06.004 Jahresbericht 2005 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 20. Januar 2006

«Der repräsentative Körper soll nicht gewählt werden, damit er einen unmittelbar wirksamen Beschluss fasse (...) sondern um Gesetze zu machen und darauf zu achten, dass die von ihm gemachten Gesetze wohl ausgeführt werden. Dazu ist er sehr geeignet, das kann niemand besser als er.» Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, Buch XI, Kapitel VI Sehr geehrte Herren Präsidenten Sehr geehrte Damen und Herren Wir beehren uns, Ihnen gestützt auf Artikel 55 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10) den Bericht über die Tätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation im Jahr 2005 zu unterbreiten und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Dieser Bericht gibt Auskunft über die wichtigsten während des Berichtsjahres vorgenommenen Kontrollen sowie über ihre Ergebnisse und die daraus zu ziehenden Lehren. Ein besonderes Augenmerk gilt auch den Folgen, die den Empfehlungen der Kommissionen und der Delegation gegeben wurden. Dabei wird ebenfalls versucht, deren Wirkung zu beurteilen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. Januar 2006

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Die Präsidenten: Kurt Wasserfallen, Nationalrat Hansruedi Stadler, Ständerat

2006-0253

4293

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

4297

1 Einleitung

4303

2 Auftrag und Organisation 2.1 Auftrag, Instrumente und Aufsichtsbereich der GPKs 2.2 Organisation der GPKs 2.3 Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten 2.4 Zusammenarbeit der GPKs mit anderen parlamentarischen Kommissionen

4306 4306 4308 4310

3 Ausgewählte Themen 3.1 Wirtschafts- und Finanzpolitik 3.1.1 Konsumentenschutz und elektronischer Geschäftsverkehr 3.1.2 Instrumente des Bundes zur Berücksichtigung der KMU-Interessen 3.1.3 Verteilung der 21,1 Milliarden Franken Erlös aus den überschüssigen Goldreserven 3.2 Justizwesen 3.2.1 Interner Konflikt am Eidgenössischen Versicherungsgericht 3.2.2 Untersuchung von besonderen Vorkommnissen am Bundesgericht 3.2.3 Probleme der internationalen Rechtshilfe an Russland 3.2.4 Umsetzung der Effizienzvorlage 3.2.5 Aufsicht über die Bundesanwaltschaft 3.2.6 Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht 3.3 Staat und Verwaltung 3.3.1 Personalpolitik des Bundes 3.3.2 Nebenbeschäftigungen von Bundesangestellten 3.3.3 Informationspolitik des EDA 3.3.4 Verwaltungsreform 3.3.5 Organisation des Datenschutzes in der Bundesverwaltung 3.3.6 Personalzufriedenheit im Bundesamt für Berufsbildung und Technologie 3.3.7 Beizug von externen Experten in der Bundesverwaltung 3.3.8 Informationspolitik des Bundesrats betreffend Swisscom 3.4 Auswärtige Angelegenheiten und Entwicklung 3.4.1 Kohärenz und strategische Führung der Aktionen der DEZA 3.4.2 Visumerteilung 3.4.3 Umstrittene Bewilligungen des Bundesrats im Bereich der Kriegsmaterialsgesetzgebung 3.5 Soziale Sicherheit und Gesundheit 3.5.1 Umsetzung der Transparenzbestimmungen in der beruflichen Vorsorge 3.5.2 Koordination in der Gesundheits- und Sozialstatistik

4315 4315 4315

4294

4312

4316 4317 4318 4318 4319 4320 4321 4323 4325 4325 4325 4327 4328 4330 4331 4332 4333 4334 4335 4335 4335 4337 4339 4339 4341

3.6

3.7

3.8

3.9

3.5.3 Rentenwachstum und Rolle des Bundes in der Invalidenversicherung 3.5.4 Swissmedic 3.5.5 Überwachung des Arzneimittelmarktes 3.5.6 Abklärungen zu behaupteten privilegierten Verbindungen zwischen der Groupe Mutuel und dem Vorsteher des EDI 3.5.7 Jahresbericht 2003 über die Sozialversicherungen gemäss Artikel 76 ATSG 3.5.8 Rechenschaftsablage des Bundesrats betreffend die Suva Sicherheit 3.6.1 Interner Bericht des Inspektorats des VBS 3.6.2 Rekrutenausbildung im Rahmen der Armee XXI 3.6.3 Swissint 3.6.4 Verteidigungsattachés 3.6.5 Staatsschutz und Nachrichtendienste 3.6.5.1 Auftrag und Organisation der GPDel 3.6.5.2 Einführung in die Tätigkeiten der Delegation 3.6.5.3 Neue Handlungsgrundsätze der GPDel 3.6.5.4 Abgrenzung der Untersuchungen der GPDel gegenüber internen Administrativuntersuchungen 3.6.5.5 Sicherheitspolitische Führung des Bundesrats 3.6.5.6 Quellenschutz beim DAP und beim SND 3.6.5.7 Militärischer Nachrichtendienst und Nachrichtendienst der Luftwaffe 3.6.5.8 Satellitenaufklärungssystem des VBS (Projekt «Onyx») 3.6.5.9 Finanzielle Führung des SND 3.6.5.10 ISIS-Datenbank 3.6.5.11 Datenschutz im Bereich des Staatsschutzes 3.6.5.12 Führungs- und Schutzinfrastrukturen der Kantone 3.6.5.13 Klage eines politischen Flüchtlings gegen die schweizerischen Nachrichtendienste 3.6.5.14 Feststellungen im Zusammenhang mit dem Fall Mohamed Achraf und dem schweizerischen Sicherheitsdispositiv 3.6.5.15 Arbeitsbesuch der GPDel in Den Haag und Berlin 3.6.5.16 Andere Themen aus dem Prüfbereich der GPDel Verkehr 3.7.1 Sicherheit in der Zivilluftfahrt 3.7.2 Die Rolle des damaligen Vorstehers des EFD bei der Gründung der nationalen Fluggesellschaft Swiss Ausländer- und Asylpolitik 3.8.1 Anwendung und Wirkung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht Kultur und Forschung 3.9.1 Expo.01 3.9.2 Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Rau 3.9.3 Ressortforschung des Bundes

4342 4344 4345 4347 4348 4349 4350 4350 4351 4352 4352 4354 4354 4355 4356 4357 4358 4361 4362 4363 4365 4366 4368 4369 4371 4373 4374 4377 4380 4380 4382 4383 4383 4385 4385 4386 4387

4295

3.10 Umweltpolitik 3.10.1 Ressourcen und Umweltmanagement in der Bundesverwaltung

4387 4387

4 Geschäftsberichte 2004 und weitere Berichte 4389 4.1 Geschäftsbericht 2004 des Bundesrats 4389 4.1.1 Überblick 4389 4.1.2 Pandemievorsorge 4391 4.2 Geschäftsberichte 2004 des Bundesgerichts, des Eidgenössischen Versicherungsgerichts und des Bundesstrafgerichts 4392 4.2.1 Geschäftsbericht 2004 des Bundesgerichts 4392 4.2.2 Geschäftsbericht 2004 des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 4394 4.2.3 Geschäftsbericht 2004 des Bundesstrafgerichts 4395 4.2.4 Ausbau des Statistikteils des Geschäftsberichts der eidgenössischen Gerichte 4396 4.2.5 Bundesbeschluss zur Genehmigung der Geschäftsberichte der eidgenössischen Gerichte: Rechtsänderung 4397 4.2.6 Immunität von Mitgliedern der eidgenössischen Gerichte für Äusserungen in den Räten und in deren Organen 4398 4.3 Weitere von den GPKs behandelte Berichte 4399 Anhänge 1 Jahresbericht 2005 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle 2 Einige Zahlen und Angaben zur allgemeinen Prüfungstätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen 3 Tabellen der Parlamentarischen Vorstösse der GPKs

4296

4401 4435 4438

Abkürzungsverzeichnis AB AB N AB S Abs.

AFIS AHV AIVD ANAG Art.

AS AsylG ATSG AVP BA BABS BAG BAZL BBl BBG BBT BFM BFS BFT BFU BGG BIGA BJ BKP BND BPG BPV BPV Bst.

BStGer BSV

Amtliches Bulletin Amtliches Bulletin des Nationalrats Amtliches Bulletin des Ständerats Absatz Automatisiertes Fingerabdruck-Informationssystem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (SR 831.10) Allgemene Inlichtingen- en Veiligheidsdienst (ziviler Nachrichtendienst der Niederlande) Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (SR 142.20) Artikel Amtliche Sammlung des Bundesrechts Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (SR 142.31) Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (SR 830.1) Aufgabenverzichtsplanung Bundesanwaltschaft Bundesamt für Bevölkerungsschutz Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Zivilluftfahrt Bundesblatt Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung (SR 412.10) Bundesamt für Berufsbildung und Technologie Bundesamt für Migration Bundesamt für Statistik Bildung, Forschung und Technologie Büro für Flugunfalluntersuchungen Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz; BBl 2005 4045) Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Bundesamt für Justiz Bundeskriminalpolizei Bundesnachrichtendienst Deutschland Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1) Bundesamt für Privatversicherungen Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (SR 172.220.111.3) Buchstabe Bundesstrafgericht Bundesamt für Sozialversicherung 4297

BV BV BVE BVG BWIS bzw.

ca.

COMINT D d. h.

DAP DEZA DNA DSG EASA Ebd.

EBK EDA EDI EDSB EFD EFFI-QM-BV EFUK EffVor EFK Eidg.

EJPD EMRK EPA EpG EP O3 EP O4 ETH EU 4298

Bundesversammlung der eidgenössischen Räte Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (SR 101) Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über die verdeckte Ermittlung (SR 312.8) Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (SR 831.40) Bundesgesetz vom 21. März 1997 über die Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (SR 120) beziehungsweise circa Communication Intelligence (Funkaufklärung) Deutschland das heisst Dienst für Analyse und Prävention Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Desoxyribonukleinsäure Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (SR 235.1) Europäische Agentur für Flugsicherheit ebenda Eidgenössische Bankenkommission Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössischer Datenschutzbeauftragte Eidgenössisches Finanzdepartement Querschnittsmassnahmen zur Effizienzsteigerung in der Bundesverwaltung Eidgenössischen Flugunfallkommission Vorlage des EJPD zur verstärkten Kriminalitätsbekämpfung auf Bundesebene («Effizienzvorlage») Eidgenössische Finanzkontrolle Eidgenössisch Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention, SR 0.101) Eidgenössisches Personalamt Epidemiengesetz (SR 818.101) Entlastungsprogramm 2003 Entlastungsprogramm 2004 Eidgenössische Technische Hochschulen Europäische Union

EVD EVG f.

FDA Fedpol ff.

FinDel FK FKG FLAG GPDel GPKs GPK-N GPK-S GRN GRS GTAZ GUS HUMINT IFRS inkl.

insb.

IPV ISIS IV IVG JANUS KIG KMG KMU KOBIK KPA KVF KVG

Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Eidgenössisches Versicherungsgericht folgende Food and Drug Administration Bundesamt für Polizei fortfolgende Finanzdelegation der eidgenössischen Räte Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (Finanzkontrollgesetz; SR 614.0) Führung mit Leistungsauftrag Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats Geschäftsprüfungskommission des Ständerats Geschäftsreglement des Nationalrats vom 3. Oktober 2003 (SR 171.13) Geschäftsreglement des Ständerats vom 20. Juni 2003 (SR 171.14) Terrorismus-Abwehr-Zentrum, Deutschland Gemeinschaft unabhängiger Staaten Human Intelligence International Financial Reporting Standards inklusive insbesondere Influenza-Pandemieverordnung (SR 818.101.23) Informatisiertes Staatsschutz-Informationssystem Invalidenversicherung Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (SR 831.20) Informationssystem der Bundeskriminalpolizei Interdepartementale Koordinationsgruppe Informationsgesellschaft Bundesgesetz vom 13. Dezember 1996 über das Kriegsmaterial (SR 514.51) Kleine und mittlere Unternehmen Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen der eidgenössischen Räte Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (SR 832.10) 4299

LeVG LeVV LWND MG Mio.

MIVD MKG mm MND NAD NATO NBG NEAT NLFA NLR Nr.

OECD Onyx OR OSINT ParlG PEK Publica PublV PVK RUAG RUMBA RVOG RVOV S.

4300

Bundesgesetz vom 18. Juni 1993 über die direkte Lebensversicherung (SR 961.61) Verordnung vom 29. November 1993 über die direkte Lebensversicherung (SR 961.611) Luftwaffennachrichtendienst Bundesgesetz vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (SR 510.10) Millionen Militaire Inlichtingen- en Veiligheidsdienst (militärischer Nachrichtendienst der Niederlande) Militärkassationsgericht Millimeter Militärischer Nachrichtendienst NEAT-Aufsichtsdelegation Nordatlantikvertrag-Organisation («North Atlantic Treaty Organization») Bundesgesetz vom 3. Oktober 2003 über die Schweizerische Nationalbank (SR 951.11) Neue Eisenbahn-Alpentransversale Neue Eisenbahn-Alpentransversale Stichting Nationaal Lucht- en Ruimtevaartlaboratorium (niederländisches Luft- und Raumfahrtinstitut) Nummer Organisation für Wirtschaftszusammenarbeit und Entwicklung Satellitenaufklärungssystem des VBS Bundesbeschluss vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des schweizerischen Zivilgesetzbuchs (Fünfter Teil: Obligationenrecht; SR 220) Open source intelligence Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10) Programm Evaluation Komplementärmedizin Pensionskasse des Bundes Verordnung vom 17. November 2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (Publikationsverordnung; SR 170.512.1) Parlamentarische Verwaltungskontrolle Holding des Rüstungsunternehmen des Bundes Ressourcen- und Umweltmanagement in der Bundesverwaltung Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010) Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (SR 172.010.1) Seite

s.

Safir SBB seco SGG SGK-S SiA SiKs SiK-N SISSY SNB SND sog.

SPS SPFA SPK-N SR StGB SWISS GAAP FER SWISS GAAP FER 26 u.a.

UKI UNO URA USBV UVEK UVG UWG v. a.

VA VAE VBS VE96

siehe Projekt «Safety First» zur Verbesserung der Luftfahrtsicherheit Schweizerische Bundesbahnen Staatssekretariat für Wirtschaft Bundesgesetz vom 4. Oktober 2002 über das Bundesstrafgericht (SR 173.71) Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats Sicherheitsausschuss des Bundesrats Sicherheitspolitische Kommissionen der eidgenössischen Räte Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats Swiss Intelligence Support System Schweizerische Nationalbank Strategischer Nachrichtendienst so genannt Sozialdemokratische Partei der Schweiz Sekretariat der parlamentarischen Aufsicht über Finanzen und Alp-Transit Staatspolitische Kommission des Nationalrats Systematische Sammlung des Bundesrechts Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (SR 311.0) Swiss Generally Accepted Accounting Principles, d.h. Fachempfehlungen für die Rechnungslegung (Schweizerischer Rechnungslegungsstandard) Rechnungslegungsstandard für Personalvorsorgeeinrichtungen unter anderem Unabhängige Kontrollinstanz United Nations Organisation Untersuchungsrichteramt Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (SR 832.20) Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (SR 241) vor allem Voranschlag Vereinigte Arabische Emirate Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verfassungsentwuf 1996 4301

VEKF VG VGG VND

VWIS WEF WHO WTO z.B.

ZfDG-Gremium Ziff.

ZISP

4302

Verordnung vom 15. Oktober 2003 über die elektronische Kriegführung (SR 510.292) Bundesgesetz vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördenmitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz; SR 170.32) Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (BBl 2005 4093) Verordnung vom 4. Dezember 2000 über den Nachrichtendienst im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Nachrichtendienstverordnung; SR 510.291) Verordnung vom 27. Juni 2001 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (SR 120.2) World Economic Forum Weltgesundheitsorganisation World Trade Organization zum Beispiel Zollfahndungsdienst-Gremium, Deutschland Ziffer Zentrum für internationale Sicherheitspolitik

Bericht 1

Einleitung

Die Geschäftsprüfungskommissionen (GPKs) und die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) üben im Auftrag der eidgenössischen Räte die Oberaufsicht über den Bundesrat und die Bundesverwaltung, die eidgenössischen Gerichte sowie über die anderen Träger von Bundesaufgaben aus. Gemäss Artikel 55 des Parlamentsgesetzes1 schildern die GPKs und die GPDel im vorliegenden Bericht die Hauptarbeiten des Jahres 2005 und beschreiben ihre Praxis zur Kontrolle der staatlichen Geschäftsführung.

Die parlamentarische Oberaufsicht besitzt zwar eine sehr grosse Tragweite, stellt aber kein Instrument der Regierungsführung dar. Es handelt sich um eine politische Kontrolle, mit welcher das Parlament die Führungsarbeit der Bundesbehörden beurteilt, ohne aber an ihre Stelle zu treten. Mit anderen Worten dürfen die GPKs dem Bundesrat weder Weisungen zur Art und Weise seiner Kompetenzausübung erteilen noch ihn zu bestimmten Massnahmen zwingen. Ebensowenig sind die GPKs befugt, Entscheide von Behörden aufzuheben oder zu ändern (Art. 26 Abs. 4 ParlG).

Sollte sich eine Behörde rechtswidrig verhalten oder die Grenzen ihrer Befugnisse überschreiten, so beschränken sich die GPKs darauf, auf die Situation hinzuweisen und bei den verantwortlichen Organen auf Abhilfe zu drängen. So wurden die GPKs im Laufe des Jahres 2005 mehrmals veranlasst, besondere Beschlüsse des Bundesrats mit Blick auf die Rechtmässigkeit zu beurteilen. Zum einen handelt es sich um den Beschluss über die Verteilung des Erlöses aus den überschüssigen Goldreserven der Nationalbank (s. Ziff. 3.1.3), zum anderen um Bewilligungen des Bundesrats für die Kriegsmaterialausfuhr (s. Ziff. 3.4.3).

Die parlamentarische Oberaufsicht befreit demnach die Regierung nicht von ihrer Verantwortung für die Staatsführung. Der Bundesrat hat die Pflicht, die ständige und systematische Aufsicht über die Bundesverwaltung auszuüben (Art. 8 Abs. 3 RVOG2) und die Erfüllung der verfassungsmässigen und gesetzlichen Aufgaben sicherzustellen (Art. 24 Abs. 1 RVOV3). Die Kontrolle des Parlaments erfolgt nur subsidiär. Bestimmte Probleme in der Bundesverwaltung gehen im Übrigen häufig auf die schwache Kontrolle des Bundesrats über die Bundesverwaltung zurück. Die Inspektion zur Rolle des Bundes im Rentenwachstum der Invalidenversicherung (s. Ziff. 3.5.3) bildet ein anschauliches Beispiel.
Aus diesem Grund haben die GPKs ihr jährliches Ausbildungsseminar der Art und Weise der Aufsichtsausübung über die Bundesverwaltung gewidmet. Auch anlässlich der Prüfung des Geschäftsberichts 2004 des Bundesrats haben die GPKs die Mitglieder des Bundesrats ersucht, ihre Praxis im Aufsichtsbereich zu beschreiben (s. Ziff. 4.1.1). Dabei konnten die Kommissionen feststellen, dass die Aufsicht überwiegend, wenn nicht ausschliesslich, auf Departementsebene erfolgt. Die Aufsichtsaufgabe darf indessen nicht vollständig an die Departemente delegiert werden, die häufig sehr unterschiedliche Ansätze verfolgen (z.B. ist ein internes Kontrollorgan nicht systematisch vorhanden), sondern muss einen festen Bestandteil der Füh1 2 3

Bundesgesetz vom 13.12.2002 über die Bundesversammlung (ParlG; SR 171.10).

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1997 (SR 172.010).

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25.11.1998 (SR 172.010.1).

4303

rungsfunktion des Bundesrats als Regierungskollegium bleiben. Aus diesem Grund vertreten die GPKs die Auffassung, dass die Aufgabe der Aufsicht über die Verwaltung für alle Departemente nach gleichen Kriterien gegliedert werden sollte.

Die GPKs können ihre Kontrolle nur punktuell ausüben und sind deshalb auf eine effiziente Aufsichtsrolle des Bundesrats angewiesen. So paradox es klingen mag: Eine Stärkung der Autorität des Regierungskollegiums gegenüber der Verwaltung trägt zu einer besseren parlamentarischen Oberaufsicht bei. Je stärker der Bundesrat sich in der Verwaltungsführung engagiert, desto effizienter wird die Oberaufsicht.

Deshalb haben die GPKs im Fall der Verwaltungsreform (s. Ziff. 3.3.4) verlangt, dass der Bundesrat das Projekt eng begleiten solle.

Effiziente Verwaltungsabläufe und -strukturen bilden zwar eine Grundvoraussetzung für das ordentliche Funktionieren der Dienststellen des Bundes, aber die Rolle des Personals darf dabei nicht vergessen werden. Die Arbeitsqualität der Bundesverwaltung hängt unmittelbar von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab. Das Personal ­ das Rückgrat der Verwaltung ­ muss für jede Organisation, die auf gutes Funktionieren Wert legt, im Mittelpunkt stehen. Obwohl die Personalpolitik eine grundlegend wichtige Rolle spielt, lässt sie sich nur sehr schwer beurteilen und fällt ausserdem in den ausschliesslichen Zuständigkeitsbereich des Bundesrats und der Bundesgerichte. Die GPKs gehen daher mit grösster Zurückhaltung an Probleme in diesem Bereich heran. Bisweilen wird allerdings eine Intervention der GPKs unumgänglich, besonders wenn die Personalführungsprobleme die Aufgabenerfüllung in einer Dienststelle oder Behörde beeinträchtigen. Deshalb sind die GPKs während des Geschäftsjahres Hinweisen auf Unzufriedenheit des Personals im Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT; s. Ziff. 3.3.6) sowie auf interne Konflikte im Eidgenössischen Versicherungsgericht (EVG; s. Ziff. 3.2.1) nachgegangen.

In den letzten Jahren mussten sich die Dienststellen der Verwaltung wegen der Verschlechterung der Bundesfinanzen, die zu Stellenstreichungen und zum Verzicht auf bzw. zur Reorganisation bestimmter Aufgaben führte, mehrmals in Frage stellen.

In diesem Zusammenhang trägt das Parlament ebenfalls eine Verantwortung. Es muss, ohne seine kritische Stimme zu
unterdrücken, der Verwaltung Gehör schenken und die Informationsrückmeldungen in seiner Kontrollfunktion wie auch in den gesetzgeberischen und finanziellen Funktionen berücksichtigen. Das Parlament verlangt vom Bundesrat eine gewissenhafte Umsetzung der Parlamentsentscheidungen; im Gegenzug hat das Parlament eine gewisse Kontinuität seiner Entscheidungen sicherzustellen und muss der Regierung und der Verwaltung die Mittel zur Erfüllung der ihnen erteilten Aufgaben geben.

Der Jahresbericht vermittelt keinen vollständigen Überblick über alle Tätigkeiten der GPKs während des Berichtsjahres. Er präsentiert eine Auswahl von Themen, welche die GPKs hinsichtlich der Probleme und Mängel der Behörden und Dienste des Bundes, aber auch hinsichtlich ihrer Erfolge für relevant ansehen.

Die GPKs haben während des Berichtsjahres mehrere Inspektionen durchgeführt, die sich in verschiedenen Veröffentlichungen niedergeschlagen haben. Zu erwähnen ist der Bericht über die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (s. Ziff. 3.8.1), der Bericht über die Effizienz der KMU-Tests (s. Ziff. 3.1.2) sowie der Bericht über das Umweltmanagementsystem RUMBA (s. Ziff. 3.10.1) und der Bericht über die Informationspolitik des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA; s. Ziff. 3.3.3).

4304

In anderen Fällen werden die Ergebnisse der Untersuchungen der GPKs hier zum ersten Mal veröffentlicht. Das trifft insbesondere auf die Arbeiten über die internationale Rechtshilfe (s. Ziff. 3.2.3), die Visumerteilung (Ziff. 3.4.2), die Koordination in der Gesundheits- und Sozialstatistik (s. Ziff. 3.5.2) und auf die Verbreitung eines internen Berichts des Inspektorats des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS; s. Ziff. 3.6.1) sowie auf die meisten von der GPDel behandelten Angelegenheiten, die in Ziffer 3.6.5 beschrieben werden, zu.

Weitere Inspektionen sind im Gange und sollen im Jahr 2006 abgeschlossen werden.

Dabei geht es insbesonders um die Verteidigungsattachés (GPK-N), um den Einsatz von externen Konsulenten (GPK-S) und um die Kohärenz und strategische Führung der Entwicklungspolitik (GPK-S). Gleiches gilt für die Arbeiten der GPK-N über die Ressortforschung.

Schliesslich werden 2006 auch neue Inspektionen beginnen. Unter den Themen sind zu erwähnen den Bereich des Schutzes vor Naturgefahren, die Transparenz bei den Prämienerhöhungen der obligatorischen Krankenversicherung sowie das Immobilienmanagement des Bundes im zivilen Bereich. Zudem werden die Kommissionen im Jahr 2006, als Pilotprojekt, ein Geschäftsführungsaudit bei einem Bundesamt durchführen.

Der vorliegende Bericht ­ genau das ist seine Rolle ­ schildert verschiedene in der Verwaltungsführung beobachtete Probleme und Mängel. Daneben werden auch die Erfolge und die erzielten Fortschritte gebührend betont. Die Interventionen der GPKs sollen übrigens keineswegs Missstände in der Verwaltung zwecks kollektiver Läuterung kritisieren, sondern eine Verbesserung der Fuktionsstrukturen der Verwaltung oder die Anhandnahme von Reformen herbeiführen. Zu diesem Zweck legen die GPKs oft Empfehlungen vor. Die parlamentarische Oberaufsicht ist somit im Wesentlichen eine positive, auf Vertrauen beruhende Kontrolle, die einen offenen und ständigen Dialog zwischen dem Parlament und den kontrollierten Behörden voraussetzt. Dieser Ansatz trägt dazu bei, dass sich in der Verwaltungskultur die Fähigkeit entwickelt, Fehler einzusehen und sie nicht zu verschleiern, sondern daraus Lektionen für die Zukunft zu ziehen.

Die Aufgabe der parlamentarischen Oberaufsicht kann nicht aus dem Stegreif geleistet werden. Sie setzt ein
starkes persönliches Engagement der Parlamentsmitglieder ­ besonders der Präsidenten der Kommissionen und Subkommissionen ­ voraus.

Die GPKs möchten aus Anlass der Zepterübergabe zur Legislaturhalbzeit denjenigen, welche seit Dezember 2003 die Arbeiten der Kommissionen auf kollegiale und effiziente Weise geleitet haben, herzlich danken: Ständerat Hans Hofmann und Nationalrat Hugo Fasel. Mit ihrem Vorbild haben sie den Geist des Konsenses, das Merkmal der Arbeit der GPKs, verkörpert und genährt.

Schliesslich möchten die GPKs auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekretariats sowie der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) für ihre ständige und loyale Unterstützung danken.

Die GPKs haben den vorliegenden Bericht an der Plenarsitzung vom 20. Januar 2006 gutgeheissen und beschlossen, ihn zu veröffentlichen. Der Berichtsentwurf wurde gemäss Artikel 157 ParlG den betroffenen Behörden zur Stellungnahme unterbreitet. Die abgegebenen Stellungnahmen wurden in der Folge weitgehend berücksichtigt.

4305

2

Auftrag und Organisation

2.1

Auftrag, Instrumente und Aufsichtsbereich der GPKs

Die GPKs nehmen im Auftrag der eidgenössischen Räte die parlamentarische Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrats und der Bundesverwaltung, der Eidgenössischen Gerichte sowie der anderen Träger von Aufgaben des Bundes wahr. Diese Zuständigkeit ist in Artikel 169 der Bundesverfassung4 und in Artikel 52 ParlG festgelegt.

Die GPKs halten sich bei der Ausübung ihres Auftrags an die Grundsätze, die sie selbst erlassen haben5. Die Kommissionen überprüfen hauptsächlich: ­

dass die Bundesbehörden im Sinne der Verfassung und der Gesetze handeln und dass die vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben erfüllt und die Ziele erreicht worden sind (Überprüfung der Rechtmässigkeit),

­

dass die vom Staat getroffenen Massnahmen sinnvoll sind und der Bundesrat seinen Entscheidungsspielraum richtig nutzt (Überprüfung der Zweckmässigkeit),

­

dass die vom Staat getroffenen Massnahmen die gewünschte Wirkung haben (Überprüfung der Wirksamkeit).

Die GPKs erfüllen ihre Aufgaben, indem sie:

4 5

6 7

­

Inspektionen durchführen, d.h. vertiefte Abklärungen, welche die Kommissionen selber mit der Unterstützung des Sekretariats realisieren,

­

die den GPKs direkt unterstellte PVK mit Evaluationen und Expertisen beauftragen6,

­

den Geschäftsbericht des Bundesrats und die Tätigkeitsberichte der Eidgenössischen Gerichte prüfen, sowie die Jahresberichte anderer Organe des Bundes (Eidgenössische Bankenkommission [EBK], Eidgenössische Technische Hochschulen [ETH], Schweizerische Nationalbank [SNB] usw.),

­

gewisse Berichte behandeln, welche der Bundesrat und die Ämter in Anwendung verschiedener Erlasse7 den GPKs vorlegen müssen,

­

Behörden und Dienststellen des Bundes besuchen,

­

von Dritten eingereichte Aufsichtseingaben behandeln,

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999 (BV; SR 101).

Die Handlungsgrundsätze der GPKs vom 29.8.2003 und 4.9.2003 wurden in Anhang 2 des Jahresberichts 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 23.1.2004 veröffentlicht (BBl 2004 1673 ff.).

S. Jahresbericht 2005 der PVK im Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

S. z. B. Art. 32 des Bundesgesetzes vom 13.12.1996 über das Kriegsmaterial (KMG; SR 514.51), Art. 5 Abs. 1 des Bundespersonalgesetzes vom 24.3.2000 (BPG; SR 172.220.1), Art. 8 Abs. 1 der Verordnung vom 10.6.2004 über die Stellen- und Personalbewirtschaftung im Rahmen von Entlastungsprogrammen und Reorganisationen (SR 172.220.111.5) oder Art. 20 des Bundesbeschlusses vom 4. Oktober 1991 über den Bau der schweizerischen Eisenbahn- und Alpentransversale (Alpentransit-Beschluss; SR 742.104).

4306

­

die Umsetzung ihrer Empfehlungen an den Bundesrat und an die Eidgenössischen Gerichte überprüfen,

­

den eidgenössischen Räten Bericht erstatten (Art. 55 ParlG) und parlamentarische Vorstösse oder parlamentarische Initiativen einreichen.

Der Aufsichtsbereich der GPKs ist sehr umfangreich. Der parlamentarischen Oberaufsicht unterliegen sämtliche Tätigkeiten des Bundesrats und der Bundesverwaltung sowie die Geschäftsführung der Eidgenössischen Gerichte, wobei deren Rechtsprechnung von der Aufsicht ausgenommen ist (Art. 30 Abs. 1 und 191 BV, Art. 26 Abs. 4 ParlG.).

Auch alle öffentlich-rechtlichen und privaten Körperschaften sowie natürlichen und juristischen Personen, die mit Aufgaben des Bundes betraut sind ­ wie Die Post, SBB AG, RUAG, Skyguide AG oder die Stiftung Pro Helvetia ­ sind der wenn auch weniger direkten parlamentarischen Oberaufsicht unterstellt, ebenso die Kantone, wenn sie mit der Umsetzung von Bundesrecht beauftragt sind (Art. 46 Abs. 1 und 49 Abs. 2 BV).

Neben den Geschäften, die sie von Gesetzes wegen prüfen müssen, können die GPKs die Gegenstände ihrer Untersuchungen frei bestimmen (Selbstbefassung). Zu diesem Zweck erstellen die GPKs jedes Jahr ein Programm zur Festlegung der Prioritäten für die Aufsicht in jedem Verwaltungsbereich. Es kommt auch vor, dass die Kommissionen Mandate von den eidgenössischen Räten oder von den parlamentarischen Kommissionen erhalten.

Die GPKs erhalten ausserdem Eingaben, welche die Geschäftsführung der Bundesbehörden betreffen (Art. 129 ParlG)8. Diese Eingaben stammen von Einzelpersonen, Organisationen, Interessengruppen, politischen Parteien oder sogar von Kantonsbehörden. Häufig werden in diesen Beschwerden mutmassliche Mängel oder Missstände in der Bundesverwaltung moniert.

Die Kommissionen behandeln in der Regel mehrere Dutzend Eingaben pro Jahr (s. Anhang 2), die jedoch nur in wenigen Fällen zu einer vertieften Untersuchung führen. Häufig ist der Autor der Eingabe zwar guten Willens, aber er wirft Fragen auf, die aus verschiedenen Gründen nicht in der Zuständigkeit des Parlaments liegen oder die einfacher geregelt werden können. Es kommt allerdings auch vor, dass die Kommissionen mit querulatorischen Eingaben, mit unverständlichen, weitschweifigen, ja sogar mit nicht in einer der Landessprachen abgefassten Eingaben konfrontiert sind. Auf offensichtlich unvernünftige Eingaben geben die GPKs keine Antwort.

Im Jahr 2005 bildeten zwei Eingaben Gegenstand umfangreicher Arbeiten, deren Ergebnisse im vorliegenden Bericht enthalten sind. Die erste Eingabe betrifft die Verteilung des Goldüberschusses der SNB (s. Ziff. 3.1.3.), die zweite die Kriegsmaterialausfuhr (s. Ziff. 3.4.3.).

8

Die Behandlungsweise der Aufsichtseingaben wird im Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 beschrieben (BBl 2005 1889).

4307

2.2

Organisation der GPKs

Die GPK-N setzt sich aus 25 Mitgliedern des Nationalrats zusammen, die GPK-S aus 13 Mitgliedern des Ständerats. Die Kommissionen sind jeweils in ständige Subkommissionen unterteilt (Art. 45 Abs. 2 ParlG; Art. 14 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Nationalrates9 und Art. 11 Abs. 1 des Geschäftsreglements des Ständerates10), welchen die sieben Eidgenössischen Departemente, die Bundeskanzlei und die Eidgenössischen Gerichte als Aufsichtsbereiche zugeteilt sind.

In der Regel leisten die Subkommissionen im Auftrag der GPKs die eigentliche Untersuchungsarbeit (z.B. Anhörungen, Expertisen, Anfordern von Unterlagen). Sie erstatten der Plenarkommission, dem Entscheidungsgremium, Bericht. Die Plenarkommissionen haben die Aufgabe, die Berichte zu verabschieden und den verantwortlichen politischen Behörden Empfehlungen zu unterbreiten (Art. 158 ParlG).

Jede Kommission bestimmt ausserdem drei Mitglieder, welche die GPDel bilden.

Diese befasst sich insbesondere mit der regelmässigen und detaillierten Überwachung der Tätigkeiten im Bereich des Staatsschutzes und der zivilen und militärischen Nachrichtendienste (Art. 53 Abs. 2 ParlG). Die Delegation konstituiert sich selbst (Art. 53 Abs. 1 ParlG). Sie verfügt über besonders weit reichende Informationsrechte, die in Artikel 154 und 155 ParlG festgelegt sind.

Die Kommissionen können auch Arbeitsgruppen oder [ad hoc]-Subkommissionen einsetzen, um Themen zu untersuchen, die spezifische Fachkenntnisse erfordern.

Während des Berichtsjahres wurde eine ad-hoc Subkommission «Swisscom» gebildet, die beauftragt wurde, die Rolle des Bundesrats im Zusammenhang mit der Unternehmung Swisscom zu untersuchen. Die Arbeitsgruppe EVG, die 2004 zur Untersuchung bestimmter Probleme innerhalb des EVG eingesetzt wurde, wurde nach Abschluss ihrer Arbeiten Anfang 2005 aufgelöst.

Die Präsidenten der Subkommissionen behalten ihr Mandat während der gesamten Legislatur, die Präsidenten der Plenarkommissionen und der GPDel wechseln alle zwei Jahre. Seit dem 1. Januar 2006 führt Nationalrat Kurt Wasserfallen den Vorsitz der GPK-N (er ersetzt Nationalrat Hugo Fasel, Präsident der GPK-N 2004/2005), Ständerat Hansruedi Stadler führt den Vorsitz der GPK-S (er ersetzt Ständerat Hans Hofmann, Präsident der GPK-S 2004/2005). In der GPDel wurde Ständerätin Helen Leumann-Würsch (Präsidentin der
GPDel 2004/2005) von Ständerat Hans Hofmann abgelöst.

Während des Berichtsjahres kam es zu mehreren Änderungen in der Zusammensetzung der GPK-N: Jean-Michel Cina, welcher den Nationalrat verliess, überliess seinen Platz Nationalrat Sep Cathomas, während die Nationalrätinnen Brigitte Häberli-Koller und Edith Graf-Litscher auf die Nationalräte Dominique de Buman und Hans Stöckli folgten. Nationalrat Ruedi Noser ersetzte Nationalrat Felix Gutzwiler.

In der GPK-S gab es eine Änderung: Der neu gewählte Ständerat Pierre Bonhôte ersetzte Ständerat Alain Berset.

Die namentliche Zusammensetzung der GPK-S, der Subkommissionen und der Delegation (Stand am 31.12.2005) ist aus der Abbildung 1 zu ersehen.

9 10

Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3.10.2003 (GRN; SR 171.13).

Geschäftsreglement des Ständerates vom 20.6.2003 (GRN; SR 171.14).

4308

Tabelle 1 Zusammensetzung der GPKs, der Subkommissionen und der Delegation (Stand am 31.12.2005) GPK-N (Plenarkommission)

GPK-S (Plenarkommission)

Fasel Hugo (Präsident), Wasserfallen Kurt (Vizepräsident), Beck Serge, Binder Max, Brunner Toni, Cathomas Sep, Daguet André, Gadient Brigitta M., Glasson JeanPaul, Glur Walter, Graf-Litscher Edith, Gyr-Steiner Josy, HäberliKoller Brigitte, Janiak Claude, Mathys Hans Ulrich, Meier-Schatz Lucrezia, Müller Geri, Noser Ruedi, Oehrli Fritz Abraham, Pedrina Fabio, Riklin Kathy, Rossini Stéphane, RothBernasconi Maria, Veillon PierreFrançois, Waber Christian

Hofmann Hans (Präsident), Stadler Hansruedi (Vizepräsident), Amgwerd Madeleine, Béguelin Michel, Bonhôte Pierre, Briner Peter, Escher Rolf, Hess Hans, Kuprecht Alex, LeumannWürsch Helen, Ory Gisèle, Saudan Françoise, Wicki Franz

Subkommission EDA/VBS Glasson Jean-Paul (Präsident), Beck Serge, Daguet André, GyrSteiner Josy, Mathys Hans Ulrich, Meier-Schatz Lucrezia, Müller Geri, Oehrli Fritz Abraham, Rossini Stéphane, Veillon Pierre-François, Waber Christian

Béguelin Michel (Präsident), Amgwerd Madeleine, Briner Peter, Escher Rolf, Kuprecht Alex, Ory Gisèle

Subkommission EJPD/BK Meier-Schatz Lucrezia (Präsidentin), Binder Max, Brunner Toni, Daguet André, Glasson Jean-Paul, Glur Walter, Gyr-Steiner Josy, HäberliKoller Brigitte, Janiak Claude, Müller Geri, Wasserfallen Kurt

Hess Hans (Präsident), Amgwerd Madeleine, Bonhôte Pierre, Escher Rolf, Leumann-Würsch Helen, Ory Gisèle

Subkommission EFD/EVD Gadient Brigitta M. (Präsidentin), Fasel Hugo, Glur Walter, GrafLitscher Edith, Noser Ruedi, Oehrli Fritz Abraham, Pedrina Fabio, Riklin Kathy, Roth-Bernasconi Maria, Waber Christian, Wasserfallen Kurt

Briner Peter (Präsident), Amgwerd Madeleine, Béguelin Michel, Bonhôte Pierre, Kuprecht Alex, Saudan Françoise

4309

Subkommission EDI/UVEK Stadler Hansruedi (Präsident), Binder Max (Präsident), Béguelin Michel, Escher Rolf, Hofmann Beck Serge, Fasel Hugo, GrafLitscher Edith, Häberli-Koller Brigit- Hans, Kuprecht Alex, Saudan Françoise te, Mathys Hans Ulrich, Noser Ruedi, Riklin Kathy, Rossini Stéphane, RothBernasconi Maria, Veillon PierreFrançois, Waber Christian Subkommission Gerichte Janiak Claude (Präsident), Brunner Toni, Cathomas Sep, Daguet André, Gadient Brigitta M., Glasson Jean-Paul, Gyr-Steiner Josy, Mathys Hans Ulrich, Müller Geri

Wicki Franz (Präsident), Bonhôte Pierre, Briner Peter, Hess Hans, Ory Gisèle

GPDel Leumann-Würsch Helen (Präsidentin), Hofmann Hans (Vizepräsident), Fasel Hugo, Glasson Jean-Paul, Janiak Claude, Wicki Franz Arbeitsgruppe BVG Fasel Hugo (Präsident), Beck Serge, Glur Walter, Gyr-Steiner Josi, Mathys Hans Ulrich, Pedrina Fabio, Riklin Kathi, Rossini Stéphane ad-hoc Subkommission «Swisscom» Waber Christian (Präsident), Fasel Hugo, Graf-Litscher Edith, Meier-Schatz Lucrezia, Wasserfallen Kurt, ein Vertreter der SVP-Fraktion (Vakant) Im Jahr 2005 sind die GPKs, die GPDel, die Subkommissionen und die anderen Arbeitsgruppen 112 Mal zu Sitzungen zusammen getreten, die zwischen einem halben Tag und zwei ganzen Tagen dauerten.

2.3

Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten

Für die Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsaufgabe verfügen die GPKs über weitreichende Auskunftsrechte (Art. 150 und 153 ParlG). Die Kommissionen haben insbesondere das Recht, alle Behörden, Dienststellen und übrigen Träger von Bundesaufgaben direkt zu befragen, und können von diesen alle zweckdienlichen Auskünfte verlangen. Die Kommissionen bestimmen selbst, welche Personen sie anhören wollen, mit der einzigen Auflage, die politisch vorgesetzte Behörde (Bundesrat, Eidgenössische Gerichte) vorgängig darüber zu informieren. Letztere kann verlangen, sich vor der Anhörung eines ihrer Unterstellten gegenüber den GPKs äussern zu können (Art. 153 Abs. 3 ParlG und 162 Abs. 1 Bst. c ParlG). Bedienstete, die von den GPKs befragt werden, sind von ihrem Amtsgeheimnis entbunden. Die 4310

GPKs sind ausserdem berechtigt, sämtliche Dienststellen des Bundes mit oder ohne Vorankündigung zu besuchen. Ausserdem können sie alle sachdienlichen Akten verlangen und Experten beauftragen.

Es gibt zwei Ausnahmen hinsichtlich der Informationsrechte der GPKs. Einerseits haben die GPKs keinen Anspruch auf Unterlagen, die der Entscheidungsfindung des Bundesratskollegiums dienen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Dokumente zu unmittelbar bevorstehenden Entscheidungen. Dies betrifft in erster Linie die Dokumente des Mitberichtsverfahrens (Art. 15 RVOG). Andererseits sind die GPKs nicht berechtigt, Informationen zu verlangen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste geheim zu halten sind (Art. 150 Abs. 2 ParlG).

Diese beiden Vorbehalte gelten nicht für die GPDel. Letztere verfügt gemäss Artikel 169 Absatz 2 BV und Artikel 154 ParlG über uneingeschränkte Informationsrechte gegenüber den ihrer Aufsicht unterworfenen Behörden und Organen. Sie kann nicht nur alle für die Ausübung ihrer Aufgaben notwendigen Informationen verlangen, sondern auch förmliche Zeugeneinvernahmen anordnen (Art. 155 ParlG), und zwar ohne Rücksicht auf das Amts- oder Militärgeheimnis.

Die weitgehenden Auskunftsrechte der GPKs und der GPDel erfordern im Gegenzug eine Vertraulichkeitspflicht. Deshalb verfügen diese Organe über genaue Organisations- und Verfahrensregeln zur Gewährleistung des Geheimnisschutzes (Art. 150 Abs. 3 ParlG).

Die Vertraulichkeit der Arbeiten der GPKs rechtfertigt sich dadurch, dass die Kommissionen oft heikle Informationen zu bearbeiten haben, welche die Regierungsoder Justiztätigkeit berühren oder welche Berufs- oder Geschäftsgeheimnisse oder gar persönliche Daten enthalten.

Die Vertraulichkeit drängt sich auch auf, um die freie Willensbildung der GPKs zu gewährleisten, indem die Erwägungen, die zur internen Meinungsbildung beigetragen haben, geheim gehalten werden. Die Geheimhaltung der Diskussionen soll die Unabhängigkeit der Mitglieder der Kommissionen und das offene Gesprächsklima fördern. Die Mitglieder der Kommissionen sind ihrerseits hinsichtlich aller Tatsachen, von denen sie im Rahmen ihres Mandats Kenntnis erhalten, an das Amtsgeheimnis gebunden (Art. 8 ParlG). Verletzungen des Amtsgeheimnisses können mit Disziplinarmassnahmen bestraft (Art. 13 Abs. 2 ParlG) oder
strafrechtlich verfolgt werden (Art. 320 Strafgesetzbuch11).

Schliesslich soll die Vertraulichkeit der Arbeiten der GPKs den angehörten Personen auch erlauben, sich vor den Kommissionen frei und unabhängig zu äussern und die Informationen, die sie besitzen, mitzuteilen.

Die Vertraulichkeit der Arbeiten der GPKs ist kein Selbstzweck, sondern verfolgt das Ziel, ein unparteiisches, von externem Druck unberührtes Verfahren zu garantieren. Insofern bildet die Vertraulichkeit einen Schlüssel zum Erfolg der parlamentarischen Oberaufsicht und gleichzeitig eine Gewähr für Effizienz.

In Fällen, in denen die GPKs beschliessen, Informationen über Missstände oder Mängel in der Geschäftsführung zu veröffentlichen, erteilt das Gesetz den betroffenen Behörden eine Gelegenheit zur vorherigen Anhörung (Art. 157 ParlG). In der Praxis werden die Beobachtungen der Kommissionen in Form eines vorläufigen Berichts den betroffenen Behörden unterbreitet, die generell schriftlich Stellung 11

Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21.12.1937 (StGB; SR 311.0).

4311

beziehen; die Behörden können indessen um eine Gelegenheit zu Äusserungen vor dem jeweils zuständigen Gremium der GPKs bitten. Die betroffenen Behörden können in ihrer Stellungnahme ihre eigenen Argumente ins Feld führen, die Beschreibung der Sachlage korrigieren oder neue Angaben hinzufügen. Die Stellungnahmen werden im Schlussbericht in geeignetem Ausmass berücksichtigt. Dieser wird in der Regel veröffentlicht, sofern keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen (Art. 158 Abs. 3 ParlG). Das trifft insbesondere auch auf bestimmte Berichte der GPDel zu.

Bezüglich der Vertraulichkeit der Arbeiten wird im letzten Jahresbericht der GPKs das Gesuch eines kantonalen Untersuchungsrichters erwähnt, der um die Offenlegung der Anhörungsprotokolle der GPKs ersuchte12 und dabei die Bestimmungen des Strafgesetzbuches über die nationale Rechtshilfe in Strafsachen geltend machte.

Der Richter argumentierte, er müsse in seiner Untersuchung überprüfen, ob die Äusserungen der Bediensteten des Bundes vor den GPKs mit den im Rahmen des Strafverfahrens gemachten Aussagen übereinstimmten. Nachdem die Präsidenten die Aktenherausgabe wiederholt verweigert hatten ­ wobei sie sich auf die Vertraulichkeit der Arbeiten der GPKs beriefen ­ reichte der Untersuchungsrichter eine Klage beim Bundesstrafgericht (BStGer) ein.

Das BStGer bestätigte zwar in seinem Entscheid vom 18. April 200513 den Beschluss der Präsidenten der GPKs, meldete aber einige Vorbehalte an. Die Präsidenten der GPKs vertraten die Auffassung, dass die Rechtshilfe die parlamentarischen Behörden des Bundes nicht erfasse und dass das BStG in diesem Bereich nicht zuständig sei; das BStGer dagegen schloss grundsätzlich nicht aus, dass eine legislative Behörde im Rahmen eines auf Bundesrecht beruhenden Strafverfahrens zur Rechtshilfe gezwungen werden könne. Im fraglichen Einzelfall wies das Gericht das Begehren des Untersuchungsrichters allerdings mit der Begründung zurück, dass das Interesse der Kommissionen an der Geheimhaltung ihrer internen Beratungen gegenüber den Bedürfnissen des Strafverfahrens, welche im vorliegenden Fall längst nicht erwiesen seien, überwiege («l'intérêt des commissions au secret de leurs débats internes l'emporte en effet clairement sur les besoins de la procédure pénale, pour peu que ceux-ci soient même donnés en l'occurrence, ce qui est loin d'être évident»). Der Entscheid des BStGer ist endgültig.

2.4

Zusammenarbeit der GPKs mit anderen parlamentarischen Kommissionen

Auf Grund ihres breiten Aufsichtsbereichs, der sich auf sämtliche Aufgaben des Staates erstreckt, unterhalten die GPKs und die GPDel zahlreiche Kontakte mit verschiedenen parlamentarischen Organen. Besonders wichtige Partner sind die Finanzkommissionen (FKs) und die Finanzdelegation (FinDel).

Während des Jahres 2005 organisierten die zuständigen Subkommissionen der GPKs und der FKs mehrere gemeinsame Sitzungen zur Behandlung des Geschäftsberichts und der Jahresrechnung der RUAG, der Post, der SBB AG, der Swisscom AG, von 12 13

S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1906 f.).

Entscheid der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 18.4.2005, BB.2005.19 (nicht veröffentlicht).

4312

Skyguide sowie des ETH-Rats. Ausserdem prüften die Subkommissionen gemeinsam den Budgetentwurf 2006 des ETH-Rates. Zu dieser Zusammenarbeit gehört auch, dass ein Mitglied der FinDel seit mehreren Jahren an den Arbeiten der GPK-N über die Umsetzung des Projekts des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) für die verstärkte Kriminalitätsbekämpfung des Bundes («Effizienzvorlage»; EffVor) teilnimmt. Die GPDel ihrerseits hat bei der Aufsicht über die finanzielle Führung der Nachrichtendienste (s. Ziff. 3.6.5.9) und des elektronischen Aufklärungssystems Onyx (s. Ziff. 3.6.5.8) mit der FinDel zusammen gearbeitet.

Die mit Artikel 54 ParlG eingesetzte Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen (KPA) hat im Berichtsjahr zwei Koordinationssitzungen abgehalten. Anlässlich der Junisitzung erörterte die KPA Form und Inhalt der Berichte über die Personalpolitik des Bundes, welche der Bundesrat in Anwendung von Artikel 5 Absatz 1 BPG den Aufsichtskommissionen regelmässig unterbreitet. Die KPA ersuchte den Bundesrat, diese Berichte künftig um einen Vergleich der Resultate und der Zielsetzungen zu ergänzen. Auf Vorschlag der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats (WBK-S) beschloss die KPA, die PVK mit einer Evaluation der Stiftung Pro Helvetia14 zu beauftragen. Anlässlich der Dezembersitzung nahm die KPA die Prüfprogramme der GPKs, der FinDel, der PVK und der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) für 2006 zur Kenntnis. Ausserdem beschloss sie, die Massnahmen des Bundes zur Verbesserung der Wirksamkeitsevaluation des staatlichen Handelns zu kontrollieren (Art. 170 BV).

Daneben unterhielten die GPKs auch zahlreiche Kontakte mit der NEAT-Aufsichtsdelegation (NAD), welche die parlamentarische Oberaufsicht über die Realisierung der neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) wahrnimmt. Zu dieser Delegation gehören vier Parlamentarier, die Mitglieder der GPKs sind, vier Vertreter der FKs und vier Mitglieder der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVFs).

Die GPKs erhalten an jeder Plenarversammlung eine Orientierung über die Arbeiten der NAD. Ausserdem prüfen die GPKs jedes Jahr den Tätigkeitsbericht der NAD, welchen sie anschliessend den eidgenössischen Räten vorlegen. Die Einzelheiten der Zusammenarbeit zwischen den GPKs, den FKs und den KVFs
einerseits und der NAD andererseits wurden in den neuen Leitlinien15 festgelegt, welche am 1. Januar 2005 in Kraft getreten sind.

Das Sekretariat der GPKs und das Sekretariat der parlamentarischen Aufsicht über Finanzen und Alp-Transit (SPFA) haben sich zu rund sechs Koordinationssitzungen getroffen. Diese Sitzungen dienen der Abstimmung der Tätigkeitsbereiche und bieten ausserdem Gelegenheit zum Austausch von Dossiers und Informationen zu den laufenden Arbeiten.

Dieses Forum der Zusammenarbeit zwischen den GPKs und den übrigen parlamentarischen Kontrollorganen hat sich als besonders sinnvoll herausgestellt. Es fördert die Kohärenz der Oberaufsicht des Parlaments und festigt die Professionalität der parlamentarischen Kontrolle. Ausserdem ermöglicht das Forum eine Optimierung des Ressourceneinsatzes, gewährleistet den Informationsaustausch und vermeidet Doppelspurigkeiten.

14 15

S. Jahresbericht 2005 der PVK; Ziff. 3.2, im Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

Die Handlungsgrundsätze zur Arbeitsweise und zur Koordination der Oberaufsicht über die Neue Eisenbahn-Alpentransversale wurden in Anhang 3 des Jahresberichts 2004 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 veröffentlicht (BBl 2005 2005 ff.).

4313

Die GPKs unterhalten zudem Kontakte mit den Legislativkommissionen, welche für die Vorberatung der dem Parlament unterbreiteten Gesetzesentwürfe verantwortlich sind. In bestimmten Fällen leiten die GPKs aus ihren eigenen Kontrolltätigkeiten nützliche Überlegungen für die Legislativarbeit ab. Als Beispiel dafür ist die Inspektion der GPK-N betreffend die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht zu nennen (s.

Ziff. 3.8.1). Die GPK-N hat der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats (SPK-N) mehrere hilfreiche Empfehlungen für die Prüfung des Ausländergesetzes16 übermittelt; dieses Gesetz wurde am 16. Dezember 2005 vom Parlament beschlossen. Ausserdem hat die GPK-S der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats (SGK-S) ihren Bericht über die Umsetzung der Invalidenversicherung (s. Ziff. 3.5.3) zugestellt. Dieser Bericht umfasst mehrere Empfehlungen, die anlässlich der parlamentarischen Beratungen zum Entwurf der 5. Revision der Invalidenversicherung geprüft werden sollen17.

In anderen Fällen weisen die Legislativkommissionen die GPKs auf verschiedene Probleme der Rechtsanwendung hin bzw. sie ersuchen die GPKs, Untersuchungen durchzuführen. So forderte die SPK-N die GPK-N auf, das Problem der Entschädigung der Mitglieder von ausserparlamentarischen Kommissionen zu prüfen. Gemäss der SPK-N herrscht diesbezüglich ein grosses Gefälle, das nicht dem Gesetz entspricht. Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (SiK-N) ersuchte die GPK-N, das Dossier des Umzugs der Militärflugkontrolle in das neue Gebäude von Skyguide in Dübendorf zu prüfen. Die GPK-N wird abklären müssen, warum der erste von den eidgenössischen Räten im Jahr 2002 gewährte Kredit von 10 Millionen Franken nicht ausgereicht hat und aus welchen Gründen der Bundesrat für 2006 einen Zusatzkredit von 11,5 Millionen Franken beantragt18.

Die GPDel pflegt ihrerseits Kontakte mit den Sicherheitspolitischen Kommissionen (SiKs) betreffend die Organisation der Nachrichtendienste. Die GPDel unterstützte im Nationalrat insbesondere die Anträge der SiK-N zur Schaffung eines Rahmengesetzes für die Nachrichtendienste19. Ausserdem stellte die GPDel der Kommission für Rechtsfragen der Nationalrats (RK-N) anlässlich der Sitzung vom 31. Oktober 2005 die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sowie ihre Kontrollen der Datenbanken im Bereich
des Staatsschutzes vor.

Die GPKs begrüssen die ausgezeichnete Zusammenarbeit unter den Kommissionen, dank der generell Überschneidungen und Doppelspurigkeiten vermieden werden können. Trotz aller Anstrengungen kommt es bisweilen aber vor, dass die Legislativkommissionen in die Kompetenzen der GPKs eingreifen und Themen behandeln, die eindeutig zur parlamentarischen Oberaufsicht gehören. Das war z.B. beim geplanten Verkauf von schweizerischen Schützenpanzern an den Irak der Fall: Mehrere Vertreter des Bundesrats und der Verwaltung wurden aufgefordert, sich vor den verschiedenen Legislativkommissionen zu äussern, obwohl die Umsetzung des Gesetzes über die Kriegsmaterialausfuhr ohne Zweifel in den Zuständigkeitsbereich der GPKs fällt (s. Ziff. 3.4.3).

16 17 18 19

S. Botschaft des Bundesrats vom 8.3.2002 zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (BBl 2002 3709).

S. Botschaft des Bundesrats vom 22.6.2005 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (5. Revision) (BBl 2005 4459).

S. Botschaft des Bundesrats vom 25.5.2005 über Immobilien VBS 2006 (BBl 2005 3635 ff.).

S. Motion 05.3001 «Umfassende Gesetzesgrundlage für das System der Nachrichtendienste» vom 11.1.2005.

4314

Um solche Situationen zu vermeiden, haben die GPKs die Büros der eidgenössischen Räte ersucht, die parlamentarische Behandlung bestimmter Dossiers wie z.B. den Jahresbericht der SNB oder das Projekt der Verwaltungsreform klar zu regeln (s. auch Ziff. 3.3.4).

