06.085 Botschaft zum Bundesgesetz über die Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und die Einführung der straflosen Selbstanzeige vom 18. Oktober 2006

Sehr geehrte Herren Präsidenten Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und die Einführung der straflosen Selbstanzeige mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. Oktober 2006

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2005-1656

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Übersicht Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll die Nachbesteuerung der Erbinnen und Erben vereinfacht werden. Ausserdem soll die Selbstanzeige derart ausgestaltet werden, dass bei der erstmaligen Anzeige der Steuerhinterziehung Straffreiheit gewährt wird.

Die Erbinnen und Erben sollen einen Anreiz erhalten, das vom Erblasser oder der Erblasserin hinterzogene Vermögen und die daraus fliessenden Erträge der Legalität zuzuführen. Der Bundesrat hat sich auf Grund der Vernehmlassungsergebnisse entschieden, die Nachbesteuerung in Erbfällen zu vereinfachen. Der grundlegende Zeitraum für das Nachsteuerverfahren soll von heute zehn Jahren auf die letzten drei Steuerperioden, die vor dem Todesjahr abgelaufen sind, verkürzt werden. Dabei sollen die Nachsteuer und der Verzugszins wie bis anhin exakt berechnet werden.

Die verkürzte Nachsteuer in Erbfällen soll nicht nur für die direkte Bundessteuer, sondern auch für die Staats- und Gemeindesteuern gelten.

Mit dem Gesetzesentwurf soll auch die individuelle Amnestie (straflose Selbstanzeige) für natürliche und juristische Personen eingeführt werden. Bisher wurde eine Person, die sich selbst anzeigte, mit einer Busse in der Höhe eines Fünftels der von ihr hinterzogenen Steuer bestraft. Neu wird der steuerpflichtigen Person bei erstmaliger Selbstanzeige keine Busse auferlegt. Sie hat jedoch die ordentliche Nachsteuer sowie Verzugszinsen zu bezahlen. Personen, die an einer Steuerhinterziehung teilnehmen, können diese in Zukunft ebenfalls anzeigen; dabei werden sie von der Busse und der solidarischen Haftung für die hinterzogene Steuer befreit.

Jede steuerpflichtige Person kann sich nur einmal straffrei anzeigen. Bei jeder weiteren Selbstanzeige beträgt die Busse wie bis anhin einen Fünftel der hinterzogenen Steuer. Die Beschränkung der Straflosigkeit bei Selbstanzeige gilt auch für die Personen, die an einer Steuerhinterziehung teilnehmen. Die straflose Selbstanzeige soll nicht nur für die direkte Bundessteuer, sondern auch für die Staats- und Gemeindesteuern eingeführt werden.

Die vorgeschlagenen Massnahmen betreffen nur die direkte Bundessteuer sowie die Einkommens- und Vermögenssteuern der Kantone und Gemeinden. Alle übrigen nicht entrichteten Steuern und Abgaben (z.B. Mehrwertsteuer, Verrechnungssteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuern, AHV/IV-Beiträge
usw.) inkl. Verzugszinsen bleiben geschuldet. Es wird jedoch von einer Strafverfolgung für begangene Straftaten, die im direkten Zusammenhang mit der Steuerhinterziehung stehen, abgesehen.

Es ist davon auszugehen, dass die vorgeschlagenen Massnahmen insbesondere kurzund mittelfristig einen Mehrertrag aus den zu bezahlenden Nachsteuern und Verzugszinsen einbringen werden. Zudem werden Mehreinnahmen generiert, da jedes bisher hinterzogene Vermögen nach der Offenlegung einerseits der kantonalen und kommunalen Vermögenssteuer unterliegt und anderseits Vermögenserträge abwirft, die beim Bund und in den Kantonen steuerbar sind. Andrerseits kann eine Strafmilderung oder ein Strafverzicht sowie eine Reduktion der zugrunde liegenden Bemessungsjahre für die Berechnung der Nachsteuern zu einem Anreiz für zusätzliche

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Steuerhinterziehungen und dadurch langfristig zu Mindereinnahmen führen. Zu den konkreten finanziellen Auswirkungen der Vorlage können keine Angaben gemacht werden, da naturgemäss keine verlässlichen Daten zum hinterzogenen Einkommen und Vermögen in der Schweiz vorliegen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Einleitung 1.1.2 Hängige Initiativen im Hinblick auf eine Steueramnestie 1.1.3 Die frühere Vorlage des EFD 1.2 Die heutige Rechtslage 1.2.1 Erhebung einer Nachsteuer inkl. Verzugszinsen sowie einer Strafsteuer 1.2.2 Einreichung einer Selbstanzeige 1.2.3 Steuernachfolge der Erben 1.2.4 Steuernachfolge der Erben bei beschränkter Steuerpflicht des Erblassers 1.2.5 Nachlassinventar 1.3 Steueramnestie und amnestieähnliche Massnahmen im Vergleich 1.3.1 Die allgemeine Steueramnestie 1.3.2 Die straflose Selbstanzeige (sog. individuelle Amnestie) 1.3.3 Die Befreiung der Erben von Nachsteuer und Busse (sog. Erbenamnestie) 1.4 Das Vernehmlassungsverfahren 1.4.1 Die Vernehmlassungsvorlage des Bundesrates 1.4.2 Die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.5 Die beantragte Neuregelung 1.5.1 Die vereinfachte Nachbesteuerung in Erbfällen 1.5.2 Die straflose Selbstanzeige 1.5.3 Finanzielle Auswirkungen für die Erben bzw.

die Steuerpflichtigen 1.5.3.1 Bei der vereinfachten Nachbesteuerung in Erbfällen 1.5.3.2 Bei der straflosen Selbstanzeige

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2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.1 Die Regelung der vereinfachten Nachbesteuerung der Erben 2.1.1 Erläuterungen der Gesetzesänderungen im DBG 2.1.2 Erläuterungen der Gesetzesänderungen im StHG 2.2 Die Regelung der straflosen Selbstanzeige 2.2.1 Erläuterungen der Gesetzesänderungen im DBG 2.2.2 Erläuterungen der Gesetzesänderungen beim StHG

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3 Auswirkungen 3.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen auf Bund und Kantone 3.1.1 Finanzielle Auswirkungen 3.1.2 Personelle Auswirkungen 3.2 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

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4 Verhältnis zur Legislaturperiode und zum Finanzplan

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5 Verfassungsmässigkeit

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Bundesgesetz über die Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und die Einführung der straflosen Selbstanzeige (Entwurf)

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Einleitung

Seit 1992 wurden im Parlament verschiedene Vorstösse eingereicht mit dem Ziel, eine allgemeine Steueramnestie durchzuführen oder amnestieähnliche Massnahmen einzuführen. In letzter Zeit war eine Zunahme solcher Begehren festzustellen. Der Bundesrat hatte deshalb im März 2000 das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, eine Vernehmlassungsvorlage für eine allgemeine Steueramnestie mit pauschalierter Nachsteuer auszuarbeiten. Als jedoch das EFD im Juni 2001 einen entsprechenden Entwurf vorlegte, erachtete der Bundesrat eine solche Massnahme als nicht opportun.

Das EFD erarbeitete daraufhin eine Vorlage zur Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und zur Einführung der straflosen Selbstanzeige und führte dazu im Sommer 2003 ein Vernehmlassungsverfahren durch. Gestützt auf die Ergebnisse der Vernehmlassung beauftragte der Bundesrat das EFD am 27. Oktober 2004, eine Botschaft auszuarbeiten. Darin waren ein auf drei Jahre verkürztes Nachsteuerverfahren für Erben und die straflose Selbstanzeige aufzunehmen.

1.1.2

Hängige Initiativen im Hinblick auf eine Steueramnestie

Seit Beginn der 1980er Jahre wurde in den eidgenössischen Räten immer wieder die Frage nach einer baldigen Steueramnestie aufgeworfen. Zurzeit sind noch zwei Initiativen zum Thema Steueramnestie hängig.

Die Standesinitiative des Kt. Tessin Am 9. Oktober 2002 reichte der Kanton Tessin eine Initiative ein mit dem Auftrag, mittels übergangsrechtlicher Bestimmung in der Bundesverfassung eine allgemeine Steueramnestie für eidgenössische und kantonale Steuern zu erlassen (02.308).

Dieser Standesinitiative wurde im Ständerat am 3. Juni 2003 und im Nationalrat am 8. März 2004 Folge gegeben.

Die parlamentarische Initiative Polla Am 20. März 2003 reichte Nationalrätin Barbara Polla eine parlamentarische Initiative für eine allgemeine Steueramnestie ein (03.406). Diese soll sich auf die Bundes-, Staats- und Gemeindesteuern auf dem Einkommen und Vermögen der natürlichen Personen erstrecken. Amnestiertes Einkommen und Vermögen sollen von der Nach- und Strafsteuer befreit werden. Hingegen ist eine Amnestietaxe von höchstens fünf Prozent auf den hinterzogenen Vermögenswerten zu erheben. Diese Taxe soll zu einem Drittel dem Bund und zu zwei Dritteln den Kantonen und Gemeinden zu Gute kommen. Mit der Initiative wird ein übergangsrechtlicher Bundesverfassungsartikel vorgeschlagen.

Am 8. März 2004 gab der Nationalrat dieser Initiative Folge.

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1.1.3

Die frühere Vorlage des EFD

Im März 2000 beauftragte der Bundesrat unter dem Titel «Umsetzung des Finanzleitbildes ­ Gesunde Finanzen und strukturelle Verbesserung des Steuersystems» das EFD, eine allgemeine Steueramnestie vorzubereiten. Im Sommer 2001, als das EFD dem Bundesrat auftragsgemäss eine Vernehmlassungsvorlage zu einer allgemeinen Steueramnestie vorlegte, lehnte der Bundesrat ein Vernehmlassungsverfahren ab. Er erachtete den Zeitpunkt als ungünstig und eine allgemeine Steueramnestie als zu weitgehend.

Die Vorlage sah die Bezahlung einer pauschalen Nachsteuer vor, die in einem einfachen Verfahren hätte festgelegt werden sollen. Diese so genannte Amnestietaxe betrug zehn Prozent des neu entdeckten Vermögens, wobei eine Freigrenze von 100 000 Franken vorgesehen war.

Die finanziellen Auswirkungen konnten mangels statistischer Grundlagen nur in Bandbreiten geschätzt werden. So wurde aus der Amnestietaxe ein (einmaliger) Ertrag von rund 1,6 bis 2,7 Milliarden Franken erwartet. Die Kantone und Gemeinden konnten zudem mit jährlichen Mehrerträgen von einigen Hundert Millionen Franken rechnen. Für den Bund hingegen wären die jährlichen Mehrerträge auf Grund des Verrechnungssteueranspruchs gering ausgefallen.

