Untersuchung zu den Entscheiden des Bundesrats vom 23. November 2005 betreffend das Unternehmen Swisscom AG Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats vom 28. März 2006

2006-1038

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Zusammenfassung An seiner Klausursitzung vom 23. November 2005 entschied der Bundesrat, unverzüglich eine Revision des Telekommunikationsunternehmungsgesetzes einzuleiten, um die rechtlichen Voraussetzungen für eine vollständige Abgabe der Beteiligung des Bundes an der Swisscom zu schaffen. Gleichzeitig wies er die Swisscom an, auf Investitionen bei ausländischen Telekommunikationsunternehmungen zu verzichten sowie die freien Eigenmittel für einen Aktienrückkauf bzw. die Ausschüttung von Dividenden einzusetzen, um ein Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital von 60 zu 40 anzustreben.

Die Vorgänge im Zusammenhang mit diesen Entscheiden erweckten in der Öffentlichkeit den Eindruck eines chaotischen Vorgehens, welches hauptsächlich auf Kommunikationsprobleme zurückgeführt wurde. Die vorliegende Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats zeigt aber, dass es um weit fundamentalere Probleme als um reine Kommunikationsfragen geht.

Der Bundesrat traf einen Sofortentscheid in Sachen Auslandengagements der Swisscom. Für dieses hektische Vorgehen sieht die Geschäftsprüfungskommission keine nachvollziehbaren Gründe. Der Entscheid selbst war in Tat und Wahrheit höchst unklar, so dass ihn der Bundesrat in seiner Radikalität am 2. und 21. Dezember 2005 selbst relativieren musste. Ebenso unklar und nicht umsetzbar war die Anweisung, durch eine Ausschüttung der freien Mittel ein Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital von 60 zu 40 anzustreben.

Die Klausursitzung des Bundesrats war lediglich hinsichtlich der Frage der Abgabe der Mehrheitsbeteiligung vorbereitet. Die Entscheide zu Auslandinvestitionen und zur Ausschüttung der freien Mittel traf der Bundesrat ohne eigentliche Vorbereitung und ohne hinreichende Entscheidgrundlagen. Die entsprechenden Anträge sowie die Androhung einer Verantwortlichkeitsklage stammten aus einem äusserst kurz gehaltenen Mitbericht des Vorstehers des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD).

Die Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission zeigt, dass der Bundesrat mit seinem Entscheid zu Auslandengagements der Swisscom die von ihm selbst vorgegebenen Rahmenbedingungen und Verfahren missachtet hat: Zum einen setzte er sich über die damals für Swisscom geltenden strategischen Ziele 2002­2005 hinweg.

Sowohl der absolute Entscheid mit der Anweisung
auf einen generellen Verzicht auf Investitionen bei einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung als auch die später konkretisierte Form des Verzichts auf Beteiligungen an Unternehmen mit Grundversorgungsauftrag widersprachen den vom Bundesrat gesetzten Zielen und Erwartungen an Swisscom. Zudem war die radikale strategische Kehrtwende mit dem Telekommunikationsunternehmungsgesetz nicht vereinbar. Zum anderen überging der Bundesrat bezüglich seiner Instruktion, auf eine Beteiligung an Eircom zu verzichten, den sich in Gang befindlichen Controlling-Prozess zur Konformitätsbeurteilung dieser Auslandbeteiligung mit den strategischen Zielen. Der Bundesrat nahm somit ohne vertiefte Prüfung und ohne entsprechende Grundlagen eine Risikoeinschätzung zu Eircom vor.

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Im Vergleich zum bislang praktizierten Steuerungsprozess zwischen Eigner und Swisscom muss sich der Bundesrat den Vorwurf des völlig abrupten Vorgehens und des Eingriffs in den Kompetenzbereich des Verwaltungsrats der Swisscom gefallen lassen. Er handelte entgegen der von ihm öffentlich wiederholt dargelegten Kompetenzabgrenzung, welche die klare Trennung von politischen und unternehmerischen Entscheiden hervorhob und betonte, dass Akquisitionen in der ausschliesslichen Zuständigkeit des Verwaltungsrats der Swisscom liegen. Vor diesem Hintergrund fällte der Bundesrat am 23. November 2005 einen ihm nicht zustehenden unternehmerischen Entscheid.

