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Bundesverfassuug der

Schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 12. Herbstmonat 1848.

Jm Namen Gottes des Allmächtigen!

Die schweizerische Eidgenossenschaft,

in der Absicht, den Bund der Eidgenossen zu befestigen, die Einheit, Kraft und Ehre der schweizerischen Nation zu erhalten und zu fördern, hat nachstehende Bundesverfassung angenommen :

Erster Abschnitt.

Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1. Die durch gegenwärtigen Bund vereinigten Völkerschaften der zwei und zwanzig souveränen Kantone, als: Zürich, Bern, Luzern, Ury, Schwyz, Unter-

walden (ob nnd nid dem Wald), Glarus, Zug, Freyburg, Solothurn, Basel (Stadt und Land), Schasshausen, Appenzell (beider Rhoden), St.Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau, Tessin,

Waadt, Wallis, Neuenburg und Genf, bilden in

4 ihrer Gefammtheit die f c h w e i z e r i f c h e Eidgenossenschaft.

Art. 2.

Der Bund hat zum Zweck: Behauptung der

Unabhängigkeit des Vaterlandes gegen Außen, Hand.habung von Ruhe und Ordnung im Jnnern, Schutz der Freiheit und der Rechte der Eidgenossen und Beförderung ihrer gemeinfamen Wohlfahrt.

Art. 3. Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränetät nicht durch die Bundesverfassung befchränkt ist, und üben als solche alle Rechte aus, welche nicht der Bundesgewalt übertragen sind.

Art. 4. Alle Schweizer sind vor dem Gefetze gleich.

Es gibt in der Schweiz keine Unterthanenverhältnisse, keine Vorrechte des Orts, der Geburt, der Familien oder Perfonen.

Art. 5. Der Bund gewährleistet den Kantonen ihr Gebiet, ihre Sonveränetät inner den Schranken des

Artikels 3, ihre Versassungen, die Freiheit, die Rechte des Volkes und die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger gleich den Rechten und Befugnissen, welche das Volk den Behörden übertragen hat.

Art. 6. Die Kantone sind verpflichtet, für ihre Versassnngen die Gewährleistung des Bundes nachzusuchen.

Der Bund übernimmt diese Gewährleistung, insofern: a. sie nichts den Vorschriften der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthalten ; b. sie die Ausübung der politifchen Rechte nach republikanifchen -- repräfentativen oder demokratifchen -- Formen sichern; c. sie vom Volke angenommen worden sind und revidirt werden können, wenn die abfolute Mehrheit der Bürger es verlangt.

Art. 7. Besondere Bündnisse und Verträge politischen Jnhalts zwischen den Kantonen sind untersagt.

Dagegen steht ihnen das Recht zu, Verkommnisse über Gegenstände der Gesetzgebung, des Gerichtswesens und der SSerwaltung unter sich abzuschließen; jedoch haben sie dieselben der Bundesbehörde zur Einsicht vorzulegen, welche, wenn diese Verkommnisse etwas dem Bunde oder den Rechten anderer Kantone Zuwiderlausendes enthalten, deren Vollziehung zu hindern besngt ist. Jm entgegengesetzten Falle sind die betreffenden Kantone berechtigt, zur Vollziehung die Mitwirkung der Bundesbehörden anzusprechen.

Art. 8. Dem Bund allein steht das Recht zu, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und Staatsverträge, namentlich Zoll- und Handelsverträge mit dem Auslande einzugehen.

Art. 9. Ausnahmsweise bleibt den Kantonen die Be-

fugniß, Verträge über Gegenstände der Staatswirthfchaft, des nachbarlichen Verkehrs und der Polizei mit dem

Auslande abzufchließen; jedoch dürfen diefelben nichts dem Bunde oder den Rechten anderer Kantone Zuwiderlaufendes enthalten.

Art. 10. Der amtliche Verkehr zwischen Kantonen und auswärtigen Staatsregierungen, sowie ihren Stellvertretern, findet durch Vermittlung des Bundesrathes statt.

Ueber die im Art. 9 bezeichneten Gegenstände können jedoch die Kantone mit den untergeordneten Behörden und Beamten eines auswärtigen Staates in unmittelbaren Verkehr treten.

Art. 11. Es dürfen keine Militärkapitulationen abgeschlössen werden.

Art. 12. Die Mitglieder der Bundesbehörden, die eidgenössifchen Eivil- und Militärbeamten und die .eidge-

uössischen Repräsentanten oder Kommissarien dürfen von auswärtigen Regierungen weder Pensionen oder Gehalte, noch Titel, Geschenke oder Orden annehmen.

Sind sie bereits im Besitze von Pensionen, Titeln oder Orden, so haben sie für ihre Amtsdauer auf den Genuß der Pensionen und das Tragen der Titel und Orden zu verzichten.

Untergeordneten Beamten und Angestellten kann jedoch vom Bundesrath der Fortbezug von Pensionen bewilligt werden.

Art. 13. Der Bund ist nicht berechtigt, stehende Trup.peu zu halten.

Ohne Bewilligung der Bundesbehörde darf kein Kanion oder in getheilten Kantonen kein Landestheil mehr als 300 Mann stehende Truppen halten, die Landjägerkorps

nicht inbegrissen.

Art. 14. Die Kantone sind verpflichtet, wenn Streitigkeiten unter ihnen vorfallen, sich jeder Selbsthülfe, fowie jeder Bewaffnung zu enthalten und sich der bundesmäßigen Entscheidung zu unterziehen.

Art. 15. Wenn einem Kantone vom Auslande plötzlich Gefahr droht, fo ist die Regierung des bedrohten Kantons verpflichtet, andere Kantone zur Hülfe zu mahnen, unter gleichzeitiger Anzeige an die Bundesbehörde und unvorgreif.ich den fpätern Verfügungen dieser letztern. Die gemahnten Kantone sind zum Zuzüge verpflichtet. Die

Kosten trägt die Eidgenossenschaft.

Art. 16. Bei gestörter Ordnung im Jnnern, oder ttjenn von einem andern Kantone Gefahr droht, hat die Regierung des bedrohten Kantons dem Bundesrathe sogleich Kenntniß zu geben, damit dieser inner den Schranken seiner Kompetenz (Art. 90, Nr. 3, 10 und 11)

die erforderlichen Maßregeln treffen oder die Bundesverfammlung einberufen kann. Jn dringenden Fällen ist die betreffende Regierung befugt, unter fofortiger Anzeige an den Bnndesrath, andere Kantone zur Hülfe zu mahnen, und die gemahnten Stände sind zur Hülfeleistung ver-

pflichtet.

Wenn die Kantonsregierung außer Stande ist. Hülfe anzusprechen, so kann, und wenn die Sicherheit der Schweiz gefährdet wird, so soll die kompetente Bundesbehörde von sich aus einschreiten.

Jn Fällen eidgenössischer Jntervention sorgen die Bundesbehörden sür Beachtung der Vorschriften von Art. 5.

Die Kosten trägt der mahnende oder die eidgenössische Jntervention veranlassende Kanton, wenn nicht die Bundesverfammlung wegen befonderer Umstände etwas Anderes befchließt.

Art. 17. Jn den durch Art. 15 und 16 bezeichneten Fällen ist jeder Kanton verpflichtet, den Truppen freien Durchzug zu gestatten. Diefe sind sosort unter eidgenössische

Leitung zu stellen.

Art. 18. Jeder Schweizer ist wehrpflichtig.

Art. 19. Das Bundesheer, welches aus den Kontingenten der Kantone gebildet wird, besteht: a. aus dem Bundesauszug, wozu jeder Kanton ans 100 Seelen fchweizerifcher Bevölkerung 3 Mann zu stel-

len hat; b. aus der Referve, deren Bestand die Hälfte des

Bundesauszuges beträgt.

Jn Zeiten der Gefahr kann der Bund auch über die übrigen Streitkräfte (die Landwehr) eines jeden Kantons verfügen.

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Die Mannfchaftssfala, welche nach dem bezeichneten Maßstabe das Kontingent für jeden Kanton festfetzt, ist alle zwanzig Jahre einer Revision zu unterwerfen.