1.2

Die heutige Rechtslage

1.2.1

Erhebung einer Nachsteuer inkl. Verzugszinsen sowie einer Strafsteuer

Unterbleibt eine Steuerveranlagung zu Unrecht oder erweist sich eine rechtskräftige Veranlagung als ungenügend, dann wird die nicht erhobene Steuer samt Zins als Nachsteuer eingefordert (Art. 151 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 19901 über die direkte Bundessteuer [DBG] und Art. 53 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 19902 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG]). Das Recht zur Einleitung eines Nachsteuerverfahrens erlischt zehn Jahre nach Ablauf der Steuerperiode, für welche eine Veranlagung zu Unrecht unterblieben ist oder für welche eine unvollständige rechtskräftige Veranlagung vorliegt (Art. 152 Abs. 1 DBG; Art. 53 Abs. 2 StHG).

Bewirkt die steuerpflichtige Person vorsätzlich oder fahrlässig, dass eine Veranlagung zu Unrecht unterbleibt oder dass eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist, so wird sie mit Busse bestraft. Diese beträgt in der Regel das Einfache der hinterzogenen Steuer, kann aber je nach Verschulden bis auf einen Drittel ermässigt oder aber bis auf das Dreifache erhöht werden (Art. 175 DBG; Art. 56 Abs. 1 StHG).

1 2

SR 642.11 SR 642.14

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1.2.2

Einreichung einer Selbstanzeige

Das geltende Recht behandelt diejenigen Steuerpflichtigen milder, die aus eigenem Antrieb gegenüber der Steuerbehörde reinen Tisch machen. Zeigen diese Personen die Steuerhinterziehung an, bevor sie der Steuerbehörde bekannt ist, so wird die Nachsteuer normal berechnet und eingefordert, die Busse aber auf einen Fünftel der hinterzogenen Steuer ermässigt (Art. 175 Abs. 3 DBG). Im Steuerharmonisierungsgesetz ist die entsprechende Bestimmung als Kann-Vorschrift formuliert (Art. 56 Abs. 1 [am Ende] StHG).

1.2.3

Steuernachfolge der Erben3

Die Erben treten mit dem Tod einer steuerpflichtigen Person in deren Rechte und Pflichten ein. Ist eine Steuer noch nicht rechtskräftig veranlagt, so treten die Erben in das Verfahren ein. Ist die Veranlagung im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits rechtskräftig, so werden die Erben Schuldner dieser Forderung. Grundsätzlich haften sie bis zur Höhe ihrer Erbteile mit Einschluss der Vorempfänge. Der überlebende Ehegatte haftet überdies mit dem Betrag, den er vom Vorschlag oder Gesamtgut über den gesetzlichen Anteil nach schweizerischem Recht hinaus erhält (Art. 12 Abs. 2 DBG). Die Solidarhaftung der Ehegatten nach Artikel 13 Absatz 1 DBG findet keine Anwendung, da mit dem Tod des Erblassers die Ehe aufgelöst ist.

Ein im Zeitpunkt des Todes der steuerpflichtigen Person noch hängiges oder noch nicht eröffnetes Nachsteuerverfahren wird gegenüber den Erben fortgesetzt bzw.

eingeleitet (Art. 153 Abs. 2 DBG). Das StHG enthält keine analogen Vorschriften über die Haftung der Erben für die Steuern des Erblassers. Die Erben können für Strafsteuern (Busse), die gegen den Erblasser ausgesprochen wurden oder auszusprechen wären, nicht haftbar gemacht werden (vgl. Aufhebung von Art. 179 DBG und Art. 57 Abs. 3 StHG durch das Bundesgesetz vom 8. Oktober 2004 über die Aufhebung der Haftung der Erben für Steuerbussen, AS 2005 1051).

Die Steuernachfolge der Erben betrifft nur die Stellung des Erblassers als steuerpflichtige natürliche Person. War der Erblasser z.B. Allein- oder Mehrheitsaktionär einer Aktiengesellschaft und bewirkte er durch seine Handlungen, dass die Gesellschaft Steuern hinterzog, dann haben die Erben in keiner Weise für diese Steuerhinterziehung einzustehen. Handelte der Erblasser als Organ oder Vertreter der Gesellschaft, dann hätte er für die Teilnahme an dieser Hinterziehung bestraft werden können (Art. 181 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 177 DBG, Art. 57 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 56 Abs. 3 StHG); überdies hätte er solidarisch für die von der Gesellschaft hinterzogenen Steuern gehaftet. Nach der Rechtsprechung des EGMR können die Erben nicht wegen der Teilnahme des Erblassers bestraft werden und haften auch nicht für die von der Gesellschaft hinterzogenen Steuern. Dazu kommt, dass zwar die Aktien kraft Erbganges vom Erblasser auf die Erben übergehen, nicht aber dessen Stellung als Organ oder Vertreter der Gesellschaft. Auch diese Überlegung spricht gegen eine Haftung der Erben für die von der Gesellschaft hinterzogenen Steuern.

3

Die Personenbezeichnungen (Erben, Erblasser, Ehegatte, Teilnehmer etc.) beziehen sich in der Folge aus Gründen der Lesbarkeit und der Kohärenz mit den noch nicht geschlechtergerecht formulierten Gesetzestexten auf beide Geschlechter.

8802

1.2.4

Steuernachfolge der Erben bei beschränkter Steuerpflicht des Erblassers

Die Erben können grundsätzlich nur dann eine Nachsteuer schulden, wenn der Erblasser in der Schweiz unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig war. Die Steuerpflicht ist unbeschränkt, wenn der Erblasser in der Schweiz seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hatte (Art. 3 Abs. 1­3 DBG; Art. 3 Abs. 1 und 2 StHG). Eine beschränkte Steuerpflicht liegt vor, wenn der Erblasser mit der Schweiz bestimmte wirtschaftliche Verbindungen hatte (Art. 4 und 5 DBG, Art. 4 StHG).

Für einige Tatbestände der beschränkten Steuerpflicht ist eine Besteuerung an der Quelle vorgesehen (vgl. Art. 5 und 91­97 DBG sowie Art. 4 und 35 StHG). Hier haftet der Schuldner der steuerbaren Leistung für die Entrichtung der Quellensteuer (Art. 88 Abs. 3 DBG). Hinsichtlich der direkten Bundessteuer fehlt es damit in aller Regel für die Quellensteuern an einer Haftung der steuerpflichtigen Person (bzw.

ihrer Erben). Das Steuerharmonisierungsgesetz sieht eine ähnliche Regelung vor. Im interkantonalen Verhältnis ergibt sich allerdings eine gewisse Haftung des Quellensteuerpflichtigen aus Artikel 38 Absatz 3 StHG.

In Fällen beschränkter Steuerpflicht, wo hingegen keine Quellensteuerpflicht gegeben ist (Art. 4 Abs. 1 Bst. a­c DBG; Art. 4 Abs. 1 StHG), wirkt sich die Entdeckung neuer, in der Schweiz bisher nicht deklarierter Einkommen und Vermögen eventuell nur hinsichtlich des anzuwendenden Steuersatzes aus (vgl. Art. 7 Abs. 2 DBG).

In den nachfolgenden Fällen haften bestimmte Personen solidarisch bis zu einem gewissen Umfang mit dem in der Schweiz beschränkt Steuerpflichtigen (Art. 4 Abs. 1 Bst. a­d und Art. 5 Abs. 1 Bst. c DBG): ­

die in der Schweiz wohnenden Teilhaber an einer einfachen Gesellschaft, einer Kollektiv- oder einer Kommanditgesellschaft für die von den im Ausland wohnhaften Teilhabern geschuldeten Steuern (Art. 13 Abs. 3 Bst. b DBG);

­

Käufer und Verkäufer einer in der Schweiz gelegenen Liegenschaft für die von dem im Ausland wohnenden Händler oder Vermittler der Liegenschaft aus diesem Geschäft geschuldeten Steuern (Art. 13 Abs. 3 Bst. c DBG);

­

die Liquidatoren von Geschäftsbetrieben oder Betriebsstätten in der Schweiz, wenn der Steuerpflichtige keinen steuerlichen Wohnsitz in der Schweiz hat (Art. 13 Abs. 3 Bst. d DBG);

­

die Verkäufer von in der Schweiz gelegenen Grundstücken, wenn der Steuerpflichtige keinen steuerrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz hat (Art. 13 Abs. 3 Bst. d DBG);

­

die Person, welche Forderungen veräussert oder verwertet, die durch in der Schweiz gelegene Grundstücke gesichert sind (Art. 13 Abs. 3 Bst. d DBG).

Erben eines in der Schweiz nur beschränkt Steuerpflichtigen, der nicht der Quellensteuerpflicht untersteht, treten in dessen Rechte und Pflichten ein. Sie übernehmen somit auch seine Solidarhaftung gegenüber den vorgenannten Personen. In der Praxis dürfte aber ein Geltendmachen der Haftung insbesondere dann illusorisch sein, wenn nichts die Erben mit der Schweiz verbindet.

8803

1.2.5

Nachlassinventar

Grundsätzlich wird stets ein Inventar über den Nachlass einer verstorbenen steuerpflichtigen Person aufgenommen, ob diese nun unbeschränkt oder beschränkt in der Schweiz steuerpflichtig war (vgl. Art. 154 Abs. 1 DBG, Art. 54 Abs. 1 StHG und Botschaft über die Steuerharmonisierung, BBl 1983 III 216). Die Erben sind verpflichtet, im Verfahren zur Inventarisierung des Nachlasses umfassend Auskunft zu erteilen und eventuell sogar Einblick in ihre eigenen Räume und Behältnisse zu gewähren. Dabei stehen sie unter der Strafdrohung von Artikel 174 Absatz 1 Buchstabe c DBG, wonach die Verletzung der den Erben und Dritten im Inventarverfahren obliegenden Pflichten mit Busse bedroht ist. Verheimlichen die Erben Nachlasswerte, dann sind sie nach Artikel 178 DBG strafbar.

Hat der Erblasser über längere Zeit grössere Einkommensbestandteile hinterzogen und damit unversteuertes Vermögen angehäuft, dessen Erträge er wiederum nicht deklariert hat, dann ergeben sich sehr erhebliche Nachsteuerbeträge. Es sind nicht nur die Nachsteuern bei der direkten Bundessteuer, sondern auch jene bei den Staats-, Gemeinde- und Kirchensteuern zu berücksichtigen. Auch die Verzugszinsen für alle diese Steuern sind zu bezahlen. Besonders wenn sie auf mehrere Jahre hinaus geschuldet sind, können sie im Verhältnis zur Nachsteuer ganz beträchtliche Beträge erreichen.