Widersprüchlich ist auch, dass der Bundesrat die Auslandstrategie der Swisscom vor seinem Entscheid im November 2005 stets unterstützt hatte. Eine auf informeller Ebene im Bundesrat offenbar seit Sommer 2004, d.h. seit dem Übernahmeversuch von Telekom Austria, diskutierte Skepsis gegenüber Beteiligungen der Swisscom an ehemaligen ausländischen Monopolbetrieben ist in keine offiziellen Unterlagen oder Verlautbarungen des Bundesrats eingeflossen, auch nicht beim Übernahmeversuch von Cesky Telecom im Frühjahr 2005. Die Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) und des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) beurteilten dieses Projekt aufgrund des ordentlichen Controlling-Prozesses als mit den strategischen Zielen vereinbar.

Die Art und Weise der strategischen Kehrtwende verunsicherte das Unternehmen, den Börsenmarkt und die Minderheitsaktionäre der Swisscom erheblich. Indem der Bundesrat seine Anweisung mit der Androhung einer Verantwortlichkeitsklage gegen die Mitglieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung von Swisscom verband, desavouierte er zudem die Unternehmensleitung. Die Kommission hat für diese Drohgebärde des Bundesrats absolut kein Verständnis.

Was die Vorgänge rund um die Information und Kommunikation betrifft, kritisiert die Geschäftsprüfungskommission, dass ein ­ zumal in hohem Masse unklarer ­ Entscheid von verschiedenen Bundesräten unterschiedlich kommuniziert wurde, und zwar entgegen dem Entscheid vom 23. November 2005, wonach der Informationslead beim EFD liegt. Die Kommission beurteilt es als unhaltbar, wie einzelne Bundesräte in der Öffentlichkeit ­ auch gegeneinander ­
auftraten und sich gegenseitig widersprachen. Durch eine derart unverantwortliche Kommunikation untergruben Mitglieder des Bundesrats die Glaubwürdigkeit der Regierung im In- und Ausland und nahmen in Kauf, dass Swisscom Schaden erleiden könnte.

Ein Vorgehen des Bundesrats wie jenes bei der im November 2005 eingeleiteten Strategieänderung für die Swisscom ist geeignet, eine nachhaltige Verunsicherung herbei zu führen, sowohl für die durch strategische Ziele geführten Unternehmen des Bundes als auch für deren Minderheitsaktionäre sowie Marktteilnehmer.

Die Geschäftsprüfungskommission verlangt mit einer Motion, dass der Bundesrat Massnahmen trifft, die seine Eignerrolle aufzeigen und die Verlässlichkeit der strategischen Führung hinsichtlich der Unternehmen des Bundes sicherstellen.

5175

Mit drei Empfehlungen fordert die Kommission den Bundesrat ausserdem auf, die Instruktion als Instrument der Einflussnahme in den Kompetenzbereich des Verwaltungsrats der Swisscom zu überprüfen, sich vertieft der Steuerungsprozesse zur Umsetzung der strategischen Ziele anzunehmen und offene Fragen im Bereich der Kommunikation zu klären.

5176

Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung

5174

Abkürzungsverzeichnis

5179

1 Einleitung 1.1 Anlass und Gegenstand der Untersuchung 1.2 Vorgehen 1.3 Rechtlicher Rahmen der Untersuchung

5181 5181 5182 5183

2 Chronologie der Ereignisse hinsichtlich der Entscheide vom 23. November 2005 2.1 Der Entscheid des Bundesrats vom 31. August 2005 2.2 Die Vorbereitung der Klausursitzung vom 23. November 2005 2.3 Die Entscheide des Bundesrats vom 23. November 2005 2.4 Die Umsetzung der Bundesratsentscheide vom 23. November 2005