Art. 20. Um in dem Bundesheere die erforderliche Gleichmäßigkeit und Dienstfähigkeit zu erzielen, werden folgende Grundsätze festgesetzt: 1) Ein Bundesgesetz bestimmt die allgemeine Organisation des Bnndesheeres.

2) Der Bund übernimmt: a. den Unterricht der Genietruppen, der Artillerie und der Kavallerie, wobei jedoch den Kantonen, welche diese Wassengattnngen zu stellen haben, die Lieserung der Pferde obliegt; b. die Bildung der Jnstrnktoren für die übrigen Waffengattnngen; c. für alle Waffengattungen den höhern Militärunterricht, wozu er namentlich Militärfchulen errichtet nnd Znfammenzüge von Truppen anordnet; d. die Lieferung eines Theiles des Kriegsmaterials.

Die Zentralifation des Mifitäriinterrichts kann nöthi-

genfalls dnrch die Bnndesgefetzgebung weiter entwickelt werden.

3) Der Bund überwacht den Militärunterricht der Jnfanterie und der Scharfschützen, fowie die Anfchaffung, den Bau und Unterhalt des Kriegszengs, welches die Kantone zu liefern haben.

4) Die Militärverordnungen der Kantone dürfen nichts enthalten, was der eidgenössischen Militärorganifation nnd den den Kantonen obliegenden bundesmäßigen Verpflichtungen entgegen ist, und müssen zu dießfälliger Prüfung dem Bundesrathe vorgelegt werden.

5) Alle Trnppenabtheilungen im eidgenössifchen Dienste

führen ausschließlich die eidgenössische Fahne.

Art. 21. Dem Bunde steht das Recht zu, im Jnteresse der Eidgenossenschaft oder eines großen Theiles derfelben, auf Kosten der Eidgenossenschaft öffentliche Werfe zu errichten oder die Errichtung derselben zu unterstützen.

Zu diesem Zwecke ist er auch befugt, gegen volle Entschädigung das Recht der Expropriation geltend zu inachen. Die nähern Bestimmungen hierüber bleiben der Bundesgesetzgebung vorbehalten.

Die Bundesversammlung kann die Errichtung öffentlicher Werke untersagen, welche die militärischen Jnteressen der Eidgenossenschaft verletzen.

Art. 22. Der Bund ist befugt, eine Universität und eine polytechnifche Schule zu errichten.

Art. 23. Das Zollwefen ist Sache des Bundes.

Art. 24. Dem Bunde steht das Recht zu, die von der Tagfatznng bewilligten oder anerkannten Land- nnd Wasserzölle, Weg- und Brückengelder, verbindliche Kaufhaus- und andere Gebühren diefer Art, mögen diefelben von Kantonen, Gemeinden, Korporationen oder Privaten bezogen werden, gegen Entschädigung ganz oder theilweise aufzuheben. Diejenigen Zölle und Weggelder, welche auf dem Transit lasten, sollen jedenfalls im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft und zwar gleichzeitig eingelöst werden.

Die Eidgenossenschaft hat das Recht, an der schweizerischen Grenze Eingangs-, Ausgangs- und Durchgangszölle zn erheben.

Sie ist berechtigt, gegenwärtig sür das Zollwesen bestimmte Gebänlichkeiten an der schweizerischen Grenze gegen Entschädigung entweder als Eigenthum oder miethweise zur Benutzung zu übernehmen.

Art. 25. Bei Erhebung der Zölle sollen folgende Grundsätze beachtet werden:

10 1) Eingangsgebühren: a. Die für die inländifche Jndnstrie erforderlichen Stoffe sind im Zolltarif möglichst gering zu taxiren.

b. Ebenfo die zum notwendigen Lebensbedarf erforderlichen Gegenstände.

c. Die Gegenstände des Luxus unterliegen der höchsten Taxe.

2) Dnrchgangsgebühren, und in der Regel auch die Ausgangsgebühren, sind möglichst mäßig festznfetzen.

3) Durch die Zollgefetzgebung sind znr Sicherung des Grenz- und Marktverkehrs geeignete Bestimmungen zu treffen.

Dem Bunde bleibt immerhin das Recht vorbehalten, unter außerordentlichen Umständen, in Abweichung von vorstehenden Bestimmungen, vorübergehend befondere Maßnahmen zu treffen.

Art. 26. Der Ertrag der Eingangs-, Ausgangs- nnd Dnrchgangszölle wird folgendermaßen verwendet : a. Jeder Kanton erhält 4 Batzen auf den Kopf nach dein Maßstab der Gefammtbevölkernng, welche nach der Volkszählung von 1838 berechnet wird.

h. Wenn ein Kanton hierdurch für die nach Art. 24 ausgehobenen Gebühren nicht hinlänglich gedeckt wird, fo hat er noch fo viel zu beziehen, als erforderlich ist, um ihn für .diefelben Gebühren nach dem Durchfchnitt des

Reinertrages der fünf Jahre, 1842 bis nnd mit 1846,.

zn entfchädigen.

e. Die Mehreinnahme fällt in die Bundeskasse.

Art. 27. Wenn Zölle, Weg- und Brückengelder für

Tilgung eines Baukapitals oder eines Theiles desfelben bewilligt worden sind, fo hört der Bezug derfelben oder

11 die Entschädigung auf, fobald das Kapital oder der betreffende Theil nebst Zinfen gedeckt ist.

Art. 28. Den in bereits abgeschlossenen Eisenbahnverträgen über Transitgebühren enthaltenen Verfügungen soll durch gegenwärtige Bestimmungen kein Abbruch geschehen. Dagegen tritt der Bund in die durch solche Verträge den Kantonen in Beziehung auf die Transitgebühren vorbehaltenen Rechte.

Art. 29. Für Lebensmittel, Vieh und Kaufmannswaaren, Landes- und Gewerbserzeugnisse jeder Art sind freier Kauf und Verkauf, freie Ein-, Aus- und Durchfuhr von einem Kanton in den andern gewährleistet.

Vorbehalten sind: a. Jn Beziehung auf Kauf und Verkauf das Salzund Pulverregal.

b. Polizeiliche Verfügungen der Kantone über die Ausübung von Handel und Gewerbe und über die Benutzung der (Straßen.

c. Verfügungen gegen schädlichen Vorkauf.

d. Vorübergehende sanitätspolizeiliche Maßregeln bei Senchen.

Die in Litt. b. und c. bezeichneten Verfügungen müssen die Kantonsbürger und die Schweizerbürger anderer Kantone gleich behandeln. Sie sind dem Bundesrathe zur Prüsung vorzulegen und dürfen nicht vollzogen werden, ehe sie die Genehmigung desselben erhalten haben.

e. Die von der Tagsatznng bewilligten oder anerkannten Gebühren, welche der Bnnd nicht ausgehoben hat

(Art. 24 und 31).

f. Die Konsumogebühren ans Wein und andern geistigen Getränken, nach Vorfchrift von Art. 32.

12 Art. 30. Der Bundesgefetzgebung bleibt vorbehalten, .hinsichtlich der Abfchaffung bestehender Vorrechte in Bezng auf Transport von Personen und Waaren jeder Art zwischen den Kantonen und im Jnnern derfelben auf dem Wasser und auf dem Lande, die nöthigen Verfügungen zu treffen, fo weit die Eidgenossenfchaft hiebet ein Jnteresse hat.

Art. 31. Der Bezug der im Art. 29, Litt. e. bezeichneten Gebühren steht unter der Aufficht des Bundesrathes. Sie dürfen nicht erhöht und der Bezug derfelben darf ohne Genehmigung der Bundesversammlung, wenn er aus eine bestimmte Zeit beschränkt war, nicht verlängert werden.

Die Kantone dürsen weder Zölle, Weg-noch Brückengelder unter irgend welchem Namen nen einführen. Von der Bundesversammlung können jedoch aus bestimmte Zeit solche Gebühren bewilligt werden, nm die Errichtung össentïicher Werke zu unterstützen, welche im Sinne des Art. 21 von allgemeinem Jnteresse sür den Verkehr sind und ohne solche Bewilligung nicht zu Stande kommen könnten.