Können die Erben schon vor der Inventaraufnahme die voraussichtlich zu bezahlenden Nachsteuern und Verzugszinsen einigermassen abschätzen, so sind sie je nach geschätztem Betrag vielleicht versucht, die vom Erblasser begangene Hinterziehung weiterzuführen. Gelingt ihnen dies, dann entgehen dem Fiskus weiterhin Steuern.

Erfahren die Erben erst im Zuge des Inventarverfahrens das Ausmass der Hinterziehungen des Erblassers, dann schlagen sie die Erbschaft vielleicht aus und entgehen so der Haftung für die Steuerschulden des Erblassers. Sie können aber auch die amtliche Liquidation der Erbschaft verlangen, wodurch sie ebenfalls der Haftung für die Erbschaftsschulden entgehen. Erweist sich die Erbschaft als überschuldet, dann wird sie konkursamtlich liquidiert. In allen diesen Fällen steht nicht zum Vornherein fest, ob und in welchem Ausmass die Nachsteuern mit den Verzugszinsen eingetrieben werden können. Es ist dann nicht auszuschliessen, dass der Fiskus dafür Zivilprozesse führen muss, die mit erheblichen Kosten verbunden sein können.

1.3

Steueramnestie und amnestieähnliche Massnahmen im Vergleich

1.3.1

Die allgemeine Steueramnestie

Eine allgemeine Steueramnestie ist eine Massnahme, deren Dauer begrenzt werden muss. Diejenigen Steuerzahler, welche die Amnestie beanspruchen wollen, müssen in den festgesetzten Fristen das Nötige vorkehren. Angesichts der zwischen Bund und Kantonen geteilten Steuerhoheit ist es klar, dass eine allgemeine Steueramnestie sich auf die direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden erstrecken muss.

Wegen des damit verbundenen Eingriffes in die kantonale Steuerhoheit braucht es hierzu eine Grundlage in der Bundesverfassung, die von Volk und Ständen angenommen werden muss. (Eine Steueramnestie ist gemäss Rechtslehre keine Amnestie nach Art. 173 Abs. 1 Bst. k BV, welche die Bundesversammlung in eigener Kompetenz beschliessen könnte.) Dies war schon anlässlich der Amnestie im Jahre 1969 so.

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Damals verzichtete der Fiskus bei allen Steuerzahlern, welche die Amnestie in Anspruch nahmen, auf Nachsteuern und Bussen. Die Amnestiegesetzgebung konnte knapp abgefasst werden.

In der Zwischenzeit hat sich jedoch die Gesetzgebung über Steuern und Abgaben einerseits sowie über Sozialleistungen und Subventionen andererseits sehr stark verändert. Insbesondere hängen derzeit verschiedene Abgaben und Leistungen von der Steuerveranlagung ab. Deshalb müssten heute in einer allgemeinen Steueramnestie auch die Erhebung solcher vorher hinterzogenen Abgaben und die Rückforderung zu Unrecht bezogener Leistungen geregelt werden. Auch müsste die Tragweite der Amnestie hinsichtlich anderer eidgenössischer oder kantonaler Steuern (z.B.

Mehrwertsteuer, Verrechnungssteuer, kantonale Grundstücksgewinnsteuern) geklärt werden.

Es ist klar, dass der Erfolg einer allgemeinen Steueramnestie geschmälert würde, wenn die steuerpflichtige Person, die eine Amnestie beansprucht, zwar von allen finanziellen Folgen betreffend die direkten Steuern befreit würde, aber hinsichtlich aller anderen damit zusammenhängenden Abgaben und Leistungen voll zur Rechenschaft gezogen würde. Dies alles würde eine ausführliche Amnestiegesetzgebung bedingen, so dass nicht einfach auf die Amnestiegesetzgebung der Jahre 1969/70 zurückgegriffen werden könnte.

1.3.2

Die straflose Selbstanzeige (sog. individuelle Amnestie)

Die straflose Selbstanzeige hat zum Ziel, die Steuerehrlichkeit zu fördern und damit das Steueraufkommen zu mehren. Oft wird die straflose Selbstanzeige als «individuelle Amnestie» bezeichnet. Zwischen der allgemeinen Steueramnestie und der straflosen Selbstanzeige besteht aber ein gewichtiger Unterschied. Um in den Genuss der allgemeinen Steueramnestie zu kommen, muss die steuerpflichtige Person binnen der im Amnestiegesetz festgesetzten Zeitspanne handeln. Hingegen kann sie den Zeitpunkt der Einreichung der straflosen Selbstanzeige selber bestimmen.

Werden aufgrund einer inkorrekten Steuerveranlagung ungerechtfertigterweise (zu viel) Leistungen bezogen oder (zu wenig) Abgaben bezahlt, so stellt sich auch bei der individuellen Amnestie die Frage, wie sich diese auf die angesprochenen, zu Unrecht erhaltenen Vorteile auswirken soll. Wie bei der allgemeinen Amnestie muss auch bei der straflosen Selbstanzeige geregelt werden, wie und in welchem Ausmass sich die Amnestie auf andere eidgenössische oder kantonale Steuern auswirken soll.

1.3.3

Die Befreiung der Erben von Nachsteuer und Busse (sog. Erbenamnestie)

Nach der Steuergesetzgebung des Kantons Tessin war es für eine Reihe von Jahren möglich, die Erben einer steuerpflichtigen Person, die Steuern hinterzogen hatte, nicht nur von der Busse, sondern auch von der Nachsteuer zu befreien. Voraussetzung dafür war, dass die Erben ein vollständiges Inventar des Nachlasses der verstorbenen Person einreichten. Hier ist zu präzisieren, dass der Kanton Tessin die Errichtung des steuerlichen Nachlassinventars ­ im Unterschied zu allen anderen 8805

Kantonen ­ durch die Erben vorsieht. Der Kanton Tessin hat mit dieser Erbenamnestie gute Erfahrungen gemacht. Erhebliche Summen sind aufgrund dieser Einrichtung wieder zum Vorschein gekommen. Da die Erbenamnestie aber mit dem Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinen nicht ganz im Einklang stand, wurde sie anlässlich der letzten Teilrevision des Tessiner Steuergesetzes gestrichen. In den nach dem 1. Januar 2001 eröffneten Erbgängen wird nun die Nachsteuer erhoben. Der Kanton Tessin reichte im Jahre 2001 eine Standesinitiative ein, die den Kantonen ermöglichen sollte, zu Gunsten der Erben auf eine Busse und eine Nachsteuer zu verzichten. Der Ständerat erachtete diese Massnahmen aber als zu weitgehend und leistete der Initiative im Gegensatz zum Nationalrat keine Folge.

Die Erbenamnestie nach dem Muster des Kantons Tessin sollte bisher unversteuertes Vermögen und die Erträge daraus der Besteuerung zuführen. Auch wenn infolge einer solchen Erbenamnestie die Bussen und Nachsteuern entfielen, so konnte doch mit einer Zunahme des Steueraufkommens gerechnet werden. Das Nachlassvermögen und die künftig daraus fliessenden Erträge waren nämlich ungeschmälert den Erben als Vermögen und Einkommen zuzurechnen und von diesen zusammen mit ihrem sonstigen Einkommen und Vermögen zu versteuern, wobei bei der Einkommenssteuer die Progression voll zum Tragen kam. Die Erben wurden aber von jeder Auswirkung des schuldhaften Handelns des Erblassers befreit. Wenn die Erben keinerlei nachteilige finanzielle Folgen zu befürchten hatten, waren sie wahrscheinlich eher dazu bereit, den Steuerbehörden lückenlos Auskunft über die Verhältnisse des Erblassers zu erteilen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass sich die Erbenamnestie fast ausschliesslich auf das Steueraufkommen der natürlichen Personen auswirkte.

In zwei Fällen hatten jedoch die Erben eines Tessiner Steuerpflichtigen auch zu Zeiten der Erbenamnestie die vom Erblasser geschuldeten Nachsteuern zu bezahlen, nämlich wenn noch zu Lebzeiten des Erblassers diesem gegenüber ein Nachsteuerverfahren eingeleitet worden war oder wenn die Nachsteuerforderung im Zeitpunkt seines Todes bereits rechtskräftig geworden war.

1.4

Das Vernehmlassungsverfahren

1.4.1

Die Vernehmlassungsvorlage des Bundesrates

Am 7. Juli 2003 eröffnete das EFD das Vernehmlassungsverfahren zur «Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und Einführung der straflosen Selbstanzeige». Hinsichtlich der Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen wurden drei Varianten zur Diskussion gestellt: 1.

Es wird eine pauschale Nachsteuer auf dem neu entdeckten und vom Erblasser bisher nicht deklarierten Vermögen erhoben, wobei für den Bund ein leicht progressiver Tarif von 1,5 bis 2,5 Prozent vorgeschlagen wurde.

2.

Die Erhebung der Nachsteuer wird auf die letzten drei Jahre vor dem Tod des Erblassers beschränkt (statt wie nach der aktuellen Rechtslage auf die letzten zehn Jahre).

3.

Als pauschale Bemessungsgrundlage gilt ein bestimmter Prozentsatz des neu entdeckten Vermögens (vorgeschlagen wurden 15 Prozent). Dieser Teil soll zum Satz des gesamten Einkommens des Erblassers in der letzten Steuer-

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periode vor dessen Tod besteuert werden, wobei für den Bund ein Mindestsatz von 5 Prozent zur Anwendung kommen soll. Die kantonale Vermögenssteuer soll damit auch abgegolten sein.

Mit der in diesen drei Verfahren erhobenen Nachsteuer würden lediglich die Einkommenssteuern von Bund, Kantonen und Gemeinden inklusive der kantonalen Vermögenssteuern abgegolten. Alle übrigen vom Erblasser nicht entrichteten Steuern und Abgaben (z.B. Mehrwertsteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuern, AHV/IV-Beiträge) würden von den Erben zusätzlich geschuldet.

Die straflose Selbstanzeige sollte den Steuerpflichtigen nicht nur von der Busse, sondern auch von den Verzugszinsen befreien. Die ordentliche Nachsteuer sollte aber auf die letzten 10 Jahre erhoben werden.

Ausserdem wurde vorgeschlagen, die Erben in Nachachtung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte von jeglicher Haftung für die Bussen des Erblassers zu befreien. Dieses Ziel wurde in der Zwischenzeit auf Grund einer Standesinitiative des Kantons Jura (01.300) mit dem Erlass des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 2004 über die Aufhebung der Haftung der Erben für Steuerbussen erreicht (AS 2005 1051, BBl 2004 1437 1451).

Den Vernehmlassungsadressaten wurde zusätzlich ein Fragebogen zugestellt. Darin waren allgemeine Fragen zur Amnestie und zu amnestieähnlichen Massnahmen, Fragen zu möglichen Formen einer Erbenamnestie und auch Fragen zu den Vorschlägen des Bundesrates zur Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und zur straflosen Selbstanzeige.

