Die Verteidigungsattachés Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 23. Mai 2006 Stellungnahme des Bundesrates vom 29. September 2006

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 23. Mai 2006 der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates zum schweizerischen Verteidigungsattachédienst nehmen wir nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. September 2006

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2006-1923

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Zusammenfassung Mit Bericht vom 23. Mai 2006 empfahl die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) dem Bundesrat, das heutige System der Verteidigungsattachés (VA) hinsichtlich Aufgaben, Organisation, Effizienz, Zweckmässigkeit und sicherheitspolitischem Nutzen der Schweiz auf internationaler Ebene zu überprüfen und darüber Bericht zu erstatten.

In der vorliegenden Stellungnahme hält der Bundesrat fest, dass der Verteidigungsattachédienst (VA-Dienst) zur Wahrnehmung bilateraler Interessen ausserhalb jeglichen Bündnisrahmens unverzichtbar ist. Im Rahmen der Strategie «Sicherheit durch Kooperation» stellen die VA ein krisenresistentes Netzwerk ausserhalb von NATO und EU sicher, leisten Beiträge zu Lagebeurteilung und Entscheidfindung auf strategischer Stufe und vertreten VBS und Armee im Ausland. Sie ergänzen durch ihr Fachwissen sowie ihr spezifisches Beziehungsnetz die Leistungen des diplomatischen Vertretungsnetzes und tragen so zu einem kohärenten und selbstbewussten Auftritt der Schweiz im Gastland bei. Die Akkreditierung gewährleistet jederzeit den institutionalisierten Zugang zu Sicherheitsinstitutionen des Gastlandes. Diese direkten Kontakte können durch Dritte nicht eingebracht werden. Das Dispositiv orientiert sich an Dichte und Bedeutung der Beziehungen unserer Armee mit den Streitkräften anderer Staaten, der strategischen Rolle anderer Staaten für die schweizerische Sicherheit sowie an den nachrichtendienstlichen Bedürfnissen. Die Beurteilung des Dispositivs erfolgt laufend, eine Prioritätensetzung ist auch aus Ressourcenüberlegungen unumgänglich. Die Führung der VA wird in Gesamtverantwortung seit 2002 durch den Chef Internationale Beziehungen im Stab des Chefs der Armee wahrgenommen. Diesem steht zur Koordination aller strategischen Fragen der Steuerungsausschuss und für die einsatzorientierte Steuerung und administrative Führung der Bereich Einsatz VA zur Verfügung. Selektion und Ausbildung haben sich bewährt, werden laufend überprüft und bei Bedarf neuen Anforderungen angepasst. Bei der Laufbahnplanung werden seit Beginn 2006 Verbesserungsmassnahmen umgesetzt.

In der Gesamtbeurteilung hält der Bundesrat fest, dass angesichts der komplexen und diffusen Sicherheitslage der bestehende VA-Dienst zu festigen ist. Der Bericht der GPK-N wie auch eigene Feststellungen und
Bewertungen haben Handlungsbedarf in folgenden Bereichen erkennen lassen: Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten, Steuerungsmassnahmen des VA-Dienstes, Dispositiv und Akkreditierungen sowie Qualitätssicherung.

Der Bundesrat wird die Kontrolle der Umsetzung der eingeleiteten und beauftragten Massnahmen bis Ende 2007 vornehmen und in geeigneter Form kommunizieren.

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Stellungnahme des Bundesrates 1

Einleitung

Mit Bericht vom 23. Mai 2006 hat die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) ihre Beurteilung des Dienstes der schweizerischen Verteidigungsattachés (VA) veröffentlicht. Der Bericht basiert auf den Ergebnissen einer eingehenden Überprüfung, welche durch die Subkommission EDA/VBS der GPK-N vorgenommen worden war. Darin empfahl sie dem Bundesrat, das «heutige System der Verteidigungsattachés (VA) hinsichtlich Aufgaben, Organisation, Effizienz, Zweckmässigkeit und sicherheitspolitischem Nutzen der Schweiz auf internationaler Ebene zu überprüfen und darüber Bericht zu erstatten». Dabei seien sämtliche Bereiche der Sicherheitspolitik einzubeziehen, die Tätigkeit und Mittel im Ausland darzustellen, eine zweckmässige Organisation vorzuschlagen und das Berufsbild zu stärken.