Art. 32. Die Kantone sind besugt, außer den nach Art. 29, Litt. e. vorbehaltenen Berechtigungen, von Wein und andern geistigen Getränken Konsumogebühren zu erheben, jedoch unter solgenden Beschränkungen: a. Bei dem Bezug derselben soll der Transit in keiner

Weise belästigt und der Verkehr überhaupt so wenig als möglich gehemmt und mit keinen andern Gebühren belegt werden.

h. Werden die für den Verbrauch eingeführten Gegenstände wieder ans dem Kanton ausgeführt, fo sind die bezahlten Konfnmogebühren ohne weitere Belästigung zurückzuerstatten.

13 e. Die Erzeugnisse schweizerischen Ursprungs sind mit niedrigern Gebühren zu belegen als diejenigen des Auslandes.

d. Konsumogebühren aus Wein und andern geistigen Getränken schweizerischen Ursprungs dürsen da, wo solche schon bestehen, nicht erhöht, und in Kantonen, welche noch keine beziehen, nicht eingeführt werden.

e. Die Gesetze nnd Verordnungen der Kantone über den Bezug der Konsumogebühren sind der Bundesbehörde vor Vollziehung derselben zur Gutheißung vorzulegen, damit die Nichtbeachtung vorstehender Grundsätze verhindert werden kann.

Art. 33. Das Postwesen im ganzen Umfange der Eidgenossenfchaft wird vom Bunde übernommen unter folgenden Vorfchriften : 1) Die gegenwärtig bestehenden Postverbindungen dürfen im Ganzen ohne Zustimmung der betheiligten Kantone nicht vermindert werden.

2) Die Tarife werden im ganzen Gebiete der Eidge-

nossenfchaft nach den gleichen möglichst billigen Grundfätzen

bestimmt.

3) Die Unverletzbarkeit des Postgeheimnisses ist gewährleistet.

4) Für Abtretung des Postregals leistet der Bnnd Entschädigung, und zwar nach folgenden nähern Bestimmnngen: a. Die Kantone erhalten jährlich die Durchschnittssumme des reinen Ertrages, den sie in den drei Jahren 1844, 1845 und 1846 vom Postwesen aus ihrem Kantonalgebiete bezogen haben.

Wenn jedoch der reine Ertrag, welchen der Bund vom Postwesen bezieht, sür Bestreitung dieser Ent-schädigung nicht hinreicht, so wird den Kantonett

14 das Mangelnde nach Verhältniß der festgesetzten Durchschnittssummen in Abzug gebracht.

b. Wenn ein Kanton vom Postwesen unmittelbar noch gar nichts, oder in Folge eines mit einem andern Kanton abgeschlossenen Pachtvertrags bedeutend we-

niger bezogen hat, als die Ausübung des Postregals auf seinem Gebiete demjenigen Kanton, der dasselbe gepachtet hatte, erweislichermaßen rein ertragen hat, so sollen solche Verhältnisse bei Ausmittlung der Entschädigungssumme billige Berücksichtigung finden.

c. Wo die Ausübung des Postregals an Privaten abgetreten worden ist, übernimmt der Bund die dieß-

fällige Entschädigung.

d. Der Bund ist berechtigt nnd verpflichtet, das zum Postwefen gehörige Material, foweit dasselbe zum Gebrauche tauglich und erforderlich ist, gegen eine

den Eigenthümern abzureichende billige Entfchädigung zu übernehmen.

e. Die eidgenössische Verwaltung ist berechtigt, die gegenwärtig sur das Postwesen bestimmten Gebäulich.-

keiten gegen Entschädigung entweder als Eigenthum oder aber nur miethweise zur Benutzung zu übernehmen.

Art. 34. Bei der Verwaltung des Zoll- nnd Post* wefens sind die Angestellten größtentheils aus den Einwohnern derjenigen Kantone zu wählen, sür welche sie bestimmt sind.

Art. 35. Der ..Bund übt die Oberaufsicht über die Straßen und Brücken, an deren Erhaltung die Eidgenossenschaft ein Jnteresse hat.

Die nach Artikel 26 und 33 den Kantonen für Zölle und Posten zukommenden Summen werden von der Bundesbehörde zurückbehalten, wenn diefe Straßen und Brücken

15 von den betressenden Kantonen, Korporationen oder Privaten nicht in gehörigem Znstand unterhalten, werden.

Art. 36. Dem Bunde steht die Ausübung aller im Münzregale begrissenen Rechte zu.

Die Münzprägung durch die Kantone hört auf und geht einzig vom Bunde aus.

Es ist Sache der Bnndesgefeizgebung, den Münzfuß festzusetzen, die vorhandenen Münzsorten zu tarifiren und die nähern Bestimmungen zu treffen, nach welchen die Kantone verpflichtet sind, von den von ihnen geprägten Münzen Einschmelzen oder umprägen zu lassen.

Art. 37. Der Bund wird ans die Grundlagen des bestehenden eidgenössischen Konkordates für die ganze Eidgenossenfchaft gleiches Maß und Gewicht einführen.

Art. 38. Fabrikation nnd Verkauf des Schießpulvers im Umfange der Eidgenossenschaft stehen ausfchließlich dem Bunde zu.

Art. 39. Die Ausgaben des Bundes werden bestritten: a. aus den Zinsen der eidgenössischen Kriegsfonds; b. ans dem Ertrag der fchweizerifchen Grenzzölle; c. ans dem Ertrag der Postverwaltung; d. ans dem Ertrag der Pulververwaltung ; e. aus Beiträgen der Kantone, welche jedoch nur in Folge von Befchlüssen der Bundesverfammlnng erhoben werden können.

Solche Beiträge sind von den Kantonen nach Verhältniß der Geldskala zu leisten, welche alle zwanzig Jahre einer Revision zu unterwersen ist. Bei einer folchen Revision

sollen .heils die Bevölkerung, theils die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Kantone zur Grundlage dienen.

Art. 40. Es soll jederzeit wenigstens der Betrag des doppelten Geldkontingentes für Bestreitung von Militär-

16 kosten bei eidgenössischen Ausgeboten baar in der Bundes-

kasse liegen.

Art. 41. Der Bund gewährleistet allen Schweizern, welche einer der christlichen Konfessionen angehören, das Recht der freien Niederlassung im ganzen Umfange der Eidgenossenfchaft, nach folgenden nähern Bestimmungen: 1) Keinem Schweizer, der einer der christlichen Konfessionen angehört, kann die Niederlassung in irgend einem Kanton verweigert werden, wenn er folgende Ausweisschriften besitzt: a. einen Heimathfchein oder eine andere gleichbedeutende

Ausweisschrift; b. ein Zeugniß sittlicher Aufführung; c. eine Befcheinigung, daß er in bürgerlichen Rechten und Ehren stehe; und wenn er ans Verlangen sich answeifen kann, daß er dnrch Vermögen, Beruf oder Gewerbe sich und feine Familie zu ernähren im Stande fei.

Naturalisirte Schweizer müssen überdieß die Bescheinignng beibringen, daß sie wenigstens fünf Jahre lang im Besitze eines Kantonsbürgerrechtes sich befinden.

2) Der Niedergelassene darf von Seite des die Niederlassung gestattenden Kantons mit keiner Bürgschaft nnd mit keinen andern besondern Lasten behufs der Niederlassung belegt werden.

3) Ein Bundesgesetz wird die Dauer der Niederlassungsbewilligung, so wie das Maximum der zu Erlangung derselben an den Kanton zu entrichtenden Kanzleigebühren bestimmen.

4) Der Niedergelassene genießt alle Rechte der Bürger des Kantons, in welchem er sich niedergelassen hat, mit

17 Ausnahme des Stimmrechts in Gemeindeangelegenheiten und des Mitantheiles an Gemeinde- und Korporationsgütern. Jnsbefondere wird ihm freie Gewerbsansübung und das Recht der Erwerbung und Veräußerung von Liegenschaften zugesichert, nach Maßgabe der Gesetze und Verordnungen des Kantons, die in allen diesen Beziehungen den Niedergelassenen dem eigenen Bürger gleich halten sollen.

