigkeit in der rätoromanisch- und italienischsprachigen Schweiz zum Inhalt. Unterstützt werden insbesondere Publikationen in rätoromanischer und in italienischer Sprache, die im kleinen Binnenmarkt nicht aus eigener Kraft finanziert werden könnten.

Absatz 2 ermöglicht die Unterstützung der rätoromanischen Presse. Der Bund kann regelmässig erscheinende Zeitungen und Zeitschriften in rätoromanischer Sprache oder eine rätoromanische Nachrichtenagentur unterstützen, wie sie heute in Form der Agentura da Novitads Rumantscha (ANR) besteht. Die direkte Unterstützung einzelner Zeitungstitel mit gleichzeitiger Unterstützung der ANR ist ausgeschlossen.

In Absatz 3 werden die Finanzhilfen von einer angemessenen Eigenleistung der Kantone Graubünden und Tessin abhängig gemacht. Die Eigenleistungen müssen im Verhältnis 1:4 zu den Finanzhilfen des Bundes stehen. Diese Eigenleistungen von mindestens 25 Prozent sind angesichts der wichtigen sprach- und kulturpolitischen Leistungen dieser beiden Kantone tief angesetzt.

2.5.6 Art. 24

Vollzug und Evaluation (6. Abschnitt, Art. 24­26 SpG) Gewährung von Finanzhilfen

Artikel 24 regelt in Übereinstimmung mit dem Subventionsgesetz (SR 616.1) die Modalitäten der Gewährung von Finanzhilfen des Bundes für die Umsetzung des SpG. Für die Gewährung von Finanzhilfen müssen Gesuche an den Bund gestellt werden, die über die geplanten Massnahmen und den Finanzplan Auskunft geben. Je nach Bereich werden die Gesuche jährlich bzw. für mehrere Jahre gestellt. Letzteres gilt insbesondere für Finanzhilfen, die in Form von Leistungsvereinbarungen zugesprochen werden können, beispielsweise jene an eine nationale Austauschagentur und an die mehrsprachigen Kantone. Die Finanzhilfen werden jährlich ausgerichtet.

9016

Art. 25

Ausschluss von Mehrfachunterstützung

Die Überschneidung von sprachfördernden Massnahmen im Bildungsbereich ist auf Grund der im SpG vorgesehenen Regelungen bei den mehrsprachigen Kantonen möglich. Mit der vorliegenden Bestimmung kann eine Mehrfachunterstützung ausgeschlossen werden.

Der Bund leistet beispielsweise gestützt auf Artikel 14 Finanzhilfen für schulische Austauschaktivitäten der Kantone, weshalb diese Massnahme bei den mehrsprachigen Kantonen nicht als besondere Massnahme nach Artikel 22 nochmals mitfinanziert wird.

Art. 26

Berichterstattung und Evaluation

Mit den Gesuchen berichten die Gesuchstellenden über die Verwendung der Mittel sowie über die Wirksamkeit der Massnahmen. Die Berichterstattung erfolgt jährlich bzw. periodisch. Der Bund überprüft regelmässig die Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der von ihm unterstützten Massnahmen.

2.5.7 Art. 27

Schlussbestimmungen (7. Abschnitt, Art. 27­28 SpG) Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts

Die Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts wird im Anhang geregelt. Betroffen sind: ­

das Bundesgesetz über Finanzhilfen für die Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und italienischen Sprache und Kultur (SR 441.3), das vollständig ins SpG aufgenommen wird (Art. 23 SpG);

­

das Publikationsgesetz (SR 170.512), das bezüglich Regelungen in Zusammenhang mit dem Rätoromanischen als Amtssprache des Bundes auf das SpG verweist (Art. 10 SpG);

­

das Bundesgesetz über den Bundeszivilprozess (SR 273), in dem, in Übereinstimmung mit der Anerkennung des Rätoromanischen als Amtssprache des Bundes (Art. 70 Abs. 1 BV, Art. 5 SpG), Artikel 4 Absatz 1 einfacher formuliert werden kann und die Verwendung «einer Amtssprache» durch den Richter und die Parteien verankert;

­

das Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege (SR 312.0), das angesichts der Anerkennung des Rätoromanischen als Amtssprache des Bundes genauer präzisieren muss, welche Amtssprachen der Bundesanwalt vor dem Bundesstrafgericht sprechen kann.