Der Bundesrat hat von diesem Bericht sowie den Empfehlungen der GPK-N Kenntnis genommen. Er hat die zuständigen Instanzen des VBS beauftragt, zusammen mit den wichtigsten Leistungsbezügern des VBS und des EDA das bestehende System im Lichte der Empfehlungen des Berichtes umfassend zu überprüfen.

Dabei ist festzuhalten, dass verschiedene im Bericht der GPK-N ausgewiesene Mängel und Schwachstellen bereits in den letzten Jahren erkannt wurden und seit Anfang dieses Jahres Lösungen in Bearbeitung oder in der Umsetzung begriffen sind.

Im Folgenden werden Bedeutung und Nutzen des VA-Dienstes für die Schweiz unter Berücksichtigung der gegenwärtigen sicherheitspolitischen Gegebenheiten, Aufgaben und Leistungen des Systems sowie Anforderungen an dessen Steuerung aufgezeigt. Basierend auf den Empfehlungen der GPK-N werden spezifische Themenbereiche besonders beurteilt und die Folgerungen bezüglich Optimierungsmöglichkeiten gezogen.

2

Der schweizerische Verteidigungsattachédienst

2.1

Sicherheitspolitische Ausgangslage

Die heutigen sicherheitspolitischen Gegebenheiten haben sich seit dem Ende des Kalten Krieges grundlegend verändert. Die Herausforderungen sind global und entstehen sprunghaft, Bedrohungen sind grenzüberschreitend und diffus. Kooperation auf internationaler und nationaler Ebene ist deshalb unumgänglich geworden.

Der Sicherheitspolitische Bericht 2000 hat aus den Veränderungen die Folgerungen gezogen und mit der Strategie «Sicherheit durch Kooperation» die schweizerische Antwort darauf gegeben.

Professionelle Informations- und Nachrichtenbeschaffung, Sicherheitskooperation sowie globale Vernetzung sind angesichts der Dynamik der Entwicklungen und der Unbestimmtheit der Lage zu wichtigen Säulen der sicherheitspolitischen Instrumente geworden. Heute werden nicht mehr dem Nachrichtendienst allein untergeordnete VA dazu gebraucht, die Anzahl Divisionen des potenziellen militärischen 8711

Gegners zu eruieren, heute sind die VA als Sensoren und Ansprechpersonen der Zentrale vor Ort sowie als Mitglieder unserer Botschaften für ein breites Spektrum von Sicherheitsfragen unersetzlich geworden. Dies gilt umso mehr, als die Schweiz als Nicht-Mitglied der EU und der NATO auf ein eigenes Informations- und Kontaktnetz angewiesen ist.

2.2

Aufgaben und Leistungen

Die VA haben unter den heutigen Bedingungen folgende Leistungen zu erbringen:

2.2.1

Beiträge zur Lagebeurteilung und Entscheidfindung

Beiträge zur strategischen Lagebeurteilung und Entscheidfindung Als die sicherheitspolitischen und militärischen Expertinnen und Experten, Spezialisten und Kenner ihres Einsatzgebietes vor Ort sind die VA Informationsbeschaffer und Sensoren zu Gunsten der Entscheidträger in der Zentrale (VBS und andere Departemente, insbesondere das EDA) und zu Gunsten des Missionschefs oder der Missionschefin. In Kenntnis der Bedürfnisse der Zentrale nehmen sie die relevante Triage in der Informationsmasse und die Erstbeurteilung vor.

Leistungserbringung zu Gunsten der Nachrichtendienste des VBS (SND, MND, LWND) Die VA erbringen im Rahmen des Völkerrechts nachrichtendienstliche Leistungen in einem nicht öffentlich zugänglichen Umfeld des Auslandes und sind dadurch für die Nachrichtendienste ein unentbehrliches Instrument. Mittels der engen fachdienstlichen Steuerung durch den dafür zuständigen Strategischen Nachrichtendienst (SND) sowie des ständigen Informationsaustausches mit den entsprechenden Expertinnen und Experten wird die Informationsgewinnung und Lagebeurteilung zielgerichtet unterstützt.

