Originaltext

Protokoll zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Finnland zur Änderung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und des dazugehörenden Protokolls, unterzeichnet in Helsinki am 16. Dezember 1991

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Republik Finnland, vom Wunsche geleitet, das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und das Protokoll, unterzeichnet in Helsinki am 16. Dezember 1991, (nachfolgend «das Abkommen» und «das Protokoll» genannt) zu ändern, haben Folgendes vereinbart: Art. 1 1. Artikel 10 Absätze 2, 3 und 4 des Abkommens wird wie folgt geändert: «2. Diese Dividenden können jedoch auch in dem Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Nutzungsberechtigte der Dividenden im anderen Vertragsstaat ansässig ist, 10 Prozent des Bruttobetrags der Dividenden nicht übersteigen. Diese Dividenden sind jedoch von der Steuer im erstgenannten Staat befreit, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft (jedoch keine Personengesellschaft) ist, die unmittelbar über mindestens 20 Prozent des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt.

Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten regeln in gegenseitigem Einvernehmen, wie diese Begrenzungsbestimmungen durchzuführen sind.

Dieser Absatz berührt nicht die Besteuerung der Gesellschaft in Bezug auf die Gewinne, aus denen die Dividenden gezahlt werden.» 2. Die Absätze 5­7 des Artikels 10 des Abkommens werden neu die Absätze 3­5.

2006-0865

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Doppelbesteuerung mit Finnland. Protokoll zur Änderung des Abkommens

Art. 2 1. Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe c des Abkommens wird aufgehoben.

2. Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe d des Abkommens wird neu Buchstabe c.

Art. 3 Artikel 26 Absatz 1 des Abkommens wird wie folgt geändert: «1. Die zuständigen Behörden der Vertragstaaten tauschen die Informationen aus, die voraussichtlich erheblich sind a)

zur Durchführung der Vorschriften dieses Abkommens;

b)

zur Verwaltung oder Durchsetzung von innerstaatlichem Recht in Bezug auf die unter das Abkommen fallenden Steuern im Falle von Holdinggesellschaften, jedoch nur auf Verlangen;

c)

zur Durchführung von innerstaatlichem Recht bei Steuerbetrug in Bezug auf die unter das Abkommen fallenden Steuern, jedoch nur auf Verlangen.

Jede auf diese Weise ausgetauschte Auskunft soll geheim gehalten und nur Personen und Behörden (einschliesslich der Gerichte und Verwaltungsbehörden) zugänglich gemacht werden, die mit der Veranlagung, Erhebung oder Verwaltung, der Vollstreckung oder Strafverfolgung oder mit der Entscheidung von Rechtsmitteln hinsichtlich der unter dieses Abkommen fallenden Steuern befasst sind. Diese Personen oder Behörden dürfen die Informationen nur für diese Zwecke verwenden. Auskünfte, die irgendein Handels-, Geschäfts-, gewerbliches oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren offenbaren würden, dürfen nicht ausgetauscht werden. Sie dürfen die Informationen in einem öffentlichen Gerichtsverfahren oder in einer Gerichtsentscheidung offen legen.» Art. 4 A. Die Ziffer 2 des Protokolls wird aufgehoben.

B. Die Ziffer 3 des Protokolls wird neu die Ziffer 2.

C. Es wird eine neue Ziffer 3 mit folgendem Wortlaut eingefügt: «3. Zu Artikel 26 3.1 Mit Bezug auf Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe b besteht Einvernehmen darüber, dass einzig Informationen ausgetauscht werden können, die sich im Besitz der Steuerbehörden befinden oder ordentlicherweise einzureichen sind und von den Steuerbehörden in ordentlichen Verfahren beschafft werden können, ohne dass spezifische Massnahmen notwendig sind.

3.2 Es besteht Einvernehmen, dass im Sinne von Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe b als Holdinggesellschaften Schweizer Gesellschaften nach Artikel 28 Absatz 2 des Steuerharmonisierungsgesetzes vom 14. Dezember 1990 und finnische Gesellschaften, die diesen schweizerischen Gesellschaften entsprechen, gelten.