5) Den Niedergelassenen anderer Kantone können von Seite der Gemeinden keine größern Leistungen an Gemeindelasten auserlegt werden, als den Niedergelassenen des eigenen Kantons.

6) Der Niedergelassene kann aus dein Kanton, in welchem er niedergelassen ist, weggewiesen werden: a. durch gerichtliches Strasurtheil; b. durch Verfügung der Polizeibehörden, wenn er die bürgerlichen Rechte und Ehren verloren hat, oder sich eines unsittlichen Lebenswandels fchuldig macht, oder durch Verarmung zur Last fällt, oder schon ost wegen Uebertretung polizeilicher Vorschriften bestraft werden mußte.

Art. 42. Jeder Kantonsbürger ist Schweizerbürger.

Als solcher kann er in eidgenössischen und kantonalen Angelegenheiten die politischen Rechte in jedem Kanton ausüben, in welchem er niedergelassen ist. Er kann aber diese Rechte nur unter den nämlichen Bedingungen ans.= üben, wie die Bürger des Kantons und in Beziehung auf die kantonalen Angelegenheiten erst nach einem längern Aufenthalte, dessen Dauer durch die Kantonalgefetzgebung bestimmt wird, jedoch nicht über zwei Jahre ausgedehnt werden darf.

Niemand darf in mehr als einem Kantone politische Rechte ausüben.

Bunbesblatt I.

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18 Art. 43. Kein Kanton darf einen Bürger des Bürgerrechtes verlustig erklären.

Ausländern darf kein Kanton das Bürgerrecht ertheilen, wenn sie nicht ans dem frühern Staatsverband entlassen werden.

Art. 44. Die freie Ausübung des Gottesdienstes ist den anerkannten christlichen Konfessionen im ganzen Umfange der Eidgenossenschast gewährleistet.

Den Kantonen, sowie dem Bunde, bleibt vorbehalten, für Handhabung der össentlichen Ordnung und des Friedens unter den Konsessionen die geeigneten Maßnahmen zu treffen.

Art. 45. Die Preßfreiheit ist gewährleistet.

Ueber den Mißbrauch derfelben trifft die Kantonalgefetzgebung die erforderlichen Bestimmungen, welche jedoch der Genehmigung des Bundesrathes bedürfen.

Dem Bunde steht das Recht zu, Strafbestimmungen gegen den Mißbrauch der Presse zu erlassen, der gegen die Eidgenossenfchaft nnd ihre Behörden gerichtet ist.

Art. 46. Die Bürger haben das Recht, Vereine zu bilden, fofern folche weder in ihrem Zweck noch in den dafür bestimmten Mitteln rechtswidrig oder staatsgesährlich

sind. Ueber den Mißbrauch dieses Rechtes trifft die Kantonalgesetzgebung die erforderlichen Bestimmungen.

Art. 47.

Das Petitionsrecht ist gewährleistet.

Art. 48. Sämmtliche Kantone sind verpflichtet, alle Schweizerbürger christlicher Konfession in der Gefetzgebung sowohl als im gerichtlichen Versahren den Bürgern des eigenen Kantons gleich zu halten.

Art. 49. Die rechtskräftigen Eivilnrtheife, die in einem Kanton gefällt sind, sollen in der ganzen Schweiz vollzogen werden können.

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Art. 50. Der aufrechtstehende schweizerische Schuldner, welcher einen sesten Wohnsitz hat, muß sür persönliche Ansprachen vor dem Richter feines Wohnortes gefucht, und es darf daher für Forderungen auf das Vermögen eines solchen außer dem Kanton, in welchem er wohnt, kein Arrest gelegt werden.

Art. 51. Alle Abzugsrechte im Jnnern der Schweiz, sowie die Zugrechte von Bürgern des einen Kantons gegen Bürger anderer Kantone sind abgeschafft.

Art. 52. Gegen die auswärtigen Staaten besteht Frei-

zügigkeit, unter Vorbehalt des Gegenrechtes.

Art. 53. Niemand dars seinem versassungsmäßigen Gerichtsstand entzogen, und es dürfen daher keine Ansnahmsgerichte eingeführt werden.

Art. 54. Wegen politischer Vergehen darf kein Todesurtheil gefällt werden.

Art. 55. Ein Bnndesgefetz wird über die Auslieferung der Angeklagten von einem Kanton an den andern Bestimmungen treffen; die Auslieserung kann jedoch sür politische Vergehen und sür Preßvergehen nicht verbindlich gemacht werden.

Art. 56. Die Ansmittlung von Bürgerrechten sür Heimathlose und die Maßregeln zur Verhinderung der Entstehung nener Heimathlosen sind Gegenstand der Bundesgesetzgebung.

Art. 57. Dem Bunde steht das Recht zu, Fremde, welche die innere oder äußere Sicherheit der Eidgenossenschast gefährden, ans dem fchweizenschen Gebiete wegzuweisen.

Art. 58. Der Orden der Jesuiten und die ihm affiliirten Gesellschaften dürsen in keinem Theile der Schweiz Ausnahme finden.

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Art. 59. Die Bundesbehörden sind befugt, bei gemein« gefährlichen Seuchen gesundheitspolizeiliche Verfügungen 3u erlassen.

Zweiter Abschnitt.

B u n d e s b e h o r d e n .

I. B u n d e s v e r s a m m l u n g .

Art. 60. Die oberste Gewalt des Bundes wird durch die Bnndesverfammlnng ausgeübt, welche aus zwei Abtheilungen besteht: A. ans dem Nationalrath, B. aus dem Ständerath.

A. Nationalrath.

Art. 61. Der Nationalrath wird ans Abgeordneten

des fchweizerifchen Volkes gebildet. Auf je 20,000 Seelen der Gefammtbevölkerung wird ein Mitglied gewählt.

Eine Bruchzahl über 10,000 Seelen wird für 20,000 Seelen berechnet.

Jeder Kanton und bei gethcilten Kantonen jeder der

beiden Landestheile hat wenigstens ein Mitglied zu wählen.

Art. 62. Die Wahlen für den Nationalrath sind direkte.

Sie finden in eidgenössifchen Wahlkreisen statt, welche jedoch nicht ans Theilcu verschiedener Kantone gebtidet werden können.

Art. 63. Stimmberechtigt ist jeder Schweizer, der das zwanzigste Altersjahr zurückgelegt hat und im Uebrigen nach der Gesetzgebung des Kantons, in welchem er seinen

Wohnsitz hat, nicht vom Aktivbürgerrecht ausgeschlossen ist.

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Art. 64. Wahlfähig als Mitglied des Nationalrathes ist jederstimmberechtigteSchweizerbürger weltlichen Standes.

Natnralisirte Schweizerbürger müssen feit wenigstens fünf Jahren das erworbene Bürgerrecht besitzen, um wahl-

fähig zu sein.

Art. 65. Der Nationalrath wird aus die Dauer von drei Jahren gewählt, und es findet jeweilen Gesammterneuerung statt.

Art. 66. Die Mitglieder des Ständerathes, des Bundesrathes und von letzterem gewählte Beamte können nicht

zugleich Mitglieder des Nationalrathes sein.

Art. 67. Der Nationalrath wählt ans seiner Mitte für jede ordentliche oder außerordentliche Sitzung einen Präsidenten und Vicepräsidenten.

Dasjenige Mitglied, welches während einer ordent-

lichen Sitzung die Stelle eines Präsidenten bekleidete, ist für die nächstfolgende ordentliche Sitzung weder als Präsident, noch als Vicepräsident wählbar. Das gleiche Mitglied kann nicht während zwei unmittelbar auf einander folgenden ordentlichen Sitzungen Vicepräsident sein.

Der Präsident hat bei gleich getheilten Stimmen zu entscheiden; bei Wahlen übt er das Stimmrecht ans, wie

jedes Mitglied.

Art.

68.

Die Mitglieder des Nationalrathes werden

ans der Bundeskasse entschädigt.

B.

Ständeratt).

Art. 69. Der Ständerath besteht aus 44 Abgeordneten der Kantone. Jeder Kanton wählt zwei Abgeordnete; in den getheilten Kantonen jeder Landestheil einen Abgeordneten.

