8.2.1

Botschaft über Änderungen der Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten mit Israel, Rumänien und der Türkei vom 11. Januar 2006

8.2.1.1

Allgemeiner Teil

Die EFTA-Staaten verfügen derzeit über ein Netz von insgesamt 14 Freihandelsabkommen (FHA) mit Staaten ausserhalb der EU1. Diese Abkommen bedürfen der regelmässigen Überarbeitung, insbesondere um sie an internationale handelspolitische Entwicklungen ­ zum Beispiel im Rahmen der WTO, des Weltzollrats oder neuer Präferenzabkommen ­ anzupassen.

Abkommensänderungen durch Beschlüsse der durch die FHA eingesetzten Gemischten Ausschüsse unterliegen den in den FHA enthaltenen Verfahrensbestimmungen. Beschlüsse, welche den Vertragsstaaten zur Annahme unterbreitet werden müssen, treten in Kraft, wenn sie von allen Vertragsparteien gemäss ihren jeweiligen internen Verfahren genehmigt worden sind.

Mit der vorliegenden Sammelbotschaft werden den eidgenössischen Räten die ausstehenden genehmigungspflichtigen Abkommensänderungen unterbreitet. Diese betreffen die Einführung eines neuen Protokolls über Amtshilfe im Zollbereich in das EFTA-FHA mit Israel (SR 0.632.314.491), die Änderung der Bestimmungen über Zahlungsbilanzschwierigkeiten im Abkommen mit Israel sowie die Änderung der Bestimmungen über staatliche Beihilfen in den EFTA-FHA mit Rumänien (SR 0.632.316.631) und der Türkei (SR 0.632.317.631).

8.2.1.2 8.2.1.2.1

Besonderer Teil: Inhalt der Abkommensänderungen Einführung von Bestimmungen über Amtshilfe im Zollbereich in das Freihandelsabkommen mit Israel

Grund der Abkommensänderung Die Zusammenarbeit unter den Zollverwaltungsbehörden war bisher auf den im Protokoll B geregelten Bereich der Ursprungsregeln beschränkt. Mit der Änderung von Artikel 3 des Abkommens und der damit verbundenen Einfügung eines neuen Protokolls E über die gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich durch den Beschluss 3/2005 des Gemischten Ausschusses EFTA-Israel werden die Zusammenarbeitsmöglichkeiten auf andere Widerhandlungen gegen Zollvorschriften und zollrelevante aussenwirtschaftsrechtliche Ein-, Aus- und Durchfuhrbestimmungen der Vertragsparteien ausgedehnt.

1

Bulgarien, Chile, Israel, Jordanien, Kroatien, Libanon, Marokko, Mazedonien, Mexiko, PLO/Palästinensische Behörde, Rumänien, Singapur, Tunesien und Türkei. Ein weiteres Abkommen, mit der Republik Korea, wurde am 15. Dez. 2005 unterzeichnet.

2005-2465

1767

Inhalt der Abkommensänderung Das neue Protokoll E ermöglicht einen direkten Austausch von Informationen vor der Inanspruchnahme des Rechtshilfeweges. Entsprechend dem Rechtshilfegesetz (IRSG, SR 351.1) bleibt die Rechtshilfe bei Zollhinterziehung weiterhin ausgeschlossen, während sie bei eigentlichem Abgabebetrug (z.B. bei Verwendung von gefälschten Dokumenten) geleistet werden kann, sofern die weiteren Voraussetzungen des IRSG erfüllt sind. Der Anwendungsbereich des Protokolls umfasst den gesamten grenzüberschreitenden Warenverkehr (Kapitel 1­97 des Harmonisierten Systems), unabhängig vom Geltungsbereich des Freihandelsabkommens EFTAIsrael. Die Vertragsparteien werden einander Amtshilfe leisten, um die Einhaltung der Zollvorschriften und der zollrelevanten aussenwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen der Vertragsparteien zu gewährleisten. Zu diesem Zweck erteilt die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde alle notwendigen Auskünfte, damit sich diese vergewissern kann, dass ein Zollverfahren ordnungsgemäss durchgeführt wurde.

Auf Ersuchen der andern Vertragspartei sind im Rahmen der nationalen Vorschriften und der vorhandenen Ressourcen Ermittlungen gegen Firmen oder Einzelpersonen, die im Verdacht stehen, Zollwiderhandlungen zu begehen oder begangen zu haben, einzuleiten. Die Zollverwaltungen werden auch auf eigene Initiative Informationen weitergeben, wenn sie dies zur Einhaltung der Zollgesetzgebung als nötig erachten.

