06.022 Bericht über die von der Internationalen Arbeitskonferenz (IAK) anlässlich ihrer 92. und 93. Tagung genehmigten Instrumente vom 15. Februar 2006

Sehr geehrte Herren Präsidenten Sehr geehrte Damen und Herren Gemäss Artikel 19 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) unterbreiten wir Ihnen einen Bericht über die von der Internationalen Arbeitskonferenz (IAK) anlässlich ihrer 92. und 93. Tagung genehmigten Instrumente.

Wir bitten um Kenntnisnahme und versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. Februar 2006

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2005-2453

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Übersicht Dieser Bericht stellt die beiden an der 92. und 93. Tagung der IAK angenommenen Empfehlungen kurz vor.

Empfehlungen sind Instrumente ohne bindenden Charakter für die Mitgliedsstaaten der IAO; die Empfehlungen der IAO können den Regierungen als Orientierung dienen, jedoch erfordern sie keinen Entscheid zur Ratifizierung durch die Schweiz.

Gemäss unserer etablierten Praxis kommentieren wir diese Instrumente nicht, sofern sie keine Ergänzung zu einem Übereinkommen darstellen. Die Empfehlung Nr. 195 über die Entwicklung der Humanressourcen wird daher zur Kenntnisnahme unterbreitet.

Der vorliegende Bericht ist der Dreigliedrigen Eidgenössischen Kommission für Angelegenheiten der IAO, einer extraparlamentarischen konsultativen Kommission, welche sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Verwaltung und der Schweizer Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände zusammensetzt, vorgelegt worden. Die Kommission hat vom Bericht Kenntnis genommen und ihn genehmigt.

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Bericht 1

Einleitung

Gemäss Artikel 19 Absätze 5 und 6 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ihren Parlamenten die internationalen Arbeitsübereinkommen und -empfehlungen, die an den Tagungen der IAK genehmigt werden, vorzulegen, und zwar innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Beendigung der Tagung der IAK. Diese Frist kann um höchstens sechs Monate verlängert werden.

Im vorliegenden Bericht unterbreitet der Bundesrat die Empfehlung Nr. 195 über die Entwicklung der Humanressourcen, die von der IAK am 16. Juni 2004 (92. Tagung) angenommen wurde zur Information; er informiert Sie zudem über die Zusammenhänge rund um die Verabschiedung der Empfehlung Nr. 196 über die Arbeit im Fischereisektor durch die IAK am 16. Juni 2005 (93. Tagung).

2

Empfehlung Nr. 195 betreffend die Entwicklung der Humanressourcen; Bildung, Ausbildung und lebenslanges Lernen (Anhang) und Empfehlung Nr. 196 über die Arbeit im Fischereisektor

2.1

Allgemeiner Teil

Die Empfehlung Nr. 195 über die Entwicklung der Humanressourcen ist ein erstes Mal an der 91. Tagung der IAK im Jahr 2003 und dann ein weiteres Mal an der 92. Tagung der IAK im Hinblick auf die Annahme einer Empfehlung diskutiert worden.

Die Frage der Arbeit im Fischereisektor ist ein erstes Mal an der 92. Tagung der IAK im Jahr 2004 sowie ein weiteres Mal an der 93. Tagung der IAK im Jahr 2005 im Hinblick auf die Annahme eines Übereinkommens diskutiert worden, das von einer Empfehlung ergänzt wird.

Die Empfehlungen der IAK sind nicht bindend, können den Regierungen jedoch als Orientierung bei der Festlegung ihrer Politik dienen (Art. 19 der Verfassung der IAK; SR 0.820.1). Die Empfehlungen der IAK erfordern daher keinen Entscheid zur Ratifizierung durch die Schweiz und gemäss der etablierten Praxis wurden diese Instrumente nicht kommentiert, sofern sie keine Ergänzung zu einem Übereinkommen darstellen.

2.2

Besonderer Teil

An ihrer 92. Tagung hat die IAK die Empfehlung Nr. 195 über die Entwicklung der Humanressourcen mit 338 gegen 98 Stimmen bei 14 Enthaltungen, unter anderem von Seiten der Schweiz, angenommen. Dieses neue, nicht bindende Instrument ersetzt die Empfehlung Nr. 150 der IAK über die Entwicklung der Humanressourcen, die im Jahr 1975 angenommen wurde.