5184 5184 5184 5185 5186

3 Die Wahrnehmung der Eignerrolle durch den Bund 3.1 Der Steuerungsprozess des Eigners 3.2 Die Praxis des Bundesrats betreffend seine Einflussnahme auf Swisscom im Allgemeinen 3.3 Die Einflussnahme des Bundesrats auf die Auslandgeschäfte der Swisscom 3.3.1 Die Vorgaben gemäss den strategischen Zielen 2002 bis 2005 sowie 2006 bis 2009 3.3.2 Der Controlling-Prozess des Bundes bei grösseren Auslandvorhaben von Swisscom 3.3.3 Die Ergebnisse des Controlling-Prozesses bei konkreten Fällen 4 Feststellungen und Beurteilungen der GPK-N zum Entscheidprozess und zu den Entscheiden des Bundesrats vom 23. November 2005 4.1 Unzureichende Vorbereitung der Entscheide betreffend Auslandinvestitionen und Ausschüttung freier Mittel der Swisscom 4.2 Unzureichende Entscheidgrundlagen 4.3 Unklarer Inhalt der Entscheide betreffend Auslandengagements und Ausschüttung freier Mittel 4.4 Unklare und nicht homogene Entscheidmotive 4.4.1 Die Geltendmachung von politischen und finanziellen (unternehmerischen) Risiken 4.4.2 Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen dem Entscheid zur Mehrheitsbeteiligung und jenem zum Auslandverbot 4.5 Der Widerspruch zu den vorgegebenen Rahmenbedingungen und Verfahren 4.6 Die Einschätzung der zeitlichen Dringlichkeit eines Entscheids in Sachen Auslandengagements 4.7 Weitere Widersprüchlichkeiten 4.8 Die Androhung einer Verantwortlichkeitsklage

5188 5188 5190 5191 5191 5192 5193 5194 5194 5195 5197 5198 5198 5199 5200 5202 5204 5207 5177

4.9 Auswirkungen der Bundesratsentscheide 5 Die Kommunikation der Entscheide vom 23. November 2005 gegenüber der Öffentlichkeit 5.1 Die Chronologie der Ereignisse hinsichtlich der Kommunikation 5.1.1 Die Vorbereitung der Kommunikation 5.1.2 Die Entscheide des Bundesrats vom 23. November 2005 zur Kommunikation 5.1.3 Die Umsetzung der Kommunikation und die Berichterstattung in den Medien 5.2 Die Beurteilung der Kommunikation durch den Bundesrat 5.3 Die Beurteilung der Kommunikation durch die GPK-N 6 Weitere Überlegungen zu rechtlichen Fragestellungen

5208 5209 5209 5209 5209 5210 5213 5214 5215

7 Gesamtbeurteilung

5216

8 Schlussfolgerungen 8.1 Verlässlichkeit der strategischen Ziele des Bundes 8.2 Überprüfung des Instruments der Instruktion 8.3 Beachtung der etablierten Verfahren und Grundsätze 8.4 Klärung der Fragen im Bereich der Kommunikation

5217 5217 5218 5219 5219

9 Weiteres Vorgehen

5220

5178

Abkürzungsverzeichnis AB Abs.

AG Art.

BBl BV bzw.

CEO d.h.

Radio DRS EBITDA EDI EFD EFV EVD EJPD f GPK-N GPK-S Mio.

N NZZ OR ParlG PTT resp.

RVOG RVOV S S.

SBB SR SVP

Amtliches Bulletin Absatz Aktiengesellschaft Artikel Bundesblatt Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999 (SR 101) beziehungsweise Geschäftsführer (Chief executif Officer) das heisst Schweizer Radio der deutschen und rätoromanischen Schweiz Operativer Gewinn von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation, and Amortization) Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössische Finanzverwaltung Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement folgende Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats Geschäftsprüfungskommission des Ständerats Millionen Nationalrat Neue Zürcher Zeitung Bundesgesetz vom 30.3.1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht; SR 220) Bundesgesetz über die Bundesversammlung vom 13.12.2002 (SR 171.10) Schweizerische Post-, Telefon- und Telegrafenbetriebe respektiv Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1997 (SR 172.010) Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25.11.1998 (SR 172.010.1) Ständerat Seite Schweizerische Bundesbahnen Systematische Sammlung des Bundesrechts Schweizerische Volkspartei 5179

SWX TDC TUG TV u.a.

