06.092 Botschaft über die Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Anpassung des Mindestumwandlungssatzes) vom 22. November 2006

Sehr geehrte Herren Präsidenten Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen hiermit die Botschaft und einen Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2003

M

03.3438

Für einen verbesserten Schutz des Vertrauens in die berufliche Vorsorge (S 1.10.03, Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit, N 6.12.04)

2002

P

02.3160

Umwandlungssatz. Spezielle Statistik zur Berechnung (N 21.6.02 Egerszegi)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. November 2006

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2006-2057

9477

Übersicht Die Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) enthält im Wesentlichen: a.

die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes in vier Teilschritten ab 1. Januar 2008 bis zum Erreichen von 6,4 % per 1. Januar 2011;

b.

die Erstellung eines Berichts für die Festlegung des Umwandlungssatzes in den folgenden Jahren, erstmals 2009 und danach alle fünf Jahre, wobei der Bericht Angaben über die Einhaltung des Leistungsziels enthält und bei Abweichung die möglichen Massnahmen skizziert;

c.

den Verzicht auf gesetzlich vorgeschriebene, flankierende Massnahmen zum Leistungserhalt, da das verfassungsrechtliche Leistungsziel gewährleistet ist;

d.

die automatische Anpassung des ordentlichen BVG-Rentenalters an dasjenige der AHV und die entsprechende Anpassung der Altersgutschriften.

9478

Inhaltsverzeichnis Übersicht

9478

1 Allgemeiner Teil 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Umwandlungssatz Stand 1. BVG-Revision (Inkraftsetzung 1. Januar 2005) 1.1.2 Notwendigkeit einer raschen Überprüfung der geltenden Regelung 1.1.3 2004: Einsetzung einer Arbeitsgruppe und Erarbeitung eines Berichts 1.1.4 Bericht der Arbeitsgruppe 1.1.5 Beschlüsse der Eidgenössischen Kommission für berufliche Vorsorge 1.1.6 Konkrete Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für berufliche Vorsorge 1.1.7 2006: Vernehmlassung und Ergebnis 1.2 Prämissen 1.2.1 Unveränderter Geltungsbereich: Beschränkung auf den obligatorischen Bereich 1.2.2 Mindestvorschrift und Anrechnungsprinzip 1.2.3 Solidaritäten 1.2.4 Kein Einfluss auf die laufenden Renten 1.2.5 Rentendeckungskapital und Austrittsleistungen 1.2.6 Technische Grundlagen 1.2.6.1 Technische Grundlagen: Perioden- und Generationenkonzept 1.2.6.2 Technische Grundlagen der 1. BVG-Revision 1.3 Notwendigkeit der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes 1.3.1 Vorbemerkungen 1.3.2 Anpassung ab 1. Januar 2008 bis Erreichen von 6,4 Prozent per 1. Januar 2011 1.3.3 Massgrössen des Mindestumwandlungssatzes von 6,4 Prozent im Jahr 2011 1.3.3.1 Technische Grundlagen: Fortgeschriebene Periodentafel BVG 2000 1.3.3.2 Technischer Zinssatz von 3,35 Prozent (Renditeerwartung von 3,85 Prozent) 1.4 Technischer Zinssatz im Besonderen 1.4.1 Überlegungen zum technischen Zinssatz 1.4.1.1 Risikoarmer Zinssatz als Ausgangspunkt 1.4.1.2 Zinsabschlag oder Renditezuschlag 1.5 Mindestumwandlungssatz für Invalidenrenten

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9479

1.6 Erneute Überprüfung 1.6.1 Berichterstattung nach heutiger Regelung: alle 10 Jahre, erstmals 2011 1.6.2 Berichterstattung nach neuer Regelung: vor Erreichen der 6,4 Prozentmarke (erstmals 2009) 1.6.3 Periodische Überprüfung nach 2009: alle 5 Jahre (statt alle 10 Jahre) 1.6.4 Berichtsinhalt 1.7 Auswirkungen der Gesetzesanpassung und flankierende Massnahmen 1.7.1 Reduktion der Rente im Vergleich zur geltenden Ordnung 1.7.2 Leistungsziel der 1. BVG-Revision 1.7.3 Gründe für Verzicht auf gesetzlich vorgeschriebene, flankierende Massnahmen 1.7.3.1 Das Leistungsziel ist nicht gefährdet 1.7.3.2 Entwicklung der Rente nach dem Altersrücktritt: Schwächere Inflation, bessere Realwerterhaltung 1.7.4 Flankierende Massnahmen: bei weiteren Senkungen ein Thema 1.7.4.1 Ausgleich der Leistungseinbusse (Normalgeneration) 1.7.4.2 Leistungsminderung bei der Übergangsgeneration 1.7.4.3 Freiwillige flankierende Massnahmen 1.7.4.4 BVG- und effektive Kosten bei einem vollen Ausgleich 1.7.5 Abschliessende Beurteilung 1.8 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

9509 9509 9509 9511 9512 9512 9512 9514 9515 9516 9519 9519 9519 9521 9521 9522 9523 9524

2 Besonderer Teil: Erläuterungen zu den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen

9525

3 Auswirkungen 3.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen für Bund und Kantone 3.2 Auswirkungen auf die Informatik 3.3 Volkswirtschaftliche Auswirkungen 3.3.1 Notwendigkeit und Möglichkeit staatlichen Handelns 3.3.2 Auswirkungen auf die verschiedenen sozialen Gruppen 3.3.2.1 Versicherte 3.3.2.2 Invalide 3.3.2.3 Neurentnerinnen und Neurentner 3.3.2.4 Unternehmen 3.3.2.5 Vorsorgeeinrichtungen 3.3.3 Makro-ökonomische Auswirkungen 3.3.3.1 Kapitalmarkt 3.3.3.2 Einkommen 3.3.3.3 Wachstum

9528 9528 9529 9529 9529 9529 9529 9530 9530 9531 9531 9532 9532 9532 9532

4 Verhältnis zur Legislaturplanung

9533

5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Verhältnis zum europäischen Recht 5.3 Verhältnis mit dem neuen Finanzausgleich

9533 9533 9534 9535

9480

5.4 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 5.5 Verhältnis zum ATSG Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) (Entwurf)

9535 9535

9537

9481

Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Umwandlungssatz Stand 1. BVG-Revision (Inkraftsetzung 1. Januar 2005)

Im Bundesgesetz über die berufliche Alters- Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) vom 25. Juni 19821 wird die Bedeutung des Umwandlungssatzes wie folgt umschrieben: «Die Altersrente wird in Prozenten des Altersguthabens (Umwandlungssatz) berechnet, das der Versicherte bei Erreichen des Rentenalters erworben hat.» Für die Festlegung der Höhe des Umwandlungssatzes sind mehrere Parameter von Bedeutung, zwei davon sind zentral. Zum einen ist es die verbleibende Lebenserwartung bei Erreichen des ordentlichen Rentenalters, das heisst die erwartete Dauer, während der die Altersrente ausgerichtet werden muss. Zum anderen ist es die Höhe des technischen Zinssatzes, das heisst desjenigen Satzes, mit welchem ­ während des Kapitalverzehrs ­ das für die Rentenzahlungen reservierte jeweilige Rentendeckungskapital verzinst werden soll. Weitere Parameter, insbesondere die Annahmen zur Abschätzung der nach dem Tode der Rentnerinnen und Rentner noch fälligen Hinterlassenenleistungen sind ebenfalls zu berücksichtigen.

Diese Parameter stützen sich auf Grundlagen, die auf Wahrscheinlichkeiten (Sterblichkeitsraten) und Prognosen (Renditeerwartungen) basieren, die sich jedoch bis zur letzten Rentenzahlung als realitätsnah erweisen müssen. Es gilt zu beachten, dass die im Zeitpunkt des ordentlichen Rentenalters festgelegte Altersrente sowohl zeitlich wie betragsmässig lebenslänglich geschuldet ist und daher nicht gekürzt werden kann (vgl. Art. 65d Abs. 3 Bst. b BVG).

Im Rahmen der 1. BVG-Revision wurde mit Wirkung ab 1. Januar 2005 der seit der Einführung der beruflichen Vorsorge im Jahr 1985 gültige Mindestumwandlungssatz von 7,2 Prozent erstmals angepasst. Nach Artikel 14 Absatz 2 BVG beträgt er im ordentlichen Rentenalter für Männer und Frauen neu 6,8 Prozent. Aufgrund der Übergangsbestimmungen vom 3. Oktober 2003 im BVG2 hat der Bundesrat in den Übergangs- beziehungsweise Schlussbestimmungen3 der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) vom 18. April 1984 die Teilschritte der Absenkung des Mindestumwandlungssatzes definiert.

Wegen der abweichenden Regelung des ordentlichen Rentenalters (Art. 62a BVV 2) fallen die Absenkungen für Männer und Frauen unterschiedlich aus. 2013 wird mit der Pensionierung der Frauen des Jahrgangs 1949 (Alter 64) und 2014 mit derjenigen der Männer (Alter 65) dann der gesetzliche Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent erreicht.

1 2 3

SR 831.40, Art. 14 Abs. 1 Bst. b Übergangsbestimmung Art. 62c BVV 2 (Frauen) bzw. Schlussbestimmungen der Änderung vom 18.8.2004 Bst. a BVV 2 (Männer)

9482

Grafik 1 zeigt die Entwicklung des Umwandlungssatzes für Männer und Frauen während der in der 1. BVG-Revision vorgesehenen Übergangszeit. Die Umwandlungssätze beziehen sich auf das ordentliche Rentenalter von 65 Jahren für Männer beziehungsweise 64 Jahren für Frauen.

Grafik 1 Geltende Ordnung ­ Umwandlungssatz (UWS) 7.20 7.15 7.10 7.05 7.00

UWS Männer UWS Frauen

6.95 6.90 6.85 6.80 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Mit der Reduktion des Mindestumwandlungssatzes von 7,2 Prozent auf 6,8 Prozent wird der seit 1980 gestiegenen Lebenserwartung im Sinne einer fortgeschriebenen Periodentafel Rechnung getragen, womit die zu erwartenden Abnahmen der einjährigen Sterberaten während der Einführungsphase (bis 2015) mitberücksichtigt sind.

Betrachtet man die in den technischen Grundlagen BVG 2000 vorgegebene (und nach Bedarf hochgerechnete) Lebenserwartung, so entspricht die Entwicklung des oben dargestellten Umwandlungssatzes dem technischen Zinssatz gemäss Grafik 2. Damit ist die Korrelation Umwandlungssatz und technischer Zinssatz, dem zweiten entscheidenden Parameter des Mindestumwandlungssatzes, augenscheinlich gemacht.

9483

Grafik 2 Geltende Ordnung ­ Technischer Zins (TZ) 4.50

4.40

4.30

TZ Männer TZ Frauen TZ Mischung

4.20

4.10

4.00 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

Der ebenfalls in der Grafik aufgezeigte «gemischte» technische Zinssatz ist das Ergebnis der Gewichtung 70/30 des jeweiligen Satzes für Männer (Alter 65) beziehungsweise Frauen (Alter 64).

Während der Übergangszeit muss die im jeweiligen Umwandlungssatz noch ungenügend berücksichtigte höhere Lebenserwartung durch einen höheren technischen Zinssatz aufgefangen werden, der sich dann bei Erreichen des Zielsatzes von 6,8 Prozent gegen 4 Prozent absenkt. Mit einem Rentenalter 65 für die Frauen würde nach der Übergangszeit ein «gemischter» technischer Zinssatz von 4 Prozent erreicht.

Der im Jahr 2014 wirksame Umwandlungssatz von 6,8 Prozent basiert somit auf einem technischen Zinssatz von rund 4 Prozent, wobei anzumerken ist, dass der technische Zinssatz nicht der erwarteten Rendite gleichkommt. Es ist eine Marge von 0,5 Prozentpunkten für die weiter steigende Lebenserwartung der Rentnerinnen und Rentner und die Verwaltungskosten mit einzubeziehen, denn der Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent berücksichtigt wohl die bis 2015 extrapolierte Lebenserwartung, nicht aber diejenige, die bis zum Lebensende (beispielsweise 2033) noch zu erwarten ist. Ein technischer Zinssatz von 4 Prozent entspricht in diesem Fall einer Renditeerwartung von 4,5 Prozent. Dem Mindestumwandlungssatz der 1. BVG-Revision liegt somit eine Renditeerwartung von 4,5 Prozent zugrunde.

9484

1.1.2

Notwendigkeit einer raschen Überprüfung der geltenden Regelung

Die Botschaft des Bundesrates vom 1. März 20004 zur 1. BVG-Revision sah eine Reduktion des Umwandlungssatzes in 13 Teilschritten auf 6,65 Prozent vor. Der Nationalrat hatte den Satz in seinen Beratungen im April 2002 dann auf 6,8 Prozent erhöht, die Übergangsfrist jedoch auf 10 Jahre verkürzt5. Der Ständerat ist dieser Vorgabe im November 2002 gefolgt.

Mit diesem Entscheid hatte das Parlament der Zunahme der bis 2015 hochgerechneten Lebenserwartung Rechnung getragen. Die damalige Entwicklung der Finanzmärkte war in den ersten Debatten um den Umwandlungssatz (noch) kein beherrschendes Thema und so blieb der andere Entscheidfaktor «technischer Zinssatz» von 4 Prozent bestehen.

Noch vor der Schlussabstimmung der 1. BVG-Revision vom 3. Oktober 2003 hatte die ständerätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit jedoch eine Motion6 zum Thema Umwandlungssatz eingereicht und so gleichzeitig dafür gesorgt, dass die 1. BVG-Revision von dieser Thematik unbelastet eingeführt werden konnte. Auslöser der Motion war die übergangslose Einführung eines Umwandlungssatzes im überobligatorischen Bereich von 5,835 Prozent für die Männer (Alter 65) und 5,454 Prozent für die Frauen (Alter 62) durch einige Lebensversicherer7.

Diese Umwandlungssätze kamen bereits am 1. Januar 2004 zur Anwendung. Autonome Vorsorgeeinrichtungen, zumeist solche mit bedeutend höheren Leistungen als gemäss BVG (so genannte umhüllende Kassen), stellten teilweise ebenfalls auf tiefere Umwandlungssätze um. Am 1. Oktober 2003 hatte der Ständerat Punkt 1 der Motion angenommen. Der Nationalrat folgte dem Entscheid des Ständerates am 6. Dezember 2004. Danach ist der Bundesrat beauftragt, «der Bundesversammlung umgehend eine Revision der beruflichen Vorsorge vorzuschlagen, in welcher der Umwandlungssatz auf seine technischen Grundlagen überprüft und soweit erforderlich den realen Verhältnissen angeglichen wird.» Der Bundesrat hatte die Forderung nach einer vorzeitigen Überprüfung unterstützt und in seiner Begründung vom 20. September 20038 darauf hingewiesen, «dass der (unterlegte) technische Zinssatz deutlich höher ist als die Zinserträge der risikoarmen Anlagen der letzten Jahre.» Die Entwicklung der Obligationenzinssätze war denn auch der zentrale Auslöser für den Beginn der Arbeiten für diese Gesetzesrevision. Die Sätze der 10-jährigen
Bundesobligationen erreichten im Juni 1992 mit 6,924 Prozent einen vorläufigen Höhepunkt, rutschten im Januar 1997 unter 4 Prozent (3,959 %), im August 1998 unter 3 Prozent (2,988 %), bewegten sich fortan zwischen diesen Marken und sanken am 1. Juni 2005 erstmals seit Beginn der Aufzeichnung im Jahr 1893 unter 2 Prozent. Regelmässig vorgebrachte Vorhersagen höherer Zinsen erfüllten sich vorläufig nicht, sie fielen weiter9. Erst 2006 erfolgte eine Gegenbewegung.

4 5 6 7 8 9

BBl 2000 2637 Vgl. Amtliches Bulletin Wortprotokoll vom 16. April 2002 (Geschäftsnummer 00.027) www.parlament.ch/ab/frameset/f/n/4613/57544/f_n_4613_57544_57545.htm Mo 03.3438 «Für einen verbesserten Schutz des Vertrauens in die berufliche Vorsorge», SGK-SR vom 9.9.2003.

Grundlagen Kollektivtarif 1995 (KT 95) gestützt auf Sterbetafel GRM/F 95.

www.parlament.ch/afs/data/d/gesch/2003/d_gesch_20033438.htm Bisheriger Tiefststand 22.9.2005 1,80 %.

9485

Grafik 3 zeigt anschaulich das Auf und Ab der langfristigen Zinssätze der Bundesobligationen wie auch den Verlauf der mittelfristigen Sätze.

Grafik 3 Zinssätze der Bundesobligationen 8 7 6

Zinssatz

5 4

5 Jahre 10 Jahre

3 2 1

01 .8 8 01 .8 9 01 .9 0 01 .9 1 01 .9 2 01 .9 3 01 .9 4 01 .9 5 01 .9 6 01 .9 7 01 .9 8 01 .9 9 01 .0 0 01 .0 1 01 .02 01 .03 01 .0 4 01 .05 01 .0 6

0

Der Abwärtstrend an der Zinsfront ging einher mit einer generellen Ernüchterung, welche aufgrund der massiven Verwerfungen 2000­2003 an den Börsenmärkten eingetreten ist. Dazu gehörte die Erfahrung, dass sich die erforderlichen Renditen für die Leistungen in der beruflichen Vorsorge in der realen Finanzwelt nicht mehr wie in den boomenden 90er Börsenjahren ohne weiteres einstellten, mithin Finanzierungslücken entstehen konnten.

War ­ wie oben gezeigt ­ in den parlamentarischen Beratungen zur 1. BVGRevision nicht der technische Zinssatz sondern die Langlebigkeit Mittelpunkt der Reflexionen, hatte sich dies wegen des wirtschaftlichen Umfelds geändert. Die folgenden Begleitumstände und die angespannte Lage der Vorsorgeeinrichtungen führten dazu, die Leistungsparameter der beruflichen Vorsorge noch vor Einführung der 1. BVG-Revision (1. Januar 2005) erneut ins Blickfeld zu rücken. Zu nennen sind neben den rekordtiefen Zinssätzen der Staatsanleihen die massiven Verluste der Aktienbörsen von September 2000 bis März 2003, welche bis Ende 2004 noch nicht vollständig wettgemacht wurden10. Parallell dazu fiel der Wechselkurs des USDollars von CHF 1.66 (Dezember 2001) auf CHF 1.14 per Ende 2004. Zusammen 10

Der SPI erreichte beispielsweise mit 5770,05 Punkten am 23.8.2000 seinen vorläufigen Höhepunkt. Der tiefste Punkt lag am 12.3.2003 bei 2603,37 Punkten, was einem Kurssturz seit dem Höchststand von 55 % entspricht. Allerdings wurde die negative Entwicklung der Aktienmärkte durch Kursgewinne im Bereich der Obligationen teilweise kompensiert. Wird der Pictet BVG Index 93 als Benchmark betrachtet, so verblieb vom Januar 2000 bis Ende 2004 unter Berücksichtigung der in diesem Zeitraum zu leistenden Mindestverzinsung der Alterskapitalien der Versicherten von insgesamt 18,76 % eine negative Differenz von 7,79 % (d.h. der Index legte in diesem Zeitraum um 10,97 % zu, reichte aber nicht, um die gesetzliche Verzinsung zu finanzieren).

9486

mit den anhaltend tiefen Zinssätzen der Staatsanleihen haben diese Faktoren die Erwartungen in die Zukunft beeinflusst und führten zu einer generellen Senkung der Renditeerwartungen. Diese Einschätzung ging einher mit der Annahme, dass die relativ tiefen Inflationsraten Bestand haben und damit auch die nominellen Zinserträge längerfristig unterdurchschnittlich bleiben werden. Die zunehmende Globalisierung und die internationale Vernetzung der Wirtschaft liessen überdies LohnPreisspiralen unwahrscheinlicher werden. Eine Überprüfung des technischen Zinssatzes als mit entscheidende Grösse des Umwandlungssatzes war daher notwendige Konsequenz.

1.1.3

2004: Einsetzung einer Arbeitsgruppe und Erarbeitung eines Berichts

Nach Artikel 14 Absatz 3 BVG unterbreitet der Bundesrat mindestens alle zehn Jahre einen Bericht über die Festlegung des Umwandlungssatzes in den nachfolgenden Jahren, erstmals 2011. Die oben erwähnten Gründe führten zu einem rascheren Vorgehen.

Die Eidgenössische Kommission für berufliche Vorsorge hatte am 15. Januar 2004 der Bildung einer Arbeitsgruppe zugestimmt, welche einen umfassenden Bericht über die Bestimmungsgrössen des Umwandlungssatzes erstellte. In ihrem Bericht «Überprüfung des Umwandlungssatzes auf seine technischen Grundlagen» vom November 200411 (im Folgenden «Bericht der Arbeitsgruppe» genannt) findet sich auch eine vertiefte Analyse der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der technischen Grundlagen, welche die autonomen Vorsorgeeinrichtungen und die Lebensversicherer ihren Umwandlungssätzen zugrunde legen. Neben Angaben zur aktuellen Datenbasis wurde der Einbezug zusätzlicher Parameter (wie Verwaltungskosten, Notwendigkeit von Sicherheitsmargen, Art und Weise des Auszahlungsmodus der Renten) geprüft.

