Richtlinien für die Entsendung von Delegationen an internationale Konferenzen sowie für deren Vorbereitung und Folgearbeiten vom 1. Februar 2006

Der Schweizerische Bundesrat erlässt die folgenden Richtlinien:

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Grundsätze

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Internationale Konferenzen und andere multilaterale Treffen, Sitzungen und Versammlungen einschliesslich Tagungen internationaler Organisationen, nachfolgend «internationale Konferenzen» genannt, bilden ein wesentliches Element der Zusammenarbeit unter den Staaten. Der Entscheid, ob die Schweiz an einer internationalen Konferenz teilnimmt oder nicht, richtet sich vornehmlich nach folgenden Fragen: a. Erweist sich eine Teilnahme für die Wahrung der Interessen unseres Landes als notwendig oder zumindest als nützlich?

b. Kann die Schweiz durch ihre Teilnahme einen spezifischen Beitrag im Interesse der internationalen Zusammenarbeit leisten?

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Die Zusammenarbeit mit dem Parlament richtet sich nach Artikel 152 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20021.

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Die Zusammenarbeit mit den Kantonen richtet sich nach dem Bundesgesetz vom 22. Dezember 19992 über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes.

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Schweizerische Interessengruppen wie Verbände und Nichtregierungsorganisationen können in internationale Konferenzen sowie an deren Vorbereitung und Folgearbeiten einbezogen werden. Sie werden in angemessenem Rahmen beteiligt und ihre Vertreterinnen und Vertreter können auch in die Delegation selbst aufgenommen werden.

Um zur Mitwirkung beigezogen zu werden, müssen die Interessengruppen zur Formulierung der schweizerischen Politik einen wesentlichen Beitrag leisten können und zur Verankerung des aussenpolitischen Geschäftes in der Innenpolitik beitragen.

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Der Einbezug der eidgenössischen Kommissionen (Kommissionsverordnung vom 3. Juni 19963) erfolgt sinngemäss nach Ziffer 14.

SR 171.10 SR 138.1 SR 172.31

2006-0193

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Richtlinien für die Entsendung von Delegationen an internationale Konferenzen sowie für deren Vorbereitung und Folgearbeiten

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Vom Einbezug der in den Ziffern 14 f. genannten Kreise in Vorbereitungsund Folgearbeiten oder in die Delegation wird abgesehen, wo es die übergeordneten Interessen der Eidgenossenschaft gebieten. Diese können insbesondere angeführt werden bei internationalen Konferenzen, an denen bindende Vertragswerke beziehungsweise die Gründung internationaler Organisationen vorbereitet und verhandelt werden.

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Auf Konferenzen und Tagungen im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sowie deren Vorbereitungs- und Folgearbeiten sind diese Richtlinien auf Grund der dreigliedrigen Struktur der ILO nur sinngemäss anwendbar.

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Vorbereitungs- und Folgearbeiten

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Die interessierten Departemente oder Bundesämter informieren sich gegenseitig über ihnen zugestellte Einladungen für eine Teilnahme der Schweiz an internationalen Konferenzen. Das federführende Bundesamt bezieht die interessierten Bundesstellen, insbesondere die Politische Direktion des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und diejenigen Stellen, die für den Vollzug der an der internationalen Konferenz zu treffenden Beschlüsse zuständig sind, in die Vorbereitungsarbeiten ein. Das federführende Bundesamt konsultiert diese bei der Erarbeitung schweizerischer Positionen.

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Das federführende Bundesamt kündigt internationale Konferenzen den zuständigen schweizerischen Vertretungen an und bezieht diese, wo es sinnvoll erscheint, in die Vorbereitungs- und Folgearbeiten ein.

23

Das federführende Bundesamt kann die in Ziffer 14 f. genannten schweizerischen Interessengruppen informieren, wenn diese Interesse an der Konferenz bekundet haben.

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Ziffer 23 gilt sinngemäss auch für die Folgearbeiten nach der Konferenz.

Das federführende Bundesamt orientiert die interessierten Bundesstellen, insbesondere die Politische Direktion des EDA und die zuständigen schweizerischen Vertretungen sowie alle anderen in die Vorbereitung einbezogenen Kreise, mit einem Bericht über den Konferenzverlauf und das beabsichtigte weitere Vorgehen.