Dass mehrere Kommissionen sich mit den gleichen Themen beschäftigen, ist im Grunde unproblematisch, solange dies direkt der Verbesserung der Information des Parlaments über die Handlungen der Regierung und damit der Verbesserung der Parlamentsarbeit dient. Dagegen ist diese Entwicklung negativ, wenn sie nicht koordiniert wird oder, schlimmer noch, ausschliesslich auf medien- oder parteipolitische Erwägungen zurückgeht.

3

Ausgewählte Themen

3.1

Wirtschafts- und Finanzpolitik

3.1.1

Konsumentenschutz und elektronischer Geschäftsverkehr

Ende Mai 2005 erwartete die GPK-N die Stellungnahme des Bundesrats zu ihren Feststellungen und Empfehlungen, die sie im Rahmen ihrer im November 2004 abgeschlossenen Inspektion zum Konsumentenschutz im elektronischen Geschäftsverkehr formulierte20. Die Untersuchung hatte festgestellt, dass im elektronischen Geschäftsverkehr aufgrund der allgemeinen Vorschriften des Obligationenrechts21, des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb22 und des Konsumenteninformationsgesetzes23 in verschiedenen Bereichen ein schlechterer Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten resultiert als bei den traditionellen Handelsformen (wie Einkauf direkt im Geschäft oder über den Katalogversand). Die Kommission stellte ebenfalls Handlungsbedarf zugunsten der Konsumentinnen und Konsumenten im Bereich des Datenschutzes im elektronischen Geschäftsverkehr fest.

Das federführende EJPD beantragte in der Folge eine Fristverlängerung, da sich die Stellungnahme des Bundesrats aufgrund vertiefter Abklärungen im Rahmen der Teilrevisionen des Obligationenrechts und des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb bis in die zweite Jahreshälfte hinziehen würde. Zu den Feststellungen und Empfehlungen der GPK-N, die durch die laufenden Revisionsprojekte nicht betroffen sind, konnte der Bundesrat Ende August Stellung nehmen. Die zweite Stellungnahme erfolgte Ende Dezember 2005. Nach einer kontroversen Vernehmlassung zu einem Entwurf für ein Bundesgesetz über den elektronischen Geschäftsverkehr und für eine entsprechende Revision des Obligationenrechts teilte der Bundesrat der GPK-N darin mit, dass er auf den Ausbau des Konsumentenschutzes verzichte. Aufgrund der Fristverlängerung war es der GPK-N nicht mehr möglich, die Stellungnahmen noch im Jahr 2005 materiell zu behandeln. Die Kommission wird sich anfangs 2006 eingehend mit dem Dossier befassen.

20 21 22 23

Bericht der GPK-N über den Konsumentenschutz im elektronischen Geschäftsverkehr: Vertragliche Aspekte und Datenschutz vom 9.11.2004 (BBl 2005 4967).

Bundesgesetz vom 30.3.1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht, OR; SR 220).

Bundesgesetz vom 19.12.1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241).

Bundesgesetz vom 5.10.1990 über die Information der Konsumentinnen und Konsumenten (KIG; SR 944.0).

4315

3.1.2

Instrumente des Bundes zur Berücksichtigung der KMU-Interessen

Die GPK-N ging auf der Grundlage einer Evaluation der PVK24 der Frage nach dem Bekanntheitsgrad, der Nutzung sowie dem Einfluss der KMU-Tests des Bundes nach.25 Darunter fallen drei Instrumente: Erstens die Regulierungsfolgenabschätzung, welche die volkswirtschaftlichen Auswirkungen eines neuen Erlasstextes vorgängig zu seiner Verabschiedung aufzeigt. Die KMU-Verträglichkeitstests des seco, die aus Umfragen bei KMU bestehen, bilden das zweite Instrument. Schliesslich wurde auch das Forum KMU untersucht. Beim Forum handelt es sich um eine eidgenössische Expertenkommission, die mehrheitlich aus KMU-Vertretern besteht und sich zu Regulierungsprojekten aus Sicht der KMU äussert.

Gemeinsames Ziel dieser Instrumente ist die Schaffung von Transparenz über die wirtschaftlichen Auswirkungen von Regulierungsprojekten. Dadurch sollen die bei der Regulierung involvierte Bundesverwaltung sowie die politischen Entscheidungsträger sensibilisiert werden.

Die Untersuchungsresultate sind ernüchternd. Obwohl der Bekanntheitsgrad je nach Instrument und Akteur variiert, lässt sich feststellen, dass die nun schon seit mehreren Jahren existierenden KMU-Tests bei den Zielpersonen im Durchschnitt nicht sehr bekannt sind. Dementsprechend erstaunt auch nicht, dass die Nutzung der KMU-Tests im politischen Entscheidungsprozess gering ausfällt. Ein zentraler Mangel liegt darin, dass die Resultate der KMU-Tests auf Stufe der Departementsleitungen, des Bundesrats wie auch der Legislativkommissionen und der eidgenössischen Räte nicht oder zu wenig erörtert werden.

Nebst dem teilweise kleinen Bekanntheitsgrad der Tests spielen weitere Faktoren bei der schlechten Nutzung eine Rolle. So wird etwa die Regulierungsfolgenabschätzung oft erst kurz vor Ende der Schlussredaktion der bundesrätlichen Botschaft erstellt. Auch die Stellungnahmen des Forums KMU erfolgen häufig sehr spät. Die Untersuchung zeigte ebenfalls, dass die Qualität der Regulierungsfolgenabschätzungen wie auch der KMU-Verträglichkeitstests unterschiedlich ist.

Obwohl der Einfluss der KMU-Tests auf den politischen Entscheidungsprozess schwierig einzuschätzen ist, kam die GPK-N aufgrund des geringen Bekanntheitsgrades der Instrumente, ihrer beschränkten Nutzung sowie der durch die PVK durchgeführten Befragungen zum Schluss, dass der Einfluss dieser Instrumente klein
ist. Das berechtigte Anliegen, die Interessen der KMU im politischen Entscheidungsprozess zu berücksichtigen, wird folglich durch die aktuelle Ausgestaltung und Handhabung der KMU-Tests nicht erfüllt.

Die GPK-N stellte aufgrund der Ergebnisse Handlungsbedarf seitens des Bundesrats, aber auch des Parlaments fest: Der Bundesrat wurde aufgefordert, sich über die Resultate der KMU-Tests jeweils informieren zu lassen und diese auch an die zuständige Legislativkommission weiterzuleiten. Aus Sicht der GPK-N muss die Regulierungsfolgenabschätzung bei Ausarbeitung eines Erlassentwurfs frühzeitig erstellt und genutzt werden, damit sie die gewünschte Steuerungswirkung entfalten kann. Ebenfalls sind die Regulierungsfolgenabschätzung, die KMU-Verträglich24 25

S. Jahresbericht 2005 der PVK, Ziff. 2.1.1, im Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

S. Bericht der GPK-N betreffend die KMU-Tests des Bundes und ihr Einfluss auf die Gesetz- und Verordnungsgebung vom 20.5.2005 (BBl 2006 3217).

4316

keitstests und die Stellungnahmen des Forums KMU zeitlich besser zu koordinieren.

Das Parlament beziehungsweise seine Kommissionen sollten ihrerseits die KMUTests systematisch in ihre Beratungen einbeziehen. Wichtig erscheint es der GPK-N aber auch, die Qualität der KMU-Tests durch organisatorische Massnahmen mit einem adäquaten Ressourceneinsatz zu verbessern sowie alle Ämter für die Bedeutung der KMU-Tests zu sensibilisieren. Entsprechende Empfehlungen wurden durch die Kommission an den Bundesrat gerichtet. Die GPK-N erwartet seine Stellungnahme im Frühjahr 2006.

3.1.3

Verteilung der 21,1 Milliarden Franken Erlös aus den überschüssigen Goldreserven

Am 2. Februar 2005 beschloss der Bundesrat die Auszahlung des Erlöses aus den für die Währungsreserven nicht mehr benötigten Goldreserven der SNB zu einem Drittel an den Bund und zu zwei Dritteln an die Kantone. Vor dem Hintergrund, dass der Ständerat am 16. Dezember 2004 zum zweiten Mal Nichteintreten auf den Entwurf des Bundesrats zum Bundesbeschluss über die Verwendung von 1300 Tonnen Nationalbankgold beschloss26 und damit ein weiterer Versuch, eine Rechtsgrundlage für eine vom geltenden Recht abweichende Verwendung dieses Erlöses zu schaffen, fehl schlug, sah sich der Bundesrat zu diesem Vorgehen gezwungen. In seiner Einschätzung der Situation gelangte er zum Schluss, dass auch weitere Vorschläge für eine spezielle Verwendung des Erlöses in absehbarer Zeit wohl keine Mehrheit im Parlament finden würden und deshalb das geltende Recht anzuwenden sei. Dies umso mehr, als die Kantone die Auszahlung ihres Anteils forderten.

Entgegen ersten Aussagen des Bundesrats erfolgte die Auszahlung der 21,1 Milliarden Franken aufgrund des Beschlusses der Generalversammlung der SNB im April 2005 noch im selben Jahr. Basierend auf einer Vereinbarung zwischen dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) und der SNB wurde zwischen Mai und Juli 2005 der ganze Betrag an Bund und Kantone verteilt.

Dieses Vorgehen des Bundesrats war politisch umstritten. Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SPS) reichte dementsprechend mit ihrem Schreiben vom 7. Februar 2005 eine Aufsichtseingabe bei der GPK-N ein. Sie vertrat darin die Auffassung, dass der erwähnte Bundesratsentscheid vom 2. Februar 2005 über die Verteilung des Erlöses nicht rechtmässig sei. Im Weiteren zweifelte sie die Gesetzmässigkeit der Ausschüttung der 21,1 Milliarden Franken im Jahr 2005 sowie die nicht erfolgte Verstetigung der Gewinnausschüttung an. Eine solche Verstetigung ­ gemeint ist die Verteilung der Auszahlung des Gewinns über einen bestimmten Zeitraum ­ ist im Artikel 31 Absatz 2 Nationalbankgesetz27 vorgesehen. Die Kritik der SPS an der Rechtmässigkeit des Bundesratsbeschlusses vom 2. Februar 2005 stützte sich insbesondere auf ein Rechtsgutachten, das Prof. Philippe Mastronardi von der Universität St. Gallen im Auftrag der SPS Anfang 2005 erstellt hatte und das der GPK-N zur Verfügung gestellt wurde.

Die GPK-N wies die Aufsichtseingabe ihrer
zuständigen Subkommission zu, die im Verlauf des Jahres 2005 mehrere Anhörungen mit Vertretern der Bundesverwaltung, der SNB und auch mit den Rechtsprofessoren Philippe Mastronardi und Paul Richli 26 27

Vgl. AB 2004 S 907 ff.

Bundesgesetz vom 3.10.2003 über die Schweizerische Nationalbank (NBG; SR 951.11).

4317

(Universität Luzern) durchführte. Parallel dazu, gab sie bei Professor Paul Richli ein Rechtsgutachten in Auftrag, das insbesondere die Rechtsposition des Bundesrats und der SPS miteinander vergleicht. Das Gutachten liegt der GPK-N vor. Die Kommission hat sich mit Zwischenresultaten der Untersuchung noch im Jahr 2005 befassen können, doch konnte sie ihre Untersuchung nicht mehr in diesem Jahr abschliessen.

Sie wird ihre Arbeiten voraussichtlich in der ersten Hälfte 2006 beenden.

3.2

Justizwesen

3.2.1

Interner Konflikt am Eidgenössischen Versicherungsgericht

Am 6. Dezember 2004 hatten die GPKs schriftlich gegenüber dem EVG zu einem internen Konflikt im Zusammenhang mit der Neubestellung der Kammern des Gerichts Stellung genommen (s. Jahresbericht der GPKs28). In ihrer Stellungnahme hielten die GPKs fest, dass die Konfliktsituation am EVG ernst zu nehmen sei, dass jedoch davon auszugehen sei, dass die Funktionsfähigkeit des EVG durch den Konflikt nicht gefährdet sei, auch wenn die Situation für das Arbeitsklima und die Erfüllung der Aufgaben des EVG eine Belastung darstelle. Die GPKs lehnten es deshalb ab, direkt in den Konflikt einzugreifen oder dem EVG eine konkrete Lösung der Konfliktsituation vorzuschlagen. Weiter verwiesen die GPKs in ihrer Stellungnahme unter anderem auf Empfehlung 9 ihres Berichts29, mit der dem Bundesgericht die Schaffung von Mechanismen zur internen Konfliktbewältigung im Rahmen seiner Organisations- und Verwaltungsautonomie nahe gelegt wurde.

In den ersten Wochen des Berichtsjahres eskalierte der Konflikt am EVG weiter und wurde schliesslich in den Medien ausgetragen. Nach intensiven Gesprächen innerhalb des EVG und durch die Vermittlung der beiden Präsidenten der zuständigen Subkommissionen der GPKs konnten die Meinungsverschiedenheiten am 1. Februar 2005 mit einer gemeinsamen Erklärung, der alle elf Richter zustimmten, beigelegt werden. Die gemeinsame Erklärung hatte folgende Inhalte: ­

Die vom EVG im Dezember 2003 mit Mehrheitsbeschluss entschiedene Zusammensetzung der Kammern ist gültig.

­

Die beiden zerstrittenen Richter gehören zwar weiterhin der gleichen Kammer an, werden jedoch ­ wie seit April 2004 ­ nicht im gleichen Spruchkörper eingesetzt, d. h. haben keine Fälle gemeinsam zu bearbeiten.

­

Mit der erwähnten Ausnahme sind alle Richterinnen und Richter einverstanden, künftig mit allen anderen Gerichtsmitgliedern zusammenzuarbeiten.

Am 22. Februar 2005 erliess das EVG im Weiteren ­ der Empfehlung der GPKs folgend ­ Regeln zur Zusammenarbeit und zum Konfliktmanagement und stellte diese den GPKs zur Kenntnis zu. Die Regeln stimmen inhaltlich teilweise überein mit den Konfliktbewältigungsregeln, die sich auch das Bundesgericht gegeben hat (s. Ziff. 3.2.2). Es bestehen aber auch Unterschiede: Das Bundesgericht sieht zur Vermittlung in einem Konflikt vor, dass die Präsidentenkonferenz nach Ausschöp28 29

Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1915 ff.).

Bericht der GPKs über die Untersuchung von besonderen Vorkommnissen am Bundesgericht vom 6.10.2003 (BBl 2004 5647).

4318

fung der Vermittlungsmöglichkeiten auf allen Stufen einen Ad-hoc-Ausschuss einsetzen kann, während beim EVG die Kompetenz zum Konfliktmanagement einschliesslich dessen Abschluss bei der Gerichtsleitung liegt. Beim EVG soll eine Berichterstattung an das Parlament nur erfolgen, wenn die Funktionsfähigkeit des Gerichts beeinträchtigt ist. Die Richterinnen und Richter des EVG verpflichten sich, den Konflikt weder direkt noch indirekt in die Öffentlichkeit zu tragen. Auch intern gilt Verschwiegenheit. Beim EVG entscheidet nur das Gesamtgericht auf Antrag der Gerichtsleitung darüber, ob ein Bericht an das zuständige Parlamentsorgan weitergeleitet wird. Zuvor muss es prüfen, ob die Funktionsfähigkeit des Gerichts beeinträchtigt ist. Beim Bundesgericht gilt der Grundsatz, dass interne Konflikte dem Parlament als Wahl- und Oberaufsichtsbehörde nur in Ausnahmefällen vorgelegt werden sollen, wenn sämtliche internen Konfliktlösungsmöglichkeiten gescheitert sind. Die Präsidentenkonferenz entscheidet darüber, ob ein entsprechender Bericht dem zuständigen Parlamentsorgan in einem formellen Schritt zugeleitet wird.

Die für die Gerichte zuständigen Subkommissionen befassten sich eingehend mit den Regeln und äusserten sich anlässlich ihres Besuches beim EVG vom 29. April 2005 befriedigt darüber, dass das EVG mit diesen internen Richtlinien der Stellungnahme der GPKs vom 6. Dezember 2004 nachgekommen ist. Sie hielten in einer Erklärung gegenüber der Gerichtsleitung Folgendes fest: «Die Richtlinien tragen dem Grundsatz Rechnung, dass die Gerichte Konflikte selbst lösen und dass die GPKs nur tätig werden sollen, wenn ernsthafte Probleme vorliegen, die das Funktionieren des Gerichts beeinträchtigen oder in Frage stellen. Die Subkommissionen halten jedoch fest, dass die Oberaufsichtsfunktion der GPKs durch diese Regeln nicht eingeschränkt werden kann. Die Subkommissionen sind zum Schluss gekommen, dass Extremfälle denkbar sind, in denen es auch einem Einzelmitglied des Gerichts nicht verwehrt sein kann, an die GPKs zu gelangen. Nach Meinung der Subkommissionen wäre es auch nicht zulässig, wenn ein Gerichtsmitglied, das der GPK Informationen zugeleitet hat, gerichtsintern dafür in irgendeiner Weise sanktioniert würde.»

3.2.2

Untersuchung von besonderen Vorkommnissen am Bundesgericht

Im Bericht über ihre Untersuchung von besonderen Vorkommnissen am Bundesgericht vom 6. Oktober 200330 haben die GPKs ihre Erkenntnisse zum so genannten «Spuck-Vorfall» vom 11. Februar 2003 sowie die Ergebnisse ihrer umfassenden Abklärungen von behaupteten Unregelmässigkeiten am Kassationshof des Bundesgerichts dargelegt.31 Die im Bericht enthaltenen Empfehlungen der GPKs wurden inzwischen weitgehend umgesetzt.

In Erfüllung von Empfehlung 9, mit der dem Bundesgericht die Schaffung von Mechanismen zur internen Konfliktbewältigung nahe gelegt wurde, stellte das Bundesgericht den GPKs am 21. Dezember 2004 die von ihm erlassenen internen Regeln für die Konfliktverhinderung und Konfliktbeilegung zu. Die für die Gerichte zuständigen Subkommissionen befassten sich eingehend mit den Regeln und äusser30 31

Bericht der GPKs über die Untersuchung von besonderen Vorkommnissen am Bundesgericht vom 6.10.2003 (BBl 2004 5647).

Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 23.1.2004 (BBl 2004 1705 ff.); Jahresbericht 2004 vom 21.1.2005 (BBl 2005 1917 f.).

4319

ten sich anlässlich ihres Besuchs beim Bundesgericht vom 15. April 2005 befriedigt darüber, dass das Gericht mit diesen internen Richtlinien der Empfehlung 9 der GPKs nachgekommen ist, und gaben im Weiteren gegenüber der Gerichtsleitung die gleichlautende Erklärung ab wie gegenüber dem EVG bezüglich die von ihm erlassenen Regeln (s. Ziff. 3.2.1). Der Bundesgerichtspräsident betonte, dass es mit dem Erlass der Regeln nicht getan sei, sondern dass auch Konfliktverhinderung betrieben werden müsse. Das Gericht sei seit den Vorfällen sensibilisiert und habe daraus gelernt. Das Bundesgericht hat sich zum Thema an Seminaren von Fachpersonen beraten lassen und plant auch künftig weitere Seminare, voraussichtlich gemeinsam mit den Richterinnen und Richtern des EVG. Das Bundesgerichtsgesetz32, das voraussichtlich anfangs 2007 in Kraft tritt, sieht neu in Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a ausdrücklich vor, dass das neue Gesamtgericht nach der Zusammenführung von EVG und Bundesgericht ein Reglement über die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Richtern und Richterinnen erlässt. Der Bundesgerichtspräsident stellte in Aussicht, dass die beiden Reglemente von EVG und Bundesgericht zusammengeführt werden.

Die Verwirklichung von Empfehlung 8 zu einer verbesserten Mitsprache der Richter bei der Bildung der Spruchkörper, welche das Bundesgericht erst im Rahmen der Umsetzung des neuen Bundesgerichtsgesetzes berücksichtigen will, werden die GPKs zu gegebener Zeit überprüfen.

3.2.3

Probleme der internationalen Rechtshilfe an Russland

Die Schweiz leistete in den letzten Jahren in zahlreichen, zum Teil spektakulären Fällen Rechtshilfe an Russland. Umstritten war dabei zum Teil das Vorgehen der Bundesanwaltschaft bzw. des Bundesamts für Justiz (BJ). Beispiele dafür sind die Fälle Borodin, Beresowski/Aeroflot/Forus, Chodorkowski/Yukos sowie der jüngste Fall Adamow. Die internationale Rechtshilfe an Russland wurde in der Presse und zum Teil in der Lehre als zu unkritisch und als zu bereitwillig kritisiert.

Die schweizerische Rechtshilfe in Strafsachen an Russland steht in einem Spannungsverhältnis: Einerseits hat die russische Föderation als Vertragsstaat der Übereinkommen des Europarats über Auslieferung, Rechtshilfe und Geldwäscherei einen völkerrechtlichen Anspruch darauf, von der Schweiz Rechtshilfe zu erhalten. Andererseits gilt Russland immer noch als Staat, in dem die Justiz unter dem Einfluss der Politik steht und deshalb nicht genügend unabhängig ist ­ eine Sichtweise, die durch den Fall Yukos und die Verurteilung Chodorkowskis und Lebedews Ende Mai 2005 neue Nahrung erhalten hat. Die GPK-S interessierte sich deshalb für die Frage, ob die Schweiz mit ihrer Rechtshilfe allenfalls rechtsstaatlich nicht einwandfreies Vorgehen von russischen Behörden unterstützt haben könnte.

Die GPK-S hat deshalb den Schweizer Botschafter in Moskau angehört und sich vom Departementsvorsteher des EJPD sowie von Vertretern der Vollzugsbehörden der Bundesanwaltschaft und des BJ über den Stand der aktuellen Rechtshilfeverfahren sowie über die allgemeine Praxis der Schweiz im Rahmen der internationalen Rechtshilfe informieren lassen.

32

Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17.6.2005 (Bundesgerichtsgesetz, BGG; BBl 2005 4045).

4320

Die Anhörungen haben gezeigt, dass die Rechtshilfe nach streng rechtlichen Kriterien erteilt wird, wobei nach Schweizer Recht nur eine formelle Prüfung und keine Prüfung der Schuld- und Tatfrage erfolgt. Die Vollzugsbehörden sind tendenziell an einer ausgedehnten Rechtshilfe an Russland interessiert, weil dies für den Finanzund Wirtschaftsplatz Schweiz sowie die rechtsstaatliche und demokratische Entwicklung Russlands wichtig sei. Sie erhoffen sich zudem von einer guten Kooperation mit den russischen Strafverfolgungsbehörden Vorteile für die Strafverfolgung in der Schweiz. Für politische Überlegungen gibt es in der Schweizer Praxis wenig Raum. Russland gilt als Mitglied des Europarats und der Europäischen Menschenrechtskonvention33 als Rechtsstaat. Die Rechte der Betroffenen sind in der Schweiz durch Beschwerdemöglichkeiten bis ans Bundesgericht gewährleistet. Die Frage, ob die Schweiz mit ihrer Rechtshilfe allenfalls rechtsstaatlich nicht einwandfreies Vorgehen russischer Behörden unterstützt haben könnte, wurde von den Vollzugsbehörden klar verneint. Es sei in keinem Fall der Eindruck einer konstruierten Anklage entstanden. Die Vorstellung, es fehle an Straftatbeständen und Unschuldige würden ausschliesslich mittels konstruierter Vorwürfe kriminalisiert, könne durch die schweizerischen Strafverfolgungsbehörden nicht bestätigt werden. In seiner politischen Würdigung der Problematik wies der Departementschef darauf hin, dass Rechtshilfe an Länder wie Russland eine Gratwanderung sei: Es sei ebenso unklug, allzu freizügig Rechtshilfe zu gewähren, wie gar keine Rechtshilfe zu leisten.

Rechtshilfeersuchen in politisch heiklen Fällen müssten sehr genau geprüft werden.

Der Vorsteher des EJPD informierte ferner darüber, dass sein Departement zurzeit überprüfe, ob und wieweit es in Bezug auf den Vollzug, die Zusammenarbeit unter den betroffenen Behörden und allenfalls auf Gesetzesstufe einen Handlungsbedarf gibt. Die Subkommission hat aufgrund der Anhörungen beschlossen, sich über die Entwicklungen per Mitte 2006 erneut informieren zu lassen.

3.2.4

Umsetzung der Effizienzvorlage

Die GPK-N begleitet in Zusammenarbeit mit der FinDel die Arbeiten zur Umsetzung der so genannten «Effizienzvorlage» (EffVor) und prüft insbesondere die halbjährlichen Berichte der Projektleitung EffVor über den Stand des Projekts (s. Jahresberichte der GPKs34).

Die Effizienzvorlage geht zurück auf den Beschluss der eidgenössischen Räte vom 22. Dezember 1999. Mit einer Änderung des StGB führte das Parlament in den Bereichen Organisierte Kriminalität, Geldwäscherei und Korruption für die komplexen Fälle von interkantonaler und internationaler Bedeutung eine zwingende Verfahrensleitung durch die eidgenössischen Behörden ein (Art. 340bis Abs. 1 StGB).

In diesen Fällen von Schwerstkriminalität ist neu der Bund (anstelle der Kantone) zuständig. Bei Fällen von schwerer Wirtschaftskriminalität erhielt der Bund eine subsidiäre Ermittlungskompetenz (Art. 340bis Abs. 2 StGB). Die neuen Bestimmungen sind am 1. Januar 2002 in Kraft getreten.

Die GPK-N hat im Berichtsjahr zur Prüfung der halbjährlichen Berichte der Projektleitung EffVor vom 31. Dezember 2004 und vom 30. Juni 2005 Vertreter der Bun33 34

Konvention vom 4.11.1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101).

S. z. B. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1920 ff.).

4321

desanwaltschaft, der Bundeskriminalpolizei (BKP) sowie der Kantone angehört.

Aufgrund dieser Informationen stellte sich der GPK-N der Stand des Projekts EffVor wie folgt dar: Das Projekt EffVor aus dem Jahr 2000 sah einen stufenweisen Aufbau der Strafverfolgungsbehörden des Bundes in der Bundesanwaltschaft, der BKP und dem Untersuchungsrichteramt (URA) mit insgesamt 942 Stellen und einem Jahresbudget von 142 Millionen Franken bis ca. 2006 vor. Bis 2003 erfolgte der Personalaufbau gemäss Projekt. Mit dem Entlastungsprogramm EP03 beschloss das Parlament einen Aufbaustopp. Nach einem «Marschhalt» bis Ende 2006 soll das Projekt neu beurteilt und über die weitere Entwicklung von EffVor entschieden werden. Der Aufbaustopp erfolgte bei einem Personalbestand von 511 Stellen und einem Budget von 114 Millionen Franken. Im Rahmen des Budgetprozesses wurde der Voranschlag 2005 weiter nach unten korrigiert (VA05: 112,36 Mio. Fr.). Ab dem Jahr 2006 bis 2008 soll auch die Aufgabenverzichtsplanung (AVP) im Umfang von ca. 6,5 Millionen Franken angewendet werden, was Stellenstreichungen sowie Entlassungen zur Folge haben wird und somit zu einem Rückbau führt.

Die Fallzahlen entwickelten sich bis Mitte 2005 insgesamt im Rahmen des Konzeptes. Zusätzlich sind die Strafverfolgungsbehörden des Bundes mit einer Anzahl so genannter «nicht komplexer Verfahren» konfrontiert, die sich aus der Praxis ergeben und die im Projekt nicht vorausgesehen wurden. Die ebenfalls nicht vorausgesehene aktualitätsbedingte Terrorismusbekämpfung (insb. Terrorismusfinanzierung) erfordert Ermittlerkapazität, die in anderen Bereichen fehlt. Die komplexen Verfahren sind ermittlungsintensiver und dauern in der Regel länger als ursprünglich angenommen. Ein grosser Engpass besteht heute beim URA, das personell durch Kapazitäten der Bundesanwaltschaft unterstützt werden muss. Das heute sehr komplizierte zweistufige Verfahren (gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren durch Bundesanwaltschaft und BKP, Voruntersuchung durch das URA) sowie ein grosser Reibungsverlust bei der Dossierübergabe führen zu weiteren Verfahrensverzögerungen, was schliesslich zu einer verzögerten Anklageerhebung beim Bundesstrafgericht führt.

Als positiv kann vermerkt werden, dass sich erste Ermittlungserfolge einstellen und Beschlagnahmungen von Geldern erfolgen, die
teilweise dem Bund zugute kommen.

Der anfänglich teilweise ungenügende Ausbildungsstand der neuen Ermittler des Bundes wurde inzwischen verbessert. Die Zusammenarbeit mit den kantonalen Behörden, die zu Beginn als mangelhaft kritisiert wurde, hat sich stark verbessert und wird von den Kantonen heute als gut bezeichnet.

Bereits im Januar 2004 warnte die Projektoberleitung EffVor davor, dass die geplanten Ressourcenbeschränkungen zur Verschleppung von Verfahren bis hin zur Verjährung von Fällen führen könne, was rechtsstaatlich inakzeptabel wäre. Die bisher beobachtbaren Auswirkungen des Aufbaustopps lassen ein solches Szenario nicht als unwahrscheinlich erscheinen: Die Verfahren ziehen sich tendenziell weiter in die Länge, und es müssen vermehrt Prioritäten bei der Bearbeitung von hängigen Fällen gesetzt werden. Weil die Bundesanwaltschaft mehr Kapazitäten für die Anklageführung der fortgeschrittenen Fälle einsetzen muss, fehlen ihr Ressourcen für die Eröffnung neuer und die Bearbeitung hängiger Verfahren. Die BKP, die vom Aufbaustopp am stärksten betroffen ist, kann kaum mehr Kapazitäten für «Vorermittlungen» einsetzen, weil sie die Ermittler in hängigen Verfahren unterstützen muss.

Mit den «Vorermittlungen» entfällt eine im Bereich der Organisierten Kriminalität wichtige Möglichkeit, vorhandene kriminelle Vorgänge überhaupt zu entdecken. Als 4322

Folge davon liegen die Neueröffnungen im Bereich der Organisierten Kriminalität bereits unter den Prognosen, was nicht bedeutet, dass solche Fälle nicht vorhanden sind. Die Bundesanwaltschaft rechnet mit einer hohen Dunkelziffer. Im Halbjahresbericht der Projektleitung EffVor von Mitte 2005 ist erstmals davon die Rede, dass vierzehn Verfahren durch die Bundesanwaltschaft nicht an die Hand genommen werden konnten (9 wegen fehlender Ressourcen, 5 infolge fehlender Ressourcen und fakultativer Zuständigkeit).

Für die GPK-N stand die Frage im Vordergrund, ob mit den verknappten Ressourcen der gesetzliche Auftrag noch hinreichend wahrgenommen werden kann, bzw. ob der Aufbaustopp seit Anfang 2004 eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung im Bereich der Schwerstkriminalität (Organisierte Kriminalität, Terrorismusfinanzierung, Geldwäscherei) gefährdet und negative Folgen hat für die Sicherheit in unserem Land und für den Finanz- und Wirtschaftsplatz Schweiz. Für eine Beurteilung dieser Frage ist es nach Meinung der GPK-N noch zu früh. Auch will sie einer Standortbestimmung nach Ablauf des «Marschhalts» Ende 2006 nicht vorgreifen.

Doch angesichts der vielen offenen Fragen und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter erschien es der GPK-N wenig begründet, ein Jahr nach dem Beschluss, bis Ende 2006 einen «Marschhalt» und anschliessend eine Konzeptüberprüfung vorzusehen, bereits mit dem Budget 2006 einen Rückbau einzuleiten. Sie ersuchte deshalb die FKs zu prüfen, ob es mit Blick auf den «Marschhalt» bis Ende 2006 und die Überprüfung des Projekts nicht konsequent und den bestehenden Problemen angemessen wäre, EffVor von der AVP auszunehmen und im Voranschlag 2006 einen Betrag zumindest im Umfang des Voranschlags 2005 vorzusehen.

Die Finanzkommissionen haben die Bedenken der GPK-N zur Kenntnis genommen, jedoch für den Voranschlag 2006 von einem Gegenantrag zum Antrag des Bundesrats abgesehen.

3.2.5

Aufsicht über die Bundesanwaltschaft

Im Herbst 2004 häuften sich Medienberichte über angebliche Fehler und Pannen in der Bundesanwaltschaft. Der Vorsteher des EJPD kündigte an, die Vereinigung der heute geteilten Aufsicht über die Bundesanwaltschaft beim EJPD zu prüfen. Die GPK-N beschloss deshalb am 6. Dezember 2004, das Funktionieren des heutigen Aufsichtssystems über die Bundesanwaltschaft zu überprüfen und verlangte von den beiden Aufsichtsbehörden, dem Bundesstrafgericht und dem EJPD, Berichte über ihre Aufsichtstätigkeit. Sie hörte zudem den Bundesanwalt zu diesem Thema an.

Die GPK-N interessierte sich insbesondere für die Frage, wie die heutige, zwischen Bundesstrafgericht und EJPD geteilte Aufsicht praktisch funktioniert und welche Schnittstellen- und Abgrenzungsprobleme sich allenfalls stellen. Die Bundesanwaltschaft steht administrativ unter der Aufsicht des Bundesrats, der diese Aufgabe an das EJPD delegiert hat. Für ihre Tätigkeit im Bereich der gerichtspolizeilichen Ermittlungen in Bundesstrafsachen untersteht die Bundesanwaltschaft der fachlichen Aufsicht durch die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Ausgenommen von dieser fachlichen Aufsicht sind einzelne Tätigkeitsbereiche der Bundesanwaltschaft, so etwa die Durchführung von Rechtshilfeverfahren im Auftrag des BJ. Für diesen Bereich übt das EJPD nebst der administrativen auch die fachliche Aufsicht aus.

Gemäss dem Bundesstrafgericht ergeben sich aus der heutigen geteilten Aufsicht gewisse formelle Schwerfälligkeiten. Ob es sich dabei effektiv um Nachteile 4323

handelt, hängt nach Meinung des Bundesstrafgerichts von der Sichtweise ab. Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts hielt in seiner Stellungnahme fest, eine grosse Problematik der heutigen geteilten Aufsicht liege nicht in der Abgrenzung, sondern in der Tatsache begründet, dass die fachliche Aufsicht zwar den Einblick in die Arbeit der Bundesanwaltschaft erlaubt und die Beschwerdekammer gestützt darauf entsprechende Weisungen erlassen kann, ihr jedoch zu deren Durchsetzung kein Instrumentarium zur Verfügung steht. Sie besitzt z.B. keine Aufsichtsinstrumente disziplinarrechtlicher Art und muss bei Bedarf entsprechende Massnahmen beim EJPD beantragen. Aus dem Bericht der Beschwerdekammer über seine Aufsichtstätigkeit über die Bundesanwaltschaft vom April bis Dezember 2004 geht hervor, dass die Beschwerdekammer ihre Aufsicht systematisch auf- und ausbaut und sich durch vierteljährliche Fallpendenzenlisten sowie Inspektionen vertieften Einblick in die Fallbehandlung verschafft und bereits erste Anordnungen zur Effizienzsteigerung, so z.B. zur Koordinationsverbesserung mit dem URA, getroffen hat. Vordringlich ist für das Bundesstrafgericht nicht in erster Linie eine Neuregelung der Aufsicht, sondern eine möglichst rasche Revision der Bundesstrafrechtspflege35 (s. auch Ziff. 4.2.3).

Aus der Sicht des EJPD bestehen heute Unklarheiten bei der Kompetenzabgrenzung.

Nach Auffassung des EJPD umfasst die administrative Aufsicht auch die Bewirtschaftung der Ressourcen, doch sei eine kohärente Ressourcensteuerung stark erschwert, weil die entsprechenden Einsichtsmöglichkeiten für die internen Aufgabenund die entsprechenden Kostenzuweisungen fehlten. In verschiedenen Bereichen bestünden unterschiedliche Auffassungen. Insgesamt würden die Ansichten der Bundesanwaltschaft und der zwei Aufsichtsbehörden über die Begriffe der fachlichen und der administrativen Aufsicht erheblich auseinander gehen. Unklar sei sodann auch, wer entscheide, wenn die Ansichten der beiden Aufsichtsinstanzen divergieren. Das EJPD hat bereits Anfang Juni 2004 eine interne Prüfung der Rechtslage eingeleitet und kam zum Schluss, dass ein rasches Vorgehen hinsichtlich der Regelung der Aufsicht angezeigt sei.

Der Bundesanwalt legte anlässlich seiner Anhörung Wert darauf, dass eine Fachaufsicht genügend befähigt sein müsse, diese Aufsicht
auszuüben. Die Bundesanwaltschaft habe nichts gegen eine gute, kompetente und funktionierende Fachaufsicht einzuwenden, sondern begrüsse diese. Den Anforderungen an eine solche Aufsicht könne jedoch nur ein Gericht genügen, weil dort die nötigen praktischen Erfahrungen in der Anwendung des Prozessrechts vorhanden seien, was im Departement nicht der Fall sei. Wichtig ist für ihn weiter, dass die Strafverfolgungsbehörde unabhängig und frei von politischen Erwägungen arbeiten kann. Wichtig sei insbesondere auch, dass die Bevölkerung den Eindruck haben könne, es sei eine unabhängige Strafverfolgungsbehörde am Werk. Deshalb sei es besser, wenn die Strafverfolgung möglichst weit weg ist von der Politik.

Die GPK-N hat aufgrund der erhaltenen Informationen keinen unmittelbaren Handlungsbedarf für die Oberaufsicht festgestellt. Die demnächst zu erwartende Botschaft des Bundesrats zur Neuregelung der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft wird durch die zuständigen Legislativkommissionen behandelt werden. Ob die GPK-N dazu einen Mitbericht verfassen wird, wird sie zu gegebener Zeit entscheiden.

35

Bundesgesetz vom 15.6.1934 über die Bundesstrafrechtspflege (BStP; SR 312.0).

4324

3.2.6

Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht

Im Rahmen ihrer Untersuchung zu Anwendung und Wirkung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (s. Ziff. 3.8.1) hat die GPK-N festgestellt, dass sich bei der Anwendung der Zwangsmassnahmen bei Jugendlichen einige besondere Fragen in Bezug auf den Kinderschutz stellen, die die Kommission vertiefen möchte. Sie hat deshalb ihre zuständige Subkommission beauftragt, eine Nachfolgeuntersuchung zu diesem Thema durchzuführen.

Die Subkommission beschloss, sich zunächst einen Überblick darüber zu verschaffen, wie die Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft bei Jugendlichen in der Praxis angewendet wird. Da die Kantone eine zentrale Rolle im Vollzug der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht spielen, hat die Subkommission bei allen Kantonen mit einem Fragenkatalog Daten zu ihrer Praxis bei der Inhaftierung von Jugendlichen ab 15 Jahren, zu deren Betreuung und zu den Haftbedingungen im Rahmen der Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft erhoben.

Aufgrund der Daten und Informationen aus den Kantonen wird die Subkommission entscheiden, zu welchen Fragen sie gezielte Anhörungen durchführen will.

3.3

Staat und Verwaltung

3.3.1

Personalpolitik des Bundes

Die Personalpolitik des Bundes ist ein Bereich, den die GPKs jedes Jahr beraten und in dem sie auch vertiefte Abklärungen vornehmen. Artikel 5 Absatz 1 Bundespersonalgesetz verpflichtet den Bundesrat, die Zielerreichung in seiner Personalpolitik periodisch zu prüfen und der Bundesversammlung Bericht zu erstatten. Er hat mit den parlamentarischen Aufsichtskommissionen Form und Inhalt dieser Berichterstattung zu vereinbaren.

Auch dieses Jahr berieten die vorberatenden Subkommissionen der GPKs gemeinsam das jährliche Personalreporting des Bundesrats mit Vertretern und Vertreterinnen des Eidgenössischen Personalamts (EPA) und der Departemente. Die diesjährigen Schwerpunkte lagen bei den Ergebnissen der Umfrage 2004 zur Personalzufriedenheit, bei der Umsetzung des Bundespersonalgesetzes vor dem Hintergrund der Entlastungsprogramme (EP) und der Aufgabenverzichtsplanung (AVP) sowie bei der Steuerung der Personalpolitik durch den Bundesrat.

Die Schlussfolgerungen der GPKs mündeten in einen Brief der KPA an den Bundesrat. Darin drückten die Aufsichtskommissionen ihre Besorgnis über die schlechten Umfrageresultate zur Personalzufriedenheit aus. Gleichzeitig hat man seitens der GPKs zur Kenntnis genommen, dass die Departemente den Handlungsbedarf erkannt haben und Massnahmen ausarbeiten. Die GPKs bekräftigten, dass sie zukünftig der Entwicklung in diesem Bereich besondere Aufmerksamkeit widmen werden.

Das in diesem Bereich von der Bundesverwaltung eigens geschaffene Reporting wird auch den GPKs zur Kenntnis gebracht werden. In ihrem Brief zeigten sich die Aufsichtskommissionen ebenfalls enttäuscht, dass entgegen den Ankündigungen des Bundesrats und drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Bundespersonalgesetzes das Reporting für das Berichtsjahr keinen Soll-Ist-Vergleich aufwies. Wie einer 4325

Medienmitteilung des Bundesrats vom 19. Oktober 2005 entnommen werden kann, wird das Personalreporting zum Berichtsjahr 2005 einen Soll-Ist-Vergleich beinhalten. Die Aufsichtskommissionen hatten schon mehrmals angeregt, dass das Personalreporting durch Bundesrat und Bundesverwaltung vermehrt als Führungsinstrument für die Personalpolitik genutzt werden sollte.

Das Personalreporting ist in seiner Form historisch gewachsen und bedarf nun wieder einer Konzentration auf das Wesentliche. Ansonsten ist aus Sicht der Aufsichtskommissionen eine Berichterstattung erarbeitet worden, welche erlaubt, die Umsetzung des Bundespersonalgesetzes zu überprüfen. Voraussichtlich sollte es deshalb im Jahr 2006 möglich sein, die im Gesetz vorgesehene Vereinbarung zwischen dem Bundesrat und den parlamentarischen Aufsichtskommissionen abzuschliessen.

Die Rahmenbedingungen der Personalpolitik des Bundes wurden durch die GPKs im Rahmen des Geschäftsberichts 2004 des Bundesrats mit dem Vorsteher des EFD im Mai 2005 diskutiert. Die GPKs sind der Ansicht, dass vor dem Hintergrund der Entlastungsprogramme und der von den Bundesangestellten zu leistenden Beiträge an die Pensionskasse des Bundes Publica aus Sicht der Personalpolitik eine kritische Schwelle erreicht wurde und das Gleichgewicht in der Sozialpartnerschaft in Zukunft besonders beachtet werden muss.

Die GPK-S vertiefte im Jahr 2005 weitere Aspekte im Bereich der Personalpolitik.

So hinterfragte sie die Position und Kompetenzen des EPA, nachdem in verschiedenen Bereichen die dezentrale Personalpolitik des Bundes, z.B. im Bereich des Personalabbaus gemäss Sozialplan, nicht immer einheitlich ist. Der Bundesrat wird das System der Personalpolitik des Bundes wie auch die Stellung des EPA im Rahmen der Verwaltungsreform überprüfen. Die Rolle des EPA beim Personalabbau wurde durch den Bundesrat bereits durch die Verordnung über die Stellen- und Personalbewirtschaftung im Rahmen von Entlastungsprogrammen und Reorganisationen36 festgelegt.

Die Fragen zur Stellung des EPA wurden auch im Nachgang zur Medienmitteilung des EJPD vom 17. Juni 2005 zur Reorganisation der zentralen Dienste des Departements, die einen Abbau von 116 Stellen vorsah, gestellt. Die GPK-S wollte vor dem Hintergrund, dass der Bundesrat gemäss Artikel 5 Bundespersonalgesetz die Personalpolitik koordiniert
und steuert, ebenfalls wissen, inwieweit solche departementalen Massnahmen mit der bundesrätlichen Personalpolitik und der hängigen Verwaltungsreform koordiniert werden und wie dies im konkreten Fall geschah. Die Antwort des Bundesrats erhellte das bundesrätliche Verständnis einerseits über die zentral zu steuernden Bereiche der Personalpolitik und andererseits über die dezentralen Kompetenzen in diesem Bereich. Diese Aufteilung zwischen zentralen und dezentralen Kompetenzen in der Bundespersonalpolitik ist Gegenstand eines Teilprojekts der Verwaltungsreform. Die GPK-S wird diese Problematik im Rahmen der Verwaltungsreform verfolgen.

Die GPK-S erkundigte sich auch, ob das mit dem Bundespersonalgesetz eingeführte Leistungslohnprinzip durch die angespannte finanzielle Lage des Bundes bei seiner Anwendung beeinträchtigt wird. Es zeigte sich, dass bisher die Finanzierung der Leistungslohnkomponente gewährleistet werden konnte.

36

Verordnung vom 10.6.2004 über die Stellen- und Personalbewirtschaftung im Rahmen von Entlastungsprogrammen und Reorganisationen (SR 172.220.111.5).

4326

Bei den vorzeitigen Pensionierungen war aus dem Jahr 2004 die Frage noch offen, ob die Regelung, dass bei einer vorzeitigen Pensionierung nach Sozialplan der Personalkredit der betroffenen Dienststelle um 100 000 Franken gekürzt wird, nicht auch unerwünschte Effekte habe37. Mit Blick auf den bevorstehenden, flächendeckenden Stellenabbau in der Bundesverwaltung und mit der Schaffung der Verordnung über die Stellen- und Personalbewirtschaftung im Rahmen von Entlastungsprogrammen und Reorganisationen wurde diese Praxis unterdessen aufgegeben. Dies u.a. um allfälligen unerwünschten Wirkungen vorzubeugen.

3.3.2

Nebenbeschäftigungen von Bundesangestellten

Mitte Dezember 2004 forderte die GPK-N den Bundesrat auf, die aktuelle Bewilligungspraxis zu den Nebenbeschäftigungen in der Bundesverwaltung im Hinblick auf potentielle Interessenkonflikte, die Beeinträchtigung der Arbeitsleistung beim Bund und die Gleichbehandlung der Bundesangestellten in den verschiedenen Verwaltungseinheiten evaluieren zu lassen und darauf beruhend Vorschläge für Mindeststandards zu erarbeiten. Die GPK-N hatte im Rahmen ihrer Nachkontrolle zum Umsetzungsstand ihrer Empfehlungen aus dem Jahr 199938 festgestellt, dass die Bewilligungen in den einzelnen Dienststellen zum Teil unterschiedlich erteilt werden. Aus den einverlangten Übersichten der erteilten Bewilligungen in den Departementen und in der Bundeskanzlei waren auch mögliche Interessenkonflikte und potentielle Überbelastungen einzelner Mitarbeitender ersichtlich. In der Folge beauftragte der Bundesrat das EPA mit der Evaluation der aktuellen Bewilligungspraxis und mit der Ausarbeitung von Mindeststandards. Die Frist für die Abgabe der Evaluation an die GPK-N lief bis zum 30. September 2005.

Am 30. September 2005 ersuchte das federführende EFD die GPK-N um eine Fristverlängerung bis Ende März 2006, damit die Resultate zweier Querschnittsprojekte der Verwaltungsreform berücksichtigt werden können. Die GPK-N wollte sich jedoch zum Gesuch nicht äussern, bevor sie nicht detailliert über den aktuellen Projektstand informiert wurde. Dies erfolgte Ende Oktober 2005 durch den Direktor des EPA.

Die Kommission konnte sich dabei vergewissern, dass der Bundesrat und das EPA das Anliegen der GPK-N teilen. Mit Befremden nahm die GPK-N jedoch davon Kenntnis, dass zehn Monate nach ihrer Aufforderung und trotz eines expliziten Mandats des Bundesrats sich anscheinend einzelne Departemente weigerten, dem EPA die notwendigen Informationen, insbesondere die letztes Jahr von den Departementen und der Bundeskanzlei zuhanden der GPK-N erstellten Listen mit den bewilligten Nebenbeschäftigungen zukommen zu lassen. Dadurch haben diese Departemente die Arbeiten des EPA sowie die fristgerechte Erfüllung des Auftrags des Bundesrats wie auch der GPK-N blockiert. Die GPK-N intervenierte in der Folge umgehend beim Bundesrat und forderte ihn dringend auf, dafür zu sorgen, dass alle Departemente und die Bundeskanzlei das EPA ohne Verzug mit den für die

37 38

S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1928).

S. Bericht der GPK-N über die Nebenbeschäftigungen von Beamten und die beruflichen Aktivitäten ehemaliger Beamter unter dem besonderen Blickwinkel der Interessenkonflikte vom 12.3.1999 (BBl 1999 9734).

4327

Evaluation notwendigen Informationen versorgen und der Auftrag durch das EPA erfüllt werden kann.

Aufgrund dieser Situation und obwohl die GPK-N der Überzeugung war, dass die erwähnte Evaluation und die Erarbeitung von Mindeststandards auch ohne die Resultate der Verwaltungsreform sinnvoll hätten durchgeführt werden können, kam sie nicht umhin, sich mit einer Fristverlängerung bis Ende März 2006 einverstanden zu erklären. Sie wies den Bundesrat aber darauf hin, dass sie zu diesem Zeitpunkt die Resultate der Evaluation und konkrete Mindeststandards im Sinne ihres ursprünglichen Auftrags erwarte. Für deren Erarbeitung müssen dem EPA detaillierte Informationen zur Verfügung gestellt werden, die über die relativ allgemeinen Informationen der von der GPK-N erhaltenen Listen hinausgehen.

3.3.3

Informationspolitik des EDA

Im Frühling 2002 stand der Schweizer Botschafter in Berlin im Visier von Presseartikeln, die ihm eine aussereheliche Affäre unterstellten. Die Enthüllungen lösten eine weitreichende Polit- und Medienkampagne aus, welche zur Abberufung und schliesslich zum Rücktritt des Botschafters führten.

Der am 7. April 2005 veröffentlichte Bericht der GPK-N39 enthält eine Rekonstruktion der Ereignisse mit dem Ziel, die Rolle des EDA in der Information und Kommunikation zu beurteilen. Ausserdem möchte die Kommission mit diesem Bericht zu breiteren Überlegungen über die Entwicklung der Beziehungen zwischen den Medien und der Politik anregen.

Generell vertritt die GPK-N die Auffassung, dass das EDA in dieser Angelegenheit weder eine kohärente und effiziente Informationspolitik verfolgt noch mit der gebotenen Distanz kommuniziert hat. Der damalige Departementsvorsteher zeigte sich zwar in seinen Äusserungen vor der Presse immer überlegt und sachlich und beharrte auf dem Recht des Botschafters auf Schutz der Privatsphäre; aber der Informationschef antwortete schnell ­ ja gar vorschnell ­ auf die Fragen der Journalisten und erging sich in einer Reihe von Kommentaren und Anspielungen. Der gravierendste Fehler lag darin, dass er den Journalisten, die am Anfang der Polemik standen, antwortete, ohne vorher den Botschafter zu befragen und obwohl ihm der genaue Inhalt und die Fotos im geplanten Presseartikel völlig unbekannt waren.

Indem die Problematik der ehelichen Moral (sofern diese denn überhaupt angegriffen war) mit derjenigen des Images der Schweiz im Ausland in Verbindung gebracht wurde und indem wiederholt eine Untersuchung der Sachverhalte verlangt wurde, verlieh der EDA-Informationschef der Affäre eine politische Dimension, die sie offensichtlich nicht besass. Nach Auffassung der Kommission ist es unmöglich, einerseits zu bekräftigen, dass die angebliche aussereheliche Affäre des Botschafters niemanden ­ nicht einmal das Departement ­ angehe und im gleichen Atemzug öffentlich Erklärungen zu verlangen, weil es um den Ruf der Schweiz gehe.

Nach Meinung der Kommission trägt auch der Botschafter einen Teil der Verantwortung: Nachdem er die Enthüllungen der Journalisten dementiert hatte, führte er

39

S. Bericht der GPK-N über die Informationstätigkeit des EDA im Zusammenhang mit der Abberufung des Schweizer Botschafters in Deutschland im Frühjahr 2002 vom 7.4.2005 (BBl 2005 5075).

4328

die Diskussion auf eine persönliche Ebene und kritisierte die Medien. Im Übrigen hielt sich der Botschafter nicht an die vom EDA vorgeschlagene Sprachregelung.

Die Verflechtung von formal und inhaltlich oft widersprüchlichen Nachrichten aus unterschiedlichen Quellen führte zu doppeldeutigen Informationen, wodurch die Polemik eher verschärft als entschärft wurde. Gemäss der Kommission hätte das EDA die Position des Departements öffentlich klar mitteilen sollen, ohne hinterher darauf zurückzukommen.

Die Informationspolitik des EDA war zwar schlecht, aber es ist auch zu betonen, dass die Ereignisse in den Medien eine übertriebene Wirkung erzielten, die nichts mit ihrer eigentlichen Bedeutung zu tun hatten. Gemäss der GPK-N widerspiegelt diese Affäre die Entwicklung der Medienlandschaft, die zunehmend durch Geschwindigkeit, Polarisierung, Personifizierung und Theatralisierung der Information zu Lasten der Qualität und der Inhalte geprägt ist. Dieses Umfeld setzt die Behörden unter beträchtlichen Druck: Sie sind zwischen dem Wunsch, den Journalisten zu gefallen, und dem Wunsch, ihr Handeln zu erklären hin und her gerissen. Die Gefälligkeiten oder sogar die freundschaftlichen Beziehungen, die häufig zwischen Medien und Behörden entstehen, fügen der Informationsqualität grossen Schaden zu und schaffen ein ständiges Spannungsklima, das die Arbeit der Politiker, welche sich nolens volens dem Arbeitsrhythmus der Medien und schlimmstenfalls ihren Prioritäten unterwerfen müssen, beeinträchtigt.

In den Schlussfolgerungen fordert die GPK-N den Bundesrat und die Bundesverwaltung auf, ihre Informationspolitik neu auf das für das Verständnis der Regierungsgeschäfte Wesentliche auszurichten. Ausserdem ersucht sie die Behörden, gegenüber den Journalisten grössere Zurückhaltung zu beweisen und weder den Medientumult mitzumachen noch sich von den Tücken des Marketing und von der SpektakelPolitik einfangen zu lassen.

Der Bundesrat gab in seiner Stellungnahme vom 19. Oktober 2005 bekannt, dass er die Feststellungen der Kommission sowie die Beurteilung einzelner Personen nicht in allen Belangen teile. Dagegen gab er zu, dass die Kommunikation des EDA nicht in jeder Beziehung optimal verlaufen ist.

Der Bundesrat teilt die Würdigung der Kommission zur Rolle der Medien. Zwar verwirft er wie die Kommission die Idee,
ein Netzwerk oder eine Regulierungsbehörde unter staatlicher Kontrolle zu schaffen, aber er unterstützt den Appell der GPK-N an das Berufsethos der Journalisten, den Redaktionen, der Presseunternehmen und Berufsverbände; letztere werden aufgefordert, sich Normen zur Selbstregulierung aufzuerlegen und diese zu befolgen.

Wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme festhält, ist er sich bewusst, dass die Medien einem anderen und schnelleren Produktionsrhythmus unterliegen, als dies im Prozess der politischen Entscheidungsfindung der Fall ist. Trotzdem betont der Bundesrat, dass er auf eine frühzeitige Information achtet und eine aktive, umfassende und objektive Informationspolitik verfolgt. Der Bundesrat erinnert daran, dass die offizielle Information nicht in Form von Politmarketing erfolgen darf.

Die GPK-N hat die Stellungnahme des Bundesrats anlässlich ihrer Sitzung von November 2005 zur Kenntnis genommen und beschlossen, die Inspektion zu beenden.

4329

3.3.4

Verwaltungsreform

Nachdem das Parlament die Staatsleitungsreform zurückgewiesen hatte, fasste der Bundesrat am 18. August 2004 den förmlichen Beschluss, eine Verwaltungsreform durchzuführen. Am 7. September 2005 legte die Regierung präzisere und konkrete Angaben zu den Zielen fest. Das Projekt soll die Effizienz der Geschäftsführung der Bundesverwaltung verbessern, die Verantwortlichkeiten der Departemente und Ämter klären und bestimmte Abläufe und Strukturen vereinfachen. Ausserdem soll mit der Reform eine neue, auf Transparenz und Innovationsfähigkeit beruhende Kultur in der Verwaltung eingeführt werden.

Im Rahmen der Prüfung des Geschäftsberichts 2004 des Bundesrats hat die GPK-S alle Regierungsmitglieder sowie die Bundeskanzlerin aufgefordert, sich zum Reformprojekt zu äussern. Die stark unterschiedlichen Beurteilungen der Priorität der Reform haben die Kommission veranlasst, das Projekt eng zu begleiten. Ziel dabei ist es, genügenden politischen Druck auf die Regierung auszuüben, damit das Projekt zu Ergebnissen führt, was der Bundespräsident im Übrigen begrüsst hat40.

Frühere Reformprojekte sind gescheitert, weil der klare politische Wille des Bundesrats und der Verwaltung fehlte, sie umzusetzen. Die Feststellungen, welche die GPK-N 1993 im Zusammenhang mit dem Projekt EFFI-QM-BV gemacht hat, sind bis heute aktuell geblieben41.

Am 18. Oktober 2005 führte die GPK-S einen Meinungsaustausch mit dem EFDVorsteher in seiner Eigenschaft als Präsident des bundesrätlichen Auschusses für die Verwaltungsreform, mit der Bundeskanzlerin und mit dem Delegierten des Bundesrats durch. Die Kommission erkundigte sich insbesondere nach den Zielsetzungen und Gegenständen der Reform und nach der Terminplanung.