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Doppelbesteuerung mit Finnland. Protokoll zur Änderung des Abkommens

3.3 Es besteht Einvernehmen, dass der Ausdruck ein betrügerisches Verhalten bedeutet, welches nach dem Recht beider Staaten als Steuervergehen gilt und mit Freiheitsstrafe bedroht ist.

3.4 Es besteht Einvernehmen, dass das Bankgeheimnis der Beschaffung von Urkundenbeweisen bei Banken und der Weiterleitung dieser Beweise an die zuständige Behörde des ersuchenden Staates in Fällen von Steuerbetrug nicht entgegensteht. Eine Auskunftserteilung setzt aber voraus, dass zwischen dem betrügerischen Verhalten und der gewünschten Amtshilfemassnahme ein direkter Zusammenhang besteht.

3.5 Beide Vertragsstaaten stimmen überein, dass die Anwendung von Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe c und der Bestimmungen des Protokolls die rechtliche und tatsächliche Reziprozität voraussetzt. Es besteht ferner Einigkeit, dass die Amtshilfe im Sinne dieses Buchstabens keine Massnahmen einschliesst, die der blossen Beweisausforschung dienen ().» Art. 5 1. Die Regierungen der Vertragsstaaten notifizieren sich gegenseitig auf diplomatischem Weg, dass die verfassungsrechtlichen Erfordernisse für das Inkrafttreten dieses Protokolls erfüllt sind.

2. Dieses Protokoll, das integrierender Bestandteil des Abkommens und des Protokolls ist, tritt dreissig Tage nach dem Datum der späteren der in Absatz 1 erwähnten Notifikationen in Kraft, und seine Bestimmungen finden in beiden Staaten Anwendung: a)

vorbehaltlich des Buchstabens b hinsichtlich der an der Quelle erhobenen Steuern auf Dividenden, die am oder nach dem ersten Tag des auf das Inkrafttreten dieses Protokolls folgenden Jahres fällig werden;

b)

hinsichtlich der an der Quelle erhobenen Steuern auf Dividenden, die von einer Gesellschaft (jedoch keiner Personengesellschaft) erzielt werden, die unmittelbar über mindestens 20 Prozent des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt, auf Dividenden, die am oder nach dem 1. Januar 2006 fällig werden, vorausgesetzt, dass dieses Protokoll im Jahr 2006 in Kraft tritt;

c)

hinsichtlich der Ersuchen um Informationsaustausch nach Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a werden Informationen am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten dieses Protokoll folgenden Jahres ausgetauscht;

d)

hinsichtlich der Ersuchen um Informationsaustausch nach Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe b werden Informationen für jedes Steuerjahr ausgetauscht, das am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten dieses Protokoll folgenden Jahres beginnt;

e)

hinsichtlich der Ersuchen um Informationsaustausch nach Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe c werden Informationen betreffend Vergehen ausgetauscht, die nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten dieses Protokoll folgenden Jahres begangen wurden.

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Doppelbesteuerung mit Finnland. Protokoll zur Änderung des Abkommens

Zu Urkund dessen haben die hierzu von ihren Regierungen gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.

Geschehen zu Helsinki, am 19. April 2006 im Doppel in deutscher, finnischer und englischer Sprache. Bei unterschiedlicher Auslegung soll der englische Wortlaut massgebend sein.

Für den Schweizerischen Bundesrat:

Für die Regierung der Republik Finnland:

Josef Bucher

Ulla-Maj Wideroos

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Übersetzung1

Verhandlungsprotokoll vom 10. August 2005

Im Bestreben, die Anwendung und Auslegung des neuen Artikels 26 Absatz 1 Buchstabe c des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie seines Protokolls zu vereinbaren, geben die zuständigen Behörden folgende Erklärungen ab: I. In Bezug auf die Schweiz: 1

Vorprüfung des Ersuchens

1.1

Ersuchen der zuständigen finnischen Behörde um den Austausch von Auskünften werden von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) vorgeprüft.