Unterstützung und Beratung des Missionschefs oder der Missionschefin Die VA unterstützen den Missionschef oder die Missionschefin, der oder die für die integrale Interessenvertretung und die Gesamtberichterstattung verantwortlich ist.

Die Komplexität der Lagen erfordert Aufgabenteilung. Der Zugang der VA zu den spezifischen Sicherheitssektoren des Gastlandes sowie der Seitenakkreditierungen (vgl. Ziff. 3.4) ergänzt die Informationsquellen und die Kontaktstellen der Botschaft.

In Krisenfällen sind die VA eine unersetzliche operationelle Unterstützung für die Botschafterinnen und Botschafter.

Aufbau, Betreuung und Konsolidierung eines krisenresistenten Netzwerks Als Nicht-Mitglied von EU und NATO braucht die Schweiz ihr eigenes krisenresistentes Netzwerk. Die Funktionsfähigkeit dieses Netzes in allen Lagen kann nur durch die Akkreditierung gewährleistet werden, kraft derer der Zugang zu den relevanten Stellen in den Akkreditierungsstaaten institutionalisiert ist.

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2.2.2

Vertretung des VBS und der Schweizer Armee

Die VA sind die Verbindungspersonen zwischen dem VBS, der Armee und den entsprechenden Ministerien und Streitkräften des Gastlandes. Diese Rolle ist in jenen Staaten und für diejenigen Bereiche unumgänglich, in denen die Zusammenarbeit notwendig geworden ist.

Ausbildung der Armee Die VA generieren und beurteilen Optionen zur Ausbildung von Fähigkeiten, für die es in der Schweiz entweder keine Erfahrungswerte oder Lehrgänge gibt oder durch veränderte zivilisationsbedingte Umweltfaktoren die praktische Ausbildung ausserhalb von Simulatoren nicht mehr möglich ist. Während der Dauer des Ausbildungsaufenthaltes schweizerischer Armeeangehöriger trägt der oder die VA für diese die Verantwortung gegenüber dem Akkreditierungsstaat.

Unterstützung von Einsätzen zur Katastrophenhilfe, Assistenzdienst und militärische Friedensförderung Die VA haben die zentrale Rolle eines durch die Entscheidträger in der Schweiz direkt steuerbaren Frühwarnsystems für Veränderungen in diesem Bereich. Sie sind die operationellen Akteure von VBS und Armee vor Ort. Sie beschaffen zeit- und bedarfsgerecht Informationen, Lagebild und -beurteilung, stellen Verbindungen her und fungieren als nationale Verbindungsoffiziere.

Unterstützung der Direktkontakte des Departements und der Armeeführung Die VA betreuen die Vorbereitung, Durchführung und Nachbearbeitung der Auslandkontakte des Departementsvorstehers oder der Departementsvorsteherin, des Chefs der Armee und seiner Unterstellten, der Direktion für Sicherheitspolitik, der armasuisse, der Vertreter und Vertreterinnen der andern Departementsbereiche und nicht zuletzt auch parlamentarischer Delegationen. Die VA bearbeiten und betreuen kontinuierlich die bilateralen Beziehungen des VBS und gewährleisteen deren Kohärenz.

Steuerung und Unterstützung der Stabsgespräche zur bilateralen Sicherheitsund Streitkräftekooperation Bei den institutionalisierten Stabsgesprächen koordinieren die VA die bilateralen Kooperationspläne, tragen zur Festlegung der Agenda bei und überwachen vor Ort Umsetzung und Nachbereitung.

Unterstützung der bi- und multilateralen Sicherheitskooperation im Rahmen der schweizerischen «Defence Diplomacy» Die VA begleiten, beurteilen und überprüfen die Durchführung der bi- und multilateralen Zusammenarbeitsprojekte, mit welchen die Schweiz im Rahmen ihrer bi- und
multilateralen «Defence Diplomacy» unter anderem Projekte der Regionalen Militärischen Kooperation (RMK) abwickelt oder von OSZE und NATO lancierte «Trust Funds» mitfinanziert.

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Weiterentwicklung der Armee Als Kenner der Sicherheitspolitik und der Streitkräfte des Gastlandes tragen die VA zur Weiterentwicklung unserer Sicherheitspolitik und Streitkräfteentwicklung bei.