Die Kommission stellte im Anschluss an die Unterredung fest, dass die Verwaltungsreform hinsichtlich der Ziele dem Mandat entspricht, welches das Parlament dem Bundesrat im Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz erteilt hat (Art. 8 Abs. 2 RVOG). Die Kommission bezeichnet das Projekt allerdings als ambitiös: Es erfolgt vor einem schwierigen, durch die Verschlechterung der Bundesfinanzen und durch Personalabbau geprägten Hintergrund. Diese Situation weckt in der Bundesverwaltung vielerorts Ängste, wie die Umfrageergebnisse über die Arbeitszufriedenheit des Personals zeigen.

Unter diesen Umständen forderte die
Kommission nachdrücklich, das Personal und die Sozialpartner eng am Reformprozess zu beteiligen. Dies setzt eine kontinuierliche und transparente Information der Bediensteten des Bundes sowie Verhandlungen mit den Personalverbänden voraus. Darüber hinaus vertrat die Kommission die Ansicht, dass die Verwaltungsreform nur dann erfolgreich abgeschlossen werden könne, wenn sie die vorbehaltlose Unterstützung aller Mitglieder des Bundesrats geniesst.

Daneben äusserte die Kommission den Wunsch, dass die zahlreichen Schnittstellen zwischen der Reform und anderen Vorhaben wie z.B. den Entlastungsprogrammen 03 und 04, dem Aufgabenverzichtprogramm oder anderen Projekten zur Neuorgani40 41

AB 2005 S 441 f.

S. «Querschnittsmassnahmen zur Effizienzsteigerung in der Bundesverwaltung (EFFI-QM-BV)», Analyse der GPK-N auf der Grundlage der Untersuchung der Aufgabendefinition und Massnahmenumsetzung bis Januar 1991 durch die PVK vom 15.11.1993 (BBl 1994 I 438).

4330

sation der Departemente klarer aufeinander abgestimmt werden sollen, damit das Parlament in Kenntnis der Sachlage entscheiden kann. Die Kommission sprach sich im Übrigen für einen vermehrten Einbezug des Parlaments in den Reformprozess aus. Die GPK-S hat beschlossen, sich diesbezüglich alle drei Monate über den Fortschrittsstand des Projektes zu informieren.

3.3.5

Organisation des Datenschutzes in der Bundesverwaltung

Im Rahmen der im November 2003 abgeschlossenen Untersuchung42 zog die GPK-N die Konsequenzen der Neuausrichtung der Tätigkeiten des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) für die Bundesverwaltung. Der Datenschutzbeauftragte hatte im Juni 2003 beschlossen, wegen seiner beschränkten Ressourcen die Aufsichtsaufgaben auf Kosten der Beratungsaufgaben stärker auszubauen. Für die Bundesorgane bewirkte die Neuausrichtung der Tätigkeiten des Datenschutzbeauftragten, dass die Beratungs- und Projektbegleitungsaufgaben grösstenteils an die Datenschutzberater der Ämter und der Departemente weitergegeben wurden.

Unter diesen Umständen hielt die GPK-N es für unumgänglich, die Rolle der Datenschutzberater zu klären und ihre Autorität zu stärken. Sie formulierte diesbezüglich mehrere Empfehlungen. So betonte die Kommission, dass die Kompetenzen und Aufgaben der Berater auf Bundesebene detailliert und einheitlich geregelt werden müssen, um in der Bundesverwaltung ein hohes Datenschutzniveau zu gewährleisten. Ausserdem empfahl die GPK-N, die Datenschutzberater systematisch ihrer Amts- oder Departementsleitung zu unterstellen, ihre Ressourcen in jedem Einzelfall neu zu bewerten und das Ausbildungsangebot weiter zu entwickeln. Ausserdem müssen die inter- und innerdepartementalen Koordinationsinstrumente verbessert und gestärkt werden, darunter auch die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbeauftragten und den Datenschutzberatern.

Der Bundesrat bezog am 24. März 2004 Stellung zum Bericht der GPK-N43. Der Bundesrat misst dem Datenschutz in der Bundesverwaltung grosse Bedeutung bei.

Er hat mitgeteilt eine Personalaufstockung für den Datenschutzbeauftragten beauftragt zu haben, welche ­ mit Unterstützung der GPK-S ­ von den eidgenössischen Räten im Rahmen des Voranschlags 2004 angenommen wurde. Der Bundesrat räumte auch ein, dass die Stellung der Berater der Departemente und Ämter in diesem Bereich aufgewertet werden muss, und kündigte eine Reihe von diesbezüglichen Massnahmen an.

Auf Ersuchen der GPK-N bezog der Bundesrat am 29. Juni 2005 Stellung zum Stand der Massnahmenumsetzung. Er verpflichtete sich, die Organisation und die Aufgaben der Datenschutzbeauftragten in einer Verordnung detailliert zu regeln. In diesem Zusammenhang wird er prüfen, inwiefern es zweckmässig ist, die interdepartementale Gruppe
«Datenschutz» zu institutionalisieren. Die Departemente sind bereits aufgefordert worden, die Arbeitsbelastung mit entsprechenden Datenschutzaufgaben im Pflichtenheft der Datenschutzberater in Prozenten anzugeben. Die

42 43

S. Bericht der GPK-N «Fragen im Zusammenhang mit der Organisation des Datenschutzes innerhalb der Bundesverwaltung»vom 21.11.2003 (BBl 2004 1413).

S. Stellungnahme des Bundesrats vom 24.3.2004 (BBl 2004 1431).

4331

Frage der Aus- und Weiterbildung der Berater soll demnächst zusammen mit dem Eidgenössischen Datenschutzberater geklärt werden.

Die GPK-N hat am 28. Oktober 2005 die Position des Bundesrats zur Kenntnis genommen und beschlossen, dieses Geschäft abzuschliessen. Sie wird sich indessen besonders im Rahmen der Prüfung des Geschäftsberichts des Bundesrats weiter mit der Umsetzung des Datenschutzes in der Bundesverwaltung befassen.

3.3.6

Personalzufriedenheit im Bundesamt für Berufsbildung und Technologie

Aufgrund verschiedener Hinweise, die auf negative Entwicklungen im Personalbereich des BBT hinwiesen, hat sich die GPK-N Ende 2004 / anfangs 2005 mit der Personalsituation im BBT näher befasst. Durch die im Rahmen ihrer Abklärungen einverlangten Resultate der Personalzufriedenheitsumfrage 2004 des BBT wurden diese Hinweise erhärtet.

Bei der Personalbefragung im Jahr 2000 war die Situation noch durch die Teilfusion des ehemaligen Bundesamts für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) und des Bundesamts für Konjunkturfragen zum neu geschaffenen BBT geprägt. Mit Besorgnis nahm die GPK-N zur Kenntnis, dass trotz Verbesserungen in verschiedenen Bereichen mehrere zentrale Werte der standardisierten Umfrage sich vier Jahre später verschlechtert hatten und eine Konsolidierung der Fusion somit noch nicht in allen Bereichen gelungen war. Das Amt schnitt bei der Umfrage des Jahres 2004 insbesondere bei den Kriterien der obersten Amtsführung und der für die jeweilige Aufgabenerfüllung notwendigen Information schlecht ab. Eine wesentliche Verschlechterung ergab sich aus Sicht der BBT-Mitarbeitenden auch bei den Möglichkeiten, die eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse einzusetzen sowie Verantwortung übernehmen zu können. Das Schweizerische Institut für Berufspädagogik wies ebenfalls eine ähnlich negative Beurteilung durch die Mitarbeitenden aus.

Die GPK-N ging der Frage nach, ob diese negativen Beurteilungen durch die grossen Herausforderungen, welche das BBT und seine Mitarbeitenden zu bewältigen hatten und immer noch haben (zum Beispiel die Umsetzung des neuen Berufsbildungsgesetzes44), verursacht wurden. Die umfangreichen, auf allen Hierarchiestufen durchgeführten Anhörungen der GPK-N wie auch der vor Ort durchgeführte Dienststellenbesuch zeigten jedoch, dass die Belastung der Mitarbeitenden durch die mit den Herausforderungen verbundenen Arbeiten nicht die Hauptursache für ihre negativen Bewertungen war. Vielmehr kamen Probleme im Verhältnis zwischen der obersten Amtsführung und vielen Mitarbeitenden zum Vorschein. Der Informationsfluss von oben nach unten wurde oft als schlecht bezeichnet und auch die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Leistungsbereichen wurde kritisiert. Im Gegenzug, wurde sie auf Stufe der SachbearbeiterInnen meist als gut bezeichnet.

Parallel zu den Arbeiten der GPK-N wurden seitens
des BBT Massnahmen ergriffen. Eine von der Geschäftsleitung eingesetzte Arbeitsgruppe aus Mitarbeitenden des BBT analysierte die Personalsituation zuhanden der Geschäftsleitung und arbeitete mögliche Massnahmen aus. Die GPK-N konnte auch feststellen, dass der Direktor vermehrt den Kontakt zu den einzelnen Sektionen suchte.

44

Bundesgesetz vom 13.12.2002 über die Berufsbildung (BBG; SR 412.10).

4332

Die GPK-N sah ihre Funktion in einer Sensibilisierung der Verantwortlichen im Amt und im Departement für die von ihr festgestellten Probleme. Sie führte dementsprechend Gespräche sowohl mit dem Amtsdirektor wie auch mit dem Vorsteher des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD) und sah im Frühling 2005 davon ab, einen schriftlichen Bericht zu erstellen.

Am 18. November 2005 sah sich die Kommission gezwungen, sich mit dem Bundesratsentscheid vom 16. November 2005 betreffend die Neubesetzungen in der Amtsleitung BBT auseinander zu setzen. Vor dem Hintergrund ihrer Untersuchung stellte die Kommission fest, dass die Personalentscheide des Bundesrats das Risiko bergen, die Personalzufriedenheit nicht zu verbessern, sondern vielmehr zu verschlechtern. Mittelfristig könnte dies zu einer Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung des BBT führen. Für die GPK-N war ebenfalls nicht nachvollziehbar, wieso nun gerade der Leistungsbereichsleiter der Förderagentur für Innovation (KTI) andere Aufgaben übernehmen sollte, obwohl die GPK-N anfangs Jahr festgestellt hatte, dass gerade in diesem Leistungsbereich die Zusammenarbeit auf allen Hierarchiestufen gut funktionierte und auch der Leistungsbereichsleiter bei seinen Mitarbeitenden eine grosse Unterstützung genoss. Diese Massnahme beinhaltet aus Sicht der Kommission das Risiko einer weiteren Destabilisierung der Personalsituation.

Die GPK gelangte deshalb mit ihren Feststellungen an den Bundesrat, damit er diesen wichtigen Aspekten besondere Beachtung schenkt. Sie hat auch beschlossen, die Entwicklung der Personalsituation im BBT in Zukunft eng zu verfolgen.

Die GPK-N ist von der grossen Bedeutung des BBT im Bereich der Berufsbildung und Innovationsförderung überzeugt. Auch erachtet sie die durch das gemeinsame Amtsdach möglichen Synergien zwischen den einzelnen Leistungsbereichen als wichtig und teilte dies dem Vorsteher des EVD auch mit.

3.3.7

Beizug von externen Experten in der Bundesverwaltung

Die GPK-S beauftragte die PVK mit der Durchführung einer Untersuchung zum Beizug externer Berater in der Bundesverwaltung45. Anlass für eine vertiefte Untersuchung war für die GPKs, dass die zahlreichen Aufträge an externe Experten durch die Bundesverwaltung in der Politik und den Medien zunehmend kritisch wahrgenommen werden. Es ist die Rede von einer steten Zunahme und von ungenügenden Kontrollen der Expertentätigkeit. Aufgrund von parlamentarischen Vorstössen wurde deutlich, dass heute weder über die Anzahl und den finanziellen Umfang von Expertenmandaten noch über die Vergabepraxis eine Übersicht existiert. Zudem stehen Vorwürfe der Vetternwirtschaft im Raum: Bestimmte Bundesämter würden über Jahre immer mit den gleichen Experten zusammen arbeiten und entsprechende Mandate nicht ausschreiben.

Aufgrund einer Projektskizze der PVK mit drei Untersuchungsvarianten präzisierte die zuständige Subkommission der GPK-S den Untersuchungsauftrag an die PVK.

Gemäss diesem Mandat soll die PVK eine flächendeckende Bestandesaufnahme zum finanziellen Umfang, zum Ausmass sowie zur Zusammensetzung der Auftragnehmerschaft von Expertenmandaten der zentralen Bundesverwaltung (1. Kreis) durchführen. Konkret soll eine Vollerhebung sämtlicher Beraterverträge, für die im 45

S. Jahresbericht 2005 der PVK, Ziff. 2.2.3, im Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

4333

Jahr 2004 Zahlungen verbucht wurden, in allen Departementen inkl. Bundeskanzlei mit anschliessenden vertieften Stichprobenkontrollen in einzelnen Ämtern durchgeführt werden. Die Untersuchung soll sich auf die Vergabepraxis der gesamten Bundesverwaltung und die entsprechenden Koordinations-, Steuerungs- und Kontrollaktivitäten der Departemente konzentrieren und erstmals für die ganze Bundesverwaltung vergleichbare Daten zum Ausmass der Expertenbeizüge liefern.

3.3.8

Informationspolitik des Bundesrats betreffend Swisscom

Am 23. November 2005 hat der Bundesrat beschlossen, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um die vollständige Abgabe der Bundesbeteiligung an der Swisscom AG zu ermöglichen. Ebenso hat er Entscheide in Bezug auf das Auslandengagement und die Ausschüttung freier Mittel der Swisscom gefällt. Diese Beschlüsse wurden nicht konsequent kommuniziert und von einzelnen Bundesräten abweichend interpretiert, was in der Öffentlichkeit grosse Verwirrung stiftete. In seiner Medienkonferenz vom 2. Dezember 2005 bedauerte der Bundespräsident im Namen des Bundesrats, dass die Umsetzung der an sich klar geregelten Information ungewollt zu Verwirrungen führte.

Vor diesem Hintergrund haben die GPKs beider Räte anlässlich ihrer Sitzung vom 7. Dezember 2005 das Vorgehen des Bundesrats thematisiert und beschlossen, dem Bundesrat im Hinblick auf ihr gemeinsames Seminar vom 19./20. Januar 2006 zum Thema Informationspolitik einige Fragen zu unterbreiten.

Neben der allgemeinen Frage der Organisation und Koordination der Informationspolitik in den Departementen erwarten die GPKs auch Angaben über die Konzeption und Umsetzung der Kommunikation betreffend den Entscheid vom 23. November 2005. Sodann muss sich der Bundesrat zu den Lehren äussern, die er aufgrund der Vorgänge zum Entscheid vom 23. November 2005 zieht.

Das Geschäft wurde für weitergehende Abklärungen der GPK-N zugewiesen. Diese hat an ihrer Sitzung vom 15. Dezember 2005 einstimmig beschlossen, verschiedene Fragen im Zusammenhang mit dem Entscheid des Bundesrats vom 23. November 2005 betreffend Swisscom vertieft zu untersuchen.

Sie hat für diese Untersuchung eine ad-hoc Subkommission «Swisscom» eingesetzt, die aus folgenden Mitgliedern aller Fraktionen besteht: Nationalrat Christian Waber (Vorsitz), Nationalrätinnen Edith Graf-Litscher und Lucrezia Meier-Schatz sowie Nationalräte Hugo Fasel und Kurt Wasserfallen (SVP-Einsitz zurzeit vakant).

Die Subkommission hat den Auftrag, die Faktenlage und Chronologie der Ereignisse zu erheben, den Entscheidbildungsprozess und rechtliche Fragen an der Schnittstelle Aktienrecht/Telekommunikationsunternehmungsgesetz zu analysieren sowie Fragen zur Information und Kommunikation des Bundesrats zu klären.

Es ist geplant, dass die Subkommission die Ergebnisse der Abklärungen der GPK-N im Frühling 2006 präsentiert

4334

3.4

Auswärtige Angelegenheiten und Entwicklung

3.4.1

Kohärenz und strategische Führung der Aktionen der DEZA

Die schweizerische Entwicklungspolitik geniesst wegen ihrer fachlichen Qualität, ihrer hohen Integrationsstandards und ihrer Professionalität grosse Anerkennung.

Das hebt die Organisation für Wirtschaftszusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in der «Peer Review» 2005 hervor. Allerdings wurde von verschiedenen Akteuren und in einigen Evaluationsberichten Kritik an den Tätigkeiten und der Funktionsweise der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) geäussert. Diese Kritik betrifft vor allem die thematische und regionale Verzettelung, die Transparenz der Mittelzuweisung sowie die politische Kontrolle und Steuerung der Aktivitäten der DEZA.

Die GPK-S hat beschlossen, die PVK im Rahmen des Jahresprogramms 2005 mit einer Evaluation der Tätigkeit der DEZA zu beauftragen46. Die zuständige Subkommission der GPK-S wählte unter den von der PVK vorgeschlagenen Forschungsvarianten die Kohärenz der Ziele der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit und der Aktionen der DEZA für ihre Prüfung aus.

Die Evaluation soll einerseits die Kohärenz zwischen den von Parlament und Bundesrat festgelegten Prioritäten und Zielen und andererseits den Inhalt der Programme und Projekte der DEZA behandeln. Ausserdem sollen die Relevanz der Entscheidungsprozesse in der Entwicklungszusammenarbeit sowie die Rolle und Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure in diesen Prozessen analysiert werden.

Die zuständige Subkommission wird regelmässig über die Fortschritte der Arbeiten der PVK unterrichtet. Es ist geplant, dass die PVK der GPK-S im Frühling 2006 ihren Bericht unterbreitet. Anschliessend wird die Kommission ihre politischen Schlussfolgerungen ziehen.

3.4.2

Visumerteilung

Das EDA kündigte in einer Pressemitteilung vom 18. März 2005 die Eröffnung einer Ermittlung wegen Verdachts auf missbräuchliche Visaausstellung in Peru an. In der Folge gab die Bundesanwaltschaft vier weitere Fälle von Ermittlungen wegen strafbaren Handlungen im Zusammenhang mit der Visumerteilung bekannt. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass die GPDel bereits am 11. Oktober 2004 über die hängigen Verfahren zu identischen Ermittlungen in den Schweizer Vertretungen von Moskau, Belgrad und Oman informiert wurde.

Am 7. April 2005 wurde die GPK-N von der Vorsteherin des EDA und vom Direktor für Ressourcen und Aussennetz des EDA im Detail über die Ausmasse und Tragweite der von der Bundesanwaltschaft untersuchten Fälle sowie über die Massnahmen zur Verbesserung der Visumerteilung unterrichtet. Nach diesem Gespräch beschloss die GPK-N, die Lage nach einigen Monaten neu zu evaluieren und die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen zu beurteilen. Auf Ersuchen der GPK-N bezogen der Vorsteher des EJPD und die Vorsteherin des EDA sechs Monate später Stellung zu den Fragen betreffend die Visumerteilungsverfahren und die Kontrollen.

46

S. Jahresbericht 2005 der PVK, Ziff. 2.2.2.,im Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

4335

Diese Unterlagen zeigen, dass die Prüfung der Visagesuche auf verschiedene Behörden aufgeteilt ist: EDA und Schweizer Vertretungen im Ausland, Bundesamt für Migration (BFM), Kantone und Grenzposten. Das BFM ist für den Erlass und die Nachführung der Weisungen über die Visumerteilung und für deren Übereinstimmung mit dem übergeordneten Recht verantwortlich. Ausserdem beauftragt das BFM die Schweizer Auslandsvertretungen und die Grenzposten, bestimmte Visa zu erteilen. Rund 90 % der Gesuche werden im Auftrag des BFM von den Auslandsvertretungen bearbeitet. Falls der Gesuchsteller allerdings einen anfechtbaren förmlichen Entscheid verlangt, muss das BFM diesen erlassen. Das EDA bzw. die Schweizer Auslandsvertretungen stellen nur in Fällen mit politischer Bedeutung Visa in eigener Kompetenz aus (z.B. Inhaber von Diplomatenpässen). Die kantonalen Migrationsbehörden sind insofern zuständig, als der fragliche Aufenthalt eine Aufenthaltsbewilligung erfordert (Art. 15 ff. ANAG47).

Aus verschiedenen, in erster Linie politischen und sicherheitsrelevanten Gründen können die Zuständigkeiten der Auslandsvertretungen zurückgezogen werden. Das kann vor allem bei besonderen Ereignissen geschehen, z.B. bei Kriegsausbruch in einem Land. Im Allgemeinen betreffen solche Massnahmen nur bestimmte Personengruppen. In solchen Fällen werden die Auslandsvertretung und die betroffenen Dienststellen der Bundesverwaltung (z.B. Bundesamt für Polizei [Fedpol], seco) eng an der Beschlussfassung des BFM beteiligt.

Die Schweizer Auslandsvertretungen stellen jährlich über 500 000 Visa aus; das sind rund 2000 Visa pro Werktag. Die zwölf am meisten beanspruchten Vertretungen haben knapp unter 60 % aller im Ausland erteilten Visa ausgestellt. Als Beispiel erteilt allein die Schweizer Botschaft in Peking jedes Jahr 30 000 Visa, die Botschaft von Lima hingegen rund 3000. Unter diesen Voraussetzungen liegt es auf der Hand, dass eine detaillierte Kontrolle jedes einzelnen Gesuchs nur mit beträchtlichem Aufwand möglich ist. Strafbare Handlungen bei der Visumerteilung dürfen keinesfalls toleriert werden; diese Fälle sind jedoch gemessen an der Anzahl der jährlich ausgestellten Visa marginal. Häufiger hängt das Problem mit der Kontrolle der Voraussetzungen für die Visumerteilung zusammen (z.B. Echtheit der Dokumente oder Richtigkeit der
Reisegründe).

Das BFM, das EDA und die Auslandsvertretungen besitzen insbesondere die folgenden Kontrollinstrumente: ­ periodische Inspektionen der Auslandsvertretungen und punktuelle Inspektionen im Verdachtsfall.

­ Geräte zur Überprüfung der Echtheit der Dokumente; für bestimmte Vertretungen automatisiertes Fingerabdruck-Identifizierungssystem (AFIS).

­ Zentrale Datenbank für die Visumerteilung, um detaillierte Statistiken über die Gesuche, erteilte und verweigerte Visa sowie die beteiligten Mitarbeitenden zu führen. Die Entwicklung des Tätigkeitsvolumens kann Anhaltspunkte für Unregelmässigkeiten liefern.

­ Kontakte mit den Vertretungen anderer Länder vor Ort oder mit den lokalen Migrationsdienststellen; im Zweifelsfall Überprüfung durch das BFM und durch den betroffenen Kanton.

­ Hinweise und Klagen von Drittpersonen.

47

Bundesgesetz vom 26.3.1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20).

4336

Jede Vertretung legt in einer internen Weisung das Verfahren, die Strategie der Veröffentlichung der Visumvoraussetzungen sowie die Zuständigkeiten aller am Prozess beteiligten Mitarbeitenden je nach lokaler Situation fest (z.B. politische Situation, Sicherheitsfragen). Die Weisung wird zwar vom BFM kontrolliert, aber der Missionschef trägt die Gesamtverantwortung für die Visumausstellung. Die Vertretungen untersuchen die mit dem Visumgesuch eingereichten Unterlagen und vergewissern sich in der Regel in einem persönlichen Gespräch, dass der angegebene Reisezweck den tatsächlichen Absichten des Antragstellers entspricht, dass die fristgerechte Wiederausreise aus der Schweiz gesichert ist sowie genügende finanzielle Mittel für den Aufenthalt in der Schweiz vorhanden sind.

Generell hat die Kommission festgestellt, dass es sich bei der Visumerteilung um eine Aktivität handelt, die das Konsularpersonal unterschiedlichen Druckversuchen aussetzt. In einigen Ländern kommt es nicht selten vor, dass Personen, die sich auf widerrechtliche Weise ein Visum beschaffen wollen, den Bediensteten des EDA Geld oder Geschenke anbieten oder gar physischen oder psychischen Druck auf sie ausüben. Die Lokalangestellten sind wegen ihrer sozialen Verbindungen im Land besonders exponiert. Wegen der knappen Budgetmittel musste das EDA in den letzten Jahren mehr lokales Personal für die Bearbeitung der Visagesuche einstellen.

Meistens sind sie die in erster Linie zuständigen Visa-Sachbearbeiter, obwohl im Prinzip immer ein versetzbarer Angestellter des konsularischen Dienstes die endgültige Entscheidung trifft.

Die Kommission konnte feststellen, dass sich das EDA der Probleme bewusst ist.

Das EDA hat die bereits ergriffenen bzw. geplanten Abhilfemassnahmen beschrieben, welche die Rahmenbedingungen der Visumerteilung verbessern sollen: spezifische Ausbildungen für die Visa-Sachbearbeiter, Durchführung einer Doppelkontrolle (Vier-Augenprinzip), spezifische Überprüfung nebst den gewöhnlichen Inspektionen, Einführung eines Ausbildungskurses für Lokalangestellte oder auch Ablösung des lokalen Personals durch versetzungspflichtiges Schweizer Personal.

Die Kommission hat besonders nachdrücklich gefordert, dass die Missionschefs ihre Kontrollverantwortung in diesem Bereich klarer wahrnehmen.

Die GPK-N betrachtete die Erklärungen
des EDA und des BFM als befriedigend.

Die Kommission wird sich im Jahr 2006 über den Verlauf der Gerichtsverfahren und über die Umsetzung der angekündigten Massnahmen des EDA informieren. Im Übrigen wird sie die Konsequenzen der Assoziierung der Schweiz an die Schengener-Abkommen für die geplanten Visummassnahmen aufmerksam mit verfolgen.

3.4.3

Umstrittene Bewilligungen des Bundesrats im Bereich der Kriegsmaterialgesetzgebung

Am 29. Juni 2005 fällte der Bundesrat vier Beschlüsse im Zusammenhang mit Bewilligungsgesuchen beziehungsweise Voranfragen gemäss Kriegsmaterialgesetz48. Diese wurden aufgrund ihrer erheblichen aussen- und sicherheitspolitischen Tragweite durch die zuständigen Stellen der Bundesverwaltung an ihn herangetragen. Der Bundesrat ermächtigte in all diesen Fällen das zuständige seco, die Bewilligungen zu erteilen oder die Voranfrage positiv zu beantworten.

48

S. Medienmitteilung des Bundesrats vom 29.6.2005.

4337

Der erste Beschluss betrifft die Ausfuhr von 180 Mannschaftstransportwagen M113 zum Preis von rund zwölf Millionen Franken vorerst in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), die danach diese Mannschaftstransportwagen der irakischen Regierung verschenken wollen. Die Bewilligung dieser Ausfuhr sollte gemäss Bundesrat einen Beitrag leisten, damit der irakischen Regierung wirksame eigene Polizei-, Grenz- und Objektschutzdienste zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, einschliesslich der Bekämpfung des Terrorismus, ermöglicht werden konnte. Sie helfe die Lage im Irak möglichst bald zu stabilisieren und sei im Sinne der Resolution Nr. 1546 des UNO-Sicherheitsrats. Deshalb liege mit diesem Export kein Verstoss gegen internationale Embargomassnahmen vor.

In Bezug auf Indien und Pakistan hatte der Bundesrat im Anschluss an die Atomversuche beider Staaten im Juni 1998 verfügt, dass keine neuen Ausfuhrgesuche für Kriegsmaterial in diese beiden Länder mehr bewilligt werden dürften. Mit seinem Entscheid vom 29. Juni 2005 führt der Bundesrat wieder das übliche, von der Kriegsmaterialgesetzgebung vorgesehene Verfahren ein. Nach wie vor müssen aber die in den einschlägigen Bestimmungen enthaltenen Voraussetzungen erfüllt sein, damit Exportgesuche für Kriegsmaterial bewilligt werden können. In seinem Grundsatzentscheid hat der Bundesrat das seco ermächtigt, betreffend Indien eine Voranfrage zustimmend zu beantworten, bei der es um die Vergabe von Lizenzen für den Bau von Fliegerabwehrkanonen im Kaliber 35 mm und die partielle Zulieferung von Bauteilen dazu im Gesamtwert von 300 Millionen über fünf Jahre geht. In Bezug auf Pakistan darf das seco ein Vermittlungsgesuch bewilligen, mit welchem es den Gesuchstellern ermöglicht wird, mit Pakistan einen Vertrag auszuhandeln für den Verkauf von 736 Mannschaftstransportwagen M113. Die M113 sollen ausschliesslich für UNO-Einsätze pakistanischer Truppen in Ländern wie Sierra Leone, Liberia, Kongo, Burundi und später auch Sudan verwendet werden.

Beim Beschluss zu Südkorea handelt es sich um eine vorübergehende Ein- und anschliessende Wiederausfuhr zwecks Unterhaltsarbeiten an 50­100 Gefechtsköpfen zu Luft-Luft-Lenkwaffen im Wert von maximal 2,5 Millionen Franken. Der Bundesrat hat sich u.a. von den Tatsachen leiten lassen, dass dieses Land weder
die internationale Sicherheit noch die regionale Stabilität gefährdet, sein Verhalten gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft konstruktiv ist und dass auch mehrere europäische Länder Rüstungsgüter in dieses Land liefern. Der Bundesrat fand weiter, dass auch Aspekte des Neutralitätsrechts einem Kriegsmaterialexport nach Südkorea nicht entgegenstehen. Mit diesem Auftrag lasse sich nicht zuletzt das breite Know-how nutzen und erhalten, das die betroffene Firma im Bereich des Unterhalts dieser Lenkwaffen, welche auch von der Schweizer Armee benutzt werden, erworben hat.

Nationalrat Joseph Lang reichte Mitte 2005 gegen diese Beschlüsse bei der GPK-N eine Aufsichtseingabe ein. Er forderte darin die GPK-N auf, die Rechtmässigkeit dieser Beschlüsse zu überprüfen. Die Eingabe betrifft die Geschäftsführung des Bundesrats und fällt somit in den Kompetenzbereich der GPKs. Aufgrund der Sensibilität der Kriegsmaterialexporte prüfen die GPKs jedes Jahr den Bericht des Bundesrats zur Kriegsmaterialausfuhr gemäss Artikel 32 Kriegsmaterialgesetz. Die GPK-N ist deshalb auch in der Lage, die Bundesratsentscheide vom 29. Juni 2005 in den langjährigen Kontext zu stellen und ihre Konsistenz mit der bisherigen Bewilligungspraxis zu überprüfen. Die GPK-N ist auf die Eingabe eingetreten. Die zuständige Subkommission hat in der Folge Ende Oktober 2005 erste Anhörungen mit den Verwaltungsvertretern durchgeführt. Vor dem Hintergrund, dass eine interdeparte4338

mentale Arbeitsgruppe der Bundesverwaltung das aktuelle Verfahren zur Bewilligungserteilung im 3. Quartal 2005 hinterfragt hat, hat die GPK-N beschlossen, den Bericht dieser Arbeitsgruppe, der für Ende 2005 erwartet wird, abzuwarten und danach ihre Schlussfolgerungen zu ziehen.

Im Rahmen dieser Untersuchung geht die GPK-N auch Fragen im Zusammenhang mit den in Marokko aufgetauchten 40 Panzerhaubitzen M109 nach. 40 Panzerhaubitzen dieses Typs wurden im Jahr 2004 an die VAE verkauft. Die Bewilligung zu dieser Ausfuhr von Kriegsmaterial war an die Bedingung geknüpft, dass die VAE diese Haubitzen nicht weitergeben. Die Subkommission konnte sich vergewissern, dass diese schriftliche Erklärung der VAE vorliegt. Das VBS besass schon frühzeitig gewisse Informationen über eine mögliche Weitergabe dieser Haubitzen durch die VAE an Marokko, während das zuständige EVD erst Ende März 2005 von dieser Möglichkeit erfuhr. Aus der Perspektive der Oberaufsicht stellt sich nun die Frage nach dem Informationsfluss bei den involvierten Stellen der Bundesverwaltung und nach ihrer Zusammenarbeit. Im Rahmen der erwähnten Anhörungen konnte die Subkommission erste Abklärungen vornehmen. Im Weiteren muss aber auch in diesem Zusammenhang das Instrument der so genannten End-User-Vereinbarung hinterfragt werden. Dieser Aspekt ist ebenfalls Gegenstand des Auftrags der interdepartementalen Arbeitsgruppe, so dass eine abschliessende Würdigung der Ereignisse erst nach dem Vorliegen ihres Schlussberichts durch die GPK-N vorgenommen werden wird.

3.5

Soziale Sicherheit und Gesundheit

3.5.1

Umsetzung der Transparenzbestimmungen in der beruflichen Vorsorge

Im Anschluss an ihre Untersuchung zur Problematik der Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge49 hat die GPK-N beschlossen, die Aufsicht und Prozesse in diesem Bereich eng zu begleiten.

Auf den 1. April 2004 ist das erste Paket der 1. BVG50-Revision in Kraft getreten, welches Massnahmen zugunsten einer grösseren Transparenz in Bezug auf die Führung der Vorsorgeeinrichtungen und auf die paritätische Verwaltung beinhaltet.

Im Rahmen der Revision des BVG sind auch das Lebensversicherungsgesetz51 sowie die Lebensversicherungsverordnung52 geändert worden. Neu müssen die Lebensversicherer, welche das Geschäft der beruflichen Vorsorge betreiben, für dieses einen eigenen Sicherungsfonds errichten und eine getrennte jährliche Betriebsrechnung führen. Innerhalb der beruflichen Vorsorge wird eine detaillierte Aufteilung der Betriebsrechnung in Spar-, Risiko- und Verwaltungskostenteil vorgeschrieben. Die Transparenzbestimmungen legen ferner fest, dass mindestens 90 %

49 50 51 52

S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1933 ff.).

Bundesgesetz vom 25.6.1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40).

Bundesgesetz vom 18.6.1993 über die direkte Lebensversicherung (Lebensversicherungsgesetz, LeVG; SR 961.61).

Verordnung vom 29.11.1993 über die direkte Lebensversicherung (Lebensversicherungsverordnung, LeVV; SR 961.611).

4339

der Überschüsse an die Versicherten weiterzuleiten sind (sog. Mindestausschüttungsquote bzw. Legal Quote).

Mit der Umsetzung der Transparenzbestimmungen in der beruflichen Vorsorge sind aufwändige konzeptionelle Arbeiten verbunden. Ziel der GPK-N ist, sich über diese Arbeiten zum Vollzug der Transparenz im BVG zu informieren und sich im Hinblick auf die Nachkontrolle zu ihrer Untersuchung und die Umsetzung ihrer Empfehlungen auf dem Laufenden zu halten. Eine Arbeitsgruppe der GPK-N hat deshalb im Berichtsjahr Gespräche mit Rechnungslegungs- und Pensionskassenexperten, Vertretern des Bundesamts für Privatversicherungen (BPV) sowie des Bundesamts für Sozialversicherung (BSV) geführt.

Schwerpunkte dieser begleitenden Informationstätigkeit der GPK-N bildeten folgende Bereiche und Fragestellungen: ­

Bewertungsfragen bei SWISS GAAP FER 2653 und Abgrenzungsfragen zu den Rechnungslegungsbestimmungen gemäss Obligationenrecht und IFRS (International Financial Reporting Standards)

­

Methodik bei der Berechnung des Deckungskapitals

­

Prozess der Trennung des Sicherungsfonds für die berufliche Vorsorge

­

Schaffung der Voraussetzungen zur Einführung der neuen Betriebsrechnung und Schnittstellen zur Rechnungslegung der Vorsorgeeinrichtungen

­

Mechanik der Berechnung der Mindestausschüttungsquote und der Überschussverteilung

­

Vorgehen des BSV bei der Umsetzung der Parität in Führungsorganen von Vorsorgeeinrichtungen

­

Neustrukturierung und Optimierung der Aufsicht in der beruflichen Vorsorge

Es kann an dieser Stelle noch keine Beurteilung der Umsetzung der Transparenzbestimmungen vorgenommen werden. Viele Voraussetzungen für eine bessere Transparenz sind eben erst geschaffen worden und harren noch der Anwendung in der Praxis. Hinzu kommt, dass einige Fragen noch offen sind.

Bereits heute kann aber festgehalten werden, dass die der Arbeitsgruppe dargelegten Arbeiten zur Umsetzung der Transparenz von enormer Komplexität sind. Sie haben die Spezialisten in den zuständigen Ämtern des Bundes ebenso gefordert wie die Versicherer und Vorsorgeeinrichtungen. Entscheidend wird nun sein, die Transparenz in die Praxis umzusetzen und die Entwicklungen konsequent zu kontrollieren.

Dies wird einen hohen Ressourcenaufwand in den Aufsichtsämtern BPV und BSV erfordern.

Die GPK-N ist nach wie vor überzeugt, dass die Lebensversicherer das durch Intransparenz verloren gegangene Vertrauen nur durch rigoroses Einhalten der Transparenzvorschriften zurückgewinnen können. Aber auch auf Ebene der Vorsorgeeinrichtungen wird eine Strukturbereinigung aufgrund der zunehmenden Transparenz und Professionalisierung einsetzen müssen.

53

Rechnungslegungsstandard für Personalvorsorgeeinrichtungen.

4340

3.5.2

Koordination in der Gesundheits- und Sozialstatistik

Über den Prozess der Optimierung der Gesundheits- und Sozialstatistik und der entsprechenden Daten hat die GPK-N im vergangenen Jahr berichtet54. Die Kommission verlangte beim Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) einen Bericht, der die Strategie im Bereich der Koordination der Gesundheitsund Sozialstatistik aufzeigt. Ein entsprechendes Dokument des Bundesamts für Statistik (BFS) vom Februar 2005 wies die GPK-N auf die Koordinationsschwerpunkte und Projekte der verschiedenen, an der Gesundheitspolitik beteiligten Ämter hin.

Zur Koordination der Aktivitäten im Bereich der Produktion und Nutzung gesundheitsstatistischer Informationen finden regelmässig Direktionsgespräche zwischen dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und dem BFS statt. Die Koordination des Informationsbedarfs sowie die Produktion und Nutzung der Statistiken der sozialen Sicherheit wird zwischen BFS und BSV durch vierteljährliche Sitzungen auf Abteilungs- bzw. Bereichsebene sichergestellt. Beim Ausbau des Gesundheitsinformationssystems, insbesondere in den nicht oder nur lückenhaft dokumentierten Bereichen der ambulanten Gesundheitsversorgung, nimmt das BFS eine Schlüsselstellung ein. Es achtet darauf, dass auf spezielle Erhebungen verzichtet wird, sofern die benötigten Daten etwa im Rahmen von administrativen Prozessen anfallen und über die betreffenden Stellen bzw. im Rahmen routinemässiger Datenflüsse beschafft werden können. Das BFS hat in enger Zusammenarbeit mit dem BAG die konzeptuelle Planung und weitere vorbereitende Arbeiten für den Aufbau einer Statistik der ambulanten Gesundheitsversorgung in Angriff genommen.

Ein weiteres Element der Koordinationsstrategie im Bereich der Gesundheitsstatistik besteht darin, privilegierten Datennutzern, namentlich den kantonalen Gesundheitsdirektionen, im Rahmen ihrer Zugriffsberechtigung auf die Auswertungsdatenbanken des BFS Analysetools zur Verfügung zu stellen, welche sich für routinemässige Auswertungen, etwa im Zusammenhang mit dem Vollzug des Krankenversicherungsgesetzes55, verwenden lassen. Damit soll gewährleistet werden, dass gleiche Tätigkeiten auf gleicher Datenbasis mit gleichen Instrumenten durchgeführt werden und dadurch zu vergleichbaren Ergebnissen führen sowie mit möglichst geringem Aufwand erledigt werden können.

Der Bericht des BFS wies darauf hin,
dass für die Ausgestaltung eines kohärenten statistischen Informationssystems und die Realisierung der dringend notwendigen Statistik des ambulanten Bereichs neben der Schaffung einer umfassenden gesetzlichen Grundlage im Rahmen des 2. Pakets der KVG-Revision (Botschaft 2A zur Spitalfinanzierung) auch zusätzliche finanzielle Mittel unabdingbar sind.

Trotz dem ausführlichen Bericht des BFS hat die GPK-N Mühe, eine klare Strategie im Bereich der Koordination der Gesundheitsdaten zu erkennen. Die Ansätze einer intensiveren Kooperation haben sich zwar seit 2002 kontinuierlich entwickelt und auch verbessert. Die Koordination beruht aber in wesentlichen Teilen noch auf Absprachen und ist nach Ansicht der GPK-N zu wenig formal und verbindlich geregelt. Die Kommission begrüsst deshalb umso mehr die Schlüsselrolle, welche das BFS in diesem Bereich wahrnehmen will.

54 55

S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel vom 21.1.2005 (BBl 2005 1936).

Bundesgesetz vom 18.3.1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10).

4341

Im Rahmen der Beratung des Geschäftsberichts 2004 des Bundesrats haben beide GPKs im Mai 2005 dem Vorsteher des EDI ihre Sorge in diesem Dossier mitgeteilt.

Angesichts der Vielzahl der Strukturen und Akteure stellen sich die GPKs die Frage, ob die Informationen für den politischen Entscheidprozess und die Führung des Krankenversicherungssystems glaubwürdig und effizient aufbereitet werden können.

Grosse Bedenken haben die Kommissionen in diesem Bereich auch bezüglich des Verhältnisses und der Koordination zwischen dem Bund und den Kantonen. Der Vorsteher des EDI hat diese Unzufriedenheit mit dem System als Ganzes grundsätzlich geteilt. Gleichzeitig hat er die Harmonisierungsbestrebungen sowie die engeren und offeneren Kontakte zu den Kantonen hervorgehoben. Für die notwendigen weiteren Verbesserungen wies der Vorsteher des EDI die Kommission auf die laufende KVG-Revision und die darin enthaltene umfassende gesetzliche Grundlage für die Erhebung statistischer Daten bei allen Akteuren des Gesundheitswesens hin.

Nach Ansicht der GPK-N muss die Entwicklung im Bereich der Gesundheitsstatistik im Auge behalten und spätestens ein bis zwei Jahre nach Inkrafttreten der in der laufenden KVG-Revision vorgeschlagenen neuen Regelung des Statistikbereichs wieder beurteilt werden. Die langfristige Finanzierung zur Verbesserung der statistischen Grundlagen ist dabei bereits im heutigen Zeitpunkt von zentraler Bedeutung.

3.5.3

Rentenwachstum und Rolle des Bundes in der Invalidenversicherung

Im vergangenen Jahresbericht hat die GPK-S über die Stossrichtung der laufenden Untersuchung zur Invalidenversicherung (IV) orientiert56. Auf der Grundlage von Expertisen der PVK57 und des Interface Instituts für Politikstudien sowie weiteren Abklärungen der zuständigen Subkommission konnte die GPK-S am 19. August 2005 ihren Schlussbericht58 verabschieden.

Die Untersuchung der GPK-S schaffte einen Überblick über die einzelnen Faktoren des Rentenwachstums, die Rolle des Bundes in der Aufsicht und Vorbereitung der IV-Gesetzgebung und fragte nach der IV-Situation innerhalb des Bundespersonals im Vergleich zur gesamtgesellschaftlichen Entwicklung. Ausserdem zog die GPK-S Schlussfolgerungen zur laufenden 5. Revision des Invalidenversicherungsgesetzes59.

Mit ihrem Bericht verabschiedete die Kommission zwei Motionen und fünfzehn Empfehlungen.

Die GPK-S rügte, dass das Ziel des einheitlichen Versicherungsvollzugs gemäss Artikel 64 Absatz 2 IVG trotz weit reichenden Aufsichtskompetenzen bisher nicht erreicht und auch nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit verfolgt wurde. Bundesrat und BSV haben ihre Spielräume in der Aufsicht nicht genutzt. Obschon Schwachstellen hinsichtlich der Bundesaufsicht über die IV bereits im Vorfeld der 4. IVGRevision aufgelistet wurden, sind heute noch zentrale Aufsichtsfragen nicht geregelt.

Es fehlt eine professionell geführte und moderne Aufsicht. Hinzu kommen Abgrenzungsprobleme zur kantonalen Aufsicht und eine teilweise mangelhafte Datener56 57 58 59

S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel vom 21.1.2005 (BBl 2005 1937).

S. Jahresbericht 2005 der PVK, Ziff. 2.1.2, im Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

S. Bericht der GPK-S über Rentenwachstum in der Invalidenversicherung vom 19.8.2005 (www.parlament.ch).

Bundesgesetz vom 19.6.1959 über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20).

4342

fassung. Die GPK-S forderte deshalb vom Bundesrat eine Gesamtstrategie für eine verstärkte Aufsicht des Bundes über den IV-Vollzug.

Ein ebenso schlechtes Zeugnis wie bei der Aufsicht musste die GPK-S dem Bundesrat und dem BSV in Sachen Vorbereitung der Entscheidungsgrundlagen und der IVGesetzgebung ausstellen. Obschon sich die finanzielle Situation der IV bereits seit 1993 dramatisch verschlechterte, haben der Bundesrat und das BSV die Problematik des Rentenwachstums kaum wahrgenommen und nicht aktiv bearbeitet. Es wurde nicht das Mögliche unternommen, um Gegenstrategien zum Rentenwachstum zu entwickeln. Insgesamt hat das BSV seine Aufgaben im Bereich der IV-Gesetzgebung wenig effektiv erfüllt. Die mangelhafte BSV-interne Zusammenarbeit im Bereich der Forschung sowie der unsystematische und späte Einbezug externer Akteure trugen dazu bei. Die fehlende Zusammenarbeit zwischen dem BSV und den kantonalen IV-Stellen blockierte eine effiziente Weiterentwicklung der Gesetzgebung zusätzlich. Die GPK-S forderte den Bundesrat zu einer aktiven Wahrnehmung der Aufgaben der Gesetzgebungsentwicklung und effizienteren Ausschöpfung der verschiedenen Ressourcen auf.

Obschon die Zahl der IV-Rentnerinnen und IV-Rentner seit Jahren stetig anwuchs, ist es bis heute nicht möglich, die Gründe dieser Entwicklung völlig schlüssig zu erklären. Es fehlen erhärtete Daten bzw. wissenschaftliche Grundlagen. Auch hier haben Bundesrat und BSV ihre Verantwortung nicht wahrgenommen. Trotz entsprechendem Forschungsauftrag des Bundes gemäss Artikel 68 IVG existiert bis heute noch kein bereinigtes Forschungskonzept zur IV. Um in Zukunft nicht mehr nur auf Annahmen und Mutmassungen abstellen zu müssen, forderte die GPK-S vom Bundesrat eine vertiefte Analyse bestimmter, noch wenig erforschter Rentenursachen.

Weil dem Bund als Arbeitgeber eine besondere Vorbildfunktion zukommt, wollte die GPK-S den Vollzug der IV auf nationaler Ebene mit jenem innerhalb der Bundesverwaltung vergleichen. Die sich ein Jahr dahin ziehenden Abklärungen der Bundesverwaltung sind Ausdruck der diesbezüglichen Intransparenz und ungenügenden Datenqualität beim Bund. Die verfügbaren Daten liessen keine aussagekräftigen Interpretationen oder Vergleiche der IV-Situation beim Bund mit den gesamtschweizerischen Entwicklungen zu. Über die tatsächliche IV-Situation
beim Bundespersonal muss weiterhin spekuliert werden. Die GPK-S kam ausserdem zum Schluss, dass der Bundesrat keine Gesamtstrategie zur Beeinflussung und Steuerung der IV-Entwicklung seines Personals hat. Gemäss seinem Bericht vom 17. August 2005 kann der Bundesrat nicht ausschliessen, dass als Folge der Entlastungsprogramme und der Aufgabenverzichtsplanung in naher Zukunft die Invaliditätsfälle steigen könnten. Bereits in einem Bericht der GPK-N vom 18. November 1999 wurden die Tendenzen belegt, bei Restrukturierungen Personal auf Kosten der IV und der Pensionskassen60 abzubauen. Der Bundesrat scheint angesichts der aktuellen Herausforderungen zu resignieren, wenn er eine Zunahme von Invaliditätsfällen in der Bundesverwaltung infolge von Restrukturierungen in Kauf nimmt. Für die GPK-S ist diese Resignation des Bundesrats nicht verständlich und auch nicht tolerierbar. Die GPK-S forderte vom Bundesrat Transparenz bezüglich der IVEntwicklung beim Bund, eine Gesamtstrategie sowie zusätzliche Massnahmen zur langfristigen Senkung des IV-Rentenbestands beim Bundespersonal.

60

S. Bericht der GPK-N über die Praxis des Bundes bei vorzeitigen Pensionierungen aus betriebsorganisatorischen und medizinischen Gründen vom 18.11.1999 (BBl 2000 1197).

4343

Um die Kostenwahrheit der Invalidisierungen abzubilden, forderte die GPK-S den Bundesrat auf, die Wechselwirkungen zwischen der IV und der beruflichen Vorsorge vertieft zu analysieren.

Aufgrund ihrer Untersuchung kam die GPK-S zum Schluss, dass im Rahmen der 5. IVG-Revision die Problematik der Aufsicht über den IV-Vollzug vertieft zu thematisieren ist. Die Kommission schlug u.a. vor, auf die Schaffung einer zusätzlichen Aufsichtskommission, wie dies der Entwurf von Artikel 64b (neu) IVG vorsieht, zu verzichten. Die Aufsichtsverantwortung würde geteilt und es bestünde die Gefahr von Aufsichtslücken. Ausserdem würde die Komplexität in der Aufsicht über den IV-Vollzug zusätzlich vergrössert, was die Wirksamkeit der Aufsicht keineswegs verbessern dürfte.

Der Bundesrat erhielt gemäss Artikel 157 ParlG die Gelegenheit, zum Kommissionsbericht Stellung zu nehmen und darzulegen, wie er den Forderungen der GPK-S nachkommen will. Diese Stellungnahme ist am 21. Dezember 2005 erfolgt und wird von der GPK-S im 1. Quartal 2006 behandelt. Die Schlussfolgerungen hinsichtlich der 5. IVG-Revision wurden den Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit mit der Bitte mitgeteilt, diese in die Revision des IVG einfliessen zu lassen.

3.5.4

Swissmedic

Im August 2004 veröffentlichte die GPK-S einen Bericht, in dem die Probleme bei der Inbetriebnahme von Swissmedic ­ dem mit der Überwachung des Medikamentenmarktes beauftragten Institut ­ analysiert wurden. Ein Jahr danach stattete die Kommission Swissmedic einen Besuch ab, um die Lageentwicklung und den Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen an die Adresse des Bundesrats zu prüfen.

Die GPK-S zog eine sehr ermutigende Bilanz zu ihrem Besuch. Sie traf auf ein tatkräftiges Führungsteam und stellte in allen untersuchten Bereichen deutliche Fortschritte fest. Die meisten Mitarbeitenden von Swissmedic befinden sich heute an zwei Standorten, während es früher rund zehn Standorte waren; zum Besuchszeitpunkt stand die Einführung einer neuen Datenbank vor der Tür und eine Informatikstrategie wurde ausgearbeitet; der Rechtsdienst verfügt über kompetente und motivierte Mitarbeitende; die Lücken im Umsetzungsrecht werden in Gesetzesentwürfen behandelt, die in den geplanten Fristen zu Stande kommen sollten; eine neue Gesetzesgrundlage zur Regelung von Sonderbewilligungen für die Einfuhr von in der Schweiz nicht zugelassenen Arzneimitteln konnte die Effizienz des Systems wesentlich verbessern; die mit dem Internethandel verbundenen Risiken wurden der Öffentlichkeit mehrmals und über verschiedene Kanäle bekannt gegeben; schliesslich haben sich auch die Beziehungen mit den Kantonen verbessert.

Die Kommission stellte im Weiteren fest, dass sich eine Lösung für die institutionellen Probleme betreffend das Verhältnis von Swissmedic zum BAG und zum Generalsekretariat des EDI abzeichnet; die Empfehlungen der GPK-S haben für das Auslösen des Schlichtungsprozesses und für die Klärung der Kompetenzen eine Schlüsselrolle gespielt. Ab 2007 sollen die Führungs- und Kontrollinstrumente des Instituts umfassend überarbeitet werden. Das neue Leistungsmandat, dessen Erfüllung künftig vom Generalsekretariat des Departements überwacht wird, soll eine Eignerstrategie beinhalten. Nach Auffassung der Kommission bilden die geschilder4344

ten Lösungen eine entscheidende Etappe hin zu einer klareren Abgrenzung der Aufgaben und Zuständigkeiten.

Demzufolge hat wie von der Kommission gewünscht eine Konsolidierungsphase stattgefunden. Die offenkundigen Probleme von Swissmedic gehören nun der Vergangenheit an. In einem Schreiben an den Bundesrat hob die GPK-S indessen bestimmte Punkte hervor, die weiterhin aufmerksam beobachtet werden sollen.

Erstens betonte die Kommission die Bedeutung einer offenen und ständigen Kommunikation von Swissmedic mit den verschiedenen Partnern. Das erfordert eine rasche und transparente Information der Fachleute und der Öffentlichkeit, aber auch ständige Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse und Feststellungen der kantonalen Behörden. Die Beziehungen mit den Kantonen haben sich zwar seit der Schaffung von Swissmedic kontinuierlich verbessert, aber sie können immer noch Konfliktstoff bergen und müssen sorgfältig geführt werden. Daneben muss der Informationsaustausch auf internationaler Ebene vertieft werden.

Die GPK-S nahm im Weiteren die sehr hohe Arbeitsbelastung des Rechtsdienstes von Swissmedic zur Kenntnis. Die Lageentwicklung in diesem Bereich muss genau mit verfolgt werden; gegebenenfalls sind Massnahmen zu ergreifen. Ausserdem müssen die Entwicklung der Informatiksysteme sowie die Zusammenführung aller Mitarbeitenden an zwei Standorten vorangetrieben werden. Swissmedic informierte die GPK-S über die Probleme, die sich dem Institut bei der Umsetzung des Öffentlichkeitsgesetzes61 stellen werden. Die Kommission hat den Bundesrat gebeten, diese Probleme zu prüfen und die notwendigen Massnahmen zu ergreifen.

Gemäss der Meinung der GPK-S bildet schliesslich die Unabhängigkeit der Swissmedic-Leitung von jeglichen Partikularinteressen eine unverzichtbare Voraussetzung, um die Glaubwürdigkeit des Instituts zu gewährleisten. Die Kommission hat den Bundesrat ersucht, diesem Anliegen bei der Ernennung des Präsidenten und der neuen Mitglieder des Institutrats Ende 2005 grösste Bedeutung beizumessen.

Für die GPK-S ist die Untersuchung zu Swissmedic abgeschlossen. Sie hegt keinerlei Zweifel, dass der Bundesrat die oben formulierten Feststellungen und Forderungen berücksichtigen wird. Dagegen behält sie sich die Möglichkeit vor, die Lage im Rahmen ihres Oberaufsichtsauftrags mittelfristig neu zu beurteilen.

3.5.5

Überwachung des Arzneimittelmarktes

Nach der Veröffentlichung der Resultate eine Studie, die ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bei sehr langer Therapiedauer nachwies, wurde das Antirheumatikum Vioxx Ende September 2004 vom Markt zurückgezogen. Nach dieser Bekanntmachung wurden in einer Untersuchung des amerikanischen Senats Missstände bei der Überwachung des Arzneimittelmarktes aufgedeckt. Für die Überwachung des Arzneimittelmarktes ist in den Vereinigten Staaten die Food and Drug Administration (FDA) zuständig. Die Untersuchung des Senats liess insbesondere fehlende Unabhängigkeit, ja gar eine gewisse Komplizenschaft zwischen der FDA und der pharmazeutischen Industrie erkennen.

61

Bundesgesetz vom 17.12.2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz, BGÖ; SR 152.3).

4345

Die Angelegenheit schürte grosses Misstrauen gegenüber der Industrie und stellte die Fähigkeit der zuständigen Behörden, den Markt zu überwachen, in Frage. Angesichts dieser Ereignisse beschloss die GPK-S, zu untersuchen, wie das schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic im Fall von Vioxx und anderen Antirheumatika, den so genannten «COX-2»-Inhibitoren wie Celebrex und Bextra, ihre Überwachungsaufgaben erfüllt hat. Diese Medikamente werden bis heute bzw. wurden bis vor kurzem in der Schweiz kommerzialisiert.

In einem detaillierten, auf ihr Ersuchen erstellten Bericht wurde die GPK-S über die Überlegungen, die für Swissmedic bei der Erteilung der Marktzulassungsbewilligungen für COX-2-Inhibitoren entscheidend gewesen waren, über die Informationen, welche Swissmedic nach der Markteinführung besass, sowie über die verschiedenen Überwachungsmassnahmen informiert. Die Kommission unterhielt sich anlässlich eines Besuchs beim Institut Ende 2005 mit Vertretern von Swissmedic auch über diesen Bericht (s. Ziff. 3.5.4).

Die retrospektive Analyse der Ereignisse zeigt, dass die schweizerischen Überwachungsbehörden im Rahmen der vorhandenen Erkenntnisse die Risiken der Antirheumatika der Gruppe der COX-2-Inhibitoren rechtzeitig erkannt und risikomindernde Massnahmen ergriffen hatten. Nach Swissmedics eigenem Bekunden legten die Resultate einer Ende 2000 abgeschlossenen Studie eindeutig ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bei Einnahme von Vioxx nahe; diese Resultate wurden aber schlecht interpretiert. Dies sei jedoch nicht auf eine schlechte Evaluation zurückzuführen, sondern darauf, dass andere wichtige Ergebnisse noch nicht bekannt waren.

Swissmedic räumte auch ein, dass die Prüfung der Dossiers und die Umsetzung von Überwachungsmassnahmen (z.B. Patientenhinweis auf dem Beipackzettel von Vioxx) in bestimmten Fällen relativ lange dauerten. Swissmedic führte dieses Problem auf den Personalmangel zurück. Seitdem hat das Institut den Bereich Marktüberwachung stärker ausgebaut. Es ist auch zu erwähnen, dass gegenwärtig ein Verfahren zur Neubewertung der Sicherheit aller Antirheumatika ­ auch der konventionellen Entzündungshemmer ­ im Gange ist.