1.1.4

Bericht der Arbeitsgruppe

Die Arbeitsgruppe kommt zum Schluss, dass der Rentenumwandlungssatz gemäss heutigem Recht noch weiter gesenkt werden muss und begründet dies in der zusammenfassenden Beurteilung wie folgt12: ­

11 12

Der heutige (2004) Umwandlungssatz von 7,2 Prozent ist eindeutig zu hoch.

Selbst bei optimistischer Beurteilung (Grundlagen autonomer Pensionskassen, technischer Zinssatz 4 Prozent, was wegen der Anwendung der Periodentafel faktisch einen Zins von 4,5 Prozent fordert) würde er heute (2004) nur noch 6,9 Prozent betragen. Diesem zu hohen Umwandlungssatz wird in der 1. BVG-Revision durch die schrittweise Senkung auf 6,8 Prozent entgegengewirkt. In der Übergangszeit wird bewusst ein zu hoher Satz in Kauf genommen, um den flankierenden Massnahmen Zeit zu lassen, damit Rentenkürzungen im Obligatorium weitgehend vermieden werden.

Publiziert unter www.bsv.admin.ch/bv/grundlag/d/umwandlungssatz.pdf Ziffer 8.2 des Berichts der Arbeitsgruppe.

9487

­

Der für 2015 angestrebte Umwandlungssatz von 6,8 Prozent wäre nur haltbar, wenn bei Anwendung von Periodentafeln ein technischer Zinssatz von 4 Prozent aufrechterhalten werden könnte. Diese Annahme ist aus heutiger Sicht sehr optimistisch und kann nach Ansicht der Arbeitsgruppe nicht als Grundlage für den Mindestumwandlungssatz vorgegeben werden.

Auf der Basis ­ der technischen Grundlage BVG 2000 (Periodentafel) ­ Mischung Männer 70 Prozent, Frauen 30 Prozent ­ Männer Alter 65, Frauen Alter 64 (2005), Alter 65 (2015) ergeben sich für die zugrunde gelegten Varianten gerundet folgende Umwandlungssätze: Eingerechnete Technischer Renditeerwartung Zinssatz

Risikoarmer Zinssatz mit Sicherheitsabschlag von 0,25 % mit Renditezuschlag von 0,40 % ohne Abschlag oder Zuschlag

Umwandlungssatz 2005

2015

3,35 %

2,85 %

6,1 %

6,0 %

4,00 %

3,50 %

6,5 %

6,4 %

3,60 %

3,10 %

6,3 %

6,15 %»

Im Bericht der Arbeitsgruppe wird ein Umwandlungssatz zwischen 6,0 und 6,4 Prozent auf längere Sicht als sachgerecht angesehen. Diese Varianten beruhen auf einer Renditeerwartung von 3,35 Prozent bis 4,00 Prozent. Unter Berücksichtigung der notwendigen Marge von 0,5 Prozentpunkten für die weiter steigende Lebenserwartung und die Kosten für die Verwaltung im Rentenbereich ermöglicht die genannte Rendite einen technischen Zinssatz von 2,85 bis 3,5 Prozent. Die aufgezeigte Bandbreite ist auf den Ermessensspielraum zurückzuführen. Die tieferen Sätze beruhen auf erwarteten Erträgen von vorsichtigen, risikoarmen Anlagen und sehen im Gegenzug eine Überschussbeteiligung für die Rentner und Rentnerinnen vor, wenn die Erträge höher ausfallen sollten und die erforderlichen finanz- und versicherungstechnischen Rückstellungen gebildet sind. Die höheren Ansätze stellen auf eine Zusatzperformance ab, die auf einem Portefeuille mit einem massvollen Anteil von Aktien- und Immobilienanlagen beruht.

Der Bericht der Arbeitsgruppe wurde im November 2004 der Eidgenössischen Kommission für berufliche Vorsorge vorgelegt und an deren Sitzung im Februar 2005 gewürdigt.

9488

1.1.5

Beschlüsse der Eidgenössischen Kommission für berufliche Vorsorge

Gestützt auf den Bericht der Arbeitsgruppe hatte die Eidgenössische Kommission für berufliche Vorsorge an ihrer Sitzung vom 10. Februar 2005 dem Bundesrat empfohlen13 : ­

den Umwandlungssatz weiter zu senken, als im Rahmen der 1. BVG-Revision bereits beschlossen.

­

mit entsprechenden Korrekturen vor 2010 einzusetzen und nicht bis 2015 zuzuwarten.

­

den Umwandlungssatz alle fünf statt alle zehn Jahre zu überprüfen, um ihn rascher den aktuellen Gegebenheiten anpassen zu können.

1.1.6

Konkrete Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für berufliche Vorsorge

An ihrer Sitzung vom 27. Oktober 2005 hat die Eidgenössische Kommission für berufliche Vorsorge die generelle Stossrichtung vom 10. Februar 2005 präzisiert, sich eingehend mit den möglichen Varianten des Berichts der Arbeitsgruppe befasst und sich über flankierende Massnahmen geäussert. Sie hat sich mehrheitlich für einen Mindestumwandlungssatz von 6,4 Prozent per 1. Januar 2011 ausgesprochen. Ein Mindestumwandlungssatz von 6,0 Prozent, welcher ebenfalls in vier Teilschritten bis 2011 einzuführen wäre, unterlag dabei nur ganz knapp. Die Mehrheit votierte damit für eine Variante, die aufgrund der Einführung im Jahr 2011 auf einem technischen Zinssatz von rund 3,35 Prozent basiert, wohingegen die Minderheit der Variante mit einem technischen Zinssatz von rund 2,75 Prozent per 2011 den Vorzug gab.

Eine klar überwiegende Mehrheit der Kommission wollte ferner auf gesetzlich vorgeschriebene, flankierende Massnahmen verzichten. Dem Vorschlag einer erneuten Überprüfung vor Ablauf der Übergangsfrist und danach in einem Rhythmus von fünf Jahren wurde einhellig zugestimmt. Keine Mehrheit fand der Antrag, dass in der Berichterstattung über die Festlegung des Umwandlungssatzes jeweils auch die Einhaltung des Leistungsziels in der beruflichen Vorsorge mitgeprüft werde.

1.1.7

2006: Vernehmlassung und Ergebnis

Am 16. November 2005 beauftragte der Bundesrat das Eidgenössische Departement des Innern, eine Vernehmlassungsvorlage zur Anpassung des Mindestumwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge auszuarbeiten14. Die Vorlage stützt sich auf den Bericht der Arbeitsgruppe vom November 2004 und weist im Wesentlichen folgende Grundzüge auf: a.

13 14

die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes in vier Teilschritten ab 1. Januar 2008 bis zum Erreichen von 6,4 % per 1. Januar 2011;

Medienmitteilung BSV vom 10.2.2005 Vgl. Medienmitteilung vom 16.11.2005

9489

b.

die Erstellung eines Berichts für die Festlegung des Umwandlungssatzes in den folgenden Jahren, erstmals 2009 und danach alle fünf Jahre, wobei der Bericht Angaben über die Einhaltung des Leistungsziels enthält und bei Abweichung die möglichen Massnahmen skizziert;

c.

den Verzicht auf gesetzlich vorgeschriebene, flankierende Massnahmen zum Leistungserhalt, da das verfassungsrechtliche Leistungsziel gewährleistet ist;

d.

die automatische Anpassung des ordentlichen BVG-Rentenalters an dasjenige der AHV und die entsprechende Anpassung der Altersgutschriften.

Die Vorlage entspricht damit in ihren Grundzügen den Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für berufliche Vorsorge, wobei der Bundesrat an der Berichterstattung über das Leistungsziel festgehalten hat.

Am 25. Januar 2006 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung. Das Vernehmlassungsverfahren dauerte bis zum 30. April 2006 mit folgendem Ergebnis15: Die zustimmenden und ablehnenden Stimmen der Kantone zur erneuten Senkung des Mindestumwandlungssatzes folgen ziemlich einheitlich einem Ost- (= pro) / Westmuster (= contra), wobei eine überwiegende Anzahl der Kantone sich für die Vorlage aussprechen. Die Parteimeinungen lassen sich ebenfalls einheitlich den drei politischen Lagern zuordnen. Im Gegensatz zu den Parteien der Mitte und derjenigen der Rechten lehnen die linken Parteien die Vorlage ab, desgleichen deren nahe stehenden Verbände. Für sie ist die vorgeschlagene Senkung verfrüht, geht zu weit und erfolgt zu rasch. Die im Umfeld der beruflichen Vorsorge tätigen Organisationen und Fachkreise befürworten mehrheitlich die Reduktion auf 6,4 Prozent, die Versicherungen und deren nahe stehenden Kreise sind für eine noch stärkere Senkung. Die Befürwortenden sind mehrheitlich auch mit der Senkung in vier Teilschritten einverstanden.

Die fünfjährige Berichterstattung findet bei einer grossen Mehrheit Zustimmung, wobei einige Teilnehmenden sie nur gutheissen, wenn damit kein Automatismus zu erneuten Senkungen verbunden ist. Allgemein könne der verkürzte Rhythmus zu einem Anpassungsdruck führen. Die ablehnenden Teilnehmenden wünschen die Beibehaltung der heutigen 10-jährigen Berichterstattung, sie befürchten, dass mit der Verkürzung die kurzfristige Situation an den Finanzmärkten ein zu hohes Gewicht erhalten würde.

Diejenigen Teilnehmenden, die der Senkung des Mindestumwandlungssatzes zustimmen, begrüssen ­ mit wenigen Ausnahmen ­ auch den Verzicht auf flankierende Massnahmen. Die ablehnenden Stimmen fordern ­ so sie sich darüber äussern ­ einen vollen Ausgleich.

Praktisch unangefochten ist der vorgeschlagene Automatismus in Bezug auf die Anpassung des ordentlichen BVG-Rentenalters an dasjenige der AHV. Der Automatismus bei den Altersgutschriften findet ebenfalls breite Zustimmung.

Einige Teilnehmende fragen sich, ob die Festlegung des Mindestumwandlungssatzes nicht wieder dem Bundesrat zugeführt werden sollte. Einige fordern (zumindest mittelfristig) die Überprüfung eines Verzichts auf einen fixen Mindestumwandlungssatz.

15

Ergebnisbericht vom Juni 2006 (www.admin.ch/ch/d/gg/pc/ind2006.html#EDI)

9490

Am 28. Juni 2006 hatte der Bundesrat das Departement des Innern beauftragt, bis November 2006 eine Botschaft im Sinne der Vernehmlassungsvorlage auszuarbeiten.

1.2

Prämissen

1.2.1

Unveränderter Geltungsbereich: Beschränkung auf den obligatorischen Bereich

Die unter Ziffer 1.1.2 aufgeführte Motion 03.3438 der SGK-SR enthielt in einem zweiten Punkt die Forderung, dass «der Umwandlungssatz im obligatorischen und überobligatorischen Bereich im Wesentlichen übereinstimmt.» Der Ständerat hat Punkt 2 der Motion zugunsten von «Flexibilität und Freiheit im Überobligatorium»16 abgelehnt.

In seiner Stellungnahme17 führte der Bundesrat im Einzelnen dazu aus, dass «nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen der Mindestumwandlungssatz nur für die obligatorische Mindestvorsorge nach BVG angewandt wird (Art. 49 BVG und ­ e contrario ­ Art. 89bis ZGB). Der überobligatorische Bereich und die weitergehende Vorsorge liegen im Ermessen von Arbeitgebern und Vorsorgeeinrichtungen, die so an ihre Situation und ihre Bedürfnisse angepasste Lösungen wählen können. Diese Freiheit und die damit verbundene Flexibilität wurden stets als Stärke der sozialpartnerschaftlich vereinbarten überobligatorischen beruflichen Vorsorge betrachtet. Der Zwang auch im überobligatorischen Bereich den gesetzlichen Umwandlungssatz anwenden zu müssen, könnte dazu führen, dass die Leistungen in diesem Bereich längerfristig abgebaut werden. Dies deshalb, weil die Vorsorgeeinrichtungen nicht das finanzielle Risiko eingehen wollen, über die gesetzlich geforderten Minimalleistungen hinaus die Umwandlung des Altersguthabens in Rentenleistungen zum gesetzlichen Umwandlungssatz garantieren zu müssen. Sollten für die Finanzierung des gesetzlichen Umwandlungssatzes auch im Überobligatorium höhere Beiträge notwendig sein, wird dies auch die Bereitschaft der Arbeitgeber und selbst jene der Arbeitnehmer, überobligatorische Leistungen zu finanzieren, auf eine harte Probe gestellt.» Die Diskussionen im Ständerat zeigten, dass es gute Gründe für die einheitliche Anwendung eines Umwandlungssatzes gibt. Die entsprechende Umsetzung liegt jedoch im Verantwortungsbereich der Vorsorgeeinrichtungen.

1.2.2

Mindestvorschrift und Anrechnungsprinzip

Beim gesetzlichen Umwandlungssatz handelt es sich um eine Mindestvorschrift.

Das zuständige paritätische Organ der Vorsorgeeinrichtung kann unter Beizug des Experten für berufliche Vorsorge in ihrem Reglement einen höheren Satz vorsehen, sofern die notwendigen Reserven geäufnet und dessen Finanzierung auch in der Zukunft möglich ist.

16 17

Vgl. Wortprotokoll vom 1.10.2003, Amtliches Bulletin ­ Ständerat www.parlament.ch/afs/data/d/gesch/2003/d_gesch_20033438.htm

9491

Bei Unterschreitung des Mindestumwandlungssatzes hat in umhüllenden Kassen eine Vergleichsrechnung zu erfolgen, damit sichergestellt ist, dass die gesetzlich vorgeschriebene Rentenhöhe erreicht ist. Bei den Leistungsprimatkassen, welche die Altersleistungen zumeist in Prozenten des letzten versicherten Lohnes definieren, dient dazu die Schattenrechnung. Bei Vorsorgeeinrichtungen des Beitragsprimats ist der anzuwendende Umwandlungssatz im Reglement anzumerken. Auch hier gilt es, die gesetzlich vorgeschriebene Mindestrentenleistung zu gewährleisten. Bei der Berechnung der Rentenleistung ist das Anrechnungsprinzip wirksam18, wobei dieses Prinzip seine Schranke dort finden muss, wo der reglementarisch festgelegte Umwandlungssatz sich auf Eckwerte stützt (wie Sterbenswahrscheinlichkeit und technischer Zinssatz), welche nicht begründbar sind und nicht auf anerkannten Grundlagen basieren.

Im überobligatorischen Bereich ist die Mindestvorschrift nicht wirksam.

1.2.3

Solidaritäten

An den bisherigen Solidaritäten wird nichts geändert.

So gilt nach wie vor ein einheitlicher Mindestumwandlungssatz für Verheiratete und Nichtverheiratete. Es ist nicht vorgesehen, dass für diejenigen Versicherten, welche im Todesfall keine Ehegattenrenten auslösen, bei der Pensionierung ein höherer Umwandlungssatz zur Anwendung kommt.

Auch am Grundsatz des einheitlichen Umwandlungssatzes im ordentlichen Rentenalter für Männer und Frauen wird bewusst festgehalten, vorbehalten bleiben die Übergangslösungen. Dies ist umso eher vertretbar, da sich die Umverteilungseffekte (die Frauen leben länger als die Männer, andererseits bewirken die Rentner mehr Leistungen für die Witwen als die Rentnerinnen für die Witwer) zu einem grossen Teil neutralisieren.

Weitere Informationen über die Umverteilungseffekte in der beruflichen Vorsorge finden sich im Forschungsbericht des Bundesamtes für Sozialversicherungen vom Februar 200519. Darin ist festgehalten, dass a priori nicht gesagt werden kann, in welche Richtung die definitive Umverteilungswirkung zwischen den Versicherten beider Geschlechter geht. Das im Bericht der Arbeitsgruppe zur Bestimmung des Durchschnittssatzes gewählte Versichertenverhältnis von 70 Prozent Männer und 30 Prozent Frauen hat daher keine grossen Auswirkungen auf den Umwandlungssatz.

1.2.4

Kein Einfluss auf die laufenden Renten

In den Übergangsbestimmungen zur 1. BVG-Revision20 ist ausdrücklich festgelegt, dass die Senkung des Mindestumwandlungssatzes die laufenden Renten nicht tangiert. Dies gilt auch bei der erneuten Senkung des Mindestumwandlungssatzes: sie

18 19 20

BGE 127 V 264 (vgl. BBl 2003 6409) Forschungsbericht Nr. 5/05 des BSV «Vergleich zwischen der AHV und der beruflichen Vorsorge (BV) aus wirtschaftlicher Sicht».

Übergangsbestimmungen der Änderung vom 3. Oktober 2003, Bst. a Abs. 1.

9492

wird nur für Neurentner und Neurentnerinnen wirksam sein. Dieser Grundsatz ist in den Übergangsbestimmungen zur geplanten Gesetzesänderung wieder zu finden.

Durch die jüngsten Gesetzgebungsarbeiten wurde dieser Schutz bestätigt. In Artikel 65d Absatz 3 Buchstabe b BVG (in Verbindung mit Art. 5 BVG) ist ausdrücklich erwähnt, dass die Höhe der Renten bei Entstehung des Rentenanspruchs gewährleistet bleibt, auch im überobligatorischen Bereich.

1.2.5

Rentendeckungskapital und Austrittsleistungen

Die Gesetzesvorlage bewirkt eine Änderung des Mindestumwandlungssatzes. Sie enthält jedoch keine Vorschrift, wie das Rentendeckungskapital oder das Deckungskapital der Versicherten im Leistungsprimat zu berechnen ist. Aufgrund der unterschiedlichen Kassenstrukturen sind diese Berechnungen kassenspezifisch auszuführen.

So sieht Artikel 48 BVV 2 vor, dass die Passiven der Bilanz nach den Fachempfehlungen zur Rechnungslegung Swiss GAAP FER 26 zu bewerten sind, wobei der aktuelle Bericht des Experten für berufliche Vorsorge dafür massgebend ist. Nach Ziffer 4 der Empfehlungen sind die Vorsorgekapitalien und die technischen Rückstellungen jährlich und nach anerkannten Grundsätzen21 zu ermitteln.

Der technische Zinssatz, welcher dem zu bilanzierenden Rentendeckungskapital oder dem Deckungskapital für die Aktiven im Leistungsprimat zugrunde liegt, wird vom zuständigen paritätischen Organ der Vorsorgeeinrichtung festgelegt, welches sich auf den Bericht des Experten für berufliche Vorsorge stützt. Nach den Richtlinien der Kammer der Pensionskassen-Experten22 ist der technische Zinssatz so festzulegen, dass er langfristig gesehen, mit einer angemessenen Marge unterhalb der effektiven Vermögensrendite liegt und über einen längeren Zeitraum beibehalten werden kann.

1.2.6

Technische Grundlagen

1.2.6.1

Technische Grundlagen: Perioden- und Generationenkonzept

Der Umwandlungssatz basiert auf biometrischen Grundlagen und dem technischen Zinssatz.

Ausgangspunkt der Leistungen im Alter ist das im Zeitpunkt des Altersrücktritts vorhandene Altersguthaben. Gelangt das Altersguthaben zur Auszahlung, enden für die Vorsorgeeinrichtungen die Verpflichtungen. Für den Gesetzgeber stehen jedoch die Rentenzahlungen als Form der Altersvorsorge im Vordergrund, so ausdrücklich erwähnt in Artikel 37 Absatz 1 BVG. Zusätzlich zur lebenslänglichen Altersrente sollen Ehegatten-, Waisen- und Alterskinderrenten mitfinanziert sein. Diese Rentenarten sind in Prozenten der Altersrente definiert.

21 22

Vgl. Fachrichtlinie FRP 2 vom 1.7.2006 der Schweizerischen Kammer der Pensionskassen-Experten.

Ziffer 7 der Stellungnahme zum technischen Zinssatz bei VE vom 6.1.2005 (www.kammer-pk-experten.ch/DE/Aktuell/05_techn%20zinssatz_d.pdf).

9493

Die verbleibende Lebenserwartung der Rentner und Rentnerinnen ist der zentrale biometrische Parameter der technischen Grundlagen und damit des Umwandlungssatzes. Sie enthalten weitere Grössen mit je unterschiedlicher Wirkung wie: a.

die Wahrscheinlichkeit, im Todesfall verheiratet zu sein;

b.

das durchschnittliche Alter und die Sterbewahrscheinlichkeit des überlebenden Ehegatten;

c.

die Wahrscheinlichkeit der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten;

d.

die Wahrscheinlichkeit, als Rentner Leistungen für Kinder auszulösen und deren geschätzte durchschnittliche Bezugsdauer.

Die Wahrscheinlichkeiten a und b sind für den Umwandlungssatz bedeutsamer als c und d.

Diese Wahrscheinlichkeiten werden in Tafelwerken festgehalten; bei den Sterbetafeln gibt es grundsätzlich zwei Arten: die Periodentafel und die Generationentafel.