Das neue Protokoll E entspricht inhaltlich anderen von der Schweiz abgeschlossenen Vereinbarungen über die gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich, insbesondere dem Anhang B der revidierten EFTA-Konvention (SR 0.632.31) oder dem Protokoll D des FHA zwischen den EFTA-Staaten und der Türkei. Im Unterschied zum Amtshilfeanhang der EFTA-Konvention (aber analog zum Protokoll D des EFTA-FHA mit der Türkei) sieht das vorliegende Protokoll zusätzlich die Möglichkeit der Leistung von technischer Unterstützung (z.B. bei der Ausbildung von Zollbeamten) vor (Art. 5).

8.2.1.2.2

Änderung der Abkommensbestimmungen über Zahlungsbilanzschwierigkeiten im Freihandelsabkommen mit Israel

Grund der Abkommensänderung Mit der Änderung von Artikel 22 des Abkommens durch den Beschluss 4/2005 des Gemischten Ausschusses EFTA-Israel wird bezweckt, die Bestimmungen über Zahlungsbilanzschwierigkeiten mit den relevanten WTO-Regeln zu koordinieren.

Die Bestimmungen werden damit auf den Stand jüngerer EFTA-FHA bzw. bereits früher überarbeiteter EFTA-FHA gebracht.

Inhalt der Abkommensänderungen Der geänderte Artikel 22 des FHA EFTA-Israel sieht vor, dass die Parteien im Falle ernsthafter Zahlungsbilanzschwierigkeiten zeitlich beschränkte und nichtdiskriminierende handelsbeschränkende Massnahmen gemäss den relevanten Bestimmungen des GATT 1994 und der WTO-Vereinbarung über die Zahlungsbilanzbestimmungen des GATT 1994 (SR 0.632.20, Anhang 1A.1.c) ergreifen können. Allfällige Massnahmen müssen den andern Vertragsparteien unverzüglich notifiziert werden.

1768

8.2.1.2.3

Änderung der Abkommensbestimmungen über staatliche Beihilfen in den Freihandelsabkommen mit Rumänien und der Türkei

Grund der Abkommensänderungen Mit der Änderung der Artikel 19 und 25 des FHA mit Rumänien, der Artikel 18 und 23 des FHA mit der Türkei sowie mit der Änderung bzw. Streichung der entsprechenden Anhänge durch die Beschlüsse 3/2004 des Gemischten Ausschusses EFTARumänien und 1/2005 des Gemischten Ausschusses EFTA-Türkei wird bezweckt, die Bestimmungen über staatliche Beihilfen mit den relevanten WTO-Regeln zu koordinieren und Doppelspurigkeiten mit WTO-Prozeduren zu vermeiden. Die Bestimmungen werden damit auf den Stand jüngerer EFTA-FHA bzw. bereits früher überarbeiteter EFTA-FHA gebracht.

Inhalt der Abkommensänderungen Die revidierten Beihilfebestimmungen sehen vor, dass die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch Artikel XVI des GATT 1994 (SR 0.632.20 Anhang 1A.1) sowie das WTO-Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmassnahmen (SR 0.632.20 Anhang 1A.13) geregelt werden. Zusätzlich wird ein Konsultationsverfahren eingeführt, das der Einleitung einer Untersuchung nach Artikel 11 dieses WTO-Übereinkommens (Untersuchung zur Feststellung des Vorliegens, der Höhe und der Auswirkungen einer angeblichen Subvention) vorangehen muss. Das Konsultationsverfahren räumt den beteiligten Parteien eine Frist von 30 Tagen ein (im Falle des Abkommens mit der Türkei auf Ersuchen einer Partei um drei Monate verlängerbar), um eine einvernehmliche Lösung zu finden und so das WTO-Untersuchungsverfahren zu vermeiden.

Die Parteien bekräftigen im Weiteren ihre Verpflichtung, ihre staatlichen Beihilfen im Einklang mir den Bestimmungen des WTO-Übereinkommens zu notifizieren.

Um Doppelspurigkeiten mit dem WTO-Verfahren zu vermeiden, wird in Zukunft auf das Informationsverfahren, welches eine Notifikation an das EFTA-Sekretariat vorsah, verzichtet.

8.2.1.3

Finanzielle und personelle Auswirkungen für Bund, Kantone und Gemeinden

Die vorliegenden Änderungen der EFTA-Freihandelsabkommen haben keine finanziellen und personellen Auswirkungen für Bund, Kantone und Gemeinden.