UMTS UVEK vgl.

VoIP z.B.

5180

Schweizer Börse, Swiss Exchange Telekom Danmark Bundesgesetz über die Organisation der Telekommunikationsunternehmung des Bundes vom 30.4.1997 (SR 784.11) Television unter Anderem Universal Mobile Telecommunications System Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation vergleiche Voice-over-Internet-Protokoll zum Beispiel

Bericht 1

Einleitung

1.1

Anlass und Gegenstand der Untersuchung

Am 23. November 2005 hat der Bundesrat beschlossen, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um die vollständige Abgabe der Bundesbeteiligung an der Swisscom AG (in der Folge Swisscom) zu ermöglichen. Ebenso hat er Entscheide in Bezug auf die Auslandinvestitionen und die Ausschüttung freier Eigenmittel der Swisscom gefällt.

Die Kommunikation dieser Beschlüsse vom 23. November 2005 stiftete in der Öffentlichkeit grosse Verwirrung. In der Medienkonferenz vom 2. Dezember 2005 bedauerte der Bundespräsident im Namen des Bundesrats, dass die Umsetzung der an sich klar geregelten Information ungewollt zu Verwirrungen führte.

Vor diesem Hintergrund haben die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte anlässlich ihrer Sitzung vom 7. Dezember 2005 das Vorgehen des Bundesrats thematisiert und beschlossen, vom Bundesrat einen Bericht zum Thema Informationspolitik einzufordern. Neben der allgemeinen Frage der Organisation und Koordination des Informationsgeschehens in den Departementen verlangten die Geschäftsprüfungskommissionen Angaben über die Konzeption und Umsetzung der Kommunikation betreffend den Entscheid vom 23. November 2005. Sodann musste sich der Bundesrat zu den Lehren äussern, die er aufgrund der Informationsvorgänge zu den Entscheiden vom 23. November 2005 zieht.

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N) ortete nicht nur im Bereich der Kommunikation Probleme und beschloss deshalb an ihrer Sitzung vom 15. Dezember 2005 weitergehende Abklärungen. Geklärt werden sollten neben der Kommunikation auch die Faktenlage und die Chronologie der Ereignisse, der Entscheidbildungsprozess und rechtliche Fragen an der Schnittstelle von Aktienrecht und Telekommunikationsunternehmungsgesetz (TUG)1.

Der vorliegende Bericht beschreibt die Abläufe, wie es zu den Entscheiden des Bundesrats vom 23. November 2005 kam und bezieht auch die Vorbereitung und Entscheidgrundlagen mit ein. Die GPK-N äussert sich im Weiteren zur Einflussnahme des Bundesrats als Eigner auf die Swisscom sowohl in den vergangenen Jahren als auch bei den Entscheiden im November 2005. Ausserdem beurteilt sie die Kommunikation und Information durch den Bundesrat.

Es ist nicht Ziel dieses Berichts, die Entscheide des Bundesrats inhaltlich im Einzelnen zu beurteilen. Dies würde bedingen, dass die GPK-N eine detaillierte Analyse
der Entwicklungen in der Telekommunikationsbranche und der Akquisitionsobjekte von Swisscom vornimmt. Das ist nicht Aufgabe der parlamentarischen Oberaufsicht.

Der Fokus der Untersuchung liegt bei den Entscheidprozessen sowie der Art und Weise der Entscheide und Kommunikation. Der Bericht hat auch nicht zum Ziel, die vom Bundesrat vorgeschlagene weitergehende Privatisierung von Swisscom zu diskutieren. Diese Debatte findet ab Mai 2006 in den eidgenössischen Räten statt.

1

Bundesgesetz über die Organisation der Telekommunikationsunternehmung des Bundes vom 30.4.1997 (TUG; SR 784.11).

5181

1.2

Vorgehen

Für ihre Untersuchung setzte die GPK-N eine Ad-hoc-Subkommission «Swisscom» ein, in der alle Fraktionen einen Sitz hatten. Diese wurde von Nationalrat Christian Waber geleitet und bestand aus den Nationalrätinnen Edith Graf Litscher und Lucrezia Meier-Schatz sowie den Nationalräten Hugo Fasel und Kurt Wasserfallen. Die SVP-Fraktion verzichtete auf den Einsitz in die Ad-hoc-Subkommission.