Die Periodentafeln stellen die altersabhängige Sterbewahrscheinlichkeit eines Versichertenbestandes in einem bestimmten Beobachtungszeitraum («Periode») dar. In Wirklichkeit verringert sich die Sterbewahrscheinlichkeit jedoch laufend. Die Lebenserwartung eines 65-jährigen Mannes im Jahr 2000 war beispielsweise geringer als es diejenige eines Gleichaltrigen im Jahr 2005 ist und im Jahr 2010 wird sie für einen 65-Jährigen voraussichtlich nochmals grösser sein. Die Längerlebigkeit ist in den Periodentafeln nicht einberechnet. Um die laufend zunehmenden Lebensjahre im Rentendeckungskapital zu berücksichtigen, müssen für die zusätzlichen Rentenzahlungen technische Rückstellungen gebildet werden.

Da die Periodentafeln «nur» das in einer vorgegebenen Beobachtungsperiode festgestellte oder das bis zu einem bestimmten Beobachtungszeitpunkt fortgeschriebene Risikoverhalten eines Versichertenbestandes widerspiegeln und nicht das zukünftige Risikoverhalten einer noch «lebenden» Generation reflektieren, enthalten die technischen Grundlagen und damit der Mindestumwandlungssatz keine Hypothesen in Form von mathematischen Modellen über das zukünftige Sterbeverhalten eines heute 65-jährigen Versicherten. Auf mögliche Schwankungen im Risikoverhalten (wie beschleunigter oder verlangsamter Sterblichkeitsrückgang) wird bei diesem Konzept in dem Sinne reagiert, indem die Rückstellungen an die jeweils beobachtete, allenfalls fortgeschriebene Längerlebigkeit angepasst werden.

Die Generationentafel stellt das Risikoverhalten einer Generation dar, das heisst der Gesamtheit derjenigen Personen, die im selben Jahr geboren sind. Im Gegensatz zum Periodenkonzept ist die zukünftig erwartete Längerlebigkeit der Personen desselben Jahrgangs im Umwandlungssatz bereits enthalten. Damit entfällt die Notwendigkeit von Rückstellungen oder Nachfinanzierungen, vorausgesetzt die darin enthaltenen Annahmen haben Bestand.

Die Lebensversicherer verwenden die Generationentafeln des Kollektivtarifs 1995 (GRM/GRF) beziehungsweise die aktuellere Tafel SVV 1996­2000. Viele autonome Vorsorgeeinrichtungen
benützen die Periodentafeln der Eidgenössischen Versicherungskasse (EVK 2000). In der Praxis hat sich auch diejenige der Versicherungskasse der Stadt und des Kantons Zürich (VZ 2000) etabliert. Mit dem jüngsten Tabellenwerk, welches auf den Beobachtungen grösserer, autonomer Vorsorgeeinrichtungen beruht (BVG 2000 und BVG 2005), wurden technische Grundlagen

9494

zugänglich und rasch gebräuchlich, welche die Wahrscheinlichkeiten in grösseren, privaten Unternehmen widerspiegeln.

Die Unterschiede dieser Tafeln sind in Tabelle 123 verdeutlicht. Die Abweichungen ergeben sich auch aufgrund der unterschiedlichen Personengesamtheiten. So wird beispielsweise die gesamtschweizerische männliche Bevölkerung im Alter 65 (Bundesamt für Statistik BFS) dem Bestand der Altersrentner der EVK und VZ und damit ehemaliger Angestellter öffentlicher Verwaltungen gegenübergestellt. Die Tafeln GRM24 und SVV der Lebensversicherer sind demgegenüber Abbild der Sterblichkeit von Rentnern kleinerer oder mittlerer Unternehmen. Die Tafeln «BVG» besitzen ein breites Spektrum. Auffallend ist, dass die Lebenserwartungen der verschiedenen Periodentafeln sich in einem relativ engen Korridor bewegen, wenn man sie auf den gleichen Zeitpunkt ausrichtet. Aufgrund langjähriger Erfahrungswerte geht man davon aus, dass die Sterbewahrscheinlichkeit weiterhin abnimmt.

Tabelle 1 Lebenserwartungen unterschiedlicher Sterbetafeln Männer Alter 65

Lebenserwartung ohne Zukunftsannahme (Periodenkonzept)

Lebenserwartung mit Zukunftsannahme (Generationenkonzept)

Umwandlungssatz

EVK 2000/4 %* VZ 2000/4 % BVG 2000/4 % BVG 2005/4 %25 GRM 1995/3,5 % SVV 1996­2000 3,5 % BFS 2002 BFS 1995 (Generation 1938)

17,92 Jahre ­ 2000 17,30 Jahre ­ 2000 17,76 Jahre ­ 2000 17,90 Jahre ­ 2001,5** 18,42 Jahre ­ 2003 16,90 Jahre ­ 1998 17,4 Jahre26 ­ 2002

18,97 Jahre 18,39 Jahre 18,84 Jahre

6,92 % (ohne) 7,07 % (ohne) 6,96 % (ohne) 6,93 % (ohne) 5,835 % (mit) 6,19 % (mit)

* **

20,47 Jahre 19,30 Jahre 18,3 Jahre

Extrapolation vom Mittelpunkt der Beobachtungsperiode bis zum Jahr 2000, die Zahlen weichen daher von den Originaldaten etwas ab.

gegenüber BVG 2000 verschiebt sich der mittlere Zeitpunkt der Beobachtungen um 1,5 Jahre.

Die neuesten publizierten Erfahrungswerte BVG und BFS lassen keinen Schluss auf einen Trendwechsel in der Lebenserwartung ­ in welcher Richtung auch immer ­ zu. Die BVG 2005, welche auf den Daten 1999­2004 basieren, zeigen gegenüber BVG 2000 bei den Frauen eine Abnahme der Lebenserwartung von 21,09 auf 20,98 Jahren, bei den Witwen hingegen eine Zunahme von 21,09 auf 21,19 Jahren und bei den Männern eine Zunahme von 17,76 auf 17,90 Jahren. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich der Mittelpunkt der zugrunde liegenden Datenreihe gegenüber der

23 24 25 26

Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe, Ziffer 2.1 und 7 plus Anhang.

GRM: Gruppenversicherung (Daten der Kollektiv-Versicherung), Rentenversicherung (ohne Kapitalversicherung), Männer.

Publiziert im Dezember 2005.

Jährliches Ergebnis.

9495

Erhebung BVG 2000 um nur gerade 1,5 Jahre verschoben hat, mithin sind diese Daten mit der notwendigen Distanz zu beurteilen.

Die folgende Grafik mit der Zahlenreihe des Bundesamtes für Statistik zeigt, dass sich bei sehr kurzen Beobachtungszeiten (von Jahr zu Jahr) starke Schwankungen ergeben. Auf fünf Jahre bezogen (von 2000­2005) ist der Trend der steigenden Lebenserwartung ausgeprägt feststellbar. Bei den 65-jährigen Männern erfolgte ein Anstieg von 17,0 auf 18,1 Jahre, bei den Frauen ein solcher von 20,7 auf 21,6 Jahre.

Grafik 4 Entwicklung der Lebenserwartung 1981­2005 (BFS) 24

Lebensjahre ab Alter 65

22 20 18 16

Männer Frauen

14 12

19 81 19 83 19 85 19 87 19 89 19 91 19 93 19 95 19 97 19 99 20 01 20 03 20 05

10

Welche Tafeln der Experte für berufliche Vorsorge seinen versicherungstechnischen Berechnungen beziehungsweise dem reglementarischen Rentenumwandlungssatz27 unterlegt und dem zuständigen paritätischen Organ zur Anwendung vorschlägt, liegt in seiner Verantwortung. Gilt es doch diejenigen Werte zu berücksichtigen, die den Gegebenheiten der Vorsorgeeinrichtungen am besten Rechnung tragen. In diesem Sinne gibt es keine richtige Tafel mit Gültigkeit für sämtliche Vorsorgeeinrichtungen. In seiner Stellungnahme zur Motion vom 22. März 2002 «Umwandlungssatz.

Spezielle Statistik zur Berechnung»28 hat der Bundesrat die Anwendung einheitlicher Grundlagen ebenfalls als nicht zweckmässig erachtet.

27 28

Immer unter der Voraussetzung, dass im obligatorischen Bereich der gesetzliche Mindestumwandlungssatz eingehalten ist.

Motion 02.3160 Egerszegi-Obrist wurde am 21.6.2002 vom Nationalrat in Form eines Postulats überwiesen.

9496

Mit der Wahl der technischen Grundlagen entscheidet der Experte gleichzeitig darüber, ob er die Sterblichkeit einer Periode ohne die zukünftig erwartete Sterblichkeit (Periodentafel) oder ob er die Sterblichkeit einer Generation (eines Jahrgangs) inklusive der zukünftig erwarteten Sterblichkeit (Generationentafel) berücksichtigen will.

Entscheidet sich der Experte für das Periodenkonzept, muss das Rentendeckungskapital, welches für die Rentenleistungen auf der Basis der Periodentafel zurückgestellt ist, je nach Entwicklung der Lebenserwartung laufend verstärkt werden. In der Praxis werden dafür technische Rückstellungen gebildet, die zumeist 0,5 Prozent des jeweiligen Rentendeckungskapitals pro Jahr oder 5 Prozent in zehn Jahren betragen.

Diese Rückstellungen erwiesen sich in der Vergangenheit als genügend. Da die Periodentafel nach rund zehn Jahren durch eine neue Tafel ersetzt wird (so bis anhin EVK und VZ), wurden diese Rückstellungen jeweils nach zehn Jahren für die Anpassung des Rentendeckungskapitals an die neuen Werte aufgelöst. Geht man davon aus, dass die Sterblichkeit weiterhin abnimmt, ist die laufende Bildung entsprechender technischer Rückstellungen zwingend, damit bei Kenntnis der neuen Tabellenwerte ausreichende Mittel für die Anpassung des Vorsorgekapitals vorhanden sind.

Diese Rückstellungen konnten in den 90er Jahren dank dem überaus günstigen Verlauf an den Finanzmärkten zumeist ohne grosse Probleme aus den Vermögenserträgen finanziert werden.

Wählt der Experte eine Periodensterbetafel, die in kürzeren Abständen aktualisiert wird (so «BVG» und neu auch «VZ»29), kann die Anpassung der Rentendeckungskapitalien rascher erfolgen und so auch die laufende Bildung der Reserven näher an das Geschehen binden. Die Erweiterung des Angebots an technischen Grundlagen und der raschere Zugriff zu neueren Daten gewährleisten, dass Ausreisser schneller als solche erkannt und gewichtet werden können und bei Bedarf Reserveverstärkungen zügiger eingeleitet werden können. Ob auch die reglementarischen Umwandlungssätze in diesem zeitlichen Rahmen geändert werden, liegt ­ soweit die gesetzlichen Vorgaben eingehalten sind ­ im Entscheidungsbereich der Vorsorgeeinrichtung.

Dass im Überobligatorium die Lebensversicherer gegenüber den Vorsorgeeinrichtungen deutlich abweichende Umwandlungssätze angewandt
haben beziehungsweise anwenden, ist einmal darauf zurückzuführen, dass sie von unterschiedlichen Vermögenserträgen ausgehen. Lebensversicherer müssen sich ausserdem für das Generationenkonzept entscheiden, weil sie keine Nachfinanzierung und damit keine Umlagekomponente vorsehen können. Dazu verwenden sie einen technischen Zinssatz von 3,5 Prozent mit einer Renditeerwartung von ebenfalls 3,5 Prozent. So genannte autonome Vorsorgeeinrichtungen hingegen ziehen in der Regel das Periodenkonzept vor und wenden noch häufig einen technischen Zinssatz von 4 Prozent an, was einer Renditeerwartung von zirka 4,5 Prozent entspricht. Allerdings gibt es in der weitergehenden Vorsorge in zunehmendem Masse Vorsorgeeinrichtungen (so genannte umhüllende Kassen), welche unter Anwendung des Anrechnungsprinzips ebenfalls einen tieferen als den gesetzlich vorgeschriebenen Umwandlungssatz eingeführt haben. Die nachstehende Tabelle30 macht die erwähnten Unterschiede am Beispiel des per 1. Januar 2004 von einigen Lebensversicherungsgesellschaften angewandten Umwandlungssatzes transparent: 29 30

Voraussichtliche Publikation VZ 2005 per Ende 2006.

Beat Müller, NZZ, Entzauberung des BVG-Umwandlungssatzes vom 30.9.2003.

9497

Tabelle 2 Mögliche Abweichungen beim Rentenumwandlungssatz autonomer Vorsorgeeinrichtungen/Lebensversicherer Männer Alter 65:

Umwandlungssatz gemäss EVK 2000 / 4,0 % (Periodenkonzept)

6,989 %

Kostenzuschlag

­0,117 %-punkte

Technischer Zinssatz 3,5 % statt 4,0 %

­0,351 %-punkte

Unterschiedliche Sterbewahrscheinlichkeiten (Generationenstatt Periodentafel)

­0,686 %-punkte

Umwandlungssatz gemäss KT 95, 3,5 % (Generationenkonzept)

5,835 %

Der Vergleich Periodentafel/Generationentafel ist somit auf dem Hintergrund der unterschiedlichen Gesetzgebung berufliche Vorsorge (BVG) und Lebensversicherer (LVV/VAG31) zu sehen.

1.2.6.2

Technische Grundlagen der 1. BVG-Revision

Bei den technischen Grundlagen, welche gemäss 1. BVG-Revision für die Festlegung des Mindestumwandlungssatzes von 6,8 Prozent im Jahr 2015 massgebend waren, handelt es sich um die bis 2015 hochgerechneten Werte der Grundlagen autonomer Kassen (EVK, VZ und schliesslich auch BVG), wobei die Rentenumwandlungssätze der Männer im Alter 65 zu 70 Prozent und diejenigen der Frauen (ebenfalls Alter 65) zu 30 Prozent in der Berechnung Eingang gefunden haben. Die zugrunde liegenden Ehegattenrenten betrugen 60 Prozent und die Waisen- und Alterskinderrenten 20 Prozent der Altersrenten.

1.3

Notwendigkeit der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes

1.3.1

Vorbemerkungen

Nicht die Änderungen biometrischer Daten sind zentraler Auslöser für die erneute Anpassung des Mindestumwandlungssatzes, sondern der technische Zinssatz.

Den biometrischen Entwicklungen wurde in der 1. BVG-Revision durch die Reduktion des Mindestumwandlungssatzes von 7,2 Prozent auf 6,8 Prozent bis 2015 bereits Rechnung getragen. Der unterlegte technische Zinssatz von 4 Prozent beziehungsweise die zugrunde gelegte Kapitalrenditeerwartung von 4,5 Prozent blieb hingegen unverändert.

31

Lebensversicherungsgesetz vom 18.6.1993, SR 961.61, Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) vom 17.12.2004, SR 961.01.

9498

Gegenstand der Vorlage ist daher vor allem die Anpassung des technischen Zinssatzes aufgrund revidierter Renditeerwartungen. Die Reduktion des technischen Zinssatzes führt nicht nur zu einer Revision der bestehenden Übergangsbestimmungen (rascheres Erreichen des Mindestumwandlungssatzes von 6,8 Prozent der 1. BVG-Revision), sie erzwingt auch eine weitere Absenkung des Mindestumwandlungssatzes, wobei die gesetzliche Möglichkeit einer erneuten Überprüfung beibehalten werden soll.

Dabei gilt es, den für den Sparprozess im Beitragsprimat geltenden Mindestzinssatz und den für die Berechnung des Umwandlungssatzes massgebenden technischen Zinssatz auseinander zu halten. Die Festlegung des Mindestzinssatzes ist flexibel ausgestaltet und wird seit 1. Januar 2003 in einem zweijährigen Rhythmus geprüft und allenfalls angepasst. Der in der Ansparphase so genannte dritte Beitragszahler (Zinserträge auf dem Alterskapital) reagiert damit im Gleichschritt der schwankenden Finanzmärkte.

Der Umwandlungssatz hingegen hat eine ausgeprägte Langzeitwirkung, da die am Stichtag des Altersrücktritts festgelegten Altersrenten lebenslänglich geschuldet sind und damit deren inhärenten Parameter, zu denen auch der technische Zinssatz gehört, unverrückbar bleiben. Die Vorsorgeeinrichtungen stehen in der Verantwortung, diese Leistungen finanziell zu sichern, ohne die Gelegenheit zu haben, die Leistungen nachträglich zu kürzen. Der Umwandlungssatz stellt daher aus deren Sicht eine sensible Grösse dar. Ist er dauerhaft zu hoch beziehungsweise kann der technische Zinssatz dauerhaft nicht erwirtschaftet werden, besteht die Gefahr, dass das Rentendeckungskapital die Leistungen nicht mehr zu decken vermag und die Lücke beispielsweise durch Leistungen der Versicherten und Arbeitgeber geschlossen werden müsste. Insbesondere bei Vorsorgeeinrichtungen mit einer höheren Anzahl Rentnerinnen und Rentnern als Versicherte sind derartige Sanierungsmassnahmen schwierig.

Daneben gilt es, das Vertrauen der Versicherten, Rentner und Rentnerinnen in die berufliche Vorsorge zu schützen. Das System der beruflichen Vorsorge ist so angelegt, dass die Rentnerinnen und Rentner darauf vertrauen können, dass ihre Rente Bestand hat. Für die Versicherten hingegen bleibt die Höhe der zukünftigen Rente (so genannte anwartschaftliche Rente) bis zum Zeitpunkt
des Altersrücktritts ungewiss. Dafür sind insbesondere zwei Unsicherheitsfaktoren verantwortlich: die Sätze, zu welchem das Altersguthaben bis zum Rücktrittsalter verzinst und der Satz, mit welchem das Guthaben bei der Pensionierung in eine Rente umgewandelt wird.

In Anbetracht der variierenden Sätze bei der Verzinsung des Altersguthabens während der Ansparphase hat ein stabiler Rentenumwandlungssatz für die individuelle Lebensplanung zusätzlich an Bedeutung gewonnen. Ein ähnlich wie der Mindestzinssatz schwankender technischer Zinssatz würde zu einem stark schwankenden Umwandlungssatz führen, dadurch die Möglichkeit der Vorausberechnung der zukünftigen Altersrente noch weiter schmälern und insbesondere eine Ungleichbehandlung zwischen einzelnen Jahrgängen auslösen.

Diese Überlegungen sind Ausgangspunkt für die Festlegung des Mindestumwandlungssatzes und dessen Umsetzung. Im Folgenden sind die einzelnen Parameter dargelegt, wobei der Bericht der Arbeitsgruppe32 weitere Details liefert.

32

Ziffer 8.1.4 ff.

9499

1.3.2

Anpassung ab 1. Januar 2008 bis Erreichen von 6,4 Prozent per 1. Januar 2011

Gestützt auf die Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für berufliche Vorsorge vom 27. Oktober 2005 und den Entscheiden des Bundesrates vom 16. November 2005 und 28. Juni 2006 soll eine weitere und rasche Absenkung des Umwandlungssatzes auf 6,4 Prozent erfolgen.

Die gesetzliche Anpassung dürfte voraussichtlich frühestens per 1. Januar 2008 in Kraft treten. Die Höhe der Umwandlungssätze pro Jahrgang und Geschlecht kann bis zu diesem Zeitpunkt daher nicht beschleunigt reduziert werden. Sie entsprechen bis 31. Dezember 2007 der aktuellen Übergangsregelung (2007: Männer 7,10 %, Frauen 7,15 %). Erst danach kann die Absenkung in grösseren Schritten erfolgen, um das Ziel von 6,4 Prozent bereits per 1. Januar 2011 zu erreichen.

Die folgende Tabelle zeigt ­ unter der Voraussetzung eines Inkrafttretens per 1. Januar 2008 ­ die vier vorgesehenen Teilschritte bis zur Erreichung des Mindestumwandlungssatzes von 6,4 Prozent. Daraus wird ersichtlich, dass die 6,8 Prozentmarke 2009 bereits unterschritten und damit die geltende Einführungszeit auf die Hälfte reduziert wird.

Für Männer wird das ordentliche Rentenalter von 65 Jahren zugrunde gelegt, für Frauen bis zum Jahr 2008 ein solches von 64 Jahren. Ab 2010 ­ die entsprechende gesetzliche Anpassung des AHV-Rentenalters vorausgesetzt33 ­ gilt für Frauen dann ebenfalls das Rentenalter 65 (das Jahr 2009 wird daher übersprungen).

Tabelle 3 Anpassungsmodus

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

M

F

7,15 7,10 7,10 6,90 6,75 6,55 6,40

7,20 7,20 7,15 6,90 6,65 6,40

Obwohl es noch ungewiss ist, wie sich das ordentliche AHV-Rentenalter von Frauen entwickeln wird, geht man in der vorgeschlagenen Gesetzesänderung von der Annahme aus, dass der Mindestumwandlungssatz von 6,4 Prozent bei Männern und Frauen gleichzeitig, das heisst bei einem identischen ordentlichen Rentenalter für den Jahrgang 1946 und somit per 2011 (1946 + 65) zum Tragen kommt.

Grafik 5 erlaubt den Vergleich der Mindestumwandlungssätze zwischen der vorgeschlagenen und der heutigen Regelung.