Die GPK-S erkundigte sich auch, über welche Instrumente und Ressourcen Swissmedic generell verfügt, um ein Medikament nach der Markteinführung zu überwachen. Daneben
befasste sich die Kommission mit der internen Organisation der Überwachung bei Swissmedic. Im Fall von Vioxx wurden die Lücken bei der FDA vor allem mit der fehlenden Unabhängigkeit der Überwachungsabteilung von der Zulassungsabteilung erklärt. Auf der Basis dieser Feststellung wurde die Überwachungsabteilung der FDA stärker von der Marktzulassungsabteilung getrennt und mit zusätzlichen Kompetenzen und Ressourcen ausgestattet. Im Gegensatz dazu plädierte Swissmedic dafür, dass die Produktüberwachung von derjenigen Person wahrgenommen werden soll, welche das Marktzulassungsgesuch geprüft hat. Vorgängige Kenntnisse der durchgeführten Studien und der Marktzulassungsunterlagen würden eine effiziente Interpretation allfälliger neuen Angaben zum Medikament und gegebenenfalls rasche Reaktionen ermöglichen. Die Bildung von zwei getrennten Abteilungen würde im Übrigen für das kleine Institut Swissmedic beträchtliche weitere Ressourcen voraussetzen. Swissmedic wies ausserdem darauf hin, dass die Unabhängigkeit und Objektivität bei der Beurteilung von Risiken und Nutzen eines Medikaments ihre eigentliche «raison d'être» darstellen, ohne welche die Behörde ihren Auftrag nicht erfüllen könne.

Die GPK-S stellte nach diesen Erklärungen fest, dass Swissmedic das eigene Vorgehen im Fall der Antirheumatika aus der Gruppe der COX-2-Inhibitoren kritisch 4346

geprüft und die Konsequenzen gezogen habe. Deshalb beschloss die Kommission, dass keine weiteren Massnahmen im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht ergriffen werden müssen.

3.5.6

Abklärungen zu behaupteten privilegierten Verbindungen zwischen der Groupe Mutuel und dem Vorsteher des EDI

Das EDI entschied am 1. Juli 1999, fünf Methoden der Komplementärmedizin (Anthroposophische Medizin, Homöopathie, Neuraltherapie, Phytotherapie, Traditionelle Chinesische Medizin) bis zum 30. Juni 2005 provisorisch in die Grundversicherung aufzunehmen. Für die definitive Aufnahme in die Grundversicherung sollte deren Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit gemäss Artikel 32 KVG nachgewiesen werden. Für diesen Nachweis hat das EDI im Jahre 1999 das Programm Evaluation Komplementärmedizin (PEK) lanciert.

Das EDI beschloss am 3. Juni 2005, die Leistungspflicht der Krankenversicherer für die fünf komplementärmedizinischen Methoden auf den 1. Juli 2005 aufzuheben.

Massgeblich für den Entscheid war der ungenügende Nachweis, dass die erwähnten Leistungen den zentralen Geboten der Wirtschaftlichkeit, insbesondere aber der Wirksamkeit und Zweckmässigkeit gemäss KVG entsprachen.

Das EDI kündigte gleichzeitig mit seinem Entscheid an, dass die Versicherer für diese Leistungen Zusatzversicherungen anbieten dürften, die allen Versicherten zugänglich sein werden. Ausserdem empfahl das EDI den Versicherten, mit ihren Krankenversicherungen Übergangslösungen für laufende Behandlungen auszuhandeln. Eine entsprechende Empfehlung gab es am 13. Juni 2005 an die Versicherer ab.

Bereits am 6. Juni 2005 gab der Krankenversicherer Groupe Mutuel bekannt, dass Versicherte ihrer Mitgliederkrankenkassen dank der neuen Zusatzversicherung Alterna die Komplementärmedizin ohne Unterbruch, ohne Gesundheitsfragebogen und ohne Altersbeschränkung für sechs Franken monatlich (bzw. Fr. 3 für Kinder) weiterführen können. Dieser Ankündigung folgte ab 9. Juni 2005 eine nationale Werbekampagne der Groupe Mutuel zu ihrem neuen Produkt Alterna.

Die Krankenversicherung Assura kritisierte diese Aktion von Groupe Mutuel mit zwei offenen Briefen an den Vorsteher des EDI vom 17. und 21. Juni 2005. Der Generaldirektor der Assura äusserte den Verdacht, dass Groupe Mutuel über den Entscheid des EDI vom 3. Juni 2005 vorinformiert war. Es sei nicht möglich, in nur vier Tagen ein Produkt zu lancieren, die behördlichen Bewilligungen zu erhalten und eine Werbekampagne zu organisieren. Hinterfragt hat er zudem, dass das BPV im Fall der Groupe Mutuel auffallend rasch gearbeitet hat. Bei einem von Assura am 17. Juni 2005 eingereichten Gesuch
zur Genehmigung der Tarife von einem ebenfalls neuen Zusatzversicherungsprodukt namens Medna liess das BPV verlauten, dass das Gesuch wegen zu kurzen Fristen nicht bis zum 1. Juli 2005 behandelt werden könne.

In der Folge wurde die Nähe vom Vorsteher des EDI zur Groupe Mutuel und deren mögliche Einflussnahme auf gesundheitspolitische Entscheide in den Medien und in politischen Kreisen thematisiert.

4347

Vor diesem Hintergrund beschloss die GPK-S am 21. Juni 2005, entsprechende Abklärungen zu allfälligen privilegierten Verbindungen der Groupe Mutuel zum Vorsteher des EDI zu treffen und zu diesem Zweck verschiedene Anhörungen durchzuführen. Die GPK-S kündigte an, dass nach entsprechenden Vorarbeiten der zuständigen Subkommission über das weitere Vorgehen entschieden werden solle.

Bei begründeten Anhaltspunkten für die behaupteten Unregelmässigkeiten wird die GPK-S eine vertiefte Untersuchung durchführen.

Die Vorabklärungen auf Stufe Subkommission umfassten neben dem üblichen Aktenstudium bisher eine Anhörung von Vertretern des BAG sowie des BPV.

Zudem wurden verschiedene informelle Gespräche geführt. Die Subkommission hört den Vorsteher des EDI am 11. Januar 2006 an und plant den Abschluss ihrer Abklärungen im ersten Quartal 2006.

3.5.7

Jahresbericht 2003 über die Sozialversicherungen gemäss Artikel 76 ATSG

Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts62 in Kraft getreten. Gemäss Artikel 76 Absatz 1 ATSG überwacht der Bundesrat die Durchführung der Sozialversicherungen und erstattet hierüber regelmässig Bericht. Mit dem Jahresbericht 2003 hat der Bundesrat diesen gesetzlichen Auftrag zum ersten Mal erfüllt. Auf Stufe Parlament haben die Büros der eidgenössischen Räte den Bericht den GPKs zur Kenntnisnahme zugewiesen. Die GPKs haben die Berichterstattung im Rahmen der Beratung des Geschäftsberichts 2004 des Bundesrats behandelt.

Die GPKs stellten fest, dass die im Bericht enthaltenen Informationen für den Bereich der Sozialversicherungen eine wertvolle Ergänzung zum Geschäftsbericht des Bundesrats bilden. Der Bericht liefert eine gute Übersicht über den Vollzug im Sozialversicherungsbereich und stellt auch die künftigen Herausforderungen im Sinne der Früherkennung transparent dar. Dies erlaubt eine bessere Steuerung und Koordination der Sozialversicherungen.

Die Kommissionen haben allerdings bemängelt, dass der Bericht sowohl vom Bundesrat als auch von den GPKs in einem sehr späten Zeitpunkt ­ sogar zu spät ­ zur Kenntnis genommen wird. Der auf Daten und Informationen des Jahres 2003 beruhende Bericht wurde vom Bundesrat erst im November 2004 genehmigt. Dies führt dazu, dass viele Informationen im Bericht nicht mehr aktuell sind und im politischen Prozess nicht mehr ausgewertet werden können. Betroffen sind diesbezüglich keineswegs nur die statistischen Daten. Auch andere Inhalte sind teilweise von der Zeit weit überholt.

Die GPKs erklärten sich mit dieser Situation nicht zufrieden und erwarten nun, dass der Aktualität des ansonsten sehr guten Berichts in Zukunft grosse Aufmerksamkeit geschenkt wird. Sie haben den Vorsteher des EDI deshalb aufgefordert, eine Anpassung des zeitlichen Ablaufs in der Berichterstattung zu prüfen. Schliesslich regten die Kommissionen an, zum wichtigen Bereich der Arbeitslosenversicherung ebenfalls Kernaussagen in den Bericht aufzunehmen.

62

Bundesgesetz vom 6.10.2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1).

4348

Der Vorsteher des EDI teilt die Auffassung, dass die späte Berichterstattung nicht befriedigend ist. Er wies darauf hin, dass dies sehr viel mit der dezentralen Organisation der Sozialversicherungen und der grossen Anzahl involvierter Stellen zu tun hat. Für den Jahresbericht 2004 hat der Vorsteher des EDI die Verwaltung angewiesen, die Bearbeitungsfristen wo immer möglich zu verkürzen.

Im Hinblick auf die Jahresberichte der kommenden Jahre hat der Departmentsvorsteher das BSV beauftragt, eine weitere Verkürzung der Bearbeitungsfristen anzustreben und gemeinsam mit dem seco den Einbezug zentraler Informationen über die Arbeitslosenversicherung zu prüfen.

In der zweiten Botschaft zur 11. AHV-Revision beantragt der Bundesrat die Änderung des Artikels 76 ATSG sowie die Aufhebung der Berichterstattungspflicht.

Diese Massnahme ist Teil des Entlastungsprogramms 04 und der entsprechenden Aufgabenverzichtsplanung. Die GPKs haben von dieser Absicht Kenntnis genommen. Das Parlament wird in dieser Frage zu entscheiden haben.

3.5.8

Rechenschaftsablage des Bundesrats betreffend die Suva

Die GPK-N hat am 22. September 2005 beschlossen, den Handlungsbedarf der parlamentarischen Oberaufsicht im Zusammenhang mit den Fragen, welche die umstrittenen Immobilienverkäufe der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) ausgelöst haben, näher zu prüfen.

Anfangs September 2005 hat die Tessiner Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren eröffnet, um Ungereimtheiten im Immobiliengeschäft der Suva zu klären. Anfangs Oktober hat die Bundesanwaltschaft das Strafverfahren mit dem Hinweis auf das nationale Interesse am Fall und dem bisherigen Verlauf des Ermittlungsverfahrens von der Tessiner Staatsanwaltschaft übernommen.

Das EDI hat von der Suva auf Mitte November 2005 einen ersten Bericht zu den Immobilientransaktionen der vergangenen fünf Jahre verlangt. Ausserdem hat der Bundesrat am 19. Oktober 2005 beschlossen, die Organisation, Abwicklung und Beaufsichtigung der Immobiliengeschäfte der Suva zu untersuchen. Im Rahmen dieser Abklärungen werden auch Fragen der Organisation des Verwaltungsrats oder die Umsetzung der Kaderlohnverordnung und damit zusammenhängend die Nebenbeschäftigungen thematisiert. Der Bundesrat hat das EDI beauftragt, ihm spätestens im Februar 2006 einen entsprechenden Bericht vorzulegen.

Angesichts dieser Abklärungen auf Stufe Bundesrat und Bundesanwaltschaft hat die GPK-N am 18. November 2005 beschlossen, vorerst keine eigene Untersuchung einzuleiten. Die GPK-N stellte fest, dass in erster Linie der Bundesrat als zuständige Behörde für die Oberaufsicht über die Suva (Art. 61 Abs. 3 UVG63) die entsprechenden Fragen zu prüfen hat. Die GPK-N hat deshalb entschieden, den Bericht des Bundesrats abzuwarten. Sie hat den Bundesrat allerdings aufgefordert, in seinem Bericht auch Rechenschaft über seine bisherigen Aufsichtstätigkeiten bezüglich der Suva abzulegen. Dabei interessieren allgemeine Fragen der Organisation und der Instrumente der im UVG verankerten Oberaufsicht des Bundes ebenso wie die 63

Bundesgesetz vom 20.3.1981 über die Unfallversicherung (Unfallversicherungsgesetz; SR 832.20).

4349

konkreten Aufsichtstätigkeiten der vergangenen Jahre und die wichtigen Feststellungen in der Aufsichtspraxis. Die GPK-N erwartet vom Bundesrat auch nähere Angaben zur Frage, wie die Oberaufsicht im Zusammenhang mit den umstrittenen Immobilienverkäufen funktioniert hat.

Auf der Grundlage des auf Februar 2006 geplanten Berichts des Bundesrats wird die GPK-N ihr weiteres Vorgehen in Sachen Suva festlegen.

3.6

Sicherheit

3.6.1

Interner Bericht des Inspektorats des VBS

Im August 2004 kam es in Bezug auf einen Bericht des VBS-Inspektorats zu Indiskretionen in den Medien64. Der Bericht enthielt neben den Resultaten einer detaillierten Leistungsanalyse des VBS im Bereich Sicherheitspolitik scharfe Kritik am Generalsekretariat des Departements und an der Departementsführung. Der erste Berichtsentwurf wurde zuerst an zwölf Führungskräfte des Departements übermittelt und anschliessend dem Departementschef vorgelegt. Dieser verlangte, dass zwei Schlussberichte ausgearbeitet werden sollten; die Auszüge über die Departementsführung sollten in demjenigen Bericht festgehalten werden, der ausschliesslich für den Vorsteher des VBS bestimmt war. Einige Tage, nachdem diese Tatsachen in den Medien kommentiert wurden, kündigte das VBS den Rücktritt des Generalsekretärs des Departements an.

Die GPK-S befasste sich mit den Voraussetzungen, unter welchen der interne Bericht des Inspektorats des VBS erstellt wurde. Dazu hörte sie die betroffenen Personen des Departements an und nahm Einsicht in alle relevanten Unterlagen.

Nach Abschluss der Prüfung kam die GPK-S zum Schluss, dass dem Departement eine Reihe von Ungeschicklichkeiten unterlaufen waren.

Zum einen stellte die GPK-S fest, dass das Ziel der vom Inspektorat durchgeführten Analyse nicht klar definiert war. Der Auftrag wurde zuerst vom Departementschef geändert und anschliessend vom Inspektorat selbst extensiv ausgelegt. So hat sich das Inspektorat zu Fragen der Departementsführung geäussert, obwohl diese gar nicht zum Auftrag gehörten. Die GPK-S kritisierte nachdrücklich, dass die Einschätzungen des Inspektorats zur Departementsführung zwar den Untergebenen des Departementschefs zur Kenntnis gebracht wurden, dass aber diese selbst nie Gelegenheit zur Anhörung erhielten. Zum anderen war die GPK-S der Meinung, dass der Stab des Departementschefs die Erfüllung des dem Inspektorat erteilten Auftrags nicht eng genug begleitet hatte. Beim Informations- und Kommunikationsmanagement kam es zu einigen Pannen. Diese Probleme deuteten jedoch nicht auf grössere Missstände im Departement hin.

Die Kommission vertrat allerdings die Auffassung, dass die Aufgabe des Inspektorats und seine Stellung im Generalsekretariat des Departements geklärt werden müssen, und formulierte mehrere diesbezügliche Empfehlungen. Ausserdem verlangte sie eine
Verbesserung der Kompetenzen und der Abläufe in der Auftragserteilung und -erfüllung. Im Übrigen legte die Kommission nahe, ein Prüfungsgremium mit der Analyse der Arbeitsmethoden des Inspektorats zu beauftragen (peer review).

64

S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1941).

4350

Die GPK-S teilte ihre Schlussfolgerungen dem Vorsteher des VBS mit, der sich mit jedem Punkt der Einschätzung einverstanden erklärte. Die Kommission hat im Dezember 2005 einen Bericht über die Folgen ihrer Empfehlungen erhalten. Sie wird ihn Anfang 2006 behandeln.

3.6.2

Rekrutenausbildung im Rahmen der Armee XXI

Das neue Ausbildungssystem der Armee XXI, das am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist, hat einen tief greifenden Wandel in der Organisation der Rekrutenschulen und in der Ausbildung der Milizkader herbeigeführt. Im Gegensatz zum früher geltenden Grundsatz «Miliz bildet Miliz aus» soll in der Armee XXI die Grundausbildung professionalisiert werden. Die Rekrutenschule ist neu in drei Teile gegliedert. In den ersten beiden Etappen, d.h. in der allgemeinen Grundausbildung (7 Wochen) und in der funktionsbezogenen Grundausbildung (6 Wochen), werden die Rekruten von Berufsmilitärs und von Zeitmilitärs ausgebildet. Erst ab der 14. Woche, also in der Verbandsausbildung (je nach Fall 5 oder 8 Wochen), liegt die Verantwortung bei den Milizoffizieren und ­unteroffizieren, die dann ihre eigene Kaderausbildung abgeschlossen haben.

Die GPK-N stattete Ende 2004 zuerst einer Rekrutenschule und im Oktober 2005 einer zweiten Rekrutenschule einen Besuch ab, um die Umsetzung des neuen Ausbildungssystems vor Ort zu beurteilen. Mit dem zweiten Besuch beabsichtigte die Kommission, zu evaluieren, inwieweit knapp zwei Jahre nach der Einführung der Reform bestimmte «Kinderkrankheiten» auskuriert waren. Ausserdem informierte sie sich über die Situation im letzten Ausbildungsteil der Rekrutenschule, d.h. unter der Führung der Milizkader.

Die Kommission führte anlässlich ihres Besuchs getrennte Unterredungen mit allen Kategorien von Militärpersonal auf dem Waffenplatz durch: von den Rekruten über die Zeitmilitärs und die Milizkader bis zu den Berufsmilitärs.

Unter den positiven Entwicklungen stellte die GPK-N fest, dass die Qualität der Rekrutenausbildung sich verbessert hat. Der modulare Aufbau in der Grundausbildung wird gut benotet. Die Verbandsübungen erlauben den Erwerb von Kampfkompetenzen, die im System der Armee 95 verschwunden waren. Auch das neue Rekrutierungssystem funktioniert zur allgemeinen Zufriedenheit. Die Rekruten werden besser beraten und sind motivierter. Nur wenige brechen die Rekrutenschule vorzeitig ab (rund 6 %, mehrheitlich aus medizinischen Gründen, gegenüber rund 20 % nach dem alten System). Die Kaderempfehlungen, welche anlässlich der psychologischen Tests der Rekrutierung vergeben werden, gelten als nützlich. Die Kommission stellte ausserdem fest, dass die ursprünglichen Probleme in der Planung
des Rekrutenbestandes offenbar gelöst sind. Die Schulkommandanten besitzen heute nach eigenem Aussagen relativ verlässliche Angaben zur Zahl der in den Schulen erwarteten Rekruten.

Die Besuche der GPK-N deckten jedoch auch grosse Schwierigkeiten auf, die noch überwunden werden müssen. Die Probleme betreffen besonders die Arbeitsbedingungen der Berufsmilitärs, die Stellung der Zeitmilitärs und die Ausbildung der Milizkader. Die Kommission wird Anfang 2006 über die Weiterverfolgung ihrer Arbeiten entscheiden.

4351

3.6.3

Swissint

Die GPK-S besuchte im Rahmen ihres Jahresprogramms 2005 das Kompetenzzentrum für friedensfördernde Auslandeinsätze der Schweizer Armee Swissint. Zirka 230 Schweizer Soldaten sind derzeit für zwei Missionen (KFOR und EUFOR) auf dem Balkan stationiert; knapp dreissig Militärbeobachter und Stabsoffiziere sind in Afghanistan, Äthiopien und Eritrea, in Georgien, im Kongo, im Nahen Osten, im Sudan und in Korea im Einsatz. Daneben verfügt die Armee beinahe zehn Entminungsexperten, die in verschiedenen Ländern eingesetzt werden. Swissint bietet allen Kategorien von Militärpersonen, die einem friedensfördernden Auslandseinsatz absolvieren, sowie bestimmten Zivilpersonen (z.B. in Zusammenarbeit mit der DEZA und Fedpol) eine jeweils angemessene Ausbildung.

Die GPK-S erhielt generell einen sehr guten Eindruck von der Arbeit von Swissint.

Sie war von der Praxisnähe und dem Realitätsbezug in der Durchführung und Konzeption der Ausbildung beeindruckt. Ziel ist es, Freiwilligen sehr unterschiedlicher Herkunft unter ständiger Berücksichtigung der Dimensionen Dialog, Konfliktmanagement und Verständnis für die lokalen Verhältnisse rasch militärische Mindestkenntnisse zu vermitteln. Im Kommando ermöglichen die kurzen hierarchischen Wege bei Bedarf eine rasche Information des Armeechefs.

Die GPK-S musste allerdings anlässlich ihres Besuchs feststellen, dass die Frage der Rekrutierung von Militärpersonen für Auslandeinsätze besonders für Kader nicht geregelt ist. Dieses Problem erweist sich mit Blick auf den Beschluss des Bundesrats vom 8. September 2004 über die Verdoppelung der Mittel ab 2008 als besonders brisant. Falls im Jahr 2006 keine aktiven Massnahmen im Rekrutierungsbereich ergriffen werden, gerät das strategische Ziel des Bundesrats in Gefahr.

Um das Manko an Kader zu beheben, sollte für alle künftigen Karrieresoldaten ­ ohne Ausnahmen ­ ein obligatorischer Auslandeinsatz in Betracht gezogen werden.

Auch andere Massnahmen, wie die optimale Nutzung des Potenzials der Durchdiener sowie geldwerte (z.B. steuerliche) Anreize werden geprüft. Daneben soll die Information der Öffentlichkeit, vor allem der Wirtschaft, über Auslandseinsätze verbessert werden. Die GPK-S hält es auch für zentral, Strategien zu entwickeln, damit die in Auslandeinsätzen gesammelten Erfahrungen in der Armee selbst aufgewertet werden. Zu
oft verweigert ein Vorgesetzter motivierten Karrieresoldaten das grüne Licht für einen bestimmen Einsatz. Nach Auffassung der GPK-S ist das Potenzial der Militärpersonen aus der lateinischen Schweiz nicht voll ausgeschöpft.

In Fällen, in welchen Deutsch die Hauptarbeitssprache ist (wie in Balkanländer), müssen innovative Massnahmen gesucht werden, um die Sprachbarrieren zu überwinden und mehr Freiwillige aus der lateinischen Schweiz zu rekrutieren.

Die GPK-S wird die Entwicklungen in diesem Bereich der Schweizer Armee weiterhin aufmerksam mit verfolgen.

3.6.4

Verteidigungsattachés

Die GPK-N setzte wie im vorherigen Jahresbericht erwähnt65 die Arbeiten bezüglich der Verteidigungsattachés im Jahr 2005 fort.

65

S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1942 f.).

4352

Die schweizerischen Verteidigungsattachés vertreten die sicherheitspolitischen und militärischen Interessen der Schweiz nach aussen. Aufgabe der Verteidigungsattachés ist namentlich: Beratung des jeweiligen Missionschefs in sicherheitspolitischen Angelegenheiten; Beschaffung, Analyse und Erstauswertung nachrichtendienstlich relevanter Informationen, Wahrnehmung der Funktionen als Verbindungsoffizier zu den Verteidigungsministerien und Streitkräften in den Akkreditierungsstaaten sowie als Anlaufstelle zur Anbahnung sicherheitspolitischer und militärischer Kontakte und von Kontakten zu Gunsten von Armasuisse und von schweizerischen Anbietern auf dem Rüstungsmarkt.

Die Schweiz zählt derzeit 15 Verteidigungsattachés, 5 Stellvertreter und 1 Bürochef, die bei den Behörden von 68 Staaten akkreditiert sind. Das Netz deckt vor allem die europäischen Länder, den Nahen Osten, Zentral- und Südostasien, den Fernen Osten, den Maghreb und Nordamerika ab. Die Verteidigungsattachés sind auf die folgenden Botschaften verteilt: Ankara, Belgrad, Berlin, Kairo, London, Madrid, Moskau, Paris, Peking, Rom, Stockholm, Tokio, Wien, Washington und Kiew. 2006 werden neu die Hauptstädte Islamabad und New Delhi hinzu kommen.

Die Rekrutierung erfolgt aus dem Korps der Berufsoffiziere, den Mitarbeitern der Bundesverwaltung im Offiziersrang und den Milizoffizieren auf Grund eines differenzierten Selektionsprozesses, welcher analog jenem des EDA für angehende Diplomaten, aber unter Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse für Verteidigungsattachés entwickelt wurde.

Die Verteidigungsattachés sind dem Missionschef unterstellt. Die Weisungen für die operationellen Tagesgeschäfte erhält der Verteidigungsattaché jedoch direkt aus dem VBS. Die Festlegung der Einsatzdestinationen erfolgt auf Grund der Personalplanung des Bereichs Internationale Beziehungen Verteidigung.

Bei ihrer Inspektion hinterfragte die Kommission die Rolle und die Notwendigkeit der Verteidigungsattachés, wobei sie von der Feststellung ausgeht, dass die Bandbreite der sicherheitspolitischen Herausforderungen die rein militärischen Fragen weit übersteigt. Die Kommission will ausserdem die Kohärenz und den Nutzen des Einsatzdispositivs von Verteidigungsattachés mit Blick auf die sicherheitspolitischen Entwicklungen auf internationaler Ebene prüfen.

Während des
Berichtsjahres hat die GPK-N den Nachrichtenkoordinator, den Chef der Armee sowie den Chef der Direktion für Sicherheitspolitik im VBS angehört.

Die Kommission hat zudem einen Bericht über die Netze der Verteidigungsattachés andere europäische Länder wie Österreich, Belgien, Spanien, Finnland, Irland, Norwegen, die Niederlande, Portugal und Schweden behandelt, den das VBS auf ihr Ersuchen erstellte. Der Bericht zeigt, dass die Netze dieser Länder sich mit demjenigen der Schweiz vergleichen lassen. Dabei ist nicht zu vergessen, dass diese Staaten wegen ihrer Mitgliedschaft entweder in der Nordatlantikvertrag-Organisation (NATO) oder in der Europäischen Union (EU) auf Informationskanäle zugreifen können, von denen die Schweiz ausgeschlossen ist.

Schliesslich liess sich die Kommission vom VBS über die Gründe informieren, welche den Bundesrat im August 2004 zum Beschluss veranlassten, den AttachéPosten in Indien wieder zu aktivieren und in Pakistan einen neuen Posten zu schaffen. Diese Posten sollen im Laufe des Jahres 2006 operationell werden.

Die GPK-N wird Anfang 2006 entscheiden, welche Schlussfolgerungen und Empfehlungen sie dem Bundesrat vorlegen wird.

4353

3.6.5

Staatsschutz und Nachrichtendienste

3.6.5.1

Auftrag und Organisation der GPDel

Die GPDel hat den Auftrag, die Tätigkeit im Bereich der Nachrichtendienste und des Staatsschutzes zu überwachen (Art. 53 Abs. 2 ParlG).

Unter Staatsschutz versteht die GPDel die präventive und repressive Tätigkeit der Behörden gegenüber Handlungen, welche gegen die Gebietshoheit, Neutralität oder Volkswirtschaft der Schweiz gerichtet sind oder allgemein eine ernsthafte Gefährdung des Bestandes, der Stabilität und Integrität der verfassungsmässigen demokratischen Grundordnung der Schweiz darstellen. Darunter fallen insbesondere die Bekämpfung des Terrorismus, des gewalttätigen Extremismus, des organisierten Verbrechens, des verbotenen Nachrichtendienstes und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen.

Unter Nachrichtendienste versteht die GPDel alle Dienststellen der Bundesverwaltung und weiterer Träger von Bundesaufgaben, die Informationen zur sicherheitspolitischen Situation sowohl im In- wie auch im Ausland sammeln und bewerten.

Die GPDel soll dem Parlament und der Öffentlichkeit die Garantie dafür bieten, dass die Organe, die im Bereich des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste tätig sind, sich an das Gesetz halten. Die GPDel beurteilt neben der Gesetzmässigkeit auch die Zweckmässigkeit und die Effizienz dieser Tätigkeit (Art. 52 Abs. 2 ParlG).

Die GPDel erfüllt ihre Kontrollaufgaben, indem sie: ­

Inspektionen, d.h. eingehende Prüfungen, mit Unterstützung ihres Sekretariats oder von Experten selber durchführt,

­

von den Dienststellen des Bundes Berichte und Unterlagen anfordert,

­

Anhörungen von Bediensteten des Bundes, von Auskunftspersonen oder von Zeugen durchführt,

­

bei den betroffenen Dienststellen des Bundes Besuche mit oder ohne Vorankündigung durchführt,

­

die Eingaben Dritter behandelt,

­

die Umsetzung ihrer an den Bundesrat gerichteten Empfehlungen gewährleistet.

Die GPDel untersucht laufend die geheimen Tätigkeiten des Bundes, um Bereiche, die eine politische Intervention erfordern, rechtzeitig zu erkennen. Dabei bemüht sich die GPDel, Probleme frühzeitig aufzudecken, und trägt zur Behebung der festgestellten Mängel und Missstände bei.

In der Praxis untersucht die GPDel sowohl die Politik und die Geschäftsführung der Dienste als auch operationelle Fragen.

Die GPDel verfügt laut Bundesverfassung und Gesetz über besonders weitreichende Informationsrechte (Art. 169 Abs. 2 BV; Art. 154 ParlG). Sie hat das uneingeschränkte Recht, sämtliche für die Aufgabenerfüllung zweckdienlichen Informationen zu verlangen. Das gilt auch für Unterlagen, die der unmittelbaren Entscheidungsfindung des Bundesrats gedient haben, sowie Unterlagen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste geheim gehalten werden (Art. 154 Abs. 2 Bst. a ParlG). Die GPDel kann alle Amtsstellen, Behörden oder Personen, die 4354

Träger von Bundesaufgaben sind, anhören. Ausserdem kann sie Personen als Zeuginnen oder Zeugen einvernehmen (Art. 154 Abs. 2 Bst. b ParlG). Weder das Amtsnoch das Militärgeheimnis können ihr entgegengehalten werden.

Die GPDel ist ein gemeinsames Organ der GPK-N und GPK-S. Sie setzt sich aus drei Mitgliedern des Ständerats und drei Mitgliedern des Nationalrats zusammen.

Die GPDel konstituiert sich selbst und wählt ihren Präsidenten für zwei Jahre.

Im Berichtsjahr gehörten die Ständerätin Helen Leumann-Würsch (Präsidentin), die Ständeräte Hans Hofmann (Vizepräsident) und Franz Wicki sowie die Nationalräte Hugo Fasel, Jean-Paul Glasson und Claude Janiak zur GPDel.

3.6.5.2

Einführung in die Tätigkeiten der Delegation

Die Aufgaben der GPDel haben sich in den letzten Jahren entwickelt und diversifiziert, um insbesondere auf die wachsende Bedeutung der nachrichtendienstlichen Tätigkeiten in der Bekämpfung des Terrorismus und der Proliferation von Massenvernichtungswaffen zu reagieren. Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten und vom 11. März 2004 in Spanien haben die europäischen Länder ­ unser Land bildet keine Ausnahme ­ ihre Nachrichtendienste mit mehr Mitteln ausgestattet und die gegenseitige bilaterale oder multilaterale Zusammenarbeit verstärkt.

In der Schweiz fordern zahlreiche Stimmen eine Erweiterung der gesetzlichen Zuständigkeiten der Nachrichtendienste im Kampf gegen die terroristische Bedrohung66. Der Bundesrat ist bereit, im Rahmen des zweiten Teils der Revision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit67 auf diese Forderung einzugehen. Einige Massnahmen werden derzeit geprüft, so z.B. die Erlaubnis für Staatsschutzorgane zur präventiven Telefonabhörung oder zur Observation in Privaträumen.

Für eine Beurteilung dieser Vorschläge ist es noch zu früh. Eine Mittelaufstockung mit dem Ziel, die Nachrichtendienste mit zusätzlichen Kompetenzen auszustatten, berührt grundsätzlich das heikle Problem des Gleichgewichts zwischen dem Imperativ des Schutzes der individuellen Rechte und der Pflicht des Staates, mögliche Bedrohungen des Bundes abzuwenden. Eine Erweiterung der Kompetenzen der Nachrichtendienste ist nach Ansicht der GPDel nicht ungefährlich; als Ausgleich müssen die Information und die ­ vor allem parlamentarischen ­ Kontrollvorrichtungen verstärkt werden.

Wegen ihrer geringer Anzahl Mitglieder und ihres Milizcharakters kann die GPDel nicht alle Tätigkeiten der Nachrichtendienste erschöpfend kontrollieren. Neben den Themen, die sie kraft Gesetzes obligatorisch prüfen muss68, erstellt die GPDel ein jährliches Arbeitsprogramm mit verschiedenen Schwerpunkten. Bei der Ausarbeitung des Programms berücksichtigt die Delegation verschiedene Kriterien, darunter 66 67 68

S. Postulat 05.3006 «Effizientere Bekämpfung von Terrorismus und organisiertem Verbrechen» vom 21.2.2005.

Bundesgesetz vom 21.3.1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120).

S. z.B. Art. 11 Abs. 3 BWIS und Art. 8 der Verordnung vom 17.11.2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (Publikationsverordnung, PublV; SR 170.512.1).

4355

die Möglichkeit, dass bestimmte Aktivitäten die individuellen Rechte und Freiheiten beschneiden, die Notwendigkeit, frühere Untersuchungen weiter zu verfolgen, die Prioritäten und Anliegen des Parlaments und der Öffentlichkeit usw.

Die GPDel bemüht sich, trotz ihrer beschränkten Mittel möglichst viele Fragen zu prüfen, und achtet mittelfristig auf eine ausgewogene Verteilung der Prüftätigkeiten auf sämtliche ihrer Aufsicht unterstellten Bereiche.

Während des Berichtszeitraums befasste sich die GPDel in 16 Sitzungen mit zahlreichen Dossiers; jede Sitzung dauerte im Durchschnitt einen ganzen Tag.

Eine systematische Beschreibung der Tätigkeiten der GPDel würde den Rahmen dieses Berichts sprengen. Die in den Ziffern 3.6.5.4 bis 3.6.5.15 präsentierten Fälle gehen auf die Auswahl der GPDel zurück. Ziel ist es, Beispiele aus der Arbeit der GPDel, welche sie selbst für besonders interessant oder bezeichnend hält, dem Parlament oder der Öffentlichkeit vorzustellen.

Ziffer 3.6.5.16 vermittelt einen kurzen Überblick über die wichtigsten anderen behandelten Geschäfte. In einigen Fällen konnten aus Geheimhaltungsgründen keine näheren Angaben zu bestimmten Fragen gemacht werden.

3.6.5.3

Neue Handlungsgrundsätze der GPDel

Das aktuell geltende Leitbild der GPDel stammt aus dem Jahre 1992 und ist aufgrund der Praxis wie auch der neuen Rechtsgrundlagen der GPDel-Tätigkeit in vielerlei Hinsicht überholt. Die GPDel hat deshalb im Jahr 2005 ihr Leitbild überarbeitet, so dass es wieder der aktuellen Praxis und den für die Tätigkeit der GPDel geltenden Rechtsgrundlagen entspricht.

Die neuen Handlungsgrundsätze der GPDel69 stellen einerseits Richtlinien für die zukünftige Tätigkeit dar. Sie bezwecken aber ebenfalls, die Zielsetzungen und die Vorgehensweisen der GPDel transparent gegenüber den kontrollierten Behörden wie auch gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit darzulegen. Die Handlungsgrundsätze tragen der Gewaltenteilung Rechnung, indem sie zum Ausdruck bringen, dass die GPDel nicht an Stelle der verantwortlichen Departementsvorsteher und -vorsteherinnen beziehungsweise des letztlich verantwortlichen Bundesrats treten kann. Eine wichtige Aufgabe der GPDel ist es jedoch, sich für eine funktionierende sicherheitspolitische Führung des Bundesrats einzusetzen. Trotz der Gewaltenteilung hat die Oberaufsicht der GPDel eng zu erfolgen. Sie begleitet folglich die Tätigkeiten in ihrem Aufsichtsbereich, indem sie sowohl den direkten Kontakt mit dem Bundesrat beziehungsweise mit seinem Sicherheitsausschuss (SiA) wie auch mit den einzelnen Dienststellen pflegt und der Früherkennung von Problemen eine grosse Bedeutung beimisst.

Im Weiteren konkretisieren die Handlungsgrundsätze den gesetzlichen Spielraum betreffend das Verhältnis zwischen der GPDel und den beiden GPKs und legen dabei fest, bei welchen Fragen die GPDel selbstständig entscheidet und bei welchen die GPKs konsultiert werden. Wichtiger Bestandteil der Handlungsgrundsätze sind die laufende Berichterstattung an die beiden GPKs und die Information der Öffentlichkeit.

69

S. Handlungsgrundsätze der GPDel vom 16.11.2005 (www.parlament.ch).

4356

Die GPDel hat aufgrund der ihr anvertrauten Oberaufsicht über den Staatsschutz und die Nachrichtendienste weitgehende Informationsrechte. Weder können ihr das Amtsgeheimnis noch das militärische Geheimnis entgegengehalten werden. Damit einher geht aber auch die Pflicht der GPDel, die Vertraulichkeit der erhaltenen Informationen zu gewährleisten. Der Geheimnisschutz, insbesondere der Quellenschutz, findet dementsprechend besondere Erwähnung in den neuen Handlungsgrundsätzen der GPDel.

Die Handlungsgrundsätze der GPDel gingen bei den betroffenen Behörden in Konsultation und werden im Januar 2006 von den beiden GPKs zur Kenntnis genommen. Sie treten voraussichtlich auf den 1. März 2006 in Kraft.

3.6.5.4

Abgrenzung der Untersuchungen der GPDel gegenüber internen Administrativuntersuchungen

In ihrem letzten Jahresbericht70 hatte die GPDel über den Stand der Verwirklichung zweier von der Delegation im Jahr 2003 vorgelegten Empfehlungen71, welche die Schnittstellen zwischen parlamentarischen und verwaltungsinternen Untersuchungen klären sollten, informiert.

Gemäss der ersten Empfehlung sollte die Möglichkeit des Bundesrats eingeschränkt werden, eine Administrativuntersuchung zu Angelegenheiten bzw. Personen durchzuführen, soweit ein Zusammenhang mit laufenden Ermittlungen der GPDel bestand. In der Tat waren die parlamentarischen Untersuchungen zu den Verbindungen der schweizerischen Nachrichtendienste mit Südafrika durch eine gleichzeitig vom VBS angeordnete Administrativuntersuchung erheblich behindert worden. Das führte zu einem Verfahrenskonflikt, welcher der parlamentarischen Untersuchung schadete.

In der zweiten Empfehlung wurde der Bundesrat aufgefordert, die Bestimmungen über die Administrativuntersuchungen anzupassen und dabei die Rechte und Pflichten der Administrativuntersuchungsbeauftragten, insbesondere gegenüber den Auftraggebern und den Betroffenen, zu klären. Ausserdem forderte die Delegation eine Präzisierung der auf Administrativuntersuchungen anwendbaren Verfahrensgrundsätze.

Die beiden Empfehlungen wurden umgesetzt. Sie führten zu zwei Gesetzesänderungen, die im Laufe des Jahres 2005 in Kraft traten.

Die erste Änderung betrifft das ParlG, das am 17. Dezember 2004 um einen neuen Artikel mit folgendem Wortlaut ergänzt wurde:

70 71

S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1944 f.).

S. Bericht zur Abgrenzung der Untersuchungen der GPDel von verwaltungsinternen Administrativuntersuchungen am Beispiel der Abklärungen Südafrika vom 30.9.2003 (BBl 2004 5225).

4357

Art. 154a

Wirkungen von Untersuchungen der Geschäftsprüfungsdelegation auf andere Verfahren und Abklärungen

Disziplinaruntersuchungen oder Administrativuntersuchungen des Bundes, die Sachverhalte oder Personen betreffen, welche Gegenstand einer Untersuchung durch die Geschäftsprüfungsdelegation sind, dürfen nur mit Ermächtigung der Geschäftsprüfungsdelegation angehoben oder weitergeführt werden.

1

Die Geschäftsprüfungsdelegation entscheidet über die Ermächtigung nach Anhörung des Bundesrates.

2

Ist streitig, ob die Ermächtigung erforderlich ist, so bedarf es der Zustimmung von zwei Dritteln aller Mitglieder der Geschäftsprüfungsdelegation.

3

Eine Untersuchung durch die Geschäftsprüfungsdelegation hindert die Durchführung von zivil- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren sowie von Voruntersuchungen und Gerichtsverfahren in Strafsachen nicht.

4

Diese Änderung ist gemäss dem Beschluss der Koordinationskonferenz der Bundesversammlung am 1. Mai 2005 in Kraft getreten72.

Der Bundesrat hat zudem am 10. Dezember 2004 eine Änderung der RVOV73 beschlossen. Die neuen Artikel 27a­27j RVOV präzisieren den Zweck der Administrativuntersuchungen, die anordnenden Stellen, die Kompetenzen der Untersuchungsorgane sowie die Rechte der von der Untersuchung betroffenen Personen.

Artikel 27b RVOV hält ausserdem fest, dass eine Administrativuntersuchung Untersuchungen der parlamentarischen Aufsichtsorgane nicht behindern darf; ist ein Verfahrenskonflikt absehbar, so sistiert die anordnende Stelle die Administrativuntersuchung oder bricht sie ab. Gleichzeitig hat der Bundesrat Artikel 97 der Bundespersonalverordnung aufgehoben74. Die beiden Änderungen sind am 1. Januar 2005 in Kraft getreten.

Nachdem die beiden Forderungen der GPDel vollständig erfüllt worden sind, hat die Delegation beschlossen, das Dossier abzuschliessen.

3.6.5.5

Sicherheitspolitische Führung des Bundesrats

Die GPDel hat 2005 im Anschluss an ihre Vorjahresarbeiten die Tätigkeit bezüglich der sicherheitspolitischen Führung des Bundes fortgesetzt. Es ist zu erwähnen, dass die GPDel 2004 diesbezüglich mehrmals Kritik geäussert hatte75, besonders nach bestimmten Vorfällen, in welche die Nachrichtendienste verwickelt waren.

Im Mai 2005 wurde die GPDel über den Stand der Realisierung des vom Bundesrat am 22. Dezember 2004 beschlossenen Stabs SiA informiert. Der Stab SiA hat die Aufgabe, die Führungsorgane des Bundes in normalen Situationen sowie bei besonderen Ereignissen (z.B. Grossveranstaltung) oder Krisen (z.B. Naturkatastrophe, Attentat usw.) zu unterstützen. Ausserdem soll der Stab SiA eine integrierte Präsen72 73 74 75

AS 2005 4793.

Änderung vom 10.12.2004 (AS 2004 5251).

Bundespersonalverordnung vom 3.7.2001 (BPV; SR 172.220.111.3), Aufhebung vom 10.12.2004 (AS 2004 5251).

S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1946 f.).

4358

tation der Informationen erstellen, welche für das politische Management eines Ereignisses oder einer Krise notwendig sind. Der Stab SiA funktioniert mit einem Kern von ständigen Mitarbeitenden, der je nach Art der Situation modular um Spezialisten des Bundes und Vertreter der Kantone erweitert werden kann. Bei Krisen oder besonderen Situationen wird der Stab SiA zu einem Krisenstab aufgewertet.

Diese Organisation ist bereits zum Einsatz gekommen, z.B. bei den Unwettern in der Schweiz im August 2005. Der Stab SiA soll bis Anfang 2006 voll operationell sein.

Am 22. Juni 2005 beschloss der Bundesrat folgende Massnahmen zur Verbesserung der Koordination der Nachrichtendienste: ­

Ab Januar 2006 werden der Strategische Nachrichtendienst (SND) und der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) in den Bereichen Terrorismus, organisierte Kriminalität und Proliferation von Massenvernichtungswaffen enger kooperieren. Zu diesem Zweck werden drei gemeinsame Auswertungs- und Analyseplattformen geschaffen, in denen die Mitarbeitenden des SND und des DAP ihre Informationen austauschen und gemeinsame Analysen durchführen werden.

­

Der SND und das Zentrum für Internationale Sicherheitspolitik (ZISP) des EDA schliessen zur Verstärkung der Zusammenarbeit eine Leistungsvereinbarung ab. Zudem soll der Austausch zwischen dem SND und dem EDA weiter entwickelt werden, damit die Informationen des SND die operationellen Einheiten des EDA rechtzeitig und in der von diesen gewünschten Form erreichen.

­

Schliesslich hat der Bundesrat beschlossen, die Funktion des Nachrichtenkoordinators abzuschaffen und das Lage- und Früherkennungsbüro in den neu geschaffenen Stab SiA überzuführen.

Die GPDel hat sich anlässlich des Meinungsaustausches mit dem Sicherheitsausschuss des Bundesrats im August 2005 eingehend mit den Beschlüssen des Bundesrats befasst.

Die GPDel ist zum heutigen Zeitpunkt von der vorgeschlagenen Umstrukturierung nicht überzeugt. Die vom Bundesrat getroffenen Massnahmen erlauben nach ihrer Auffassung keine Verbesserung, geschweige denn eine Stärkung der politischen Führung der Nachrichtendienste. Gemäss dem vorgeschlagenen Modell bleibt der Sicherheitsausschuss des Bundesrats ein interdepartementales Organ ohne Weisungsbefugnis gegenüber den Nachrichtendiensten. Damit ist die politische Führung weiterhin zwischen dem VBS und dem EJPD, die über sehr unterschiedliche Nachrichtendienstkulturen verfügen, aufgeteilt. Die GPDel vertritt die Auffassung, dass diese Situation zu Doppelspurigkeiten führt und für die Sicherheit der Schweiz keine Vorteile bringt. Ausserdem wird im Plattformen-Modell die BKP, die wertvolle Informationen über die innere Sicherheit besitzt, nicht einbezogen.

Die GPDel vertritt entschieden die Auffassung, dass die Nachrichtendienste dem gleichen Departement zugeordnet werden sollten. Dies würde die Führung und die Kontrolle erleichtern. Die Delegation plädiert dafür, den SND und den DAP möglichst rasch einer gemeinsamen Leitung zu unterstellen. Damit könnten Kompetenzen zusammengeführt und die vorhandenen Synergien und Ressourcen besser genutzt werden. Die Besuche der GPDel in den Niederlanden und in Deutschland haben die Stichhaltigkeit dieses Ansatzes bestätigt (s. Ziff. 3.6.5.15).

4359

Die GPDel wird trotz ihrer Vorbehalte und trotz ihres Wunsches nach einer ehrgeizigeren Reform nicht sofort handeln. Nach ihrem Dafürhalten zielen die vom Bundesrat getroffenen Massnahmen in die richtige Richtung, da sie den Informationsaustausch zwischen dem SND und dem DAP sowie die Kohärenz der nachrichtendienstlichen Arbeiten verbessern dürften.

Die Delegation wird die Umsetzung der vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen eng begleiten, um die konkreten Auswirkungen auf die Leistungen der Nachrichtendienste zu beurteilen. Im Übrigen hat der Bundesrat seinen Sicherheitsausschuss bereits beauftragt, bis Ende 2006 einen Bericht über die Wirksamkeit der beschlossenen Massnahmen zu erstatten. Je nach den Ergebnissen wird die GPDel Gesetzesänderungen vorschlagen.

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der Sicherheitsausschuss im Oktober 2005 eine Liste seiner Nachrichtenbedürfnisse erstellt hatte. Diese so genannte «Schweizer Liste» (Swiss List) umfasst sämtliche Gesuche um Informationen, die nur unter Zuhilfenahme bestimmter nachrichtendienstlicher Mittel erfüllt bzw. die nicht aus offenen Quellen oder verwaltungsinternen Quellen beschafft werden können. Die «Swiss List» wurde der GPDel im November 2005 vorgelegt. Die Delegation begrüsst diese Initiative, die den ersten Ansatz einer Nachrichtendienstpolitik darstellt.

Gleichzeitig zu diesen Arbeiten veröffentlichte die SiK-N am 11. Januar 2005 in einem Bericht76 ihre Überlegungen zur Situation der Nachrichtendienste. Der Bericht erfolgt im Anschluss an eine 2002 eingereichte Parlamentarische Initiative77, welche u.a. die Einsetzung einer von den GPKs unabhängigen Nachrichtendienstkommission forderte. Die SiK-N stellte in ihrem Bericht jedoch fest, dass die GPDel zufriedenstellend funktionierte und dass kein neues parlamentarisches Organ eingesetzt werden muss. Die SiK-N betonte allerdings, dass die Ressourcen der GPDel nicht ausreichen und dass eine Mittelerhöhung prioritär sei.

Wie die GPDel stellte die SiK-N fest, dass die politische Führung der Nachrichtendienste gestärkt und dass eine einheitliche Gesetzesgrundlage für ihre Tätigkeit eingeführt werden müsse. Die SiK-N verlangte in einer Motion78 die Schaffung von einheitlichen Gesetzesgrundlagen für die Nachrichtendienste. Ziel ist es, den Tätigkeitsbereich abzugrenzen und die Ziele,
Mittel und Methoden der Nachrichtendienste zu präzisieren.

Die Motion wurde nach Abschluss der Parlamentsberatungen79 in Form eines Prüfauftrags an den Bundesrat weiter geleitet. Der Bundesrat soll bis Ende 2006 prüfen, ob für das System der Nachrichtendienste umfassende Gesetzesgrundlagen zu schaffen oder ob und wie die bestehenden Gesetze zu revidieren seien. Der Bundesrat wurde beauftragt, die Schlussfolgerungen seiner Prüfung in einem Bericht vorzulegen.

76 77 78 79

S. Bericht der SiK-N über die Neuorganisation des Strategischen Nachrichtendienstes und die Schaffung einer parlamentarischen Kontrollinstanz vom 11.1.2005 (BBl 2005 3723).

S. Parlamentarische Initiative 02.403 «Neuorganisation des Strategischen Nachrichtendienstes und Schaffung einer parlamentarischen Kontrollinstanz» vom 4.3.2003.

S. Motion 05.3001 «Umfassende Gesetzesgrundlage für das System der Nachrichtendienste» vom 11.1.2005.

AB 2005 N 660, 2005 S 675, 2005 N 1560.

4360

3.6.5.6

Quellenschutz beim DAP und beim SND

Der Quellenschutz, also der Schutz der Informationsquellen in Bezug auf Identität, Standorte, Infrastruktur, Zugänge und Aufträge80, nimmt bei der nachrichtendienstlichen Tätigkeit eine ganz zentrale Stellung ein. Ohne einen effektiven Quellenschutz, der die Mitwissenden auf möglichst wenige beschränkt, ist die Informationsbeschaffung im HUMINT-Bereich (Human intelligence, Beschaffung von sensitiven Informationen durch und mit Hilfe von Personen) undenkbar. Der HUMINTBereich ist jedoch trotz der technischen Fortschritte, wie etwa in der Funkaufklärung (Communication intelligence [COMINT]), nach wie vor von grosser Bedeutung.

Die Rechtsgrundlagen finden sich für den SND im Artikel 99 Absatz 4 Militärgesetz und für den DAP im Artikel 17 Absatz 7 BWIS. Erstere Bestimmung sieht einen umfassenden Quellenschutz vor, während die Bestimmung des BWIS weniger weit geht und nur den Quellenschutz im Verkehr mit dem Ausland auf jeden Fall gewährleistet.

Die GPDel hat sich im ersten Quartal 2005 mit der Handhabung des Quellenschutzes sowohl beim DAP wie auch beim SND befasst und sich über die zur Anwendung gelangenden Regelungen in den beiden Diensten informieren lassen. Sie forderte dazu je einen Bericht von den Diensten an. Der Quellenschutz hat nebst seinem eigentlichen Zweck ­ die Mitwissenden auf möglichst wenige zu beschränken ­ noch weiteren Ansprüchen zu genügen. So ist beispielsweise eine Lösung mit der Archivierungspflicht zu finden und er soll auch nicht eine Qualitätskontrolle der Information verunmöglichen. Die GPDel hatte aus ihren Feststellungen im Rahmen ihres Berichts zur Untersuchung über die Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes81 die Forderung nach einer einheitlichen Definition und Praxis des Quellenschutzes aufgestellt.

Die GPDel konnte sich aufgrund der beiden Berichte vergewissern, dass in beiden Diensten der Quellenschutz sehr ernst genommen wird. Im Quervergleich fiel der GPDel auf, dass das Konzept zum Quellenschutz im SND eine klarere Systematik aufweist und auch den Quellenschutz innerhalb des SND und gegenüber Partnerdiensten erfasst. Der Bericht des DAP zur Quellenschutzpraxis des Dienstes blieb in verschiedenen Bereich relativ vage.

Der Bericht des DAP stellte eine Harmonisierung der Regelungen des DAP mit jenen des SND im Rahmen
der zweiten BWIS-Revision in Aussicht. Eine solche Harmonisierung ist aus der Optik der parlamentarischen Oberaufsicht wichtig und muss in absehbarer Zeit umgesetzt werden. Als erster Schritt in diese Richtung empfahl die GPDel, eine weitere Differenzierung des Quellenschutzes im DAP in Anlehnung an das Quellenschutz-Konzept des SND zu prüfen und ­ soweit es die gesetzlichen Grundlagen erlauben ­ umzusetzen. Ein solches Konzept für den DAP erschien der GPDel auch im Hinblick auf die zukünftige Revision der gesetzlichen Grundlagen sinnvoll. In seiner Stellungnahme erklärte sich der Vorsteher des EJPD mit der Stossrichtung der GPDel einverstanden. Aufgrund der knappen Ressourcen beim DAP wurde die Umsetzung dieses ersten Schrittes auf Ende 2005 angekündigt.

80

81

Art. 11 Abs. 2 Verordnung vom 26.9.2003 über die Nachrichtendienste im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Nachrichtendienstverordnung VBS, VND; SR 510.291).

Untersuchung über die Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes, Bericht der GPDel vom 18.8.2003, BBl 2004 2267.

4361

Anfang Dezember 2005 änderte der Bundesrat die Verordnung über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit82 und konkretisierte damit den Quellenschutz des DAP auf Verordnungsstufe. Der GPDel wurde des Weiteren bei verschiedenen Gelegenheiten versichert, dass die zweite BWIS-Revision den Quellenschutz im gewünschten Sinne umfassen werde. Die GPDel wird dieses Geschäft im Jahr 2006 weiter verfolgen.

3.6.5.7

Militärischer Nachrichtendienst und Nachrichtendienst der Luftwaffe

Das VBS umfasst neben dem SND zwei weitere Nachrichtendienste: den Militärischen Nachrichtendienst (MND) und den Luftwaffennachrichtendienst (LWND).

Ihre Aufgaben werden in der VND83 definiert.

Im Berichtsjahr 2005 verlangte die GPDel Informationen zu den Aufgaben und Funktionen der beiden Dienste und hörte die entsprechenden Verantwortlichen an.

Der MND hat den Auftrag, die für die Planung, Ausgestaltung, Bereitschaftssteuerung, Ausbildung und den Einsatz erforderlichen Nachrichtentätigkeit innerhalb der Gruppe Verteidigung und der Armee sicherzustellen. Gemäss Artikel 3 Absatz 1 VND führt der MND den militärischen Nachrichtenverbund bei allen schweizerischen Armee- und Truppeneinsätzen im In- und Ausland. Der MND führt zur Auslösung des militärischen Einsatzplanungsprozesses (Alarmierung) und zur Unterstützung laufender Einsätze das Armeenachrichtenzentrum (ANZ), welches für die laufende Verfolgung und Beurteilung der armeerelevanten Sicherheitslage im In- und Ausland verantwortlich ist. Der MND arbeitet eng mit dem SND, dem DAP und weiteren Bundes- und kantonalen Stellen zusammen. Ausserdem unterhält der MND in enger Zusammenarbeit mit dem SND regelmässige Kontakte mit ausländischen militärischen Nachrichtendiensten. Der MND steht während internationaler Militäreinsätze über seine nationalen Nachrichtenzellen (National Intelligence Cell, NIC) im Kontakt mit entsprechenden Organen ausländischer Nachrichtendienste.

Der MND ist das Kompetenzzentrum des Bundes für Fragen der militärischen Bedrohung. Er ist im Wesentlichen ein Auswertedienst und nachrichtendienstliches Führungszentrum für die Nachrichtendienst-Organe der Armee. Die Beschaffung der sachdienlichen Informationen erfolgt soweit möglich mit den Mitteln der Armee über den militärischen Nachrichtenverbund (LWND, NIC, Internationale Beziehungen des Bereichs Verteidigung, Nachrichtenzellen der Truppe, Aufklärung, Funkaufklärung usw.), über offene Quellen sowie darüber hinaus in Zusammenarbeit mit SND, DAP und weiteren Stellen des Bundes und der Kantone. Mit dem Ausrüstungs- und Erneuerungsbedarf 2006 (AEB 06) beschafft der MND vier mobile Nachrichtenzellen (Swiss Intelligence Support System, SISSY) zur Unterstützung von Truppeneinsätzen vor Ort im In- und Ausland.

Der MND erhält seinen Grundauftrag direkt vom Chef der Armee, ist aber organisatorisch dem Chef des Führungsstabs der Armee unterstellt. Das Budget beträgt 82 83

Verordnung vom 27. Juni 2001 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (VWIS; SR 120.2).

Verordnung vom 26.9.2003 über die Nachrichtendienste im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Nachrichtendienstverordnung, VND; SR 510.291).

4362

grössenordnungsmässig drei Millionen Franken (2005) und umfasst rund 26 Arbeitsposten. Der MND kann namentlich bei Armeeeinsätzen von längerer Dauer zur Verstärkung Milizoffiziere heranziehen.