Am 9. Juli 2003 beschloss die Rechtskommission des Ständerates (RK-S), sich dem Vernehmlassungsverfahren anzuschliessen. Auf Wunsch dieser Kommission wurde den Vernehmlassungsadressaten am 18. August 2003 ein ergänzender Fragebogen mit Fragen zu den Modalitäten einer allgemeinen Steueramnestie zugestellt. Dieser fragte nach der Pflicht zur Abgabe einer besonderen Amnestieerklärung, nach der Wünschbarkeit einer Amnestie nach dem Vorbild der Amnestie von 1969, nach einer Amnestie mit Bezahlung einer Pauschalabgabe auf dem neu deklarierten Vermögen und nach der Abgeltungswirkung einer Amnestie, d.h. welche Steuern und Abgaben von der Amnestie erfasst werden sollten.

1.4.2

Die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Das Vernehmlassungsverfahren wurde am 10. Oktober 2003 abgeschlossen. Die allgemeine Amnestie wurde von 16 Kantonen, vier Parteien und acht Verbänden vor allem aus Überlegungen zur Rechtsstaatlichkeit strikt abgelehnt. Vier Kantone stimmten einer allgemeinen Amnestie nur unter restriktiven Bedingungen zu und fünf Kantone begrüssten eine allgemeine Amnestie. Drei Parteien und ein Verband begrüssten eine allgemeine Amnestie.

In der Frage der Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen sprachen sich sieben Kantone, zwei Parteien und ein Verband für die erste Variante, 15 Kantone, eine Partei und zwei Verbände für die zweite Variante und zwei Kantone, zwei Parteien und fünf Verbände für die dritte Variante aus.

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Die straflose Selbstanzeige stiess auf ein unterschiedliches Echo. Neun Kantone sprachen sich für die bundesrätliche Variante aus, zwei Kantone befürworteten eine verkürzte Dauer der Erhebung der Nachsteuer. 15 Kantone sprachen sich für die Erhebung der Verzugszinsen aus. Ein Kanton wollte nicht völlig auf die Busse verzichten und ein weiterer Kanton wollte die straflose Selbstanzeige nur einmal im Leben einer natürlichen Person und nur einmal alle 30 Jahre für eine juristische Person zulassen. Nur eine Partei begrüsste den bundesrätlichen Vorschlag. Eine weitere Partei lehnte die straflose Selbstanzeige ab. Drei Parteien forderten die Erhebung der Verzugszinsen und eine weitere Partei wollte die straflose Selbstanzeige nur einmal im Leben einer natürlichen Person zulassen und sie im Falle eines Steuerbetruges ausschliessen. Sieben Verbände sprachen sich für die bundesrätliche Form der straflosen Selbstanzeige aus. Drei Verbände verlangten die Erhebung der Verzugszinsen und ein Verband wollte die straflose Selbstanzeige auf ein einziges Mal im Leben einer natürlichen Person beschränken.

Der Bundesrat nahm mit Beschluss vom 27. Oktober 2004 vom Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens Kenntnis und beauftragte das EFD, eine Botschaft auszuarbeiten. Darin sollten ein auf drei Jahre verkürztes Nachsteuerverfahren für Erben und die straflose Selbstanzeige (Verzicht auf Busse und Verzugszinsen) aufgenommen werden. Auf die Ausarbeitung einer Vorlage zu einer allgemeinen Steueramnestie wurde verzichtet.

1.5

Die beantragte Neuregelung

Ziel der Vorlage ist es, Steuerpflichtige zu motivieren, bisher unversteuertes Vermögen der Legalität zuzuführen. Auf der einen Seite profitieren die Steuerpflichtigen, die mit ihrem Gewissen ins Reine kommen möchten, auf der anderen Seite soll durch die Massnahmen das Steuersubstrat vergrössert werden, was zu höheren Steuereinnahmen führen wird.

Wie eine allgemeine Amnestie ermöglichen auch die vorgeschlagenen Massnahmen, dass unversteuerte Gelder der Besteuerung zugeführt werden, auch wenn dies nicht in einem präzis eingegrenzten Zeitraum wie bei der allgemeinen Amnestie geschieht. Hingegen rufen sie weniger ethische Bedenken hervor als eine allgemeine Amnestie, da die Erben in aller Regel an der Hinterziehung des Erblassers kein Verschulden trifft und bei der straflosen Selbstanzeige die volle Nachsteuer geschuldet bleibt. Zu erwähnen ist, dass die vorgeschlagenen Massnahmen nur die direkte Bundessteuer und die Einkommens- und Vermögenssteuern der Kantone und Gemeinden betreffen. Alle übrigen eventuell nicht entrichteten Steuern und Abgaben (z.B. Mehrwertsteuer, Verrechnungssteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuern, AHV/IV-Beiträge usw.) einschliesslich Verzugszinsen bleiben geschuldet. Allfällige weitere, aufgrund der inkorrekten Steuerveranlagung zu Unrecht erhaltene Vorteile sind ausgleichspflichtig. Jedoch bewirkt die vorgeschlagene straflose Selbstanzeige, dass nur die unrechtmässigen Vorteile einschliesslich Verzugszinsen zurückbezahlt werden müssen. Strafverfolgungen oder Bestrafungen für die Steuerhinterziehung oder mit dieser im Zusammenhang stehenden weiteren Taten jeglicher Art sollen ausgeschlossen sein.

8808

1.5.1

Die vereinfachte Nachbesteuerung in Erbfällen

Bisher gab es für die Nachbesteuerung im Falle einer Steuerhinterziehung des Erblassers keine spezielle Regelung; die Nachsteuer inklusive Verzugszinsen konnte für bis zu zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers eingefordert werden. Die Haftung der Erben für die Bussen des Erblassers wurde bereits mit dem Bundesgesetz vom 8. Oktober 2004 über die Aufhebung der Haftung der Erben für Steuerbussen (siehe Ziff. 1.4.1) aufgehoben. Neu soll die Nachsteuer auf die letzten drei vor dem Tod des Erblassers abgelaufenen Steuerperioden beschränkt werden. Für diese Zeit erfolgt eine exakte Berechnung der Nachsteuer und der Verzugszinsen. Diese Regel ist sowohl für die direkte Bundessteuer wie auch für die Staats- und Gemeindesteuern anwendbar.

Die Reduktion von zehn auf drei Jahre rechtfertigt sich aus folgenden Gründen.

Einerseits ist die Rekonstruktion der Steuerhinterziehung über zehn Jahre hinweg schwierig, vor allem wenn die steuerpflichtige Person nicht mehr mitwirken kann.

Demgegenüber dürfte es im System der jährlichen Postnumerando-Veranlagung für die Erben nicht übermässig schwierig sein, verlässliche Angaben darüber zu erlangen, wie gross das nicht deklarierte Vermögen des Erblassers und die ihm in den letzten Jahren vor dem Tode daraus zugeflossenen Erträge waren.

Andererseits soll die Reduktion auf drei Jahre einen Anreiz für die Erben darstellen, vorbehaltlos bei der Errichtung des Vermögensinventars mitzuwirken. Damit kommt allenfalls mehr Vermögen zum Vorschein, als wenn die Steuerverwaltung ohne Mitwirkung der Erben den Sachverhalt ermitteln müsste.

1.5.2

Die straflose Selbstanzeige

Bisher wurde die Busse auf einen Fünftel der hinterzogenen Steuer ermässigt, wenn die steuerpflichtige Person die Steuerhinterziehung selbst anzeigte, bevor sie der Steuerbehörde bekannt war (Art. 175 Abs. 3 DBG). Neu soll die steuerpflichtige Person bei einer Selbstanzeige ganz straflos bleiben. Sie wird keine Busse zahlen müssen, sondern nur die ordentliche Nachsteuer (für höchstens zehn Jahre).

Ursprünglich war vorgesehen, ebenfalls auf die Erhebung von Verzugszinsen zu verzichten. Dies wurde jedoch von verschiedener Seite kritisiert. Deshalb sieht die Vorlage nun vor, nebst der Nachsteuer auch den Verzugszins einzufordern. Natürliche und juristische Personen können sich ab Inkrafttreten dieses Gesetzes nur einmal in ihrem Leben bzw. Bestehen straflos anzeigen.

Personen, die zusätzlich Schuldner der Quellensteuer sind, können sich für hinterzogene Steuern (die eigenen oder die Quellensteuer) ebenfalls nur einmal im Leben straflos anzeigen. Hat eine solche Person sowohl die Quellensteuer als auch eigene Steuern hinterzogen, so bleibt auch sie nur bei der erstmaligen Selbstanzeige straffrei. Sie kann aber die (voneinander meist unabhängig geschehenen) Hinterziehungen sowohl der Quellen- als auch der eigenen Steuern gleichzeitig anzeigen und bleibt somit für beide Vergehen straffrei. Bei einer gestaffelten Selbstanzeige bleibt nur die Erstanzeige straffrei. Die straflose Selbstanzeige soll als Belohnung für die Reue ausgestaltet werden. Wäre es möglich, nach einer straflosen Anzeige für die eigenen hinterzogenen Steuern Jahre später für die hinterzogene Quellensteuer nochmals straffrei auszugehen, so hätte die hinterziehende Person nichts aus ihrer ersten Anzeige gelernt. Die zweite Anzeige würde nicht aus Reue geschehen, son8809

dern aus der Spekulation darüber, nicht erwischt zu werden und im geeigneten Moment von der Bezahlung der Nachsteuer ohne Busse zu profitieren.

Anstiftern, Gehilfen oder Mitwirkenden (Teilnehmern) einer Steuerhinterziehung (Art. 177 DBG) wurde bis anhin bei einer Selbstanzeige keine Milderung gewährt (Busse bis 10 000 Franken und solidarische Haftung für die von der steuerpflichtigen Person hinterzogenen Steuern). Neu erhalten auch sie die Möglichkeit der straflosen Selbstanzeige. Die Straffreiheit wird nur gewährt, wenn sich die Teilnehmer zuvor noch nie angezeigt haben, die Steuerbehörden noch keine Kenntnis der Tat haben und die Teilnehmer die Verwaltung bei der Festsetzung der Nachsteuer vorbehaltlos unterstützen. Eine Anzeige des Teilnehmers verhindert eine zeitlich spätere Anzeige der hinterziehenden Person, weil bei deren Anzeige die Steuerbehörden ja bereits Kenntnis der Hinterziehung haben. Sinngemäss gilt dasselbe auch im umgekehrten Fall, d.h. wenn sich der Teilnehmer erst nach erfolgter Anzeige des Haupttäters anzeigen will. Wollen also der Teilnehmer und der Haupttäter der Steuerhinterziehung gemeinsam straflos ausgehen, so müssen sie die Selbstanzeige gleichzeitig einreichen (sowie die restlichen Voraussetzungen erfüllen).