3

Zusammensetzung der Delegation

31

Grösse und Zusammensetzung der Delegation müssen den Erfordernissen der internationalen Konferenz angepasst sein. Bei der Auswahl der Delegierten stehen die fachspezifische Kompetenz sowie die Verhandlungserfahrung im Vordergrund. Die Delegierten sollen sich ergänzen und gemeinsam den Gesamtüberblick über die schweizerische Politik und die Rechtsordnung und insbesondere auch über den Vollzug allfälliger Beschlüsse der internationalen Konferenz mitbringen.

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Im Sinne einer effizienten Vertretung ist die Zahl der Delegationsmitglieder so klein wie möglich zu halten. Dabei werden besondere Umstände wie die gleichzeitige Arbeit in verschiedenen Ausschüssen oder die Tatsache, dass die Schweiz spezielle Aufgaben (z.B. Vorsitz) wahrnimmt oder besondere Interessen zu vertreten hat, berücksichtigt.

Bei einer zahlenmässigen Beschränkung der Delegation steht die Optimierung der in der Delegation vertretenen Fachkompetenz unter Berücksichtigung der Dossierverantwortung und der Verhandlungserfahrung bei der Auswahl der Delegationsmitglieder im Vordergrund.

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Die in den Ziffern 14 f. genannten Kreise können bei der Zusammenstellung einer Delegation berücksichtigt werden, wenn es sich nach den in Ziffern 14 und 31 genannten Kriterien rechtfertigt. Sie bestimmen ihre Delegierten im Einverständnis mit dem federführenden Amt. Die Zahl der Delegierten ist auf maximal 3 zu beschränken.

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Bei der Delegationszusammenstellung ist Personal der zuständigen schweizerischen Auslandsvertretungen mit nützlichem Fachwissen einzubeziehen.

Die Auslandsvertretungen unterstützen die Arbeit der Delegation in logistischer, fachlicher und personeller Hinsicht. Ihr Personal kann auch in die Delegation aufgenommen werden, um allfällige nicht vorhersehbare Aufgaben zu übernehmen. In diesem Fall hat die Beteiligung der Vertretung keinen Einfluss auf die Grösse der anreisenden Delegation.

34

Bei der Bestellung der Delegation sorgt das federführende Bundesamt für eine angemessene Frauenvertretung. Ziel ist das paritätische Verhältnis von männlichen und weiblichen Mitgliedern.

4

Entscheid über die Entsendung von Delegationen

41

Der Bundesrat bestimmt das Mandat schweizerische Delegationen für internationale Konferenzen, mit Ausnahme der unter Ziffer 44 vorgesehenen Fälle.

42

Zu diesem Zweck stellt das federführende Departement dem Bundesrat rechtzeitig einen Antrag, in dem die Position, welche die Delegation an der Konferenz zu vertreten beabsichtigt, beschrieben und die Aufgabe jedes oder jeder Delegierten definiert wird. Teilen sich mehrere Departemente in die Federführung, so stellen sie den Antrag gemeinsam.

43

Über diese Anträge ist in jedem Fall eine Ämterkonsultation durchzuführen.

431

Die Departemente bestimmen die Grösse und Zusammensetzung der Delegationen. Können Sie sich im Einzelfall nicht einigen, so entscheidet der Bundesrat.

44

In gewissen Fällen können Entsendung und Mandat der Delegation auch auf Departements- oder Amtsebene beschlossen werden. Die Departemente regeln die Handhabung in ihrem Zuständigkeitsbereich.

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441

Dies ist möglich, wenn die folgenden Bedingungen kumulativ erfüllt sind: a. für die Teilnahme der Schweizer Delegation sind keine bundesrätlichen Vollmachten notwendig4; b. die Konferenz findet regelmässig und in Abständen von höchstens fünf Jahren statt; c. aus der Konferenz ergeben sich keine neuen Verpflichtungen für die Schweiz, welche die Kompetenzen des federführenden Amtes übersteigen.

442

Falls der Entscheid über das Mandat einer Delegation auf Departementsoder Amtsebene gefällt werden kann, entbindet dies das federführende Amt nicht von der Pflicht, die mitinteressierten Bundesstellen zu konsultieren.

Können dabei auftretende Differenzen nicht auf Stufe der betroffenen Ämter oder Departemente geregelt werden, so ist das Geschäft dem Bundesrat zu unterbreiten. Das federführende Departement erarbeitet einen entsprechenden Antrag.