Der LWND ist eine zivile Organisation innerhalb der Luftwaffe. Bis Ende 2005 war der LWND dem Chef Einsatz Luftwaffe unterstellt, ab dem 1. Januar 2006 dem Stabschef der Luftwaffe.

Der LWND ist der kleinste Nachrichtendienst des VBS. Er zählt acht Mitarbeitende und verfügt über ein Budget von 1,2 Millionen Franken (2005). Der LWND stellt den Nachrichtendienst für Einsätze der Luftwaffe und deren Planung sicher (Art. 4 Abs. 1 VND). Das betrifft z.B. die Einsätze der schweizerischen Luftwaffe anlässlich des WEF oder bei Katastrophen, aber auch die Leistungen des Lufttransportdienstes des Bundes. Wenn z.B. ein Bundesrat mit einem Flugzeug der Schweizer Luftwaffe in ein potenzielles Konfliktgebiet fliegt, muss der LWND die Sicherheitslage auswerten und auf etwaige Risiken und Gefahren für Menschen und Luftfahrzeuge hinweisen.

Der LWND ist ausserdem das nachrichtendienstliche Kompetenzzentrum des Bundes für sämtliche Fragen der Luftkriegführung, der ausländischen Luftstreitkräfte und ihrer Mittel (gemäss Art. 4 Abs. 2 VND).

Der LWND ist im Wesentlichen eine Auswertungsorganisation. Er wertet die in der Fachpresse und auf Kongressen frei zugänglichen Informationen aus. Informationen, deren Beschaffung besondere Mittel erfordert, erhält der LWND für seine Auswertung über den SND sowie von der Funkaufklärung. Der LWND unterhält in Zusammenarbeit mit dem SND auch regelmässige Kontakte mit rund zehn ausländischen Nachrichtendiensten.

Nach Auffassung der GPDel ist die Aufgaben- und Verantwortungsaufteilung zwischen den verschiedenen Nachrichtendiensten des VBS in den jeweiligen Verordnungstexten klar definiert. Die Zusammenarbeit zwischen den Diensten gilt als zufriedenstellend und findet in einem konstruktiven Klima statt. Gleiches gilt für die Kontakte des MND mit dem DAP.

Nach heutigem Informationsstand besteht nach Auffassung der GPDel kein Grund, Massnahmen im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht einzuleiten.

3.6.5.8

Satellitenaufklärungssystem des VBS (Projekt «Onyx»)

Die GPDel setzte im Jahr 2005 die Kontrolle der Umsetzung der Empfehlungen im Ende 2003 veröffentlichten Bericht fort84. Einige wurden bereits umgesetzt.

Die GPDel hatte insbesondere verlangt, dass der Bundesrat dem Parlament einen Gesetzesentwurf zur Regelung der Kommunikationsaufklärungen im Ausland unterbreitet. Heute beruhen die Abhörungen weitgehend auf Verordnungen des Bundesrats85, was nicht zufriedenstellend ist. Die Bundesverfassung verlangt, dass schwer84 85

Bericht der GPDel über das Satellitenaufklärungssystem des VBS (Projekt «Onyx») vom 10.11.2003 (BBl 2004 3115).

S. Art. 9a der Verordnung vom 27.6.2001 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (VWIS; SR 120.2) und die Verordnung vom 15.10.2003 über die elektronische Kriegführung (VEKF; SR 510.292).

4363

wiegende Einschränkungen der Privatsphäre ­ das trifft auf Kommunikationsabhörungen zu ­ auf einer formalrechtlichen Grundlage beruhen müssen (Art. 36 BV).

Demzufolge ist es Aufgabe des Gesetzgebers und nicht der Regierung, diese Frage im Gesetz zu regeln.

Der Bundesrat hat beschlossen, im Rahmen der zweiten BWIS-Revision auf das Ersuchen der GPDel einzugehen; die diesbezügliche Botschaft sollte dem Parlament bis zum ersten Halbjahr 2006 unterbreitet werden. Die Revision des BWIS wird auch eine Teiländerung des Bundesgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung umfassen. Dank diesen beiden Revisionen kann zudem eine weitere Forderung der GPDel, welche die Übereinstimmung der schweizerischen Gesetzgebung über die Kommunikationserfassung im Ausland mit der EMRK verlangte, erfüllt werden.

Die GPDel hatte dem Bundesrat des Weiteren empfohlen, in einer Fünfjahresstrategie seine Vorgaben zur Informationsbeschaffung sowie die benötigten materiellen und persönlichen Ressourcen anzugeben, welche das VBS und das EJPD im Bereich der Informationsquellen planen. Der Bundesrat hiess diese Empfehlung gut und beauftragte das VBS und das EJPD, die Ausarbeitung der Strategie zu prüfen. Die beiden Departemente unterbreiteten der GPDel im Laufe des Jahres 2005 erste Ideen zur Frage. Diese Überlegungen müssen im Rahmen der Reform der Instrumente der sicherheitspolitischen Führung des Bundes noch konkretisiert werden.

Die Empfehlungen, welche die GPDel an das VBS gerichtet hatte, haben zu guten Ergebnissen geführt. Im Oktober 2005 unterbreitete das VBS der Delegation die neue Konzeptstudie über den Verlauf und die technologische Entwicklung der elektronischen Aufklärung. Die Studie enthält eine Analyse des VBS zu den technologischen und finanziellen Risiken, welche die Realisierung des Projekts Onyx gefährden, sowie die Massnahmen, welche das VBS gegebenenfalls ergreifen würde.

Für die GPDel wird die Fortsetzung des Projekts Onyx weitgehend von den verfügbaren personellen Mitteln abhängen. Es ist schwer vorstellbar, dass das VBS weiterhin Geld in die Erweiterung der Aufklärungskapazitäten von Onyx stecken wird, ohne gleichzeitig die Analysekapazitäten bei den Nachrichtendiensten aufzustocken.

Im Moment lässt sich ein Grossteil der Kapazitäten von Onyx wegen Personalmangels gar nicht nutzen.

Die GPDel stellte
ferner fest, dass sich die Informationspolitik des VBS über das Projekt Onyx verbessert hatte. Es wurde ein Kommunikationskonzept entwickelt, das aktive Informationen zur Projektrealisierung vorsieht. So hat das VBS im März und im Oktober 2005 zwei Pressemitteilungen über die Installation und Inbetriebnahme von neuen Antennen in Heimenschwand und in Leuk veröffentlicht.

Neben der Prüfung dieser Massnahme führte die GPDel während des Jahres 2005 eine quantitative und qualitative Untersuchung der mit Onyx gelieferten Informationen durch. Dazu erhielt sie zwei Berichte des SND über die Leistungen des Systems Onyx. Die GPDel unterhielt sich mit dem Direktor des SND und mit dem Vorsteher des VBS über diese Berichte. Ausserdem führte sie einen Meinungsaustausch mit der Unabhängigen Kontrollinstanz (UKI) anlässlich der Vorlage ihres zweiten Jahresberichts durch. Die mit Artikel 15 VEKF eingesetzte UKI ist beauftragt, die Funkaufklärungsaufträge von Onyx auf ihre Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit zu überprüfen.

4364

Schliesslich hat die GPDel im Juli 2005 sämtliche Anlagen des Systems Onyx in den Kantonen Bern und Wallis besichtigt.

3.6.5.9

Finanzielle Führung des SND

Im Frühling 2005 führte die GPDel einen unangemeldeten Besuch beim SND durch, um die finanzielle Führung zu überprüfen und die Kreditverwendung in diesem Dienst zu kontrollieren.

Die finanzielle Führung des SND wickelt sich nach den Weisungen des Vorstehers das VBS über die Ausgabenkompetenzen im Bereich des SND vom 22. August 2003 ab. Diese Weisungen beruhen auf Artikel 38 RVOG und regeln insbesondere die Kompetenzen des Direktors des SND hinsichtlich der Ausgaben: Über Ausgaben unter 100 000 Franken entscheidet der Direktor des SND, der seine Zuständigkeit an die unteren Hierarchiestufen delegieren kann; Ausgaben über 100 000 Franken dagegen bedürfen der vorgängigen Bewilligung durch den Generalsekretär des Departements. Die Finanzaufsicht über die Rechnung des SND richtet sich nach dem Finanzkontrollgesetz86. In der Praxis wird die Rechnung des SND vom Finanzinspektorat des Bereichs Verteidigung, welches die Berichte direkt an den Vorsteher des VBS und an die EFK weiterleitet, regelmässig revidiert. Die EFK übermittelt die Revisionsberichte sowie allfällige Kommentare an die FinDel und an die GPDel.

Die Delegation hat bei ihrem Besuch die Rechnungsführung und die Kredite 2003 und 2004 anhand von Stichproben geprüft und die Originalbelege eingesehen. Die Kontrollen der GPDel betrafen ausserdem das Inkassovolumen, die Vorschussverwaltung und die Inventarführung. Schliesslich prüfte die GPDel die Unterschriftsberechtigungen sowie die Vorschriften über das Inventar, die Repräsentationsspesen und die Entschädigung von Quellen.

Die GPDel war mit den erhaltenen Informationen zufrieden; diese erlaubten ihr, sich eine Meinung über die Gesetzmässigkeit und Ordnungsmässigkeit der Ausgaben des SND und über die Art der Finanzführung zu bilden. Die GPDel stellte insbesondere fest, dass die finanziellen Risiken im Zusammenhang mit dem Quellenschutz durch angemessene interne Kontrollmassnahmen aufgewogen werden.

Dagegen lassen sich die Zweckmässigkeit und die Effizienz der Ausgaben des SND schwerer einschätzen. Für diese Beurteilung muss die GPDel unter Berücksichtigung der Nachrichtenbedürfnisse, welche die politischen Behörden festlegen, die gesprochenen Ausgaben mit den erzielten Ergebnissen in Zusammenhang stellen.

Dies macht die GPDel insbesondere für das Aufklärungssystem Onyx, wo sie das VBS
regelmässig ersucht, ihr die konkreten Ergebnisse der elektronischen Aufklärung und der diesbezüglichen Kosten vorzulegen.

Die GPDel betont, dass die wirtschaftliche Beurteilung des Nutzens einer von einem Nachrichtendienst beschafften Information ein heikles Unterfangen bildet. In der Tat: Worin besteht der Wert einer Auskunft, dank welcher Tätigkeiten zur Verbreitung von Massenvernichtungswaffen durchkreuzt, Vorbereitungen terroristischer Organisationen vereitelt oder dem Bundesrat Verhandlungserfolge ermöglicht werden?

86

Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzkontrolle vom 28.6.1967, (FKG; SR 614.0).

4365

Es ist auch bekannt, dass Nachrichten von hoher Qualität nur selten aus einer Quelle beschafft werden können, sondern aus einem Bündel von verschiedenen, mehr oder weniger kostspieligen Informationen bestehen. Eine Information per se hat demnach direkt keinen besonderen Wert und ein Kosten-Nutzen-Verhältnis lässt sich schwer aufstellen. Häufig bewahrheiten sich die von den Nachrichtendiensten gesammelten Informationen erst lange nach der Beschaffung.

Trotz dieser Schwierigkeiten hat die GPDel den Bundesrat ersucht, die Massnahmen zur Verbesserung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses in der nachrichtendienstlichen Tätigkeit zu untersuchen. Der Bundesrat hat sich bereit erklärt, im Rahmen des Neuen Rechnungsmodells des Bundes Massnahmen zu ergreifen.

Generell vertritt die GPDel die Auffassung, dass die Effizienz der nachrichtendienstlichen Tätigkeiten auch in der besseren Zusammenarbeit der verschiedenen Dienststellen des VBS und des EJPD, die in der Informationsbeschaffung tätig sind, gesucht werden muss. Aus diesem Grund hat die GPDel den Bundesrat ersucht, eine Fünfjahresstrategie für die Nachrichtendienste vorzulegen, welche die vom VBS und EJPD auf dem Gebiet der Informationsquellen (Open Source Intelligence [OSINT]87, HUMINT, COMINT, Zusammenarbeit mit Partnerdiensten) und ihrer Auswertung benötigten Ressourcen aufzeigt. Der Bundesrat hat das VBS und das EJPD beauftragt, sich mit Ausarbeitung einer Strategie zu befassen und sie der GPDel zu unterbreiten.

Die GPDel hat der FinDel ihre Feststellungen zur finanziellen Führung des SND übermittelt. Die FinDel ihrerseits informierte die GPDel über die Richtlinien des VBS über die finanzielle Abwicklung von geheimen Projekten. Diese Richtlinien bezwecken die finanziell korrekte Abwicklung und Steuerung der geheimen Projekte und legen die Aufgaben, Zuständigkeiten und Abläufe fest. Unter anderem sehen die Richtlinien vor, dass die Sachverantwortlichen der geheimen Projekte qualitative Aussagen über Wirkung und Nutzen des Systems liefern, wenn sie Kredite beantragen. Die FinDel und die GPDel müssen einmal jährlich über den Stand der geheimen Projekte informiert werden.

Die GPDel begrüsst die Annahme dieser Richtlinien, welche zu mehr Transparenz in der parlamentarischen Begleitung von heiklen Projekten des VBS beitragen wird, und zwar sowohl auf finanzieller
Ebene (Zuständigkeitsbereich der FinDel) wie auch hinsichtlich der Abwicklung und der Effizienzkontrolle (Zuständigkeitsbereich der GPDel). Die GPDel und die FinDel werden im Laufe des Jahres 2006 die Umsetzung gemeinsam überprüfen.

3.6.5.10

ISIS-Datenbank

Die GPDel prüft im Rahmen ihres Oberaufsichtsauftrags regelmässig die verschiedenen Datenbanken des Bundes und insbesondere die ISIS88-Datenbank, in welcher die Informationen über den Staatsschutz bearbeitet werden. Die ISIS-Datenbank wird vom DAP verwaltet, der als einziger Dienst ermächtigt ist, Daten in das System einzugeben. Eine interne Kontrollstelle überprüft alle erfassten Angaben, besonders

87 88

Nachrichtenbeschaffung aus offenen Quellen.

Informatisiertes Staatsschutz-Informationssystem.

4366

die Angabe der Quellen, die Beurteilung der Information und die Aufbewahrungsdauer.

Im Jahr 2004 erhielt die GPDel im Zusammenhang mit der Prüfung des bundesrätlichen Extremismusberichts89 mehrere statistische Angaben über die Informationen im ISIS-System. Im ISIS-System waren damals ganze 60 000 Namen von Personen, darunter rund 2500 schweizerischer Staatsbürgerschaft, gespeichert; die übrigen Angaben betrafen Ausländer, von welchen der Grossteil nicht in der Schweiz lebte.

Mit der Einführung des neuen Datenbank-Systems ISIS-NT auf Anfang 2005 wurde die Datenstruktur komplett geändert, so dass ein Vergleich mit den Zahlen 2004 nicht mehr möglich ist.

Die GPDel stellte ausserdem fest, dass die Zahl der in ISIS registrierten Daten in den letzten Jahren stark zugenommen hat: Von rund 40 000 im Jahr 1997 stieg sie 2004 auf 60 000 an. Diese Zunahme erklärt sich weitgehend aus der Entwicklung der Bedrohungslage seit den Anschlägen vom 11. September 2001 sowie aus der aktiven Mitwirkung des Bundes auf schweizerischer und auf internationaler Ebene an den Massnahmen zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus.

Die GPDel achtet bei ihren Stichproben darauf, dass der DAP die im ISIS-System erfassten Informationen einer Qualitätskontrolle unterzieht und dass er die erfassten Datensätze regelmässig überprüft (Selbstkontrolle), spätestens fünf Jahre nach der Erfassung der ersten Meldung eines Datensatzes (Art. 16 Abs. 1 der ISIS-Verordnung90). Ziel der Überprüfung ist es, nicht länger benötigte Informationen zu löschen. Im Allgemeinen werden Daten über Drittpersonen, die seit über drei Jahren erfasst sind, gelöscht. Die Erfahrung hat gezeigt, dass bisher rund zwei Drittel der Daten innerhalb von fünf Jahren ganz oder teilweise gelöscht werden. Die übrigen Daten dürften in ISIS längstens fünfzehn Jahre gespeichert werden (Art. 17 Abs.1 ISIS-Verordnung).

Die GPDel prüfte anlässlich eines unangemeldeten Besuchs beim DAP im Mai 2005, wie im Fall Achraf (s. Ziff. 3.6.5.14) die Informationen der ausländischen Dienste vom DAP überprüft und anschliessend in das ISIS-System eingegeben wurden. In einem anderen Fall hatte die GPDel im Zusammenhang mit dem G-8Gipfel eingehend untersucht, unter welchen Voraussetzungen Daten aus dem ISISSystem an ausländische Sicherheitsbehörden weitergeleitet werden konnten.

Die GPDel
unterhält ausserdem regelmässige Kontakte mit dem EDSB, der in seinem Kompetenzbereich bestimmte Kontrollen in Bezug auf die ISIS-Datenbanken durchführt (Art. 27 Datenschutzgesetz91).

Die Delegation steht ausserdem in sehr engem Kontakt mit dem Inspektorat des Generalsekretariats des EJPD, das ihr sämtliche Inspektionsberichte übermittelt.

Gemäss dem BWIS hat das Inspektorat im Auftrag des Vorstehers des EJPD die Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der Tätigkeiten des Fedpol zu überprüfen (Art. 26 Abs. 1 BWIS; Art. 22 VWIS). Diese Kontrolle findet regelmässig statt, das Prüfprogramm wird der Delegation übermittelt. Im Jahr 2005 nahm die Delegation insbesondere die Ergebnisse einer Inspektion über die Archivierung von 89 90 91

Extremismusbericht (in Erfüllung des Postulats 02.3059 der Christlichdemokratischen Fraktion vom 14.3.2002) vom 25.8.2004 (BBl 2004 5011).

Verordnung vom 30.11.2001 über das Staatsschutz-Informationssystem (ISIS-Verordnung; SR 120.3).

Bundesgesetz vom 19.6.1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1).

4367

auf elektronischen Trägern gespeicherten Daten sowie über die vom EJPD angenommenen Empfehlungen zur Kenntnis.

Schliesslich untersucht die Delegation jedes Jahr, wie im Gesetz verlangt (Art. 11 Abs. 3 BWIS), die namentlichen Listen von Organisationen oder Gruppierungen, deren Tätigkeit und deren Exponenten konkret verdächtigt werden, die innere oder die äussere Sicherheit zu gefährden. Die Delegation hat aus diesem Anlass um konkrete Auskünfte zu den Kriterien gebeten, die massgebend sind, dass eine bestimmte Organisation auf die Beobachtungslisten gesetzt wird. Diese Listen dienen insbesondere zur Beschaffung von Informationen, welche anschliessend in ISIS gespeichert werden.

Aus den vorherigen Ausführungen geht hervor, dass die Delegation die ISIS-Datenbank regelmässig direkt oder indirekt prüft; dabei ­

achtet sie darauf, dass der DAP Kontroll- und Überprüfungsverfahren für die in ISIS eingegebenen Daten vorsieht und dass die nicht mehr benötigten Daten regelmässig gelöscht werden,

­

nimmt sie die Inspektionsberichte des Inspektorats des EJPD-Generalsekretariats sowie die Folgemassnahmen zu den Empfehlungen zur Kenntnis,

­

führt sie einen regelmässigen Meinungsaustausch mit dem EDSB,

­

führt sie selbst punktuelle Kontrollen mit und ohne Vorankündigung durch und verlangt Berichte vom EJPD.

3.6.5.11

Datenschutz im Bereich des Staatsschutzes

Die GPDel traf am 22. April 2005 den EDSB und mehrere seiner Mitarbeitenden zu einer Aussprache über verschiedene Aspekte des Datenschutzes im Bereiche des Staatsschutzes.

Im Vordergrund stand das indirekte Auskunftsrecht gemäss Artikel 18 Absatz 1 BWIS beziehungsweise Artikel 14 Absatz 2 Zentralstellengesetz92, das jeder Person das Recht gibt, beim EDSB zu verlangen, dass er prüfe, ob im ISIS, in JANUS oder in der Datenbank zur Geldwäscherei rechtmässig Daten über sie bearbeitet werden.

Der Datenschutzbeauftragte teilt der gesuchstellenden Person in einer stets gleichlautenden Antwort mit, dass in Bezug auf sie entweder keine Daten unrechtmässig bearbeitet würden oder dass er bei Vorhandensein allfälliger Fehler in der Datenbearbeitung eine Empfehlung zu deren Behebung an das Bundesamt gerichtet habe.

Diese zwei Elemente werden in jeder Antwort des EDSB an die Gesuchsstellenden aufgeführt. Sie erfahren durch diese Antwort jedoch nicht, ob sie in einer Datenbank registriert sind. Dies war so durch den Gesetzgeber gewünscht. Die GPDel hat mit dem EDSB die Anzahl der erhaltenen Auskunftsersuchen sowie die durch den EDSB bei seinen Kontrollen am häufigsten festgestellten Fehler thematisiert. Seit der Einführung dieser Rechte gingen 130 Gesuche zu ISIS, nicht ganz 80 zu JANUS und ungefähr 60 zur Geldwäschereidatenbank ein. Der EDSB informierte die

92

Bundesgesetz vom 7.10.1994 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes (Zentralstellengesetz; SR 360).

4368

GPDel, dass eine Plausibilitätsüberprüfung mit den Rechten des EDSB nur sehr beschränkt möglich ist. Diese Situation vermag nicht vollständig zu befriedigen.

Die GPDel erörterte mit dem EDSB ebenfalls die nachträgliche Auskunft gemäss Artikel 18 Absatz 6 BWIS. Diese Bestimmung sieht vor, dass registrierten Personen, die ein Auskunftsgesuch gestellt haben, beim Dahinfallen der Geheimhaltungsinteressen zur Wahrung der inneren Sicherheit, spätestens bei Ablauf der Aufbewahrungsdauer, nach Massgabe des Datenschutzgesetzes Auskunft erteilt wird, sofern dies nicht mit unverhältnismässigem Aufwand verbunden ist. In einer im Jahr 2004 durchgeführten Kontrolle verlangte der EDSB vom DAP die Voraussetzungen von Artikel 18 Absatz 6 BWIS noch einmal für sämtliche betroffene Fälle zu überprüfen.

Aufgrund von Interventionen des EDSB benachrichtigte der DAP sämtliche ISISEinsichtsgesuchsteller, deren Einträge in ISIS gelöscht worden waren, nachträglich.

Der EDSB wird sich auch weiterhin für die Umsetzung dieser Bestimmung einsetzen. Bis zur erwähnten, im Jahr 2004 durchgeführten Kontrolle wurde zudem Artikel 14 Zentralstellengesetz (Datenbank JANUS) von der BKP mit dem Argument des unverhältnismässigen Aufwands systematisch nicht angewendet. Der EDSB richtete daraufhin eine Reihe von Empfehlungen an Fedpol, welche in der Folge zu einem Konzept für die Umsetzung dieser Bestimmung führten.

Nachdem die Assoziierungsabkommen zu Schengen und Dublin in der Volksabstimmung am 5. Juni 2005 angenommen wurden, erkundigte sich die GPDel nach dem Stand der vorbereitenden Massnahmen im Hinblick auf deren Umsetzung. Der EDSB sieht zusätzliche Aufgaben auf ihn zukommen und erachtet insbesondere die indirekten Einsichtsgesuche als sehr anspruchsvoll. Der EDSB wird die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen durch die Verantwortlichen des nationalen Schengener Informationssystems kontrollieren müssen und in verschiedenen Gremien des Schengener Abkommens Einsitz nehmen. Dafür werden zusätzliche Ressourcen benötigt.

Der EDSB ist auch im Bereich des SND tätig und ist über die dort vorhandenen Datensammlungen orientiert.

Die GPDel zog eine positive Bilanz aus diesem Austausch mit dem EDSB und wird in Zukunft den Kontakt zum EDSB regelmässig suchen.

3.6.5.12

Führungs- und Schutzinfrastrukturen der Kantone

Die GPDel führte im September 2003 einen Besuch der geschützten Führungsanlage des Bundesrats durch93 und erhielt dabei detaillierte Informationen über die zivilen und militärischen Führungsinfrastrukturen des Bundes. 2005 beschloss die Delegation, sich mit den Führungs- und Schutzinfrastrukturen in den Kantonen zu befassen.

Sie forderte das VBS auf, ihr einen Bericht zu dieser Frage vorzulegen.

Die kantonalen Führungs- und Schutzinfrastrukturen sind das Resultat einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kantonen. Das Gros der Schutzbauten sind kombinierte Anlagen, d.h. sie gliedern sich in einen zivilen Teil, einen militärischen Teil und einen gemeinsamen Infrastrukturteil.

93

S. Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 23.1.2004 (BBl 2004 1745).

4369

Das Konzept für die kombinierten Schutzbauten geht auf den kalten Krieg zurück.

Die Grundlage bildet ein vertrauliches Schreiben sowie eine Richtlinie des Bundesrats vom 26. März 1975 an die Kantonsregierungen. Nach dem damaligen Konzept ging es darum, im Kriegsfall eine möglichst effiziente Zusammenarbeit zwischen den Kantonsregierungen und der Armee zu ermöglichen; ausserdem sollten durch die Zusammenführung der Massnahmen der zivilen und militärischen Stellen die Kosten gesenkt werden. Der Bundesrat griff mit seiner Richtlinie ein fünf Jahre zuvor (1970) eingereichtes Postulat auf, in dem er eingeladen wurde «zu prüfen, ob den Kantonsregierungen für die Erstellung ihrer Schutzbauten einheitliche Anleitungen gegeben werden könnten, welche die gemeinsame Erstellung von Anlagen sowohl für den Territorialkreisstab (...) als auch für die Kantonsregierung zur berücksichtigen hätten und die ausserdem Grundsätze über die Kostenteilung enthalten müssten».94 Bis heute haben 18 Kantone derartige kombinierte Schutzbauten erstellt. Genf, Luzern, Schaffhausen, Basel-Stadt, Jura und Tessin besitzen keine solchen Anlagen.

Bestimmte Kantone ­ Nidwalden und Obwalden ­ haben gemeinsam eine Anlage erstellt. Die Kantone Schwyz und Zug (1977), Waadt (1977, ziviler Teil) und Thurgau (1979) führten als erste kombinierte Schutzbauten ein, die Kantone Solothurn (1995), Waadt (1995, militärischer Teil) und Appenzell-Innerrhoden (1997, kein militärischer Teil) als letzte.

Die Anlagen wurden unter der Bauherrschaft der Kantone erstellt. Jeder Schutzbau bildet Gegenstand eines spezifischen Vertrags zwischen der Eidgenossenschaft und den Kantonen, in welchem die Aufteilung der Bau-, Betriebs- und Unterhaltskosten auf die zivile und militärische Bereiche geregelt wird.

Zu den Kosten ist festzustellen, dass der Bund den gesamten Bau der militärischen Teile finanzierte. Der Bau des zivilen Teils wurde durch den Bund über Subventionsbeiträge für den Schutzraumbau im Umfang von 30­60 % der Kosten mitfinanziert, den verbleibenden Rest finanzierten die Kantone. Die 18 Schutzbauten wurden über verschiedene Rubriken des Bundesbudgets finanziert. Diese bildeten bis zur Mitte der 90er Jahre Gegenstand von geheimen Botschaften. Die damaligen Militärkommissionen (heute: Sicherheitspolitische Kommissionen [SiKs]) wurden jährlich über
die Bauvorhaben der Kantone unterrichtet.

Die Gesamtkosten für die Finanzierung dieser 18 Schutzbauten betragen bislang etwa 80 Millionen Franken. Hinzu kommen die jährlichen Betriebs- und Unterhaltskosten, die je zur Hälfte vom Bund und von den Kantonen finanziert werden; die Gruppe Verteidigung bezahlt für den militärischen Teil jedes Jahr rund 200 000 Franken.

Die Schutzbauten sind klassifiziert. Sie unterliegen dem Bundesgesetz über den Schutz militärischer Anlagen95, das jegliche Verbreitung oder Veröffentlichung von diesbezüglichen Informationen (Standort, Aussehen, Struktur, Verwendungszweck usw.) verbietet. Die Verbreitung von Informationen über die Schutzbauten der Kantone Bern und Aarau hat in jüngerer Vergangenheit bekanntlich zu Strafverfahren geführt. In einem Fall richtete der Chef der Armee einen disziplinarischen Ver-

94

95

S. Postulat 10605 «Schutzbauten für die Kantonsregierungen» vom 16.6.1070, in: Übersicht über die Verhandlungen der Bundesversammlung, Wintersession 1970, IV, 1970, S. 17.

Bundesgesetz vom 23.6.1950 über den Schutz militärischer Anlagen (SR 510.518).

4370

weis an eine Kantonale Politikerin; im anderen Fall bestrafte die Militärjustiz einen Journalisten mit einer Disziplinarbusse von 400 Franken.

Gemäss dem VBS werden die Schutzanlagen unterschiedlich genutzt, hauptsächlich weil sie unterschiedliche Ausbaustandards aufweisen, indem einige Schutzbauten bereits vor 20 Jahren erstellt wurden. Die meisten Anlagen dienen heute den Kantonsbehörden im Fall von gravierenden Ereignissen oder Katastrophen wie z.B.

Verstrahlungen, Erdbeben usw. als Kommandoposten. Einige in der Nähe der Kantonshauptorte gelegene Schutzbauten werden auch von der Kantonsverwaltung genutzt. Bis in die 90er Jahre führten die kantonalen Führungsstäbe und die Territorialstäbe regelmässig gemeinsame Übungen durch. Eine intensivere Nutzung der Infrastrukturen ist im Moment wegen der Klassifizierung, welche die Zugänglichkeit stark einschränkt, schwierig; eine diesbezügliche Änderung wird zurzeit geprüft.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) und die Gruppe Verteidigung des VBS befassen sich gegenwärtig mit der Zukunft und der künftigen Nutzung dieser Schutzbauten. Die Federführung liegt beim BABS. Die betroffenen Kantone wurden ausserdem aufgefordert, ihre diesbezüglichen Überlegungen anzustellen. Im Verlaufe des Jahres 2006 sollen mit allen Kantonen Gespräche geführt werden. Eine generelle Liquidation ist nicht vorgesehen; ein Teil der Schutzbauten soll entklassifiziert werden, was eine breitere Nutzung ermöglichen würde.

Die Delegation beurteilt die Informationen, die sie vom VBS erhalten hat, als ausreichend und sieht keinen Handlungsbedarf im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht.

3.6.5.13

Klage eines politischen Flüchtlings gegen die schweizerischen Nachrichtendienste

Im Laufe des Jahres 2005 erhielten mehrere Parlamentarierinnen und Parlamentarier Briefe von Herrn K., einem seit vier Jahren in der Schweiz niedergelassenen politischen Flüchtling aus dem Nahen Osten. Herr K. brachte darin vor, dass die schweizerischen Nachrichtendienste ihn unter Druck setzten, anscheinend um ihn zur Unterwanderung islamischer Kreise zu benutzen. In seinen Schreiben behauptete K., infolge einer von den schweizerischen Nachrichtendiensten inszenierten Schlägerei inhaftiert worden zu sein. Im Gefängnis sei er in einer Isolierzelle festgehalten und verschiedenen Formen von psychischem und physischem Druck ausgesetzt worden, nachdem er sich geweigert hatte, mit den schweizerischen Nachrichtendiensten zu kooperieren. Der in den Vereinigten Staaten wohnhafte Bruder von K. wandte sich in mehreren Schreiben an die schweizerischen Behörden, um die Vorwürfe von K.

zu unterstützen.

Die GPDel hat sich angesichts des Echos, das der Fall in der Schweiz und in der arabischen Presse ausgelöst hat, im Rahmen ihrer Oberaufsicht über die Nachrichtendienste mit der Angelegenheit befasst. Die Delegation hat die Vorwürfe gegen die schweizerischen Nachrichtendienste geprüft sowie den SND und den DAP angehört.

Aus den Abklärungen ging hervor, dass K. während mehreren Jahren ein hohes Amt als Offizier an der Spitze der Justizabteilung eines Ministeriums in einem nahöstlichen Staat ausgeübt hat. In den 90er Jahren wurde K. in seinem Land scheinbar wegen Presseartikeln, in denen er die in den Behörden grassierende Korruption 4371

verurteilte, bedroht. Im Jahr 2000 bildet sein Fall Gegenstand einer Mitteilung an die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen. K. ist im Mai 2001 in die Schweiz eingereist. Er verfügt über den Status eines politischen Flüchtlings.

Am 15. Februar 2005 wurde K. in Genf wegen eines Messerangriffs gegen einen afrikanischen Staatsbürger verhaftet. Auf Anordnung einer Genfer Untersuchungsrichterin wurde K. im Gefängnis von Champ-Dollon in Untersuchungshaft genommen und wegen Körperverletzung, eventuell Mordversuch angeklagt.

Während seiner Haft richtete K. zahlreiche Schreiben an verschiedene Bundesräte, internationale Organisationen und an Parlamentsmitglieder, in denen er die Umstände seiner Festnahme und die Haftbedingungen anprangerte. K. behauptete in diesen Briefen auch, seine Festnahme sei von den schweizerischen Nachrichtendiensten angeordnet worden, nachdem er die Zusammenarbeit verweigert habe. Sein Fall kam in einem Artikel in der Zeitung «ash-Sharg al-Awsat» in Juni 2005 sowie in Mitteilungen in mehreren Websites und Internetforen zur Sprache. K. ist seit seiner Freilassung im Juni 2005 mit Aufrufen zu Hass und Rache gegen die schweizerischen Behörden zu vernehmen.

Aus den Ermittlungen der GPDel geht hervor, dass der DAP im September 2001 mit K. in Kontakt kam. Der DAP interessierte sich insbesondere dafür, zu erfahren, ob K. Informationen über ein Attentat besass, das 1997 in seinem Land stattgefunden hatte und in dem Schweizer zu Tode gekommen waren. Ausserdem sollte überprüft werden, ob K. Informationen über die Ermordung eines Diplomaten im Jahr 1995 in Genf liefern konnte. K. konnte keine sachdienlichen Angaben machen. Die GPDel verfügt über die detaillierten Notizen des Gesprächs.

Ausgenommen von dieser Anhörung durch den DAP traten die Nachrichtendienste nie in Kontakt mit K. und versuchten ebensowenig, mit ihm zu kooperieren. Dagegen wandte sich K. im Oktober 2004 an den DAP und erklärte, dass er Probleme mit verschiedenen Individuen, mutmasslichen Mitgliedern der Sicherheitsdienste seines Landes, habe. Anlässlich dieses Telefongesprächs teilte K. dem DAP mit, dass er vom Genfer Polizeichef empfangen werden solle. Weder der DAP noch der SND hatten weitere Kontakte mit K.

Was die Hass- und Racheaufrufe anbelangt, die K. im Internet gegen die Schweiz publiziert, so besteht
nach Auffassung der zuständigen Dienste des EJPD im Moment keine Gefahr für die Sicherheit des Landes. Allerdings behalten die Behörden den Fall weiterhin genau im Auge, um gegebenenfalls die geeigneten Massnahmen ergreifen zu können.

Hinsichtlich der Haftbedingungen im Gefängnis Champ-Dollon ersuchte die Delegation K., sich an die «Commission des visiteurs officiels» (Kommission der offiziellen Gefängnisbesucher) des Genfer Grossrats zu wenden, welche mit der Kontrolle der Haftvollzugsanstalten im Kanton Genf beauftragt ist. Die Gründe für K.'s Festnahme gehen, wie die GPDel betont, auf ein Strafverfahren in kantonaler Zuständigkeit zurück.

Die GPDel vertritt die Auffassung, dass K.'s Anschuldigungen gegen die Behörden des Bundes jeglicher Grundlage entbehren und dass K. zu keiner Zeit von den schweizerischen Nachrichtendiensten unter Druck gesetzt worden ist. Die GPDel denkt, dass das Verhalten der Bundesbehörden, soweit sie es beurteilen kann, in dieser Angelegenheit angemessen war und zu keiner Kritik Anlass gibt.

4372

3.6.5.14

Feststellungen im Zusammenhang mit dem Fall Mohamed Achraf und dem schweizerischen Sicherheitsdispositiv

Ende Oktober 2004 war aus der internationalen wie auch aus der nationalen Presse zu entnehmen, dass die spanische Polizei eine Zelle mutmasslicher islamischer Terroristen aufgedeckt hatte, welche ein Attentat auf den nationalen Strafgerichtshof (Audiencia nacional) geplant haben soll. Als Chef der Zelle wurde ein Mann namens Mohamed Achraf genannt, der zu diesem Zeitpunkt in der Schweiz inhaftiert war.

Es stellte sich heraus, dass Mohamed Achraf aufgrund eines Verdachts auf ein Bagatelldelikt am 28. August 2004 im Flughafen Zürich verhaftet wurde und sich wegen seines abgewiesenen Asylgesuchs zum Zeitpunkt der Pressemeldungen im Flughafengefängnis Zürich in Ausschaffungshaft befand.

Diese Nachrichten wurden in der Öffentlichkeit kritisch, aber auch kontrovers diskutiert. Viele Medien warfen die Frage auf, ob der mutmasslich sehr gefährliche Terrorist in der Schweiz aus der Haft hätte entlassen werden können, bevor die spanischen Justizbehörden am 19. Oktober 2004 die schweizerischen Justizbehörden offiziell über ihren Terrorismusverdacht informierten.

Gemäss den Pressemeldungen zeigten sich verschiedene Behördenvertreter, wie die Bundesanwaltschaft und der Direktor der Zürcher Gefängnisse, erstaunt über diese Pressemeldungen. Zum Teil wurde auch gerügt, dass die betroffenen Behörden nicht früher informiert wurden. Den Medienberichten und danach der Medienmitteilung des EJPD vom 3. November 2004 konnte jedoch entnommen werden, dass sich der DAP schon vor dem Publikwerden des Falls mit diesem befasste und dazu im Kontakt mit seinen spanischen Partnerdiensten stand. Das EJPD bezeichnete seinerseits in der erwähnten Medienmitteilung die Massnahmen der schweizerischen Behörden sogar als «Fahndungserfolg».

In der Folge beschloss die GPDel am 22. November 2004, den Fall Achraf aus der Perspektive der Oberaufsicht exemplarisch zu untersuchen. Wäre Mohamed Achraf entlassen oder in sein vermutliches Heimatland Algerien ausgeschafft worden, bevor der DAP seinen Aufenthaltsort feststellen konnte, so hätte dies eine allfällige Beeinträchtigung der internationalen Sicherheit wie auch des internationalen Images der Schweiz bedeuten können, dies auch wenn sich der Terrorismusverdacht gegen Mohamed Achraf nicht erhärtet hätte. Ein besonderes Augenmerk richtete die GPDel bei ihrer Untersuchung auf die Zusammenarbeit
und Koordination der verschiedenen involvierten Bundesstellen. Damit erfüllte sie ebenfalls den Auftrag der GPK-N, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Bundesstellen im Sicherheitsbereich zu untersuchen. Sie hielt ihre Feststellungen in Form eines zusammenfassenden Berichts fest, der am 7. Dezember 2005 publiziert wurde.96 Die Identität und der Aufenthaltsort vom Mohamed Achraf wurden durch die Bundesbehörden in Zusammenarbeit mit den Kantonen rechtzeitig entdeckt. In der Folge konnte er im Jahr 2005 an Spanien ausgeliefert werden. Die GPDel stellte in ihrer Untersuchung anhand dieses Falls jedoch fest, dass in verschiedenen Bereichen des schweizerischen Sicherheitsdispositivs bei den involvierten Bundesstellen sowie bei den Schnittstellen zu den Kantonen Optimierungsbedarf besteht. Gerade im Bereich 96

S. Bericht der GPDel über das schweizerische Sicherheitsdispositiv und dem Fall Mohamed Achraf ­ eine zusammenfassende Beurteilung aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht vom 16.11.2005 (BBl 2006 3725)

4373

des gut organisierten und professionell agierenden Terrorismus können auch kleinere Mängel schwerwiegende Konsequenzen haben.

Meldungen ausländischer Partnerdienste mit einem mutmasslichen terroristischen Hintergrund und einem Bezug zur Schweiz bedürfen aus Sicht der GPDel besonderer Aufmerksamkeit. Sie weisen nicht nur ­ wie andere Meldungen auch ­ auf ein mögliches Sicherheitsrisiko hin, sondern beinhalten auch ein Risikopotential für die Reputation der Schweiz. Die GPDel ist deshalb der Ansicht, dass den Meldungen aus Spanien durch den DAP eine grössere Bedeutung hätte beigemessen werden müssen und forderte für die Zukunft entsprechende Massnahmen. Insbesondere hätte aus Sicht der GPDel auch die Leitung des DAP und des Fedpol früher informiert werden sollen. Auch in diesem Bereich richtete sie eine entsprechende Empfehlung an den Bundesrat. Im Weiteren beurteilte die Delegation die Dauer der erwähnten Verfahrensschritte wie auch die resultierende Gesamtdauer beim DAP als relativ lang. Bei einer anderen Konstellation wären die ergriffenen Massnahmen allenfalls zu spät wirksam geworden. Es ist deshalb zu prüfen, inwieweit durch organisatorische oder allenfalls personelle Massnahmen die Verfahrensdauer optimiert werden kann.

Das heute angewandte Verfahren zur Feststellung, ob eine gesuchte Person durch einen Kanton inhaftiert ist, vermag nicht zu befriedigen. Es besteht in einer Anfrage an alle Kantone, die in der Folge die Anfrage überprüfen und dem DAP am Schluss eine Rückmeldung geben. Die Delegation erachtet es als dringend, dass ein System geschaffen wird, das eine systematische und schnelle Aufenthaltsüberprüfung erlaubt.

Im Bereich der Zusammenarbeit der Bundesstellen wurden gewisse Mängel, welche die GPDel schon in anderen Fällen feststellen musste, bestätigt. Insbesondere der Informationsaustausch zwischen der BKP, dem DAP und dem SND muss substantiell verbessert werden. Auch im Bereich der Informationsbeschaffung und -auswertung ist die von der Delegation schon seit längerem geforderte Koordination zwischen den einzelnen Diensten unbedingt zu stärken. In diesem Bereich stehen zurzeit verschiedene Reformprojekte an, die von der GPDel im Rahmen ihrer Oberaufsicht begleitet werden. Die Delegation hat deshalb beschlossen, im Zusammenhang mit ihren Feststellungen zur Zusammenarbeit der
Dienste im Fall Mohamed Achraf teilweise noch keine Empfehlungen an den Bundesrat zu richten, sondern diese im Rahmen der Reformprojekte einzubringen.

Die GPDel forderte den Bundesrat auf, bis Ende März 2006 zu ihrem Bericht Stellung zu nehmen.

3.6.5.15

Arbeitsbesuch der GPDel in Den Haag und Berlin

Die GPDel hielt sich zwischen dem 26. und 29. Juni 2005 zuerst in Den Haag und danach in Berlin auf. Ziel ihrer Reise war es, das System des Staatsschutzes, der Nachrichtendienste und deren parlamentarische Kontrolle kennen zu lernen und so zur stetigen Verbesserung der Oberaufsicht über die Nachrichtendienste und den Staatsschutz in der Schweiz beizutragen. Die GPDel erhoffte sich von den ausländischen Systemen aber auch Anregungen für die notwendige Verbesserung der Zusammenarbeit der schweizerischen Nachrichtendienste sowie ihrer Steuerung.

4374

In Hinblick auf die Zusammenarbeit der Schweiz mit Europol stattete die GPDel dieser Organisation ebenfalls einen Besuch ab. Mit grossem Interesse konnte sie sich insbesondere über die zur Verfügung stehenden Datenbanken und die Zugriffsberechtigungen informieren.

Die GPDel führte einen interessanten Informationsaustausch mit ihrer niederländischen Schwesterkommission («Commissie voor de Inlichtingen- en Veiligheidsdiensten») durch. Sie stellte fest, dass die durch die Kommission ausgeübte Kontrolle durch die Eigenheiten des politischen Systems der Niederlande geprägt ist und vorwiegend in einer politischen Kontrolle der betroffenen Ministerien bzw. Minister besteht. Das niederländische System kennt auch einen Nachrichtenkoordinator, der direkt dem Premierminister unterstellt ist und seinen Stab leitet, und ein supervisory committee mit weitgehenden Rechten. Letztere Kommission besteht vorwiegend aus ehemaligen Richtern und prüft die Rechtmässigkeit der nachrichtendienstlichen Tätigkeit. Sie erstattet direkt den zuständigen Ministern Bericht.

Die GPDel traf in Den Haag auch die Leiter der beiden grossen Nachrichtendienste der Niederlande. Der Defence Intelligence and Security Service (MIVD) ist der militärische Nachrichtendienst der Niederlande. Er hat vor allem die Aufgabe, das Potential anderer Armeen und die Situation bei internationalen Krisen, wo die niederländische Armee engagiert ist bzw. engagiert sein könnte, abzuklären. Von besonderem Interesse war für die GPDel, dass der MIVD im Inland wie im Ausland tätig ist und unabhängig vom Einsatzort gemäss niederländischem Recht die gleichen Rechte besitzt. Die Schwerpunkte der nachrichtendienstlichen Tätigkeit werden jährlich mit den Hauptkunden vereinbart, wobei der Verteidigungsminister das Jahresprogramm beschliesst.

Beim zweiten Nachrichtendienst handelt es sich um den zivilen Nachrichtendienst der Niederlande, der General Intelligence and Security Service (AIVD). Der AIVD ist Teil des Innenministeriums. Er ist vollständig von den Strafverfolgungsbehörden getrennt. Ihm obliegt vor allem der Staatsschutz. Operationen, die andere Länder betreffen, müssen vom Premierminister angeordnet werden. Sein Hauptauftraggeber ist der Innenminister. Beschwerden von Bürgern gegen die Nachrichtendienste gehen in den Niederlanden an einen nationalen Ombudsmann.

Der Besuch in Den Haag führte die GPDel zu folgenden Feststellungen: ­

Die niederländischen Dienste besitzen eine gemeinsame und ausführliche gesetzliche Grundlage.

­

Sie unterstehen direkt dem jeweiligen Minister und teilweise auch dem Premierminister.

­

Das Trennkriterium zwischen den beiden Diensten ist nicht «Inland-Ausland» sondern «zivil-militärisch».

­

Beide Nachrichtendienste veröffentlichen einen Jahresbericht, der Auskunft über ihre Aktivitäten erteilt.

­

Die Niederlande besitzt verschiedene Koordinationsinstrumente.

­

Die parlamentarische Oberaufsicht ist vor allem politischer Natur.

In Berlin traf die GPDel Vertreter des Zollfahndungsdienst-Gremiums (ZfDGGremium), des Parlamentarischen Kontrollgremiums, des Bundesnachrichtendiensts

4375

(BND) und des Bundesamts für Verfassungsschutz sowie den Nachrichtendienstkoordinator des Bundeskanzleramts.

Das ZfDG-Gremium überprüft die Rechtmässigkeit der Zollfahndungsmassnahmen im Zusammenhang mit der Exportkontrollgesetzgebung unter dem Aspekt des Grundrechtsschutzes. Das Gremium besitzt keine Kompetenz, Massnahmen zu stoppen. Es übt die Kontrolle über einen Bereich aus, der vorgängig schon einer gerichtlichen Kontrolle unterlag.

Das Parlamentarische Kontrollgremium seinerseits ist die Schwesterkommission der GPDel in Deutschland. Es kontrolliert die Bundesregierung hinsichtlich der Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz, des militärischen Abschirmdienstes und des Bundesnachrichtendienstes. In der Regel sind bei diesen Sitzungen das Bundeskanzleramt, ein Staatssekretär des Bundesinnenministeriums und des Verteidigungsministeriums sowie die Leiter der Nachrichtendienste vertreten. Das Gremium hat das Recht, jedes Thema aufzubringen, Akteneinsicht zu erhalten, Personen vorzuladen und auch Sachverständige beizuziehen. Das Parlamentarische Kontrollgremium kann die Öffentlichkeit nur informieren, falls eine 2/3-Mehrheit dies beschliesst. Dem Deutschen Bundestag wird in der Mitte und am Ende jeder Wahlperiode Bericht erstattet.

Der BND ist der einzige Auslandnachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland, wobei bei den Auslandeinsätzen der Bundeswehr der BND für die «extra muro»Aufklärung und der militärische Abwehrdienst für die «intra muro»-Aufklärung zuständig sind. Der BND untersteht direkt dem Bundeskanzleramt. Die Aussprache thematisierte insbesondere die Schnittstelle des BND zum Verfassungsschutz im Bereich der Terrorismusbekämpfung. Er ist am vom Bundesamt für Verfassungsschutz geleiteten gemeinsamen Terrorismusabwehr-Zentrum (GTAZ) beteiligt.

Hauptauftraggeber des BND sind das Bundeskanzleramt und das auswärtige Amt.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist der Inlandnachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland und beschäftigt 2500 Mitarbeitende, davon 300 in Berlin. Die Rechtsgrundlage seiner Tätigkeit findet sich im Verfassungsschutzgesetz, das insbesondere auch die Kooperation mit anderen Behörden und den Datenschutz regelt.

Die Hauptaufgabenfelder sind der Terrorismus, der Rechts- und Linksextremismus sowie die Spionageabwehr. Mit dem Länderverfassungsschutz
besteht eine Koordination, doch besitzt das Bundesamt keine Weisungsbefugnisse.

Der Koordinator der Nachrichtendienste unterstützt den Beauftragten für die Nachrichtendienste, der auch gleichzeitig Chef des Bundeskanzleramtes ist. Der BND ist dem Chef des Bundeskanzleramts unterstellt. Die Arbeit des Koordinators dient der Koordination und Intensivierung der Zusammenarbeit der bundesdeutschen Dienste.

Herausforderungen ergeben sich einerseits aus der Tatsache, dass der Bundesverfassungsschutz nicht die Oberbehörde der Länderverfassungsschutzbehörden ist. Das gleiche gilt für die Koordination der Tätigkeiten der Nachrichtendienste mit dem Bundeskriminalamt. Die Aufträge des BND werden durch das Bundeskanzleramt gesteuert. Dieses übt auch ein ständiges Controlling über den BND aus.

Die wichtigsten Feststellungen der GPDel aus diesem Besuch: ­

Die Koordination der Nachrichtendienste, auch mit dem Bundeskriminalamt weist eine grosse Bedeutung auf.

­

Die föderalistische Struktur im Bereich des Verfassungsschutzes birgt Herausforderungen.

4376

­

Im Bereich der Terrorismusbekämpfung ist Deutschland zur Überzeugung gelangt, dass die aktuellen Strukturen der Bedrohung nicht mehr gerecht werden und deshalb die Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste wesentlich verbessert werden muss (gemeinsames Zentrum für Terrorismusabwehr).

­

Die (Ober-) Aufsicht über die Nachrichtendienste ist auf verschiedene parlamentarische und ausserparlamentarische Gremien verteilt, wobei das Parlamentarische Kontrollgremium die umfassendste parlamentarische Kontrolle wahrnimmt.

3.6.5.16

Andere Themen aus dem Prüfbereich der GPDel

Neben den oben erwähnten Geschäften prüfte die GPDel im Berichtsjahr die folgenden Themen: ­

97 98

99

Stand der Arbeiten zu den beiden BWIS-Revisionen (1. Teil: Kampf gegen Rassismus, Hooliganismus und Gewaltpropaganda; 2. Teil: Massnahmen betreffend Terrorismus und Extremismus);

­

Beziehungen des DAP zu ausländischen Sicherheitsbehörden (Art. 6 VWIS);

­

Liste der Kontakte des SND mit ausländischen Nachrichtendiensten (Art. 7 VND);

­

Beurteilung der Operationen und Fahndungsprogramme im Staatsschutzbereich (Art. 14 Abs. 4 VWIS);

­

Überprüfung der Listen der Organisationen und Gruppierungen, deren Tätigkeiten Gegenstand von präventiven Massnahmen gemäss BWIS bilden (Beobachtungslisten, s. Art. 11 Abs. 2 Bst. b BWIS und Art. 17 VWIS);

­

Liste der Vorgänge, welche die Kantone und die Behörden dem Fedpol zu melden haben, die jedoch aus Geheimhaltungsgründen nicht veröffentlicht werden dürfen (Art. 11 Abs. 2 Bst. a BWIS und Art. 8 Abs. 2 Bst. d VWIS);

­

Umsetzung der Empfehlungen der GPDel über die Vernichtung von klassifizierten Daten, die auf die Beziehungen des DAP mit dem Ausland zurückgehen97;

­

Wirksamkeit der Verordnung betreffend die Ausdehnung der Auskunftspflichten und des Melderechts von Behörden, Amtsstellen und Organisationen zur Gewährleistung der inneren und äusseren Sicherheit98;

­

Umsetzung der Empfehlungen durch das VBS aus dem Bericht der GPDel über die Kontakte der Schweizer Nachrichtendienste mit Südafrika während der Apartheid99;

­

Strategie und Informationsbeschaffungstätigkeiten des SND und des DAP; S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1958 f.).

Verordnung vom 7.11.2001 betreffend die Ausdehnung der Auskunftspflichten und des Melderechts von Behörden, Amtsstellen und Organisationen zur Gewährleistung der inneren und äusseren Sicherheit (SR 120.1).

S. Bericht der GPDel der eidgenössischen Räte über die Untersuchung über die Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes, 18.8.2003 (BBl 2004 2267).

4377

­

Stand der Arbeiten bei der Umsetzung der bilateralen Abkommen über die Assoziierung an Schengen und an Dublin.

Die GPDel hat ausserdem die folgenden Berichte behandelt: ­

Inspektionsberichte und Jahresbericht 2004 des Inspektorats des Generalsekretariats EJPD;

­

Jahresbericht 2004 der Bundesanwaltschaft (BA) an das Bundesstrafgericht;

­

Jahresbericht 2004 des Fedpol über die innere Sicherheit der Schweiz;

­

Jahresbericht 2004 der Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (KOBIK);

­

Jahresbericht 2004 des VBS über die Legendierung der Bediensteten des SND;

­

Bericht über die Informatiksicherheit im VBS;

­

Bericht des BFM über Bestimmungen des Ausländerrechts, die Massnahmen gegen Ausländer erlauben, welche auf Grund ihrer Tätigkeit in der Schweiz die Sicherheit und die öffentliche Ordnung gefährden können;

­

Rechtsgutachten des Bundesamts für Justiz (BJ) über die Überprüfung der gesetzlichen Definition der organisierten Kriminalität;

­

Bericht des Bundesrats zu den privaten Sicherheits- und Militärfirmen100.

Die Liste umfasst zudem verschiedene Analyseberichte der Lenkungsgruppe Sicherheit und des DAP zu folgenden Themen: ­

Aktivitäten der Organisierten Kriminalität aus Staaten der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) in der Schweiz,

­

islamistische Gefahr in der Schweiz,

­

Erdölbedarf Chinas und Auswirkungen auf die Schweiz,

­

Stand der Demokratie in Serbien,

­

Länder mit Fabrikationskapazitäten des für eine atomare Bewaffnung notwendigen Kernmaterials («nukleare Schwellenländer»),

­

Kampf gegen die Terrorismusfinanzierung,

­

Phänomen der Kinderpornographie,

­

Aktivitäten der Schlepper von Migranten in Richtung Schweiz,

­

Kokainhandel durch Gruppen von dominikanischen Delinquenten in der Schweiz.

Während des Berichtsjahrs führte die GPDel mehrere Gespräche mit dem Vorsteher des VBS (im Übrigen gleichzeitig Vorsitzender des Sicherheitsausschusses), mit dem Präsidenten der Lenkungsgruppe Sicherheit und mit dem Nachrichtenkoordinator. An diesen Treffen wurden Themen wie das Arbeitsprogramm 2005 der Lenkungsgruppe Sicherheit, die Lage im Nahen und im Mittleren Osten, islamischer 100

Bericht des Bundesrats zu den privaten Sicherheits- und Militärfirmen (in Beantwortung des Postulats Stähelin 04.3267 vom 1. Juni 2004. Private Sicherheitsfirmen), vom 2.12.2005 (BBl 2006 623).

4378

Terrorismus und Risiken der Proliferation von Massenvernichtungswaffen erörtert.

Die GPDel unterhielt sich mit dem VBS-Vorsteher auch über die geopolitische Entwicklung Russlands und deren Folgen für die Schweiz, insbesondere für den Finanzplatz.

Daneben unterhielt sich die GPDel mit dem Vorsteher des EJPD mehrmals über verschiedene Themen aus dem Bereich der inneren Sicherheit, z.B. die Umtriebe islamistischer Gruppen in der Schweiz, Terrorismusfinanzierung, Wirtschaftsspionage, Links- und Rechtsextremismus, Aktivitäten bestimmter krimineller Gruppen in der Schweiz (kriminelle Gruppen aus Südosteuropa und aus der GUS, Mafiagruppen italienischer oder chinesischer Herkunft, westafrikanische Verbrechernetze). Die Verwicklung von Schweizer Bürgern in Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Transfer verbotener Technologien ­ besonders im Khan-Netz101 ­ kam ebenfalls mehrmals zur Sprache. Schliesslich informierte sich die GPDel über die Leitlinien des zweiten Teils der BWIS-Revision: Im Sommer 2005 war es in der Presse zu Indiskretionen über einen diesbezüglichen Vorentwurf gekommen.

Die GPDel suchte zwei Mal die BA auf, um sich über die laufenden Verfahren zu informieren. Beim zweiten Besuch unterbreiteten die BA und die BKP eine erste Bilanz zur Umsetzung des Bundesgesetzes über die verdeckte Ermittlung (BVE)102, das am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist. Das Gesetz ermöglicht es insbesondere, Polizeimitglieder mit einer Legende auszustatten. Diese Art der verdeckten Ermittlung ist nur für die Aufklärung besonders schwerwiegender Straftaten zulässig und unterliegt der Genehmigung des Präsidenten der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Die Umsetzung des BVE steckt erst in der Anfangsphase und wirft mehrere praktische Probleme auf, welche die BA und die BKP in Zusammenarbeit mit den Kantonen noch lösen müssen. Die GPDel konnte sich davon überzeugen, dass die BA gegenwärtig von der Möglichkeit, Legenden zu benutzen, sparsamen Gebrauch macht. Grund dafür ist, dass die Handhabung einer Legende äusserst kompliziert ist und erhebliche logistische und finanzielle Mittel erfordert.