Art. 70. Die Mitglieder des Nationalrathes und des ·Bundesrathes können nicht zugleich Mitglieder des Ständerathes sein.

22 Art. 71. Der Ständerath wählt für jede ordentliche oder außerordentliche Sitzung aus seiner Mitte einen Präsidenten und Vicepräsidenten.

Aus den Gesandten desjenigen Kantons, aus welchen für eine ordentliche Sitzung der Präsident gewählt worden ist, kann sür die nächstfolgende ordentliche Sitzung weder der Präsident, noch der Vicepräsident gewählt werden.

Gefandte des gleichen Kantons können nicht während zwei unmittelbar auf einander folgenden ordentlichen Sitzungen die Stelle eines Vicepräsidenten befreiten.

Der Präsident hat bei gleich getheilten Stimmen zu entscheiden; bei Wahlen übt er das Stimmrecht aus wie

jedes Mitglied.

Art. 72. Die Mitglieder des Ständerathes werden .von den Kantonen entschädigt.

C.

Befugnisse der Bundesversammlung.

Art. 73. Der Nationalrath und der Ständerath haben alle Gegenstände zu behandeln, welche nach Jnhalt der gegenwärtigen Versassnng in die Kompetenz des Bundes gehören, und nicht einer andern Bundesbehörde zngeschieden sind.

Art. 74. Die Gegenstände, welche in den Geschäfts.kreis beider Räthe sallen, sind insbesondere folgende: 1) Gesetze und Beschlüsse zur Ausführung der Bundesverfassung, wie namentlich Gefetze über Bildung der Wahlkreife, über Wahlart, über Organifation und Gefchäftsgang der Bnndesbehörden und Bildung der Schwurgerichte.

2) Befoldung und Entschädigung der Mitglieder der

Bundesbehörden und der Bundeskanzlei; Errichtung bleitender Beamtungen und Bestimmung ihrer Gehalte.

23 3) Wahl des Bundesrathes, des Bundesgerichtes, des Kanzlers, des Generals, des Chefs des Stabes und eidgenössifcher Repräsentanten.

4) Anerkennung auswärtiger Staaten und Regierungen.

5) Bündnisse und Verträge mit dem Auslande, fowie die Gntheißung von Verträgen der Kantone unter sich oder mit dem Auslande. Solche Verträge der Kantone gelangen jedoch nur dann an die Bnndesverfammlung, wenn vom Bnndesrath oder einem andern Kanton Einfprache erhoben wird.

6) Maßregeln für die äußere Sicherheit, für Behanptnng der Unabhängigkeit und Neutralität der Schweiz, Kriegserklärungen und Friedensfchlüsse.

7) Garantie der Verfassungen und des Gebietes der Kantone; Jntervention in Folge der Garantie; Maßregeln für die innere Sicherheit, für Handhabung von Ruhe und Ordnung; Amnestie und Begnadigung.

8) Maßregeln, welche die Handhabung der Bundesverfassung, die Garantie der Kantonalverfassungen, die Erfüllung der bundesmäßigen Verpflichtungen und den Schutz der durch den Bund gewährleisteten Rechte zum Zwecke haben.

9) Gesetzliche Bestimmungen über Organisation des eidgenössischen Militärwesens, über Unterricht der Truppen und über Leistungen der Kantone; Verfügungen über das Bundesheer.

10) Festsetzung der eidgenössischen Mannschasts- und Geldskala; gesetzliche Bestimmungen über Verwaltung und Verwendung der eidgenössischen Kriegsfonds; Erhebung direkter Beiträge der Kantone; Anleihen; Voranfchlag und Rechnungen.

24 11) Gesetze und Beschlüsse über Zölle, Postwesen, Münzen, Maß nnd Gewicht, Fabrikation nnd Verkauf von Schießpulver, Waffen und Munition.

12) Errichtung öffentlicher Anstalten und Werke und hierauf bezügliche Expropriationen.

13) Gefetzliche Verfügungen über Niederlassungsverhältnisse; über Heimathlofe, Fremdenpolizei nnd Sanitätswefen.

14) Die Oberaufsicht über die eidgenössische Verwaltung und Rechtspflege.

15) Beschwerden von Kantonen oder Bürgern über Verfügungen des Bundesrathes.

16) Streitigkeiten unter den Kantonen, welche staatsrechtlicher Natur sind.

17) Kompetenzstreitigkeiten insbefondere darüber: a. ob ein Gegenstand in den Bereich des Bundes oder der Kantonalsouveränetät gehöre; b. ob eine Frage in die Kompetenz des Bundesrathes oder des Bundesgerichtes salle.

18) Revision der -Bundesverfassung.

Art. 75. Die beiden Räthe versammeln sich jährlich

ein Mal zur ordentlichen Sitzung an einem durch das Reglement festzusetzenden Tage.

Sie werden außerordentlich einberusen durch Beschluß des Bundesrathes, oder wenn ein Viertheil der Mitglieder des Nationalrathes oder süns Kantone es verlangen.

Art. 76. Um gültig verhandeln zu können, ist die Anwesenheit der absoluten Mehrheit der Mitglieder des betressenden Rathes erforderlich.

Art. 77. Jm Nationalrath nnd im Ständerath entscheidet die Mehrheit der Stimmenden.

Art. 78. Für Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse ist

die Zustimmung beider Räthe erforderlich.

25 Art. 79. Die Mitglieder heider Räthe stimmen ohne Jnstruktionen.

Art. 80. Jeder Rath verhandelt abgesondert. Bei

Wahlen (Art. 74, Nr. 3), bei Ausübung des Begnadi-

gungsrechtes und für Entfcheidnng von Kompetenzstratigkeitcn vereinigen sich jedoch beide Räthe unter der Leitung des Präsidenten des Nationalrathes zu einer gemeinschastlichen Verhandlung, so daß die absolute Mehrheit der stimmenden Mitglieder beider Räthe entscheidet.

Art. 81. Jedem der beiden Räthe und jedem Mitglied derselben steht das Vorschlagsrecht (die Jnitiative) zu.

Das gleiche Recht können die Kantone durch Korrespondenz ausüben.

Art. 82. Die Sitzungen der beiden Räthe sind in der

Regel öffentlich.

II. B u n d e s r a t h .

Art. 83. Die oberste vollziehende und leitende Behörde der Eidgenossenschaft ist ein Bundesrath, welcher aus sieben Mitgliedern besteht.

Art. 84. Die Mitglieder des Bundesrathes werden von der Bundesversammlung aus allen Schweizerbürgern, welche als Mitglieder des Nationalrathes wählbar sind, ans die Dauer von drei Jahren ernannt. Es darf jedoch nicht mehr als ein Mitglied aus dem nämlichen Kanton gewählt werden.

Nach jeder Gesammterneuerung des Nationalrathes findet auch eine Gesammternenerung des Bundesrathes statt.

Die in der Zwischenzeit ledig gewordenen Stellen werden bei der nächstfolgenden Sitzung der Bundesverfammlung für den 9ïest der Amtsdauer wieder befetzt.

26 Art. 85. Die Mitglieder des Bundesrathes dürfen keine andere Beamtnng, sei es im Dienste der Eidgenossenschaft, fei es in einem Kantone, bekleiden, noch irgend einen andern Beruf oder Gewerbe treiben.

Art. 86. Den Vorsitz im Bundesrath führt der Bundespräsident, welcher, fowie auch der Vicepräsident, von den vereinigten Räthen ans den Mitgliedern desfelben für die Dauer eines Jahres gewählt wird.

Der abtretende Präsident ist für das nächstfolgende Jahr weder als Präsident, noch als Vicepräsident wähl-

bar. Das gleiche Mitglied kann nicht während zwei nnmittelbar auf einander folgenden Jahren die Stelle eines Vicepräsidenten bekfeiden.

Art. 87. Der Bundespräsident und die übrigen Mitglieder des Bundesrathes beziehen einen jährlichen Gehalt ans der Bundesfasse.

Art. 88. Um gültig verhandeln zu können, müssen wenigstens vier Mitglieder des Bundesrathes anwesend sein.