Sie informieren, wie das Gastland Themen angeht, die bei uns Kontroversen auslösen, und wie es seine Streitkräfte einsetzt und ausbildet.

Repräsentantinnen und Repräsentanten der Schweizer Armee Die VA vertreten die Schweizer Armee in ihren Gastländern und sorgen ­ wo möglich mit ihren Partnerinnen und Partnern ­ für deren gutes Image.

2.3

Führung, Organisation und Berufsbild

Die Gesamtverantwortung wird seit 2002 durch den Chef Internationale Beziehungen im Stab des Chefs der Armee wahrgenommen.

Seit Anfang 2006 werden alle strategischen Fragen bezüglich Gesamtkorps, Ausrichtung und Personalmanagement im regelmässig tagenden Steuerungsausschuss erörtert. Diesem vom Chef Internationale Beziehungen geleiteten Gremium gehören der Direktor oder die Direktorin des Strategischen Nachrichtendienstes sowie der Direktor oder die Direktorin der Direktion für Sicherheitspolitik an. Bei Bedarf und für die Behandlung spezifischer Fragen wie jener des Vertretungsnetzes werden auch andere Stellen wie das EDA und das SECO beigezogen.

Die einsatzorientierte Steuerung sowie die administrative Führung werden durch den Bereich Einsatz VA wahrgenommen. Deren Chef leitet im 2004 geschaffenen Tasking-Ausschuss unter Beizug der Hauptleistungsbezüger die einsatzbezogene Beauftragung der VA.

Im Rahmen dieser einheitlichen Leitungsstruktur sind die Hauptleistungsbezüger für ihren Fachbereich verantwortlich. Der SND nimmt die nachrichtendienstliche Führung auch zu Gunsten des Militärischen und Luftwaffennachrichtendienstes wahr.

Am Einsatzort sind die VA dem Missionschef oder der Missionschefin, als bevollmächtigten Vertretern des Gesamtbundesrates, unterstellt. Die Weisungen für die operationellen Tagesgeschäfte erhalten die VA jedoch direkt aus dem VBS. Der Missionschef bzw. die Missionschefin ist für die Gesamterscheinung der Mission nach aussen verantwortlich. Das Personal des VA-Postens untersteht auch in dieser Beziehung dem Missionschef oder der Missionschefin. Gegenüber dem Missionschef oder der Missionschefin besteht grundsätzlich eine Informationspflicht. Der Missionschef bzw. die Missionschefin hat auch Zugang zur gesamten Berichterstattung der VA. Einzelne nachrichtendienstlich sensitive Berichte werden von den VA jedoch direkt an die zuständige Stelle in Bern (SND) weitergeleitet.

Das Dispositiv und die Akkreditierungen ergeben sich aus folgenden Kriterien: 1.

Dichte und Bedeutung der Beziehungen unserer Armee mit den Streitkräften anderer Staaten.

2.

Strategische Rolle anderer Staaten für die schweizerische Sicherheit, für deren Beurteilung die militärpolitischen Aspekte besondere Bedeutung haben und von der diplomatischen Vertretung allein nicht abgedeckt werden können.

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3.

Nachrichtendienstliche Bedürfnisse. Die Beurteilung erfolgt laufend, eine Prioritätensetzung ist auch aus Ressourcenüberlegungen unumgänglich.

Rekrutierung, Selektion, Assessment und Ausbildung werden in professionellen Verfahren durchgeführt, welche durch den Steuerungsausschuss beaufsichtigt werden. Zur Entscheidfindung werden zudem noch das EDA sowie Verantwortliche aus dem Personalbereich beigezogen.

3

Beurteilung und Bewertung

3.1

Nutzen des Verteidigungsattachédienstes

Angesichts der Dynamik der gegenwärtigen sicherheitspolitischen Entwicklungen und der diffusen und komplexen Bedrohungslage sind effiziente Informations- und Kontaktnetze von vorrangiger Bedeutung. Vertrautheit mit Situation und Akteuren vor Ort ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass Informationen im Hinblick auf Beurteilung, Entscheidung und namentlich auf das Treffen von Massnahmen und die Durchführung von Aktionen oder Operationen für die Zentrale gewinnbringend sind.

