KMU-Tests des Bundes und ihr Einfluss auf die Gesetz- und Verordnungsgebung Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates auf der Grundlage einer Analyse der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle vom 20. Mai 2005

2005-1641

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Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

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1 Ausgangslage

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2 Schlussfolgerungen der Geschäftsprüfungskommission 2.1 Bekanntheitsgrad der drei KMU-Tests steigern 2.2 Nutzung der KMU-Tests im politischen Entscheidungsprozess 2.2.1 Vorparlamentarische Phase 2.2.2 Parlamentarische Phase 2.3 Einfluss 2.4 Verbesserung der Qualität der KMU-Tests

3221 3221 3222 3222 3224 3224 3225

3 Fazit

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Anhang Die drei «KMU-Tests» des Bundes: bekannt? genutzt? wirkungsvoll?

Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftprüfungskommission des Nationalrates

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Abkürzungsverzeichnis EFD EVD GPK-N KMU PVK RFA seco vgl.

z. B.

Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Kleinere und mittlere Unternehmen Parlamentarische Verwaltungskontrolle Regulierungsfolgenabschätzung Staatssekretariat für Wirtschaft vergleiche zum Beispiel

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Bericht 1

Ausgangslage

Die kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) nehmen in der schweizerischen Volkswirtschaft eine besondere Stellung ein. Als KMU werden Unternehmen betrachtet, die bis zu 249 Vollzeit-Mitarbeitende aufweisen. Die letzte Betriebszählung im Jahr 2001 ergab, dass 99,7 % der Unternehmen in der Schweiz KMU sind.

Die 305 807 KMU der Schweiz beschäftigten zu diesem Zeitpunkt 66,8 % der werktätigen Bevölkerung des Landes.

Die Rechtsordnung der Schweiz unterscheidet meist nicht zwischen KMU und Grossunternehmen. KMU sind in der Regel im Verhältnis zu ihrer Grösse durch staatliche Auflagen und Reglementierung jedoch stärker betroffen als grosse Unternehmen. So versteht es sich von selbst, dass ein Tag Arbeit pro Woche, der durch eine staatliche Auflage bedingt ist, eine Unternehmung mit 20 Mitarbeitenden mehr trifft als eine Unternehmung mit 400 Mitarbeitenden. Für die KMU ist das Verhältnis zwischen der Höhe der für die Umsetzung staatlicher Auflagen eingesetzten Ressourcen und der für die direkte Wertschöpfung einsetzbaren Ressourcen zentral.

Nimmt der erstgenannte Ressourceneinsatz aufgrund neuer Reglementierungen wesentlich zu, so kann es sein, dass existierende KMU ihre Produkte nicht mehr rentabel erbringen können und schliessen müssen. Ressourcenbindende Auflagen können sich jedoch auch in Form von Eintrittsschranken auswirken und so die Gründung von KMU behindern.

Der Bundesrat ist sich der Bedeutung der KMU bewusst und hat seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre mehrere Berichte zur administrativen Entlastung der KMU verfasst und darauf basierend auch Massnahmen ergriffen.1 Dazu gehören die drei «KMU-Tests» des Bundes, die aus den Regulierungsfolgenabschätzungen (seit Mai 2000), den KMU-Verträglichkeitstests (seit Oktober 1999) und dem KMU-Forum (seit Dezember 1998) bestehen. Die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) soll die volkswirtschaftlichen Auswirkungen eines neuen Erlasstextes vorgängig zu seiner Verabschiedung aufzeigen.2 Beim KMU-Verträglichkeitstest handelt es sich um vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) durchgeführte Umfragen bei etwa einem Dutzend KMU, die bei wichtigen Änderungen von Bundesgesetzen und -verordnungen durchgeführt werden. Sie bezwecken, repräsentativ die aus dem Vollzug der neuen Regelung resultierenden Kosten, die Einschränkung des Handlungsspielraums sowie den
Administrativaufwand der KMU festzustellen. Das Forum KMU seinerseits ist eine eidgenössische Expertenkommission, die aus fünfzehn Mitgliedern besteht, von denen die Mehrheit KMU-Vertreter sind. Das Forum hat zum Ziel, insbesondere die administrativen Belastungen, die Kosten und die Beschränkung der unternehmerischen Freiheit von Regulierungen aus Sicht der KMU zu beurteilen.

Diese Beurteilungen erfolgen einerseits im Rahmen von Vernehmlassungen zu 1 2

Vgl. Kapitel 2 des Schlussberichts der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle im Anhang.