Art. 28

Referendum und Inkrafttreten

Das SpG ist dem fakultativen Referendum unterstellt. Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

9017

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

3.1

Auf den Bund

Die notwendigen Mittel für die Umsetzung des SpG setzen sich wie folgt zusammen: ­

Bisherige Aufwendungen,

­

Zusätzlicher Finanzbedarf für die Inkraftsetzung.

3.1.1

Bisherige Aufwendungen

Gestützt auf das Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Finanzhilfen für die Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache und Kultur (SR 441.3), das neu mit Artikel 23 im SpG integriert wird, leistet der Bund jährlich Finanzhilfen an die beiden Kantone Graubünden und Tessin. Im Finanzplan 2007 sind dafür ­ wie im Voranschlag 2006 ­ 6,84 Millionen Franken eingestellt wovon 4 559 000 Franken auf den Kanton Graubünden und 2 280 000 Franken auf den Kanton Tessin entfallen.

Zur Förderung der verständigungspolitischen Organisationen sind im Finanzplan 2007 ­ wie im Voranschlag 2006 ­ 800 000 Franken eingestellt.

B 2006

FP 2007

Tessin Graubünden Organisationen Verständigung

2 280 000 4 559 000 800 000

2 280 000 4 559 000 800 000

Insgesamt

7 639 000

7 639 000

3.1.2

Zusätzlicher Finanzbedarf für die Inkraftsetzung SpG

Die Kommission hält fest, dass das Sprachengesetz nur mit zusätzlichen finanziellen Mitteln umgesetzt werden kann. Sie verlangt vom Bundesrat entsprechende Abklärungen im Rahmen seiner Stellungnahme.

Die beim BAK mit der Inkraftsetzung des SpG anstehenden zusätzlichen Aufgaben können im Rahmen der vorhandenen personellen Ressourcen bewältigt werden.

3.2

Auf die Kantone und Gemeinden

Die Kantone und Gemeinden tragen zusammen bislang mit wenigen Ausnahmen die gesamte finanzielle Last für die Gestaltung und Durchführung der bildungspolitischen Massnahmen im Sprachenunterricht, die im Rahmen ihrer Kompetenz liegen.

Mit den Finanzhilfen des Bundes für die vorgesehenen Massnahmen werden die 9018

Kantone in einzelnen Bereichen (z.B. für den Austausch bzw. für die Unterstützung einer wissenschaftlichen Institution) mehr Eigenmittel aufwenden müssen, indem sie sich daran beteiligen. Anderseits ist davon auszugehen, dass insbesondere die mehrsprachigen Kantone durch die vorgesehene Unterstützung durch den Bund bezüglich ihrer Aufwendungen im sprachlichen Bereich entlastet werden37.

4

Verfassungsmässigkeit

Das Sprachengesetz steht in Übereinstimmung mit den sprachrechtlich relevanten Artikeln 4, 18 und 70 der Bundesverfassung.

5

Verhältnis zum europäischen und internationalen Recht

Das SpG entspricht in vollem Umfang den sprachrechtlich relevanten internationalen Abkommen, welche die Schweiz ratifiziert hat.

Artikel 2 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (SR 0.103.2) garantiert den Schutz der sprachlichen Minderheiten. Artikel 26, in Verbindung mit Artikel 2, untersagt Diskriminierungen, insbesondere auch sprachlicher Art. Zudem garantiert Artikel 14 Absatz 3 Buchstaben a und f jeder angeklagten Person das Recht, in einer ihr verständlichen Sprache über die gegen sie erhobene Anklage informiert zu werden oder einen Dolmetscher zu erhalten.

Solche Garantien sind auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vorgesehen (SR 0.101) (s. Art. 5 Ziff. 2 und Art. 6 Ziff. 3). Zudem untersagt Artikel 14 Diskriminierungen, die auf der Sprache beruhen und die von der EMRK garantierte Rechte tangieren.

Artikel 30 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (SR 0.107) sieht den Schutz des Kindes vor, das einer sprachlichen Minderheit angehört.

Die Artikel 13 und 15 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (SR 0.103.1) betreffen das Recht auf Bildung und kulturelle Rechte und streben ebenfalls die Förderung von Minderheitensprachen an.