Die Präsidentin und der Vizepräsident der GPDel empfingen im Berichtsjahr den Präsidenten des Nachrichtenausschusses der Parlamentarischen Versammlung von Bosnien-Herzegowina, Vojislav Limov, zu einem Besuch in Bern. Das
Treffen fand auf Initiative des Genfer Zentrums für die demokratische Kontrolle der Streitkräfte statt. Das Zentrum hat die Aufgabe, die Bemühungen der Staaten um die Festigung der demokratischen Kontrolle der Streitkräfte sowie der Sicherheits- und Nachrichtendienste zu fördern.

Neben dem unangemeldeten Besuch beim DAP im Rahmen der Affäre Achraf (s. Ziff. 3.6.5.14) und demjenigen beim SND (s. Ziff. 3.6.5.9) besuchte die GPDel im Jahr 2005 den wissenschaftlichen Forschungsdienst der Stadt Zürich. Dieser Dienst arbeitet im Auftrag des Fedpol und des SND vor allem im Bereich Entwicklung von Spezialgeräten, Erstellung von Sicherheitsdokumenten, Sprengstoffanalyse, Pyrotechnik und Unschädlichmachung von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen (USBV).

101 102

Abdul Qadeer Khan ist der «Vater» der pakistanischen Atombombe.

Bundesgesetz vom 20.6.2003 über die verdeckte Ermittlung (BVE; SR 312.8).

4379

Die Delegation besuchte ferner die mit Artikel 7 der DNA-Profil-Verordnung eingesetzte Koordinationsstelle103. Die dem Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich unterstellte Koordinationsstelle hat die Aufgabe, schweizweit die DNAProfil-Datenbank zu verwalten104. Ende September 2005 umfasste die Datenbank 65 252 Wangenschleimhautabstriche und 10 519 Spurenprofile.

3.7

Verkehr

3.7.1

Sicherheit in der Zivilluftfahrt

Bereits seit mehreren Jahren begleitet die GPK-S die Umsetzung der Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit in der Zivilluftfahrt105. Ziel der verschiedenen Massnahmen und Projekte ist der Aufbau eines umfassenden Sicherheitsmanagements sowie einer eigentlichen Sicherheitskultur.

Die begleitende Kontrolle der GPK-S wird u.a. auf der Grundlage von halbjährlichen Standberichten des UVEK ausgeübt. Im Berichtsjahr konnte die GPK-S den dritten und vierten Standbericht zur Umsetzung der Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheitsorganisation in der Zivilluftfahrt zur Kenntnis nehmen. Ausserdem hat die zuständige Subkommission am 21. März 2005 ein Gespräch mit dem Generalsekretär des UVEK sowie dem Luftfahrtsicherheitsbeauftragten im Generalsekretariat des UVEK geführt. Ebenfalls zum Thema führte die Subkommission am 20. Juni 2005 eine Aussprache mit dem Chef des Büros für Flugunfalluntersuchungen (BFU).

Die GPK-S konnte feststellen, dass alle beteiligten Körperschaften erhebliche Anstrengungen unternommen haben, um die Empfehlungen des niederländischen Luftund Raumfahrtinstituts NLR vom Juni 2003 umzusetzen und die Ziele des Projekts Safir (Safety first) zu erreichen. Wesentliche Entwicklungen sind: ­

103

104

105

106 107

Die Botschaft zur Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für das Nonpunitive reporting wurde vom Bundesrat am 18. Mai 2005 zu Handen der eidgenössischen Räte verabschiedet. Die Änderung von Artikel 20 des Luftfahrtgesetzes (LFG)106 erfolgte dabei im Rahmen der Vorlage betreffend den Beitritt der Schweiz zur Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA)107. Dieser Änderung hat nach einstimmigem Beschluss des Ständerats auch der Nationalrat in der Wintersession 2005 zugestimmt.

Verordnung vom 3.12.2004 über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder vermissten Personen (DNA-Verordnung; SR 363.1).

Das DNA-Profil ist die für ein Individuum spezifische Buchstaben-Zahlen-Kombination, die mit Hilfe molekularbiologischer Techniken aus den nicht-codierenden Abschnitten der Erbsubstanz DNA gewonnen wird (Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20.6.2003 über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder vermissten Personen [DNA-Profil-Gesetz; SR 363]).

Siehe Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 23.1.2004 (BBl 2004 1748) sowie Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1962 ff.).

Bundesgesetz vom 21.12.1948 über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz, LFG; SR 748.0).

Botschaft über die Teilnahme der Schweiz an der Europäischen Agentur für Flugsicherheit EASA (Änderung des Anhangs zum Luftverkehrsabkommen Schweiz-EG und des Luftfahrtgesetzes) vom 25.5.2005 (BBl 2005 3857).

4380

­

Das Reorganisationsprojekt im BAZL konnte Ende Juni 2005 abgeschlossen werden. Die Bereiche Sicherheit und Politik wurden getrennt und die punktuelle Aufsicht durch ein umfassendes Sicherheitsmanagement abgelöst. Der Stellenbestand des BAZL konnte wie geplant um 60 Stellen erhöht werden.

Es wird aber noch einige Zeit brauchen, bis die neue Sicherheitsphilosophie überall in Fleisch und Blut übergegangen ist.

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Die Aufarbeitung des Rückstands bezüglich der Umsetzung der Sicherheitsempfehlungen wird das BAZL über längere Zeit stark fordern.

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Die von der GPK-S geforderte departementale Aufsicht hat als drittes Sicherheitsnetz erste Wirkungen entfaltet. Die Umsetzung der Sicherheitsempfehlungen des BFU findet unter der Leitung des Luftfahrtsicherheitsbeauftragten im Generalsekretariat des UVEK statt.

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Mit der Abschaffung der Eidgenössischen Flugunfallkommission (EFUK) soll die Qualitätskontrolle künftig im BFU integriert werden. Dies bedingt eine Neuorganisation des BFU. Der Vorsteher des UVEK hat sich für ein Modell entschieden, bei welchem die Qualität und das Controlling im BFU von einer Art ,,Verwaltungsrat" sichergestellt werden. Zurzeit werden die organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Aspekte geklärt. Ziel ist, die nötigen Änderungen auf Gesetzesebene in die nächste, ohnehin nötig werdende LFG-Revision integrieren zu können.

Trotz diesen Fortschritten kann nach Ansicht der GPK-S das System der Luftverkehrssicherheit noch nicht als gefestigt betrachtet werden. Wichtige Zwischenetappen sind zwar erreicht, diese schlagen indessen noch nicht voll auf die Luftverkehrssicherheit durch. Neben dem bereits belastenden Tagesgeschäft stellen die verschiedenen laufenden Projekte eine sehr grosse Herausforderung und auch eine sehr grosse Belastung dar. Es müssen immer wieder grundsätzliche strukturelle Schwächen des Flugsicherheitssystems aufgearbeitet werden. Aufgrund dieser Mehrfachbelastungen sind die operativ tätigen Stellen stark gefordert. Die GPK-S ist sich bewusst, dass auf dem Marathon zur Verbesserung der Luftverkehrssicherheit weiterhin ein sehr grosser Einsatz aller Beteiligten gefordert ist. Sie hofft, dass alle Akteure diesen Marathon durchstehen.

Eine weitere Herausforderung wird darin bestehen, die Massnahmen zur Verbesserung der Luftverkehrssicherheit gegenüber der unter zunehmenden Konkurrenz- und Kostendruck stehenden Luftfahrtbranche auch langfristig durchzusetzen. Sicherheit kostet und die Kritik nach Übertreibungen und zu teueren Auflagen steht im Raum.

Die GPK-S unterstützt die Akteure in ihrer Überzeugung, dass der eingeschlagene Weg zur Verbesserung der Sicherheit konsequent weitergegangen wird. Es dürfen hier keine Kompromisse eingegangen werden. Ziel ist, innert möglichst kurzer Frist einen im europäischen Vergleich hoch stehenden Sicherheitsstandard zu erreichen.

Mit grossem Interesse erwartet die GPK-S die Resultate eines externen Nachaudits für die Umsetzungskontrolle der NLR-Empfehlungen, welches im Auftrag des UVEK in der ersten Jahreshälfte 2006 durchgeführt wird.

4381

3.7.2

Die Rolle des damaligen Vorstehers des EFD bei der Gründung der nationalen Fluggesellschaft Swiss

Alt Bundesrat Kaspar Villiger ist mit Schreiben vom 21. Februar 2005 an die GPK-S gelangt, um die von einem Nationalrat geäusserten Unterstellungen bezüglich seiner Rolle bei der Beschaffung von öffentlichen Finanzen für die Swissair/Swiss überprüfen zu lassen.

Die GPK-S hat sich bereits in den Jahren 2001 und 2002 im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Swissair-Krise mit der Rolle von Bundesrat und Bundesverwaltung befasst. In einem Bericht vom 19. September 2002 hat die Kommission die Ergebnisse ihrer Untersuchung publiziert108. Auch die Rolle des damaligen Bundespräsidenten und Vorstehers des EFD, Bundesrat Kaspar Villiger, hat die GPK-S untersucht109. Sie hatte zu diesem Zweck alle wesentlichen Unterlagen herausverlangt und sich durch zahlreiche Befragungen ein klares Bild über die Aktivitäten des damaligen Bundesrats gemacht.

Die Abklärungen der GPK-S aus den Jahren 2001/2002 haben ergeben, dass das Engagement des damaligen Bundesratskollegiums und des Vorstehers des EFD im Einklang mit dem öffentlichen Interesse, aber auch unter dem Eindruck der enormen Erwartungen von weiten Kreisen der Bevölkerung stand. Aus volkswirtschaftlichen und verkehrspolitischen Gründen haben sich Bundesrat und Parlament für eine redimensionierte nationale Fluggesellschaft engagiert. Die GPK-S war sich bereits damals im Klaren, dass dieses Engagement je nach der künftigen Entwicklung der nationalen Airline positiv oder negativ beurteilt werden wird110.

Die GPK-S hat bei ihrer Untersuchung im Weiteren festgestellt, dass der Bundesrat die Entwicklung der damaligen Swissair-Krise zu spät erkannt hat und so zu einer Intervention gedrängt wurde. Die GPK-S hielt allerdings fest, dass der dramatische Ausgang der Swissair-Krise auch für den Bundesrat kaum vorhersehbar war. Diese mangelnde Früherkennung erklärt auch den Meinungsumschwung des Bundesrats betreffend den Einsatz von öffentlichen Mitteln. Gemäss einer Medienmitteilung des EFD vom 1. Oktober 2001 hat sich die tatsächliche Tragweite des wirtschaftlichen Debakels der Swissair-Gruppe erst am Wochenende vor dem Grounding offenbart.

Der Einsatz von öffentlichen Finanzen wurde lange Zeit auch deshalb ausgeschlossen, weil die Swissair-Gruppe selbst keine Liquiditätsprobleme signalisierte und der Bundesrat nicht ahnen konnte, wie sich die verschiedenen Akteure,
insbesondere die Banken, verhalten würden. Diese Umstände erklären den von einem Mitglied des Nationalrats in Frage gestellten Meinungsumschwung des Bundesrats hinsichtlich des Einsatzes öffentlicher Gelder.

Nach Ansicht der GPK-S dürfen solche Umstände und die damaligen Realitäten nicht ausgeblendet werden, wenn das Engagement des Bundesrats für die Fluggesellschaft Swiss aus heutiger Sicht beurteilt wird.

Vor diesem Hintergrund sah die GPK-S keine Notwendigkeit, eine zusätzliche Untersuchung zur Rolle des damaligen Vorstehers des EFD zu eröffnen. Die damaligen Abklärungen haben klar ergeben, dass Bundesrat Kaspar Villiger mit seinem grossen Einsatz bei der Gründung der Swiss im Einklang mit den Entscheiden von 108

S. Bericht der GPK-S zur Rolle von Bundesrat und Bundesverwaltung im Zusammenhang mit der Swissair-Krise vom 19.9.2002 (BBl 2003 5403 ff.).

109 Ebd. BBl 2003 5454 ff.

110 Ebd. BBl 2003 5462 f.

4382

Bundesrat und Parlament und im öffentlichen Interesse gehandelt hat. Die von einem Nationalrat geäusserten Unterstellungen zur Rolle des damaligen Vorstehers des EFD lieferten keinerlei Anhaltspunkte, welche ergänzende Abklärungen der GPK-S notwendig gemacht hätten.

3.8

Ausländer- und Asylpolitik

3.8.1

Anwendung und Wirkung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht

Im Hinblick auf die Revision des Ausländerrechts und des Asylgesetzes hat die GPK-N beschlossen, eine vertiefte Untersuchung der Wirksamkeit der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht durchzuführen, und beauftragte die PVK, eine Evaluation dieses rechtlich und politisch kontrovers diskutierten Bereichs des Ausländerrechts vorzunehmen.111 Der Schlussbericht der PVK vom 15. März 2005 wurde von der GPK-N am 7. April 2005 zur Veröffentlichung und zu Handen der Revision des Asylgesetzes112 frei gegeben (s. Bericht im Anhang 1, Ziff. 2.1.3).

Aufgrund des Schlussberichts der PVK führte die GPK-N weitere Anhörungen durch und fasste ihre Schlussfolgerungen und Empfehlungen in einem Bericht zusammen, der von der GPK-N am 24. August 2005 verabschiedet und zur Veröffentlichung frei gegeben wurde.113 In ihrem Bericht stellte die GPK-N fest, dass die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht in den Kantonen mit grossen Unterschieden angewendet werden. Die Ausschaffungshaft als bedeutendste Zwangsmassnahme kommt beispielsweise im Kanton Genf sehr selten zur Anwendung. Genf setzt primär auf Rückkehrberatung und arbeitet auf freiwillige Ausreise hin. Dagegen wird die Ausschaffungshaft etwa im Kanton Zürich gezielt und konsequent eingesetzt. Die föderalistische Vollzugspolitik der Kantone führt zudem zu Koordinationsproblemen bei der Ausreiseorganisation und zu einem Kontrollverlust. Nach Meinung der GPK-N sollte im Bereich der Zwangsmassnahmen nach einer zehnjährigen Experimentierphase nun eine Harmonisierungsphase eintreten. Die GPK-N forderte deshalb den Bundesrat auf, zusammen mit den Kantonen die Institutionalisierung einer regelmässigen Koordination und Kooperation zwischen Bund und Kantonen bei der Rückführung von abgewiesenen Asylsuchenden und illegal anwesenden Ausländerinnen und Ausländern zu suchen (z.B. im Rahmen einer regelmässigen Asyl- und Migrationskonferenz). Um qualitative Schlüsse bezüglich der Wirksamkeit der angewandten Vollzugsinstrumente ziehen zu können, sind Behörden und Politiker auf umfassendes und vergleichbares Datenmaterial aus den Kantonen angewiesen, das bis heute fehlt. Die GPK-N forderte deshalb den Bundesrat auf, darauf hin zu wirken, dass die Kantone einheitliche und vergleichbare Daten erheben.

Bezüglich der Wirkung der Zwangsmassnahmen zeigte die Untersuchung der PVK auf, dass die
Rückführungsquote von abgewiesenen Asylsuchenden und illegal anwesenden Ausländerinnen und Ausländern nach Ausschaffungshaft (Hafterfolg) in den fünf untersuchten Kantonen insgesamt 84 Prozent betrug, wobei die Quote im 111 112 113

S. Jahresbericht 2005 der PVK, Ziff. 2.1.3, im Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

Asylgesetz vom 26.6.1998 (AsylG ; SR 142.31).

Bericht der GPK-N zur Anwendung und Wirkung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht vom 24.8.2005(BBl 2006 2579).

4383

ANAG-Bereich deutlich höher lag als im Asyl-Bereich. Der Vergleich zwischen den fünf Kantonen mit unterschiedlicher Ausschaffungspraxis hat weiter gezeigt, dass auch mit Rückkehrberatung und polizeilicher Begleitung zum Flughafen am Ausreisetag Wirkungen erzielt werden können. Aufgrund der unterschiedlichen Untersuchungsdaten kam die GPK-N zum Schluss, dass im Wegweisungsvollzug äusserst komplexe Wirkungszusammenhänge bestehen, die weiterer Abklärungen bedürfen, um die bestehenden Vollzugsinstrumente möglichst bedarfsgerecht einzusetzen. Die Zwangsmassnahmen sind dabei nur ein Element im Wegweisungsvollzug, das sich, gezielt eingesetzt, als wirksam erwiesen hat.

Die höchsten Rückführungsraten nach Ausschaffungshaft wurden bei den relativ kurzen Haftfällen erreicht. Mit zunehmender Haftdauer sanken die Quoten deutlich.

Die Untersuchung zeigte, dass sich in den meisten Fällen in den ersten drei Monaten entscheidet, ob ein Inhaftierter sich zur Mithilfe bei der Identitätsfindung, der Papierbeschaffung und zur Ausreise entschliesst. Einzelne Kantone verlangen für jene Weggewiesenen, die sich hartnäckig einer Ausschaffung widersetzen, eine Verlängerung der Ausschaffungshaft von heute maximal neun Monaten. Sie versprechen sich von einer Verlängerung einen psychologischen Abschreckungseffekt und eine erhöhte Kooperationsbereitschaft von Beginn der Ausschaffungshaft weg.

Die Frage, ob eine Verlängerung der Ausschaffungshaft eine grössere Bereitschaft zur Rückkehr bewirkt, konnte die GPK-N aufgrund der vorliegenden Untersuchung der PVK nicht schlüssig beantworten. Insbesondere hat die Studie nicht überprüft, welche Wirkungen die konkreten Haftumstände wie die Dauer der angedrohten Haft auf die Motivation der Betroffenen zur Kooperation und Ausreise haben. Die Frage müsse nach Meinung der GPK-N letztlich vom Gesetzgeber im Rahmen der laufenden Asylgesetzrevision politisch entschieden werden. Die GPK-N wies jedoch aufgrund ihrer Anhörungen und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die vorberatenden Kommissionen darauf hin, dass die Frage geklärt werden müsste, ob eine verlängerte Ausschaffungshaft nicht eher den Charakter einer Beugehaft hat, was nicht dem Zweck dieser Bestimmung entspricht.

Die GPK-N kam im Weiteren zum Schluss, dass die zum Teil hohe Anzahl von Vollzugspendenzen in einzelnen Kantonen
ein Problem darstellt und zusammen mit den Kantonen angegangen werden sollte. Sie empfahl dem Bundesrat, dem Problem der Vollzugspendenzen und deren Ursachen nachzugehen und geeignete Massnahmen zu prüfen. Im Weiteren verlangte die GPK-N vom Bundesrat, seine Bemühungen zu verstärken, weitere Rückübernahmeabkommen zu schliessen bzw.

bestehende Abkommen durchzusetzen, und adäquate Anreize zur Rückkehr von abgewiesenen Asylsuchenden und illegal Anwesenden zu prüfen.

Die im Auftrag der PVK durchgeführte Studie zur Delinquenz hat gezeigt, dass rund ein Drittel der Asylsuchenden in den Kantonen Zürich und Genf im Untersuchungszeitraum zwischen 2001 und 2002 in den Polizeiregistern verzeichnet waren; ca.

12 % wurden wegen Drogendelikten (v.a. Drogenhandel) erfasst. Gleichzeitig hat die Studie gezeigt, dass die Zwangsmassnahmen generell und insbesondere die Einund Ausgrenzungen eine günstige Wirkung auf die Delinquenz von Asylsuchenden haben. Die im Vergleich zur Wohnbevölkerung hohe Delinquenz unter Asylsuchenden, insbesondere in den ersten zwölf Monaten ihres Aufenthalts in der Schweiz, lässt vermuten, dass es eine beträchtliche Anzahl mobiler Delinquierender gibt, die den Asylbewerberstatus dazu benutzen, während der Dauer des Asylverfahrens eine Aufenthaltsmöglichkeit zu erhalten, um delinquenten Tätigkeiten nachzugehen.

Nach Meinung der GPK-N sollte nach Wegen gesucht werden, den Asylbewerber4384

status für mobile Delinquente weniger attraktiv zu machen, ohne dass motivierte und schutzsuchende Asylsuchende benachteiligt werden. Die GPK-N schlug deshalb den zuständigen vorberatenden Kommissionen vor, im Rahmen der laufenden Revision der Ausländer- und Asylgesetzgebung die Einführung von beschränkten Ein- bzw.

Ausgrenzungen für Asylsuchende während der ersten drei bis sechs Monate des Asylverfahrens zu prüfen.

Die GPK-N bat den Bundesrat, zu ihren im Bericht vorgelegten Feststellungen und Empfehlungen bis Ende Februar 2006 Stellung zu nehmen und über getroffene Massnahmen Bericht zu erstatten.

3.9

Kultur und Forschung

3.9.1

Expo.01

Die GPK-S hatte nach intensiven Untersuchungen der Vorkommnisse im Rahmen der Expo.01 ihre Feststellungen in Form eines umfassenden Berichts Ende März 2001 veröffentlicht114. In diesem Zusammenhang richtete sie drei Empfehlungen an den Bundesrat und reichte ein Postulat ein.

Gemäss ihrer Praxis bat die GPK-S den Bundesrat im Jahr 2003, sie über den aktuellen Umsetzungsstand der Empfehlungen wie auch des Postulats zu orientieren. Für die in der Empfehlung 1 geforderte Aufarbeitung der Erfahrungen betreffend die Vorbereitung und Organisation der Expo.01 und Expo.02 musste zuerst der Abschluss aller Arbeiten zur Expo.02 abgewartet werden. Im Sommer 2003 erteilte der Bundesrat der EFK den Auftrag, unter Mitarbeit des Bundesarchivs die Aufarbeitung der Erfahrungen an die Hand zu nehmen und die daraus resultierenden Erkenntnisse festzuhalten. Die EFK konnte im Mai 2005 ihren Schlussbericht fertig stellen115.

Die GPK-S hat den Bericht der EFK im Herbst 2005 behandelt. Der Bericht nimmt eine umfassende und praxisnahe Aufarbeitung der Probleme bei der Expo.01/02 vor.

Die Haupterkenntnisse münden in 20 Lehren, welche bei zukünftigen Grossprojekten zu beachten sind. Am 22. Juni 2005 sprach sich der Bundesrat dafür aus, dass diese Lehren bei zukünftigen Landesausstellungen oder vergleichbaren Grossveranstaltungen zu berücksichtigen seien. Die GPK-S schätzt den Bericht der EFK als sehr wertvoll ein und sieht ihreerste Empfehlung als vollumfänglich erfüllt an.

Das Postulat der GPK-S, das den Bundesrat aufforderte, die Schaffung eines Rahmengesetzes für die Unterstützung von Grossanlässen durch den Bund zu prüfen, wurde in Form von Weisungen des EFD umgesetzt116. Diese Weisungen traten am 1. April 2003 in Kraft. Auf Anregung der GPK-S wurden sie öffentlich zugänglich

114

Bericht der GPK-S zu den Problemen bei der Vorbereitung und Organisation der Landesausstellung 2001 (Expo.01). Eine Aufarbeitung im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht, vom 27.3.2001 (BBl 2001 2542).

115 Eidgenössische Finanzkontrolle, Expo.01/02: Auftrag mit unbeschränkter Haftung, Sonderuntersuchung zur Landesausstellung im Drei-Seen-Land, Mai 2005 (www.efk.admin.ch).

116 Weisungen des EFD vom 1.4.2003 für die Durchführung von Grossanlässen Dritter mit Bundesunterstützung sowie von besonderen Anlässen (www.efv.admin.ch/d/recht/ haushalt/pdf/01_04_03_d.pdf).

4385

gemacht. Dies war der Kommission wichtig, da sich die darin enthaltenen Regeln nicht nur an die Bundesverwaltung richten.

Mit der Empfehlung 2 und 3 der GPK-S wurde der Bundesrat aufgefordert, einerseits für die Schaffung professioneller Rahmenbedingungen für die Vorbereitung und Organisation von Grossprojekten wie auch für deren politische Begleitung und Kontrolle zu sorgen. Der Bundesrat teilte die Feststellungen der GPK-S, welche zu diesen Empfehlungen führten. Er zog verschiedene Lehren daraus, welche dann auch schon bei der Expo.02 einflossen. Die Aufarbeitung der EFK bestätigte die Sicht der Kommission. Nachdem der Bundesrat die Lehren aus dem Bericht der EFK in Zukunft berücksichtigen will, können auch die zweite und dritte Empfehlung als erfüllt abgeschrieben werden.

Die GPK-S hat damit die Nachkontrolle zu ihrer Inspektion Expo.01 abgeschlossen.

3.9.2

Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Rau

In den letzten Jahren haben sich die GPKs mehrmals mit der eidgenössischen Stiftungsaufsicht befasst; ihre Arbeiten hängen eng mit der Untersuchung der Rolle des Bundes im Zusammenhang mit der Kunstsammlung von Dr. Gustav Rau zusammen.

Im Mai 2003 hatte die GPK-S den Chef der Dienststelle Stiftungsaufsicht und dessen Stellvertreter angehört117.

In einem Schreiben vom 3. September 2004 übermittelte der Vorsteher des EDI der GPK-S ein Rechtsgutachten, das ein ehemaliger Bundesrichter im Auftrag des EDI ausgearbeitet hatte. Die Kommission nahm dieses im November 2004 zur Kenntnis und beschloss, es mit dem Vorsteher und mit dem Generalsekretär des EDI zu besprechen. Die Kommission erkundigte sich namentlich nach den Voraussetzungen für die Auftragserteilung und nach den Schlussfolgerungen, welche der Vorsteher des EDI gezogen hatte. Die GPK-S wollte sich vergewissern, dass der Departementschef über die Tragweite der Thematik informiert war und dass er die politische Verantwortung dafür übernahm.

Später erfuhr die GPK-S, dass der Vorsteher des EJPD das BJ beauftragt hatte, das Vorgehen des Bundes im Zusammenhang mit der Kunstsammlung von Dr. Rau zu untersuchen. Die Kommission ersuchte den Vorsteher des EJPD, sie über die Ergebnisse dieser Untersuchung zu informieren. Nachdem die Kommission die Schlussfolgerungen des BJ sowie verschiedene weitere Dokumente zur Kenntnis genommen hatte, bat sie den Vorsteher des EDI im Juli 2005 um ergänzende Informationen; dieser reagierte mit einem Schreiben vom 2. September 2005.

Die Kommission gelangte zur Auffassung, dass sie auf dieser Basis im Herbst 2005 nicht über alle notwendigen Elemente verfügte, um endgültige Schlussfolgerungen zu ziehen, und beschloss, erneut eine Reihe von Anhörungen durchzuführen. Am 8. November 2005 unterhielt sich die GPK-S mit dem Direktor des BJ, mit Vertretern der Bezirksräte von Bülach und Zürich sowie mit dem vom EDI beauftragten Autor des Rechtsgutachtens.

117

S. Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 23.1.2004 (BBl 2004 1717).

4386

Die GPK-S wird dem Bundesrat ihre Würdigung im Laufe des Jahres 2006 bekannt geben.

3.9.3

Ressortforschung des Bundes

Die Grundidee der Ressortforschung ist der Erwerb und Ausbau von Kenntnissen, die für das Funktionieren des Staats wesentlich sind. Es werden im Einzelnen sehr ehrgeizige Ziele verfolgt. So soll die Ressortforschung die Führungsorgane des Bundes mit Entscheidgrundlagen beliefern, der Früherkennung von politisch relevanten Problemen dienen oder auch helfen, die Konzeption politischer Strategien mit wissenschaftlich erhärteten Fakten zu untermauern. In den Jahren 2004­2007 investiert die Eidgenossenschaft rund 615 Millionen Franken in die Ressortforschung.

Wenn auch die Grundidee der Ressortforschung einleuchtet, üben dennoch verschiedene Kreise aus Politik und Wirtschaft Kritik an der konkreten Umsetzung der Ressortforschung. Bemängelt wird etwa, die Finanzierung der Ressortforschung sei nicht transparent, die Kriterien der Themenauswahl seien nicht immer nachvollziehbar und es mangele an einer Koordination mit anderen Bereichen der bundesfinanzierten Forschung (z.B. jener des Nationalfonds). Teilweise werden die Qualität, die Relevanz und der Nutzen von Ressortforschungsprojekten für konkrete Entscheidungsprozesse angezweifelt. Weiter wird kritisiert, es mangele im Bereich der Ressortforschung an einer übergeordneten strategischen Führung und an wirksamen Aufsichtsorganen. Aufgrund solcher Kritik sind verschiedene Massnahmen in Bereich der Ressortforschung eingeleitet worden, welche in den Botschaften Bildung, Forschung und Technologie (BFT) 2000­2003 sowie 2004­2007 beschrieben sind.

Vor diesem Hintergrund beauftragte die GPK-N die PVK mit der Durchführung einer Evaluation zur Ressortforschung des Bundes.118 Die Untersuchung ist auf die Forschungskonzepte fokussiert und wird Fragen zum Mitteleinsatz, den Entscheidungsverfahren, der Führung und Koordination der Ressortforschung sowie der Zweckmässigkeit und konkreten Umsetzung der Forschungskonzepte nachgehen.

Die Untersuchungsergebnisse sollen der GPK-N ermöglichen, fundierte und empirisch abgestützte Empfehlungen im Hinblick auf die BFT-Botschaft 2008­2011 und die Konzeption der Forschungskonzepte dieser Periode zu formulieren. Der Schlussbericht soll von der GPK-N gegen Mitte 2006 verabschiedet werden.

3.10

Umweltpolitik

3.10.1

Ressourcen und Umweltmanagement in der Bundesverwaltung

Die GPK-S gab im Jahr 2004 eine externe Evaluation des Konzepts und der Umsetzung von RUMBA (Ressourcen- und Umweltmanagement in der Bundesverwaltung) in Auftrag. Aufgrund der Evaluationsresultate, die im Juni 2005 vorlagen119, 118 119

S. Jahresbericht 2005 der PVK, Ziff. 2.2.1, im Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

S. Jahresbericht 2005 der PVK, Ziff. 2.1.4, im Anhang 1 des vorliegenden Berichts.

4387

stellte sie mit Zufriedenheit fest, dass sowohl die Konzeption wie auch die Umsetzung von RUMBA grundsätzlich positiv zu bewerten sind und die Umweltbelastung der an RUMBA teilnehmenden Dienststellen im betrieblichen Bereich in allen untersuchten Ressourcenkategorien verringert werden konnte. Die Einführung von RUMBA bei den Dienststellen des ersten und zweiten Kreises der Bundesverwaltung schreitet voran, so dass die Vorgabe des Bundesrats aus dem Jahr 1999, RUMBA bei der zentralen Bundesverwaltung bis Ende 2005 eingeführt zu haben, erfüllt werden sollte. Allerdings befinden sich ein wesentlicher Teil dieser Dienststellen noch in der Einführungsphase120. Dementsprechend ist aus Sicht der GPK-S der konsequenten Umsetzung von RUMBA weiterhin grosse Bedeutung beizumessen.

Die Evaluation relativiert das gemischte Bild der Umweltberichte 2001 und 2003.

Einerseits standen für diese Evaluation zusätzlich die Zahlen des Jahres 2003 zur Verfügung. Andererseits erwirkte die Koordinationsgruppe RUMBA in der Zwischenzeit eine bessere Datenqualität, so dass die Evaluation bezüglich der Daten von RUMBA qualitativ eine andere Basis aufweist. Das Resultat der Evaluation und somit des Erfolgs von RUMBA wird durch den Umweltbericht 2005 bestätigt.

Die in Auftrag gegebene Evaluation und die durch die GPK-S vorgenommene Bewertung, die am 8. November 2005 veröffentlicht wurden121, stellen jedoch nur eine Zwischenbilanz dar. Die Anstrengungen der Verwaltungseinheiten zugunsten eines sparsamen Umgangs mit Ressourcen müssen weitergeführt werden. Basierend auf der Evaluation hat die GPK-S verschiedene Optimierungsspielräume dem Bundesrat dargelegt. Insbesondere die interdepartementale und departementale Steuerung müssen noch verbessert werden. Auch sollte der Bundesrat auf der Stufe des Gesamtprogramms wie der Departemente vermehrt quantitative RUMBA-Ziele setzen. Entscheide, die der Stossrichtung des Programms zuwiderlaufen, sind aus Sicht der GPK-S zu begründen, um so den Einbezug von RUMBA in die Entscheidungsprozesse zu gewährleisten und auch die für die Umsetzung von RUMBA wichtige Motivation der Mitarbeitenden aufrecht zu erhalten. Solche Entscheide können aufgrund der Aufgaben der jeweiligen Dienststelle notwendig sein, denn die Ziele stehen manchmal in Konkurrenz zu den Aufgaben der Dienststellen. Die
Geschäftsleitungen aller Dienststellen müssen konsequent in den jeweiligen Umwelt-Teams vertreten sein.

Die GPK-S stellte fest, dass durch RUMBA auch Kosten eingespart werden. Sie erhofft sich deshalb vom neuen Rechnungsmodell des Bundes, das die betrieblichen Kosten den einzelnen Dienststellen zuweisen wird, eine zusätzliche Dynamisierung der Umsetzung von RUMBA. Bei allen Kostenbetrachtungen darf jedoch nicht vergessen werden, dass Kosteneinsparungen nicht das Hauptziel von RUMBA sind und in gewissen Bereichen, wie z.B. Gebäudesanierungen, RUMBA tendenziell eher zu Mehrkosten führt, die allenfalls langfristig wieder durch resultierende Einsparungen aus einem geringeren Ressourcenverbrauch wettgemacht werden können. Im infrastrukturellen Bereich hat RUMBA aus Sicht der GPK-S eine wichtige Rolle zu spielen.

120

S. Koordinationsgruppe RUMBA, Umweltbericht 2005 der Bundesverwaltung, S. 13 (www.rumba.admin.ch).

121 Bericht der GPK-S zur Konzeption und Umsetzung von RUMBA ­ eine Zwischenbilanz, vom 8.11.2005 (www.parlament.ch ).

4388

Weitere Optimierungsmöglichkeiten werden sich im Verlauf der weiteren Umsetzung von RUMBA sowie aufgrund der zusätzlichen Daten der kommenden Jahre ergeben. Nachdem alle Verwaltungseinheiten des ersten und zweiten Kreises RUMBA eingeführt und einige Jahre Erfahrung mit dem Programm gesammelt haben, dürfte eine erneute Evaluation durch den Bundesrat sinnvoll sein.

Die GPK-S empfahl dementsprechend dem Bundesrat, RUMBA weiter zu führen und die Nachhaltigkeit des Programms zu gewährleisten. Sie erwartet die Stellungnahme des Bundesrats zu ihren Feststellungen und Empfehlungen für Ende Mai 2006.

4

Geschäftsberichte 2004 und weitere Berichte

4.1

Geschäftsbericht 2004 des Bundesrats

4.1.1

Überblick

Die GPKs haben den Geschäftsbericht des Bundesrats 2004 einer gründlichen und detaillierten Prüfung unterzogen. Im Mai 2005 fanden die jährlichen Aussprachen mit den Mitgliedern des Bundesrats und der Bundeskanzlerin statt, in deren Rahmen die verschiedensten Themen angesprochen wurden. Die folgende Übersicht über die Gespräche beschränkt sich auf eine Auswahl wichtiger Diskussionspunkte.

Der Vorsteher des EVD wurde zum Massnahmenpaket des Bundesrats zur Förderung des Wachstums befragt und musste ausführlich zur Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes Stellung nehmen. Die GPKs interessierten sich für den gegenwärtigen Stand der Verhandlungen im Rahmen der Doha-Runde der World Trade Organization (WTO) und stellten kritische Fragen zur Informationspolitik des Bundesrats bezüglich dieses Dossiers. Weitere Themen, die diskutiert wurden, waren die Zukunft der staatlichen Wohnbauförderung, das weitere Vorgehen des Bundesrats in der Regionalpolitik und die Ausarbeitung von Informationsinstrumenten für die Konsumenten. Der Vorsteher des EJPD äusserte sich zur aktuellen Lage in der Asylpolitik und zu Problemen im Zusammenhang mit biometrischen Daten im schweizerischen Reisepass. Die Effizienzvorlage und die Reorganisation des EJPD (insbesondere die Auswirkungen des Stellenabbaus) wurden ebenfalls thematisiert.

Der Vorsteher des EFD erklärte, warum das Bundesgesetz über nachrichtenlose Vermögenswerte noch nicht verabschiedet werden konnte, und beantwortete Fragen zur integrierten Finanzmarktaufsicht. Besonders viel Aufmerksamkeit wurde den Ausführungen des Departementsvorstehers zum Verkauf der Swiss an die Lufthansa geschenkt. Die GPKs wurden über Verzögerungen bei der Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems und über eine geplante Verstärkung der Kontrolltätigkeit bei der Mehrwertsteuer orientiert. Ausserdem gaben die Probleme der Pensionskassen von Bund und bundesnahen Betrieben Anlass zu kritischen Fragen. Im Zuständigkeitsbereich des EDA wurden u.a. die schweizerische Aussenpolitik im Nahen Osten und im Irak sowie die Entwicklungszusammenarbeit besprochen. Weitere Schwerpunktthemen der Aussprache waren die Unterstützungsleistungen schweizerischer Auslandvertretungen gegenüber Schweizerinnen und Schweizern in Notlagen sowie die Präventionsmassnahmen gegen Korruption im Aussendienst des EDA. Der Bundespräsident
und Vorsteher des VBS beantwortete Fragen zur militärischen Zusammenarbeit mit ausländischen Streitkräften, zur zukünftigen Planung der Armee und zum Schutz von Schweizer Botschaften im Ausland. Der Vorsteher des 4389

UVEK gab Rechenschaft über den Verkauf der Swiss, deren Integration in die Lufthansa und die Auswirkungen für die schweizerische Luftfahrtpolitik. Die GPKs verlangten ausserdem Informationen zur Gesamtüberprüfung aller Eisenbahngrossprojekte, zu den Auswirkungen des Sturms «Lothar» auf den Wald, zur Erarbeitung des Waldgesetzes und zur Gesamtübersicht im öffentlichen Verkehr. In der Aussprache mit dem EDI wollten die GPKs vor allem Fragen zur Pandemie-Vorsorge (im Zusammenhang mit dem Vogelgrippe-Virus, s. Ziff. 4.1.2), zur Kostenentwicklung im Gesundheitssektor, zur Reorganisation des Bundesamts für Gesundheit und zu den Kosten des schweizerischen Bildungssystems geklärt haben. Die Bundeskanzlerin wurde wie schon in der letztjährigen Aussprache zum Stand der Dinge in der Neuregelung der Information und Kommunikation in ausserordentlichen Lagen sowie zu Problemen im Zusammenhang mit dem Projekt E-Government befragt.

Verzögerungen bei der Umsetzung der Volksrechtsreform, die interdepartementalen Arbeitsgruppen, Erfahrungen mit Indikatoren als Führungsinstrument und die Nachfolgeregelung des Bundesratssprechers waren weitere Themengebiete, die während der Aussprache mit der Bundeskanzlerin zu reden gaben.

Neben den spezifischen Themenbereichen wurden die Mitglieder des Bundesrats und die Bundeskanzlerin auch mit departementsübergreifenden Fragen konfrontiert.

Die GPKs liessen sich ausführlich über die Art und Weise informieren, wie und mit welchen Mitteln die einzelnen Departementsvorsteher und die Bundeskanzlerin die Aufsicht über die in ihrer Kompetenz liegenden Dienststellen sicherstellen. Die Gespräche zeigten, dass die Verwaltungsaufsicht von den Bundesratsmitgliedern und von der Bundeskanzlerin sehr ernst genommen wird. Gleichzeitig wurde aber auch offensichtlich, dass in der Wahrnehmung der Aufsichtspflicht grosse Unterschiede bestehen. Die Departementsvorsteher pflegen sehr unterschiedliche Führungsstile: direkte Führung und Aufsicht in der Linie, mittels des Stabs, durch das Generalsekretariat oder durch ein spezielles Organ im Generalsekretariat.

Die GPKs haben sich zudem mit der Gleichstellung von Frau und Mann in der Bundesverwaltung befasst, insbesondere im Bereich der Frauenförderung in Kaderstellen. In diesem Zusammenhang haben die GPKs den Departementsvorstehern eine Reihe Fragen
gestellt. Die Antworten fielen unterschiedlich aus, jedoch mässig zufrieden stellend. Die GPKs werden somit dieses Geschäft im nächsten Jahr weiterverfolgen.

Ein weiteres Querschnittsthema, mit dem sich die GPKs seit langer Zeit intensiv auseinander gesetzt hatten, betraf die Verwaltungsreform. Die Bundesratsmitglieder und die Bundeskanzlerin gaben Auskunft über ihre Erwartungen und Ziele bezüglich dieses Geschäfts. Die GPKs stellten fest, dass unter den Mitgliedern des Bundesrats unterschiedliche Ansichten zur Verwaltungsreform vorherrschen. Die GPKs unterstrichen die Bedeutung der Reform und machten darauf aufmerksam, dass sie die Projekte und deren Umsetzung mittels einer begleitenden Oberaufsicht eng verfolgen werden (s. Ziff. 3.3.4).

Die GPKs konfrontierten schliesslich sämtliche Bundesräte und die Bundeskanzlerin mit Fragen zur Kollegialität im Bundesrat. Die Bundesräte bezeichneten den Eindruck, sie würden immer weniger als Kollektivorgan und immer mehr als Departementsvorsteher auftreten, als nicht zutreffend. Eine Mehrheit der Bundesratmitglieder war jedoch der Ansicht, dass man im Bundesratsgremium vermehrt informelle Aussprachen über künftige Probleme und Herausforderungen durchführen sollte.

4390

Während der Wintersession 2005 unterstrich Ständerat Hans Hofmann, Präsident der GPK-S, im Rahmen der Ständeratsdebatte zu den Jahreszielen 2006 des Bundesrats die Bedeutung, die der Kollegialität im Bundesrat von den GPKs beigemessen wird.

Er versicherte, dass die GPKs das Geschehen weiterhin mitverfolgen und ihre Gespräche mit dem Bundesrat fortführen werden.

4.1.2

Pandemievorsorge

Die Pandemievorsorge war zweifellos eines der aktuellsten und wichtigsten Themen, mit denen sich die GPKs im Rahmen des Geschäftsberichts des Bundesrats beschäftigten. Nachdem in einzelnen asiatischen Staaten der Vogelgrippevirus vom Geflügel auf Menschen übertragen wurde und für den Menschen gefährliche Varianten der Vogelgrippe auch bei Geflügel innerhalb Europas festgestellt wurden, trafen die meisten europäischen Staaten Vorkehrungen und Massnahmen für den Fall einer Grippepandemie. Diese könnte entstehen, wenn sich das Vogelgrippevirus zu einem vom Mensch zu Mensch übertragbaren Grippevirus mutieren würde. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte seit Monaten vor einem länderübergreifenden oder sogar weltweiten Ausbruch dieser Krankheit und empfahl ihren Mitgliedsländern, einen Vorrat des Medikaments Tamiflu anzulegen. Die grosse Nachfrage nach dem Grippemittel der Schweizer Firma Roche führte in der Folge zu Lieferengpässen.

In Anbetracht der Gefahr einer möglichen Grippeepidemie die aufgrund gewisser Varianten der Vogelgrippe für den Menschen besteht, befassten sich die GPKs intensiv mit Fragen der Früherkennung. Es entstand der Eindruck, dass das Thema Pandemievorsorge bei den Bundesbehörden während langer Zeit nicht den ihm gebührenden Stellenwert erhielt. Aufgrund ihrer Oberaufsichtstätigkeit über die Geschäftsführung des Bundesrats und der Bundesverwaltung beschlossen die GPKs bereits frühzeitig zu überprüfen, ob die Bundesstellen sämtliche Vorkehrungen und Massnahmen für den Fall einer Grippepandemie getroffen hatten. Die Prüfung des Geschäftsberichts 2004 des Bundesrats wurde deshalb zum Anlass genommen, um vom Vorsteher des EDI detaillierte Erläuterungen über die getroffenen und noch zu treffenden Präventivmassnahmen zu erhalten. Insbesondere die Engpässe bei Impfstoffen und anderen Medikamenten und die Vor- und Nachteile von nationalen und internationalen Lösungen sorgten für Diskussionsstoff.

Im April 2005 erliess der Bundesrat eine Influenza-Pandemieverordnung, die am 1. Juni 2005122 in Kraft trat. Diese Verordnung bildet zusammen mit dem Epidemiengesetz123 die gesetzliche Grundlage für Massnahmen zur Bekämpfung einer Pandemie. Sie trifft organisatorische Vorkehrungen im Fall einer Pandemie und schlägt einen Plan vor, der verschiedene Präventivmassnahmen aufzeigt (Versorgung
der Bevölkerung mit Impfstoffen und Medikamenten). Der Vorsteher des EDI bestritt, dass dem Thema in seinem Departement zu wenig Bedeutung geschenkt werde. Das EDI habe bereits 1995 eine Expertengruppe ­ die Arbeitsgruppe Influenza ­ eingesetzt, welche den Auftrag erhielt, eine Strategie und einen Massnahmekatalog für den Fall der Grippepandemie zu erarbeiten. Die aktuelle Strategie 122

Verordnung vom 27.4.2005 über Massnahmen zur Bekämpfung einer Influenza-Pandemie (Influenza-Pandemieverordnung, IPV; SR 818.101.23).

123 Bundesgesetz vom 18.12.1970 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG; SR 818.101).

4391

zur Vorbereitung auf eine Influenzapandemie beinhalte folgende Elemente: (1) Überwachung der zirkulierenden Grippeviren, (2) Erarbeitung und Aktualisierung eines nationalen Pandemieplans, (3) Förderung der jährlichen Grippeimpfung in Risikogruppen, (4) Versorgung der Bevölkerung mit einer adäquaten Menge an antiviralen Medikamenten und Grippenpandemieimpfstoff, (5) Anpassung der gesetzlichen Grundlagen, (6) Beübung der Krisenmanagementstrukturen und (7) internationale Zusammenarbeit. Der Bundesrat habe zudem beschlossen, dass im Fall einer Pandemie die betroffenen Departemente der Koordination des EDI und den Spezialisten des BAG unterstellt seien.

Der Vorsteher des EDI versicherte, dass die Schweiz über eine Reserve des antiviralen Medikaments Tamiflu für 25 % der Bevölkerung verfüge. Dies genüge, um alle erkrankten Personen behandeln und die Prophylaxe beim medizinischen Personal sicherstellen zu können, falls der Virus in der Schweiz auftreten würde. Die Reserve entspreche den Empfehlungen der WHO, die auf dem Verlauf früherer Pandemien beruhen. Die Influenza-Pandemieverordnung ermögliche es dem BAG zudem, mit Impfstoffherstellern Lieferverträge abzuschliessen. Schliesslich liessen sich die GPKs über die Auswirkungen des Entlastungsprogramms 03 auf die Pandemievorsorge informieren. Gemäss den Angaben des Vorstehers des EDI musste das Budget für den Kampf gegen Pandemien infolge des Entlastungsprogramms um 30 % gekürzt werden.

Die GPK-S forderte anlässlich der Debatte zum Geschäftsbericht 2004 den Bundesrat am 1. Juni 2005 im Ständerat auf, der Pandemieverhütung hohe Priorität einzuräumen. Insbesondere wies sie auf die Notwendigkeit hin, genügend Reserven von antiviralen Medikamenten anzulegen. Da das wirksamste Mittel jedoch die Impfung ist, verlangte die GPK-S, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Impfstoffen über einheimische Produktionskapazitäten zu garantieren sei. In einem Brief an den Bundesrat vom 24. Oktober 2005 verlieh die GPK-S ihrer Forderung Nachdruck, nachdem sie festgestellt hatte, dass gewisse Probleme noch nicht restlos geregelt waren.

Der Bundesrat versicherte in seinem Antwortschreiben vom 15. November 2005 an die GPK-S, dass er der Pandemievorsorge eine hohe Priorität einräume und er die GPK-S ausführlich über die Entscheide, die zu treffen sind, informieren werde.

4.2

Geschäftsberichte 2004 des Bundesgerichts, des Eidgenössischen Versicherungsgerichts und des Bundesstrafgerichts

4.2.1

Geschäftsbericht 2004 des Bundesgerichts

Die GPKs stellten bei der Prüfung des Geschäftsberichts 2004 fest, dass zum zweiten Mal in Folge wieder mehr Eingänge beim Bundesgericht zu verzeichnen sind als im Vorjahr. Zuvor waren die Eingänge seit 1999 zurückgegangen. Die Eingänge nahmen gegenüber dem Vorjahr deutlich um 242 auf 4830 (Vorjahr um 34 auf 4588) Fälle zu. Markant war der Anstieg in der II. Öffentlichrechtlichen Abteilung (+141 Fälle) und in der I. Zivilabteilung (+165 Fälle).

Die durchschnittliche Prozessdauer betrug 90 Tage (Vorjahr 88 Tage, 2002 83 Tage). Das Bundesgericht erledigte 4738 Fälle (Vorjahr 4597 Fälle). Die Pendenzen betrugen Ende Jahr 1302 Fälle (Vorjahr 1215 Fälle). Eine Entlastung des Gerichts ist 4392

durch die Auflösung der Anklagekammer als Folge der Schaffung des neuen Bundesstrafgerichts in Bellinzona zu verzeichnen. Am 1. April 2004 hat das Bundesgericht dem Bundesstrafgericht die bei der Anklagekammer hängigen 21 Fälle überbracht.

Es gibt keine Statistiken, die verlässlich aufzeigen würden, weshalb die Fallzahlen rückläufig oder am Zunehmen sind. Es können lediglich gewisse Trends und Vermutungen aufgezeigt werden. Ein Indiz für die Fallentwicklung wäre die Entwicklung bei den Kantonen, da es Erfahrungswerte gibt, wie viele Fälle von den kantonalen Gerichten an das Bundesgericht weiter gezogen werden. Jedoch werden in den Kantonen die Statistiken nicht nach einheitlichen Kriterien geführt, so dass kein vergleichbares Zahlenmaterial vorliegt. Obwohl es keine genauen Erklärungen für die Schwankungen der Fallzahlen gibt, ist das Bundesgericht der Meinung, dass kurze Behandlungsdauern helfen, die Eingänge zu vermindern, weil es damit weniger interessant wird, die Rechtskraft von Urteilen hinauszuzögern. Es hat deshalb in den letzten Jahren grosse Anstrengungen unternommen, diese zu senken. Seit zwei Jahren steigt die durchschnittliche Behandlungsdauer infolge der Fallentwicklung wieder, ist aber im internationalen Vergleich immer noch gut. Das Bundesgericht versucht, laufend seine Erledigungszahlen an die Eingänge anzupassen. Zurzeit bezeichnet das Bundesgericht die Arbeitslast als hoch, aber mit den vom Parlament zugeteilten Ressourcen als bewältigbar.

Zur Vorbereitung der Umsetzung des neuen Bundesgerichtsgesetzes, das per 1. Januar 2007 in Kraft tritt und eine Integration des EVG in das Bundesgericht vorsieht, haben das Bundesgericht und das EVG ein 41-er Plenum konstituiert, das aus den Mitgliedern beider Gerichte besteht. Die Entscheide des 41-er Plenums werden durch eine siebenköpfige Arbeitsgruppe, zusammengesetzt aus fünf Mitgliedern des Bundesgerichts und zwei Mitgliedern des EVG, vorbereitet. Die Arbeitsgruppe wird zu gegebener Zeit auch eine Verordnung zur Aufsicht des vereinigten Bundesgerichts über die unterinstanzlichen Gerichte erarbeiten. Da zwischen dieser Aufsicht und der Oberaufsicht durch das Parlament Berührungspunkte bestehen, wird das Bundesgericht den GPKs Gelegenheit zur Stellungnahme zur Verordnung geben.

Die zuständigen Subkommissionen der GPKs erörterten anlässlich
ihres Besuchs in Lausanne mit dem Bundesgericht weitere Themen wie die Auswirkungen der Bilateralen I und II auf die Tätigkeit des Bundesgerichts und auf das Schweizer Recht sowie die Bewältigung der Zunahme von französischsprachigen Fällen. Die Mehrbelastung des Bundesgerichts in Folge der Bilateralen Verträge wird vom Gericht auf etwa 5 % geschätzt.

Eine Aussprache wurde auch über die im Berichtsjahr virulenten Aktivitäten der Vereinigung «Appel au Peuple» mit Sitzstreiks oder Belästigungen einzelner Richter an ihrem Wohnort geführt. Die Subkommissionen liessen sich in diesem Zusammenhang über die Praxis des Bundesgerichts zum Ausstand einzelner betroffener Bundesrichter bei Urteilen, die diese Vereinigung oder einzelne Aktivisten betreffen, informieren. Für Demonstrationen vor dem Bundesgericht ist das Gericht entsprechend eingerichtet, so dass die Sicherheit der Mitglieder des Bundesgerichts nicht beeinträchtigt ist. Die Problematik liegt nach Aussagen des Bundesgerichts darin, dass die Unabhängigkeit der Justiz gefährdet werden könnte, wenn systematisch vor den Häusern von Bundesrichtern demonstriert und Familien bedroht und Nachbarn belästigt werden. Strafanzeigen von betroffenen Bundesrichtern würden dazu führen, dass diese gegenüber den Aktivisten befangen wären und in Fällen, in denen die 4393

Aktivisten Partei sind, in den Ausstand treten müssten. Da die Aktivisten regelmässig Partei in Fällen vor Bundesgericht sind, besteht die Gefahr, dass die Handlungsfähigkeit des Bundesgerichts in der Folge eingeschränkt würde. Das Bundesgericht ist deshalb auf den Schutz seiner Mitglieder zu Hause angewiesen. Entsprechende Gespräche wurden mit der Kantons- und Stadtpolizei geführt. Bei der Praxis des Ausstands will das Bundesgericht wie bisher sehr restriktiv vorgehen, um eine Lahmlegung der Justiz zu verhindern.

4.2.2

Geschäftsbericht 2004 des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Nach leichten Rückgängen in den letzten drei Jahren ist die Zahl der beim EVG eingegangenen Beschwerden im Berichtsjahr wieder leicht von 2172 auf 2233 (+61) gestiegen. Stark zugenommen haben insbesondere die Fälle im Bereich der Unfallversicherung (+117), während die Fälle im Bereich der Alters- und Hinterlassenenversicherung rückläufig waren (­94). Die Zahl der erledigten Fälle ist mit 2222 deutlich tiefer als im Vorjahr mit 2619 Fällen ausgefallen (­15 %). Die Pendenzen per Ende Jahr nahmen von 1573 auf 1584 um 11 Fälle leicht zu. Verbessert hat sich dagegen die mittlere Prozessdauer von 10,4 auf 9,2 Monate, was ein immer noch zu hoher Wert darstellt, da im Sozialversicherungsbereich viele Fälle rasch erledigt werden sollten. Ein 2004 eingeführtes zeitliches Controlling-System hat zu dieser Verkürzung der Prozessdauer geführt.

Das Gericht hatte sich im Berichtsjahr erstmals mit einer grossen Anzahl von Fällen zu befassen, bei denen der am 1. Januar 2003 in Kraft getretene ATSG zur Anwendung gelangte. In der überwiegenden Zahl der Fälle kam das Gericht zum Schluss, dass sich inhaltlich gegenüber dem alten Recht nichts geändert hat. Diese Feststellung ist für die Rechtsanwendung von Bedeutung, weil damit die reiche Rechtsprechung weiterhin anwendbar ist. Mit der Einführung des Einspracheverfahrens im Rahmen des ATSG war die Hoffnung verbunden, dass weniger Entscheide der Versicherer an die Gerichte weitergezogen würden. Aufgrund der Fallstatistik beim EVG kann die Frage nicht schlüssig beantwortet werden. Von den Sozialversicherungszweigen, in denen das Einspracheverfahren neu eingeführt wurde, waren im Berichtsjahr bei der AHV und der Arbeitslosenversicherung Rückgänge zu verzeichnen, bei der IV jedoch eine Zunahme der Eingänge. Weil man nicht weiss, wie sich die Fallzahlen ohne Einspracheverfahren entwickelt hätten, sind konkrete Aussagen kaum möglich.

Positiv für das Gericht beurteilt das EVG die Auswirkungen der Totalrevision der Bundesrechtspflege, namentlich die Teilintegration des EVG in das Bundesgericht unter Beibehaltung des heutigen Standorts Luzern, die Einführung der generellen Kostenpflicht sowie die Einschränkung der Kognition (Prüfungsbefugnis) im Bereich der Sozialversicherungen. Das EVG erhofft sich von der Reform, die auf den 1. Januar 2007 in Kraft tritt, eine gewisse Entlastung.
Die für die Gerichte zuständigen Subkommissionen der GPKs liessen sich anlässlich ihres Besuchs in Luzern am 29. April 2005 über die Lage am EVG nach Beilegung des Konflikts unter Richtern informieren (s. Ziff. 3.2.1). Nach Auskunft der Gerichtsleitung sind die Beziehungen unter den Richtern auf dem Wege der Normalisierung. Es seien klare Fortschritte erzielt worden. Weitere Themen der Aussprache waren Personalfragen, die Vorbereitung der Zusammenführung des Gerichts 4394

mit dem Bundesgericht sowie die Auswirkungen der Bilateralen Verträge I und II auf die Rechtsprechung des EVG.

4.2.3

Geschäftsbericht 2004 des Bundesstrafgerichts

Das Bundesstrafgericht in Bellinzona nahm seine Tätigkeit am 1. April 2004 auf.