Dies kann nur durch kompetente Präsenz vor Ort gewährleistet werden, welche über ein krisenresistentes Netzwerk verfügt, das den übrigen Angehörigen der Mission in der Regel nicht oder nur teilweise zugänglich ist. Für den Bundesrat ist deshalb der VA-Dienst ein unverzichtbares Instrument. Dieses wird durch Verbesserung der Professionalität des Personals, durch Priorisierung der Einsatzgebiete und Aufgaben sowie durch klare Führung und Organisation gestärkt.

Für den Bundesrat sind folgende Elemente zentral: ­

Die VA sind ein wichtiges Mittel der Schweiz in sicherheitspolitischen und militärischen Fragen. Sie ergänzen durch ihr Fachwissen sowie ihr spezifisches Beziehungsnetz die Leistungen des diplomatischen Vertretungsnetzes und tragen so zu einem kohärenten und selbstbewussten Auftritt der Schweiz im Gastland bei.

­

Die Akkreditierung gewährleistet jederzeit den institutionalisierten Zugang zu den Sicherheitsinstitutionen, namentlich zu Verteidigungsministerium und Streitkräften des Gastlandes. Damit ist die Krisenresistenz des Verbindungsnetzes sichergestellt, das vor allem in Krisensituationen, aber auch für die regelmässige sicherheitspolitische Informationsbeschaffung und Zusammenarbeit unerlässlich ist. Dies hat sich gerade im jüngsten Libanonkonflikt zur Unterstützung schweizerischer Evakuations- und Unterstützungsmassnahmen sehr bewährt. Auch hat das Netzwerk des betreffenden VA die für die Unterstützung mit Helikoptern in der Tsunami-Katastrophe zwingende Kooperation mit einem Partner (Frankreich) unverzüglich ermöglicht.

­

Persönliche Kontakte zu Streitkräfteplanungs- und Einsatzplanungsstäben der Akkreditierungsstaaten, Kontakte unter Spezialistinnen und Spezialisten, dazu gehören auch die Kontakte innerhalb des jeweiligen VA-Korps, erhöhen die Verlässlichkeit und Qualität der Beurteilung, welche durch Dritte nicht eingebracht werden können.

­

Diese Leistungen können zeit-, inhalts- und bedürfnisgerecht nur durch einen vor Ort akkreditierten und in der Region residierenden VA oder eine 8715

solche VA erbracht werden. Eine Aufhebung des VA-Dienstes hätte den weitgehenden Verlust dieser mehrwertgenerierenden Leistungen zur Folge und würde insbesondere ein krisenresistentes Netzwerk zerstören, welches nur über längere Zeit wieder aufgebaut werden könnte. Lediglich Teilaspekte könnten unter entsprechend zusätzlichem Ressourcenaufwand allenfalls auch mit Diplomatinnen und Diplomaten oder durch Mittel der Nachrichtendienste wahrgenommen werden. In der Gesamtressourcenbilanz ­ auch unter dem Aspekt der Kosten/Nutzenbetrachtung ­ erbringen die VA deshalb weiterhin die beste Leistung.

3.2

Führung

Die oben dargestellte neue Regelung der Führung durch den Chef Internationale Beziehungen hat sich bewährt. Von der GPK erwähnte Lücken und Schwächen sind erkannt und werden bereits seit Anfang 2006 aktiv angegangen. Die bisherigen Erfahrungen mit dem strategischen Steuerungsausschuss sowie dem einsatzorientierten Tasking-Gremium sind positiv. Durch die personelle Besetzung des bisher vakanten Dossiers «inhaltliche Steuerung» kann, nach der nötigen Einarbeitungszeit, mit einer Verbesserung in diesem wichtigen Bereich gerechnet werden.

Insbesondere geht es darum, unter Leitung des Chefs Internationale Beziehungen: ­

Die eingesetzten Steuerungsgremien zu konsolidieren.

­

Die Zuständigkeiten zwischen der Führung und den fachverantwortlichen Hauptleistungsbezügern abschliessend zu regeln.

­

Die Steuerung und Beauftragung der VA gesamthaft wie individuell lageund interessengerecht zu optimieren.