Wer Steuern hinterzieht, kann allenfalls noch andere Straftatbestände erfüllen, die im Zusammenhang mit der Steuerhinterziehung stehen (z.B. Steuerbetrug nach Art. 186 DBG, Veruntreuung von Quellensteuern nach Art. 187 DBG, Verheimlichung oder Beiseiteschaffung von Nachlasswerten im Inventarverfahren nach Art. 178 DBG oder Urkundenfälschung nach Art. 251 StGB). Diese Straftaten sollen bei der erstmaligen Selbstanzeige ebenfalls straffrei bleiben. Dies deshalb, weil eine Person ihre Steuerhinterziehung nur dann anzeigt, wenn gleichzeitig ein Strafverfahren im oben erwähnten Sinne ausbleibt. Wie bereits unter Ziffer 1.5 erwähnt, umfasst die Amnestie nur Strafen. Allfällige unrechtmässige Vorteile müssen inklusive Verzugszinsen nachgezahlt oder zurückbezahlt werden.

Die straflose Selbstanzeige soll sowohl für natürliche Personen wie auch für juristische Personen möglich sein. Während die Umsetzung der straflosen Selbstanzeige bei natürlichen Personen weitgehend problemlos ist, müssen für juristische Personen zusätzliche Regelungen getroffen werden.

Die juristische
Person kann sich nämlich im Lauf ihres Bestehens, welches potenziell unbefristet sein kann, in verschiedener Hinsicht ändern. So kann sie ihre Firma oder ihre Rechtsform ändern, ihren statutarischen Sitz interkantonal verlegen, sich aufspalten oder mit anderen juristischen Personen fusionieren. Sie kann auch ihre Steuerpflicht in der Schweiz durch einen Liquidationsbeschluss oder durch die Verlegung des Sitzes in das Ausland beenden und allenfalls später wieder in die Schweiz zurückkommen. Ob es sich nach einer Änderung um dieselbe oder um eine neue juristische Person handelt, soll anhand des Fortbestandes des Rechtsträgers beurteilt werden, wodurch eine einheitliche Lösung getroffen wird, welche die notwendige Rechtssicherheit bietet. Ist der Rechtsträger vor und nach der Änderung (z.B. die weiter bestehende Gesellschaft bei einer Fusion durch Absorption oder einer Spaltung durch Abspaltung) identisch, so bleibt auch seine Steuerpflicht bestehen. Mit einer Selbstanzeige können deshalb auch Hinterziehungen straflos deklariert werden, die vom identischen Rechtsträger noch vor der Änderung begangen wurden. Auf der anderen Seite ist eine straflose Selbstanzeige immer dann ausgeschlossen, wenn der identische Rechtsträger vor der Änderung bereits einmal eine Selbstanzeige eingereicht hatte. Geht die übertragende Gesellschaft unter (z.B. bei einer Fusion durch Kombination oder einer Spaltung durch Aufspaltung), so endet 8810

damit die Existenz des bisherigen Rechtsträgers. Die entstehende Gesellschaft ist ein neuer, eigenständiger Rechtsträger.

Werden mit Wirkung für eine juristische Person Steuern hinterzogen, dann können heute deren Organe oder Vertreter als Anstifter, Gehilfen oder Mitwirkende (Teilnehmer) bestraft werden und haften überdies noch solidarisch für die hinterzogenen Steuern. (Art. 181 Abs. 3 DBG in Verbindung mit Art. 177 DBG). Die personelle Zusammensetzung der Organe einer juristischen Person kann sich jedoch immer wieder ändern. Organe oder Vertreter, welche für die juristische Person die Selbstanzeige einreichen, sollen neu von der Solidarhaftung und einem Strafverfahren verschont bleiben.

Mit der einmaligen Möglichkeit einer straflosen Selbstanzeige soll nun auch bei den direkten Steuern die gleiche Regelung eingeführt werden, wie sie gemäss Verwaltungsstrafrecht bereits für die Mehrwertsteuer, die eidgenössischen Stempelabgaben und die eidgenössische Verrechnungssteuer besteht (Art. 88 Abs. 1 MWSTG, Art. 50 Abs. 1 StG und Art. 67 Abs. 1 VStG in Verbindung mit Art. 13 VStrR).

1.5.3

Finanzielle Auswirkungen für die Erben bzw. die Steuerpflichtigen

Bei einer erstmaligen Selbstanzeige werden neben der ordentlichen Nachbesteuerung für die letzten 10 Jahre nur noch die Verzugszinsen eingefordert. Neu ist lediglich der Verzicht auf die Einnahmen der Bussen. Die Auswirkungen dieser neuen Regelung sollen anhand eines Vergleichs (mit und ohne Busse) dargelegt werden (siehe Ziff. 1.5.3.2).

Die Nachsteuer kann nach geltendem Recht bis auf zehn Jahre zurück erhoben werden. Die Auswirkungen der vorgeschlagenen Verkürzung der Nachsteuererhebung in Erbfällen auf 3 Jahre sollen durch einen Vergleich mit der Erhebung der (ordentlichen) Nachsteuer für zehn Jahre aufgezeigt werden. Dies geschieht auf der Grundlage folgender Vorgaben: Eine steuerpflichtige Person hinterzieht zehn Jahre vor ihrem Tode bzw. vor der Selbstanzeige einen Betrag von Fr. 50 000, 100 000, 200 000 oder 500 000 und deklariert in der Folge auch die daraus fliessenden Erträge nicht als Einkommen. Die Erträge werden mit 3,5 % p.a. eingesetzt. Die nachfolgende Tabelle zeigt die jährlich anfallenden Erträge und den daraus sich ergebenden Zuwachs an Vermögen: Am Ende des Jahres nicht deklariertes Vermögen

Annahme 1

Annahme 2

Annahme 3

Annahme 4

Beginn 1 2 3 4 5 6 7

50 000 51 750 53 561 55 436 57 376 59 384 61 463 63 614

100 000 103 500 107 123 110 872 114 752 118 769 122 926 127 228

200 000 207 000 214 245 221 744 229 505 237 537 245 851 254 456

500 000 517 500 535 613 554 359 573 762 593 843 614 628 636 140

8811

Am Ende des Jahres nicht deklariertes Vermögen

Annahme 1

Annahme 2

Annahme 3

Annahme 4

8 9 10 In 10 Jahren nicht deklariertes Einkommen

65 840 68 145 70 530

131 661 136 290 141 060

263 362 272 579 282 120

658 405 681 449 705 299

20 530

41 060

82 120

205 299

1.5.3.1

Bei der vereinfachten Nachbesteuerung in Erbfällen

Die folgende Tabelle erlaubt den Vergleich der Nachsteuern für die letzten zehn Jahre mit jenen für die letzten drei Jahre. Sie zeigt die Belastung an den Hauptorten der Kantone Zug, Zürich, Bern und Jura, unter Einschluss der direkten Bundessteuer. Dabei wird von Steuerpflichtigen ausgegangen, die folgende übrige Einkommen und Vermögen deklarieren: ­

Einkommen Fr. 48 000.­, Vermögen Fr.

100 000.­.

­

Einkommen Fr. 100 000.­, Vermögen Fr.

200 000.­.

­

Einkommen Fr. 200 000.­, Vermögen Fr. 1 000 000.­.

Der Verzugszins für die Nachsteuern wurde durchgehend mit 4 % p.a. berechnet.

Die Beträge wurden auf den nächsten ganzen Franken auf- oder abgerundet.

Aus der Tabelle geht hervor, dass der nach ordentlichem Nachsteuerverfahren von den Erben geschuldete Betrag und die Verzugszinsen mit der neuen Regelung im Durchschnitt um etwa zwei Drittel reduziert werden.

8812

50 000 100 000 200 000 500 000

50 000 100 000 200 000 500 000

50 000 100 000 200 000 500 000

E = Fr. 48 000 V = Fr. 100 000

E = Fr. 100 000 V = Fr. 200 000

E = Fr. 200 000 V = Fr. 1 000 000

8813

Nicht deklariertes Vermögen vor 10 Jahren

Deklariertes Einkommen (E) und Vermögen (V)

7 826.­ 15 715.­ 31 509.­ 78 889.­

5 346.­ 11 071.­ 23 013.­ 64 250.­

3 215.­ 8 083.­ 18 696.­ 48 546.­

Nachsteuer und Verzugszinsen für 10 Jahre (bisher)

2 352.­ 4 731.­ 9 477.­ 23 727.­

1 618.­ 3 338.­ 6 985.­ 19 724.­

995.­ 3 112.­ 5 581.­ 14 951.­

Nachsteuer und Verzugszinsen für die letzten drei Jahre (neu)

Zug (Kanton und Hauptort) und Bund

11 760.­ 23 363.­ 48 739.­ 126 969.­

8 004.­ 16 508.­ 33 937.­ 91 386.­

5 274.­ 10 620.­ 22 480.­ 64 286.­

Nachsteuer und Verzugszinsen für 10 Jahre (bisher)

3 511.­ 7 049.­ 14 781.­ 38 311.­

2 387.­ 5 011.­ 10 242.­ 27 844.­

1 591.­ 3 211.­ 6 933.­ 19 840.­

Nachsteuer und Verzugszinsen für die letzten drei Jahre (neu)

Zürich (Kanton und Hauptort) und Bund

(in den Kantonen ZG, ZH, BE und JU, jeweils unter Einschluss der direkten Bundessteuer)

14 335.­ 28 918.­ 58 039.­ 148 320.­

10 981.­ 22 418.­ 46 113.­ 121 383.­

11 298.­ 20 391.­ 38 480.­ 98 535.­

Nachsteuer und Verzugszinsen für 10 Jahre (bisher)

4 323.­ 8 691.­ 17 476.­ 44 772.­

3 313.­ 6 777.­ 13 926.­ 36 773.­

3 312.­ 6 029.­ 11 565.­ 30 042.­

Nachsteuer und Verzugszinsen für die letzten drei Jahre (neu)

Bern (Kanton und Hauptort) und Bund

15 340.­ 30 915.­ 62 047.­ 158 901.­

12 177.­ 25 090.­ 51 255.­ 133 527.­

10 108.­ 20 421.­ 41 844.­ 110 503.­

Nachsteuer und Verzugszinsen für 10 Jahre (bisher)

4 621.­ 9 305.­ 18 674.­ 47 906.­

3 670.­ 7 581.­ 15 460.­ 40 357.­

3 049.­ 6 146.­ 12 676.­ 33 563.­

Nachsteuer und Verzugszinsen für die letzten drei Jahre (neu)

Jura (Kanton und Hauptort) und Bund

Vergleich der Belastung durch die Nachsteuer mit Verzugszinsen für zehn Jahre mit jener für die letzten drei Steuerjahre

1.5.3.2

Bei der straflosen Selbstanzeige

Was die straflose Selbstanzeige betrifft, so sollen die finanziellen Auswirkungen auf die Steuerpflichtigen (keine Busse) durch einen Vergleich mit der Erhebung der (ordentlichen) Nachsteuer mit Verzugszinsen und Bussen für zehn Jahre aufgezeigt werden. Die Vorgaben für die folgenden Tabellen sind dieselben wie für die Tabelle zur vereinfachten Nachbesteuerung in Erbfällen. Für die Busse wurde angenommen, ihre Höhe entspreche dem hinterzogenen Betrag ohne Verzugszins (Regelfall nach Art. 175 Abs. 2 DBG).