33

Vgl. E-Art. 21 Abs. 1 AHVG, 11. AHV-Revision (Neufassung) Erste Botschaft vom 21.12.2005 BBl 2006 1957 ff.

9500

Grafik 5 Vergleich vorgeschlagene Variante (VV) ­ geltende Ordnung (GO) 7.20 7.10 7.00 6.90 GO Männer

6.80

VV Männer GO Frauen

6.70

VV Frauen

6.60 6.50 6.40 6.30 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

1.3.3

Massgrössen des Mindestumwandlungssatzes von 6,4 Prozent im Jahr 2011

1.3.3.1

Technische Grundlagen: Fortgeschriebene Periodentafel BVG 2000

Wie unter Ziffer 1.2.6.1 erwähnt, ist nicht vorgesehen, für die gesamte Schweiz einheitliche technische Grundlagen vorzuschreiben.

In Anlehnung an den Bericht der Arbeitsgruppe und in Anbetracht ihrer nach wie vor unveränderten Aktualität werden dem Mindestumwandlungssatz von 6,4 Prozent die technischen Grundlagen «BVG 2000»34 zugrunde gelegt. Diese wurden im Dezember 2002 publiziert und basieren auf Daten von zwölf autonomen Vorsorgeeinrichtungen, welche die Mitarbeitenden privater Unternehmen versichern. Wie aus Tabelle 1 hervorgeht, liegen die Lebenserwartungen von BVG 2000 zwischen denjenigen von EVK 2000 und VZ 2000. In den Grundlagen sind wie bei EVK 2000 und VZ 2000 weder Sicherheitszuschläge noch Verwaltungskosten eingebaut.

Auf die Grundlagen BVG 2000 folgten im Dezember 2005 die Grundlagen BVG 2005. Die auf die nächsten Jahre extrapolierten Daten beider Grundlagen unterscheiden sich jedoch kaum, so dass weiterhin von den Berechnungsgrundlagen der Arbeitsgruppe (BVG 2000) ausgegangen werden kann. Der neue Mindestumwandlungssatz wird daher aufgrund der während 1999­2001 beobachteten und bis 2011 extrapolierten biometrischen Basisdaten festgelegt. Er berücksichtigt ausserdem 34

Quelle: Hewitt/Libera

9501

Ehegattenrenten in der Höhe von 60 Prozent und Waisen- und Kinderrenten von 20 Prozent der Altersrente.

Wie schon in der 1. BVG-Revision geht man von einem Verhältnis Männer/Frauen von 70 Prozent zu 30 Prozent aus, wobei die Daten ab 2009 auf einem ordentlichen Rentenalter 65 für Männer und Frauen beruhen.

Indem die Berechnungen auf den Grundlagen «BVG» basieren, hat das für die autonomen Vorsorgeeinrichtungen übliche Periodenkonzept weiterhin Gültigkeit und damit verbunden auch die Verpflichtung zur Bildung von technischen Rückstellungen für die laufende Zunahme der Lebenserwartung. Da diese Rückstellungen auch zukünftig aus laufenden Erträgen der Vermögensanlagen und nicht durch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge finanziert werden sollen, ist der im Mindestumwandlungssatz einberechnete technische Zinssatz neu bewusst so angesetzt, dass zwischen erwarteter Rendite und technischem Zinssatz eine Marge/Ertragsspanne von 0,5 Prozentpunkten für deren Finanzierung besteht. In dieser Marge sind auch die Kosten im Rentenbereich, wie die Verwaltungskosten und die Kosten für den Sicherheitsfonds berücksichtigt.

Die Beibehaltung des Periodenkonzepts folgt einem entsprechenden Entscheid des Nationalrats im Rahmen der Beratungen zur 1. BVG-Revision. Der Antrag35, welcher verlangte, dass «der Mindestumwandlungssatz für jede Generation von Versicherten der künftigen Entwicklung ihrer Lebenserwartung Rechnung trägt» wurde abgelehnt.

1.3.3.2

Technischer Zinssatz von 3,35 Prozent (Renditeerwartung von 3,85 Prozent)

Grafik 6 zeigt die Entwicklung des technischen Zinssatzes bis 2011. Für die Männer gilt das ordentliche Rentenalter 65, für die Frauen wird ab 200936 ebenfalls das Alter 65 unterlegt.

35 36

Antrag Schmied Walter, vgl. Protokoll der Sondersession im Nationalrat vom 16.4.2002.

2005 gilt für Frauen für das ordentliche Rücktrittsalter 64 (vgl. Art. 62a Abs. 1 BVV 2 in der Fassung vom 18.8.2004).

9502

Grafik 6 Vorgeschlagene Variante ­ Technischer Zins (TZ) 4.50 4.40 4.30 4.20 4.10 4.00 3.90

TZ Männer

3.80

TZ Frauen

3.70

TZ Mischung

3.60 3.50 3.40 3.30 3.20 3.10 3.00 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

Der Umwandlungssatz von 6,4 Prozent per 2011 bedingt eine jährliche Vermögensrendite von durchschnittlich 3,85 Prozent. Unter Abzug von 0,5 Prozentpunkten für die technische Rückstellung ergibt sich somit ein technischer Zinssatz von 3,35 Prozent.

1.4

Technischer Zinssatz im Besonderen

1.4.1

Überlegungen zum technischen Zinssatz

Die erwartete Höhe zukünftiger Vermögenserträge bildet die Grundlage zur Festlegung des technischen Zinssatzes. Da es keine gesicherten Prognosen für zukünftige Kapitalrenditen gibt, muss sich der technische Zinssatz auf Erfahrungswerte und auf grundsätzliche Vorstellungen über die zukünftige Inflations- und Realzinsentwicklung stützen, deren Werthaltigkeit sich letztlich erst nach der letzten Rentenzahlung bestätigt oder eben nicht.

Das Erfordernis einer im voraus festzulegenden, langfristig erzielbaren Rendite (gültig für die Dauer eines ganzen Rentenlebens und danach desjenigen des überlebenden Ehegatten) verlangt, dass der technische Zinssatz kein Abbild einer Tagesform sein kann, sondern auf Durchschnittswerten basieren muss, bei der die beobachtete Zeitperiode und die Bezugsgrösse (Anlageuniversum) mit Bedacht gewählt werden muss. Ausgesprochene Boomphasen sind dazu so wenig geeignet wie Rezessionsphasen.

Die folgende Tabelle37 zeigt die Auswirkungen der Reduktion des technischen Zinssatzes auf den Umwandlungssatz. Eine Reduktion um 0,5 Prozentpunkte vermindert

37

Bericht Arbeitsgruppe Anhang 2.

9503

den Umwandlungssatz um rund 0,35 Prozentpunkte, die Reduktion um 1,0 Prozentpunkt um rund 0,70 Prozentpunkte.

Tabelle 4 Verhältnis technischer Zinssatz/Rentenumwandlungssatz BVG 2000

2000

2005

2005

2011

2015

Alter 65

Alter 64

Alter 65

Alter 65

Alter 65

Männer Frauen M70 %/F30 %

4% 4% 4%

6,96 7,18 7,03

6,90 6,88

6,87 7,09 6,94

6,78 6,98 6,84

6,72 6,91 6,78

Männer Frauen M70 %/F30 %

3,5 % 3,5 % 3,5 %

6,62 6,84 6,69

6,56 6,54

6,53 6,75 6,60

6,44 6,65 6,50

6,38 6,58 6,44

Männer Frauen M70 %/F30 %

3,0 % 3,0 % 3,0 %

6,28 6,51 6,35

6,23 6,21

6,20 6,42 6,27

6,10 6,31 6,16

6,04 6,24 6,10

1.4.1.1

Risikoarmer Zinssatz als Ausgangspunkt38

Ausgangspunkt für die Festlegung des technischen Zinssatzes als Bestandteil des Mindestumwandlungssatzes bildet der Zinssatz, der bei Staatsanleihen zur Anwendung kommt. Die Höhe des Zinssatzes widerspiegelt die Bonität des Schuldners und das Vertrauen des Anlegers in dessen Schuldendienst. Die Eidgenossenschaft ist bestmöglicher Schuldner, wodurch sich ein Risikozuschlag für eine eingeschränkte Schuldnerqualität und gleichzeitig auch ein Zuschlag für Währungsrisiken erübrigt.

Da für die Zukunft keine Gewissheiten bestehen, sind die Daten der Vergangenheit sowie makro- und finanzökonomische Zukunftserwartungen für den Entscheid relevant. Beachtung verdienen nicht nur die effektiven, nominalen Zinserträge, sondern ebenso deren Schwankungen. Auch die risikoarmen Zinssätze sind von den Inflationsraten beeinflusst, deren Entwicklung ist daher nicht ausser Acht zu lassen.

In Anbetracht des Zeithorizonts der Anlagen in einer Vorsorgeeinrichtung sind nicht die kurzfristigen, sondern die langfristigen Kassazinssätze Gegenstand der Betrachtung. Im Folgenden wird von 10-jährigen Kassazinssätzen ausgegangen.

Bereits den Vorarbeiten für das BVG lag eine langfristige Analyse der Nationalbank zugrunde, die für die Zeit von 1915­1944 einen risikoarmen Zins von 4,3 Prozent, für die Zeit von 1945­1979 einen solchen von 3,8 Prozent ermittelte. Insgesamt ergab dies für die Zeit von 1915­1979 4,0 Prozent, während die Inflation in diesem Zeitraum bei 2,9 Prozent lag.

Die Nationalbank hat für die Zeit ab 1972 wiederum eine Zeitreihe mit jährlichen Mittelwerten zur Verfügung gestellt. Sie ist in folgender Tabelle dargestellt.

38

Bericht Arbeitsgruppe, Ziffer 8.1.4.1

9504

Tabelle 5 Historische Daten Historische Daten (MW % p.a.)

1972­1985

seit 1972

seit 1985

seit 1997

Nominalwachstum* Realwachstum* Inflation* Realzinssatz 10 Jahre** Nominalzinssatz 10 Jahre

5,85 1,10 4,75 0,10 4,85

4,40 1,35 3,05 1,40 4,45

3,40 1,45 1,95 2,30 4,25

2,20 1,45 0,75 2,45 3,20

MW: jährliche Mittelwerte, * Enddatum ist Mitte 2004, ** Enddatum ist Ende 2004

Für die Zeit von 1972­1985 betrug der durchschnittliche nominelle Zinssatz 10-jähriger Bundesobligationen 4,85 Prozent, von 1972­2004 4,45 Prozent und von 1985­2004 4,25 Prozent. Deutlich tiefer liegen die Werte, wenn man nur die Zeit seit 1997 verfolgt. Diese Zeit ist geprägt von einer stark gesunkenen Inflation und einer damit verbundenen Reduktion des nominellen, risikoarmen Zinssatzes. Die durchschnittliche Inflation liegt in dieser Zeitspanne bei 0,75 Prozent, der durchschnittliche nominelle Zinssatz 10-jähriger Bundesobligationen bei 3,20 Prozent.

In der folgenden Grafik sind die Inflationsraten und die Zinssätze der 10-jährigen Bundesobligationen der letzten Jahre ersichtlich.

Grafik 7 Inflationsraten und Zinssätze 1988­2005 8 7

Nominalrenditen Realrenditen Inflationsrate

6

Prozent

5 4 3 2 1 0

12 .8 8 12 .8 9 12 .9 0 12 .9 1 12 .9 2 12 .9 3 12 .9 4 12 .9 5 12 .9 6 12 .9 7 12 .9 8 12 .9 9 12 .0 0 12 .0 1 12 .0 2 12 .0 3 12 .0 4 12 .0 5

-1

Bei der Festlegung des technischen Zinssatzes sind nicht nur die Erfahrungswerte, sondern auch die längerfristig zu erwartende Inflation wichtig. Dabei sind die gesetzlichen Vorgaben für die Zentralbanken und die zunehmende Unabhängigkeit der Nationalbanken von grosser Bedeutung. Die Schweizerische Nationalbank hat 9505

die Aufgabe, mit ihrer Geld- und Währungspolitik die Preisstabilität (Art. 5 Abs. 1 des Nationalbankengesetzes vom 3. Oktober 200339) zu gewährleisten. Sie setzt diese mit einem Anstieg des Landesindexes der Konsumentenpreise von unter 2 Prozent pro Jahr gleich und beruft sich dabei auf das seit 1999 angewandte geldpolitische Konzept und auf die damit gemachten guten Erfahrungen. Zur Bekämpfung der Inflation besitzen die Stabilitätshüter heute bessere, zukunftsorientierte Instrumente und Modelle; die Wissenschaft hat in diesem Bereich grosse Fortschritte gemacht. In der Zentralbankenwelt besteht heute eine viel ausgeprägtere Koordination und Transparenz als früher. Dies schliesst zwar Verzögerungen und einzelne Schocks und Ausreisser nicht aus.

In Kenntnis der Auswirkungen der Inflation auf die Entwicklung der Zinssätze wird bei der Festlegung des technischen Zinssatzes eine moderate Inflationsentwicklung unterlegt. Es macht daher Sinn von einer künftigen Inflation von 1,5 Prozent auszugehen, welche unter dem langjährigen Durchschnitt aber über dem aussergewöhnlich tiefen Durchschnitt der letzten Jahre liegt. Mit der Annahme eines namhaften, aufgrund der jüngsten Marktzinslage und der generell tieferen Risikoprämie eher optimistischen Realzinssatzes von 2,00­2,25 Prozent, der jedoch unter dem durchschnittlichen Satz seit 1985 und demjenigen seit 1997 liegt, ergibt sich ein Nominalzinssatz von 3,50­3,75 Prozent. Die seit Anfang 2006 steigenden Kassazinssätze der 10-jährigen Bundesobligationen stützen ­ so die Tendenz anhält ­ diese Erwartungen, liegen jedoch noch immer unter diesen Werten40.

Dieser risikoarme Zinssatz ist Ausgangspunkt und wichtigstes Element für die Ermittlung des technischen Zinssatzes. Dieser Satz fand Unterstützung, als man ihn mit den Daten der gleitenden Durchschnitte und der Forwardraten per Ende August 2004 verglich41. Per Ende Juni 2006 beträgt der gleitende Durchschnitt der Kassazinssätze der 10-jährigen Bundesobligationen 3,12 Prozent42.

1.4.1.2

Zinsabschlag oder Renditezuschlag

Im Bericht der Arbeitsgruppe werden drei Varianten vorgestellt, die ausgehend vom risikoarmen Zinssatz einen Abschlag oder einen Zuschlag vorsehen oder ihn unverändert belassen.

Die Variante risikoarmer Zinssatz mit Sicherheitsabschlag basiert auf dem Konzept einer notwendigen Sicherheitsmarge von 0,25 Prozentpunkten, wodurch Verlustrisiken durch Kapitalmarktschwankungen und Leistungsverpflichtungen und weitere Risiken (wie Mismatching zwischen Kapitalanlagen und Leistungsverpflichtungen, Migration von Teilbeständen zu ungünstigen Zeitpunkten) verringert werden. Mit dieser Variante soll auch die Wahrscheinlichkeit vermindert werden, dass eine Umverteilung von den Versicherten zu den Rentnerinnen und Rentnern stattfindet, was dann der Fall ist, wenn der technische Zinssatz dauerhaft höher ist als die erwirtschaftete Anlagerendite.

39 40 41 42

SR 951.11 in Kraft seit 1.5.2004 vorläufiger Höchststand 2006: 2,908% (Stand per 12.5.)

Bericht Arbeitsgruppe, Ziffer 8.1.4.1 SNB gleitender Durchschnitt Juli 1996 bis Juni 2006

9506

In der Variante risikoarmer Zinssatz mit Renditezuschlag werden neben den Renditen von Staatspapieren auch Renditen weiterer marktgängiger Anlagen berücksichtigt. Dabei wird von einem moderaten Anteil an Aktien und Immobilien von je 12 Prozent ausgegangen, welcher unter demjenigen eines durchschnittlichen Portefeuilles einer Vorsorgeeinrichtung liegt. Die für die Berechnung des technischen Zinssatzes erweiterte Renditebasis bewirkt einen Renditezuschlag von 0,4 Prozentpunkten43. Dieser Zuschlag ist wiederum vorsichtig bemessen und basiert nicht auf historischen Beobachtungen, weil in den 90er Jahren die Aktienrenditen in beträchtlichem Masse von einer Bewertungserhöhung getrieben wurden. Anstelle des historischen Renditezuschlages von beinahe 4 Prozent wird bei den Aktien mit einem Zuschlag von 2,5 Prozent und bei den Liegenschaften von 0,8 Prozent gerechnet (12 % × 2,5 % + 12 % × 0,8 % = 0,4 %).

Der Miteinbezug von Sachwerten trägt dem tatsächlichen Anlageuniversum der Vorsorgeeinrichtungen Rechnung. Indem Renditen weiterer Anlagen im technischen Zinssatz Eingang finden, wird den Vorsorgeeinrichtungen ein Renditeziel vorgelegt, welches einem Anlageverhalten entspricht, das sich der in Artikel 50 BVV 2 in Verbindung mit Artikel 71 BVG vorgeschriebenen angemessenen Risikoverteilung, insbesondere der Zuordnung der Mittel auf verschiedene Anlagekategorien, Regionen und Wirtschaftszweige, nähert.

Als dritte Variante wird im Bericht eine Variante risikoarmer Zinssatz ohne Abschlag oder Zuschlag aufgeführt, die davon ausgeht, dass es bei der Wahl eines risikoarmen Zinssatzes nicht noch einen zusätzlichen Abschlag braucht, weil die Risikoexposition bereits genügend begrenzt ist. Andererseits soll vermieden werden, dass die Vorsorgeeinrichtungen wegen eines Renditezuschlags für volatilere Anlagen optieren müssen.

Die Bandbreite der Vorschläge der Arbeitsgruppe berechnet auf den Zeitpunkt 2015 führt zu einer Renditeerwartung zwischen 3,35 und 4 Prozent. Unter Berücksichtigung der notwendigen Marge von 0,5 Prozentpunkten wegen der Abstützung auf Periodentafeln und der Verwaltungskosten ergibt sich daraus ein technischer Zinssatz zwischen 2,85 und 3,5 Prozent beziehungsweise ein Umwandlungssatz zwischen 6,0 Prozent und 6,4 Prozent.

Die vorgesehene Senkung des Umwandlungssatzes bis zum Jahre 2011 beinhaltet
gemäss Ziffer 1.3.3.2 eine sukzessive Senkung des technischen Zinssatzes von 4,4 Prozent (2005) auf rund 3,35 Prozent (2011) und einem Mischverhältnis Mann/Frau 70:30. Damit wird erreicht, dass bis zu diesem Zeitpunkt der dem Mindestumwandlungssatz inhärente technische Zinssatz in der von der Arbeitsgruppe vorgeschlagenen Bandbreite (2,85 %­3,5 %) liegt. Der technische Zinssatz von 3,35 Prozent als Resultat des Mischverhältnisses 70 : 30 basiert auf einem technischen Zinssatz von 3,44 für die Männer, der nach den verwendeten Grundlagen nahe beim oberen Grenzpunkt liegt, während er für die Frauen (ordentliches Rentenalter 65 vorausgesetzt) mit 3,14 Prozent sich knapp im unteren Bereich der Bandbreite befindet.

Wird der Mindestumwandlungssatz von 6,4 Prozent sodann bis 2014 beibehalten, steigt der unterlegte technische Zinssatz wieder auf 3,42 Prozent beziehungsweise auf eine Renditeerwartung von 3,92 Prozent, also in Richtung Obergrenze der im Bericht der Arbeitsgruppe anvisierten Bandbreite, was einem risikoarmen Zinssatz 43

Bericht Arbeitsgruppe Ziffer 8.1.4.3.2

9507

von rund 3,5 Prozent mit einem Renditezuschlag von 0,4 Prozent entspricht. Würde hingegen der Mindestumwandlungssatz aufgrund der nächsten Überprüfung auf 6,0 Prozent abgesenkt, ist mit 2,85 Prozent respektive Renditeerwartung von 3,35 Prozent die untere Grenze der Bandbreite erreicht. Grundlage wäre diesfalls ­ unveränderte Renditeannahmen vorausgesetzt ­ ein risikoarmer Zinssatz mit Sicherheitsabschlag, mithin ein praktisch risikoloser Zinssatz. Welcher der beiden Varianten der Vorzug gegeben werden soll, das heisst die Frage nach der Wahl der Methodik, stellt sich erst anlässlich der 2009 vorgesehenen Überprüfung im Hinblick der Bestimmung der Umwandlungssätze ab 2012.

Aus obigen Ausführungen wird ersichtlich, dass für die Festlegung des technischen Zinssatzes nicht die Entwicklung eines Indexes herangezogen wurde. Als solcher hätte zum Beispiel der Pictet BVG-Index 93 mit einem Anteil von rund 25 % Aktien dienen können. Dessen Entwicklung seit seiner Einführung Anfang Januar 1985 bis Ende Juli 2006 mit einer jährlichen Durchschnittsrendite von 6,21 Prozent mag als virtueller Gradmesser oder gar als Benchmark möglicher Vermögenserträge dienen.