Bei der RFA handelt es sich um ein Instrument, dass die volkswirtschaftlichen Auswirkungen eines neuen Erlasstextes allgemein prüft und dementsprechend nicht KMU-spezifisch ist. Angesichts der grossen Bedeutung der KMU für die Volkswirtschaft besteht ein enger sachlicher Zusammenhang, so dass die RFA u. a. auch als KMU-Test verstanden werden kann.

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Gesetzes- und Verordnungsentwürfen. Das Forum befasst sich jedoch auch mit schon geltenden Regulierungen.

Den drei Instrumenten ist gemeinsam, dass sie Transparenz über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Regulierung schaffen und damit sowohl eine Sensibilisierung der involvierten Bundesverwaltung wie auch der politischen Akteure erreichen wollen.

Nachdem diese Instrumente nun schon mehrere Jahre im Einsatz stehen, sah die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) anfangs 2004 den Zeitpunkt für gekommen, sie auf ihre Wirksamkeit evaluieren zu lassen. Sie beauftragte die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit den entsprechenden Abklärungen. Hauptfrage der Evaluation war, inwieweit die drei Tests die Erarbeitung der Erlassentwürfe und den dazugehörigen politischen Entscheidprozess im Bundesrat und danach im Parlament beeinflussen. Die PVK klärte dazu auch den Bekanntheitsgrad sowie die Nutzungsintensität dieser drei Instrumente ab. Auf der Basis des Schlussberichts der PVK (vgl. Anhang) zog die GPK-N am 20. Mai 2005 ihre Schlussfolgerungen. Diese bilden den Gegenstand des vorliegenden Berichts.

2

Schlussfolgerungen der Geschäftsprüfungskommission

2.1

Bekanntheitsgrad der drei KMU-Tests steigern

Damit die KMU-Tests durch die Zielpersonen überhaupt genutzt werden und dadurch die gewünschten Wirkungen entfalten können, müssen sie den Akteuren im Gesetz- und Verordnungsgebungsprozess zuerst einmal ausreichend bekannt sein.

Schon bei dieser Grundvoraussetzung hat die PVK Mängel festgestellt. So sind zwar die Regulierungsfolgenabschätzungen in der Bundesverwaltung bekannt, nicht aber das Forum KMU. Die KMU-Verträglichkeitstests ihrerseits sind aufgrund ihrer geringen Anzahl vorwiegend den Dienststellen bekannt, die ein Rechtsetzungsprojekt erarbeiteten, zu dem ein Verträglichkeitstest erstellt wurde. Grundsätzlich scheinen sich die Kenntnisse über alle drei Instrumente vorwiegend auf die Stufe der Ämter und Dienststellen zu beschränken. In der Wahrnehmung der durch die PVK Befragten wird insbesondere auf der Stufe des Bundesrates der Bekanntheitsgrad der Instrumente als gering eingeschätzt.

Bei den befragten Parlamentariern hat das Forum KMU den grössten Bekanntheitsgrad, während die anderen beiden Instrumente weniger im Bewusstsein verankert sind. Die Sekretariate der Legislativkommissionen kennen die drei Instrumente schlecht und berücksichtigen sie dementsprechend auch nicht in den Sitzungsdokumentationen. Ganz allgemein wird festgestellt, dass die drei Instrumente bei den Zielpersonen zu wenig bekannt sind.

Aus Sicht der GPK-N ist es unumgänglich, dass der Bekanntheitsgrad aller drei KMU-Tests sowohl in der vorparlamentarischen wie auch in der parlamentarischen Phase wesentlich verbessert wird. Soll den Tests die nötige Bedeutung zukommen, so ist es wichtig, dass sowohl der Bundesrat wie auch die zuständigen Legislativkommissionen die Resultate nicht nur aggregiert in Form eines Kapitels über die volkswirtschaftlichen Auswirkungen in der Botschaft zu einer Vorlage bekommen, sondern auch in der detaillierten ursprünglichen Form erhalten.

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Empfehlung 1 Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates lädt den Bundesrat ein, der besonderen Bedeutung der KMU für die schweizerische Volkswirtschaft Rechnung zu tragen, indem er sich bei der Beratung eines Gesetzesvorentwurfs oder eines Verordnungsentwurfs auch über die Resultate der im konkreten Fall durchgeführten KMU-Tests informieren lässt. Bei der Überweisung eines Gesetztesentwurfs und der dazugehörigen Botschaft an das Parlament sind die KMU-Tests zuhanden der zuständigen Legislativkommissionen beizulegen.