­

Die auftragsbezogene Nachbereitung und Kommunikation im Zusammenwirken zwischen der Zentrale und den VA zu verbessern.

­

Zur Stärkung und einheitlichen Ausrichtung des Gesamtkorps dient vor allem die jährliche VA-Konferenz, welche, angelehnt an die Botschafterkonferenz des EDA, zur Synergiegewinnung durchgeführt wird.

3.3

Aufgabenteilung

Der Bundesrat erachtet die Ausrichtung der Aufgaben und Leistungen der VA auf die dargestellten Kernbereiche als weiterhin zielführend und notwendig.

Die Hauptaufgaben der VA werden sich auch in Zukunft auf die oben erwähnten Kernbereiche ausrichten. Besondere Querschnittbereiche mit neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen (z.B. Terrorismus, Technologietransfer, Proliferation usw.) werden von den VA laufend verfolgt und analysiert. Eine Ausweitung der Kernaufgaben erscheint jedoch nicht angebracht und würde zu Verzettelung und Doppelspurigkeiten führen, z.B. mit den Polizeiattachés, sowie bei den ausländischen Partnern Unverständnis auslösen.

Obwohl unterschiedliche Schwergewichte bei den einzelnen Posten bestehen, ist eine Unterscheidung in so genannte nachrichtendienstliche Posten und bilaterale Kooperationsposten wenig zielführend, weil damit suggeriert wird, dass der jeweils 8716

andere Bereich unwichtig oder gar zu vernachlässigen sei, zumal dies die volatile Entwicklung der internationalen Lage gar nicht zulässt.

Bezüglich der auch im Bericht der GPK-N aufgeworfenen Rolle der VA bezüglich schweizerischer Rüstungsexporte ist festzuhalten, dass sie hier keine eigenständige Funktion oder Aufgabenstellung zu erfüllen haben. Die VA dürfen und sollen aber im Rahmen der Wahrung der militärischen Interessen der Schweiz sowie der Umsetzung politischer Entscheide Kontakte herstellen. Die Verantwortung für Exportbewilligungen seitens der Bundesbehörden liegt beim SECO des EVD. Dank ihres spezifischen Netzwerkes können die VA nachhaltig im Rahmen von Vorabklärungen und zur Überprüfung von Exportauflagen in ihren Akkreditierungsstaaten beitragen.

3.4

Dispositiv und Akkreditierung

Das Dispositiv der VA entspricht den oben aufgeführten Kriterien. Es wird im Lichte der Entwicklung der Bedürfnisse laufend überprüft und angepasst.

Die aufgezeigten Aufgaben der VA und deren Bedeutung bezüglich Informationsgewinnung, Sicherheitskooperation und Netzwerk schliessen aus, dass sich das Dispositiv der schweizerischen VA auf Staaten mit vergleichbaren Wertesystemen beschränkt. Es geht vielmehr darum, im Bedarfsfall (Krise, Konflikt) einen flexiblen Zugang sicherzustellen, Informationsbedürfnisse in existierenden oder möglichen Krisengebieten rasch zu decken und Unterstützungsleistungen vor Ort aufzubauen.

Das System der Seitenakkreditierungen ist ein Ansatz zur Optimierung bei angespannter Ressourcenlage. Es ist ohne Zweifel für die zuständigen VA aufwendig, ist aber über klare Prioritätenregelungen zu steuern. Durch den gezielten Einsatz von stellvertretenden VA kann Aufwand und Belastung reduziert oder verteilt werden.

Im Sinne der Optimierung von Aufwand und Nutzen sind die Seitenakkreditierungen weiterhin wichtiger Bestandteil des Dispositivs. Ausserdem erlauben Seitenakkreditierungen im Falle von Krisen und internationalen Spannungen eine grosse regionale Bewegungs- und somit Handlungsfreiheit für die akkreditierten VA, auf die die Zentrale immer wieder angewiesen ist (z.B. Libanon durch den VA Ankara).

Alle diese Vorteile der Seitenakkreditierung gelten für die Option des Einsatzes von Reiseattachés nicht. Mit der Einführung der Reiseattachés, mit Basis in Bern, würde nicht nur das regionale Verständnis der VA verloren gehen, sondern auch die Nähe und somit auch das Gespür im Umgang mit dem internationalen Korps der VA.