Aus der Tabelle geht hervor, dass der geschuldete Betrag bei einer straflosen Selbstanzeige gegenüber dem ordentlichen Nach- und Strafsteuerverfahren um etwas weniger als die Hälfte reduziert wird (Wegfall der Busse).

8814

50 000 100 000 200 000 500 000

50 000 100 000 200 000 500 000

50 000 100 000 200 000 500 000

E = Fr. 48 000 V = Fr. 100 000

E = Fr. 100 000 V = Fr. 200 000

E = Fr. 200 000 V = Fr. 1 000 000

8815

Nicht deklariertes Vermögen vor 10 Jahren

Deklariertes Einkommen (E) und Vermögen (V)

14 301 28 717 57 578 144 159

9 771 20 232 42 067 117 494

5 874 14 898 34 508 88 780

Nachsteuer und Verzugszinsen für 10 Jahre + Busse (bisher)

7 826 15 715 31 509 78 889

5 346 11 071 23 013 64 250

3 215 8 083 18 896 48 546

Nachsteuer für 10 Jahre und Verzugszinsen (neu)

Zug (Kanton und Hauptort) und Bund

21 485 42 694 89 092 232 045

14 622 30 174 62 024 167 073

9 637 19 409 41 114 117 576

Nachsteuer und Verzugszinsen für 10 Jahre + Busse (bisher)

11 760 23 363 48 739 126 969

8 004 16 508 33 937 91 386

5 274 10 620 22 480 64 286

Nachsteuer für 10 Jahre und Verzugszinsen (neu)

Zürich (Kanton und Hauptort) und Bund

(in den Kantonen ZG, ZH, BE und JU, jeweils unter Einschluss der direkten Bundessteuer)

26 314 52 960 106 207 271 187

20 145 41 052 84 375 221 947

20 649 37 208 70 289 179 989

Nachsteuer und Verzugszinsen für 10 Jahre + Busse (bisher)

14 400 28 982 58 119 148 386

11 024 22 461 46 167 121 427

11 311 20 374 38 466 98 453

Nachsteuer für 10 Jahre und Verzugszinsen (neu)

Bern (Kanton und Hauptort) und Bund

28 032 56 492 113 385 290 392

22 252 45 854 93 671 244 043

18 472 37 317 76 483 201 998

Nachsteuer und Verzugszinsen für 10 Jahre + Busse (bisher)

15 340 30 915 62 047 158 901

12 177 25 090 51 255 133 527

10 108 20 421 41 844 110 503

Nachsteuer für 10 Jahre und Verzugszinsen (neu)

Jura (Kanton und Hauptort) und Bund

Vergleich der Belastung durch die Nachsteuer mit Verzugszinsen und Busse für zehn Jahre mit jener der straflosen Selbstanzeige (keine Busse)

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1

Die Regelung der vereinfachten Nachbesteuerung der Erben

2.1.1

Erläuterungen der Änderungen im DBG

Art. 151

Ordentliche Nachsteuer

Um die vereinfachte Nachbesteuerung in Erbfällen (Art. 153a) klar von der normalen Nachbesteuerung zu unterscheiden, soll Artikel 151 DBG neu die Sachüberschrift «ordentliche Nachsteuer» erhalten.

Art. 153a

Vereinfachte Nachbesteuerung in Erbfällen

Absätze 1 und 2: Stellung der Erben Die Erben können in den Genuss der Milderung bei der Erhebung der Nachsteuern kommen, die eigentlich vom Erblasser zu bezahlen gewesen wären. Voraussetzung dafür, dass die Erben überhaupt für die Bezahlung der vom Erblasser hinterzogenen Steuer haften, ist die Steuerpflicht des Erblassers in der Schweiz. Die hier vorgeschlagene Massnahme mildert die Haftung der Erben, indem die Nachsteuer samt den Verzugszinsen nur noch für die letzten drei vor dem Todesjahr abgelaufenen Steuerperioden eingefordert wird (Abs. 2). Das Recht, die vereinfachte Nachbesteuerung zu verlangen, steht jedem Erben einzeln zu, so dass er alleine, auch gegen den Willen der übrigen Erben, die vereinfachte Nachbesteuerung verlangen kann.

Die vereinfachte Nachbesteuerung wird nur bei der Deklaration von Vermögensund Einkommenswerten gewährt, von deren Existenz die Steuerbehörden bisher noch keine Kenntnis hatten. Melden die Erben Elemente, die einer eidgenössischen, kantonalen oder kommunalen Steuerbehörde bereits bekannt sind, so werden diese Elemente der ordentlichen Nachbesteuerung (zehn Jahre) unterzogen (Bst. a).

Ferner haben die Erben die Steuerbehörden vorbehaltlos bei der Aufnahme eines vollständigen und genauen Nachlassinventars zu unterstützen. Sie haben also die ihnen im Inventarverfahren obliegenden Mitwirkungspflichten nach Artikel 157 DBG voll und ganz zu erfüllen (Bst. b).

Von einer bevorzugten Nachbesteuerung sollen die Erben schliesslich nur profitieren können, wenn sie sich auch ernstlich um die Bezahlung der geschuldeten Nachsteuern bemühen (Bst. c). Wer es beispielsweise zur Betreibung kommen lässt, obwohl ihm oder ihr die Bezahlung der Nachsteuer zugemutet werden kann, soll von der vereinfachten Nachbesteuerung nicht profitieren können. In diesem Fall erfolgt nachträglich die Berechnung der Nachsteuer und der Verzugszinsen auf Grund der letzten zehn Jahre.

Wurde die Nachsteuer dem Erblasser bereits zu dessen Lebzeiten rechtskräftig auferlegt, dann gehört diese Schuld zum Nachlass wie alle anderen Schulden des Erblassers, und eine zusätzliche Reduktion dieser Nachsteuer rechtfertigt sich daher nicht. Diese Nachsteuer wurde aber unter Umständen zu tief festgesetzt, wenn die Steuerbehörden nicht alle hinterzogenen Einkommens- und Vermögensbestandteile entdeckt hatten. Den Erben soll es in einem solchen Fall nicht verwehrt sein, weitere ihnen bekannte Vermögensbestandteile des Erblassers den Steuerbehörden zu mel8816

den und diesbezüglich eine Milderung der Nachsteuer nach den Bestimmungen des DBG und des StHG zu beanspruchen. Diese nach den neuen Vorschriften festgesetzte Nachsteuer ist dann zusätzlich zu der bereits rechtskräftig dem Erblasser auferlegten Nachsteuer von den Erben geschuldet.

Absatz 3: Ausschluss der Milderung der Nachsteuer Jeder Erbe hat die Möglichkeit, die amtliche Liquidation der Erbschaft zu verlangen.

In einem solchen Fall werden die Erben nicht persönlich für die Schulden des Erblassers haftbar (vgl. Art. 593 ZGB), und die Erben bedürfen demnach auch keiner besonderen Schonung hinsichtlich ihrer Haftung für die vom Erblasser hinterzogenen Steuern. Wird eine überschuldete Erbschaft konkursamtlich liquidiert (Art. 597 ZGB), dann besteht für den Fiskus keine Veranlassung, seine Forderung zu Gunsten anderer Gläubiger zu reduzieren. Deshalb soll in diesen Fällen keinerlei Milderung der Nachsteuer erfolgen. Wird die Erbschaft also amtlich oder konkursamtlich liquidiert, so kann keine vereinfachte Nachbesteuerung erfolgen.

Absatz 4: Erbschaftsverwalter und Willensvollstrecker Der Erbschaftsverwalter und der Willensvollstrecker müssen auch legitimiert sein, den Antrag zur vereinfachten Nachbesteuerung zu stellen, denn sie haben den Nachlass nach Artikel 518 Absatz 2 ZGB zu verwalten. Zudem haften sie in beschränktem Ausmass solidarisch mit den Erben für die Steuern des Erblassers (Art. 13 Abs. 4 DBG). Das Recht, die vereinfachte Nachbesteuerung zu verlangen, steht ihnen auch ohne die Zustimmung der Erben zu.

Art. 220a

Übergangsbestimmung

Es stellt sich die Frage, für welche Erbgänge die Neuerungen erstmals angewendet werden sollen. Verschiedene Möglichkeiten sind denkbar: Es kann auf den Todestag des Erblassers, d.h. auf die Eröffnung des Erbganges, abgestellt werden oder aber auf die Eröffnung des Nachsteuerverfahrens gegenüber dem Erblasser oder auch auf die Anzeige der Steuerbehörde an die Erben, dass gegen den Erblasser ein Nachsteuerverfahren eröffnet wird oder hängig ist. Da der Todestag einen Zeitpunkt darstellt, der in aller Regel eindeutig und einfach bestimmt werden kann, soll die vereinfachte Nachbesteuerung nur auf Erbgänge angewendet werden, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eröffnet werden.

2.1.2

Erläuterungen der Änderungen im StHG

Die Regelung im StHG entspricht derjenigen im DBG, damit auch in diesem Bereich eine Harmonisierung zwischen Bund und Kantonen sichergestellt wird.

Art. 53 Art. 53a Art. 78d

Sachüberschrift «Ordentliche Nachsteuer» Vereinfachte Nachbesteuerung von Erben Übergangsbestimmung

Vergleiche dazu die Ausführungen zu den Artikeln 151 (Sachüberschrift), 153a und 220a DBG.

8817

2.2

Die Regelung der straflosen Selbstanzeige

Die nachstehend dargelegten Bestimmungen zur straflosen Selbstanzeige lehnen sich an die entsprechende Regelung in Artikel 13 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR) an. Die Strafbefreiung kann nur Personen gewährt werden, die zum ersten Mal eine Selbstanzeige einreichen.