Die von der Bundesversammlung am 1. Oktober 2003 gewählten elf Mitglieder des Bundesstrafgerichts nahmen sofort nach der Wahl planerische und gerichtsorganisatorische Vorarbeiten an die Hand. Sie gaben sich ein Geschäftsreglement und wählten die Kammerpräsidien der Strafkammer und der Beschwerdekammer. 2004 gingen bei der Strafkammer sieben Straffälle ein. Davon wurden drei erledigt; vier waren Ende Jahr pendent. Bei der Beschwerdekammer gingen 233 Beschwerden ein.

Davon waren 21 vom Bundesgericht am 1. April 2004 übernommen worden. Im Vorjahr waren bei der Anklagekammer des Bundesgerichts 148 Fälle eingegangen, was einer Zunahme von 57 % entspricht. Erledigt wurden im Jahr 2004 186 Fälle (Vorjahr 118). Zudem waren 164 Gesuche um Genehmigung von Telefonkontrollen zu behandeln. Beim URA, das administrativ dem Bundesstrafgericht untersteht, gingen 2004 37 Fälle von der BA ein, und das URA eröffnete ebenso viele Voruntersuchungen. Davon wurden sechs erledigt. Ende 2004 waren zusammen mit den von 2003 übernommenen 17 Pendenzen 48 Voruntersuchungen hängig.

Die Richter und Gerichtsschreiber der Strafkammer, die in Folge des verzögerten Eingangs von Straffällen (siehe auch Ziff. 3.2.4 zu EffVor) weniger belastet waren als die von Anfang an ausgelastete Beschwerdekammer, halfen bei dieser aus, doch war diese Aushilfe nur beschränkt möglich, einerseits wegen sprachlicher Aspekte und andererseits wegen gesetzlichen Unvereinbarkeiten: Ein Richter oder Gerichtsschreiber, der in einem Beschwerdeverfahren beteiligt ist, darf im folgenden Strafverfahren nicht mehr mitwirken.

Zum weiteren Aufbau des Bundesstrafgerichts stellte die Gerichtsleitung in Aussicht, dass man in den nächsten Jahren mit 15­20 Anklagen pro Jahr rechnen könne.

Die jährliche Anzahl der Beschwerdeeingänge würde sich gemäss dieser Planung auf 300 entwickeln. Allerdings wies das Bundesstrafgericht darauf hin, dass die Planung sehr schwierig und von vielen Faktoren abhängig sei. Ein grösserer Aufbau in der Grössenordnung einer weiteren Beschwerdekammer wurde für 2007 in Aussicht gestellt, weil dem Bundesstrafgericht ab diesem Zeitpunkt die internationale Rechtshilfe in Strafsachen übertragen wurde124. Die Gerichtsleitung stellte insgesamt fest, dass der Start
des Bundesstrafgerichts gelungen sei und das Gericht seine Aufgaben wahrnehmen könne. Sie rechnet jedoch damit, dass es noch mehrere Jahre braucht, bis sich die Rechtsprechung des neuen Gerichts eingespielt habe.

In Wahrnehmung seiner Aufsicht über die BA und das URA verlangte das Bundesstrafgericht von diesen Stellen Quartalsberichte über die Pendenzen sowie Jahresberichte über ihre Tätigkeit. Zudem führte es in verschiedenen Zweigstellen der BA und des URA Inspektionen durch. Die Aufsicht über die BA ist eine geteilte (administrative Aufsicht durch das EJPD, fachliche Aufsicht durch das Bundesstrafgericht). In Bezug auf das Gesetzgebungsprojekt des EJPD zur Vereinheitlichung 124

Art. 28 Abs. 1 Bst. e Bundesgesetz vom 4.10.2002 über das Bundesstrafgericht (SGG; SR 173.71) gemäss Referendumsvorlage des Bundesgesetzes vom 17.6.2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG; BBl 2005 4130).

4395

der Aufsicht beim EJPD führte die Gerichtsleitung gegenüber den zuständigen Subkommissionen der GPKs aus, dass die heutige Aufteilung der Aufsicht ihrer Meinung nach keine Nachteile und keine praktischen Schwierigkeiten biete. Sie wies darauf hin, dass die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts für die fachliche Aufsicht besonders geeignet ist, da ihre Haupttätigkeit gerade darin besteht, die BA anhand von einzelnen Beschwerdeverfahren zu beaufsichtigen.

Hinsichtlich der Umsetzung der Effizienzvorlage (s. auch Ziff. 3.2.4) ist das Bundesstrafgericht in doppelter Hinsicht direkt betroffen: Einerseits wirken sich die für die EffVor zur Verfügung gestellten Ressourcen sowie die Effizienz der Ermittlertätigkeit und der Voruntersuchung auf die Anzahl Straffälle, die an das Bundesstrafgericht gelangen, aus. Andererseits trägt das Bundesstrafgericht als Aufsichtsbehörde über BA und URA eine Mitverantwortung für die Verbesserung der Verfahrensabläufe und der Effizienz. Zur Milderung des beim URA entstandenen Engpasses hat das Bundesstrafgericht im Berichtsjahr mit der BA und dem URA klarere Kriterien für den Übergang der Verfahren von der BA zum URA mit dem Ziel eines höheren Instruktionsgrades der Fälle bei der BA ausgehandelt. Angestrebt wird auch eine Vereinheitlichung der Dossierführung zwischen BA und URA. Zweimal jährlich finden zwischen dem Bundesstrafgericht und dem BA sowie dem URA Koordinationssitzungen statt. Nach Beurteilung des Bundesstrafgerichts kann der Erfolg der Effizienzvorlage erst in einigen Jahren abgeschätzt werden.

Insbesondere wies das Bundesstrafgericht darauf hin, dass eine rasche Revision der Bundesstrafprozessordnung dringend geboten sei. Als altes Gesetz mit ungenügender Regeldichte sei es nicht geeignet für die neuen Strafverfolgungskompetenzen des Bundes. Die heute sehr unterschiedliche Arbeitsweise der Zweigstellen der BA müsse durch klarere Regeln geklärt werden. Insbesondere sei die zweistufige Strafverfolgung (Ermittlung durch die BA, Voruntersuchung durch das URA) für die komplexen Verfahren der neuen Bundeskompetenzen ungeeignet. Der neue Bundesstrafprozess werde Effizienz bringen, d.h. mit gleichen Ressourcen könne mehr Output erzielt werden. Zudem schaffe das neue Gesetz mehr Rechtssicherheit. Im Übrigen wird die Revision des heutigen Bundesstrafprozesses auch
wichtig für die Verfahren des Bundesstrafgerichts selbst erachtet. Das Bundesstrafgericht hofft deshalb auf ein rasches Vorgehen des Parlaments. Der Präsident des Bundesstrafgerichts wies auf die Möglichkeit hin, das Gesetz nach seiner Verabschiedung für die Bundesebene ohne Übergangsfrist in Kraft zu setzen.

4.2.4

Ausbau des Statistikteils des Geschäftsberichts der Eidgenössischen Gerichte

In ihrem Bericht Parlamentarische Oberaufsicht über die Eidgenössischen Gerichte vom 28. Juni 2002125 empfahl die GPK-S dem Bundesgericht und dem EVG, den Statistikteil in ihrem Geschäftsbericht auszubauen und insbesondere mit Indikatoren zur Leistungserbringung und mit einer Erweiterung der Zeitreihen zusätzliche Transparenz zu schaffen (Empfehlung 1). Zur Umsetzung dieser Empfehlung haben die für die Gerichte zuständigen Subkommissionen mit dem Bundesgericht und dem EVG über Möglichkeiten kurz- und mittelfristiger Verbesserungen des Statistikteils 125

S. Bericht der GPK-S über die parlamentarische Oberaufsicht über die Eidgenössischen Gerichte vom 28.6.2002 (BBl 2002 7625).

4396

des Geschäftsberichts der obersten Gerichte verhandelt und sich dabei auf folgendes Vorgehen geeinigt: ­

Da der Geschäftsbericht der Gerichte in der heutigen Form in Folge der Totalrevision der Bundesrechtspflege nur noch zweimal (2005/2006) erscheinen wird, würden sich grössere Änderungen für die zwei kommenden Geschäftsberichte nicht rechtfertigen. Die Gerichte nehmen die Teilintegration auf Anfang 2007 zum Anlass, die Art der Berichterstattung im Geschäftsbericht zu überarbeiten.

­

Für die zwei nächsten Geschäftsberichte werden einzelne Verbesserungen vorgesehen, die kurzfristig und ohne grossen Aufwand möglich sind. Es sind dies insbesondere die Einführung von drei Erledigungsquotienten, die Angleichung der Angaben der beiden Gerichte im Bereich der Eingangs- und Erledigungsstatistik und zur Prozessdauer, Angaben über das Alter der am Ende des Geschäftsjahrs noch pendenten Fälle sowie Angaben, wie viele von den Eidgenössischen Gerichten behandelte Rechtsfragen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg mit welchem Ausgang beurteilt wurden.

4.2.5

Bundesbeschluss zur Genehmigung der Geschäftsberichte der Eidgenössischen Gerichte: Rechtsänderung

Im neuen Parlamentsgesetz, das per 1. Dezember 2003 in Kraft getreten ist, wurde der Verkehr zwischen den Eidgenössischen Gerichten und der Bundesversammlung auf eine neue Basis gestellt (Art. 162 ParlG). Dies hat unter anderem zur Folge, dass die Geschäftsberichte der Gerichte nicht mehr im Bundesbeschluss enthalten sind, den der Bundesrat betreffend seinen Geschäftsbericht der Bundesversammlung unterbreitet. Da die Gerichte nicht antragsberechtigt sind, müssen die GPKs einen Bundesbeschluss zur Genehmigung des Geschäftsberichts der eidgenössischen Gerichte beantragen.

Im Berichtsjahr stellte sich die Frage neu, welche Eidgenössischen Gerichte in den Bundesbeschluss aufzunehmen sind. Einerseits kam das Bundesstrafgericht neu hinzu. Andererseits erstellte das Militärkassationsgericht (MKG) erstmals, gestützt auf den neuen Artikel 162 Absatz 1 Buchstabe b ParlG, einen Geschäftsbericht.

Aufgrund einer Analyse der rechtlichen Situation kamen die GPKs zu folgenden Schlüssen: Das Bundesstrafgericht ist ein administrativ unabhängiges Gericht, das keiner Aufsicht, sondern nur der Oberaufsicht des Parlaments untersteht. Artikel 3 Absatz 2 SGG besagt ausdrücklich, dass die Bundesversammlung über die Genehmigung des Geschäftsberichts des Bundesstrafgerichts entscheidet. Das Bundesstrafgericht ist somit in den Bundesbeschluss aufzunehmen. Für das MKG besteht zurzeit keine gesetzliche Grundlage für eine Geschäftsberichterstattung an die Bundesversammlung; deshalb ist das MKG nicht in den Bundesbeschluss aufzunehmen.

4397

De lege ferenda werden die unteren Bundesgerichte der Aufsicht durch das Bundesgericht unterstellt.126 Das Gesetz sieht künftig vor, dass die unteren Gerichte dem Bundesgericht jährlich ihre Geschäftsberichte zuhanden der Bundesversammlung unterbreiten (Art. 3 Abs. 3 VGG/SGG). Analog zur bisherigen Praxis bei den Rekurs- und Schiedskommissionen kann dannzumal darauf verzichtet werden, die Geschäftsberichte in den Bundesbeschluss aufzunehmen. Diese werden jedoch der Bundesversammlung zur Kenntnisnahme zugeleitet. Somit wird nach neuem Recht nur noch das vereinigte Bundesgericht in den Bundesbeschluss aufzunehmen sein.

4.2.6

Immunität von Mitgliedern der Eidgenössischen Gerichte für Äusserungen in den Räten und in deren Organen

Mit dem neuen Parlamentsgesetz ist auf den 1. Dezember 2003 die neue Bestimmung in Kraft getreten, wonach ein Mitglied des Bundesgerichts die Entwürfe der Voranschläge, die Rechnungen und die Geschäftsberichte der Eidgenössischen Gerichte sowie deren Stellungnahmen zu Vorstössen, die sich auf ihre Geschäftsführung oder ihr Finanzgebaren beziehen, in den Räten und in deren Kommissionen vertritt (Art. 162 Abs. 2 ParlG).

Die GPKs gingen der Frage nach, ob und wieweit die Mitglieder der Eidgenössischen Gerichte für Äusserungen in den Räten und deren Organen Immunität geniessen.

Die Bundesverfassung sieht in Artikel 162 Absatz 1 vor, dass die Mitglieder der Bundesversammlung und des Bundesrats sowie die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler für ihre Äusserungen in den Räten und in deren Organen rechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Die genannten Personen geniessen somit für Aussagen in den Räten, den Kommissionen und weiteren Parlamentsorganen absolute Immunität. Absatz 2 sieht vor, dass das Gesetz weitere Arten von Immunität vorsehen und diese auf weitere Personen ausdehnen kann.

Auf Verfassungsstufe ist diese Bestimmung neu. Sie entspricht inhaltlich der bisherigen Regelung von Artikel 2 Absatz 2 VG127; doch wurde die absolute Immunität auf die Bundeskanzlerin bzw. den Bundeskanzler ausgedehnt. Gemäss der Botschaft des Bundesrats über eine neue Bundesverfassung verlangte der Kanton Solothurn, diese Bestimmung auf die Mitglieder des Bundesgerichts auszudehnen. Dazu heisst es in der Botschaft128: «Dies ist jedoch nicht erforderlich, weil die Mitglieder des Bundesgerichts nicht an parlamentarischen Beratungen teilnehmen.» Die Mitglieder der Eidgenössischen Gerichte geniessen zwar keine absolute, jedoch immerhin eine relative Immunität. Nach Artikel 14 Absatz 1 VG bedarf die Strafverfolgung von durch die Bundesversammlung gewählten Behördenmitgliedern und Magistratspersonen wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, einer Ermächtigung der eidgenössischen Räte. Somit geniessen auch die Mitglieder des Bundesgerichts als Magistratspersonen sowie die

126 127

Mit dem Inkrafttreten des BGG, des VGG und des revidierten SGG per Anfang 2007.

Bundesgesetz vom 14.3.1958 über die Verantwortlichkeiten des Bundes sowie seiner Behördenmitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG; SR 170.32).

128 Botschaft über eine neue Bundesverfassung vom 20.11.1996 (BBl 1997 388).

4398

Mitglieder der unteren Bundesgerichte, die von der Bundesversammlung gewählt werden, relative Immunität für Äusserungen in den Räten und in deren Organen.

Nach der Systematik und dem Sinn des Gesetzes müssten auch die Mitglieder des Bundesgerichts, soweit sie Geschäfte in den Räten und deren Organen vertreten, durch die absolute Immunität geschützt sein. Die praktische Bedeutung dieser systematischen Unstimmigkeit ist jedoch nach Meinung der GPKs gering, da die Voten von Bundesrichtern im Parlament marginal bleiben dürften und ihre Inhalte kaum Anlass zu Strafklagen geben werden. Sollte dies doch einmal der Fall sein, würde die relative Immunität gemäss Artikel 14 VG eine weitgehend gleiche Schutzwirkung wie die absolute Immunität entfalten.

4.3

Weitere von den GPKs behandelte Berichte

Wie jedes Jahr behandelten die GPKs auch 2005 eine grosse Anzahl von Berichten, sei dies im Rahmen des Geschäftsberichts des Bundesrats oder unabhängig davon.

Folgende Berichte wurden geprüft: Bundeskanzlei Bericht des Bundesrats über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2004 (teilweise) Bericht über die Bedürfnisse der Bevölkerung in Bezug auf E-Government EDI Rechenschaftsbericht 2004 zum ETH-Bereich Jahresbericht 2003 des Bundesamts für Sozialversicherung Reporting im Personalwesen von ETH und Swissmedic nach Artikel 5 BPG EJPD Geschäftsbericht 2004 der Eidgenössischen Rekurskommissionen Jahresbericht 2004 der Eidgenössischen Spielbankenkommission Rechenschaftsbericht 2004 des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum Personalreporting 2004 des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum nach Artikel 5 BPG VBS Bericht zur Eignerstrategie des Bundesrats für die Rüstungsunternehmen des Bundes 2004 Geschäftsbericht und Finanzbericht 2004 der RUAG Geschäftsbericht 2004 des Militärkassationsgerichts EFD Jahresbericht 2004 der Eidgenössischen Bankenkommission Geschäftsbericht 2004 der Publica Jahresbericht 2004 des EPA zur Umsetzung des Bundespersonalgesetzes 4399

Evaluationsbericht über den Stand der Kaderentwicklung in der Bundesverwaltung 2004 Evaluationsbericht über die Personalbefragung 2004 (Bundesverwaltung) Personalreporting 2004 der Publica nach Artikel 5 BPG EVD Bericht über die Einzelheiten der Kriegsmaterialausfuhr im Jahr 2004 UVEK Berichte über die Erreichung der strategischen Ziele von SBB, Post und Swisscom im Geschäftsjahr 2004; Geschäftsbericht 2004 der SBB Geschäftsbericht 2004 der Post Geschäftsbericht 2004 der Swisscom Geschäftsbericht 2004 der Skyguide Controlling-Bericht 2004 zur Bahn 2000 Standbericht Lärmsanierung der Eisenbahnen Standberichte 2004 der Neat Personalreporting 2004 der Post Personalreporting 2004 der SBB Verschiedenes Rechenschaftsbericht 2004 der Schweizerischen Nationalbank

4400

Jahresbericht 2005 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle

Anhang 1

Anhang zum Jahresbericht 2005 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 20. Januar 2006

4401

Abkürzungsverzeichnis AHV ANAG APD BBl BFE BL BLW BSV Buwal BV DEZA EDA EFK EVD EZ GE GPK-N GPKs GPK-S ICDP IV IVG KFG KMU KPA ParlG ParlVV PHG PVK RFA SR RUMBA

4402

Alters- und Hinterlassenenversicherung Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (SR 142.20) Öffentliche Entwicklungshilfe Bundesblatt Bundesamt für Energie Basel-Landschaft Bundesamt für Landwirtschaft Bundesamt für Sozialversicherung Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (SR 101) Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössischen Finanzkontrolle Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Entwicklungszusammenarbeit Genf Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Ständerats Institut de Criminologie et de Droit Pénal, Université Lausanne Invalidenversicherung Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (SR 831.20) Kulturförderungsgesetz (im Entwurfsstadium) Kleine und mittlere Unternehmen Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10) Verordnung der Bundesversammlung vom 3. Oktober 2003 zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung (Parlamentsverwaltungsverordnung; SR 171.115) Bundesgesetz vom 17. Dezember 1965 betreffend die Stiftung «Pro Helvetia» (SR 447.1) Parlamentarische Verwaltungskontrolle Regulierungsfolgenabschätzung Systematische Rechtssammlung Ressourcen- und Umweltmanagement in der Bundesverwaltung

seco SH SPK-N VS WBK-S WTO ZH

Staatssekretariat für Wirtschaft Schaffhausen Staatspolitische Kommission des Nationalrats Wallis Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats Welthandelsorganisation Zürich

4403

Bericht 1

Die PVK ­ Evaluationsdienst der Bundesversammlung

Die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) ist das Kompetenzzentrum der Bundesversammlung für Evaluationen. Sie unterstützt die Geschäftsprüfungskommissionen (GPKs) der eidgenössischen Räte mit wissenschaftlicher Expertise im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht und führt auf Antrag aller parlamentarischen Kommissionen Wirksamkeitsüberprüfungen der Massnahmen des Bundes durch.

1.1

Evaluation ­ ein Instrument der wirkungsorientierten Staatsführung

Angesichts der vielfältigen Aufgaben des Staates und der knappen öffentlichen Finanzen stellen Evaluationen ein wichtiges Instrument der wirkungsorientierten Staatsführung dar. In Ergänzung zum klassischen Instrumentarium der politischen Kontrolle untersuchen Evaluationen die Konzeption, die Umsetzung und die Wirkungen staatlicher Massnahmen mit wissenschaftlichen Methoden. Sie analysieren, wie gesetzliche Vorgaben durch die vollziehenden Behörden umgesetzt werden und prüfen, ob die angestrebten Effekte einer Massnahme auch tatsächlich eingetreten sind. Sie decken allfällige Schwachstellen in der Konzeption und im Vollzug einer Massnahme auf und liefern Hinweise, wie diese überwunden werden können.

1.2

Evaluationen im parlamentarischen Kontext

Im parlamentarischen Bereich werden Evaluationen sowohl von den GPKs als auch von den Legislativkommissionen eingesetzt. Den GPKs obliegt die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrats, der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und weiterer Träger von Bundesaufgaben. Sie nehmen ihren Kontrollauftrag unter anderem mittels Inspektionen, Dienststellenbesuchen und der Prüfung der Geschäftsberichte der zu beaufsichtigenden Organe wahr. Angesichts der Komplexität der zu überprüfenden Aufgaben haben sich in Ergänzung dazu Evaluationen als wichtiges Instrument der parlamentarischen Oberaufsicht etabliert.

Im Handlungsbereich der Legislativkommissionen haben Evaluationen hingegen die Funktion der Folgenabschätzung geplanter Gesetzesprojekte oder der Wirksamkeitsüberprüfung eines bestehenden Erlasses im Hinblick auf dessen Revision. Evaluationen sind zeitaufwändig und methodisch anspruchsvoll. Die Kommissionen delegieren ihre Durchführung deshalb an professionelle Fachstellen.

4404

1.3

Dienstleistungen der PVK

Im Zuge der Professionalisierung der parlamentarischen Oberaufsicht wurde in den Parlamentsdiensten Anfang der 1990er Jahre mit der PVK eine professionelle Fachstelle geschaffen, die Evaluationen im Auftrag der GPKs durchführt. Ferner überprüft die PVK im Auftrag der GPKs die Qualität von verwaltungsinternen Evaluationen und deren Verwendung in Entscheidungsprozessen. Schliesslich weist die PVK die GPKs auf Themen hin, die unter dem Aspekt der parlamentarischen Oberaufsicht einer vertieften Abklärung bedürfen und berät sie bei der politischen Verarbeitung von Evaluationsergebnissen.

Mit Inkrafttreten des neuen Parlamentsgesetzes (ParlG) per 1. Dezember 2003 hat sich der Aufgabenbereich der PVK erweitert.129 Die PVK bleibt in erster Linie ein Fachdienst der GPKs, führt aber auf Antrag auch Evaluationen zuhanden der Legislativkommissionen durch.

Die Berichte der PVK finden in den Entscheidungsprozessen von Parlament und Exekutive vielerlei Verwendung. Sie sind Grundlage von Handlungsempfehlungen der GPKs zuhanden der kontrollierten Organe und von parlamentarischen Vorstössen. Sie fliessen in die Revision von Gesetzen und Verordnungen und in verwaltungsinterne Reformprozesse ein. Die Berichte der PVK werden in der Regel veröffentlicht. Sie können bei der PVK bestellt oder von ihrer Homepage unter www.parlament.ch (s. Kommissionen/ PVK) herunter geladen werden.

1.4

Institutionelles Umfeld und Ressourcen der PVK

Die PVK arbeitet auf der Basis von Einzelaufträgen der parlamentarischen Kommissionen. Sie ist Teil der Parlamentsdienste und in administrativer Hinsicht dem Sekretariat der GPKs unterstellt. In wissenschaftlicher Hinsicht ist die PVK selbständig und orientiert sich an den einschlägigen Standards der Evaluationsforschung. Die PVK koordiniert ihre Aktivitäten mit den anderen Kontrollorganen des Bundes und pflegt den fachlichen Austausch mit Hochschulen, privaten Forschungsinstituten und staatlichen Evaluationsorganen im In- und Ausland.

Zur Erfüllung seines Auftrags steht dem Dienst ein interdisziplinär zusammengesetztes Forschungsteam mit 360 Stellenprozenten und ein administratives Sekretariat zur Verfügung. Die PVK verfügt über weitreichende Informationsrechte. Sie verkehrt mit allen Behörden, Amtsstellen und übrigen Trägern von Bundesaufgaben direkt und kann von ihnen zweckdienliche Auskünfte und Unterlagen einholen. Die Auskunftspflicht wird nicht durch das Amtsgeheimnis beschränkt. Die PVK sorgt für den Schutz ihrer Informationsquellen und behandelt ihre Evaluationsergebnisse bis zum formellen Publikationsbeschluss der Kommissionen vertraulich. Sie kann externe Sachverständige beiziehen und ihnen die notwendigen Rechte zuweisen.

129

Art. 44 Abs.1 Bst. e des Bundesgesetzes vom 13.12.2002 über die Bundesversammlung (ParlG; SR 171.10).

4405

1.5

Aufbau des vorliegenden Jahresberichts

Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über die Aktivitäten der PVK im Jahr 2005. Ziffer 2 berichtet über die abgeschlossenen und laufenden Evaluationen im Auftrag der GPKs. Ziffer 3 enthält einerseits allgemeine Informationen zu den Wirksamkeitsprüfungen im Kontext der Legislativkommissionen und stellt die in diesem Bereich begonnene Wirksamkeitsüberprüfung vor. Des weiteren fasst der vorliegende Jahresrückblick Publikationen von Mitarbeitern der PVK, die ausserhalb der dienstinternen Schriftenreihe erschienen sind, zusammen (s. Ziff. 4), berichtet über weitere Aktivitäten der PVK (s. Ziff. 5), legt Rechenschaft über die Verwendung des Expertenkredits ab (s. Ziff. 6) und schliesst mit einem Ausblick über die Herausforderungen der PVK im Jahr 2006 (s. Ziff. 7).

2 2.1 2.1.1

Evaluationen im Auftrag der GPKs Abgeschlossene Evaluationen Instrumente des Bundes zur Berücksichtigung der Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)

Am 21. Juni 2004 hat die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N) die PVK beauftragt, drei Instrumente des Bundes zur Unterstützung der Rechtsetzung ­ die drei KMU-Tests ­ zu evaluieren: die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA), der KMU-Verträglichkeitstest und das Forums KMU. Ziel der Untersuchung war, die Auswirkungen dieser Instrumente im politischen Entscheidungsprozess zu evaluieren. Es ging darum zu prüfen, ob bei der Annahme einer neuen Gesetzgebung auf Bundesebene die Folgen für die Wirtschaft und besonders für die KMU von den politischen Akteuren ausreichend berücksichtigt werden. Die PVK hat den Schlussbericht der GPK-N am 20. Mai 2005 vorgelegt.

Seit einigen Jahren weist die Schweiz ein geringes Wirtschaftswachstum auf. Die Rahmenbedingungen und die Gesetzgebung wurden als wichtige Faktoren identifiziert, die das Wachstumspotenzial beeinflussen. In der Schweizer Volkswirtschaft stellen die KMU einen Grossteil der Produktion und der Arbeitsplätze. Einige Statistiken zeigen allerdings, dass diese von den administrativen Regelungen stärker beeinträchtigt werden als die grösseren Unternehmen. Zudem bestehen die meisten Bundesgesetze seit weniger als 20 Jahren und die Rechtsetzungstätigkeit nimmt zu.

In diesem Kontext wurden die RFA, der KMU-Verträglichkeitstest und das Forum KMU ins Leben gerufen. Die RFA unterzieht die neuen Gesetzestexte vor der Verabschiedung einer Analyse der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen mit dem Ziel, die Gesetzgebung zu verbessern. Sie wird von den zuständigen Ämtern durchgeführt und fliesst in das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen in den Botschaften des Bundesrates an das Parlament ein. Die RFA stellt zugleich ein internes Verfahren zur Unterstützung der Entscheidungsfindung und ein Informationsmittel dar. Der KMU-Verträglichkeitstest ist eine vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) durchgeführte Umfrage bei rund einem Dutzend KMU zu einem spezifischen Thema im Zusammenhang mit Problemen, die sich beim Vollzug eines neuen Erlasses für die KMU stellen können. Das Forum KMU schliesslich setzt sich dafür ein, dass die Akteure des politischen Entscheidungsprozesses den KMU besondere Aufmerksam-

4406

keit schenken. Hierfür gibt es Stellungnahmen ab, die häufig auf den Ergebnissen der Verträglichkeitstests basieren.

Die Evaluation dieser Instrumente durch die PVK zielte darauf ab, ihren Einfluss zu untersuchen, nämlich ob sie bekannt, genutzt und wirkungsvoll sind.

Bekanntheit der drei KMU-Tests bei den politischen Akteuren Die Parlamentarier vertreten die Meinung, dass sie für die Thematik der Gesetzgebung im Bereich der Wirtschaft und der KMU besonders empfänglich sind. Die Analyse der Protokolle der parlamentarischen Kommissionen und der Sessionen im Plenum zeigt jedoch, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Gesetze nur 3,4 % des Diskussionsvolumens ausmachen und somit deutlich weniger Gewicht haben als die Überlegungen zum Budget oder zur Kompetenzverteilung. Die spezifischen Auswirkungen auf die KMU machen ihrerseits nur 0,2 % des analysierten Diskussionsvolumens aus. Es besteht kein ständiges Interesse an diesen Fragen und sie werden auch nicht systematisch behandelt.

Die RFA ist das bekannteste der drei Instrumente. Vor allem das seco und die Ämter kennen diese Instrumente. Diese Information gelangt jedoch nicht bis auf die Stufe des Bundesrates hinauf, was eine geringere Unterstützung und weniger Druck für ihre Nutzung bedeutet. Schliesslich sind einem grossen Teil der externen Akteure (Universitäten, Lobbys, Medien) die drei Instrumente nicht bekannt. Die Analyse der Protokolle zeigt deutlich, dass diese drei Instrumente in den Parlamentsdebatten keine Rolle spielen: Weder die RFA noch der Verträglichkeitstest noch das Forum KMU werden erwähnt.

Abbildung 1 KMU-Instrument mit grösster Bekanntheit (Erwähnungen in den 37 durchgeführten Interviews)

RFA

Angehörte Personen:

Verträglichkeitstest

Verwaltung Parlament

Forum KMU

Externe keines 0

4

8

12

16

Quelle: PVK

Die Qualität der aus diesen Instrumenten hervorgehenden Information ist zudem bei weitem nicht befriedigend. Die RFA sind häufig von unterschiedlicher Qualität, zu allgemein, zu wenig kritisch, relevante Statistiken fehlen, die Sprache ist zu verwaltungslastig und es werden keine Alternativen präsentiert.

4407

Nutzung der drei KMU-Tests in der vorparlamentarischen Phase Die Instrumente werden vorwiegend in der vorparlamentarischen Phase genutzt.

Allerdings ist die RFA in den Anfangsphasen (Ausarbeitung eines Vorentwurfs, interne und externe Vernehmlassungen) im Allgemeinen kaum präsent, aus dem einfachen Grund, dass sie gar noch nicht durchgeführt wurde. Das widerspricht den Anweisungen des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD). Die betroffenen externen Akteure können somit weder von den durch die RFA gelieferten Informationen Kenntnis nehmen noch sich dazu äussern.

Die Ämter führen die RFA meistens in der letzten Minute durch, bei der Schlussredaktion der Botschaft an das Parlament und besonders des Kapitels über die wirtschaftlichen Auswirkungen. So kommt die RFA erst sehr spät im Entscheidungsprozess zum Zug. Im Allgemeinen handelt es sich um eine Zusammenfassung der Information, die an anderen Stellen der Botschaft steht. Die RFA ist eine Zusatzaufgabe, die manchmal als Alibiübung bezeichnet wurde. In einigen Fällen hat die RFA ihre Rolle erfüllt, indem sie das Amt durch die ganze vorparlamentarische Phase geführt hat: Feedbacks erfolgten zwischen der Verfassung der Gesetzesartikel und der Einschätzung ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen. Die Ämter haben zur Durchführung der RFA keine zusätzlichen Ressourcen eingesetzt und auch keine internen Kontrollmechanismen eingerichtet, um die Qualität und den Einfluss dieser Instrumente zu evaluieren.

Was die Nutzung der Informationen des Forums KMU betrifft, haben einige positive Erfahrungen gewisse präzise Punkte aufgezeigt, allerdings eher auf Verordnungsebene. Die hauptsächlichen Vorwürfe sind jedoch, dass sein Arbeitsrhythmus es daran hindert, den Entscheidungsprozess rechtzeitig zu beeinflussen, dass es ihm an spezifischen Kenntnissen fehlt, und dass es manchmal politischen Lösungen zu nahe ist, welche auch gewisse Interessengruppen vertreten.

Die Verträglichkeitstests werden im Allgemeinen während der Vernehmlassung durchgeführt, wenn der Entwurf so weit fortgeschritten ist, dass der Test sich auf konkrete Szenarien abstützen kann. Wenn die Ergebnisse der Verträglichkeitstests genutzt werden, werden sie von den Ämtern sehr wohlwollend aufgenommen, da sie als interne Information angesehen werden, die auf konkreten und direkt bei den
Unternehmen gemachten Erfahrungen basiert. Sie bringen neue Aspekte ans Licht und relativieren die Bedeutung bereits bekannter Gesichtspunkte. In anderen Fällen gehen sie jedoch an ihrem Ziel vorbei und werden im Entscheidungsprozess nicht verwendet. Die weitere Nutzung der Ergebnisse durch das Forum KMU ist nicht die Regel.

Die spärliche Anwendung und die geringe Motivation für die Nutzung der drei Instrumente resultiert daraus, dass sich die Verwaltung bei der Vorbereitung des Gesetzes nicht auf breitere Entscheidungsgrundlagen stützt, Alternativen nicht gründlich bespricht und die Kosten der Regulierung ausser Acht lässt.

Das seco spielt eine wichtige Rolle, obwohl nur 1,8 Stellen für die Erfüllung dieser Aufgaben zur Verfügung stehen. Es kontrolliert das Kapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen, hat jedoch nicht die Kompetenz, den Prozess zu blockieren, wenn die RFA nicht befriedigend ist. Es nutzt ziemlich regelmässig die informellen Beziehungen mit den Ämtern, um ihnen Verbesserungen vorzuschlagen. Das Mitberichtsverfahren wird jedoch bezüglich RFA praktisch nie angewendet, da das zuständige Departement seinen Entwurf letztendlich beibehalten kann. Schliesslich kommt ein Mitbericht sehr spät im Entscheidungsprozess zum Zug.

4408

Nutzung der drei KMU-Tests in der parlamentarischen Phase In der Phase der parlamentarischen Behandlung ist die im Botschaftskapitel über die wirtschaftlichen Auswirkungen enthaltene RFA eine Informationsquelle, welche die offizielle Version der allgemeinen Auswirkungen des Gesetzesentwurfs wiedergibt.

Ihre Informationsqualität ist nicht optimal; sie tritt in Konkurrenz mit einer Vielzahl an Informationen von Interessengruppen, Parteien und direkten Kontakten. Manche Parlamentarier lesen dieses Kapitel überhaupt nicht. Ausserdem ist die RFA häufig zu allgemein und eignet sich schlecht für die Detailberatung im Parlament. Wenn die Alternativen nicht aufgezeigt werden, ist es unmöglich, die wirtschaftlichen Auswirkungen etwaiger vorgeschlagener Änderungen zu kennen. Die Nutzung der Stellungnahmen des Forums KMU ist ebenfalls vernachlässigbar; niemand erinnert sich an die Anwesenheit eines Mitglieds des Forums KMU an einer Sitzung einer parlamentarischen Kommission.

Die Analyse der Protokolle der ausgewählten Fallbeispiele zeigt, dass in den seltenen Fällen, wo diese Informationsquellen im Parlament erwähnt werden, es eher darum geht sie zu nutzen, d. h. mit ihrer Hilfe einen Vorschlag zu unterstützen, abzulehnen oder zu verändern. Somit haben die drei Instrumente ein Nutzungspotenzial, dieses bleibt jedoch gering, da ihre Präsenz im parlamentarischen Verfahren noch sehr bescheiden ist.

Einfluss der drei KMU-Tests im politischen Entscheidungsprozess Der Einfluss der drei KMU-Tests ist gering oder gar inexistent; die Instrumente liefern keine entscheidenden Informationen, sie werden nicht weit genug verbreitet, geben keine direkt in den Entscheidungsprozess übertragbaren Empfehlungen ab und mobilisieren die politischen Akteure nicht. Diese Kritik wird von den Parlamentariern noch stärker geäussert. Wenn sich das Instrument jedoch auf einen präzisen Punkt konzentriert, durch Statistiken gestützt wird, verlässliche Ergebnisse aufzeigt und Empfehlungen abgibt, die in die Gesetzgebung übertragen werden können, kann es zu einer Sensibilisierung der Akteure und zur Erhöhung der Transparenz beitragen.

Den grössten Einfluss im politischen Entscheidungsprozess weist die RFA auf, obwohl auch dieser bescheiden ist. Die Verwaltungskultur hat sich nicht merklich verändert. Die Instrumente sind selten die einzige
Ursache späterer Massnahmen. Ihr Einfluss erfolgt nicht auf der strategischen Ebene; sie wirken sich nicht auf die konzeptuelle Ausrichtung eines Gesetzes aus. In einigen Fällen wird ein Einfluss auf der operativen Ebene sichtbar, durch die Änderung gewisser Artikel von Gesetzen oder Verordnungen. Der Beitrag der Stellungnahmen des Forums KMU im politischen Entscheidungsprozess bleibt klar ungenügend.

4409

Abbildung 2 Instrument mit dem grössten Einfluss auf den Entscheidungsprozess (Erwähnungen in den 37 durchgeführten Interviews) al le drei RFA Verträgl ichkei ts te st Fo rum KM U keines kein e Antwo rt

0

2

4

6

8

10

12

14

Quelle: PVK

Schlussfolgerungen Auch wenn klar ist, dass die RFA, der KMU-Verträglichkeitstest und das Forum KMU allein nicht ausreichen, um eine Gesetzgebung von guter Qualität hervorzubringen, können sie doch zur Berücksichtigung der Probleme der KMU beitragen.

Die Instrumente des Bundes zur Unterstützung der Rechtsetzung fördern bei allen betroffenen Akteuren eine Entscheidungsfindung, die sich auf solide analytische Grundlagen stützt, als Ergänzung zur Beeinflussung durch Politik, Experten und Konsens. Die Information, die aus ihnen hervorgeht, ist ein Beitrag zur demokratischen Debatte, aber ihre Auswirkungen, d.h. ihre Bekanntheit, ihre Nutzung und ihr Einfluss sind in der Schweiz noch sehr beschränkt.

2.1.2

Rentenwachstum und Rolle des Bundes bei der Invalidenversicherung

Die schweizerische Invalidenversicherung (IV) verzeichnet seit geraumer Zeit ein beunruhigendes Rentenwachstum. Seit Mitte der 1980er-Jahre hat sich der Anteil der IV-Rentner an der Bevölkerung ungefähr verdoppelt. Vor diesem Hintergrund ist die IV in eine starke finanzielle Schieflage geraten ­ Ende 2004 betrug ihre Verschuldung über 6 Milliarden Franken, und bis Ende 2007 wird die Schuld der Versicherung voraussichtlich auf über 11 Milliarden Franken anwachsen. Das Rentenwachstum in der IV widerspricht dem Grundsatz «Eingliederung vor Rente» und ist auch sozialpolitisch unerwünscht. Vor diesem Hintergrund beauftragte die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (GPK-S) die PVK im April 2004 mit einer Evaluation ausgewählter Aspekte der IV. In einem ersten Schritt verlangte die Kommission von der PVK einen Überblick über die verschiedenen Faktoren des Rentenwachstums.

4410

Faktoren des Rentenwachstums in der IV Der Bericht zu den Faktoren des Rentenwachstum beruht auf einer Analyse der einschlägigen Fachliteratur; er unterscheidet zwischen exogenen, im sozio-ökonomischen Umfeld der IV liegenden, und endogenen, vom Versicherungssystem beeinflussbaren Faktoren des Rentenwachstums.

Zu den wichtigen exogenen Faktoren des IV-Rentenwachstums zählen die demografische Alterung, der dynamische Krankheitsbegriff und namentlich die Zunahme von psychischen und somatoformen Beschwerden als Invaliditätsursache, die wachsende Arbeitslosigkeit, die schwindende Integrationsbereitschaft der Unternehmen, Eingliederungsprobleme von gering qualifizierten Einwanderern sowie die wachsenden Erwartungen der Versicherten an den Sozialstaat, die im Einzelfall bis zum Missbrauch von Leistungen reichen können.

Dem Wunsch der Kommission folgend, richtete die PVK das Augenmerk ihrer Literaturstudie hauptsächlich auf die endogenen Faktoren des Rentenwachstums und kam zu folgenden Ergebnissen: Im Vergleich zu ausländischen Systemen zeichnet sich die schweizerische IV durch ein vergleichsweise weit reichendes Leistungs- und Adressatenspektrum aus; als Volksversicherung richtet sie Leistungen auch an Personen aus, die nie Beiträge einbezahlt haben, und sie vergütet Leistungen nach relativ kurzer Beitragsdauer. Bei gewissen Empfängergruppen führt die Bemessungsmethode tendenziell zu überhöhten Invaliditätsgraden, und die periodisch durchgeführten Revisionen führen nur selten zur Reduktion oder Aufhebung von bestehenden Renten.

Schwachstellen im Abklärungsverfahren der IV erschweren die berufliche Eingliederung und fördern die Tendenz zur Rente. Die Anmeldung Betroffener bei der IV erfolgt oft spät, und die diffizile Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen sowie die Vielzahl der involvierten Vollzugsakteure führen häufig zu langen Verfahrensdauern. Zwischen den verschiedenen Bereichen der Sozialversicherung bestehen Koordinationsprobleme, von denen die IV als Zweitversicherung insbesondere bei krankheitsbedingter Invalidität besonders negativ betroffen ist. Die Tendenz zur Medizinalisierung sozialer Probleme, eine einseitig auf die Interessen der Versicherten fokussierte Entscheidpraxis gewisser Vollzugsakteure und die intensive Nutzung verfügbarer Rechtsmittel durch die Versicherten sind weitere
rententreibende Faktoren im Abklärungsverfahren der IV.

Um den Grundsatz «Eingliederung vor Rente» konsequenter zu praktizieren, fehlt es an Anreizen für die Weiterbeschäftigung oder Neueinstellung Behinderter, und bestehende Anreize sind bei den Arbeitgebern zu wenig bekannt. Die Unterstützungsleistungen der Vermittlungsinstitutionen werden als ungenügend taxiert.

Einige Kantone handhaben den Zugang zu den beruflichen Massnahmen restriktiv und laufen dadurch Gefahr, Versicherte mit guten Erfolgsaussichten auf eine berufliche Eingliederung aus einer Massnahme auszuschliessen. Möchte ein Rentenempfänger seine Erwerbstätigkeit ausbauen, so wird dieses Engagement unter Umständen infolge einer Rentenkürzung mit einer Reduktion des Gesamteinkommens «bestraft», was einen klaren Fehlanreiz darstellt.

Der Vollzug der IV obliegt massgeblich den kantonalen IV-Stellen. Der Bund hat indessen eine wichtige Aufsichtsfunktion und darüber hinaus eigene Vollzugskompetenzen in der IV; ob die Art und Weise, wie namentlich das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) seine Aufgaben in der IV wahrnimmt, ebenfalls zum 4411

Rentenwachstum in der IV beiträgt, konnte im Rahmen der Literaturanalyse nicht beantwortet werden und war Gegenstand der vertieften Abklärung des zweiten Teils der vorliegenden Evaluation.

Gestützt auf die Literaturanalyse zu den Faktoren des Rentenwachstums in der IV beauftragte die GPK-S die PVK in einem zweiten Schritt mit einer vertieften Analyse der Rolle des BSV in der IV. Dabei sollte insbesondere aufgezeigt werden, wie das BSV im Zeitraum 1995­2005 seine gesetzlichen Aufgaben im Bereich der Aufsicht über die kantonalen IV-Stellen sowie im Bereich der Weiterentwicklung der Gesetzgebung wahrgenommen hat. Die PVK beauftragte das Interface Institut für Politikstudien mit der Durchführung dieser vertiefenden Analyse, dessen Expertise zu folgenden Ergebnissen kommt: Wahrnehmung der Aufsicht über die IV durch das BSV Der Gesetzgeber gibt dem BSV umfassende Aufsichtskompetenzen in der IV und einen grossen Handlungsspielraum bei der konkreten Umsetzung seiner Aufsichtspflicht. Die Kantone haben ihrerseits eine Organisationsfragen betreffende Aufsichtsfunktion über die IV-Stellen. Diese zwischen Bund und Kantonen geteilte Aufsicht über den IV-Vollzug ist indessen nicht in allen Teilen klar geregelt und die Kooperation ist ungenügend, was teilweise zu einem Aufsichtsvakuum führt. Ausserdem zeigt sich, dass die im Rahmen der 3. IV-Revision angestrebte organisatorische Entflechtung der IV von der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) nicht in allen kantonalen Organisationsmodellen im Sinne des Bundesgesetzgebers realisiert wurde.

Bis ins Jahr 2000 hat das BSV seine fachliche Aufsicht über den Vollzug der IV nur punktuell wahrgenommen. Im Bereich der retrospektiven Aufsicht verfügte das Amt lediglich über die alle fünf Jahre statt findende materielle Geschäftsprüfung der IV-Stellen, und dem Instrument waren erhebliche Mängel zu attestieren. Auch die präventiven Aufsichtsinstrumente (Weisungen, Schulungsangebote usw.) waren nicht ausreichend, um einen einheitlichen und gesetzeskonformen Versicherungsvollzug zu gewährleisten. Seit dem Jahr 2000 nimmt das BSV seine fachliche Aufsichtsfunktion zwar verstärkt wahr, hat neue Instrumente implementiert und bestehende verbessert. Doch einige Aufsichtsinstrumente weisen nach wie vor Mängel auf, und die einzelnen Instrumente sind nicht in eine Gesamtstrategie
der fachlichen Aufsicht eingebettet. Entsprechend werden die einzelnen Aufsichtsergebnisse nicht zu einer fachlichen Gesamtbeurteilung des Gesetzesvollzugs durch die einzelnen IV-Stellen zusammengeführt.

Im Rahmen der administrativen Aufsicht führte das BSV Ende der 1990er-Jahre ein Berechnungsmodell zur Personalausstattung der einzelnen IV-Stellen ein. Dieses Berechnungsmodell stellt unbestritten eine gute Grundlage für die proportionale Verteilung der Personalressourcen auf die IV-Stellen dar. Die finanzielle Aufsicht nimmt das BSV wahr, indem es jährlich den Voranschlag der IV-Stellen für die Verwaltungskosten sowie die Jahresrechnung genehmigt. Diese Praxis der differenzierten Budgetierung der Verwaltungskosten ist wenig effizient und entspricht nicht den Grundsätzen einer modernen Verwaltungsführung.

Zwischen den Rentenquoten der Kantone bestehen nach wie vor deutliche Unterschiede, die sich mit sozio-ökonomischen Faktoren allein nicht erklären lassen, sondern auch auf unterschiedliche Vollzugspraktiken in der IV zurückgeführt werden müssen (vgl. Abb. 3). Zwar sind gewisse, in den letzten Jahren erfolgte Verbes4412

serungen in der Bundesaufsicht über die IV positiv zu würdigen; dennoch ist festzuhalten, dass ein wesentliches Ziel der Bundesaufsicht über die IV, nämlich die Sicherstellung des einheitlichen Versicherungsvollzugs gemäss Artikel 64 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG),1 trotz umfassender Aufsichtskompetenzen des BSV bisher nicht erreicht wurde.

Abbildung 3 Wahrscheinlichkeit, eine IV-Rente zu beziehen, nach Kanton, Januar 2005

Quelle: BSV, 2005, IV-Statistik 2005, Bern

Weiterentwicklung der Gesetzgebung Was die Weiterentwicklung der Gesetzgebung betrifft, so sieht das BSV seine zentrale Aufgabe nicht in einem aktiven Agenda-Setting aufgrund seiner spezifischen Sachkompetenz, sondern in der Konkretisierung von Anliegen, welche seitens der Politik und des Departements an das Amt herangetragen werden. Seine Strategie bei der Gestaltung der IV-Gesetzesrevisionen muss als passiv bezeichnet werden.

Die fehlende organisatorische Differenzierung zwischen den gesetzgeberischen sowie den Vollzugs- und Aufsichtsaufgaben des Amtes trägt dazu bei, dass das BSV die allgemeinen Interessen in Sachen Gesetzgebung nur zweitrangig verfolgt.

Bei der Weiterentwicklung der Gesetzgebung erfolgten der Einbezug externer Akteure und der Rückgriff auf amtsinterne Kompetenzen im untersuchten Zeitraum nicht hinreichend und nicht systematisch. Die Zusammenarbeit zwischen dem BSV 1

Bundesgesetz vom 19.6.1959 über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20).

4413

und den IV-Stellen war in den letzten Jahren blockiert, weshalb die IV-Stellen bis vor kurzem in die Entwicklung der IV-Gesetzgebung nicht genügend einbezogen wurden. Das BSV nutzt seine internen Forschungs- und Statistikressourcen im Bereich der IV nicht aus; das Amt hat es angesichts der alarmierenden Entwicklung in der IV verpasst, frühzeitig relevante Themenfelder zu bestimmen und für die notwendigen wissenschaftlichen Grundlagen zu sorgen. Obwohl sich die interne Datenlage und die Berücksichtigung von Forschungsresultaten bei den Vorarbeiten der 5. IVG-Revision im Vergleich zu früheren Revisionsprojekten verbessert haben, spielt die amtsinterne Forschung bei der Weiterentwicklung der gesetzlichen Grundlagen der IV bis heute eine untergeordnete Rolle und wird in die gesetzgeberische Arbeit nicht systematisch einbezogen.

Insgesamt muss festgestellt werden, dass das BSV die Dringlichkeit der Problematik des Rentenwachstums in der IV erst spät erkannte und es verpasste, frühzeitig eine grundsätzliche Strategie zur Eindämmung des Rentenwachstums zu erarbeiten. Es hat in diesem Sinne seinen Auftrag im Bereich der Entwicklung der Gesetzgebung gemäss Artikel 11 der Organisationsverordnung des Eidgenössischen Departements des Innern vom 28. Juni 2000 nur beschränkt wahrgenommen.

2.1.3

Anwendung und Wirkung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht

Vor dem Hintergrund der Revision der Ausländer- und Asylgesetzgebung hat die GPK-N die PVK am 22. März 2004 mit einer Evaluation der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht beauftragt. Das Mandat der GPK-N hatte zwei Hauptstossrichtungen. Erstens sollte die PVK die kantonale Anwendung der Zwangsmassnahmen und die Verbesserungen, die sie im Wegweisungsvollzug erbracht haben, untersuchen und zweitens die Wirkung der Massnahmen auf die Delinquenz von Asylsuchenden und illegal anwesenden Ausländern. Nach Kenntnisnahme der Evaluation hat die GPK-N am 7. April 2005 beschlossen, diese zu veröffentlichen und sie der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats (SPK-N) im Hinblick auf die Differenzbereinigung bei der Revision des Ausländergesetzes und des Asylgesetzes zur Verfügung zu stellen.2 Ihren eigenen Bericht mit den politischen Schlussfolgerungen und den Empfehlungen aufgrund der Evaluation der PVK und eigenen Anhörungen veröffentlichte die GPK-N am 24. August 2005.

Die Zwangsmassnahmen sind im Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) geregelt und auf den 1. Februar 1995 in Kraft getreten.3 Ihre wichtigsten Instrumente sind die Ausschaffungshaft für Ausländer, die keine Aufenthaltsbewilligung besitzen und die Anordnung von Ein- und Ausgrenzungen. Die PVK hat die Anwendung der Ausschaffungshaft in den Kantonen Basel-Landschaft (BL), Genf (GE), Schaffhausen (SH), Wallis (VS) und Zürich (ZH) in den Jahren

2

3

Zudem hat die PVK ­ im Beisein der Präsidentin der zuständigen Subkommission der GPK-N ­ die Ergebnisse der Evaluation schon am 13.1.2005 an einer Sitzung der SPK-S präsentiert. In der SPK-N erfolgte dies am 14.4.2005.

Bundesgesetz vom 26.3.1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20).

4414

2001­2003 untersucht.4 Weiter hat sie analysiert, wie sich diese Haft unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt darstellt und welche Verbesserungen sie im Wegweisungsvollzug erbracht hat. Zur Beantwortung der Frage zu den Wirkungen der Zwangsmassnahmen auf die Delinquenz von Asylsuchenden und illegal anwesenden Ausländern hat die PVK ein Mandat an Professor Martin Killias, Institut de Criminologie et de Droit Pénal (ICDP) der Universität Lausanne, vergeben. Die Ergebnisse beider Untersuchungsschwerpunkte basieren einerseits auf statistischen Erhebungen und andererseits auf Interviews mit Behörden auf kantonaler und Bundesebene und mit Vertretern nichtbehördlicher Organisationen.

Die Untersuchung zur Anwendung der Ausschaffungshaft hat ergeben, dass die einzelnen Kantone diese Haft unterschiedlich anwenden. Das Spektrum reicht von einem restriktiven (GE) über einen zurückhaltenden (SH) bis zu einem konsequenten und regelmässigen Einsatz (BL, VS, ZH). Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Bundesgesetz über die Zwangsmassnahmen es den Kantonen mit einer «Kann»-Formulierung freistellt, die Ausschaffungshaft anzuordnen oder nicht. Ein weiterer Grund liegt darin, dass die kantonalen Gerichtsbehörden bei der Haftüberprüfung den Interpretationsspielraum des Gesetzes unterschiedlich ausschöpfen.

Wesentliche Differenzen zwischen den Kantonen gibt es aber nicht nur bei der Häufigkeit der Haftanordnungen, sondern auch beim betroffenen Ausländerkreis (illegal Anwesende oder Asylsuchende), hinsichtlich gewisser Nationalitäten oder der Haftdauer und dem Haftergebnis. Die unterschiedliche Anwendungspraxis bereitet den befragten Kantonsbehörden keine Probleme, ist aber für die Bundesebene mit Koordinationsproblemen und Effizienzeinbussen verbunden. Für betroffene Ausländer, so nichtbehördliche Stellen, erscheint die unterschiedlich intensive Anordnung von Zwangsmassnahmen als Ausdruck der Willkür.

In den untersuchten Kantonen bleiben rund 60­80 % der Inhaftierten weniger lang als einen Monat in Haft. Der Anteil der länger als sechs Monate Inhaftierten ist gering und überschreitet in keinem Kanton die 4-Prozent-Marke. Die durchschnittlichen kantonalen Mittelwerte der Haftdauer betragen zwischen 20 und 47 Tagen.

Die unter vier Tage dauernden Kurzhaften sind in einzelnen Kantonen sehr zahlreich; diese werden von den
kantonalen Gerichtsbehörden aufgrund der 96-StundenFrist zur Haftüberprüfung zumeist nicht hinsichtlich Vorliegens eines Haftgrundes überprüft, weshalb deren Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit von nichtbehördlicher Seite in Frage gestellt wird.

Die kantonalen Rückführungsraten unterscheiden sich voneinander und liegen zwischen 50 und 92 %. Mit einer Ausnahme (GE) liegen die Rückführungsquoten im ANAG-Bereich stets deutlich über jenen im Asylbereich. Das zeigt sich auch im Mittel der kantonalen Quoten, das im erst genannten Bereich 81 % beträgt und im zweiten 63 %. Unter dem Gesichtspunkt des direkten Rückführungserfolgs ist die Ausschaffungshaft im Asylbereich somit weniger wirksam als im ANAG-Bereich.

Die Analyse des Zusammenhangs zwischen der Haftdauer und dem Haftergebnis zeigt für beide Rechtsbereiche auf, dass die höchsten Rückführungsraten ­ z.T. über 90­100 % ­ bei den kurzen Haftfällen, also den unter einem Monat dauernden Inhaftierungen, erreicht werden (vgl. Abb. 4). Diese machen das Gros aller Haftfälle 4

Die PVK hat Dr. Thomas Widmer vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich beauftragt, eine Reihe von Daten zur Anwendung der Zwangsmassnahmen in den ausgewählten Kantonen zu beschaffen, aufzubereiten, statistisch auszuwerten und grafisch darzustellen.

4415

aus. Mit zunehmender Haftdauer sinken die Quoten in der Regel sehr deutlich, wobei der Asylbereich, aus dem die meisten der länger dauernden Fälle kommen, durchgehend unter dem ANAG-Bereich liegt. Die Wirksamkeit der Haft reduziert sich also im Verlaufe ihrer Dauer.

Abbildung 4 Ausschaffungshaft: Haftdauer-Haftergebnis

Wahrscheinlichkeit Rückführung

1

.8

.6

.4

.2 ANAG Asyl

0 0

40

80

120

160

200

240

280

Haftdauer in Tagen Quelle: Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich

Die Unterschiede zwischen dem ANAG- und dem Asylbereich können u.a. damit erklärt werden, dass illegal anwesende Personen zumeist gültige Reisedokumente besitzen und vielfach aus Ländern kommen, mit denen Rückübernahmeabkommen bestehen. Im Asylbereich ist dieses Instrument weniger wirksam, weil eine Rückführung trotz Inhaftierung praktisch aussichtslos sein kann, da sich z.B. die Identifikation als unverhältnismässig langwierig erweist oder die Inhaftierten nicht kooperationsbereit sind. Die Untersuchungsergebnisse haben im weiteren aufgezeigt, dass eine Rückführung nicht allein von der Anwendung oder Verschärfung der Zwangsmassnahmen abhängt, sondern auch von externen, zum Teil nicht beeinflussbaren Faktoren, wie etwa die Weigerung bestimmter Staaten, zwangsweise rückgeführte Personen einreisen zu lassen.

Ein Vergleich bezüglich der Gesamtzahl der Rückführungen im Asylbereich hat zum Ergebnis geführt, dass die Häufigkeit der angeordneten Ausschaffungshaft nicht zwingend mit einem höheren Rückführungsanteil bei den Abgängen in den untersuchten Kantonen einhergeht. Die Haft ist nur eine Möglichkeit im Ausschaffungsinstrumentarium. Kantone, die seltener zu diesem Instrument greifen, schaffen umso mehr Personen dadurch aus, dass sie die Ausreisepflichtigen am Tag der Abreise polizeilich am Aufenthaltsort abholen und zum Flughafen begleiten.