In der realen Pensionskassenwelt haben die Unterdeckungen gezeigt, dass die beiden Welten erheblich auseinanderdriften können. Es galt vielmehr ­ zumindest als massgeblicher Ausgangswert ­ eine Referenzgrösse zu finden, die nicht strukturiert, transparent, öffentlich zugänglich und einer Zukunftsprognose zugänglich ist, die es wenigstens in Ansätzen erlaubt, in grossen Linien die Richtung aufzuzeigen. So dient nicht die Performance der 10-jährigen Kassaobligationen des Bundes als Grundlage, sondern deren Renditen (Zinssätze). Gleichzeitig sei aber deutlich gemacht, dass die der Referenzgrösse (risikoarmer Zinssatz plus Zuschlag) unterlegten Vermögenskategorien nicht als Asset-Allocations-Vorschriften für die Vorsorgeeinrichtungen missverstanden werden und auch nicht die Bilanzvorschriften (Bilanzierung zu Marktwerten) aushebeln dürfen.

1.5

Mindestumwandlungssatz für Invalidenrenten

Nach Artikel 24 Absatz 3 BVG basiert die Invalidenrente auf dem Altersguthaben, das die versicherte Person bis zum Beginn des Rentenanspruchs erworben hat und der Summe der Altersgutschriften für die bis zum ordentlichen Rentenalter fehlenden Jahre, ohne Zinsen. Die Umwandlung des hochgerechneten Altersguthabens in eine Rente erfolgt unter Anwendung des gesetzlichen Satzes von 6,8 Prozent, wobei nach Buchstabe b der Übergangsbestimmungen der 1. BVG-Revision für Versicherte der Übergangsgeneration (Jahrgänge 1940­1949) unterschiedliche Umwandlungssätze gelten (vgl. entsprechende Bestimmungen für Männer und Frauen in BVV 2).

Die Art der Berechnung bleibt unverändert, allerdings unter Anwendung des neuen Mindestumwandlungssatzes von 6,4 Prozent und unter Anwendung revidierter Sätze für die Übergangsgeneration.

9508

1.6

Erneute Überprüfung

1.6.1

Berichterstattung nach heutiger Regelung: alle 10 Jahre, erstmals 2011

Nach Artikel 14 Absatz 3 BVG gültig ab 1. Januar 2005 unterbreitet der Bundesrat ab 2011 mindestens alle zehn Jahre einen Bericht über die Festlegung des Mindestumwandlungssatzes in den nachfolgenden Jahren. Diese Vorschrift, welche vom Nationalrat eingebracht wurde, verlangt einen ersten Bericht im Jahr 2011. Die Idee war, dass dann neue technische Grundlagen (EVK/VZ) erhältlich sind und in den Bericht einfliessen können.

Da neue Daten in kürzeren Abständen zur Verfügung stehen, ist eine Fristvorgabe für den nächsten Bericht aus Gründen der Datenquelle nicht mehr zwingend.

1.6.2

Berichterstattung nach neuer Regelung: vor Erreichen der 6,4 Prozentmarke (erstmals 2009)

Die gesetzliche Vorschrift betreffend Berichterstattung innert einer vorgegebenen Frist soll beibehalten werden. Mit der heutigen Regelung, im Jahr 2011 (erneut) einen Bericht zu erstellen, wäre eine weitere Anpassung des Mindestumwandlungssatzes im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens erst im Jahr 2013 oder 2014 möglich.

Die Zeitvorgabe für einen nächsten Bericht ist jedoch so anzusetzen, dass der Gesetzgeber den Mindestumwandlungssatz von 6,4 Prozent zu einem Zeitpunkt überprüfen kann, bevor dessen Zielgrösse erreicht ist. Der Gesetzgeber ist so rechtzeitig in der Lage, zu beurteilen, ob der Satz unverändert belassen werden kann, eine weitere Absenkung notwendig ist oder ob sich allenfalls sogar eine Erhöhung aufdrängt. Um dies zu ermöglichen, erstellt der Bundesrat den Bericht bereits im Jahr 2009.

Neben den biometrischen Entwicklungen soll dann zumal das Augenmerk besonders auf die weitere Entwicklung der Finanzmärkte gerichtet sein. Es gilt zu prüfen, ob der technische Zinssatz von 3,35 Prozent beziehungsweise die Renditeerwartung von derzeit als optimistisch einzustufenden 3,85 Prozent den neueren Erkenntnissen Stand hält. Es gilt, den Bericht der Arbeitsgruppe aufzudatieren und dem Bundesrat beziehungsweise dem Parlament zugänglich zu machen, damit über den Fortbestand des Mindestumwandlungssatzes von 6,4 Prozent entschieden werden kann.

Die Beibehaltung einer erneuten Überprüfungsmöglichkeit in relativ kurzer Zeit ist umso sinnvoller, als der technische Zinssatz von 3,35 Prozent beziehungsweise die Renditeerwartung von 3,85 Prozent auf Durchschnittswerten beruht, welche den tiefen Inflationsraten und entsprechend tiefen Obligationenzinssätzen ­ sollten sie sich nicht erholen ­ zuwenig Rechnung tragen. Das finanzielle wie auch das wirtschaftliche Umfeld gibt heute kaum Antwort, in welche Richtung sie nachhaltig tendieren werden.

Die Renditeerwartungen, welche zur rascheren Überprüfung des Mindestumwandlungssatzes führten, sind seit der Redaktion des Berichts der Arbeitsgruppe (Abschluss November 2004) nach wie vor verhalten. Der Kassazinssatz der 10-jährigen Bundesobligationen schwächte sich seit Ende 2004 noch weiter ab. Ob der bisherige Tiefstpunkt mit 1,80 Prozent vom 22. September 2005 tatsächlich 9509

überwunden ist und ob die seit Anfang 2006 nach oben tendierende Zinskurve44 sich verstetigt oder wieder abflacht, wird kontrovers beurteilt. Während dem die Zinssätze 2005 sanken, hatte sich der Aktienindex (SPI) im Jahr 2005 um über 30 Prozent nach oben bewegt45, wobei auch die europäischen Börsen überdurchschnittliche Zuwachsraten aufwiesen. Dies im Gegensatz zu den US-Aktienmärkten, welche 2005 eine überaus schwache Performance zeigten46. Die Schweizer Börse zeigt sich im Jahr 2006 von seiner volatilen Seite; nach Minuswerten Mitte Jahr befindet sich der SPI stark im Aufwind47. Die amerikanische Notenbank, welche seit Juli 2004 die Leitzinsen siebzehn Mal in Folge erhöhte48, hat im August 2006 die Erhöhung unterbrochen. Die Arbeitslosigkeit im EU-Raum belastet nach wie vor die Staatshaushalte, wobei die Alterung der Gesellschaft in den staatlichen Budgets immer deutlichere Spuren hinterlässt. Die Staatsverschuldungen der europäischen Kernländer haben ein so hohes Ausmass erreicht, dass die Grenzen des Stabilitätspakts inzwischen aufgeweicht werden mussten. Der rasante Anstieg der Erdölpreise auf immer höhere Rekordstände49 dürfte die Produktionskosten verteuern, die Nachfrage dämpfen und ­ wenn auch weniger rasch als erwartet ­ das Weltwirtschaftswachstum hemmen. In wie weit beziehungsweise in welche Richtung dieses wirtschaftliche Umfeld die Zinssätze beeinflusst, lässt sich nicht vorhersagen. Die Anzeichen einer nachhaltigen Erholung der Renditeerwartung, welche eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes unnötig machen würde, fehlen nach wie vor.

In Zeiten gehäuft unerwarteter Marktreaktionen und in Zeiten, in denen die Schwankungen im wirtschaftlichen und finanziellen Umfeld weniger gelassen hingenommen werden, bilden einen schwierigen Boden für den Gesetzgeber, wenn es darum geht, über einen auf Dauer angelegten, systemgerechten und einem vernünftigen Sicherheitsniveau verpflichteten Mindestumwandlungssatz zu entscheiden. Dies gilt auch für Zeiten mit positivem Vorzeichen. Erst im Nachhinein lässt sich feststellen, bis zu welchem Zeitpunkt die Vorsorgeeinrichtungen den Umwandlungssatz von 7,2 Prozent ohne Probleme hatten halten können und welcher (glücklicherweise) auch dann unverändert blieb, als in den frühen 90er Jahren der Zinssatz der Bundesobligationen nahe bei 7 Prozent notierte oder in den späten 90er Jahren, also zu Zeiten des Börsenbooms, als die Ertragsüberschüsse zum Höhenflug ansetzten.

44

45

46 47

48 49

Quelle: SNB statistisches Monatsheft: Stand 30.12. 2005 1,96 %, Stand 12.5.2006 2,91 %, Stand 15.9.2006 2,50 %, dazu im Vergleich Stand Ende August 2004 2,86 % (Datengrundlage Bericht Arbeitsgruppe).

Stand SPI 30.12.2005 5742 Punkte (2005 = +35,6 %). Am 3.1.2006 erreichte der Index erstmals wieder den Höchststand vom 23.8.2000 (5770 Punkte). 2005 wies der Pictet BVG-Index 93 eine Jahresperformance von plus 10,43 % auf. Gesamtperformance 1.1.2000­31.12.2005 = +22 %; Gesamtrenditebedarf für die Mindestverzinsung der Altersguthaben = 22 %, bei den Rentendeckungskapitalien = 4,5 % pro Jahr = insgesamt 30 %. Die Differenz beziffert die Höhe des Bedarfs an Schwankungsreserven beziehungsweise die Finanzierungslücke.

Veränderung 2005: Dow Jones ­0,61 %, Standard & Poor's 500 +3 %, Nasdaq Composite +1,4 %.

Performance SPI year to date 13.6.2006 minus 2,9 %, 9.10.2006 plus 15,9 %, Pictet BVG-Index 93 year-to-month per Ende Juli 2006 minus 0,6 % per Ende September 2006 plus 2,49 %.

Offenmarktausschuss der amerikanischen Notenbank, Erhöhungen um jeweils 25 Basispunkte, per 29.6.2006 auf 5,25 %.

so z.B. Stand Mitte Juli 2006 USD 78 pro barrel (159-Literfass).

9510

Mit der Möglichkeit, den Mindestumwandlungssatz im Anschluss an den Bericht vom Jahr 2009 erneut anzupassen, gibt sich der heutige Gesetzgeber die Möglichkeit, in Zeiten grösserer Unsicherheiten den Umwandlungssatz mit Augenmass festzulegen.

1.6.3

Periodische Überprüfung nach 2009: alle 5 Jahre (statt alle 10 Jahre)

Nur ein auf eine gewisse Dauer angelegter Rentenumwandlungssatz ermöglicht es den Versicherten, den Übertritt vom Erwerbsleben in das Rentenalter einigermassen realistisch zu planen und nur so ist auch der Zeitpunkt der Pensionierung keine Lotterie mit Langzeitwirkung. Ein Mindestumwandlungssatz, welcher wie der Mindestzinssatz jeweils kurzfristig den Gegebenheiten der Kapitalmärkte angepasst werden könnte, führte dazu, dass insbesondere in Tiefzinsphasen einzelne Jahrgänge über Gebühr dem Spielball dieser Märkte ausgesetzt sind und dann noch mehr dazu neigen, statt der Rente das Kapital zu beziehen. Im Gegenzug könnte in Hochzinsphasen dem Druck nach Erhöhung der Umwandlungssätze kaum etwas entgegengesetzt werden, mit der unerwünschten Wirkung, dass sich die Vorsorgeeinrichtungen dann bei fallenden Renditen mit ungenügenden Erträgen aber hohen Leistungen konfrontiert sähen. Entscheidungen der Versicherten über Nacheinkäufe und persönliche Einlagen zur Deckung von Lücken in der Altersvorsorge sind bei häufigen Schwankungen des Mindestumwandlungssatzes schwierig und dürften ­ je nach Satzhöhe ­ eher unterbleiben oder forcierter erfolgen. Die Auswirkungen eines häufigen Wechsels des Mindestumwandlungssatzes auf die Invalidenrenten sind dabei ebenso zu bedenken, wie der Wunsch der Versicherten für den Fall des Todes, wenigstens eine gewisse Sicherheit über die Leistungshöhe von Ehegatten- und Waisenrenten zu haben.

Bei der Festlegung von Fristen für Berichterstattungen nach 2009 ist zu prüfen, in welchem Zeitraum diese Überprüfungen stattfinden sollen. Die heutige Zeitspanne von 10 Jahren wird auf fünf Jahre reduziert. Damit wird bezweckt, dass der Gesetzgeber in rascherer Abfolge die Entwicklung biometrischer und kapitalmarktbedingter Parameter verfolgen kann und damit zusätzlich zu den statistischen Erhebungen50 des Bundesamtes für Statistik und der jährlichen Umfrage des BSV bei Vorsorgeeinrichtungen in Unterdeckung über ein Instrument verfügt, um die finanzielle Stabilität der Vorsorgeeinrichtungen zu beurteilen. Die Überprüfung in einem fünfjährigen Rhythmus soll dabei nicht zwangsläufig zu Anpassungen im gleichen Zeitablauf führen. Im Gegenteil, die Überprüfung dieses wichtigen Leistungsparameters aufgrund jeweils aktualisierter Grundlagen beziehungsweise eine Auseinandersetzung mit diesem in
kürzeren Abständen als bisher vorgesehen, gibt dem Gesetzgeber mehr Zeit für Anpassungen und auch bessere Möglichkeiten um allfällige Einbussen abfedern zu können.

Immer aber gilt es abzuwägen, ob geänderte biometrische Grundlagen oder Finanzmarktaussichten tatsächlich auf lange Sicht ein Systemrisiko darstellen. Werden durch kurzfristige Betrachtungen die grossen Linien der Altersvorsorge verlassen, ergeben sich ebenfalls Systemrisiken und zwar in dem Sinne, als die sozialpartnerschaftliche Klammer sich aufweicht und der bisherige kollektive Risikoausgleich 50

Vollerhebung alle 5 Jahre und neu jährliche Teilerhebung

9511

mehr und mehr segregiert und letztlich in ein individualisiertes Risiko mündet. Die aktive Eigenverantwortung der Vorsorgeeinrichtung würde dann einer passiven Eigenverantwortung der Versicherten weichen. Eine Entwicklung, die es zu vermeiden gilt.

1.6.4

Berichtsinhalt

Der Bericht der Arbeitsgruppe vom November 2004 bildet die Basis für zukünftige Überprüfungen des Mindestumwandlungssatzes.

Zusätzlich zu den biometrischen und finanzmarktrelevanten Grundlagen werden in den Berichten auch Angaben über die Einhaltung des Leistungsziels der beruflichen Vorsorge gemacht und bei Abweichungen mögliche Massnahmen skizziert.

Neben den gesetzlichen Vorgaben, kann der Bericht weitere relevante Aspekte enthalten. Wie schon an früherer Stelle erwähnt, sollte die Vorsorge im Alter soweit möglich nicht durch eine einmalige Kapitalzahlung sondern durch garantierte, lebenslänglich geschuldete Rentenleistungen gesichert werden. Der Bericht soll daher auch beispielsweise die Entwicklung bei den Alterskapitalbezügen aufzeigen.

Damit soll versucht werden, Hinweise über die Risikoverlagerungen zu gewinnen oder zu erfahren, wie weit die Versicherten auch nach der Pensionierung von der Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Vorsorgeeinrichtungen Gebrauch machen.

1.7

Auswirkungen der Gesetzesanpassung und flankierende Massnahmen

1.7.1

Reduktion der Rente im Vergleich zur geltenden Ordnung

Grafik 8 vergleicht die Entwicklung der Rente bei Anwendung des neuen Mindestumwandlungssatzes gegenüber demjenigen gemäss 1. BVG-Revision. Da sich die Umwandlungssätze während der Übergangszeit verändern, variieren die Renten je nach Rentenbeginn. 2011 beträgt die Differenz zwischen gültigem (6,95 %) und neuem Mindestumwandlungssatz (6,4 %) ­7,9 Prozent. Wird danach der Umwandlungssatz von 6,4 Prozent beibehalten, geht die Differenz gegenüber dem heute gültigen Umwandlungssatz für den jeweils betroffenen Jahrgang bis 2014 auf 5,9 Prozent zurück, da der Umwandlungssatz gemäss 1. BVG-Revision bis zu diesem Zeitpunkt weiter sinkt. Ab 2014 bliebe die Renteneinbusse bei gleich bleibenden Umwandlungssätzen dann konstant.

9512

Grafik 8 Reduktion der Rente in % (Männer) im Vergleich zur geltenden Ordnung 0.0% -1.0% -2.0% -3.0% -4.0% -5.0% -6.0% -7.0% -8.0% -9.0% -10.0% 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

Reduktion auf 6,4% Stabilisierung bei 6,4%

Tabelle 6 verdeutlicht die Reduktion der Altersrente für einen Mann, der seine Rente 2011 antritt. Dabei wird von folgendem Modell ausgegangen: von 1985 bis Ende 2004 gelten die effektiven Zahlen, das bedeutet, dass im Altersguthaben per Ende 2004 ein Zinsbonus von durchschnittlich 1,4 Prozent mitberücksichtigt ist. Während dieser Zeit war der Mindestzinssatz im Durchschnitt um diesen Prozentsatz höher als die Lohnzuwachsrate. Ab 2005 wird die goldene Regel angewandt mit einer Lohnzuwachsrate, die dem Mindestzinssatz von 2,5 Prozent entspricht51.

Tabelle 6 Reduktion der BVG-Altersrente je nach Einkommen für einen 65-jährigen Versicherten mit Rentenantritt im Jahr 2011 BVG-Lohn 2005

Koordinierter Lohn 2005

Altersguthaben bei Rentenantritt 2011

Jährliche BVG-Altersrente 1. BVGRevision 6,95 %

Vorgeschlagene CHF Variante 6,4 %

%

38 700 51 600 77 400

16 125 29 025 54 825

66 927 131 406 259 200

4 651 9 133 18 014

4 283 8 410 16 589

­7,90 % ­7,90 % ­7,90 %

51

Differenz

­368 ­723 ­1 425

Der Zinsbonus im Jahr 2005 von 1,5 % entspricht dem langjährigen Durchschnitt von 1,4 % (vgl. Grafik 9). Die Berechnungen basierend auf den realen Werten bis Ende 2004 behalten daher ihre Gültigkeit.

9513

Die Differenz in Franken ist abhängig vom koordinierten Lohn sowie der erwarteten Entwicklung der Zinssätze und der Löhne. Wie die Tabelle zeigt, ist die Renteneinbusse in Franken bei gleicher Lohn- und Zinsentwicklung für hohe Löhne grösser.

1.7.2

Leistungsziel der 1. BVG-Revision

Das nach Artikel 113 der Bundesverfassung (BV)52 definierte Leistungsziel stellt auf den Begriff der «Fortführung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise» ab. Die beiden Begriffe «gewohnte Lebenshaltung» und «angemessene Weise» sind unbestimmte Rechtsbegriffe, hinter denen aber konkretere Vorstellungen stehen. Dabei wurden die Begriffe so verstanden, dass die Renten der AHV und der beruflichen Vorsorge zusammen rund 60 Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens erreichen sollen, wobei der Begriff «in angemessener Weise» einen beträchtlichen Spielraum offen lässt.

In der Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) vom 19. Dezember 1975 war in Artikel 23 des Gesetzesentwurfes für die 2. Säule ein eigenes Leistungsziel von 40 Prozent vorgesehen. Dieser Vorschlag wurde nicht Gesetz, diente aber als Richtgrösse für die endgültige Fassung. Mit den vorgeschriebenen Altersgutschriftensätzen von 7/10/15 und 18 Prozent für je 10 Altersjahre und mit einem Umwandlungssatz von 7,2 Prozent wurde dann eine Regelung verabschiedet, die bei einer modellhaften Berechnung nach dem Prinzip der goldenen Regel (Lohnzuwachsrate = Zinssatz) eine Rentenquote von 36 Prozent des koordinierten Lohnes ergab. Durch die Senkung des Mindestumwandlungssatzes in der 1. BVG-Revision auf 6,8 Prozent ergibt sich zwar eine Reduktion der Rentenquote von 36 auf 34 Prozent, da gleichzeitig aber der koordinierte Lohn durch die Verkleinerung des Koordinationsbetrages dauerhaft um 1/16 erhöht wird, hat die Herabsetzung des Mindestumwandlungssatzes keine Beeinträchtigung des Rentenzieles zur Folge. Die modellmässig gerechnete Ersatzquote von AHV-Rente und Rente der beruflichen Vorsorge zusammen beträgt daher bei einem Einkommen von CHF 77 400 (maximal versicherbarer BVG Lohn 2005/6) auch nach der 1. BVG-Revision ungeschmälerte 57,4 Prozent.