1.2

Kann einem Ersuchen nicht entsprochen werden, so teilt die ESTV dies der zuständigen finnischen Behörde mit. Diese kann ihr Ersuchen ergänzen.

1.3

Zeigt die Vorprüfung, dass die Voraussetzungen nach Artikel 26 des Abkommens und nach dem Protokoll erfüllt sind, so informiert die ESTV diejenige Person, die in der Schweiz über die einschlägigen Informationen verfügt (Informationsinhaber), über den Eingang des Ersuchens und über die darin verlangten Informationen. Der übrige Inhalt des Ersuchens darf dem Informationsinhaber nicht mitgeteilt werden.

1.4

Die ESTV ersucht den Informationsinhaber gleichzeitig, ihr die Informationen zuzustellen und die betroffene Person aufzufordern, in der Schweiz einen Zustellungsbevollmächtigten zu bezeichnen.

2

Beschaffung der Informationen

2.1

Übergibt der Informationsinhaber die verlangten Informationen der ESTV, so prüft diese die Informationen und erlässt eine Schlussverfügung.

2.2

Stimmt der Informationsinhaber oder die betroffene Person oder ihr Zustellungsbevollmächtigter der Übergabe der verlangten Informationen nicht zu, so erlässt die ESTV gegenüber dem Informationsinhaber eine Verfügung, mit der sie die Herausgabe der im finnischen Ersuchen bezeichneten Informationen verlangt.

1

Übersetzung des englischen Originaltextes.

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3

Rechte der betroffenen Person

3.1

Die ESTV eröffnet die an den Informationsinhaber gerichtete Verfügung sowie eine Kopie des Ersuchens der zuständigen finnischen Behörde auch der betroffenen Person, soweit im Ersuchen nicht ausdrücklich die Geheimhaltung verlangt wurde.

3.2

Hat die betroffene Person in der Schweiz keinen Zustellungsbevollmächtigten bezeichnet, so ist die Eröffnung von der zuständigen finnischen Behörde nach finnischem Recht vorzunehmen. Gleichzeitig setzt die ESTV der Person eine Frist, während der diese dem Informationsaustausch zustimmen oder einen Zustellungsbevollmächtigten bezeichnen kann.

3.3

Die betroffene Person kann sich am Verfahren beteiligen und Einsicht in die Akten nehmen. Die Akteneinsicht darf nur verweigert werden für Aktenstücke und Verfahrenshandlungen, für die triftige Geheimhaltungsgründe bestehen, oder wenn Artikel 26 des Abkommens dies erfordert.

3.4

Gegenstände, Dokumente und Unterlagen, die der ESTV ausgehändigt oder von ihr beschafft wurden, dürfen für die Anwendung der schweizerischen Steuergesetzgebung erst nach Rechtskraft der Schlussverfügung verwendet werden oder im Anwendungsfall von Ziffer 8.4.

4

Zwangsmassnahmen

4.1

Werden die in der Verfügung verlangten Informationen nicht innert der verfügten Frist der ESTV übergeben, so können Massnahmen unter Anwendung von Zwang durchgeführt werden. Dabei können Gegenstände, Dokumente und Unterlagen in Schriftform oder auf elektronischen Datenträgern beschlagnahmt sowie Hausdurchsuchungen vorgenommen werden.

4.2

Zwangsmassnahmen sind vom Direktor der ESTV oder von dessen Stellvertreter anzuordnen. Sie sind von besonders ausgebildeten Amtspersonen durchzuführen, und es dürfen nur Gegenstände, Dokumente und Unterlagen beschlagnahmt werden, die im Zusammenhang mit der Herausgabe der verlangten Informationen von Bedeutung sein könnten.

4.3

Ist Gefahr im Verzug und kann eine Massnahme nicht rechtzeitig angeordnet werden, so darf eine Amtsperson von sich aus eine Zwangsmassnahme durchführen. Diese Massnahme ist innert drei Tagen vom Direktor der ESTV oder von seinem Stellvertreter zu genehmigen.