443

Bestehen für eine Konferenz Differenzen darüber, auf welcher Stufe ein Entscheid gefällt werden kann, so entscheidet der Bundesrat.

5

Verhalten der Delegation

51

Alle Mitglieder der Delegation sind der Delegationsleitung unterstellt.

Insbesondere diejenigen Mitglieder, die nicht der Bundesverwaltung angehören, sind vom federführenden Amt über ihre Pflichten zu informieren.

Diese umfassen namentlich die allfällige Pflicht zur Geheimhaltung, die Pflicht, nur gemäss Instruktion der Delegationsleitung als Mitglieder der Delegation Verhandlungen zu führen oder Erklärungen abzugeben, die Pflicht, die Delegationsleitung über im eigenen Namen ausserhalb des Verhandlungskontexts abgegebene Erklärungen unverzüglich zu informieren sowie die Pflicht, sich an den Vorbereitungsarbeiten und an der Berichterstattung zu beteiligen.

52

Die schweizerische Delegation pflegt während der internationalen Konferenz auf bestmögliche Weise den Kontakt zu interessierten Vertreterinnen und Vertretern unabhängig teilnehmender schweizerischer Interessengruppen oder zu den schweizerische Interessengruppen mitvertretenden Delegierten internationaler Interessengruppen.

4

Auch wenn eine bundesrätliche Vollmacht verlangt wird, kann diese auf Departementsstufe erteilt werden, wenn Angehörige der Bundesverwaltung und diplomatischer Vertretungen der Schweiz zur Vertretung in den regelmässigen Treffen von Vertragsorganen oder von Komitees ermächtigt werden müssen.

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6

Administrative Bestimmungen

61

Für das Personal der Bundesverwaltung gelten die entsprechenden administrativen Bestimmungen, insbesondere was den Ersatz von Auslagen, Vergütungen, die Wahl des Transportmittels und die Anrechnung der Arbeitszeit betrifft.

611

Die Vergütungen sind im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Finanzdepartement (Personalamt) festzusetzen.

612

Die Kosten des an internationalen Konferenzen teilnehmenden Bundespersonals gehen zu Lasten der Ämter, welche es vertritt (Rubrik «Übrige Sachausgaben»).

62

Die Kosten von Delegierten der Bundesversammlung, der Kantone sowie von Delegierten gemäss den Ziffern 14 und 15 werden in der Regel vom Bund nicht übernommen. Andernfalls trägt das zuständige Departement die Kosten.

63

Die Kosten für die Teilnahme an Konferenzen und Tagungen im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) werden für das Bundespersonal und die zugezogenen Dritten (insbesondere die Delegierten und technischen Beraterinnen und Berater der Arbeitgeber und Arbeitnehmer), einschliesslich allfälliger Sachausgaben, dem Sonderkredit des Staatssekretariats für Wirtschaft belastet. Diese Regelung gilt nicht für Vertreterinnen und Vertreter des EDA, deren Auslagen gemäss Ziffer 61 vergütet werden.

64

Sachausgaben für Einladungen, Miete von Büros und Automobilen sowie dergleichen werden der Rubrik «Übrige Sachausgaben» (Unterrubrik «Vom Bundesrat bestellte Abordnungen») belastet, sofern ein entsprechender Bundesratsbeschluss vorliegt (Ziff. 41). Andernfalls (Ziff. 44) sind diese Ausgaben der Rubrik «Übrige Sachausgaben» des federführenden Bundesamtes zu belasten.

65

Von der Bundesverwaltung bei weiteren interessierten Kreisen im Rahmen von Vorbereitungs- und Folgearbeiten internationaler Konferenzen bestellte Arbeiten, für die eine Entschädigung vorgesehen worden ist, sind grundsätzlich vom auftraggebenden Amt zu bezahlen. Auf Antrag können diese Arbeiten ausnahmsweise vom EDA teilweise oder ganz finanziert werden, wenn es darin einwilligt und über die entsprechenden Mittel verfügt.

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Schlussbestimmungen

Die Richtlinien vom 23. März 20055 für die Entsendung von Delegationen an internationale Konferenzen sowie für deren Vorbereitung und Folgearbeiten werden aufgehoben.

Diese Richtlinien treten am 1. Februar 2006 in Kraft.

1. Februar 2006

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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BBl 2005 2681

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