Überdies wäre deren Verfügbarkeit vor allem im Krisenfall nicht ohne weiteres sichergestellt. Grundsätzlich kann damit auch das Ressourcenproblem nicht gelöst werden. Unter der Voraussetzung, dass der Reiseattaché in den gleichen Führungsprozess eingebunden ist, die gleiche Selektion und Ausbildung durchläuft sowie die Verfügbarkeit im Krisenfall gewährleistet sein wird, ist der Bundesrat bereit, die Einsatzoption des Reiseattachés zu prüfen.

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3.5

Selektion, Ausbildung und Laufbahnplanung

Der Bundesrat hat die Beurteilung der GPK-N über die dem EDA angepasste und professionell durchgeführte Selektion und Ausbildung von angehenden VA mit Genugtuung zur Kenntnis genommen. Die hohe Qualität ist beizubehalten.

Nach wie vor unbefriedigend ist der Umstand, dass nicht für alle künftigen VA gleiche Selektionskriterien und -verfahren und insbesondere Ausbildungsdauer und -inhalte gelten. Es ist deshalb unabdingbar, dass angehende VA ungeachtet ihres Rangs oder ihrer Funktion ebenfalls die vorgegebene Selektion sowie das gesamte Ausbildungsprogramm zu durchlaufen haben.

Nicht zu befriedigen vermag zudem, dass das anspruchsvolle Profil etwa innerhalb des Berufpersonals des VBS weiterhin ein durch unterdurchschnittliche Laufbahnund Karriererelevanz eingeschränktes Rekrutierungspotenzial ausweist. Entsprechende Verbesserungsmassnahmen sind durch den Chef der Armee wie folgt angeordnet worden: ­

Operationelle Einsätze im Ausland sollen Einsätzen im Inland qualitativ gleichgestellt und Beförderungsbedingung werden.

­

Angehörigen der Armee, die sich zu operationellen Einsätzen im Ausland befinden, werden Optionen nach ihrer Rückkehr aufgezeigt.

­

Die für die Anschlussverwendung zuständige Organisationseinheit garantiert die Übernahme nach dem Einsatz.

Diese Massnahmen dienen auch der gewünschten Stärkung des Berufsbildes.

4

Gesamtbeurteilung und Optimierungsmassnahmen

Für den Bundesrat ist das Instrument der VA unverzichtbar. Angesichts der gegenwärtigen komplexen und diffusen Sicherheitslage, in welcher effiziente Informationsbeschaffung, Sicherheitskooperation und krisenresistente Kontaktnetzwerke von besonderer Bedeutung sind, ist der bestehende VA-Dienst vielmehr zu festigen. Der Bericht der GPK-N wie auch eigene Feststellungen und Bewertungen haben Optimierungsmöglichkeiten erkennen lassen. Verbesserungen sind wie dargestellt in verschiedenen Bereichen bereits in Umsetzung begriffen.

Bei folgenden Aspekten besteht Handlungsbedarf oder wird eine zeit- und inhaltsgerechte Umsetzung erwartet: ­

Unter der Führung des Chefs Internationale Beziehungen sind die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten der Hauptleistungsbezüger Armee, Nachrichtendienste und DSP abschliessend zu regeln und zu gewährleisten.

­

Die eingeleiteten organisatorischen Massnahmen zur Steuerung des Korps sowie der einzelnen Posten werden schrittweise bis Mitte 2007 umgesetzt.

­

Das Dispositiv und die Akkreditierungen sollen im Hinblick auf die Bedürfnisse, die sich in der gegenwärtigen Lage schnell ändern können, ständig überprüft werden. Dies schliesst auch den allfälligen Einsatz von Reiseattachés ein.

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­

Die aufgezeigten Massnahmen zur Qualitätssicherung bezüglich Selektion und Ausbildung sowie zur Verbesserung des Rekrutierungspotenzials im Sinne der Laufbahn- und Karriererelevanz sind um- und durchzusetzen.

Der Bundesrat wird die Kontrolle der Umsetzung der eingeleiteten und beauftragten Massnahmen bis Ende 2007 vornehmen und in geeigneter Form kommunizieren.

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