4.4

Die Polizeibehörden der Kantone und Gemeinden unterstützen die ESTV bei der Durchführung der Zwangsmassnahmen.

5

Durchsuchung von Räumen

5.1

Räume dürfen nur durchsucht werden, wenn es wahrscheinlich ist, dass sich darin die im Zusammenhang mit dem Ersuchen um Informationsaustausch stehenden Gegenstände, Dokumente oder Unterlagen befinden.

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Doppelbesteuerung mit Finnland. Protokoll zur Änderung des Abkommens

5.2

Die Durchführung richtet sich nach Artikel 49 des Bundesgesetzes vom 22. März 19742 über das Verwaltungsstrafrecht.

6

Beschlagnahme von Gegenständen, Dokumenten und Unterlagen

6.1

Gegenstände, Dokumente und Unterlagen sind mit grösster Schonung der Privatsphäre zu durchsuchen.

6.2

Dem Inhaber der Gegenstände, Dokumente und Unterlagen oder dem Informationsinhaber ist Gelegenheit zu geben, sich vor der Durchführung über den Inhalt der Durchsuchung zu äussern. Der Informationsinhaber muss bei der Lokalisierung und Identifizierung der Gegenstände, Dokumente und Unterlagen mitwirken.

6.3

Kosten, die dem Inhaber oder dem Informationsinhaber aus den Zwangsmassnahmen entstehen, sind von diesem selber zu tragen.

7

Vereinfachte Ausführung

7.1

Stimmt die betroffene Person der Aushändigung der Informationen an die finnische Behörde zu, so informiert sie die ESTV schriftlich darüber. Die Zustimmung ist unwiderruflich.

7.2

Die ESTV hält die Zustimmung schriftlich fest und schliesst das Verfahren durch Übermittlung der Informationen an die zuständige finnische Behörde.

7.3

Betrifft die Zustimmung nur einen Teil der Informationen, so werden die restlichen Gegenstände, Dokumente oder Unterlagen nach den oben erwähnten Ziffern beschafft und mittels Schlussverfügung übermittelt.

8

Abschluss des Verfahrens

8.1

Die ESTV erlässt eine begründete Schlussverfügung. Darin äussert sie sich zur Frage, ob ein Steuerbetrug vorliegt, und entscheidet über die Übermittlung von Gegenständen, Dokumenten und Unterlagen an die zuständige finnische Behörde.

8.2

Die Verfügung wird der betroffenen Person über den Zustellungsbevollmächtigten eröffnet.

8.3

Ist kein Zustellungsbevollmächtigter bezeichnet worden, so erfolgt die Eröffnung durch Publikation im Bundesblatt.

8.4

Nach Eintritt der Rechtskraft der Schlussverfügung können die der zuständigen finnischen Behörde übermittelten Informationen von der ESTV verwendet werden.

9

Rechtsmittel

9.1

Die Schlussverfügung der ESTV über die Übermittlung von Informationen unterliegt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht.

9.2

Zur Beschwerde ist auch der Informationsinhaber befugt, soweit er eigene Interessen geltend macht.

2

SR 313.0

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9.3

Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung.

9.4

Jede der Schlussverfügung vorangehende Verfügung, einschliesslich einer Verfügung über Zwangsmassnahmen, ist sofort vollstreckbar und kann nur zusammen mit der Schlussverfügung angefochten werden.

II. In Bezug auf Finnland: In Bezug auf die Verfahren in Finnland zum Erhalt von Informationen im Fall von Steuerbetrug nach Artikel 26 wenden die zuständigen finnischen Behörden die Verfahren an, die im finnischen Recht zur Durchführung des Ersuchens um Austausch von Auskünften zur Verfügung stehen.

Für die schweizerische Delegation:

Für die finnische Delegation:

Robert Waldburger

Antero Toivainen

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