Das Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten (SR 0.441.1) beinhaltet mehrere Bestimmungen zur Sprachenfreiheit: das Recht, seine Minderheitensprache privat und in der Öffentlichkeit mündlich und schriftlich frei und ungehindert zu gebrauchen (Art. 10), das Recht jeder Person, die einer nationalen Minderheit angehört, ihren Familiennamen und Vornamen in der Minderheitensprache zu führen sowie das Recht auf amtliche Anerkennung dieser Namen (Art. 11) und das Recht, die Minderheitensprache zu erlernen und entsprechende Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen zu gründen und betreiben (Art. 13 und 14).

Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen will Regionaloder Minderheitensprachen als gefährdeten Teil des europäischen Kulturerbes schützen und fördern. In der Schweiz fallen das Rätoromanische und das Italienische 37

Vgl. Gutachten Borghi, 1.2.1.1; 1.2.1.3

9019

unter die Förderbestimmungen der Charta. Sie umfasst die Bereiche Bildung, Justiz, Verwaltung, Medien, Kultur, Wirtschaft und Soziales sowie den internationalen Austausch (Art. 8­14).

In Bezug auf das europäische Gemeinschaftsrecht (EG-Recht) bestehen mit dem SpG keine Berührungspunkte, da das EG-Recht diesen Rechtsbereich nicht regelt.

Die Kompetenzen in Bezug auf die Sprachenpolitik liegen bei den Mitgliedstaaten.

9020

Glossar zu Sprachenrecht und Sprachenpolitik38 Amtssprache Sprache, die im Verkehr zwischen den Behörden sowie zwischen den Behörden und der Bevölkerung verwendet wird.

Vollamtssprache, Teilamtssprache FR langue officielle IT lingua ufficiale RM lingua uffiziala anderssprachig Anderssprachig ist eine Person, deren Muttersprache in der Gemeinschaft, wo sie sich aufhält, eine Fremdsprache ist.

FR allophone IT alloglotta RM alloglot Arbeitssprache Sprache, die in einer Institution, einer Organisation oder einem Unternehmen bei der Arbeit offiziell verwendet wird.

Amtssprache FR langue de travail IT lingua di lavoro RM lingua da lavur Austausch Prozess, bei dem Personen oder Gemeinschaften unterschiedlicher Kultur, Sprache, Religion, Herkunft usw. einander durch gemeinsame Aktivitäten (z.B. Besuche von Schülern, Lehrlingen oder Lehrern in Ausbildungsstätten der anderen Gemeinschaft) an ihrer Denk- und Lebensweise teilhaben lassen und dadurch zur besseren gegenseitigen Verständigung beitragen.

FR échange IT scambio RM barat Bilingualismus Zweisprachigkeit

38

Dieses Glossar ist ein Auszug aus einer umfangreichen Terminologiesammlung zum Thema, die in TERMDAT, der Terminologiedatenbank der Bundesverwaltung, abfragbar ist: http://termdat.bk.admin.ch (Intranet). Ein Ausdruck der vollständigen Sammlung kann bei der Sektion Terminologie der Bundeskanzlei bezogen werden (termdat@bk.admin.ch).

Die Definitionen sind terminologische Begriffsumschreibungen; sie decken nicht sämtliche juristischen und wissenschaftlichen Aspekte ab.

9021

Bundesgesetz über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften; Sprachengesetz; SpG Bundesgesetz, dessen Zweck es ist, die Viersprachigkeit als Wesensmerkmal der Schweiz zu stärken, die individuelle und institutionelle Mehrsprachigkeit in den
Landessprachen sowie die Verständigung und den Austausch zwischen den Sprachgemeinschaften zu fördern und dadurch den inneren Zusammenhalt des
Landes zu festigen.

FR Loi fédérale sur les langues nationales et la compréhension entre les communautés linguistiques; Loi sur les langues; LLC IT Legge federale sulle lingue nazionali e la comprensione tra le comunità linguistiche; Legge sulle lingue; LLing RM Lescha federala davart las linguas naziunalas e la chapientscha tranter las cuminanzas linguisticas; Lescha da linguas; LLing Dialekt; Mundart Regionale Sprachvarietät, die vor allem in Lautung und Wortschatz von der
Standardsprache abweicht und vorwiegend mündlich verwendet wird.
FR dialecte; patois IT dialetto RM dialect Diglossie Umstand, dass in einer Sprachgemeinschaft zwei Sprachvarietäten (meistens eine hochsprachliche und eine dialektale), die unterschiedliche Funktionen haben, nebeneinander verwendet werden.