52

SR 101

9514

Tabelle 7 Ersatzquoten (modellmässige Berechnung bei einem BVG-Bruttolohn von CHF 77 400*)

Einfache maximale AHV-Rente BVG-Rente (Goldene Regel) Rentenquote BV in % des koordinierten Lohnes Gesamtrente Ersatzquote in % des max.

versicherbaren Lohnes

vor 1. BVG-Revision

nach 1. BVG-Revision (gültig ab 1.1.2005)

CHF 25 800

CHF 25 800

CHF 18 576 (7,2 %)

CHF 18 640 (6,8 %)

36 % von CHF 51 600** 34 % von CHF 54 825*** CHF 44 376 57,3 % von CHF 77 400

CHF 44 440 57,4 % von CHF 77 400

* maximal rentenbildender BVG-Lohn (Grenzwert 2005/6) ** CHF 77 400 ./. CHF 25 800 *** CHF 77 400 ./. 22 575 (7/8 von CHF 25 800)

Die im Rahmen der 1. BVG-Revision erfolgte Erhöhung des koordinierten Lohnes und die sich daraus ergebende Erhöhung der Altersgutschriften führte gleichzeitig zu einem grösseren Vorsorgeschutz bei den kleineren und mittleren obligatorisch zu versichernden Einkommen, der sich in diesem Bereich und je nach Einkommen überdurchschnittlich verstärkte.

1.7.3

Gründe für Verzicht auf gesetzlich vorgeschriebene, flankierende Massnahmen

Im Einklang mit der Empfehlung der Eidgenössischen BVG-Kommission und von der Mehrheit der Teilnehmer der Vernehmlassung bestätigt, hat der Bundesrat keine flankierende Massnahmen auf Gesetzesstufe vorgesehen.

Ein Ausgleich der lebenslänglichen Rentenkürzungen von 5,88 Prozent aufgrund der Reduktion des gesetzlichen Mindestumwandlungssatzes von 6,8 auf 6,4 Prozent wäre letztlich nur über Anpassungen im Sparprozess möglich. Bei deren einheitlichen Durchsetzung gälte es zu prüfen, wie weit die Arbeitgeber die entsprechenden Zusatzbeiträge durch Produktivitätssteigerungen finanzieren könnten oder ob letztlich diese Lohnnebenkosten über Lohnkürzungen finanziert werden müssten. Im letzteren Fall wäre ein tieferer versicherter Lohn hinzunehmen, was ebenfalls zu Renteneinbussen führte. Ob vom Arbeitgeber tragbar oder nicht, sein Beitrag wird zukünftig die für allfällige Erhöhungen verfügbare Lohnsumme mindern. So dürften letztlich sämtliche Beitragsmehrkosten sich unmittelbar auf die Kaufkraft der Versicherten auswirken.

In einer globalisierten Wirtschaft und entsprechendem Lohndruck gilt es abzuwägen, ob gesetzlich vorgeschriebene, auf Dauer zu finanzierende und für sämtliche Versicherte geltende Massnahmen tragbar sind oder ob der durchaus wünschbare Ausgleich nicht auf freiwilliger Basis und entsprechend der wirtschaftlichen Situa-

9515

tion der einzelnen Unternehmen oder durch private Einlagen der einzelnen Versicherten erfolgen sollte.

Diesen Überlegungen kann jedoch nur dann Raum gegeben werden, wenn das verfassungsrechtliche Leistungsziel auf lange Sicht nicht gefährdet ist.

1.7.3.1

Das Leistungsziel ist nicht gefährdet

Mit der vereinfachten Annahme der goldenen Regel (Lohnzuwachsrate = Zinssatz), den vorgegebenen Altersgutschriften von 7/10/15 und 18 Prozent und dem Umwandlungssatz von 6,8 Prozent wird eine Altersrente von 34 Prozent des koordinierten Lohnes (500 % * 6,8 %) erreicht.

Ob die goldene Regel seit Einführung des BVG eingehalten werden konnte beziehungsweise wie sich der Mindestzinssatz und der Lohnzuwachs im Bereich des Obligatoriums seit 1985 entwickelt hat, kann aufgrund effektiver Daten nachgezeichnet werden. Die allgemeine durchschnittliche Lohnzuwachsrate betrug 1985­2004 2,5 Prozent, in der gleichen Zeitspanne wurden die Altersguthaben in Anwendung des Mindestzinssatzes bedeutend höher verzinst, nämlich mit durchschnittlich 3,9 Prozent.

In der folgenden Grafik kann die Entwicklung der Zinsboni bis Ende 2005 in Abhängigkeit der Zuwächse der Nominallöhne und der Mindestzinssätze seit Einführung des BVG abgelesen werden, mit Ausnahme dreier Jahre (1990­1992) ergab sich immer ein Zinsüberhang, im Durchschnitt 1,4 Prozent.

9516

Grafik 9 Zinsbonus: Differenz zwischen Entwicklung der Nominallöhne und Mindestzinssätze 1985­200553 8.0 7.0 6.0 5.0 4.0

Prozent

3.0 2.0 1.0 0.0 - 1.0 - 2.0 - 3.0 - 4.0 1985

1987

1989

1991

Lohnentw icklung

1993

1995

1997

1999

Mindestzinssatz

2001

2003

2005

Zinsbonus

Unten stehende Tabelle zeigt die Rentenquoten für drei Versicherte auf, die ihre Rente zu verschiedenen Zeitpunkten antreten. Zugrunde gelegt werden der maximal koordinierte Lohn sowie zwei verschiedene Entwicklungsmodelle für die Parameter ab 2005. Dabei wird dem Überhang, welcher sich seit 1985 bis 2004 durch die höhere Mindestzinsrate gegenüber der Lohnzuwachsrate ergab, Rechnung getragen.

Ab 2005 gilt entweder die goldene Regel (Lohnzuwachsrate = Zinssatz) oder es wird ein Zinssatz veranschlagt, der die Lohnzuwachsrate um 1 Prozentpunkt übersteigt54.

53 54

Bundesamt für Statistik (BFS) Entwicklung der Nominallöhne.

Vgl. Fussnote 51.

9517

Tabelle 8 Vergleich von Rentenquoten bei einem Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent (bzw. 6,95 % per 2011) und 6,4 Prozent Mann im Alter 65

Mindestumwandlungssatz 6,8 % (Leistungsziel 1. BVG-Revision)

Mindestumwandlungssatz 6,4 % Rentenquote 1985 bis 2004 unter Berücksichtigung aufgelaufenem Zinsüberhang und ab 2005 bis ordentliches Rentenalter unter Berücksichtigung

im Jahr

Rentenquote 1985 bis ordentliches Rentenalter nach der Goldenen Regel

der Goldenen Regel (2,5 %)

eines Zinsüberhangs von 1 % (Zinssatz [2,5 %] > Lohnzuwachs [1,5 %])

2011 2014 2025*

390 % × 6,95 % = 27,1 % 420 % × 6,8 % = 28,6 % 500 % × 6,8 % = 34,0 %

27,3 % 29,0 % 33,5 %

28,5 % 31,0 % 38,0 %

*

vollständige Versicherungsdauer von 40 Jahren

Ein Versicherter, der 1985 25 Jahre alt war und 2025 das ordentliche Rentenalter erreicht, erhält nach 40 Versicherungsjahren gemäss obiger modellmässiger Betrachtung ­ jedoch unter Anrechnung des bisherigen Verlaufs der Mindestzinssätze und des Lohnzuwachses ­ eine Rente von 33,5 Prozent des koordinierten Lohnes, welche damit nur knapp unter dem bisherigen Rentenziel von 34 Prozent liegt. Übertrifft der Zinssatz weiterhin den Lohnzuwachs, ist für diesen Versicherten gar eine Rente von 38,0 Prozent des koordinierten Lohnes möglich.

Bezieht ein Versicherter die Rente vor 2025, verringert sich die Rentenquote wegen unvollständiger Versicherungsdauer.

Dieser Vergleich mit dem vorgegebenen Leistungsziel in der beruflichen Vorsorge unter der vereinfachten Annahme der goldenen Regel zeigt, dass die Versicherten der Eintrittsgeneration55 sich dank dem Zinsüberhang auf einem Pfad bewegen, der eine grosse Chance hat, dieses Ziel auch mit dem tieferen Umwandlungssatz von 6,4 Prozent zu halten. Dies gilt auch für diejenigen Versicherten, die vor 2025 das ordentliche Rentenalter erreichen. Ob dies auch bei jenen Personen zutreffen wird, bei denen die Sparphase erst beginnt, wird sich weisen, denn es gilt, in den kommenden 40 Versicherungsjahren die Rentenquote gemäss goldener Regel von 32 Prozent (500 % * 6,4 %) aufgrund zukünftiger Zinsüberhänge auf das Rentenziel von 34 Prozent (500 % * 6,8 %) zu heben (siehe auch Ziff. 1.7.4.1).

Ein Vergleich der Rentenquote unter Einbezug der seit 1985 aufgelaufenen Zinsboni mit dem Leistungsziel ist zwangsläufig noch Änderungen unterworfen. Bei der Überprüfung des Mindestumwandlungssatzes 2009 ist daher die Einhaltung des Leistungsziels erneut zu prüfen. Der nächste Bericht wie auch alle zukünftigen sollen sich über die jeweilige Entwicklung der Lohnzuwächse beziehungsweise der Zinssätze äussern. Dabei ist zu bedenken, dass sich in gewissen Beobachtungsperioden auch Minuswerte einstellen können. Gleichzeitig ist wie bisher aufzuzeigen, in wie weit das Leistungsziel auch ohne Vergangenheitsbezug, das heisst auch für Versicherte, deren Sparphase erst beginnt (Normalgeneration), erreicht wird.

55

Gemäss Art. 31 BVG gehören der Eintrittsgeneration diejenigen Personen an, die bei Inkrafttreten des BVG das 25. Altersjahr vollendet und das Rentenalter noch nicht erreicht haben.

9518

1.7.3.2

Entwicklung der Rente nach dem Altersrücktritt: Schwächere Inflation, bessere Realwerterhaltung

Die Reduktion des Umwandlungssatzes auf 6,4 Prozent hat eine Senkung des Nominalwerts der jährlichen Rente zur Folge. Eine in fixen Jahresbeträgen (Nominalwert) ausgewiesene Rente verliert mit der Zeit inflationsbedingt an Wert. Entsprechend nimmt auch der Realwert der Rente ab.

Die Herabsetzung des technischen Zinssatzes auf 3,35 Prozent steht in Verbindung mit der Erwartung einer im Durchschnitt dauerhaft tiefen Inflationsrate, was zur Folge hat, dass die seit geraumer Zeit beobachtete Stabilität der Realwerte der ausbezahlten Renten sich fortsetzen dürfte. Die Rente weist im Fall der Senkung des Mindestumwandlungssatzes zwar einen tieferen Nominalwert aus, dürfte aber dank der weiterhin erwarteten niedrigen Inflationsrate weniger an Kaufkraft verlieren, als dies anfangs der 90er Jahre für die Renten mit einem Umwandlungssatz von 7,2 Prozent der Fall war.

1.7.4

Flankierende Massnahmen: bei weiteren Senkungen ein Thema

Wie oben dargelegt, ist das Leistungsziel der Eintrittsgeneration in der beruflichen Vorsorge unter Berücksichtigung bereits aufgelaufener Überschüsse (Zinssätze > Lohnzuwächse) erreichbar, so dass keine flankierende Massnahmen gesetzlich vorzusehen sind.

Schwieriger zu beurteilen ist die Situation für den 25-jährigen, bei dem der ganze Pfad noch bevorsteht und noch kein Zinsbonus vorliegt. Rechnet man mit der goldenen Regel, so ergäbe sich bei einem Umwandlungssatz von 6,4 Prozent ohne flankierende Massnahmen eine Rentenquote von nur noch 32 Prozent. Bei einem heute 35-jährigen Versicherten mit einem aufgelaufenen Zinsbonus von fünf Jahren, beliefe sich die Rentenquote auf 32,2 Prozent. Unter der Annahme, dass die Zinsentwicklung die Lohnentwicklung auch weiterhin übertrifft, würde das angestrebte Leistungsziel von 34 Prozent auch bei einem tieferen Umwandlungssatz gehalten werden. Trifft diese Entwicklung nicht ein oder will man auf solche Annahmen aufgrund des unsicheren Terrains verzichten, wäre ein Ausgleich vorzunehmen. Bei einer weiteren Senkung des Mindestumwandlungssatzes nach 2011 sind aufgrund des vorgegebenen Leistungsziels flankierende Massnahmen zu thematisieren.

Im Folgenden wird aufgezeigt, wie bei der Normalgeneration ein voller Ausgleich und zu welchen Kosten bewirkt werden könnte.

1.7.4.1

Ausgleich der Leistungseinbusse (Normalgeneration)

Ein voller Ausgleich unter der Annahme der goldenen Regel wäre erreicht, wenn das Rentenziel von 34 Prozent (Verhältnis BVG-Rente/koordinierter Lohn) auch bei der Normalgeneration56 erhalten bliebe. Dies ist dann möglich, wenn das im Zeitpunkt des ordentlichen Rentenalters vorhandene Altersguthaben um 6,25 Prozent höher wäre als das heute erforderliche. Geht man von einem Altersguthaben von 56

Beginn des 40-jährigen Sparprozesses im Jahr des Inkrafttretens der Gesetzesrevision.

9519

CHF 100 000 und einem Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent aus, ergibt sich eine Altersrente von CHF 6800 pro Jahr. Bei einem Altersguthaben von CHF 106 250 und einem Mindestumwandlungssatz von 6,4 Prozent, ergibt sich eine Altersrente in gleicher Höhe (CHF 6800).

Für diese Aufstockung des Altersguthabens wären zwei Möglichkeiten denkbar: mittelbar durch die Reduktion des Koordinationsbetrages beziehungsweise Erhöhung des koordinierten Lohnes oder unmittelbar durch die Erhöhung der gesetzlichen Altersgutschriften.

Bei einem Ausgleich über den Koordinationsbetrag, wie er im Rahmen der 1. BVGRevision erfolgte, wäre der aktuelle Koordinationsbetrag (2005/6: 7/8 von CHF 25 800 = CHF 22 575) auf einen Anteil von 6/8 der einfachen maximalen AHV-Rente (CHF 19 350) zu reduzieren. Mit der Erhöhung des koordinierten Lohnes um weitere CHF 3225 wäre ein voller Ausgleich beim maximal versicherbaren Lohn gewährleistet mit dem zusätzlichen Effekt, dass die Leistungsreduktion bei den koordinierten Löhnen unterhalb CHF 54 825 (2005/6) erneut mehr als ausgeglichen würde.

Der volle Ausgleich für die Normalgeneration mit Eintritt in den Sparprozess nach Inkrafttreten des neuen Mindestumwandlungssatzes wäre ebenfalls erreicht, wenn die Altersgutschriften nach Artikel 16 BVG um je 0,8 Prozentpunkte erhöht würden (500 % × 6,8 % = 34 % = 532 % × 6,4 %), wobei diese Erhöhung wahlweise pro Alterskategorie auch unterschiedlich ausfallen könnte.

Statt eines vollen Ausgleichs wäre auch ein teilweiser Ausgleich denkbar. So könnten die Altersgutschriften generell nur um 0,4 statt um 0,8 Prozentpunkte angehoben werden. Wie aus folgender Tabelle hervorgeht, ergäbe sich diesfalls eine Rentenquote von 33 Prozent des koordinierten Lohnes (516 % × 6,4 %) statt 34 Prozent.

Tabelle 9 Ersatzquoten bei vollem und teilweisem Ausgleich (modellmässige Berechnung bei einem BVG-Bruttolohn von CHF 77 400*)

Einfache maximale AHV-Rente BVG-Rente (Goldene Regel) Rentenquote BV in % des koordinierten Lohnes Gesamtrente Ersatzquote in % des max.

versicherbaren Lohnes

Voller Ausgleich Erhöhung der Altersgutschriften um 0,8 %

teilweiser Ausgleich Erhöhung der Altersgutschriften um 0,4 %

CHF 25 800

CHF 25 800

CHF 18 667 (6,4 %)***

CHF 18 105 (6,4 %)***

34 % von CHF 54 825** 33 % von CHF 54 825** CHF 44 467 57,4 % von CHF 77 400

CHF 43 905 56,7 % von CHF 77 400

* CHF 77 400 = maximal BVG-rentenbildender Jahreslohn (Grenzwert 2005/2006) ** CHF 77 400 ./. 22 575 (7/8 von CHF 25 800) *** 532 % × CHF 54825 × 6,4 % beziehungsweise 516 % × CHF 54 825 × 6,4 %

9520

1.7.4.2

Leistungsminderung bei der Übergangsgeneration

Obige Angaben über Kompensationsmöglichkeiten basieren auf Berechnungen einer Normalgeneration, d.h. eines Versicherten, der bei Inkrafttreten noch 40 Versicherungsjahre vor sich hat und ohne Einbezug allfälliger zukünftiger Zinsboni. Damit ist gleichzeitig gesagt, dass das projizierte Rentenziel bis zum Eintretensfall noch vielen Einflüssen unterliegen wird, nicht zuletzt aufgrund variierender Mindestzinssätze und möglicher weiterer Änderungen des Mindestumwandlungssatzes.

Vom Erreichen des verfassungsrechtlichen Leistungsziels zu unterscheiden ist die Tatsache, dass die Versicherten, die kurz vor dem Altersrücktritt stehen, aufgrund der Einführung eines tieferen Mindestumwandlungssatzes mit einer geringeren Rente rechnen müssen. Um diese Leistungseinbusse auszugleichen, fehlt ihnen die Möglichkeit des Ausgleichs über die Zeit. Je kleiner die Zeitspanne bis zum Altersrücktritt und je grösser die einzelnen Kürzungsschritte, je weniger können flankierende Massnahmen, welche ­ wie erwähnt ­ auf zukünftige 40 Jahre angelegt sind, die Einbussen abfedern.

Immerhin haben Berechnungen über die Wirksamkeit der flankierenden Massnahmen der 1. BVG-Revision gezeigt, dass bei Altersrücktritten innerhalb der ersten zehn Jahre nach Inkrafttreten mehr als ein Drittel der Einbussen bereits ausgeglichen werden, dies umso mehr, wenn der Absenkungsprozess noch nicht abgeschlossen ist.

1.7.4.3

Freiwillige flankierende Massnahmen

Die Einhaltung des gesetzlichen Mindestumwandlungssatzes im obligatorischen Bereich vorausgesetzt (Art. 14 BVG und entsprechende Übergangsbestimmungen), liegt die Festlegung des reglementarischen Umwandlungssatzes in der Verantwortung der Vorsorgeeinrichtung. Dabei ist daran zu erinnern, dass im überobligatorischen Bereich der Mindestumwandlungssatz nicht anwendbar ist. Sofern es die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtung erlaubt, kann das oberste zuständige Organ unter Mitwirkung des Experten für berufliche Vorsorge auf eine Reduktion des reglementarischen Umwandlungssatzes ganz oder teilweise, temporär oder auf längere Frist verzichten.

Ein genügender Ausgleich der in Ziffer 1.7.4.2 angesprochenen Leistungseinbusse innert kurzer Frist ist durch gesetzgeberische Vorschriften nur schwierig umzusetzen, da die tatsächlichen Renteneinbussen im Einzelfall sehr unterschiedlich ausfallen können. Im Gegensatz zu den gesetzlichen und damit auf die Normalgeneration ausgerichteten, pauschalierten Kompensationsmöglichkeiten, bieten sich für kleinere Versichertengruppen vielfältigere und flexiblere Ausgleichsmöglichkeiten.

Gesucht sind adäquate Lösungen für die Übergangsgeneration, welche vorzugsweise kassenspezifisch ausgestaltet sind und auf sozialpartnerschaftlichen, paritätischen Entscheide beruhen.

Auf dieser Ebene oder auf Seite des Unternehmens sind verschiedene Kompensationen denkbar: einerseits über zusätzliche Beiträge oder durch regelmässige oder einmalige (immer aber planmässige) Aufstockungen der Altersguthaben bei den älteren Versicherten während der Ansparphase oder andererseits durch eine einmalige Verstärkung des Rentendeckungskapitals im Zeitpunkt des ersten Rentenbezugs.

9521

Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die Altersrenten nach Massgabe der finanziellen Möglichkeiten der Vorsorgeeinrichtungen erhöht werden müssen. Ergeben sich Vermögenserträge, die die Beträge für die Verstärkung des Rentendeckungskapitals oder der technischen Reserven übersteigen und damit den freien Mittel zugeordnet werden können, sind diese zu verteilen. Dabei sollten sie soweit möglich vermehrt denjenigen Rentnerinnen und Rentnern zukommen, deren Renten auf einem tieferen Umwandlungssatz beruhen.

Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang die Vorschriften nach Artikel 36 (Anpassung der Renten an die Preisentwicklung) und Artikel 68a BVG (Überschussbeteiligungen aus Versicherungsverträgen), wobei anzumerken ist, dass die den Vorsorgeeinrichtungen zugewiesenen Überschussbeteiligungen erst dann für Zusatzleistungen zur Verfügung stehen, wenn ausreichende technische Rückstellungen und Wertschwankungsreserven vorhanden sind.

1.7.4.4

BVG- und effektive Kosten bei einem vollen Ausgleich

Im Folgenden werden die finanziellen Auswirkungen aufgezeigt, die entstünden, wenn auf flankierende Massnahmen nicht verzichtet würde. Nach Artikel 49 Absatz 1 BVG sind die Vorsorgeeinrichtungen in der Gestaltung der Finanzierung der Leistungen frei. Vorbehalten bleiben die Vorschriften der Aufteilung der Beiträge zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmenden nach Artikel 66 Absatz 1 BVG.