2.2.1

Erläuterungen der Änderungen im DBG

Art. 175 Abs. 3 und 4

Strafmilderung

Absatz 3: Von einer Strafverfolgung wird abgesehen, wenn die steuerpflichtige Person ihr fehlbares Verhalten bereut und sich selber anzeigt, sich noch nie vorher angezeigt hat und die Verwaltung bei der Festsetzung der Nachsteuer vorbehaltlos unterstützt. Durch den Wegfall der Bestrafung sollen fehlbare Steuerpflichtige motiviert werden, ihre Verfehlungen offen zu legen und das hinterzogene Einkommen und Vermögen nachträglich zu deklarieren. Die steuerpflichtige Person hat jedoch weiterhin die Nachsteuern zu bezahlen sowie die Verzugszinsen. Die Nachsteuern können bis auf zehn Jahre zurück erhoben werden (Art. 152 DBG). Die Möglichkeit der straflosen Selbstanzeige wird sowohl für natürliche Personen als auch für juristische Personen (siehe Art. 181a DBG) auf ein einziges Mal beschränkt, da sich die steuerpflichtige Person ansonsten in regelmässigen Abständen selbst anzeigen könnte, dadurch immer wieder straffrei bliebe.

Von einer Strafverfolgung wird jedoch nur dann abgesehen, wenn die Steuerbehörden im Zeitpunkt der Selbstanzeige noch keine Kenntnisse von der Hinterziehung hatten. Sollte die steuerpflichtige Person alle oben erwähnten Voraussetzungen erfüllen, sich jedoch nicht um die Bezahlung der geschuldeten Nachsteuer bemühen ­ beispielsweise indem sie es zur Betreibung kommen lässt, obwohl ihr die Bezahlung der Nachsteuer zugemutet werden kann ­, so fällt nachträglich die Strafbefreiung dahin.

Absatz 4 regelt das Strafmass bei wiederholter Selbstanzeige. Es gilt die bisherige Regelung, wonach die Busse auf einen Fünftel der hinterzogenen Steuer ermässigt wird. Diese Bussenreduktion kann jedoch nur gewährt werden, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 3 Buchstaben a­c erfüllt sind. Bei wiederholter Anzeige soll von der Strafverfolgung allfälliger anderer, mit der Hinterziehung zusammenhängender Straftaten nicht abgesehen werden.

Art. 177 Abs. 3

Anstiftung, Gehilfenschaft, Mitwirkung

Anstifter, Gehilfen oder Mitwirkende (Teilnehmer) einer Steuerhinterziehung erhalten ebenfalls die Möglichkeit der straflosen Selbstanzeige. Bereuten die Teilnehmer im Rahmen des bisherigen Rechts ihr Tun und zeigten die Steuerhinterziehung an, so wurde ihnen keine Straffreiheit gewährt. Es bestand daher kein Anreiz für die Teilnehmer, eine Steuerhinterziehung anzuzeigen. Neu sollen die Teilnehmer, wenn sie eine Steuerhinterziehung vor deren Entdeckung durch eine Steuerbehörde anzeigen und diese vorbehaltlos unterstützen, keine Busse mehr fürchten müssen. Sie werden auch von der solidarischen Haftung für die hinterzogenen Steuern befreit. Auch in diesem Fall gilt, dass für weitere Straftaten, die in direktem Zusammenhang mit der Steuerhinterziehung begangen wurden, keine Strafverfolgung eingeleitet wird.

8818

Es rechtfertigt sich auch hier, die Anzahl der straflosen Selbstanzeigen auf ein einziges Mal zu beschränken. Bei der erstmaligen Anzeige können Teilnahmen an mehreren Steuerhinterziehungen straffrei angezeigt werden. Beispiel: Ein Steuerberater zeigt die Hinterziehung einer oder mehrerer Steuern sowie die Mitwirkung an den Steuerhinterziehungen verschiedener Kunden gleichzeitig an. Spätere Selbstanzeigen führen dann jedoch nicht mehr zur Strafbefreiung. Zur Anwendung kommen dann die Absätze 1 und 2 von Artikel 177 DBG.

Art. 178 Abs. 4

Straffreiheit bei Verheimlichung oder Beiseiteschaffung von Nachlasswerten im Inventarverfahren

Wer Nachlasswerte im Inventarverfahren verheimlicht oder beiseite schafft (Art. 178 Abs. 1 DBG) und anschliessend mit Hilfe der mangelhaften Inventaraufnahme eine Steuerhinterziehung begeht, diese jedoch gemäss Artikel 175 Absatz 3 erstmals selbst anzeigt, wird gestützt auf Artikel 186 Absatz 3 von der Strafe für das Inventardelikt und für allfällige weitere im Zusammenhang mit der Steuerhinterziehung begangene Straftaten befreit.

Die Verheimlichung oder Beiseiteschaffung von Nachlasswerten im Inventarverfahren ist jedoch schon per se strafbar, also auch dann, wenn es nicht zu einer Steuerhinterziehung kommt (beispielsweise weil die verheimlichten Vermögenswerte im Rahmen der anschliessenden Steuererklärung doch noch deklariert werden). Ohne Steuerhinterziehung kann Artikel 186 Absatz 3 nicht greifen. Es ist daher notwendig, dass in einem solchen Fall die Straffreiheit an dieser Stelle explizit geregelt wird.

Art. 181

Allgemeines

Da mit Artikel 181a ein zweiter Artikel in das 3. Kapitel «Juristische Personen» eingefügt wird, erhält der bestehende Artikel 181 neu eine eigene Sachüberschrift «Allgemeines». Damit wird ausgedrückt, dass der Artikel allgemeine Bestimmungen zur Verletzung von Verfahrenspflichten und zur Steuerhinterziehung durch juristische Personen enthält.

Art. 181a

Selbstanzeige

Absatz 1: Der Absatz entspricht sinngemäss dem Wortlaut von Artikel 175 Absatz 3 DBG. Die Voraussetzungen für die Einreichung einer straflosen Selbstanzeige für natürliche und juristische Personen müssen identisch sein (vgl. Erläuterungen zu Art. 175 Abs. 3).

Absatz 2: Die Änderung der Firma oder die Sitzverlegung innerhalb der Schweiz hat keinen Einfluss auf die Steuerpflicht der juristischen Person und steht deshalb der Einreichung einer straflosen Selbstanzeige nicht entgegen.

Die Umwandlung einer Gesellschaft im Sinne des Fusionsgesetzes4 verändert nach der ausdrücklichen Vorschrift von Artikel 53 Satz 2 FusG deren Rechtsverhältnisse nicht. Es besteht eine Kontinuität des Rechtsträgers, des Vermögens und der Mitgliedschaft (Guggenbühl in: Zürcher Kommentar zum Fusionsgesetz, Zürich 2004, N 10 bis 16 zu Art. 53 FusG). Die Umwandlung erfordert keine Neugründung einer 4

Bundesgesetz vom 3. Oktober 2003 über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung (FusG; SR 221.301).

8819

Gesellschaft in der gewählten Rechtsform mit Auflösung der bisherigen Gesellschaft und anschliessender Übertragung des Vermögens auf die neue Gesellschaft (Guggenbühl in: op. cit., N. 12 zu Art. 53 FusG). Im Handelsregister erfolgt keine Löschung der unter der alten Rechtsform eingetragenen Gesellschaft (Burckhardt Bertossa in: Zürcher Kommentar zum Fusionsgesetz, Zürich 2004, N. 2 zu Art. 66 FusG). Die Kontinuität des Rechtsträgers und des Vermögens bewirkt, dass die Steuerpflicht bestehen bleibt. Deshalb soll eine straflose Selbstanzeige für die vor der Umwandlung begangenen Steuerhinterziehungen eingereicht werden können.

Auf der anderen Seite gilt eine Selbstanzeige nach der Umwandlung nicht als erstmalig, wenn die Gesellschaft bereits vor der Umwandlung einmal eine straflose Selbstanzeige eingereicht hat.

Wenn nach einer Fusion oder einer Spaltung die übergebende Gesellschaft untergeht, so kann für diese keine Selbstanzeige mehr eingereicht werden. Bei der Fusion durch Absorption und bei der Spaltung durch Abspaltung existiert die absorbierende bzw. die abspaltende Gesellschaft weiter. Ihre Steuerpflicht wird durch den Absorptions- bzw. Abspaltungsvorgang nicht unterbrochen. Sie kann Steuerhinterziehungen ihres Geschäftsbetriebes zur Anzeige bringen, unabhängig davon, ob diese vor oder nach der Absorption bzw. der Abspaltung stattfanden. Damit die Straflosigkeit gewährt werden kann, müssen selbstredend auch hier die Bedingungen des ersten Absatzes erfüllt sein.

Absatz 3: Die Gesellschaft handelt stets durch ihre Organe oder Vertreter. Nur diese sind zur Einreichung einer straflosen Selbstanzeige befugt. Da sie nach Artikel 181 Absatz 3 DBG in Verbindung mit Artikel 177 DBG als Teilnehmer bestraft werden könnten, sollen sie durch diesen Absatz von der Busse und der Solidarhaftung befreit werden, wie dies auch nach dem neu vorgeschlagenen Artikel 177 Absatz 3 DBG für die Teilnehmer an einer Steuerhinterziehung einer natürlichen Person vorgesehen ist. Die Straffreiheit gilt auch für bereits ausgeschiedene Organmitglieder oder Vertreter der juristischen Person, welche für die Periode, auf die sich die straflose Selbstanzeige bezieht, im Handelsregister eingetragen waren.

Absatz 4: Ehemalige Organmitglieder einer juristischen Person sollen die Gelegenheit erhalten, sich durch eine Anzeige selbst
zu entlasten. Die Straffreiheit gilt in diesem Fall weder für die betroffene juristische Person noch für deren betroffene Organe und Vertreter.

Absatz 5: Die juristische Person selbst wird für die hinsichtlich ihrer eigenen Steuern begangene Hinterziehung bestraft (Art. 181 Abs. 1 DBG). Wenn ihre Steuerpflicht in der Schweiz endet, dann fehlt es an einem Subjekt für die Bestrafung. Eine Selbstanzeige erübrigt sich deshalb.

Absatz 6: Analog zur Regelung für die natürlichen Personen müssen die Folgen weiterer Selbstanzeigen auch für die juristischen Personen geregelt werden.

Art. 186 Abs. 3 (neu) Es ist einer Amnestie inhärent, der reuigen Person die Bestrafung zu erlassen. Es ist durchaus möglich, dass jemand im Hinblick auf das Steuerdelikt noch weitere, steuerrechtlich oder gar strafrechtlich relevante Straftaten begangen hat. Entschliesst sich eine Person zur Selbstanzeige, so soll sie nur unterschlagenes oder zu Unrecht erhaltenes Geld nachzahlen bzw. zurückerstatten. Für ihre Straftat soll sie aber nicht bestraft werden. Deshalb ist es angezeigt, bei Erfüllung aller Voraussetzungen der 8820

straflosen Selbstanzeige auch allfällige andere Straftaten, die im Zusammenhang mit der Steuerhinterziehung geschahen (z.B. Steuerbetrug, Urkundenfälschung), zu amnestieren.