FR diglossie IT diglossia RM diglossia dominante Sprache Hauptsprache Einsprachigkeit; Monolingualismus Eigenschaft einer Person, die nur eine Sprache kennt, oder Umstand, dass in einer Gemeinschaft oder einem geografischen Gebiet eine einzige Sprache verwendet wird.

Zweisprachigkeit, Mehrsprachigkeit FR monolinguisme; unilinguisme IT monolinguismo RM monolinguitad; monolinguissem Einstiegsfremdsprache
Fremdsprache, die in der Schule als erste unterrichtet wird.

Frühfremdsprache
FR langue étrangère initiale; première langue étrangère IT prima lingua straniera RM emprima lingua estra

9022

Erstsprache(1); Primärsprache; Muttersprache(2); S1 Sprache, die eine Person in der Kindheit als erste erworben hat und weiterhin verwendet.

(1) bevorzugt; (2) problematischer Terminus, zumal die «Muttersprache» nicht immer die Sprache der Mutter ist.

Hauptsprache FR langue première; première langue; langue maternelle; L1 IT prima lingua; lingua materna; madrelingua; madre lingua; L1 RM emprima lingua; lingua materna; L1 Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 5. November 1992; Europäische Sprachencharta; Sprachencharta Grundsatzerklärung des Europarates, welche die unterzeichneten Mitgliedstaaten verpflichtet, die in ihrem Hoheitsgebiet verwendeten Regional- und Minderheitensprachen zu schützen und zu fördern.

FR Charte européenne des langues régionales ou minoritaires du 5 novembre 1992; Charte européenne des langues; Charte des langues IT Carta europea delle lingue regionali o minoritarie del 5 novembre 1992; Carta europea delle lingue; Carta delle lingue RM Charta europeica da las linguas regiunalas u minoritaras dals 5 da november 1992; Charta europeica da las linguas; Charta da las linguas Europäisches Sprachenportfolio; ESP Dokument, in dem die schulisch und ausserschulisch erworbenen Sprachkenntnisse bescheinigt sind.

Umfasst den Sprachenpass, die Sprachlernbiografie und das Dossier.

FR Portfolio européen des langues; PEL IT Portfolio europeo delle lingue; PEL RM Portfolio europeic da linguas; PEL Fremdsprache Sprache einer anderen Sprachgemeinschaft, die man in der Regel schulisch lernt.
Zweitsprache
FR langue étrangère IT lingua straniera RM lingua estra Frühfremdsprache Fremdsprache, die in der Schule zu einem frühen Zeitpunkt unterrichtet wird.
Einstiegsfremdsprache
FR langue étrangère précoce IT lingua straniera precoce RM lingua estra tempriva

9023

Gebietssprache; Regionalsprache Sprache, die von der Mehrheit der Bevölkerung einer Region gesprochen wird.

Häufig synonym mit Ortssprache.

FR langue régionale; langue de la région IT lingua regionale; lingua della regione RM lingua regiunala; lingua da la regiun Gesamtsprachenkonzept; GSK Konzept, welches das Vorgehen zur Verbesserung der Sprachkenntnisse und zur Erweiterung des Sprachrepertoires in- und ausserhalb der Schule umfassend darstellt.

FR Concept général pour l'enseignement' des langues; Concept général des langues; CEL IT Concetto generale per l'insegnamento' delle lingue; Concetto generale delle lingue RM Concept general per l'instrucziun' da linguas; Concept general da las linguas gesellschaftliche Mehrsprachigkeit; soziale Mehrsprachigkeit; kollektive Mehrsprachigkeit Umstand, dass in einer Gemeinschaft mehrere Sprachen nebeneinander verwendet werden, wobei die Angehörigen dieser Gemeinschaft zum Teil nur eine dieser Sprachen kennen.

Mehrsprachigkeit FR plurilinguisme social; plurilinguisme collectif IT plurilinguismo sociale; plurilinguismo collettivo RM plurilinguitad sociala; plurilinguitad collectiva Hauptsprache; dominante Sprache(1) Sprache, in der eine Person denkt und die sie am besten beherrscht.

auch wichtigste Sprache in einer mehrsprachigen Gemeinschaft.