2.2

Nutzung der KMU-Tests im politischen Entscheidungsprozess

2.2.1

Vorparlamentarische Phase

Die vorparlamentarische Phase der Gesetzgebung ist von grundlegender Bedeutung, steht doch an ihrem Ende ein ausgearbeiteter Gesetzesentwurf. Im Verlaufe der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs sollten deshalb möglichst früh und bei jedem wichtigen Zwischenschritt die Auswirkungen auf die KMU mitberücksichtigt werden. Nur so kann aus Sicht der GPK-N den Anliegen der KMU optimal Rechnung getragen werden.

Die PVK stellt fest, dass die RFA in der Regel erst kurz vor Abschluss der vorparlamentarischen Phase, nämlich bei der Schlussredaktion der bundesrätlichen Botschaft, durchgeführt wird und zum entsprechenden Kapitel über die volkswirtschaftlichen Auswirkungen in der Botschaft führt. In seltenen Fällen wurde die RFA auch den Vernehmlassungsunterlagen beigelegt. Nur ein Mal erfolgte eine RFA schon auf Stufe der Expertenkommission. Bei der Ämterkonsultation fehlt die RFA normalerweise.

Auch beim Instrument des Forums KMU stellte die PVK fest, dass die Stellungnahmen des Forums in der Regel zwar geschätzt werden, jedoch im Entscheidungsprozess auch oft zu spät erfolgen.

Die Verträglichkeitstests können erst erstellt werden, wenn ein Gesetzes- oder Verordnungsentwurf ausreichend bestimmt ist. Deshalb kann der Verträglichkeitstest sinnvollerweise erst auf der Basis der Vernehmlassungsvorlage erfolgen. Allfällige Erkenntnisse des Verträglichkeitstests können bei der Einarbeitung der Vernehmlassungsergebnisse berücksichtigt werden, wobei die drei Monate Vernehmlassungsfrist dem Verträglichkeitstest einen engen Zeitrahmen stecken.

Obwohl die Departementsleitung und der Bundesrat im vorparlamentarischen Verfahren zu verschiedenen Zeitpunkten konsultiert werden müssen und sie auch Entscheidungen zu fällen haben (z. B. das Departement über den Antrag des Bundesamtes zum Vorentwurf oder der Bundesrat über die Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens), stellte die PVK bei ihrer Umfrage fest, dass die KMU-Tests weder auf der Stufe der Departementsleitung noch des Bundesrates diskutiert werden.

Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass die RFA in der Regel viel zu spät erfolgt, nämlich erst wenn der Gesetzesentwurf mehr oder weniger fertiggestellt ist.

Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD)hat zwar eine Empfehlung 3222

abgegeben, welche die Ämter auffordert, eine RFA zur Vernehmlassungsvorlage und eine definitive RFA zur Schlussfassung des Gesetzesentwurfs durchzuführen Solange diese Empfehlung nicht konsequent umgesetzt wird, bleibt das Problem jedoch bestehen. Verträglichkeitstests sollten idealerweise auf der Vernehmlassungsvorlage erfolgen und im Rahmen der Verarbeitung der Vernehmlassungsresultate berücksichtigt werden. Soweit möglich sollten auch die Feststellungen des Forums KMU zu diesem Zeitpunkt miteinbezogen werden. Das Ergebnis eines Verträglichkeitstests wie auch allfällige Schlussfolgerungen des Forums KMU sollten auf jeden Fall in der definitiven RFA beziehungsweise im Kapitel der Botschaft zu den volkswirtschaftlichen Auswirkungen des Entwurfs ausgewiesen werden.

Den zweiten grossen Systemmangel in der heutigen Praxis sieht die GPK-N in der fehlenden Diskussion auf Stufe der Departementsleitung und des Bundesrates.

Empfehlung 2 Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates fordert den Bundesrat auf, Weisungen zu erlassen, damit die RFA in zwei Schritten durchgeführt wird. Die Ergebnisse der ersten RFA sind dem Vernehmlassungsdossier beizufügen und auch im Rahmen der Ämterkonsultation systematisch zur Verfügung zu stellen.

Zur definitiven Fassung des Gesetzesentwurfs ist gegebenenfalls eine neue aktualisierte RFA durchzuführen.