Art. 187 Abs. 2

Selbstanzeige bei Veruntreuung von Quellensteuern

Die straflose Selbstanzeige soll den Weg zur Steuerehrlichkeit öffnen. Diesen Weg wird eine steuerpflichtige Person aber nur dann gehen, wenn ihre Selbstanzeige keine Straffolgen nach sich zieht. Sind die Voraussetzungen nach Artikel 175 Absatz 3 oder Artikel 181a Absatz 1 gegeben, so soll auch bei einer Veruntreuung von Quellensteuern von einer Strafverfolgung abgesehen werden.

2.2.2

Erläuterungen der Änderungen beim StHG

Die Regelung im StHG muss so weit als möglich der Regelung im DBG entsprechen, damit auch in diesem Bereich eine Harmonisierung zwischen Bund und Kantonen erreicht wird.

Art. 56 Abs. 1, 1bis, 1ter, 3, 4 und 5

Strafmilderung bei Selbstanzeige

Absatz 1 entspricht dem bisherigen Absatz 1, ohne den letzten Satz zur Selbstanzeige.

Zu Absatz 1bis siehe Ausführungen zu Artikel 175 Absatz 3 DBG.

Zu Absatz 1ter siehe Ausführungen zu Artikel 175 Absatz 4 DBG. Im Gegensatz zum DBG ist im StHG die Ermässigung der Busse auf einen Fünftel der hinterzogenen Steuer wie bisher als Kann-Vorschrift formuliert.

Zu Absatz 3bis siehe Ausführungen zu Artikel 177 Absatz 3 DBG.

Absatz 4 entspricht dem bisherigen Absatz. Es wurde lediglich ein Wort geändert (sprachliche Korrektur), das im Übrigen auch im Text von Artikel 178 Absatz 1 DBG enthalten ist.

Zu Absatz 5 siehe Ausführungen zu Artikel 178 Absatz 4 DBG.

Art. 57a

Selbstanzeige juristischer Personen

Siehe Ausführungen zu Artikel 181a DBG.

Art. 59 Abs. 2bis und 2ter Siehe Ausführungen zu den Artikeln 186 Absatz 3 und 187 Absatz 2 DBG.

Art. 72f

Anpassung der kantonalen Gesetzgebung

Der Bundesrat wird das Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung bestimmen. Bei der Festlegung des Datums des Inkrafttretens dieser Neuerungen soll darauf geachtet werden, dass den Kantonen genügend Zeit zur Anpassung ihrer Gesetzgebung bleibt.

8821

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen auf Bund und Kantone

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Mit der Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen darf insbesondere kurz- und mittelfristig mit gewissen Mehreinnahmen gerechnet werden.

Dies deshalb, weil die neue Regelung einerseits etliche Erben motivieren wird, die Hinterziehung des Erblassers anzuzeigen und dadurch Nachsteuer- und Verzugszinseneinnahmen resultieren werden. Andererseits darf davon ausgegangen werden, dass sich einige Steuerhinterzieher selbst anzeigen werden, da sie keine Busse oder sonstige Strafverfolgung, die im Zusammenhang mit der Steuerhinterziehung stehen, befürchten müssen. Auch in diesem Fall werden die Steuerbehörden Nachsteuerund Verzugszinseneinnahmen haben.

Zu Mehreinnahmen wird es auch deshalb kommen, weil sowohl für die Erben, wie auch für die Personen, die sich selbst angezeigt haben, in den folgenden Steuerperioden die zusätzlichen Einkommens- und Vermögensbestandteile ihrem eigenen Einkommen und Vermögen zugerechnet werden, was auch wegen der Auswirkungen der Progression zu mehr Steuereinnahmen führen wird. Dieser Effekt wird sicher noch verstärkt, wenn wegen der Milderung der Nachsteuer für die Erben die ihnen zufallenden Einkünfte und Vermögensbestandteile etwas grösser werden.

Die Verkürzung der Nachsteuererhebung in Erbfällen wird nur gewährt, wenn die Erben einen entsprechenden Antrag stellen. Dieser wird nur dann gutgeheissen, wenn die Behörden im Zeitpunkt des Antrages noch keine Kenntnis von der Steuerhinterziehung des Erblassers hatten. Hatten die Behörden bereits Kenntnis von der Steuerhinterziehung, so erfolgt die Nachbesteuerung nach heutigem Recht (10 Jahre) und es fallen keine Mindereinnahmen an. Hatten die Behörden noch keine Kenntnis von der Steuerhinterziehung, so entstehen trotz verkürzter Nachbesteuerung keine Mindereinnahmen, denn in diesem Falle hätten die Steuerbehörden ­ ohne Antrag der Erben - gar keine Einnahmen. Sinngemäss gilt dies auch für die Fälle der straflosen Selbstanzeige.

Über das konkrete Ausmass der finanziellen Auswirkungen dieser Reform kann keine verlässliche Aussage gemacht werden, da es naturgemäss keine gesicherten statistischen Angaben über die Höhe der nicht versteuerten Vermögen und Einkommen in der Schweiz gibt und auch nicht abgeschätzt werden kann, wie viele Selbstanzeigen oder Anträge für eine verkürzte Erbennachbesteuerung eingehen werden.

Eine Strafmilderung
oder ein Strafverzicht sowie eine Reduktion der zugrunde liegenden Bemessungsjahre für die Berechnung der Nachsteuer kann zu einem Anreiz für zusätzliche Steuerhinterziehungen führen. Dies würde langfristig Mindereinnahmen nach sich ziehen.

Bei der straflosen Selbstanzeige wird jedoch nur auf eine Bestrafung verzichtet. Die nicht bezahlte Steuer wird inklusive Verzugszins für die letzten zehn Jahre eingefordert, sodass sich der Anreiz für zusätzliche Steuerhinterziehungen in Grenzen halten wird. Ausserdem wird die straflose Selbstanzeige auf ein einziges Mal beschränkt.

Bei weiteren Selbstanzeigen, oder bei Nichterfüllung der Voraussetzungen, bleibt die Strafbarkeit bestehen.

8822

Wer sich lediglich deshalb zur Steuerhinterziehung entschliesst, weil eine einmalige straflose Selbstanzeige erfolgt, wird sich jedoch auch bewusst sein, dass die Straflosigkeit nur dann gewährt wird, wenn nach der Selbstanzeige sämtliche Unterlagen der letzten zehn Jahre, die zur Berechnung der Nachsteuer und der Verrechnungszinsen notwendig sind, den Behörden vorgelegt werden müssen. Kommt die Steuerverwaltung zum Schluss, dass die Steuerhinterziehung über die Selbstanzeige hinaus geht, wird die Straffreiheit nicht mehr gewährt. Die steuerhinterziehende Person wird dann nicht nur steuerrechtlich gebüsst, sondern allenfalls auch strafrechtlich verfolgt.

Bei der verkürzten Erbennachbesteuerung ist nicht auszuschliessen, dass die Erblasser einen Anreiz für zusätzliche Steuerhinterziehungen erhalten, da die Erben beantragen können, dass vom Erblasser hinterzogene Steuern (inkl. Verzugszinsen) nur auf drei Jahre zurück bezahlt werden müssen. Für die Hinterziehungen des Erblassers können die Erben bereits heute nicht gebüsst werden. Würde ein solcher Anreiz tatsächlich zu vermehrten Steuerhinterziehungen führen, so müsste mit Mindereinnahmen gerechnet werden.

Ein solches Vorgehen macht sich für die Erben jedoch nur dann bezahlt, wenn die Hinterziehung mindestens vier Jahre vor dem Ableben des Erblassers erfolgt ist, da die Nachsteuer auf die letzten drei Jahre vor dem Tod des Erblassers festgelegt wird.

Kurzfristiges Handeln führt daher nicht zu Steuerersparnissen.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

In personeller Hinsicht dürfte die vereinfachte Nachbesteuerung in Erbfällen keine Auswirkungen haben. Zwar wird die Anzahl der Nachsteuerverfahren in Erbfällen wohl zunehmen, doch dürfte dieser Mehraufwand dadurch kompensiert werden, dass die vorgeschlagene Massnahme einen Minderaufwand aufgrund der Vereinfachung des Verfahrens (Reduktion des Nachsteuerverfahrens von zehn auf drei Jahre) mit sich bringt.

Bei der straflosen Selbstanzeige ist vor allem in der Anfangsphase nach Inkrafttreten des Gesetzes mit einer Zunahme der Nachsteuerverfahren zu rechnen. Da die steuerpflichtige Person ­ will sie in den Genuss der straflosen Selbstanzeige kommen ­ ihre Vermögenswerte vollumfänglich offen legen muss, werden diese Verfahren grundsätzlich keinen signifikant höheren Aufwand verursachen. Bei komplizierten oder umfangreichen Fällen ist jedoch mit einem gewissen Mehraufwand zu rechnen.

Wie gross der personelle Mehraufwand aber sein wird, kann nicht beziffert werden, da dies von der Menge der neuen Selbstanzeigen und deren Umfang bzw. Komplexität abhängt. Die Kosten für einen allfälligen Mehraufwand dürften durch die Mehreinnahmen auf jeden Fall gedeckt werden.

3.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Es liegt in der Natur der Sache, dass keine verlässlichen Zahlen darüber bestehen, wie viel Einkommen und Vermögen nicht deklariert wird. Auch kann nicht geschätzt werden, wie viele Personen von der Möglichkeit der straflosen Selbstanzeige Gebrauch machen werden und wie viele Gelder damit neu ordnungsgemäss versteuert werden. Es liegen auch keine nutzbaren empirischen Daten vor. Einmal 8823

amnestierte Gelder können aber auch für übliche Weissgeld-Investitionen genutzt werden, was zuvor nicht geschah, aus Angst davor, die Steuerbehörde entdecke die Hinterziehung. Wenn aufgrund der vorgesehenen Massnahmen zusätzliche Fiskaleinnahmen resultieren, könnten diese allenfalls dafür verwendet werden, die Steuern zu senken, was wiederum einen positiven Effekt auf das Wirtschaftswachstum hätte.

4

Verhältnis zur Legislaturperiode und zum Finanzplan

Die Vorlage ist im Bericht über die Legislaturplanung 2003­2007 angekündigt (BBl 2004 1195). Die finanziellen Folgen dieser Gesetzesänderung sind im Finanzplan nicht enthalten.

5

Verfassungsmässigkeit

Für den Bereich der direkten Steuern verleiht Artikel 128 BV dem Bund die Befugnis, eine direkte Bundessteuer auf dem Einkommen natürlicher Personen zu erheben.

Artikel 129 BV gibt dem Bund zusätzlich die Kompetenz und den Auftrag, für die Harmonisierung der direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden zu sorgen. Die Harmonisierung erstreckt sich auf die Steuerpflicht, den Gegenstand und die zeitliche Bemessung der Steuern, das Verfahrensrecht und das Steuerstrafrecht.

Somit ist die Vorlage verfassungskonform.

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