Erstsprache FR langue principale; langue dominante IT lingua principale; lingua dominante RM lingua principala; lingua dominanta (1)

Herkunftssprache Sprache des Gebiets, aus dem eine zugewanderte Person stammt.

Migrantensprache FR langue d'origine IT lingua di origine; lingua di provenienza RM lingua d'origin Hochsprache Standardsprache Idiom
Sprachvarietät einer Person, Gruppe oder Region.
Auch synonym mit Dialekt.

FR idiome IT idioma RM idiom 9024

Immersionsunterricht(1); immersiver Unterricht Sprachunterricht, bei dem eine oder mehrere zu erlernende Sprachen nicht nur als Gegenstand vermittelt, sondern auch für die Kommunikation im Sachunterricht verwendet werden.

(1) üblich.

zweisprachiger Unterricht FR enseignement par immersion IT insegnamento per immersione RM instrucziun d'immersiun individuelle Mehrsprachigkeit Eigenschaft einer Person, die mehrere Sprachen aktiv oder passiv gebrauchen kann.
Mehrsprachigkeit
FR plurilinguisme individuel IT plurilinguismo individuale RM plurilinguitad individuala institutionelle Mehrsprachigkeit Umstand, dass eine Institution offiziell mehrsprachig arbeitet.

Mehrsprachigkeit FR plurilinguisme institutionnel IT plurilinguismo istituzionale RM plurilinguitad instituziunala Kantonssprache; Landessprache(1) Sprache, die in einem Kanton als wesentlicher Bestandteil der eigenen Kultur gilt und dementsprechend rechtlich anerkannt ist und verwendet wird.

(1) in den Kantonen Bern, Graubünden, Wallis.

Landessprache (Nationalsprache) FR langue cantonale; langue du canton; langue nationale IT lingua cantonale; lingua del Cantone RM lingua chantunala; lingua dal chantun Landessprache(1); Nationalsprache(2) Sprache, die in einem Staat als wesentlicher Bestandteil der eigenen Kultur gilt und dementsprechend rechtlich anerkannt ist und verwendet wird.

(1) offiziell; (2) 1996 mit der Revision des Sprachenartikels in der Bundesverfassung ersetzt durch «Landessprache».

Kantonssprache FR langue nationale IT lingua nazionale RM lingua naziunala Lingua franca Verkehrssprache Mehrheitssprache Sprache, die in einem bestimmten Gebiet von einer Bevölkerungsgruppe, die im Vergleich zu den übrigen Sprachgruppen eine Mehrheit bildet, verwendet wird.
Minderheitssprache, sprachliche Mehrheit
FR langue majoritaire IT lingua maggioritaria; lingua di maggioranza RM lingua maioritara; lingua da la maioritad 9025

Mehrsprachigkeit; Vielsprachigkeit; Multilingualismus; Multilinguismus; Plurilingualismus Eigenschaft einer Person, die mehrere Sprachen kennt, oder Umstand, dass in einer Gemeinschaft oder einem geografischen Gebiet mehrere Sprachen nebeneinander verwendet werden.

Man unterscheidet u.a.

individuelle, gesellschaftliche, territoriale und institutionelle Mehrsprachigkeit.

FR plurilinguisme; multilinguisme IT plurilinguismo; multilinguismo RM plurilinguitad; plurilinguissem; multilinguitad; multilinguissem Migrantensprache; Immigrantensprache; Migrationssprache Sprache, die von zugewanderten Personen gesprochen wird.

Herkunftssprache FR langue des migrants; langue de la migration IT lingua dei migranti; lingua della migrazione RM lingua dals immigrants; lingua da migraziun Minderheitssprache; Minderheitensprache Sprache, die in einem bestimmten Gebiet von einer Bevölkerungsgruppe, die im Vergleich zu den übrigen Sprachgruppen eine Minderheit bildet, verwendet wird.
Mehrheitssprache, sprachliche Minderheit
FR langue minoritaire IT lingua minoritaria; lingua di minoranza RM lingua minoritara; lingua da la minoritad Monolingualismus Einsprachigkeit Multilinguismus Mehrsprachigkeit Mundart Dialekt Muttersprache Erstsprache Nationalsprache Landessprache Ortssprache; Lokalsprache Sprache, die von der Mehrheit der Bevölkerung einer Gemeinde gesprochen wird.

Häufig synonym mit Gebietssprache.