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Die Empfehlung Nr. 195 anerkennt, dass die Entwicklung der Humanressourcen ein zentraler Bestandteil der Anstrengungen zur Erleichterung von Bildung, Ausbildung und lebenslangem Lernen sowie Beschäftigungsfähigkeit darstellt. Der Bundesrat begrüsst dieses Ziel, denn es entspricht dem Geist von Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe d des neuen Bundesgesetzes über die Berufsbildung (SR 412.10), welcher den Lernenden insbesondere die Fähigkeit und die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen sowie zum selbstständigen Urteilen und Entscheiden vermittelt. Die Empfehlung ruft zudem die Sozialpartner zur Beteiligung sowie die Regierungen, den Privatsektor und den Einzelnen zur Erneuerung ihrer Anstrengungen im Hinblick auf Bildung, Ausbildung und lebenslanges Lernen auf.

Die neue Empfehlung behandelt auch einige aktuelle Herausforderungen, beispielsweise: ­

die Frage der Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte, mit der viele Entwicklungsländer konfrontiert sind; diesbezüglich unterstützt die Empfehlung die Einrichtung internationaler Mechanismen zur Eindämmung der negativen Auswirkungen des Verlustes an qualifizierten Arbeitskräften für die Entwicklungsländer.

­

die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen zur Unterstützung der Entwicklungsländer in den Bereichen Bildung und kurz- und langfristige Ausbildung zur Bekämpfung der gravierenden Probleme in Zusammenhang mit Armut.

Auch wenn manche ­ unter ihnen die Schweiz ­ anerkennen, dass die neue Empfehlung zur Umsetzung des Ziels der IAO, menschenwürdige Arbeit zu fördern, (produktive Arbeit unter Bedingungen der Freiheit, der Gerechtigkeit, der Sicherheit und der menschlichen Würde) beiträgt, so muss dennoch festgehalten werden, dass dieses Instrument sehr komplex, schwer verständlich und somit kaum umzusetzen ist. Zudem verweist die Empfehlung auf Begriffe wie Bildung oder lebenslanges Lernen, die je nach Land und Umfeld unterschiedlich interpretiert werden. Aus diesen Gründen hat sich die Schweizer Regierungsdelegation bei der Annahme der Empfehlung durch die Vollversammlung der Stimme enthalten. Weiter verlangt die Empfehlung, dass auf allen Ebenen (international, national, regional, sektoral usw.)

Kollektivverhandlungen durchgeführt werden. Auf Grund dieser Forderung hat die Arbeitgebergruppe bei der Abstimmung in der Vollversammlung die Empfehlung nicht unterstützt. Daher entspricht das Resultat keinem tripartiten Konsens, und die Empfehlung läuft Gefahr, in der Geschichte der IAO toter Buchstabe zu bleiben.

An ihrer 93. Tagung hat die IAK die Empfehlung Nr. 196 über die Arbeit im Fischereisektor mit 292 Stimmen (unter ihnen die Schweiz) bei 8 Gegenstimmen und 135 Enthaltungen angenommen. Dieses neue Instrument sollte einen Entwurf für ein Übereinkommen über die Arbeit im Fischereisektor ergänzen, welcher der IAK gleichzeitig zur Annahme unterbreitet wurde. Jedoch wurde das Quorum nicht erreicht, so dass die IAK den Entwurf für ein Übereinkommen über die Arbeit im Fischereisektor nicht verabschieden konnte. Daher wird die Empfehlung zur Ergänzung eines nicht existierenden Übereinkommens gegenstandslos. Aus diesem Grund hat die IAK den Verwaltungsrat gebeten, die Angelegenheit der Arbeit im Fischereisektor im Hinblick auf eine erneute Prüfung der betreffenden Instrumente auf die Tagesordnung der Konferenz von 2007 zu setzen. Unter diesen Bedingungen hat der Generaldirektor des IAA darauf verzichtet, den IAO-Mitgliedsstaaten den Wortlaut der Empfehlung Nr. 196 zur Unterbreitung an das jeweilige Parlament zu übermitteln.

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2.3

Schlussfolgerung

Der Bundesrat bittet um Kenntnisnahme der Empfehlung Nr. 195 und unterbreitet im Anhang den Wortlaut dieses Instruments zur Information.

3

Konsultation der Dreigliedrigen Eidgenössischen Kommission für Angelegenheiten der IAO

Der vorliegende Bericht ist der Dreigliedrigen Eidgenössischen Kommission für Angelegenheiten der IAO, einer extraparlamentarischen konsultativen Kommission, welche sich aus Vertretern und Vertreterinnen der Verwaltung und der Schweizer Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände zusammensetzt, vorgelegt worden. Die Kommission hat vom Bericht Kenntnis genommen und ihn genehmigt.

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