Empfehlung 3 Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates fordert den Bundesrat auf, die KMU-Tests besser zu koordinieren. Verträglichkeitstests sollten auf der Basis der Vernehmlassungsvorlage erfolgen, so dass deren Resultate wie auch allfällige Schlussfolgerungen des Forums KMU möglichst noch bei der Verarbeitung der Vernehmlassungsergebnisse berücksichtigt werden können. Sowohl die Schlussfolgerungen des Verträglichkeitstests wie auch des Forums KMU sind in geeigneter Form im Kapitel über die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der bundesrätlichen Botschaft aufzuführen. Der Bundesrat sollte im Weiteren alle notwendigen Massnahmen ergreifen, damit die mit der Ausarbeitung von Erlassen betrauten Ämter die KMU-Tests frühzeitig und besser nutzen.

Empfehlung 4 Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates fordert den Bundesrat auf, den Resultaten der KMU-Tests schon frühzeitig auf Stufe Departementsleitung und Bundesrat genügend Beachtung zu schenken und ihnen dadurch eine Steuerungswirkung zu verleihen.

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2.2.2

Parlamentarische Phase

Die PVK stellte fest, dass für die Mehrheit der befragten Parlamentarier die RFA und das Kapitel über die volkswirtschaftlichen Folgen in den Botschaften und in den Kommissionsberichten zu parlamentarischen Initiativen eine Informationsquelle darstellen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Vorlagen scheinen im Parlament jedoch mehrheitlich nicht im Vordergrund zu stehen.

Die Nutzung der Stellungnahmen des Forums KMU durch das Parlament ist bescheiden. Nur ein kleiner Prozentsatz der Stellungnahmen wurde direkt der zuständigen Legislativkommission zugesandt. Noch nie wurde ein Vertreter des Forums KMU in einer parlamentarischen Kommission befragt. Andererseits zeigte sich bei befragten Parlamentariern eine gewisse Enttäuschung über das Forum KMU. Teilweise wird die Transparenz des Forums oder eine jährliche Bilanz vermisst. Die Vermutung liegt nahe, dass das Forum mit seinen Stellungnahmen nicht bis zu den Parlamentariern vorstösst und diese deshalb auch keine grosse Beachtung finden.

Ganz allgemein ergab die Textanalyse der PVK von Kommissions- und Plenarprotokollen, dass die KMU-Tests in den Kommissionen mehr genannt werden als in den Ratsdebatten. Der Argumentation dienen sie nur in den Kommissionen. In der Wahrnehmung aller befragten Personen werden die KMU-Tests im Parlament kaum genutzt. Diese Feststellung ist kongruent mit den Ausführungen des ersten Kapitels, wonach der Bekanntheitsgrad der KMU-Tests auch im Parlament gesteigert werden sollte. Schliesslich dürften auch die weiter hinten noch zu behandelnden qualitativen Aspekte der KMU-Tests einen Einfluss auf die Nutzung haben.

Diese Situation vermag nicht zu befriedigen. Auch das Parlament sollte sich systematischer mit den Auswirkungen seiner Arbeit auf die KMU auseinandersetzen. Die KMU-Tests sollten den jeweiligen Kommissionen im Rahmen der Vorberatung der Vorlagen systematisch zugestellt werden. Ebenso wird aus Sicht der GPK-N die Möglichkeit, Vertreter des Forums KMU beizuziehen, durch die Legislativkommissionen noch zu wenig genutzt.

2.3

Einfluss der KMU-Tests

Die PVK musste feststellen, dass der Einfluss der KMU-Tests auf den Entscheidungsprozess schwierig zu messen ist. Sie versuchte deshalb, den Einfluss über die Befragung der Akteure einzuschätzen, und kam zum Resultat, dass der Einfluss der KMU-Tests aus verschiedenen Gründen sowohl im vorparlamentarischen wie auch im parlamentarischen Verfahren mehrheitlich als sehr gering eingeschätzt wird. Am besten schnitt noch die RFA ab, wobei wie vorne schon angetönt, die RFA aufgrund ihres späten Erstellungszeitpunkts keine Steuerungswirkung im vorparlamentarischen Verfahren entfalten kann. Beim Verträglichkeitstest sahen einige der Befragten einen gewissen Einfluss im Rahmen der Feinabstimmung von Regulierungen, d.

h. vor allem auf Verordnungsstufe. Dem Forum KMU wird kaum Einfluss zugesprochen.