FR langue locale; langue du lieu; parler local IT lingua locale; lingua del luogo; parlata locale RM lingua locala

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Rahmenübereinkommen vom 1. Februar 1995 zum Schutz nationaler Minderheiten; Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten FR Convention-cadre du 1er février 1995 pour la protection des minorités nationales; Convention-cadre du Conseil de l'Europe pour la protection des minorités nationales IT Convenzione-quadro del 1° febbraio 1995 per la protezione delle minoranze nazionali; Convenzione quadro del Consiglio d'Europa per la protezione delle minoranze nazionali RM Convenziun da basa dal 1. da favrer 1995 per proteger las minoritads naziunalas; Convenziun da basa dal cussegl da l'Europa per proteger las minoritads naziunalas Regionalsprache Gebietssprache Schriftsprache Standardsprache soziale Mehrsprachigkeit gesellschaftliche Mehrsprachigkeit Sprache; Einzelsprache System von Laut- oder Schriftzeichen oder Gebärden, das von einer bestimmten Gemeinschaft zur Verständigung verwendet wird.

FR langue IT lingua RM lingua Sprachenartikel Artikel der schweizerischen Bundesverfassung, der die Grundsätze des schweizerischen Sprachenrechts festhält, die Landes- und Amtssprachen des Bundes bestimmt und die Grundzüge der Sprachenpolitik festlegt.

Artikel 4, 18 und 70 der Bundesverfassung.

FR article sur les langues IT articolo sulle lingue RM artitgel da linguas Sprachencharta Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen Sprachenfrage Gesamtheit der kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Fragen und Probleme, die sich aus dem Gebrauch mehrerer Sprachen innerhalb eines Gemeinwesens ergeben.

Sprachenkonflikt FR question linguistique; question des langues IT questione linguistica; questione delle lingue RM dumonda da las linguas

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Sprachenfreiheit Grundrecht, sich in einer Sprache eigener Wahl, vor allem in seiner Hauptsprache, auszudrücken.

FR liberté de la langue; liberté linguistique IT libertà di lingua; libertà linguistica RM libertad da lingua Sprachenfrieden; Sprachfrieden Einvernehmliches Zusammenleben verschiedener Sprachgemeinschaften innerhalb eines Gemeinwesens oder einer Region.

Sprachenkonflikt, Sprachenfrage FR paix linguistique; paix des langues IT pace linguistica; pace delle lingue RM pasch linguistica Sprachengesetz Bundesgesetz über die Landessprachen ...

Sprachenhoheit; Sprachhoheit Befugnis einer Behörde oder Institution, den Gebrauch einer Sprache für ein geografisches Gebiet oder einen Sachbereich zu regeln.

FR souveraineté linguistique IT sovranità linguistica RM suveranitad linguistica Sprachenkonflikt; Sprachkonflikt; Sprachenstreit Konflikt innerhalb eines mehrsprachigen Gemeinwesens, der durch Fragen um die Gleichstellung, Bevorzugung oder Benachteiligung einer Sprache oder Sprachgemeinschaft gegenüber anderen ausgelöst wird.

Sprachenfrieden, Sprachenfrage FR conflit linguistique IT conflitto linguistico RM conflict linguistic Sprachenpolitik; Sprachpolitik Gesamtheit der politischen und administrativen Massnahmen, die darauf abzielen, die Situation einer oder mehrerer Sprachen oder Sprachgemeinschaften zu beeinflussen.

FR politique linguistique; politique des langues IT politica linguistica; politica delle lingue RM politica linguistica; politica da linguas Sprachenrecht Teil des Rechts, der den Gebrauch der Sprachen in einem Gemeinwesen regelt.

FR droit des langues; droit linguistique IT diritto delle lingue; diritto linguistico RM dretg da linguas

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Sprachenregelung; Sprachenordnung; Sprachenregime Gesamtheit der rechtlichen Regeln, die den Status und den Gebrauch der in einer politischen Einheit (z.B. Staat, Kanton) verbreiteten Sprachen festlegen.

FR régime linguistique; réglementation des langues IT regime linguistico; regolamentazione delle lingue; ordinamento delle lingue; ordinamento linguistico RM reglamentaziun da las linguas Spracherhaltung; Spracherhalt Gesamtheit der Massnahmen zur Bewahrung einer bedrohten Sprache.