Von Bedeutung bei der Gestaltung der Beiträge sind auch die Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetzes (FZG) vom 17. Dezember 199357, insbesondere Artikel 17 FZG über den Mindestbetrag bei Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung.

Dies vorausgeschickt, werden in der nachfolgenden Tabelle vorerst die jährlichen BVG-Kosten zu Preisen von 2005 dargestellt, welche durch die Erhöhung der Altersgutschriften um 0,8 Prozentpunkte anfallen würden. Die Kosten für die zusätzlichen Altersgutschriften und den Risikoteil sind getrennt aufgeführt. An drei Beispielen wird überdies gezeigt, dass diese Kosten in zeitlicher Hinsicht unterschiedlich hoch sein können.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Kosten (Beiträge) zumeist je hälftig vom Arbeitgeber und den Versicherten getragen werden und in Form von Altersgutschriften dem Altersguthaben gutgeschrieben werden. Die als Kosten ausgewiesenen Beträge für die Altersgutschriften sind daher gleichzeitig als zusätzliche Ersparnisse zu werten.

57

SR 831.42

9522

Tabelle 10 BVG- und effektive Zusatzkosten bei Erhöhung der Altersgutschriften um je 0,8 Prozentpunkte Kosten wegen

BVG-Zusatzkosten 2011 Mio. CHF

2025 Mio. CHF

2045 Mio. CHF

966 164

1055 179

1142 196

Total

1130

1234

1338

Kosten wegen

Effektive Zusatzkosten

Altersgutschriften Risiko*

2011 Mio. CHF

2025 Mio. CHF

2045 Mio. CHF

Altersgutschriften Risiko*

436 76

468 81

503 88

Total

512

549

591

*

Für die Risikoprämien ist ein Ansatz von 0,128 Prozent (= 2 % * [532/500-1]) der koordinierten Löhne veranschlagt (2 % Risiko).

Bei den BVG-Zusatzkosten geht man davon aus, dass für alle Versicherten im obligatorischen Bereich zusätzliche 0,8 Prozentpunkte für die Altersgutschriften und entsprechende Risikobeiträge zu erheben sind. Vorsorgeeinrichtungen, die auch weiter gehende Vorsorge versichern, können auf bereits bestehende überobligatorische Finanzierungen zurückgreifen, es kommt dann (mindestens teilweise) zu einer Verlagerung eines Teils des Überobligatoriums in das Obligatorium. Die effektiven Zusatzkosten (unter Anrechnung der bereits bestehenden überobligatorischen Vorsorge) dürften damit knapp die Hälfte der BVG-Zusatzkosten ausmachen, insgesamt aber immer noch rund CHF 500­600 Millionen pro Jahr betragen.

Bei einem teilweisen Ausgleich der Rentenminderung reduzieren sich die BVG- und effektiven Kosten entsprechend dem Verhältnis der Prozentpunkte. Werden beispielsweise die Altersgutschriften nach Artikel 16 BVG um 0,4 Prozentpunkte statt 0,8 Prozentpunkte erhöht, wären mit Kosten von CHF 250­300 Millionen pro Jahr zu rechnen.

1.7.5

Abschliessende Beurteilung

Die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung und diejenige an den Finanzmärkten kann nicht vorausgesehen werden. Nach Ansicht vieler Ökonomen ist es jedoch wahrscheinlich, dass ­ wie schon seit 1985 ­ die Nominalzinsen auch in Zukunft die Lohnzuwachsraten übersteigen. Die getroffenen Annahmen für die im Mindestumwandlungssatz eingerechnete Rendite basieren auf denselben Überlegungen. Das spricht dafür, dass das angestrebte Leistungsziel von 34 Prozent auch bei einer 9523

Senkung auf 6,4 Prozent unter Berücksichtigung vergangenheitsbezogener Zinsboni ohne flankierende Massnahmen aufrechterhalten werden kann. Ob diese Annahme sich bewahrheitet und auf flankierende Massnahmen weiterhin verzichtet werden kann, ist Gegenstand der jeweiligen Berichterstattung zuhanden der Bundesversammlung (vgl. ausdrückliches Erfordernis in E-Art. 14 Abs. 2 BVG).

1.8

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die Motion 03.3438 der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-SR) wurde am 1. Oktober 2003 vom Ständerat in Punkt 1 angenommen. Der Nationalrat folgte dem Ständerat am 6. Dezember 2004. Danach wird der Bundesrat beauftragt, «der Bundesversammlung umgehend eine Revision der beruflichen Vorsorge vorzuschlagen, in welcher der Umwandlungssatz auf seine technischen Grundlagen überprüft und soweit erforderlich den realen Verhältnissen angeglichen wird». Die Motion kann als erledigt abgeschrieben werden.

Zu berücksichtigen ist ferner die am 21. Juni 2002 vom Nationalrat in ein Postulat umgewandelte Motion Nr. 02.3160 «Umwandlungssatz. Spezielle Statistik zur Berechnung» vom 22. März 2002 von Frau Nationalrätin Egerszegi-Obrist. Er beauftragt den Bundesrat, möglichst schnell ein Konzept zu erarbeiten, um jene statistischen Daten zu erfassen, die es ermöglichen, den Umwandlungssatz gemäss BVG möglichst genau zu berechnen.

Seit dem parlamentarischen Vorstoss hat sich die Datenlage mit der Publikation der zusätzlichen Grundlagen BVG 2000/2005, welche sich auf Erfahrungen grösserer, privatrechtlicher Vorsorgeeinrichtungen beruht, deutlich verbessert. Im Bericht der Arbeitsgruppe vom November 2004 sind die technischen Grundlagen, welche für die Festlegung des Mindestumwandlungssatzes von Bedeutung sind, erfasst. Die verschiedenen Tafelwerke (EVK 2000, VZ 2000, BVG 2000, KT 95) mit den materiellen Unterschieden wie auch die Häufigkeit der Publikationen wurden im Bericht erläutert. Die bestehenden Datenerhebungen werden weitergeführt und intensiviert.

Publikationen sind künftig jeweils alle fünf Jahre zu erwarten (statt wie bisher alle 10) und die Grundgesamtheiten sollen um Bestände zusätzlicher Vorsorgeeinrichtungen erweitert werden.

Die regelmässige periodische Überprüfung des Mindestumwandlungssatzes soll auch künftig nicht auf einer schweizweit einheitlichen Grundlage basieren. Es gilt, die getrennt erarbeiteten biometrischen Daten in einem Netzwerk, bestehend aus den verschiedenen Trägern, dem BSV und dem BPV zu analysieren und zu koordinieren, wobei gerade die Vielfalt der Grundlagen es erlaubt, einen valablen Vergleich anzustellen. Die statistischen Grundlagen sind somit in ausreichendem Masse vorhanden, so dass sich eine zusätzliche, kostenintensive Sondererhebung nicht
aufdrängt. Die bestehende Auswahl erlaubt es dem Gesetzgeber, einen angemessenen Mindestumwandlungssatz festzulegen. Ein weitergehendes Konzept erscheint nicht erforderlich. Das Postulat kann daher abgeschrieben werden.

9524

2

Besonderer Teil: Erläuterungen zu den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen

Art. 13 Abs. 1 Im aktuellen Gesetzestext werden die zurückgelegten Altersjahre angegeben, ab wann der Anspruch auf Altersleistungen besteht. Danach gilt für Frauen als ordentliches BVG-Rentenalter noch immer das zurückgelegte 62. Altersjahr. Aufgrund der Übergangsbestimmungen der Änderung vom 3. Oktober 2003 (1. BVG-Revision) Buchstabe e wurde auf Verordnungsstufe58 das ordentliche AHV-Rentenalter59 zur Bestimmung des ordentlichen BVG-Rentenalters für Frauen als massgebend erklärt und damit auf das Alter 64 angehoben. Die Übergangsbestimmung regelt allerdings nur die Koordination mit der 11. AHV-Revision. Anpassungen des Rentenalters aufgrund weiterer AHV-Revisionen sind damit nicht gedeckt.

Zukünftig soll das mit der AHV koordinierte BVG-Rentenalter auf Gesetzesstufe so ausgestaltet sein, dass keine spezifischen Koordinationsregeln und Verordnungsanpassungen mehr notwendig sind. Es wird ein Automatismus angestrebt, wonach die entsprechenden AHV-Revisionen bei Inkrafttreten gleichzeitig auch in der beruflichen Vorsorge wirksam werden.

Die im Zeitpunkt dieser Vorlage noch unbestimmten Auswirkungen der 11. AHVRevision sind daher im BVG nicht mehr in Übergangsregelungen zu antizipieren, sondern werden dann direkt wirksam. Dies gilt auch für zukünftige AHVRevisionen, die das ordentliche Rentenalter für Männer und Frauen betreffen.

Buchstabe e in der oben erwähnten Übergangsbestimmung verliert mit der Neuformulierung von Artikel 13 Absatz 1 durch den Hinweis auf das AHVG seine diesbezügliche Bedeutung.

Art. 14 Abs. 2 und 3 Nach Absatz 2 beträgt der Mindestumwandlungssatz neu 6,4 Prozent anstelle von 6,8 Prozent im heutigen Gesetzestext.

Mit dem Hinweis auf das ordentliche Rentenalter wird klargestellt, in welchem Rücktrittsalter der Mindestumwandlungssatz Gültigkeit hat. Damit ist gleichzeitig die Ausgangslage für die Anpassungen des Umwandlungssatzes nach Artikel 13 Absatz 2 bei einem vorzeitigen Altersrücktritt gegeben.

Neu wird auch hier auf eine Altersangabe verzichtet. Damit ist im ordentlichen Recht und ohne Zuhilfenahme von zusätzlichen Übergangsregelungen sichergestellt, dass der Mindestumwandlungssatz (nach Ablauf der Übergangsfrist) für alle Versicherten im Zeitpunkt des ordentlichen Rentenalters einheitlich ist und zwar auch dann, wenn wie heute für Mann und Frau ein unterschiedliches
ordentliches Rentenalter gilt (aktuell Männer Alter 65, Frauen 64). Mit dem Hinweis auf Mann und Frau wird überdies ausdrücklich festgehalten, dass der Mindestumwandlungssatz geschlechtsneutral anzuwenden ist, das heisst, dass ein Mischwert zur Anwendung gelangt.

58 59

Art. 62a BVV2 Art. 21 Abs. 1 Bundesgesetz vom 20.12.1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG).

9525

Übergangsregelungen, in denen der Gesetzgeber verbindlich vorgibt in welchem Zeitraum oder in wieviel Schritten eine Reduktion des Mindestumwandlungssatzes einzuführen ist, bleiben jedoch nach wie vor notwendig. Während der Einführungszeit ­ und nur während dieser ­ sind wegen der heutigen Ausgangslage beim ordentlichen Rentenalter für Männer und Frauen unterschiedliche Mindestumwandlungssätze möglich.

Durch den Automatismus wird ausserdem sichergestellt, dass Änderungen des ordentlichen AHV-Rentenalters nach der 11. AHV-Revision nicht dazu führen, dass der bisherige Mindestumwandlungssatz nicht mehr anwendbar ist und damit eine Lücke entsteht, die dann in einem beschleunigten Verfahren gefüllt werden müsste.

Nach Absatz 3 unterbreitet der Bundesrat ab 2009 alle fünf Jahre statt wie bisher alle zehn Jahre einen Bericht über die Festlegung des Umwandlungssatzes in den nachfolgenden Jahren. Der erste Bericht soll so rechtzeitig erfolgen, dass vor Ablauf der Einführungsperiode beziehungsweise vor Erreichen des Zielsatzes von 6,4 Prozent, die neuesten Erkenntnisse vorliegen, damit ­ soweit erforderlich und wegen der derzeitigen Unsicherheiten ­ ohne grösseren Unterbruch eine erneute Anpassung erfolgen könnte. Eine erste Überprüfung per 2009, statt wie gesetzlich vorgesehen 2011, dürfte diesem zeitlichen Erfordernis entsprechen und würde ausserdem bereits nach dem vorgesehen Rhythmus, nämlich nach fünf Jahren nach dem letzten Bericht vom November 2004, erscheinen.

Ziel des Berichts ist das Aufzeigen der neuesten Entwicklungen in Bezug auf die technischen Grundlagen, welche für die Überprüfung des Mindestumwandlungssatzes bedeutsam sind. Dabei handelt es sich um die biometrischen Grunddaten (Entwicklung der Lebenserwartungen etc.) und kapitalmarktbedingten Grunddaten (Renditeerwartungen). Der Bericht enthält ausserdem Angaben darüber, ob das Rentenziel der beruflichen Vorsorge (nach Massgabe der goldenen Regel rund 34 Prozent des koordinierten Lohnes) beziehungsweise das gemeinsame Leistungsziel von AHV und beruflicher Vorsorge für die Normalgeneration nach Artikel 113 BV (Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise, was einer Ersatzquote von rund 60 % des maximalen versicherbaren BVG-Lohnes entspricht) erreicht ist oder nicht (vgl. auch Art. 196 Ziff. 11 der Übergangsbestimmung BV).
Bei Abweichungen werden mögliche Massnahmen aufgezeigt.

Dabei wird zusätzlich geprüft, ob der seit Einführung des BVG (1985) aufgelaufene Zinsüberhang weiter ausgebaut werden konnte. Dieser Zinsbonus ist leistungswirksam und entsteht dadurch, dass die Zinssätze, mit denen das Altersguthaben verzinst wurde, höher waren als die Lohnzuwächse derselben Zeitperiode. Es kann durchaus der Fall eintreten, dass niedrigere Zinssätze bei höheren Lohnzuwächsen zu einem Zinsmalus führen und damit leistungsmindernd sind. Es gilt also, die Abweichungen von der goldenen Regel aufzuzeigen.

Obige Inhaltsvorgaben sind zwingend jedoch nicht abschliessend. Ergänzungen mit aktuellem Bezug zum Mindestumwandlungssatz sind durchaus denkbar, auch wenn sie im Gesetz nicht aufgezählt sind.60

60

Vgl. Ziffer 1.6.4 Berichtsinhalt.

9526

Art. 16 Auch bei den Ansätzen für die Altersgutschriften soll ein Automatismus verhindern, dass durch die Anhebung des ordentlichen Rentenalters in der AHV, Regelungslücken entstehen. Zu diesem Zweck wird die Altersangabe 65 durch das ordentliche Rentenalter ersetzt. Würde nächstens das ordentliche Rentenalter für Frauen auf 6561 angehoben, so wären Altersgutschriften von 18 Prozent des koordinierten Lohnes gutzuschreiben.

Art. 24 Abs. 2 Der Mindestumwandlungssatz gilt auch für die Berechnung der Invalidenrenten. Im Invaliditätsfall werden zum bereits vorhandenen Altersguthaben noch diejenigen Altersgutschriften hinzugerechnet, die sich bis zum ordentlichen Rentenalter ergeben würden, jedoch ohne Zins. Berechnungsgrundlage ist der koordinierte Lohn des letzten Versicherungsjahres vor dem Vorsorgefall (vgl. Art. 24 Abs. 3 und 4 BVG).

Das so berechnete Altersguthaben wird dann mit dem jeweils gültigen Mindestumwandlungssatz in eine lebenslängliche Rente umgewandelt.

Auch hier wird das Altersjahr 65 gestrichen und durch das «ordentliche Rentenalter» ersetzt, wodurch der Automatismus auch bei der Invalidenrente wirksam wird.

Indem die Kinderrenten und Ehegattenrenten von der Alters- oder Invalidenrente abgeleitet werden, wirkt der Automatismus auch bei diesen Renten. Ein Hinweis auf die Übergangsbestimmungen ­ obwohl solche vorgesehen sind ­ ist gesetzestechnisch nicht nötig und wird daher gestrichen.

Übergangsbestimmungen der Änderung vom ...

Unter Buchstabe a wird Buchstabe a der Übergangsbestimmung der Änderung vom 3. Oktober 2003 unverändert übernommen. Damit ist sichergestellt, dass der Mindestumwandlungssatz nur im Zeitpunkt der Umwandlung des Altersguthabens in eine Rente wirksam ist und die laufenden Renten nicht beeinflusst.

In Buchstabe b wird für die Aufgabe des Bundesrates Buchstabe b Absatz 1 der Übergangsbestimmung der Änderung vom 3. Oktober 2003 mit folgenden Änderungen übernommen: der Mindestsatz von 6,4 Prozent ersetzt denjenigen von 6,8 Prozent und die Anzahl von zehn Absenkungsschritten (Absenkungen innerhalb von 10 Jahren beziehungsweise 1.1.2005­1.1.2014) wird auf vier Schritte (Absenkung innerhalb von 3 Jahren beziehungsweise 1.1.2008­1.1.2011) reduziert. Mit dieser Bestimmung verliert der Absenkungsprozess, wie er in der 1. BVG-Revision für die Alters- und Invalidenrenten
vorgesehen ist, seine Gültigkeit und wird durch neue Absenkungsregeln ersetzt. Mit dem Hinweis auf den analogen Mindestumwandlungssatz bei den Alters- und Invalidenrenten in Artikel 24 Absatz 2 BVG gilt die Delegation der Rechtssetzungsbefugnis an den Bundesrat auch für die Invalidenrenten, so dass der heute gültige Absatz 3 nicht erneuert werden muss. Die Möglichkeit unterschiedlicher Mindestumwandlungssätze für Mann und Frau während der Einführungszeit wird neu in den Absatz 1 (statt in Abs. 2) integriert. Diese Möglichkeit unterschiedlicher Sätze ergibt sich zwangsläufig aus den verschiedenen Ausgangspositionen für Mann und Frau per Inkrafttreten wie auch der zu erwartenden Erhöhung des ordentlichen Rentenalters der Frauen, die in diese Periode fallen dürfte.

61

vgl. Erste Botschaft vom 21.12.2005 zur 11. AHV-Revision (Neufassung)

9527

Nach der Einführungszeit gilt für Männer wie Frauen im ordentlichen Rentenalter der einheitliche Mindestumwandlungssatz von 6,4 Prozent.

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen für Bund und Kantone

Aufgrund der Stimmen in der Vernehmlassung können die finanziellen Auswirkungen für Bund und Kantone auf folgenden Nenner gebracht werden: Eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes führt immer zu einer Senkung des Steuerertrages.

Aufgrund des Fehlens gesetzlich vorgeschriebener, flankierender Massnahmen hat die Senkung kostenseitig weder für den Bundeshaushalt noch für die Kantone direkte finanzielle Auswirkungen. Es sei denn, dass in öffentlich-rechtlichen Kassen auf freiwilliger Basis Kompensationsmassnahmen durch den öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber vorgenommen werden.

Einnahmenseitig und damit mittelbare Auswirkungen ergeben sich hingegen ­ wie eingangs erwähnt ­ durch Einbussen bei der direkten Bundessteuer und den direkten Steuern der Kantone, da pro Neurentner und Neurentnerin mit einer um 5,88 Prozent geringeren Rentenleistung gerechnet werden muss. Wird diese Leistungsminderung auf freiwilliger Basis durch steuerabzugsfähige, höhere Beiträge oder höhere Einlagen der Versicherten wettgemacht, dürften sich je nach Höhe und Häufigkeit solcher Kompensationsbeträge trotz Rentenerhalt gleichwohl Einbussen bei den Steuererträgen ergeben. Werden vermehrt Alterskapitalbezüge statt Rentenbezüge vorgenommen, haben diese ebenfalls Auswirkungen auf das Steuerergebnis. Da die Gesetzesänderung nur das Obligatorium und die Neurentnerinnen und Neurentner betrifft, dürften die finanziellen Auswirkungen für Bund und Kantone nicht zu stark ins Gewicht fallen.

Zu den mittelbaren Auswirkungen können überdies Mehrbelastungen zählen, welche durch allfällige, kompensatorische Leistungen bei den Ergänzungs- und Zusatzleistungen zur AHV/IV entstehen. Doch werden diese Mehrbelastungen ­ wobei als Ursache hier nur die geringeren Renten und nicht etwa höhere Gesundheitskosten oder höhere Heimkosten berücksichtigt werden dürfen ­ als gering erachtet. Zum einen, weil die Leistungen der 2. und 3. Säule laufend zunehmen und generell entsprechend weniger Ergänzungsleistungen auslösen. Zum anderen, weil wie bisher die Mehrheit62 der neuen EL-Bezügerinnen und Bezüger über keine oder nur geringe Leistungen der 2. Säule verfügen dürfte und daher gar nicht in Betracht fallen.

Neurentner und Neurentnerinnen mit einer geringeren BVG-Rente werden vor allem dann lückenfüllende EL-Leistungen auslösen, wenn sie ins Heim ziehen. Doch wird dieser Effekt in den ersten 10 Jahren kaum eine Auswirkung haben, da der Heimeintritt meistens in höherem Alter erfolgt.

62

Vgl. BSV, Statistik der Ergänzungsleistungen zur AHV und IV 2005, Tabelle 4.6.2.