Nebst den direkten Auswirkungen, die ­ wie dargelegt ­ gering sind, könnten die KMU-Tests aber auch indirekt Einfluss ausüben, indem sie die Kommunikation zwischen den Akteuren verändern und als eine der möglichen Informationsquellen herangezogen werden. Dieser indirekte Einfluss ist jedoch fraglich. Die PVK hielt 3224

aufgrund der Umfrageergebnisse fest, dass die Verwaltung durch die KMU-Tests nicht vermehrt für die Interessen der KMU und der Wirtschaft sensibilisiert ist.

Auch im Parlament haben die KMU-Tests nicht zu einer verstärkten Berücksichtigung der Interessen der KMU und der Volkswirtschaft geführt. Gerade in diesen Bereichen liegt jedoch aus Sicht der GPK-N der Hauptzweck der KMU-Tests.

2.4

Verbesserung der Qualität der KMU-Tests

Ein Aspekt, der sowohl auf den Bekanntheitsgrad, wie auch auf die Nutzung der Tests und damit auf ihren Einfluss einwirkt, ist die Qualität der KMU-Tests. Das aufgrund der Umfrage von der PVK gezeichnete Bild der Qualität vermag nicht zu befriedigen. Diese Feststellung wird durch eine vom seco durchgeführte Studie zur Qualität der RFA gestützt3. Die nicht immer ausreichende Qualität der KMU-Tests dürfte für den geringen Bekanntheitsgrad, die bescheidene Nutzung und den fehlenden Einfluss mitverantwortlich sein.

Die Erkenntnisse der PVK lassen den Schluss zu, dass eine Verbesserung der Qualität der RFA wie auch der Verträglichkeitstests erzielt werden könnte, wenn die Departemente und Ämter den Tests systematisch eine grössere Bedeutung beimessen und entsprechend auch Ressourcen einsetzen würden. Dies würde insbesondere auch bedeuten, dass das seco beim Erstellen von Verträglichkeitstests konsequent durch die jeweiligen Fachämter zu unterstützen wäre. Durchgeführte RFA und Verträglichkeitstests sollten zudem im Rahmen des Qualitätsmanagements eine gewisse Zeit nach der Inkraftsetzung der jeweiligen Erlasse stichprobenweise auf ihre Richtigkeit überprüft werden, um so Rückschlüsse für weitere Verbesserungen der KMU-Tests ziehen zu können.

Obwohl dies bei Verordnungen nicht umgesetzt wird, empfehlen die Richtlinien des Bundesrates, dass bei allen Gesetzen und Verordnungen eine RFA durchzuführen sei. Angesichts der knappen Ressourcen und der unterschiedlichen wirtschaftlichen Tragweite der Erlasse ist aus Sicht der GPK-N der Umfang der Abschätzungen wie auch die Durchführung der anderen zwei KMU-Tests schon in einem frühen Verfahrensstadium zu differenzieren. Nur so kann ein gezielter Ressourceneinsatz erfolgen.

Bei Erlassentwürfen mit potentiell grossen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und die KMU ist auch gemäss den Umfrageresultaten der PVK die Durchführung aller drei KMU-Tests zu begrüssen, da dadurch der Nutzen der Tests vergrössert wird.

Das seco hat verschiedene Massnahmen getroffen, um die mit der Durchführung von RFA betrauten Ämter zu unterstützen und zu beraten. Nicht in allen Fällen ist jedoch der Einfluss des seco gleich gross. Aus Sicht der GPK-N müsste deshalb geprüft werden, ob der Einfluss des seco bei der Erstellung der RFA nicht verstärkt werden sollte. Es müsste so als
Kompetenzzentrum des Bundes einen Minimalstandard und eine Schlusskontrolle der RFA gewährleisten können. Durch entsprechende Massnahmen könnte das seco ebenfalls das teilweise in den Ämtern fehlende ökonomische Fachwissen einbringen. Eine solche Funktion würde einen entsprechenden Ressourceneinsatz seitens des seco bedingen. Das seco soll nach Auffassung der GPK-N das departements- oder amtsinterne Qualitätsmanagement zu den RFA nur ergänzen und nicht ersetzen.

3

Vgl. seco, Die Messung der Qualität der Regulierungsfolgenabschätzung, 2004.