Art. 89. Die Mitglieder des Bundesrathes haben bei den Verhandlungen der beiden Abtheilnngen der Bundesversammlnng berathende Stimme und auch das Recht, über einen in Berathnng liegenden Gegenstand Anträge zu stellen.

Art. 90. Der Bnndesrath hat inner den Schranken

der gegenwärtigen Verfassung vorzüglich folgende Befugnisse und Obliegenheiten :

1) Er leitet die eidgenöfsischen Angelegenheiten, gemäß der Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse.

2) Er hat sür Beobachtung der Verfassung, der Gefetze und Beschlüsse des Bundes, sowie der Vorschriften eidgenössischer Konkordate zu wachen; er trifft zu Handl/abung derselben -von sich aus oder auf eingegangene Beschwerde die erforderlichen Verfügungen.

27.

3) Er wacht für die Garantie der Kantonalverfafsnngen.

4) Er schlägt der Bundesversammlung Gesetze und Beschlüsse vor und begutachtet die Anträge, welche von den Räthen des Bundes oder von den Kantonen an ihn gelangen.

5) Er vollzieht die Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Urtheile des Bundesgerichtes, sowie die Vergleiche ober

schiedsrichterlichen Sprüche über Streitigkeiten zwischen Kantonen.

6) Er hat diejenigen Wahlen zu treffen, welche nicht durch die Verfassung der Bundesversammlung und dem Bnndesgericht oder durch die Gesetzgebung einer andern untergeordneten Behörde übertragen werden.

Er ernennt Kommissarien für Sendungen im Jnnern oder nach Außen.

7) Er prüft die Verträge der Kantone nnter sich oder mit dem Auslande und genehmigt diefelben, fofern sie zn-

läßig sind. (Art. 74, Nr. 5.)

8) Er wahrt die Jnteressen der Eidgenossenfchaft nach Außen, wie namentlich ihre völkerrechtlichen Beziehungen, und beforgt die auswärtigen Angelegenheiten überhaupt.

9) Er wacht für die äußere Sicherheit, für die Be-

hauptung der Unabhängigkeit und Neutralität der Schweiz.

10) Er forgt für die innere Sicherheit der Eidgenossenfchaft, für Handhabung von Ruhe und Ordnung.

11) Jn Fällen von Dringlichkeit ist der Bundesrath befugt, fofern die Räthe nicht verfammelt sind, die erforderliche Truppenzahl aufzubieten und über solche zu verfügen, nnter Vorbehalt unverzüglicher Einberufung der Bundesverfammlung, sosern die ausgebotenen Truppen zweitausend Mann übersteigen oder das Ausgebot länger als drei Wochen dauert.

28 12) Er besorgt das eidgenössische Militärwesen und alle Zweige der Verwaltung, welche dem Bunde angehören.

13) Er prüft die Gefetze und Verordnungen der Kantone, welche feiner Genehmigung bedürfen;' er überwacht diejenigen Zweige der Kantonalverwaltung, welche durch den Bund feiner Aufsicht unterstellt sind, wie das Militärwesen, Zölle, Straßen und Brücken.

14) Er sorgt sür die Verwaltung der Finanzen des Bundes, sür die Entwerfung des Voranfchlages nnd die Stellung der Rechnungen über die Einnahmen und Ausgaben des Bundes.

15) Er hat die Aufsicht über die Gefchäftsführung aller Beamten und Angestellten der eidgenöffischen Verwaltung.

16) Er erstattet der Bundesverfammlung jeweilen bei ihrer ordentlichen Sitzung Rechenfchaft über feine Verrichtungen, sowie Bericht über den Zustand der Eidgenossenschast im Jnnern sowohl als nach Außen, und wird ihrer .Aufmerksamkeit diejenigen Maßregeln empfehlen, welche er zur Beförderung gemeinsamer Wohlsahrt sür dienlich erachtet.

Er hat auch besondere Berichte zu erstatten, wenn die Bundesversammlung oder eine Abtheilung derselben es verlangt.

Art. 91. Die Geschäfte des Bundesrathes werden nach Departementen unter die einzelnen Mitglieder vertheilt. Diefe Eintheilung hat aber einzig zum Zweck, die Prüfung und Besorgung der Gefchäfte zu fördern; der jeweilige Entscheid geht von dem Bundesrathe als Behörde aus.

Art. 92. Der Bundesrath und feine Departemente sind befugt, für besondere Geschäste Sachkundige beizuziehen.

29 III.

Bundeskanzlei.

Art. 93. Eine Bnndeskanzlei, welcher ein Kanzler vorsteht, beforgt die Kanzleigefchäfte bei der Bundesver--.

sammlung und bei'm Bnndesrath.

Der Kanzler wird von der Bundesversammlung ans die Dauer von drei Jahren jeweilen gleichzeitig mit dem.

Bundesrath gewählt.

Die Bnndeskanzlei steht unter der besondern .Aufsicht des Bundesrathes.

Die nähere Organifation der Bundeskanzlei bleibt der Bundesgefetzgebung vorbehalten.

IV. B u n d e s g e r i c h t .

Art. 94.

Zur Ausübung der Rechtspflege, fo weit

diefelbe in den Bereich des Bundes fällt, wird ein Bundesgericht aufgestellt.

Für Beurtheilnng von Strassällen werden Schwur-

gerichte (Jury) gebildet.

Art. 95. Das Bundesgericht besteht ans eilf Mitgliedern nebst Erfatzmännern, deren Anzahl durch die Bundes-

gesetzgebung bestimmt wird.

Art. 96. Die Mitglieder des Bundesgerichtes nnd die Ersatzmänner werden von der Bundesversammlung gewählt.

Jhre Amtsdauer ist drei Jahre. Nach der Gesammterneuerung des Nationalrathes findet auch eine Gesammterneuerung des Bundesgerichtes statt.

Die in der Zwischenzeit ledig gewordenen Stellen wer^ den bei der nächstsolgenden Sitzung der Bundesversammlung sur den Rest der Amtsdauer wieder besetzt.

Art. 97. Jn das Bundesgericht kann jeder Schweizertürger ernennt werden, der in den Nationalrath wählbar ist.

30 Die Mitglieder des Bundesrathes- und die von ihm

gewählten Beamten können nicht zugleich Mitglieder des Bundesgerichtes fein.

Art. 98. Der Präsident und der Vicepräsident des Bnndesgerichtes werden von der Bundesverfammlung ans den Mitgliedern desselben jeweilen aus ein Jahr gewählt.

Art. 99. Die Mitglieder des Bundesgerichtes werden

aus der Bundeskasse durch Taggelder, entschädigt.

Art. 100. Das Bundesgericht bestellt seine Kanzlei.

Art. 101. Das Bundesgericht urtheilt als Ei v ilgericht: 1) über Streitigkeiten, welche nicht staatsrechtlicher Natur sind: a. zwischen Kantonen unter sich; b. zwischen dem Bund und einem Kanton; 2) über Streiligkeiten zwischen dem Bund einerseits und Korporationen oder Privaten anderseits, wenn diese Korporationen oder Privaten Kläger sind und der Streitgegenstand von einem beträchtlichen durch die Bundesgesetzgebung zu bestimmenden Werthe ist; 3) über Streitigkeiten in Bezug auf Heimathlosigkeit.

Jn den nnter Nr. 1, Litt, a und b bezeichneten Fällen geschieht die Ueberweisung an das Bundesgericht durch den Bundesrath. Wenn dieser die Frage, ob ein Gegenstand vor das Bnndesgericht gehöre, verneinend beantwertet, so entscheidet hierüber die Bundesversammlung.

Art. 102. Das Bundesgericht ist verpflichtet, auch die Seurtheilung anderer Fälle zu übernehmen, wenn dasselbe von beiden Parteien angernsen wird und der StreitGegenstand von einem beträchtlichen, durch die ..Buudesgesetzgebung sestzusctzenden Werthe ist. Dabei sallen jedoch die Kosten ausschließlich auf Rechnung der Parteien.

siArt. 103. Die Mitwirkung des Bundesgerichtes bei Beurtheilung von Straffällen wird durch die Bundesgesetzgebnng bestimmt, welche über Versetzung in Anklagezu-

stand, über Bildung des Assifen- und Kassationsgericht.,-.

das Nähere festsetzen wird.