FR sauvegarde d'une langue; maintien d'une langue IT salvaguardia di una lingua; conservazione di una lingua; mantenimento di una lingua RM mantegniment d'ina lingua Sprachförderung Gesamtheit der Massnahmen, die darauf abzielen, die Kenntnisse und den Gebrauch einer Sprache zu fördern.

FR promotion linguistique; promotion d'une langue IT promozione linguistica; promozione di una lingua RM promoziun d'ina lingua Sprachgebiet; Sprachregion; Sprachraum Geografisches Gebiet, in dem eine bestimmte Sprache oder ein bestimmter Dialekt verwendet wird.

FR aire linguistique; région linguistique; territoire linguistique; espace linguistique IT area linguistica; regione linguistica; territorio linguistico; spazio linguistico RM territori linguistic; regiun linguistica; spazi linguistic Sprachgebietsprinzip Territorialitätsprinzip Sprachgemeinschaft; Sprachgruppe Gruppe von Personen, die dieselbe Sprache oder denselben Dialekt verwenden.

FR communauté linguistique; groupe linguistique IT comunità linguistica; collettività linguistica; gruppo linguistico RM cuminanza linguistica; gruppa linguistica Sprachgrenze Grenzlinie oder Übergangsbereich zwischen zwei Sprachgebieten.

FR frontière linguistique IT confine linguistico; frontiera linguistica RM cunfin linguistic

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Sprachkenntnisse Fähigkeit, sich in einer Sprache auszudrücken und/oder diese zu verstehen.

Man unterscheidet aktive und passive Sprachkenntnisse.

FR connaissances linguistiques IT conoscenze linguistiche RM enconuschientschas linguisticas; enconuschientschas da la lingua Sprachkompetenz(1); Sprachfähigkeit; Sprachvermögen Gesamtheit der Kenntnisse und Fähigkeiten einer Person in einer oder mehreren Sprachen.

(1) üblich.

FR compétence linguistique; compétence langagière IT competenza linguistica RM cumpetenza linguistica; abilitad linguistica sprachliche Assimilation Prozess, bei dem Zuwanderer oder Angehörige einer sprachlichen Minderheit die Sprache einer anderen Sprachgemeinschaft übernehmen und gleichzeitig ihre eigene Sprache aufgeben.

sprachliche Integration FR assimilation linguistique IT assimilazione linguistica RM assimilaziun linguistica sprachliche Diskriminierung Benachteiligung einer Person oder Gemeinschaft wegen ihrer Sprache.

FR discrimination linguistique IT discriminazione linguistica RM discriminaziun linguistica sprachliche Integration; sprachliche Eingliederung Prozess, bei dem Zuwanderer die Sprache der neuen Umgebung in ihr Sprachrepertoire aufnehmen, ohne ihre Herkunftssprache aufzugeben.

sprachliche Assimilation FR intégration linguistique IT integrazione linguistica RM integraziun linguistica sprachliche Mehrheit; Sprachmehrheit
Sprachgemeinschaft, die mit einer oder mehreren zahlenmässig kleineren Sprachgemeinschaften in einem Gemeinwesen zusammenlebt.

Mehrheitssprache
FR majorité linguistique; groupe linguistique majoritaire IT maggioranza linguistica; gruppo linguistico maggioritario RM maioritad linguistica; gruppa linguistica maioritara

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sprachliche Minderheit; Sprachminderheit
Sprachgemeinschaft, die mit einer oder mehreren zahlenmässig grösseren
Sprachgemeinschaften in einem Gemeinwesen zusammenlebt.

Minderheitssprache FR minorité linguistique; groupe linguistique minoritaire IT minoranza linguistica; gruppo linguistico minoritario RM minoritad linguistica; gruppa linguistica minoritara Sprachregion Sprachgebiet Sprachrepertoire; sprachliches Repertoire Gesamtheit der Sprachen und Sprachvarietäten, die eine Person oder Gemeinschaft verwenden kann.

FR répertoire linguistique IT repertorio linguistico RM repertori linguistic Sprachvarietät; Varietät; Sprachform Ausprägung einer Sprache, die sich durch bestimmte Merkmale von anderen Ausprägungen derselben Sprache unterscheidet.

Zu den Varietäten einer Sprache gehören z.B.

Standardsprache und Dialekt.