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Empfehlung 5 Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates fordert den Bundesrat auf, aufgrund der Erkenntnisse der PVK-Studie wie auch der Studie des seco zu den RFA Massnahmen zur Verbesserung der Qualität der RFA und der Verträglichkeitstests zu ergreifen. Insbesondere sind fachliche Synergien bei der Erstellung von Verträglichkeitstests auch departementsübergreifend zu nutzen.

Beim Forum KMU stellte die PVK fest, dass sich die Glaubwürdigkeit und die Unabhängigkeit des Forums noch etablieren muss. Allenfalls könnte eine Verbesserung durch konkrete Stellungnahmen erzielt werden, wobei dem Einfluss des Forums KMU heute aber auch durch seinen Sitzungsrhythmus Grenzen gesetzt werden.

Wichtig erscheint der GPK-N ebenfalls, die Ämter systematisch bezüglich der Notwendigkeit und des potentiellen Nutzens der KMU-Tests zu sensibilisieren und dadurch deren Akzeptanz zu verbessern. Dies könnte beispielsweise über eine Schulung der Mitarbeitenden der Ämter, welche an einem Gesetz- oder Verordnungsgebungsprojekt arbeiten, geschehen. Da sich die Ämter manchmal in einem Interessenskonflikt zwischen den im Gesetzgebungsprojekt zu realisierenden Zielen und dem Ergebnis der RFA befinden, erachtet die GPK-N es alternativ als prüfenswert, die Federführung aller RFA beim seco anzusiedeln. Eine andere Möglichkeit wäre, die Durchführung der RFA auf Stufe der Generalsekretariate anzusiedeln.

Empfehlung 6 Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates fordert den Bundesrat auf, Massnahmen für eine grössere Sensibilisierung der Ämter betreffend die KMUTests zu treffen. Ebenso ist die systematische Durchführung der RFA durch das seco (Federführung) oder durch RFA-Spezialisten auf Stufe der Generalsekretariate zu prüfen.

Aus Sicht der GPK-N sollten sich alle drei KMU-Tests konkreter auf die einzelnen Artikel der Erlassentwürfe beziehen und ­ soweit möglich ­ auch Alternativen mit den jeweiligen wirtschaftlichen Auswirkungen aufzeigen.

3

Fazit

Die PVK hat festgestellt, dass eine beträchtliche Differenz zwischen den Absichten der politischen Akteure und ihren Handlungen bezüglich der Berücksichtigung der allgemeinen wirtschaftlichen Auswirkungen und der Auswirkungen auf die KMU existiert. Es erfolgt keine systematische Behandlung dieser Themen. Die KMUTests sind als Instrumente grundsätzlich geeignet, um die Akteure vermehrt für die KMU-Problematik zu sensibilisieren, doch müssen sie inhaltlich wie auch in ihrer Ausgestaltung noch weiter verbessert und konsequenter auf die betroffenen Akteure und die spezifischen Verfahren der Gesetz- und Verordnungsgebung ausgerichtet werden.

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Zwar kosten die KMU-Tests in der heutigen Form nicht viel, doch ist auch ihr Nutzen sehr bescheiden. Diese Situation vermag nicht zu befriedigen. Es muss danach getrachtet werden, sie zu verbessern und dadurch ihren Einfluss zu verstärken. Die Empfehlungen der GPK-N sollen dazu einen Beitrag leisten.

Zentrales Anliegen der GPK-N ist die Sensibilisierung der Akteure für die Anliegen der KMU. Auch wenn der Einsatz der Instrumente in Zukunft früher erfolgen sollte, so bleibt er trotzdem punktuell. Sinn der KMU-Tests ist es jedoch auch, die an der Erarbeitung einer Gesetzes- oder Verorndungsvorlage beteiligten Personen, insbesondere in der vorparlamentarischen Phase, für die Besonderheiten der KMU zu sensibilisieren. Mit anderen Worten, diese Personen sollten in jeder Phase der Erarbeitung eines Erlassentwurfs auch mögliche Auswirkungen auf die KMU berücksichtigen. Diese Denkweise wäre ebenso im Parlament und insbesondere in den Kommissionen bei der Behandlung von Vorlagen zu verstärken.

Die GPK-N bittet den Bundesrat bis Ende November 2005 zur ihren Feststellungen Stellung zu nehmen.

20. Mai 2005

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Der Präsident: Hugo Fasel, Nationalrat Die Präsidentin der Subkommission EFD/EVD: Brigitta M. Gadient, Nationalrätin Der Sekretär der Subkommission EFD/EVD: Christoph Albrecht

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