Art. 104. Das Assisengericht, mit Zuziehung von Geschwornen, welche über die Thatsrage absprechen, nrtheilt: a. in Fällen, wo von einer Bundesbehörde die von ihr ernannten Beamten zur strafrechtlichen Beurtheilung überwiesen werden;

b. über Fälle von Hochverrath gegen die Eidgenossenschaft, von Aufruhr und Gewaltthat gegen die Bundesbehörden; c. über Verbrechen und Vergehen gegen das Völkerrecht; d. über politische Verbrechen und Vergehen, die Urfache oder Folge derjenigen Unruhen sind, durch welche eine bewaffnete eidgenössische Jntervention veranlaßt worden ist.

Der Bundesversammlung steht das Recht zu, hinsichtlich solcher Verbrechen und Vergehen Amnestie .oder Begnadigung auszusprechen.

Art. 105. Das Bundesgericht urtheilt im Fernern über Verletzung der durch die Bundesverfassung garantirten Rechte, wenn hieraus bezügliche Klagen von der .....'undesversammlung an dasselbe gewiesen werden.

Art. 106. Es bleibt der Bundesgesetzgebung überlassen, außer den in den Art. 101, 104 und 105 bezeichneten Gegenständen auch noch andere Fälle in die Kompetenz des Bundesgerichtes zu legen.

Art. 107. Die Bundesgesetzgebung wird das Nähere bestimmen : a. über Ausstellung eines Staatsanwaltes;

32 b. über die Verbrechen und ^ergehen, welche in die Kompetenz des Bundesgerichtes fallen und über die Strafgesetze, welche anzuwenden sind;

c. über das Verfahren, welches mündlich und öffentlich fein soll; A. über die Gerichtskosten.

V. V e r s c h i e d e n e B e s t i m m u n g e n .

Art. 108. Alles, was sich ans den Sitz der Bundesbehörden bezieht, ist Gegenstand der Bundesgesetzgebung.

Slrt. 109. Die drei Hauptsprachen der Schweiz, die deutsche, srcinzöfifche und italienifche, sind Nationalsprachen

des Bundes.

Art. 110. Die Beamten der Eidgenossenschaft sind für ihre Gefchäftsführnng verantwortlich. Ein Bundesgesetz wird diese Verantwortlichkeit näher bestimmen.

Dritter Abschnitt.

Revision der Bundesverfassung.

Art. 111. Die Bundesverfassung kann jederzeit revidirt werden.

Slrt. 112. Die Revision geschieht auf dem Wege der

.Bundesgcfelzgcbung.

Art. 113. Wenn eine Abtheilung der Bnndesöerfammlung die Revision beschließt und die andere nicht zustimmt, oder wenn sünfzigtaufend stimmberechtigte Schweizer-' Mrger die Revision der Bundesverfassung verlangen, so

33 muß im einen wie im andern Falle die Frage, ob eine Revision stattfinden foll oder nicht, dem fchweizerifchen Volke zur Abstimmung vorgelegt werden.

Sofern in einem diefer Fälle die Mehrheit der stimmenden Schweizerbürger über die Frage sich bejahend ansspricht, so sind beide .-Käthe neu zu wählen, um die Revision zur Hand zu nehmen.

Art. 114. Die revidirte Bundesverfassung tritt in Kraft, wenn sie von der Mehrheit der stimmenden Schweizerbürger und von der Mehrheit der Kantone angenommen ist.

Uebergangsbesiimnrnitgen.

Art. 1. Ueber die Annahme gegenwärtiger Bundesverfassung haben sich die Kantone anf die durch die Kantonalverfassungen vorgefchriebene, oder -- wo die Verfassung hierüber keine Bestimmung enthält -- auf die durch die oberste Behörde des betreffenden Kantons festzusetzende Weise auszusprechen.

Art. 2. Die Ergebnisse der Abstimmung sind dem Vororte zu Handen der Tagsatzung mitzutheilen, welche entscheidet, ob die neue Bundesverfassung angenommen fei.

Art. 3. Wenn die Tagfatzung die Bundesverfassung als angenommen erklärt hat, so trifft sie unmittelbar zur Einführung derselben die erforderlichen Bestimmungen.

Die Verrichtungen des eidgenössischen Kriegsrathes und

des Verwaltungsrathes sür die eidgenössischen Kriegsfonds gehen auf den Bundesrath über.

Art. 4. Die im Eingange und in Litt, c des Art. 6 der gegenwärtigen Bundesverfaffung enthaltenen Bestimmungen finden auf die fchon in Kraft bestehenden Verfassungen der Kantone keine Anwendung.

Diejenigen Vorschriften der Kantonalverfassungen, welche mit den übrigen Bestimmungen der Bundesverfassung im Buntiesblatt I.

3

34 Widerspruche stehen, sind vom Tage an, mit welchem diese letztere als angenommen erklärt wird, aufgehoben.

Art. 5. Der Bezug der schweizerischen Grenzgebühren dauert so lange sort, bis die Tarise der neu einzuführenden Grenzzölle ihre Vollziehung finden.

Art. 6. Die Beschlüsse der Tagsatzung und die Konkordate bleiben bis zu ihrer Aufhebung oder Abänderung in Kraft, so weit sie nicht dieser Bundesverfassung widersprechen.

Dagegen verlieren diejenigen Konkordate ihre Gültigkeit, deren Jnhalt als Gegenstand der Bundesgesetzgebung erklärt wurde, und zwar von der Zeit an, in welcher die letztere in's Leben tritt.

Art. 7. Sobald die Bundesversammlung und der Bundesrath konstitnirt sein werden, tritt der Bundesvertrag vom 7. August 1815 außer Krast.

#ST#

Beschluß der Tagsatzung, betreffend

die feierliche Erklärung über die Annahme der neuen Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft.

Die eidgenössische Tagsatzung, Nach Prüfung der Verbalprozesse und der übrigen Akten, welche in Betreff der Abstimmung über die Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft, wie diefelbe ans den Beratungen der Tagsatzung vom 15. Mai bis und mit dem 27. Brachmonat 1848 hervorging, -- ans sämmtlichen Kantonen an den Vorort eingesandt worden sind; -- Erwägend, daß zufolge dieser amtlichen Mittheilungen sich sämmtliche Kantone über die Annahme oder Verwer-

35 fung der erwähnten Bundesverfassung in der Weife ansgesprochen haben, wie solches im Art. 1 der ihr angehängten Uebergangsbestimmungen ausdrücklich vorgeschrieben erscheint; Erwägend, daß ans der vorgenommenen genauen Prüfung fämmtlicher Verbalprozesse über die in allen Kantonen stattgehabte Abstimmung hervorgeht, es sei die in Frage liegende Bundesverfassung der fchweizerifchen Eidgenossenschaft von fünfzehn ganzen Kantonen und einem halben Kanton, welche zusammen eine Bevölkerung von 1,897,887 Seelen, also die überwiegende Mehrheit der schweizerischen Bevölkerung und der Kantone repräsentiren, angenommen worden; Jn Vollziehung des Art. 2 der erwähnten Uebergangsbestimmungen, krast welchen der Tagsatzung obliegt, nach Prüsung der Abstimmungsergebnisse zu entscheiden, ob die neue Bundesverfassung angenommen sei, oder nicht, -- beschließt: Art. 1. Die -.Bundesversassung der schweizerischen Eidgenossenschast, wie solche aus den Berathungen der Tagsatzung vom 15. Mai bis und mit dem 27. Brachmonat 1848 hervorgegangen nnd nach Maßgabe des Art. 1 der ihr angehängten Uebergangsbestimmungen in sämmtlichen Kantonen der Abstimmung unterstellt worden ist, -- ist anmit feierlich angenommen nnd wird als Grundgefetz der

schweizerischen Eidgenossenschaft erklärt.