8.2.1.4

Legislaturplanung

Die Abkommensänderungen entsprechen dem Inhalt von Ziel 8 «Die internationale Verantwortung wahrnehmen/Chancen für schweizerische Exporte wahren» des Berichtes über die Legislaturplanung 2003­2007 (BBl 2004 1149).

1769

8.2.1.5

Bezug zu den anderen Instrumenten der Handelspolitik und Verhältnis zum europäischen Recht

Die Abkommensänderungen stehen im Einklang mit den WTO-Verpflichtungen der Schweiz. Sie stehen weder mit den staatsvertraglichen Verpflichtungen noch mit den Zielen der europäischen Integrationspolitik der Schweiz in Widerspruch. Es werden namentlich keine Rechte und Pflichten im Verhältnis zur Europäischen Union berührt.

8.2.1.6

Veröffentlichung der Anhänge der Abkommensänderungen

Die Protokolle und Anhänge zu Freihandelsabkommen umfassen meist mehrere hundert Seiten. Es handelt sich zur Hauptsache um Bestimmungen technischer Natur. Nach den Artikeln 5 und 13 Absatz 3 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 2004 (SR 170.512) sowie Artikel 9 Absatz 2 der Publikationsverordnung (SR 170.512.1) wird die Veröffentlichung der Protokolle und Anhänge regelmässig auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt. Entsprechend wird der Anhang zum Beschluss 3/2005 des Gemischten Ausschusses EFTA-Israel nicht veröffentlicht. Er kann beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Vertrieb Publikationen, 3003 Bern2 bezogen werden und ist beim EFTA-Sekretariat über Internet verfügbar3. Übersetzungen des Anhangs werden ausserdem von der Eidgenössischen Zollverwaltung elektronisch publiziert4.

8.2.1.7

Verfassungsmässigkeit

Für die vorliegenden Abkommensänderungen besteht keine Kompetenzdelegation an den durch das jeweilige Abkommen eingesetzten Gemischten Ausschuss5. Sie müssen daher von den Vertragsparteien angenommen werden. Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV, SR 101) sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV. Diese Zuständigkeit gilt auch für die Änderung bestehender Verträge.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind (Art. 141 Abs. 1 Bst. d Ziff. 1), den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2), wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3).

2 3 4 5

http://www.bbl.admin.ch/bundespublikationen http://secretariat.efta.int/Web/legaldocuments http://www.ezv.admin.ch Vgl. EFTA-FHA mit Israel, Art. 34; EFTA-FHA mit Rumänien, Art. 36; EFTA-FHA mit der Türkei, Art. 28.

1770

Die revidierten Abkommensbestimmungen unterliegen den Rücktrittsbestimmungen der Freihandelsabkommen. Diese sind unter Einhaltung einer Vorankündigungsfrist von sechs Monaten jederzeit kündbar. Es liegt kein Beitritt zu einer internationalen Organisation vor.

In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrages dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Wichtig kann eine solche Bestimmung sein, wenn ihr Regelungsgegenstand im Landesrecht als grundlegende Bestimmung gelten würde.

Die Abkommensänderungen enthalten keine wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen oder solche, die den Erlass von Bundesgesetzen notwendig machen. Sie ersetzen kein innerstaatliches Recht und treffen keine Grundsatzentscheide für die nationale Gesetzgebung. Die vorgesehenen Abkommensänderungen gehen auch nicht über in früheren Staatsverträgen vereinbarte Verpflichtungen für die Schweiz hinaus. So sind die revidierten Bestimmungen über Zahlungsbilanzschwierigkeiten im Abkommen mit Israel sowie jene über staatliche Beihilfen in den FHA mit Rumänien und der Türkei analog ausgestaltet zu den Bestimmungen der FHA der EFTA-Staaten mit Kroatien (Art. 20 und 24, SR 0.632.312.911), Mazedonien (Art. 18 und 23, SR 0.632.315.201.1), Mexiko (Art. 11 und 16, SR 0.632.315.631.1) und Marokko (Art. 18 und 23, SR 0.632.315.491). Das neue Protokoll über Amtshilfe in Zollfragen mit Israel entspricht, wie unter Ziffer 8.2.1.2.1 ausgeführt, Anhang B der revidierten EFTA-Konvention und Protokoll D des FHA der EFTA-Staaten mit der Türkei.

Anlässlich der Beratung der Motion 04.3203 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats vom 22. April 2004 haben beide Räte die Haltung des Bundesrats unterstützt, dass internationale Abkommen ­ und somit auch Abkommensänderungen ­, die diesen Kriterien entsprechen, nicht dem fakultativen Staatvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen.

1771

1772