9528

3.2

Auswirkungen auf die Informatik

Die Änderung des Mindestumwandlungssatzes muss im Bereich des Obligatoriums EDV-mässig umgesetzt werden, wobei die aktuell gültige Übergangsregelung mit unterschiedlichen Umwandlungssätzen pro Jahrgang bereits eine jährliche Umstellung erfordert, mithin sich also keine zusätzlichen Arbeiten ergeben.

3.3

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

3.3.1

Notwendigkeit und Möglichkeit staatlichen Handelns

Der Umwandlungssatz, der ­ sobald ein Vorsorgefall eintritt ­ zur Umwandlung des Kapitals in eine Rente dient, ist ein zentraler Parameter des Kapitaldeckungsverfahrens. Der «richtige» Wert des Umwandlungssatzes lässt sich jedoch nicht zum Voraus bestimmen. Man kann diesen Wert folglich lediglich schätzen, und zwar mit Hilfe einer modellmässigen Berechnung auf der Grundlage von Annahmen über die künftigeLebenserwartung und den langfristigen Prognosen für die zukünftigen Kapitalrenditen (technischer Zinssatz). Das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage auf dem Versicherungsmarkt (notabene haben die Lebensversicherer mit denselben Unsicherheiten zu kämpfen) bietet keine Alternative zu den theoretischen Modellen «aus dem Labor», um den «richtigen» Umwandlungssatz zuverlässiger zu bestimmen, dies aufgrund der Unzulänglichkeiten, die für einen solchen Markt bezeichnend sind (Informationsasymmetrie, Risikoselektion, Gewinnstreben).

Da jede Differenz zwischen dem angewandten und dem «richtigen» Umwandlungssatz erhebliche wirtschaftliche und soziale Folgen nach sich zieht, aber weder der Markt noch die Versicherungsmathematik in der Lage ist, den «richtigen» Satz eindeutig zu bestimmen, ist die staatliche Festsetzung dieses Umwandlungssatzes doppelt gerechtfertigt: ­

Erstens hat der Staat in den kontroversen Debatten über die Grundlagen zur Bestimmung des Mindestumwandlungssatzes als Schiedsrichter zu walten.

­

Zum anderen trägt er eine verfassungsrechtliche Verantwortung im Bereich der Altersvorsorge63. Ist der gesetzliche Umwandlungssatz zu hoch, gefährdet er die finanzielle Leistungsfähigkeit der Vorsorgeeinrichtungen. Ist er hingegen zu niedrig, schwächt er ungerechtfertigterweise das Vorsorgeniveau und verfehlt dabei allenfalls das vorgegebene Leistungsziel. In beiden Fällen wäre der Verfassungsauftrag verletzt und der Bund sollte daher rechtzeitig korrigierend eingreifen.

3.3.2

Auswirkungen auf die verschiedenen sozialen Gruppen

3.3.2.1

Versicherte

Die Reduktion des Mindestumwandlungssatzes bezweckt, dass das Deckungskapital der Neurentner und Neurentnerinnen auch bei anhaltender Zunahme der Lebens63

Bei der Einführung des BVG hat der Gesetzgeber es vorgezogen, im Gesetz einen Mindestumwandlungssatz festzusetzen, statt ein Leistungsziel vorzugeben.

9529

dauer und unter vorsichtigen Finanzmarktprognosen die lebenslänglich geschuldeten Renten zu decken vermag. Zeigt es sich aber, dass das Rentendeckungskapital ungenügend beziehungsweise der Mindestumwandlungssatz dauerhaft zu hoch angesetzt ist, so werden die Versicherten früher oder später die Finanzierungslücken bei den laufenden Renten durch Sanierungsbeiträge oder andere Sanierungsmassnahmen füllen müssen. So gesehen führt die Reduktion des Umwandlungssatzes zur Abschwächung des Risikos ungenügender Ertragslage und kommt den heutigen wie auch den künftigen Versicherten in diesem Sinne zugute.

Es steht den Vorsorgeeinrichtungen frei, flankierende Massnahmen vorzusehen und zu finanzieren, um die Einbussen aufgrund eines kleineren Mindestumwandlungssatzes auszugleichen. Je nach Art der kompensatorischen Massnahmen könnten sich die Einkommen (im Falle einer Überwälzung der Mehrkosten des Arbeitgebers auf die Bruttoeinkommen) und natürlich die Nettoeinkommen der Versicherten (Bruttoeinkommen minus Arbeitnehmerbeiträge an die 2. Säule) verringern.

3.3.2.2

Invalide

Der neue Mindestumwandlungssatz findet sowohl für die Berechnung der Altersrente wie auch für die Berechnung der Invalidenrente Anwendung. Die Invalidenrente der 2. Säule wird für Neurentnerinnen und Neurentner geringer ausfallen, was eventuell Auswirkungen auf die Ergänzungsleistungen der IV hat.

3.3.2.3

Neurentnerinnen und Neurentner

Die Änderungen des Umwandlungssatzes betreffen lediglich die Neurentnerinnen und Neurentner im Falle von Alter, Tod und Invalidität.

Werden keine flankierende Massnahmen ergriffen, wird die BVG-Rente mit der schrittweisen Herabsetzung des Umwandlungssatzes auf 6,4 Prozent proportional zur Reduktion des Umwandlungssatzes gekürzt.

Hierbei sind drei Elemente zu berücksichtigen, welche das effektive oder «tatsächliche» Ausmass der Leistungskürzung verringern: ­

Die Inflation hat sich gegenüber derjenigen von Anfang der 90er Jahre verringert, was sich günstig auf die Erhaltung der Kaufkraft der Renten (die zum Nominalwert festgelegt und zumeist nicht automatisch indexiert werden) auswirkt.

­

Der Zinssatz könnte weiterhin höher sein als die nominelle Zunahme des Lohnes; diese Abweichung von der «goldenen Regel» ermöglicht es, eine höhere Rentenquote zu erreichen.

­

Die Umwandlungssätze wurden bei vielen Kassen, vor allem bei den Sammeleinrichtungen der Lebensversicherer und bei den umhüllenden autonomen Kassen (die Einhaltung der gesetzlichen Mindestvorschriften vorausgesetzt), bereits an die biometrische und wirtschaftliche Realität angepasst.

Mit der 1. BVG-Revision soll die schrittweise Senkung des Umwandlungssatzes von 7,2 Prozent auf 6,8 Prozent nach Ablauf einer relativ langen Übergangsfrist mit im Voraus angekündigten sukzessiven Reduktionen es den Versicherten ermöglichen, 9530

dies bei ihren Plänen für den Übergang in den Ruhestand zu berücksichtigen und allenfalls ihr Arbeitsmarktverhalten und die Höhe ihrer privaten Ersparnisse entsprechend anzupassen. Mit dem hier präsentierten Gesetzesentwurf wird der Spielraum für solche Anpassungen besonders für die älteren Arbeitnehmenden eingeschränkt.

Dies könnte dazu führen, dass die Versicherten beim Altersrücktritt sich vermehrt für eine in Kapitalform ausbezahlte Altersleistung entscheiden, wie es in den meisten Pensionskassenreglementen vorgesehen ist und neu auch für einen Teil des Alterskapitals gesetzlich gefordert werden kann. Das ist jedoch unerwünscht, denn der Kapitalbezug verschiebt das Risiko der Langlebigkeit und die den Finanzmärkten inhärenten Risiken voll und ganz auf den Bezüger. Das kann letztlich, falls sich das Kapital als ungenügend erweist, zur Folge haben, dass die Gesellschaft über die Ergänzungsleistungen zur AHV oder über Fürsorgeleistungen in höherem Mass als bei wiederkehrenden Leistungen für dessen finanziellen Unterhalt aufkommen muss.

Ausserdem kann eine starke Zunahme der Auszahlungen in Kapitalform aufgrund des Phänomens der Antiselektion den Vorsorgeeinrichtungen höhere Kosten bescheren (da die guten Risiken die Kasse verlassen), was schliesslich zu einer Anpassung der technischen Grundlagen führen könnte.

3.3.2.4

Unternehmen

Will man die Wettbewerbskraft der schweizerischen Firmen, die im In- und Ausland der internationalen Konkurrenz ausgesetzt sind, erhalten, so müssen die Lohnnebenkosten und vor allem jene in Verbindung mit der 2. Säule in Grenzen gehalten werden. Daher haben die Unternehmen alles Interesse daran, dass die Finanzierung der 2. Säule auf einer soliden und verlässlichen Grundlage beruht. Es sollte vermieden werden, dass sie später Sanierungsmassnahmen für ihre Vorsorgeeinrichtung zahlen müssen. Das finanzielle Gleichgewicht der Vorsorgeeinrichtung stellt zudem bei der Rekrutierung von Personal ein nicht zu unterschätzender Vorteil dar.

Aufgrund der internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS/US GAAP) kann eine ungenügende Deckung der Verpflichtungen einer Vorsorgeeinrichtung einen negativen Einfluss auf die finanziellen Mittel des Unternehmens haben. So gesehen stellt die Festlegung von angemessenen technischen Parametern langfristig sicher, dass die Vorsorgeeinrichtung der börsenkotierten Unternehmen keine negativen Auswirkungen auf ihren Aktienkurs und die Kotierung ihrer Anleihen hat.

3.3.2.5

Vorsorgeeinrichtungen

Der Umwandlungssatz ist so festzusetzen, dass er die Risikofähigkeit der Vorsorgeeinrichtungen langfristig nicht beeinträchtigt. Er ist so anzusetzen, dass die dem technischen Zinssatz unterlegten Renditeerwartungen langfristig mit einer vernünftigen Anlagepolitik unter Wahrung angemessener Risiken erreicht werden können.

Wenn man davon ausgeht, dass der heutige Mindestumwandlungssatz langfristig nicht mehr der Realität der Finanzmärkte entspricht und dass auch eine Reduktion des technischen Zinssatzes angezeigt ist, kann dies ausserdem dazu führen, dass das aktuelle Deckungskapital für die bereits laufenden Renten und das Kapital zur Deckung der von den Versicherten bereits erworbenen Ansprüche (im Leistungsprimat) nach oben korrigiert werden müssen. Je nach Einschätzung des Experten für 9531

berufliche Vorsorge könnte dies bei ungenügenden technischen Rückstellungen bewirken, dass sich die Deckungsgrade verschlechtern oder gar Deckungslücken entstehen und entsprechend Sanierungsmassnahmen notwendig werden. Diesfalls haben die zuständigen obersten Organe der Vorsorgeeinrichtungen auf Umverteilungsrisiken zu achten.

3.3.3

Makro-ökonomische Auswirkungen

Die Herabsetzung des Umwandlungssatzes ist notwendig, um die Stabilität des Systems der beruflichen Vorsorge zu sichern. Die Beibehaltung des Status quo (Stand 1. BVG-Revision) hätte ungünstigere Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft zur Folge, da jegliche Verzögerung bei der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass später drastischere Massnahmen getroffen werden müssen als die heute gemachten Vorschläge.

Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene sind mehrere Effekte des Revisionsentwurfs auszumachen, die realwirtschaftliche Auswirkungen haben (BIP-Wachstum), zum einen über das Angebot und die Kosten der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital und zum anderen über die Entwicklung der für den Konsum oder das Sparen verfügbaren Einkommen.

3.3.3.1

Kapitalmarkt

Wird die Leistungsreduktion durch eine höhere Sparquote innerhalb der 2. Säule oder durch vermehrtes privates Sparen aufgefangen, werden dem Kapitalmarkt mehr Gelder zugeführt, wodurch die Zinssätze ­ unveränderte andere Einflüsse vorausgesetzt ­ auf ihrem niedrigen Stand verharren sollten.

3.3.3.2

Einkommen

Auf kurze Sicht sind bei der Gesamtheit der Renteneinkommen nur geringe Kürzungen zu erwarten, da die Herabsetzung des Umwandlungssatzes lediglich die Leistungen der Neurentnerinnen und Neurentner betreffen wird. Mehrere Elemente tragen ferner dazu bei, dass die Kaufkraft erhalten bleibt, vor allem dank der tendenziell tiefen Inflation und entsprechend relativ hohen Realerträge des Privatkapitals.

Der Konsum dürfte ausserdem dadurch gestützt werden, indem vermehrt auf das private Vermögen zurückgegriffen wird.

3.3.3.3

Wachstum

Insgesamt werden die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum vernachlässigbar sein; allenfalls sind schwache positive Impulse auf die Investitionen und das Stellenangebot und schwache negative Impulse auf den Konsum zu erwarten.

9532

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bericht über die Legislaturplanung 2003­2007 als Richtliniengeschäft angekündigt64.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in der beruflichen Vorsorge stützt sich auf Artikel 113 Absatz 1 BV, wobei vorgegebene Grundsätze einzuhalten sind. Von Bedeutung ist das Leistungsziel nach Absatz 2 Buchstabe a.

Das verfassungsrechtliche Leistungsziel der AHV/IV, der beruflichen Vorsorge und der Selbstvorsorge wird in Artikel 111 BV umschrieben. Diese drei Leistungsträger bilden die drei Säulen, welche zusammen eine ausreichende Altersvorsorge gewährleisten sollen. In Artikel 113 Absatz 2 Buchstabe a BV (wie bisher Art. 34quater aBV) wird das Leistungsziel der beiden Säulen berufliche Vorsorge und AHV/IV präzisiert. Sie sollen gemeinsam die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen. Die Renten der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung haben dabei den Existenzbedarf angemessen zu decken.

Die Angemessenheit bezieht sich auf den festzulegenden Plafond, bis zu welchem der soziale Schutz sich erstrecken soll65. In der Botschaft vom 10. November 1971 wird weiter angemerkt, «dass die gewohnte Lebenshaltung im allgemeinen dann fortgesetzt werden kann, wenn eine Einzelperson im Alter auf ein Ersatzeinkommen zählen kann, das mindestens 60 Prozent ihres letzten Brutto-Erwerbseinkommens beträgt».

Nach Artikel 111 Absatz 2 BV hat der Bund dafür zu sorgen, dass die eidgenössische AHV/IV sowie die berufliche Vorsorge ihren Zweck dauernd erfüllen können. Damit wurde bezweckt, dass das Verhältnis zwischen der 1. und 2. Säule sich nicht zu einseitig auf eine Säule verschiebt.

Das BVG selbst beinhaltet kein starres Leistungsziel im Sinne eines Leistungsprimats, vielmehr bestimmen sich die Leistungen nach den Altersgutschriften beziehungsweise den Beiträgen (so genanntes Beitragsprimat), dem Mindestzinssatz und dem Mindestumwandlungssatz. Das bisherige Rentenziel von 34 Prozent des koordinierten Lohnes ist ­ wie unter Ziffer 1.7.3.1 dargelegt ­ dank der bis Ende 2004 aufgelaufenen Zinsboni auch bei einem Mindestumwandlungssatz von 6,4 Prozent nicht gefährdet.

Die Einhaltung des gemeinsamen Leistungsziels AHV/BVG kann modellmässig als so genannte Ersatzquote in Prozent des maximal versicherbaren Lohnes dargestellt werden, wobei die AHV-Leistung der einfachen, maximalen AHV-Rente entspricht.

Die Ersatzquote mit dem Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent gemäss 1. BVG-Revision beträgt dank Erhöhung des koordinierten Lohnes 57,4 Prozent. Sie

64 65

BBl 2004 1175 1198 Botschaft vom 10. November 1971 zum Entwurf betreffend die Änderung der Bundesverfassung auf dem Gebiete der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge und Bericht über das Volksbegehren für eine wirkliche Volkspension, BBl 1971 II 1619 f.

9533

ist damit sogar leicht höher als beim ursprünglichen Mindestumwandlungssatz von 7,2 Prozent (vgl. Tabelle 7).

Wird bei der so berechneten Ersatzquote ein Mindestumwandlungssatz von 6,4 Prozent unterlegt, erhält man eine Quote von 56 Prozent. Werden hingegen die von 1985­ 2004 maximal möglichen Altersguthaben unter Berücksichtigung des aufgelaufenen Zinsbonus und die bis 2025 noch zu erwartenden Altersgutschriften hinzuaddiert, ergibt sich eine Ersatzquote von 57 Prozent. Ein Wert, der nur geringfügig unter dem bisher modellmässig erreichten Wert von 57,3 Prozent (ohne Zinsbonus) liegt.

Das verfassungsrechtliche Leistungsziel kann aufgrund der Ersatzquote daher als eingehalten betrachtet werden, dies umso mehr als ein gewisser Ermessenspielraum gegeben ist66 und auch die Botschaft von 1971 auf Seite 25 ausdrücklich darauf hinweist, dass diese Konzeption nicht im Sinne einer absoluten Bewertung zu verstehen ist.

Um zu beurteilen, ob aufgrund von Änderungen von Leistungsparametern in der beruflichen Vorsorge flankierende Massnahmen notwendig werden, ist die Ersatzwie auch die Rentenquote eine taugliche Richtgrösse. Für die Beurteilung, ob eine Ersatzquote von rund 60 Prozent des letzten Lohnes auch bei tieferen Einkommen tatsächlich die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung ermöglicht, wurde bereits im 3-Säulen-Bericht vom Oktober 199567 in Frage gestellt. Entsprechende Überlegungen wurden in den parlamentarischen Kommissionen aufgenommen und führten dazu, dass die Reduktion des Mindestumwandlungssatzes in der 1. BVG-Revision durch die Ausweitung des koordinierten Lohnes und damit zur Verbesserung der Rentenquote im unteren Einkommensbereich erfolgt.

5.2

Verhältnis zum europäischen Recht

Das Gemeinschaftsrecht unterscheidet zwischen gesetzlichen und privaten Rentensystemen. Die privaten Rentensysteme umfassen sowohl die betriebliche wie auch die private Vorsorge. Wird diese Unterteilung des EG-Rechts auf das schweizerische Vorsorgesystem übertragen, so bilden AHV und die obligatorische berufliche Vorsorge das gesetzliche Rentensystem, während die überobligatorische berufliche Vorsorge und die 3. Säule zur privaten Vorsorge gehören.

Die vorliegende Botschaft befasst sich mit dem Mindestumwandlungssatz in der obligatorischen beruflichen Vorsorge. Zu berücksichtigen sind daher die geltenden Vorschriften der EU zu den gesetzlichen Rentensystemen. Das Gemeinschaftsrecht zielt auf eine Koordination der einzelstaatlichen Systeme ab mittels der Verordnung des Rates (EWG) Nr. 1408/71 vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Mitarbeitende und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (kodifiziert durch die Verordnung des Rates Nr. 118/97 vom 2.12.1996; ABl Nr. L 28 vom 30.1.1997, S. 1; zuletzt geändert durch die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 631/2004 vom 31.3.2004, ABl Nr. L 100 vom 6.4.2004, S. 1). Nicht vorgesehen ist hingegen eine Harmonisierung der einzelnen Systeme. Die Mitgliedstaaten können den 66 67

Brühwiler, Die betriebliche Personalvorsorge in der Schweiz, Seite 163 mit Hinweisen.

Bericht des Eidg. Departementes des Innern zur heutigen Ausgestaltung und Weiterentwicklung der schweizerischen 3-Säulen-Konzeption des Alters- Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge, in: Beiträge zur sozialen Sicherheit, insbesondere Seite 27.

9534

persönlichen Geltungsbereich, den Leistungsumfang, die Finanzierungsmodalitäten sowie die Organisation der Systeme weiterhin selbst bestimmen, unter Berücksichtigung allerdings der Richtlinie 79/7 vom 10. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. L 6 vom 10.1.1979, S. 24).

Das Personenfreizügigkeitsabkommen68 vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweiz andererseits sieht die Koordination des schweizerischen Systems der sozialen Sicherheit mit jenem der EU-Mitgliedstaaten nach dem Muster der in der EG geltenden Regelungen vor. Die in der Botschaft behandelte Problematik wird vom Koordinationsrecht nicht tangiert.

Die Gesetzesvorlage muss auch im Hinblick auf das EU-Recht bzw. die Richtlinie 79/7 geprüft werden, auch wenn diese für die Schweiz nicht bindend ist. Die Vereinbarkeit des Schweizer Rechts mit dieser Richtlinie ist insofern gegeben, als der Gesetzesentwurf einen einheitlichen Rentenumwandlungssatz für Frauen und Männer vorsieht.

5.3

Verhältnis mit dem neuen Finanzausgleich

Der Finanzausgleich ist durch die Vorlage nicht tangiert.

5.4

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Gemäss Übergangsbestimmung der Änderung vom ... Buchstabe b legt der Bundesrat die Mindestumwandlungssätze in der Einführungszeit fest.

5.5

Verhältnis zum ATSG

Das auf den 1. Januar 2003 in Kraft gesetzte Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)69 vom 6. Oktober 2000 ist ­ von wenigen Ausnahmen abgesehen, welche die Koordination und die Vorleistungspflicht betreffen70 ­ grundsätzlich nicht auf die berufliche Vorsorge anwendbar (vgl. Art. 2 ATSG). Die vorgeschlagenen Änderungen des BVG betreffen weder die Koordination noch die Vorleistungspflicht.

68 69 70

SR 0.142.112.681 SR 830.1 Vgl. Mitteilungen des BSV über die berufliche Vorsorge Nr. 66 vom 17.1.2003 Rz 397.

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