Art. 2. Gegenwärtige urkundliche Erklärung soll in Verbindung mit der angenommenen Bundesversassnng in

urschriftlicher Fertigung in das eidgenössische Archiv niedergelegt, überdieß in einer hinreichenden Anzahl von Exemplaren gedruckt und durch den Vorort sämmtlichen Kantonsregierungen zu allgemeiner Bekanntmachung unver-

züglich mitgetheilt werden.

36 Art. 3. Die Tagsatzung wird die zu Einführung der Bundesverfassung erforderlichen Bestimmungen fofort von sich aus treffen.

Also gegeben in B e r n , den zwölften Herbstmonat des Jahres achtzehn hundert vierzig und acht.

Die eidgenössische Tagsatzung; Namens derselben.

Der Präsident des Regierungsrathes des Kantons Bern, als eidgenössischer Vorort, P r ä s i d e n t der Tagsatzung:

(L. S.)

Alex. Funk.

Der Kanzler der

Eidgenossenschaft:

Schieß.

#ST#

Beschluß der Tagsatzung

über die Einführung der neuen Bundesverfassung.

Die eidgenössische Tagsatznng, Nach Ansicht und in Vollziehung des Art. 3 der Uebergangsbestimmungen der Bundesverfassung der satzung vom 15. Mai bis und mit dem 27. Brachmonat 1848 hervorgegangen und durch Schlußnahme der gleichen -Behörde vom 12. Herbstmonat laufenden Jahres als durch die überwiegende Mehrheit fowohl der Kantone als der schweizerischen Bevölkeruförmlichich angenommen erklärt worden ist; -- Erwägend, daß es krast und in Gemäßheit des erwähnten Art. 3 der Tagsatzung obliegt, zur Einführung der neuen Bundesverfassung, fobald sie diefelbe als angenommen erklärt hat, fofort und unmittelbar die erforderlichen Bestimmungen zu treffen, -- beschließt, was folgt: Art. 1. Nach Vorschrift des Art. 60 der Bundesver-

37 fassung werden die Kantone eingeladen, die Mitglieder des Nationalrathes fowohl, als diejenigen des Ständerathes zu wählen.

Art. 2. Jn Folge der Bestimmungen des Art. 61 der Bundesverfassung hat in den N a t i o n a l r a t h zu wählen: Der Kanton ' Stuf Einwohner. Mitgl.

Zürich

.231,576

12

Bern . - . 407,913 Luzern . . . . . . . . . . 124,521

20 6

Uri

.

.

.

.

.

.

.

.

.

1

2 1 1} 2

.

.

.

ob d. Wald 12,368) nid d. Wald 10,203

Unterwalden .

.

.

13,519

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Schwyz . . . . . . . . . 40,650 Glarus

.

.

.

.

.

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' 29,348

1

Zug ................ ... 15,322

1

Freiburg

91,145

5

. . . . . . . 63,196

3

Solothurn

.

.

.

.

.

.

.

.

3

««'«:·:·:: S I«**-.! 2 Schaffhaufen . . . . . . 32,582

«!.»..i-nS:''*^*t"^|äo -M.?1 a ( Jnner-Rhoden 9,796) / St. Gallen .

158,853 8 Granbünden 84,506 4 Aargau 182,755 9 T h u r g a u . . . . . . . . 84,124 . 4 Teffin 113,923 6 Waadt...

183,582 · . 9 Wallis 76,590 4 N e u e n b u r g . . . . . . . 58,616 . 3 Genf 58,666 3 2,190,258 111

38 Art. 3. Jn den Ständerath, der aus 44 Abgeordneten besteht, wählt nach Art. 69 der Bundesverfassung : .-Der D a n t o n Zürich

Mitgl.

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2

Bern

2

Lnzern

.

.

.

.

.

2

2

Uri Schwyz

.

.

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.

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.

.

.

.

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.

ob dem Wald 1 Unterwalden .,,,,,., nid dem Wald l

Glarus Zug

Freiburg

.

.

.

. 2 2 .

.

.

.

.

. 2

Solothurn Basel-

2

2

Stadt 1 Land 1

Schasfhaufen

.

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.

.

.

.

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.

.

.

2

Außer-Rhoden 1 Appenzell Jnner-Rhoden 1

St. Gallen

2

Graubünden . . . . . . . . . . . . 2 Aargau . 2 Thnrgau

.

.

.

.

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.

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.

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.

Tessin

2

2

W a ad t

.

.

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Wanis

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.

.

.

.

.

.

.

Neuenburg

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Genf

.

.

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. ' . ' . ' .

.

.

.

.

2

'. . . . . . . . ' . . . 2 .

.

.

.

.

2

.2

Art. 4. Jedem Kanton bleibt für dieß Mal überlassen, einen oder mehrere Wahlkreise zu bilden, in welchen die ihm zusallenden Mitglieder des Nationalrathes gewählt werden.

39

Art. 5. Für die Wahlen in den Nationalrath, welche direkte Volfswahlen sein sollen, gelten in Bezug auf Stimm-

berechtignng. Wahlfähigkeit, Amtsdaner n. f. w. die in den Art. 62, 63, 64, 65 und 66 enthaltenen Bestimmungen der Bundesverfassung.

Art. 6. Die Wahlen der Mitglieder in den Nationalund Ständerath sind in allen Kantonen sofort vorzunehmen.

Art. 7. Jedem gewählten Mitgliede des Nationalrathes ist ein von der betressenden Kantonalbehörde unterzeichneter Wahlakt auszustellen, den der Gewählte vor der Konstituirung der Behörde zum Zweck der Erwahrung der Wahlakten abzugeben hat.

Art. 8. Die Kantonsregierungen haben gleich nach den erfolgten Wahlen dem Vororte zu Handen des Nationalrathes fowohl als des Ständerathes die Namen der Gewählten mitzutheilen.

Art. 9. Die Eröffnung beider Räthe findet Montags den 6. November laufenden Jahres in Bern statt. Die Abgeordneten beider Räthe haben sich am genannten Tag ohne weitere Einladung daselbst einznfinden. Morgens 9 Uhr wird der Eröffnung vorgängig ein feierlicher Gottesdienst für die Mitglieder beider Konfessionen stattfinden, wofür der Vorort die geeigneten Anordnungen zu treffen hat.

Art. 10. Unter Leitung je des ältesten Mitgliedes werden in beiden Räthen zuerst die erforderlichen Stimmenzähler ernannt und die Wahlakten der Mitglieder erwahrt.

Alsdann wird jeder der beiden Räthe mittelst geheimen und absoluten Mehrs den Präsidenten und Vizepräsidenten ans seiner Mitte wählen. (Art. 67 n. 71 der Bnndesversassung).

Art. 11. Der Vorort wird sur das Sitznngslokal und die Bedienung des Nationalrathes und des Ständerathes provisorisch sorgen.

4o

Art. 12.. Für jedes Mitglied des Nationalrathes wird, bis spätere Bundesbeschlüsse die dießsällige Entschädigung bestimmt haben werden, ein Taggeld fon 8 Schweizersranken festgesetzt. Für die Hinreise in die Bundesstadt,

sowie für die Rückreife wird überdieß jedem Mitgliede das im Verhältniß zu feinen Reifestunden stehende Postgeld

vergütet.

Art. 13. Sowohl die Tagsatznng als der Vorort, nebst

den ihnen untergeordneten Behörden und Beamten, bleiben so lange in ihren Kompetenzen, bis die Bundesversammlung konstituirt und der Bnndesrath gewählt sein wird."

Art. 14. Gegenwärtiger Beschluß soll in einer hinreichenden Anzahl von Exemplaren gedruckt und durch den ..Borort sämmtlichen Kantonsregiernngen zur Bekanntmachung und Vollziehung mitgetheilt werden.

Also gegeben zu B e r n , den 14. Herbstmonat 1848.

Die eidgenössische Tagsatzung; Namens derselben.

Der Präsident des Regiernngsrathes des Kantons Bern, als eidgenössischer Vorort, Präsident der Tagfatzung:

(L. S.)

Alex. Fuuk.

Der Kanzler der Eidgenofsenschaft:

Schieß.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 12. Herbstmonat 1848.

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Foglio federale

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1849

Année Anno Band

1

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01

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.02.1849

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3-40

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10 000 003

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