4416

Betreffend die Kosten der Ausschaffungshaft kann konstatiert werden, dass in vier von fünf Kantonen der Kostenanteil jener Personen, die im Anschluss an die Haft nicht rückgeführt werden konnten, überwiegt. Die Behörden schätzen die Ausschaffungshaft als relativ aufwändig und teuer ein. Die meisten von ihnen betrachten sie aber dennoch als Instrument, dessen Kosten durch den Nutzen gerechtfertigt wird.

Dabei ist in Betracht zu ziehen, dass die Durchsetzung rechtsstaatlicher Massnahmen stets mit finanziellem Aufwand verbunden ist. Von nichtbehördlicher Seite wird die Massnahme als teuer bezeichnet und darauf hingewiesen, dass das für die Haft aufgewendete Geld mit grösserem Effekt beispielsweise im Bereich der Rückkehrberatung investiert werden könnte.

Von den meisten Kantonen wird die Ausschaffungshaft als ein Mittel angesehen, welches dazu beitragen kann, den Wegweisungsvollzug sicherzustellen. Einen entscheidenden Einfluss auf das Gelingen einer Rückführung haben aber noch andere, gewichtige Faktoren: das Vorhandensein von funktionierenden Rückübernahmeabkommen oder das Vorliegen von Anreizsystemen, also Rückkehrprogrammen.

Die Zwangsmassnahmen sind dabei ein Element im Wegweisungsvollzug und haben die Funktion eines Druckmittels.

Eventuelle Wirkungen, welche die Zwangsmassnahmen im Hinblick auf die Verminderung der Delinquenz von Asylsuchenden und illegal anwesenden Ausländern erzielen, hat das ICDP hinsichtlich der Ausschaffungshaft und der Ausgrenzungen in den Kantonen GE und ZH analysiert. Dabei konnten z.T. signifikante Zusammenhänge festgestellt werden, die aber nur bei der Gruppe der Asylsuchenden die angestrebte Delinquenzminderung aufzeigten. Unter Berücksichtigung der Dauer der Zeiträume von zwei Jahren vor und nach Verhängung einer Massnahme resultierte bei den Asylsuchenden überwiegend ein signifikanter Rückgang der als angeschuldigt registrierten Personen wie auch ihrer Delinquenzhäufigkeit, und zwar besonders bei den Drogendelikten. Bei den Vermögensdelikten hingegen war die Wirkung nicht signifikant. Die Untersuchung hat zudem aufgezeigt, dass Ein- und Ausgrenzungen hinsichtlich der Wirksamkeit den Anordnungen der Ausschaffungshaft anscheinend überlegen sind.

2.1.4

Ressourcen und Umweltmanagement in der Bundesverwaltung

Der Bundesrat beschloss 1999, dass abgesehen von wenigen Ausnahmen sämtliche Dienststellen im 1. Kreis der Bundesverwaltung ein Ressourcen- und Umweltmanagement (RUMBA) einführen müssen. RUMBA hat zum Ziel, die Umweltbelastungen aller Dienststellen des Bundes zu reduzieren und damit auch Kosten einzusparen. Vier Jahre nach Programmstart hatte aber erst ein kleiner Teil der Bundesstellen die Einführung von RUMBA abgeschlossen. Für Ernüchterung sorgten auch die markante Zunahme der Flugreisen und der wachsende Papierverbrauch. Diese Zwischenbilanz deutete also auf Umsetzungsprobleme hin, welche die Zielerreichung des Programms ernsthaft in Frage stellten.

Vor diesem Hintergrund beauftragte die GPK-S die PVK am 25. Juni 2004 mit der Ausschreibung eines entsprechenden Expertenmandats. Das Mandat wurde nach einer Ausschreibung (Einladungsverfahren bei fünf Anbietern) an eine Arbeitsgemeinschaft von Interface Institut für Politikstudien GmbH (Luzern; Federführung) und evaluanda (Genf) vergeben.

4417

Folgende Methoden kamen im Rahmen der Evaluation zur Anwendung: Analyse einschlägiger Dokumente, quantitative Datenanalyse zur Zielerreichung bei 16 RUMBA-Einheiten der Bundesverwaltung, leitfadengestützte Experten-Interviews mit acht RUMBA-Akteuren und Durchführung einer breit angelegten InternetBefragung auf der Ebene der Programmsteuerung sowie in zirka 40 RUMBAEinheiten, die einen unterschiedlichen Einführungsstand aufweisen. Mit 87 % wies die Web-Umfrage eine sehr hohe Rücklaufquote aus.

Im Folgenden fassen wir ganz kurz die wichtigsten Resultate des Expertenberichts zusammen.5 Konzeption von RUMBA RUMBA baut grösstenteils auf bestehenden Strukturen und Organisationseinheiten auf und ist dadurch in die Verwaltungsstrukturen integriert. Mit der interdepartementalen Führung ist die Generalsekretärenkonferenz betraut. Diese hat als operatives Koordinations- und Führungsgremium die Koordinationsgruppe RUMBA geschaffen, welche durch die aus Vertretern verschiedener Ämter zusammengesetzte Fachgruppe RUMBA unterstützt wird. Benötigtes Fachwissen, das bei den Teilnehmenden des RUMBA-Programms nicht vorhanden ist, wird durch externe Experten eingebracht. Das Konzept sieht konsequenterweise auch vor, dass ein Mitglied der jeweiligen Geschäftsleitung Mitglied des Umweltteams der an RUMBA teilnehmenden Dienststelle ist. Die Dienststellen haben bei der Festlegung der Jahresziele im Rahmen der Umsetzung von RUMBA Handlungsspielraum und können so den spezifischen Gegebenheiten ihrer Dienststelle Rechnung tragen.

Die Evaluation von Interface/evaluanda kommt zum Schluss, dass RUMBA zweckmässig und zielführend konzipiert ist. Positiv wirke sich insbesondere aus, dass den Umweltteams in den einzelnen Dienststellen einen eigenen Handlungsspielraum gewährt wird und dadurch auch alle Akteure eingebunden werden. Es resultieren schlanke und verursachernahe Strukturen. Die Evaluation bewertet auch die Schwerpunktsetzung auf die betrieblichen Umweltaspekte der Verwaltung als sinnvoll.

Als problematischer Aspekt der Konzeption wird in erster Linie eine Überbewertung des durch individuelle Verhaltensänderungen der Mitarbeitenden in den RUMBAEinheiten erwarteten Einsparpotenzials identifiziert. Dagegen sieht das Programm den stark umweltrelevanten Querschnittsämtern keine spezifischen Mittel zur Umsetzung von Investitionen
im baulichen und technischen Bereich mit hohen Umweltentlastungspotentialen vor. Zudem werden aufgrund der internen Verrechnungsmodalitäten in der Bundesverwaltung ­ mit Ausnahme der Dienstreisen ­ RUMBArelevante Ausgaben nicht dezentral in den RUMBA-Einheiten budgetiert. Dadurch bestehen keine finanziellen Anreize zur Verbrauchsverminderung in den Bereichen Wärme, Strom sowie Papier/Entsorgung. Das in Einführung begriffene Neue Rechnungsmodell des Bundes eröffnet diesbezüglich neue Perspektiven.

5

Die GPK-S hat basierend auf dem Expertenbericht am 8.11.2005 in ihrem eigenen Bericht Schlussfolgerungen und Empfehlungen formuliert.

4418

Umsetzung von RUMBA Die Evaluation kommt zum Schluss, dass die Umsetzung von RUMBA in weiten Teilen gut gelingt. Stärken sieht die Evaluation in den konkreten Umsetzungshilfen der Fachgruppe RUMBA, beim Beitrag der externen Expertinnen und Experten zur Unterstützung der Einführung in den RUMBA-Einheiten sowie beim Engagement von Mitgliedern der Koordinationsgruppe RUMBA. Trotz zum Teil grossen Unterschieden zwischen den einzelnen Dienststellen werden auch das Engagement der Umweltteams in den RUMBA-Einheiten, die tatsächlich ergriffenen Massnahmen sowie die jährlich erstellten Umweltberichte, welche eine klare Beurteilung der Leistungen erlauben, positiv beurteilt. Die Befragung zeigte zudem, dass aus Sicht der Befragten die Umsetzung von RUMBA grossmehrheitlich nicht mit unverhältnismässigem Zeitaufwand verbunden ist.

Es kamen aber auch Schwächen zum Vorschein. So zeigen sich trotz dem positiven Gesamtbild zwischen den einzelnen Dienststellen deutliche Unterschiede sowohl in Bezug auf das Engagement und den Umsetzungswillen als auch bei der konkreten Umsetzung. Die Einführung von RUMBA in der Bundesverwaltung erfolgt teilweise schleppend, und für eingetretene Verzögerungen liegen nicht immer gute Gründe vor. Nach einem zögerlichen Start hat sich die Umsetzung beschleunigt, sodass die Einführungstermine gemäss Bundesratsbeschluss voraussichtlich grossenteils eingehalten werden können. Wie diese zum Schluss hin forcierte Einführung im Hinblick auf eine nachhaltige Weiterführung von RUMBA zu beurteilen ist, bleibt eine offene Frage.

Eine wichtige Schwachstelle ortet die Evaluation auch im Führungsbereich, namentlich in der zu wenig aktiven und zum Teil inkonsistenten Führung durch die interdepartementale Programmsteuerung (GSK, Koordinationsgruppe), aber auch durch die Departementsleitungen. Zudem sind die Geschäftsleitungen trotz gegenteiliger Vorgabe in vielen Fällen in den Umweltteams nicht vertreten. Dies schwächt potenziell die Handlungsfähigkeit der Umweltteams und die Verankerung von RUMBA in den Linienentscheidungen und erhöht die Wahrscheinlichkeit von RUMBA-Zielen zuwiderlaufenden Beschlüssen in der Linie. Die Verankerung von RUMBA in der Linie sollte weiter verstärkt werden.

Aus Sicht der befragten RUMBA-Einheiten werden schliesslich hoch umweltwirksame Massnahmen im baulichen und
technischen Bereich zuwenig zügig umgesetzt.

Aber auch in weiteren Bereichen sind in den Augen der befragten Akteure die Entscheidungen der übergeordneten Ebene mit den RUMBA-Zielen teilweise nicht konsistent. Die Wahrnehmung solcher Defizite bei hoch umweltrelevanten Entscheiden bewirkt in den RUMBA-Einheiten oftmals Frustrationen und vermindert die Bereitschaft der Mitarbeitenden für die im Programmkonzept zentralen eigenen Verhaltensänderungen.

4419

Reduktion der Umweltbelastung und Kosteneinsparungen In 16 Dienststellen, welche bereits über genügend lange Datenreihen verfügen, wurde die Entwicklung der Umweltbelastung nach Einführung von RUMBA vertieft untersucht. Dabei konnte eine Verminderung der Gesamtumweltbelastung um rund zehn Prozent festgestellt werden.6 Wie Abbildung 5 zeigt, konnten dabei in allen Sachbereichen Reduktionen erzielt werden. Bezüglich der Reduktion bei den Flugreisen ist auf die unterschiedlichen Befunde der Datenanalyse im Vergleich zu den in den Umweltberichten der Vorjahre publizierten Werten hinzuweisen. Sie beruhen darauf, dass wichtige Ämter wie das seco und das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) aus methodischen Gründen erst ab 2002 beziehungsweise 2003 in die Datenanalyse dieses Sachbereichs einbezogen wurden. Bei Einbezug früherer Werte würde die Bilanz der Flugreisen deutlich schlechter ausfallen. Die Erfolge im Bereich der Dienstreisen sind deshalb mit einer gewissen Zurückhaltung zu interpretieren. Die vorliegenden Resultate machen aber sehr deutlich, dass gerade im Bereich der Flugreisen Handlungsspielräume bestehen. So konnte das seco mit gezielten Massnahmen die Umweltbelastungen durch Flugreisen im Jahr 2003 erstmals seit Jahren senken (dies im Gegensatz zu anderen Ämtern ohne entsprechende Massnahmen).

6

Bei der Interpretation der Resultate ist zu berücksichtigen, dass die 16 untersuchten RUMBA-Einheiten eine Stichprobe mit einem überdurchschnittlichen Engagement darstellen. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass aus methodischen Gründen ­ mit einer Ausnahme (Bereich Papier) ­ keine quantitativ erhärteten Aussagen dazu gemacht werden können, inwieweit die Zielerreichung (allein) auf das Programm RUMBA zurückzuführen ist und wie stark externe Einflussfaktoren mitgespielt haben.

4420

Abbildung 5 Veränderung der Umweltbelastung pro Sachbereich und Mitarbeiter/in7 Wärme

Elektrizität

Dienstreisen

Papier+Entsorgung

Total

0.0%

-2.0%

-4.0%

-6.0%

-8.0%

-10.0%

-12.0%

-14.0%

Quelle: Interface/evaluanda: Evaluation des Ressourcen- und Umweltmanagements in der Bundesverwaltung. Schlussbericht zuhanden der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle.

Luzern und Genève, 2005.

Beim Kopier- und Druckerpapier, wo als einziger Sachbereich auch für die übrige Bundesverwaltung Vergleichswerte vorliegen, kann exemplarisch eine deutlich positive Entwicklung der Umweltbelastung im Zusammenhang mit RUMBA festgestellt werden. Während der Verbrauch von Kopier- und Druckerpapier in der übrigen Bundesverwaltung zwischen 1998 und 2003 um rund 5 % angestiegen ist, hat er im gleichen Zeitraum in den untersuchten RUMBA-Einheiten um 2,4 % abgenommen. Der Recycling-Anteil lag 2003 in der gesamten Bundesverwaltung bei 37 %, in den RUMBA-Einheiten hingegen bei 58 %. In diesem Bereich kann somit klar eine positive, auf RUMBA zurückzuführende Wirkung identifiziert werden.

Auch bei den mit der Umweltbelastungsreduktion verbundenen Kosteneinsparungen sind Erfolge festzustellen. Aufgrund von Hochrechnungen resultiert in den 16 untersuchten RUMBA-Einheiten im Jahr 2003 eine geschätzte gesamte Betriebskostenersparnis, die zwischen 300 000 Franken und 630 000 Franken liegen dürfte.

Die Daten erlauben keine zuverlässige Hochrechnung für die gesamte Bundesverwaltung und auch keine Extrapolation zu zukünftigen Einsparungen. Sie lassen hingegen den Schluss zu, dass sich die Kosteneinsparungen mit der gesamthaften Einführung von RUMBA im vom Bundesrat geschätzten Bereich bewegen werden 7

Die Zahlen beziehen sich auf die im Rahmen der Evaluation näher untersuchten 16 Dienststellen. Verglichen wird der Stand im Jahr 2003 im Vergleich zum Referenzjahr. Das Referenzjahr bezeichnet jenes Jahr, in welchem für eine Dienststelle die ersten zuverlässigen und aussagekräftigen Messdaten aus RUMBA vorliegen.

4421

(0,8­2,5 Mio. Franken pro Jahr andauernde Einsparungen gemäss Bundesratsbeschluss vom 15.3.1999). Werden diesen Einsparungen die jährlich maximal anfallenden Kosten in der Einführungsphase von 395 000 Franken für Dienstleistungen und Beratung zuhanden der RUMBA-Einheiten gegenübergestellt (gedeckt aus den ordentlichen Krediten), so resultiert für RUMBA klar eine positive Kosten-NutzenBilanz.

Nach Ansicht der Evaluatoren werden die Erfolge von RUMBA durch die beteiligten Akteure tendenziell unterschätzt. Namentlich die Reduktionen in den Infrastrukturbereichen Wärme- und Stromverbrauch sprechen dafür, dass die verantwortlichen zentralen Querschnittsämter durchaus wirksame Massnahmen ergreifen. Die kritische Beurteilung durch die befragten RUMBA-Einheiten weist auf Handlungsbedarf in Bezug auf eine verstärkte Kommunikation von tatsächlich erbrachten Leistungen und Erfolgen hin.

2.2

Neu begonnene Projekte im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht

Die PVK beobachtet die verschiedenen Bereiche der Bundespolitik und weist die GPKs auf Themen hin, die aus ihrer Sicht einer vertieften Abklärung aus der Optik der parlamentarischen Oberaufsicht bedürfen.

Im November 2004 unterbreitete die PVK den GPKs eine Liste mit Evaluationsanträgen zu folgenden Themen: ­

Vollzugsprobleme in der Bundesstatistik?

­

Erfolgsbilanz der Ressortforschung des Bundes

­

Aufsicht über die Infrastruktur-Grossprojekte am Beispiel der NEAT

­

Bauen ausserhalb der Bauzone: Wirtschaftliche Wirkungen und Bundesaufsicht

­

Lücken und undichte Stellen bei der direkten Bundessteuer

­

Stand der Dinge beim Bundesamt für Informatik und Telekommunikation

­

Die schweizerische Embargo- und Sanktionspolitik

­

Immobilienmanagement des Bundes (ziviler Bereich)

­

Leistungsbilanz des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie

­

Mittelfluss, strategische Führung und Kontrolle im Bereich der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA)

­

Armeematerial: Bedarfsplanung, Evaluation und Beschaffung

­

Internationale Rechtshilfe der Schweiz

­

Beizug externer Berater durch den Bund

4422

Gestützt auf diese Liste beauftragten die GPKs die PVK daraufhin mit der Ausführung folgender drei Evaluationsmandate: ­

Ressortforschung des Bundes

­

Kohärenz und strategische Führung der Aktivitäten der DEZA

­

Beizug externer Berater durch den Bund

Im Folgenden präsentieren wir die Ausgangslage und den Stand der Arbeiten dieser Projekte.

2.2.1

Ressortforschung des Bundes

Um über wissenschaftliche Kenntnisse für die Konzeption, Umsetzung und Evaluation von politischen Strategien zu verfügen, führt die Bundesverwaltung Forschungsarbeiten ­ die so genannte Ressortforschung ­ durch. Im Jahr 2003 entsprachen die Gesamtausgaben für diese Forschung gemäss Einschätzung des Bundesamtes für Statistik (BFS) einem Betrag von 240 Millionen Franken. Ressortforschung wird in zahlreichen Politikbereichen des Bundes betrieben (vgl. Abb. 6).

Obwohl die Grundidee der Ressortforschung weitgehend unbestritten ist, gaben die konkrete Praxis und die mangelnde Transparenz in diesem Bereich doch stets wieder zu kritischen Fragen Anlass. Trotz der Verbesserungen, die nach und nach vorgenommen wurden ­ z.B. Einsetzung eines Steuerungsausschusses für eine bessere Koordination, thematische und finanzielle Planung mittels Forschungskonzepten, Einrichtung eines Informationssystems ­, üben verschiedene Kreise aus Politik und Wirtschaft weiterhin Kritik an der Ressortforschung. Dies insbesondere wegen des Spardrucks der öffentlichen Hand und der Forderung nach mehr Transparenz im staatlichen Handeln.

Abbildung 6 Aufteilung der Mittel auf die Politikbereiche der Ressortforschung des Bundes im Jahr 2003 (in Mio. Fr.)

La ndwi r t sc ha f t

78

Ent wi c k l u ng u nd Z usa m me n a r be i t

52 . 3 2

En e r gi e

3 4 . 56

A n de r e ( i nk l . K ul t ur u nd g e se l l sc h . Ent wi c k l un g)

2 1.8 4

S i c he r he i t s- und Fr i e de nspo l i t i k

13 . 9 2

Ge sun dhe i t

12 .9 6

U m we l t

10 . 0 8

N a c hh a l t i ge r Ve r k e hr

7.9 2

N a c hh a l t i ge R a u me n t wi c k l ung und M o bi l i t ä t

5. 2 8

B e r u f sb i l dun g

1. 4 4

S oz i a l po l i t i k

1. 2

S por t und B e we gun g

0 .2 4 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Millionen Franken

Quelle: PVK aufgrund von Angaben des Staatssekretariates für Bildung und Forschung

4423

Insbesondere mit der Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Technologie in den Jahren 2000­20038 sind im Bereich der Ressortforschung verschiedene, sich ergänzende Massnahmen eingeleitet worden. Eines ihrer Hauptziele liegt darin, die gesamte Ressortforschung des Bundes in einer Strategie zu integrieren. Als zentrale Massnahme, um eine kohärente Ausgestaltung der Ressortforschung zu erreichen und Doppelspurigkeiten zu vermeiden, sind die seit 1998 für verschiedene Politikbereiche erstellten Forschungskonzepte zu betrachten. Diese Konzepte sollen u.a. die ganze mit öffentlichen Mitteln finanzierte Forschung im entsprechenden Politikbereich erfassen und die künftigen Forschungsschwerpunkte aufzeigen.

In diesem Kontext hat die zuständige Subkommission der GPK-N am 2. Juni 2005 die PVK mit einem Evaluationsmandat beauftragt, das auf das Instrument der Forschungskonzepte der Ressortforschung fokussiert ist. Im Zentrum der Evaluation steht die Frage, ob mit der Einführung der Forschungskonzepte eine effektive strategische und finanzielle Planung in der Ressortforschung etabliert werden konnte.

Dazu sollen drei Hauptuntersuchungsfragen beantwortet werden: ­

Sind die Kompetenzzuteilung und die Ressourcenausstattung im Behördenarrangement der Ressortforschung geeignet, die Ressortforschung effektiv und effizient zu steuern?

­

Inwieweit sind die vorliegenden Forschungskonzepte geeignet, eine koordinierte und kohärente Steuerung der Ressortforschung sicherzustellen?

­

Wie ist die Umsetzung der Forschungskonzepte durch die Dienststellen der Bundesverwaltung zu beurteilen?

Nach einer öffentlichen Ausschreibung des Mandats hat die PVK am 17. August 2005 die Firma Landert Farago Partner mit der Durchführung dieser Evaluation beauftragt.

Die Ergebnisse der Evaluation werden der GPK-N im Frühling 2006 präsentiert.

2.2.2

Kohärenz und strategische Führung der Aktionen der DEZA

Die Grundsätze der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) des Bundes sind im Bundesgesetz vom 19. März 1976 über die internationale EZ und humanitäre Hilfe9 geregelt. Die EZ orientiert sich zudem an der Agenda, die auf internationaler Ebene durch die Millenniums-Entwicklungsziele und die Millenniumserklärung festgelegt wurde. Das Wichtigste von ihr angestrebte Ziel ist die Verringerung der Armut.

Mit einem Budget von 1,3 Milliarden Franken für das Jahr 2005 ist die DEZA der Hauptakteurin der schweizerischen EZ und für die Koordination der internationalen EZ zuständig. Die Verantwortung für die Umsetzung dieses gesetzlichen Auftrags ist zwischen zwei Bundesämtern aufgeteilt: der DEZA im Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und dem seco im EVD. Auf der Grundlage einer ge8 9

Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Technologie in den Jahren 2000­2003 vom 25.11.1998 (BBl 1999 374 ff).Fussnotentext Bundesgesetz vom 19.3. 1976 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe (SR 974.0).

4424

meinsamen Erklärung (High Level Statement vom Februar 2004) sowie der Strategie 2010 der DEZA und der Strategie 2006 des seco haben die beiden Ämter den strategischen Rahmen ihrer Entwicklungspolitik festgelegt.

Zur Erfüllung ihres Auftrags verwendet die DEZA vier Instrumente: die bilaterale Zusammenarbeit, die multilaterale Zusammenarbeit, die Zusammenarbeit mit Osteuropa und die humanitäre Hilfe. Sie beschäftigt rund 1700 Personen in der Schweiz und im Ausland (davon 1150 lokale Angestellte) und hat im Jahr 2005 rund tausend Projekte in verschiedenen Sektoren (Landwirtschaft, Wasser, Umwelt, Gesundheit usw.) und Themenbereichen (Regierungsführung, soziale Entwicklung, Beschäftigung usw.) realisiert.

Angesichts der Dichte und der Komplexität des Bereichs der EZ war die DEZA Gegenstand zahlreicher Kritiken, namentlich in Bezug auf die Transparenz ihrer Aktivitäten, die Kohärenz zwischen Prioritäten, Zielen und Inhalt ihrer Programme und Projekte, die thematische und regionale Verzettelung ihrer Aktivitäten sowie die starke Autonomie. Abbildung 7 weiter unten zeigt die Schwerpunktregionen des Einsatzes der DEZA, wobei nicht alle von der DEZA unterstützten Länder hervorgehoben sind; 2004 waren es über 70.

Abbildung 7 Schwerpunktregionen der DEZA im Jahr 2005

Quelle: DEZA, 2005

In diesem Zusammenhang hat die zuständige Subkommission der GPK-S am 20. Mai 2005 die PVK beauftragt, eine Untersuchung zur DEZA durchzuführen, welche den Schwerpunkt auf die Strategie, die Kohärenz und die Kontrolle der Aktivitäen der DEZA legt. Von diesem Auftrag ausgehend erfolgt die Evaluation zweigleisig. Die erste Stossrichtung setzt sich mit der inhaltlichen Kohärenz der Entwicklungspolitik der DEZA auseinander, d.h. mit der Kohärenz zwischen den Prioritäten, den Zielen und den Projekten der DEZA. Dieser Teil des Auftrags wurde 4425

einem Team von externen Experten des Unternehmens B,S,S. Volkswirtschaftliche Beratung aus Basel übergeben, das die folgenden Fragen zu beantworten hat: ­

Welche Ziele und Schwerpunkte im Bereich der EZ sind der DEZA durch die gesetzlichen Grundlagen und die Weisungen des Bundesrates gegeben?

­

Inwiefern sind die Leistungen der DEZA (Strategie 2010, Sektionsstrategie, Strategie nach Schwerpunktland usw.) konsistent und übereinstimmend mit den festgelegten Zielen (vertikale Kohärenz)?

­

Inwiefern sind die Leistungen der DEZA (Strategie 2010, Sektionsstrategie, Strategie nach Schwerpunktland usw.) untereinander konsistent (horizontale Kohärenz)?

Die zweite Strossrichtung, die sich mit der Zusammenarbeit und den Entscheidungsprozessen der Strategiebildung in der DEZA auseinandersetzt, erfolgt PVK-intern und hat die folgenden Fragen zu beantworten: ­

Welche Abläufe, Zuständigkeiten und Verantwortungen werden durch die gesetzlichen Grundlagen den Schlüsselakteuren der EZ zugewiesen, in Bezug auf die Festlegung der Ziele und der globalen Schwerpunkte der DEZA (Strategie 2010, Leitbild Nord-Süd usw.)?

­

Inwiefern entspricht der Entscheidungsprozess bei der Festlegung der Prioritäten und der Ziele der EZ der DEZA den gesetzlichen Vorgaben?

­

Wie geeignet sind das Behördenarrangement und die Abläufe bei der Festlegung der Schwerpunkte und der Ziele der DEZA im Hinblick auf eine effiziente Steuerung, Umsetzung und Kontrolle der EZ der DEZA?

Der Schlussbericht dieser Evaluation wird der GPK-S im April 2006 vorgelegt werden.

2.2.3

Beizug von externen Experten in der Bundesverwaltung

Der Beizug externer Experten durch die Bundesverwaltung wird in Politik und Medien zunehmend kritisch wahrgenommen. Es ist die Rede von einer stetigen Zunahme und ungenügender Kontrolle der Expertentätigkeit. Im Raum steht auch der Vorwurf der Vetternwirtschaft: bestimmte Ämter würden über Jahre immer mit den gleichen Experten zusammenarbeiten und entsprechende Mandate nicht ausschreiben. Zudem werden Zweifel sowohl an der Unabhängigkeit der Gutachten wie auch an deren Notwendigkeit und deren konkretem Nutzen geäussert. Schliesslich wird moniert, dass die externen Beratungsleistungen zur Erfüllung von Daueraufgaben sowie zur Überbrückung von Personalengpässen eingesetzt würden und damit de facto die restriktive Personalpolitik umgangen würde.

Die Antworten des Bundesrates auf entsprechende parlamentarische Vorstösse konnten die vielerorts geäusserten Vorbehalte nicht überzeugend entkräften. Vielmehr gab der Bundesrat zumindest indirekt zu erkennen, dass er selber keine Übersicht über die aktuelle Praxis des Expertenbeizugs und dessen finanzielle Bedeutung besitzt.

Diese Feststellung lässt sich auch anhand von Abbildung 8 verdeutlichen. Die Abbildung schätzt den Aufwand für den Beraterbeizug anhand von Daten aus ver4426

schiedenen Quellen. Verglichen werden die dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand weitgehend entsprechenden, aber nur für vier Amtsstellen verfügbaren Zahlen der Finanzdelegation einerseits, mit Zahlen, welche für die ganze Bundesverwaltung verfügbar sind andererseits (Beschaffungsstatistik, Staatsrechnung). Das Ausmass der festgestellten Diskrepanzen lässt sich zumindest teilweise aus der unterschiedlichen Abgrenzung der jeweiligen Datengrundlagen erklären. Wichtiger als die Diskrepanzen ist die Feststellung, dass aufgrund verfügbarer Daten kein einigermassen verlässliches Bild über den Umfang des Expertenbeizugs zu erhalten ist.

Abbildung 8 Abschätzung des finanziellen Umfangs externer Mandate von vier Bundesämtern (Jahre 2002 und 2003)

Millionen CHF

120 100 80 60 40 20 0 BUWAL

BLW

BFE

SECO

F inanzdelegat ion B eschaff ungsstat ist ik WTO F inanzrechung

Quelle: PVK, unter Verwendung von Unterlagen der Finanzdelegation, der Beschaffungsstatistik (erstellt vom seco zuhanden der Welthandelsorganisation [WTO]) und der Finanzrechnung des Bundes.10

Da bisher keine aussagekräftigen und vergleichbaren Daten zum Beizug externer Experten durch die Bundesverwaltung vorliegen, drängt sich eine Bestandesaufnahme auf, welche die notwendige Transparenz herstellen soll. Deshalb hat die zuständige Subkommission der GPK-S der PVK den Auftrag erteilt, eine breit angelegte Erhebung von Expertenmandaten in allen Verwaltungseinheiten des ersten Kreises der Bundesverwaltung durchzuführen. Erst auf dieser Grundlage wird es möglich sein, die Tragweite der angesprochenen Kritik angemessen zu würdigen und allenfalls gezielt weitere, vertiefende Abklärungen zu treffen. Konkret soll die Erhebung Antworten auf die folgenden Fragen liefern:

10

Rubrik Dienstleistungen Dritter: Kommissionen und Honorare, Forschungs- und Entwicklungsaufträge, EDV-Dienstleistungen Dritter, Aus- und Weiterbildung, übrige Dienstleistungen Dritter.

4427

Welchen Umfang und welches Profil hat der Expertenbeizug beim Bund? Wie ist dieses Profil im Hinblick auf die vom Beschaffungsrecht im Grundsatz angestrebte Stärkung des Wettbewerbs zu beurteilen?

­

Wie gross sind die Anzahl und der finanzielle Umfang der jährlich vergebenen Mandate?

­

Wie hoch ist der Anteil der in einem Wettbewerbsverfahren (offene oder selektive Ausschreibung, Einladungsverfahren) im Vergleich zu den freihändig vergebenen Mandaten?

­

Wie hoch ist das Auftragsvolumen für Personalstellungsverträge im Verhältnis zu den gesamten Personalausgaben?

­

Welche Unterschiede bestehen zwischen verschiedenen Dienstellen und Departementen?

Wie ist die Zweckmässigkeit der Steuerungsaktivitäten zu beurteilen, welche die Departemente im Hinblick auf die Vergabepraxis der untergeordneten Dienststellen ergreifen?

­

Welche Aktivitäten entfalten die Departemente im Hinblick auf die Steuerung, Koordination und Kontrolle der Vergabe von Expertenmandaten durch die Ämter?

­

Insbesondere: Welche Aktivitäten werden im Hinblick auf die Stärkung des Wettbewerbs ergriffen?

Die laufenden Arbeiten wurden eng mit der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) koordiniert, welche im Jahr 2005 bei fünf Dienststellen (BFS, BSV, Bundesamt für Gesundheit, Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport) eine Querschnittprüfung «Dienstleistungsverträge» durchführte. Diese Dienststellen wurden von der Erhebung der PVK ausgenommen. Die Ergebnisse der EFK-Untersuchungen sollen aber im Rahmen der Berichterstattung der PVK angemessen berücksichtigt werden.

Der entsprechende Schlussbericht wird der zuständigen Subkommission voraussichtlich im zweiten Quartal 2006 vorgestellt.

3 3.1

Wirksamkeitsüberprüfungen gemäss Artikel 170 BV Evaluation ­ auch eine Aufgabe der Legislativkommissionen

Evaluationen staatlicher Massnahmen kommen nicht nur im Bereich der Oberaufsicht, sondern auch im Bereich der Legislativkommissionen zum Einsatz. In diesem Rahmen dienen sie ­ ex ante ­ der Folgenabschätzung geplanter Gesetzesprojekte oder ­ ex post ­ der Wirksamkeitsüberprüfung eines bestehenden Erlasses im Hinblick auf eine anstehende Revision. Gestützt auf Artikel 170 der revidierten Bundesverfassung (BV) bezeichnet das per 1. Dezember 2003 in Kraft getretene ParlG die Überprüfung der Wirksamkeit der Massnahmen des Bundes als Aufgabe aller Kommissionen.11 11

Art. 44 Abs.1 Bst. e ParlG.

4428

Die Legislativkommissionen können die Durchführung von Evaluationen mittels direkter Aufträge an den Bundesrat oder gesetzlicher Evaluationsklauseln an die Exekutive delegieren. Auf der Basis des neuen ParlG können die Legislativkommissionen aber auch auf die Dienstleistungen der PVK oder der EFK zurückgreifen. Ein Evaluationsmandat zuhanden der PVK oder der EFK im gesetzgeberischen Bereich macht vor allem bei Gesetzgebungsprojekten von grosser politischer oder finanzieller Tragweite Sinn oder ist angebracht, wenn sich eine Legislativkommission zusätzlich zu den Vorarbeiten der Exekutive eine unabhängige Zweitmeinung wünscht.

Damit die Kohärenz der Evaluationsaktivitäten der Legislativkommissionen mit jenen der Kontrollkommissionen sichergestellt ist, müssen die Legislativkommissionen gemäss Artikel 54 Absatz 4 ParlG Antrag bei der Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und -delegationen (KPA) stellen, wenn sie die PVK oder die EFK mit einer Evaluation beauftragen wollen.

Vor diesem Hintergrund behandelte die KPA an ihrer Sitzung vom 8. Juni 2005 einen Evaluationsantrag der ständerätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-S) betreffend die Kulturstiftung Pro Helvetia und übergab der PVK erstmals seit Inkrafttreten des neuen ParlG ein Evaluationsmandat einer Legislativkommission (vgl. Abschnitt 3.2).

3.2

Evaluation Pro Helvetia

Im Auftrag der WBK-S evaluiert die PVK gegenwärtig die Kulturstiftung Pro Helvetia. Pro Helvetia ist eine Stiftung öffentlichen Rechts und eine der Hauptträgerinnen der Kulturförderung des Bundes. Die Stiftung hat den Auftrag, kulturelle Bestrebungen von gesamtschweizerischem Interesse und den kulturellen Austausch mit dem Ausland zu fördern. 1939 als Arbeitsgruppe im Zuge der geistigen Landesverteidigung gegründet, ist die Stiftung heute weltweit tätig und verfügte im Jahr 2005 über ein Budget von 33 Millionen Franken. Mit einer Zustimmungsquote von 50 % bearbeitet die Stiftung jährlich rund 3500 Fördergesuche und führt darüber hinaus stiftungseigene Programme durch (vgl. Abb. 9).

In der Wintersession 2004 kam es im Ständerat zu einer unerwartet heftigen Kulturdebatte. Auslöser war die umstrittene Ausstellung «Swiss-Swiss Democracy» des Schweizer Künstlers Thomas Hirschhorn im Centre Culturel Suisse in Paris, die von Pro Helvetia finanziell unterstützt worden war. Pro Helvetia ist indessen nicht erst seit den Ereignissen um die Pariser Hirschhorn-Ausstellung Gegenstand diverser parlamentarischer Vorstösse und Debatten. Zu den immer wieder geäusserten Kritikpunkten an der Stiftung gehören etwa die unklare Kompetenzaufteilung zwischen dem Stiftungsrat und der Geschäftsstelle, die Schwerfälligkeit des Gesuchsbearbeitungsverfahrens, die vergleichsweise hohen Gemeinkosten der Stiftung oder die unklare Arbeitsteilung von Pro Helvetia mit anderen Kulturförderungsstellen.

Der Evaluationsauftrag der WBK-S vom 25. August 2005 erfolgte im Hinblick auf die parlamentarische Beratung des neuen Kulturförderungsgesetzes (KFG) und des zu revidierenden Pro-Helvetia-Gesetzes (PHG).12 Mit Artikel 69 der BV erhielt die Kulturförderung des Bundes nach über Jahre sich hinziehenden Diskussionen eine explizite Verfassungsgrundlage. Das neue KFG konkretisiert Artikel 69 BV auf der Gesetzesstufe. Es zielt insbesondere darauf, Schwerpunkte in der Kulturförderung zu 12

Bundesgesetz vom 17.12.1965 betreffend die Stiftung «Pro Helvetia» (SR 447.1).

4429

bilden, die Zusammenarbeit des Bundes mit den dezentralen Kulturförderstellen zu stärken und die Zuständigkeiten der verschiedenen Bundesakteure zu entflechten.

Die Revision des PHG verfolgt in erster Linie das Ziel, die Organisationsstrukturen der Stiftung zu modernisieren.

Vor dem Hintergrund der erwähnten Kritik des Parlaments an Pro Helvetia, aber auch angesichts der internen Reformen, die die Stiftung in den vergangenen Jahren durchgeführt hat, erwartet die WBK-S von der PVK eine Bestandesaufnahme zu den Stärken und Schwächen der Stiftung in ihrer heutigen Form sowie eine ex-anteBeurteilung der geplanten gesetzlichen Neuregelungen. Im Sinne einer Zweitmeinung im Hinblick auf die kommenden parlamentarischen Beratungen, möchte die Kommission die bundesrätliche Botschaft zum KFG und zum PHG mit einer verwaltungsunabhängigen Expertise ergänzen. Der Bericht der PVK soll insbesondere folgende Fragen beantworten: ­

Wo liegen aus heutiger Sicht die Stärken und Schwächen im Konzept, in den Aktivitäten und Dienstleistungen von Pro Helvetia?

­

Wie ist die Positionierung der Stiftung im kulturpolitischen Umfeld des Bundes, aber auch der dezentralen Kulturförderstellen zu beurteilen?

­

Welches sind die Schwachstellen der internen Strukturen und Abläufe der Stiftung nach bisherigem Recht?

­

Welche Erfolge haben diesbezüglich die in der Zahlungsperiode 2000­2003 eingeleiteten internen Reformen gebracht?

­

Lassen die Entwürfe des KFG und des PHG eine Verbesserung der allfälligen Schwachstellen und eine Beibehaltung der Stärken der Stiftung erwarten?

Die PVK wird der WBK-S die Ergebnisse der Evaluation im 2. Quartal 2006 präsentieren.

Abbildung 9 Anzahl der im Jahr 2004 behandelten Gesuche zuhanden Pro Helvetia nach Sparten

Quelle: Pro Helvetia, Jahresbericht 2004, S. 18.

4430

4

Publikationen ausserhalb der Schriftenreihe der PVK

Um ihre Aktivitäten und Forschungsergebnisse auch in der interessierten Öffentlichkeit und im akademischen Umfeld bekannt zu machen, publiziert die PVK ausserhalb ihrer Schriftenreihe in Fachzeitschriften und Tageszeitungen. Ausserdem ist sie mit Vorträgen und Seminaren an Fachtagungen und universitären Lehrveranstaltungen präsent. Im Berichtsjahr erschienen in chronologischer Reihenfolge folgende Publikationen:13 Bättig, Christoph: Rentenklau! Die Untersuchungsergebnisse der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle, in: Info Zentralverband Staats- und Gemeindepersonal Schweiz 3/05, S. 2. Unter anderem Titel schon in Soziale Sicherheit 1/2005, S. 6 erschienen.

Im Sommer 2002 wurden die privaten Versicherungsgesellschaften mit dem Vorwurf des «Rentenklaus» konfrontiert. Im Auftrag der GPKs untersuchte die PVK, ob ein solcher «Rentenklau» im Rahmen der Anlage von Geldern der zweiten Säule oder der Verteilung entsprechender Anlageerträge tatsächlich stattgefunden hat. Die Untersuchung hat den angeblichen «Rentenklau» weder nachweisen noch widerlegen können. Die Untersuchungsergebnisse weisen aber auf bedenkliche Schwächen im System der beruflichen Vorsorge hin. Diese betreffen namentlich auch die Kontrolle und die behördliche Aufsicht über Sammeleinrichtungen von Versicherungsgesellschaften. Die inzwischen von Parlament, Bundesrat und Verwaltung eingeleiteten Korrekturen weisen in die richtige Richtung. Letztlich wird aber nur der konkrete Vollzug bereits beschlossener oder noch zu beschliessender Massnahmen zeigen, ob das Ziel einer transparenten zweiten Säule und einer wirksamen Aufsicht erreicht werden kann.

Duperrut, Jérôme: Le manque de confiance mine l'essor du commerce électronique, erschienen in: Le Temps, 28. April 2005, S. 21.

Dieser Artikel ist den wichtigsten Ergebnissen der Evaluation über den Konsumentenschutz im Bereich des elektronischen Handels gewidmet. Die GPK-N hatte die PVK im Mai 2003 mit der Durchführung dieser Evaluation beauftragt. Der Autor zeigt auf, dass angesichts der Eigenschaften des elektronischen Handels die heutigen Gesetze einen Konsumentenschutz, wie er im traditionellen Handel besteht, nicht gewährleisten können.

Duperrut, Jérôme: L'impact économique des lois est dramatiquement négligé, erschienen in: Le Temps, 24. Juni 2005.

In diesem Artikel werden die
wichtigsten Ergebnisse der von der PVK durchgeführten Evaluation Die drei KMU-Tests des Bundes: bekannt? genutzt? wirkungsvoll?

zusammengefasst. Der Autor hebt hervor, 1) dass diese Instrumente bei den politischen Akteuren nur teilweise bekannt sind, 2) dass sie vor allem innerhalb der Verwaltung genutzt werden und 3) dass ihr Einfluss gering bleibt.

13

Alle genannten Artikel können von der Webseite der PVK herunter geladen werden (www.parlament.ch Æ Kommissionen, PVK).

4431

Duperrut, Jérôme: Regulierungsfolgeabschätzung, KMU-Verträglichkeitstest und Forum KMU: Bescheidener Einfluss, in: Die Volkswirtschaft, Magazin für Wirtschaftspolitik, 11/2005, S. 47­50.

Angesichts einer wenig dynamischen Wirtschaftslage hat sich die Schweiz seit Ende der 1990er Jahre mit drei Instrumenten ausgestattet, die dazu beitragen sollen, dass die politischen Entscheidungsträger den Auswirkungen der neuen Gesetze und Verordnungen auf die Volkswirtschaft und auf die KMU vermehrt Rechnung tragen.

2004 hat die GPK-N die PVK beauftragt, zu prüfen, ob diese Instrumente bekannt, genutzt und wirkungsvoll sind. Dieser Artikel fasst die wichtigsten Ergebnisse des im Mai 2005 vorgelegten Berichts der PVK sowie die Empfehlungen der GPK-N zusammen.

5

Weitere Aktivitäten

Im laufenden Jahr hat sich die PVK mit der Optimierung ihrer Dienstleistungen für die GPKs befasst. Hauptsächlich ging es dabei um die Optimierung des Themenprozesses im Rahmen der Jahresplanung der beiden GPKs. Zudem hat die PVK die Anregungen von Kommissionsmitgliedern zur Durchführung wenig aufwändiger Prüfungen bei einzelnen Dienststellen der Bundesverwaltung («Geschäftsführungsaudit») soweit konkretisiert, dass im Jahre 2006 auf Wunsch der GPKs ein entsprechendes Pilotprojekt realisiert werden kann.

5.1

Optimierung Themenprozess

Artikel 10 Absatz 1a der Parlamentsverordnung14 gibt der PVK den ausdrücklichen Auftrag, die GPKs auf mögliche Untersuchungsthemen hinzuweisen. Deshalb legt die PVK der Koordinationsgruppe der GPKs jeweils Ende November eine Liste mit einem guten Dutzend kommentierter Vorschläge für zukünftige Evaluationen vor.

Auf dieser Grundlage formuliert die Koordinationsgruppe einen Antrag zu Handen der GPKs über die im Folgejahr durchzuführenden Evaluationen. Im Rahmen dieses Verfahrens wurden im Berichtsjahr verschiedene Optimierungen eingeleitet bzw.

bereits umgesetzt:

14

­

Nach Rücksprache mit dem Sekretariat der GPKs werden die Subkommissionen stärker als bisher in die Themenfindung einbezogen. Neu werden die ausformulierten Themenvorschläge den Präsidentinnen und Präsidenten der betroffenen Subkommissionen vorgelegt, bevor die Koordinationsgruppe ihren Antrag für die Jahresplanung formuliert. Die Koordinationsgruppe kann so in Kenntnis der Präferenzen und allfälliger Vorbehalte der Subkommissionen entscheiden, welche die Evaluationen bearbeiten werden.

­

Die PVK hat sich dafür entschieden, die Themenfindung durch eine verbesserte elektronische Datenbank zu unterstützen. Die Datenbank erlaubt eine strukturierte Erfassung und einfache Aufbereitung von Vorschlägen, und zwar vom Stadium der Idee bis zum ausformulierten Themenvorschlag. Sie

Verordnung der Bundesversammlung vom 3.10. 2003 zum Parlamentsgesetz und über die Parlamentsverwaltung (Parlamentsverwaltungsverordnung, ParlVV; SR 171.115).

4432

ermöglicht eine effizientere Erstellung der Themenvorschläge und ein langfristig besseres internes Wissensmanagement.

­

5.2

Flexibilisierung der Jahresplanung: Im Jahr 2005 wurden die Beschlüsse der GPKs erstmals nicht im Sinne einer abschliessenden Liste der durchzuführenden Evaluationen gefasst. Erstmals wurde ein Reservethema vorgesehen.

Dieses Reservethema, eine Evaluation zum Immobilienmanagement des Bundes, wurde im Jahre 2005 zugunsten der Evaluation von Pro Helvetia zurückgestellt. Die PVK kann sich vorstellen, künftig die gesamte Jahresplanung in Form einer Prioritätenliste zu beschliessen. Auf diese Weise liesse sich zusätzlicher Spielraum zur Anpassung an veränderte Umstände schaffen.

Geschäftsführungsaudit

Die PVK wird den GPKs vorschlagen, im Rahmen der Jahresplanung 2006 die Durchführung eines Pilotprojekts in Form eines Geschäftsführungsaudits, im Folgenden kurz Audit genannt, durchzuführen. Sie entspricht damit einem von Mitgliedern der GPKs im Rahmen der Themenfindung geäusserten Wunsch nach einer nicht allzu aufwändigen Prüfung eines Amtes oder einer Dienststelle. Solche Audits sollen die Lücke zwischen den eher oberflächlichen, aber wenig aufwändigen Dienststellenbesuchen einerseits und den tiefer schürfenden, aber sehr aufwändigen Evaluationen und Inspektionen andererseits schliessen. Audits sollen damit einen Beitrag zur Erfüllung des Auftrags leisten, wie ihn die GPKs in ihren Handlungsgrundsätzen formuliert haben, namentlich im Hinblick auf die Prüfung der Geschäftsführung der Verwaltung im Allgemeinen und die Prüfung der Leistungsfähigkeit und Angemessenheit des Verwaltungshandelns im Besonderen.

Ein Audit soll mit beschränktem Aufwand (ca. 30­40 Personentage) eine zuverlässige Standortbestimmung zu den Stärken und Schwächen in den Strategien, Strukturen und Prozessen einer Dienststelle liefern. Weist ein Audit auf tiefer liegende Probleme hin, können vertiefende Untersuchungen eingeleitet oder Anhörungen der Kommission angeschlossen werden. Ein Audit kann aber auch «best practices» und mustergültige Ämter hervorheben.

4433

6

Verwendung des Expertenkredits

Im Berichtsjahr standen der PVK für den Beizug externer Experten und die Finanzierung temporärer Hilfskräfte insgesamt 296 000 Franken zur Verfügung. Von diesem Budget wurden 204 221 Franken für folgende Projekte verwendet: Verwendung des Expertenkredits Projekt

Aufwand in Fr. Status

Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge 900 KMU-Tests des Bundes 3 975 Rolle des Bundes in der Invalidenversicherung 40 514 Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht 3 400 Ressourcen- und Umweltmanagement in der 15 400 Bundesverwaltung Ressortforschung des Bundes 53 700 Kohärenz und strategische Führung der Aktionen der DEZA Beizug von externen Experten in der Bundesverwaltung Pro Helvetia

7

34 983 2 070 49 279

abgeschlossen abgeschlossen abgeschlossen abgeschlossen abgeschlossen Abschluss im 2. Quartal 2006 Abschluss im 2. Quartal 2006 Abschluss im 2. Quartal 2006 Abschluss im 2. Quartal 2006

Prioritäten für das Jahr 2006

Gestützt auf eine Themenliste der PVK haben dieGPKs die PVK am 20. Januar 2006 mit der Durchführung folgender neuer Evaluationsprojekte im Jahr 2006 beauftragt: ­

Koordination und Finanzflüsse im Bereich des Schutzes vor Naturgefahren

­

Transparenz bei den Prämienerhöhungen der obligatorischen Krankenversicherung

­

Geschäftsführungsaudit bei einem Bundesamt

­

Immobilienmanagement des Bundes (ziviler Bereich)

4434

Anhang 2

Einige Zahlen und Angaben zur allgemeinen Prüfungstätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen Die GPKs tagten 2005 21 Mal im Plenum und 75 Mal in Sitzungen der Subkommissionen. 13 Sitzungen wurden den Dienststellenbesuchen gewidmet. Die GPDel ihrerseits führte 16 Sitzungen durch. Das entspricht insgesamt 112 Sitzungen.

Anzahl der Sitzungen

2005

Anzahl der Plenarsitzungen GPK

Anzahl der Subkommissionsund Arbeitsgruppensit-zungen

...davon Dienststellenbesuche

Anzahl der Sitzungen der GPDel

Total

21

75

13

16

112

Die GPKs und die GPDel haben folgende Dienststellenbesuche abgestattet: Dienststellenbesuche durch die GPKs und die GPDel: Gerichte

­ Eidgenössisches Bundesgericht ­ Eidgenössisches Versicherungsgericht

EDA

­ Politische Abteilung IV

EDI

­ Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut

EJPD

­ Dienst für Analyse und Prävention

VBS

­ Infanterie-Rekrutenschule 3, Bure ­ Planungsstab der Armee ­ Swissint ­ Strategischer Nachrichtendienst

EFD

­ Eidgenössische Finanzverwaltung

EVD

­ Staatssekretariat für Wirtschaft

­ Publica ­ Bundesamt für Landwirtschaft ­ Bundesamt für Berufsbildung und Technologie UVEK

­ Bundesamt für Energie ­ Kommunikationskommission ­ Bundesamt für Kommunikation

Übrige

­ Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich ­ Wissenschaftlicher Forschungsdienst der Stadt Zürich

4435

Im Laufe des Geschäftsjahrs erhielten die GPKs in ihrer Stellung als Aufsichtsbehörde 48 Eingaben, von denen 36 erledigt werden konnten. Im gleichen Zeitraum befassten sich die Kommissionen noch mit vier Gesuchen, die im Vorjahr an sie gestellt worden waren.

Durch die GPKs behandelte Aufsichtseingaben

2005

Anzahl der erhaltenen Aufsichtseingaben in der Berichtsperiode

...davon erledigte Aufsichtseingaben

Anzahl der erhaltenen Aufsichtseingaben der vorherigen Periode, die in der Berichtsperiode erledigt werden konnten

48

36

4

Die Aktivitäten der GPKs betrafen im Jahr 2005 hauptsächlich den Bereich Staat und Verwaltung (z.B. Informationspolitik des EDA, Nebenbeschäftigung von Bundesangestellten). Ein grosser Anteil der von den GPKs behandelten Geschäfte berührt die sogenannten Querschnittsthemen (z.B. Verwaltungsreform, Aufsicht durch den Bundesrat).

Geschäfte der GPKs pro Departement im Jahre 2005 16

14

12

10

8

6

4

2

0

Querschnitt

4436

Gerichte

EFD

EJPD

UVEK

EDA

VBS

EVD

EDI

Geschäfte der GPKs pro Politikbereich im Jahre 2005 Staat und Verwaltung Soziale Sicherheit und Gesundheit Justizwesen Wirtschafts- und Finanzpolitik Sicherheitspolitik Aussenbeziehungen Verkehrspolitik Ausländer- und Asylpolitik Kommunikation und Infrastruktur Umwelt- und Energiepolitik Kultur Agrarpolitik Wissenschaft und Bildung Querschnitt 0

5

10

15

20

25

30

4437

SR

05.3469 Mo.

NR

SR

SR

SR

SR

03.3439 Po.

02.3475 Po.

02.3474 Po.

02.3473 Po.

02.3472 Po.

4438

SR

04.3441 Po.

NR/SR

Eingereicht am

Schaffung von Transparenz bezüglich der IV-Entwicklung beim Bund

Überprüfung der Befristung von Betriebsbewilligungen

Früherkennung der Lage in der Volkswirtschaft

Bündelung der verschiedenen Interessen im Sanierungsprozess

Ausrichtung des SchKG auf das Sanierungsziel

Zweckmässigkeit der Angliederung des BFU an das UVEK

Verwaltungsführung im dritten Kreis

Titel

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

3.9.2003

13.9.2004

Eingereicht am

19.8.2005

Festlegung einer Gesamtstrategie für eine verstärkte Aufsicht des Bundes 19.8.2005 über den IV-Vollzug

Titel

Pendente Vorstösse der GPKs

SR

05.3468 Mo.

NR/SR

Neue Vorstösse der GPKs

Tabellen der Parlamentarischen Vorstösse der GPKs

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 11.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 18.3.2004 an Bundesrat überwiesen

am 14.3.2005 an Bundesrat überwiesen

Stand

SR : am 6.12.2005 an Bundesrat überwiesen NR : noch nicht behandelt

SR : am 6.12.2005 an Bundesrat überwiesen NR : noch nicht behandelt

Stand

Anhang 3

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

SR

02.3470 Mo.

02.3469 Mo.

02.3468 Emp.

02.3467 Emp.

02.3466 Emp.

02.3465 Emp.

02.3464 Emp.

02.3463 Emp.

02.3462 Emp.

02.3461 Emp.

4439

SR

02.3471 Po.

NR/SR

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

Eingereicht am

19.9.2002

Präzisierungen für den Entzug einer Betriebsbewilligung

Regelmässige Überprüfung möglicher Interessenkonflikte durch das UVEK

Überprüfung der personellen Ressourcen des BAZL

Überprüfung der Beteiligungen des Bundes an privatwirtschaftlichen Unternehmen

Frühzeitige Entwicklung von möglichen Szenarien

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

19.9.2002

Koordination und Weiterentwicklung der Früherkennung durch den Bund 19.9.2002

Neuformulierung der Luftverkehrspolitik

Unterstützung von Massnahmen gegen die Folgen einer plötzlichen Still- 19.9.2002 legung des Flugbetriebs

Verweis des Luftfahrtgesetzes auf das EG-Recht

Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen zur Rechnungslegung und Unternehmenskontrolle

Überprüfung der Zuständigkeit bei der Streckenkonzession

Titel

am 12.12.2002an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 11.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 11.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 11.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 als Postulat an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen (SR) / 4.6.2003 (NR)

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Stand

SR

SR

SR

SR

SR

NR

NR

NR

SR

02.3459 Emp.

02.3381 Mo.

02.3177 Po.

02.3176 Po.

02.3175 Po.

00.3409 Po.

00.3407 Po.

99.3573 Mo.

98.3529 Mo.

4440

SR

02.3460 Emp.

NR/SR

Eingereicht am

19.9.2002

5.4.2002

5.4.2002

5.4.2002

Erhöhter Schutz für Personendaten bei On-line-Verbindungen

Vollzug des Bürgerrechtsgesetzes. Dauer des Einbürgerungsverfahrens

17.11.1998

19.11.1999

Umsetzung des Binnenmarktgesetzes. Beschwerderecht der Wettbewerbs- 27.6.2000 kommission

Umsetzung des Bundesgesetzes über den Binnenmarkt. Beschwerderecht 27.6.2000 der Konsumentenorganisationen

Verstärkung der interkantonalen Spitalplanung

Vorbereitung des Übergangs zur Leistungsplanung

Prüfung der Wirkungen von TarMed

Verankerung der finanziellen Steuerung mit Flag im Finanzhaushaltrecht. 28.6.2002 Weiterentwicklung des Flag-Bereichs der Verwaltung

Verstärkung der Aufsicht des UVEK über das BAZL

Verstärkung der Aufsicht über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von 19.9.2002 Fluggesellschaften

Titel

am 21.12.1999 an Bundesrat überwiesen

am 22.3.2000 an Bundesrat überwiesen (NR) / 25.9.2000 (SR)

am 14.3.2002 an Bundesrat überwiesen

am 15.12.2000 an Bundesrat überwiesen

am 18.6.2002 an Bundesrat überwiesen

am 18.6.2002 an Bundesrat überwiesen

am 18.6.2002 an Bundesrat überwiesen

am 19.9.2002 an Bundesrat überwiesen (SR) / 24.9.2002 (NR)

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

am 12.12.2002 an Bundesrat überwiesen

Stand