FR variété linguistique; variété de langue; forme linguistique IT varietà linguistica; varietà di lingua; forma linguistica; forma di lingua RM varietad linguistica; furma linguistica Standardsprache; Standardvarietät; Hochsprache; Schriftsprache Überregionale Sprachvarietät, die in einer Sprachgemeinschaft allgemein zur Verständigung verwendet wird und vor allem in Bezug auf Grammatik, Aussprache und Rechtschreibung einer weitgehenden Normierung und Kontrolle durch öffentliche Institutionen unterliegt.

FR langue standard; variété standard IT lingua standard; lingua colta; lingua scritta RM lingua da standard; lingua da scrittira Status einer Sprache; Sprachstatus Stellung einer Sprache, die ihr aufgrund der geschichtlichen Entwicklung oder einer Festlegung in einem Gemeinwesen (Landes-, Amtssprache) oder in einem bestimmten Bereich (z.B. Gerichtssprache) zukommt.

FR statut d'une langue IT statuto di una lingua; statuto linguistico RM status d'ina lingua

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Teilamtssprache
Amtssprache, die nur im Verkehr zwischen den Behörden und den Angehörigen
der betreffenden Sprachgemeinschaft verwendet wird.

Das Rätoromanische hat in der Schweiz auf Bundesebene den Status einer Teilamtssprache.

Vollamtssprache FR langue partiellement officielle; langue semi-officielle IT lingua parzialmente ufficiale; lingua semiufficiale RM lingua parzialmain uffiziala; lingua semiuffiziala territoriale Mehrsprachigkeit Umstand, dass in einem bestimmten geografischen Gebiet mehrere Sprachen nebeneinander verwendet werden.

Mehrsprachigkeit FR plurilinguisme territorial IT plurilinguismo territoriale RM plurilinguitad territoriala Territorialitätsprinzip(1); Territorialprinzip; Sprachgebietsprinzip Rechtlicher Grundsatz, wonach im geografischen Gebiet einer politischen Einheit (Gemeinde, Bezirk, Kanton) ausschliesslich deren Amtssprache in den öffentlichen Institutionen verwendet wird.

(1) bevorzugt.

FR principe de la territorialité; principe territorial IT principio territoriale; principio della territorialità RM princip territorial; princip da la territorialitad Varietät Sprachvarietät Verkehrssprache; Lingua franca Sprache, in der verschiedensprachige Personen oder Personengruppen miteinander kommunizieren.

FR langue véhiculaire; lingua franca IT lingua veicolare; lingua franca RM lingua franca Verständigung Prozess, bei dem Personen oder Gemeinschaften unterschiedlicher Kultur, Sprache, Religion, Herkunft usw. die Denk- und Lebensweise der anderen begreifen und respektieren lernen und dadurch zu einem einvernehmlichen Zusammenleben finden.

Austausch FR compréhension IT comprensione RM chapientscha

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Verständigungspolitik Gesamtheit der politischen und administrativen Massnahmen, die darauf abzielen, die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften in einem Land oder einer Region zu fördern.

FR politique de la compréhension IT politica della comprensione RM politica da chapientscha Vielsprachigkeit Mehrsprachigkeit Vollamtssprache
Amtssprache, die im Verkehr zwischen den Behörden und der Bevölkerung
uneingeschränkt verwendet werden kann.

Teilamtssprache FR langue officielle de plein droit IT lingua ufficiale a pieno titolo; lingua ufficiale a pieno effetto RM lingua uffiziala da plain dretg zweisprachiger Unterricht(1); bilingualer Unterricht; Zweisprachenunterricht Unterricht, in dem zur Vermittlung von Sach- und Sprachkenntnissen zwei Sprachen verwendet werden.

(1) üblich; in der Schweiz meist synonym mit Immersionsunterricht.

FR enseignement bilingue IT insegnamento bilingue RM instrucziun bilingua Zweisprachigkeit; Bilingualismus; Bilinguismus Eigenschaft einer Person, die zwei Sprachen kennt, oder Umstand, dass in einer Gemeinschaft oder einem geografischen Gebiet zwei Sprachen nebeneinander verwendet werden.

Mehrsprachigkeit FR bilinguisme IT bilinguismo RM bilinguitad; bilinguissem Zweitsprache; S2 Sprache, die eine Person nach der Erstsprache erwirbt und neben dieser im Alltag verwendet.

Fremdsprache FR langue seconde; deuxième langue; L2 IT lingua seconda; seconda lingua; L2 RM segunda lingua; L2

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