Die Ad-hoc-Subkommission nahm ihre Arbeit am 16. Dezember 2005 auf und erstellte ein Konzept für die Durchführung der Untersuchung. Sie verlangte vom Bundesrat einen detaillierten Bericht zur Faktenlage und Chronologie der Ereignisse vor und nach dem 23. November 2005 sowie Angaben zum Entscheidbildungsprozess, welche auch Informationen zur bisherigen Strategie des Bundesrats in Bezug auf Auslandengagements der Swisscom zu enthalten hatten.

Die Ad-hoc-Subkommission arbeitete die beim Parlament bereits vorhandenen Unterlagen (Altakten) bei den Geschäftsprüfungskommissionen, den Finanzkommissionen, der Finanzdelegation sowie den Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen auf. Die systematische Analyse ging bis in die zweite Hälfte der neunziger Jahre zurück. Dieser «Fundus» an internen Unterlagen erlaubte es, sich ein vertieftes Bild über die Rolle des Bundes als Eigner der Swisscom während den vergangenen Jahren zu machen. Von besonderem Interesse waren die Berichte zur Erreichung der strategischen Ziele von Swisscom, welche der Bundesrat seit 2001 jährlich zuhanden der Geschäftsprüfungskommissionen und Finanzkommissionen erstellt hatte. Dazu kamen die Protokolle der jährlichen Aussprachen mit der Unternehmensleitung der Swisscom sowie den Vertretern des UVEK.

Besonders zu erwähnen ist, dass die Ad-hoc-Subkommission auf zentrale Dokumente zurückgreifen konnte, die vom Bundesrat und der Bundesverwaltung im Hinblick auf den Entscheid vom 23. November 2005 und die Folgeentscheide erstellt wurden, so auf sämtliche Beschlüsse des Bundesrats und Aussprachepapiere für den Bundesrat, auf den Mitbericht des EJPD, auf die Instruktion an den Staatsvertreter vom 24. November 2005 etc.

Die Ad-hoc-Subkommission führte gestützt auf die Auswertung der Unterlagen und Berichte Befragungen von folgenden Personen durch (in alphabetischer Reihenfolge, Funktion im Zeitpunkt des Entscheids des Bundesrats vom 23.11.2005): Jens Alder
(CEO der Swisscom), Bundesrat Christoph Blocher (Vorsteher des EJPD), Bundesrat Moritz Leuenberger (Vorsteher des UVEK), Bundesrat Hans-Rudolf Merz (Vorsteher des EFD), Markus Rauh (Präsident des Verwaltungsrats der Swisscom), Felix Rosenberg (Verwaltungsrat der Swisscom und Staatsvertreter des Bundes), Bundesrat Samuel Schmid (Bundespräsident), Peter Siegenthaler (Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung), Oswald Sigg (Bundesratssprecher) und Hans Werder (Generalsekretär des UVEK).

Die Ad-hoc-Subkommission trat insgesamt acht Mal zusammen. Am 10. März 2006 verabschiedete sie einen Berichtsentwurf, den sie dem Bundesrat zur Stellungnahme unterbreitete. Das Ziel der Stellungnahme in dieser Phase bestand wie üblich darin, Hinweise auf formelle Fehler und eine Beurteilung hinsichtlich der Veröffentlichung besonders schützenswerter Daten zu erhalten. Der Bundesrat nahm in diesem Rahmen am 17. März 2006 schriftlich Stellung.

5182

Die GPK-N hiess den vorliegenden Bericht an ihrer Sitzung vom 28. März 2006 gut und beschloss dessen Publikation.

1.3

Rechtlicher Rahmen der Untersuchung

Die Geschäftsprüfungskommissionen nehmen gestützt auf Artikel 169 der Bundesverfassung (BV)2 die Oberaufsicht über den Bundesrat und die Bundesverwaltung, die eidgenössischen Gerichte und die anderen Träger von Aufgaben des Bundes wahr. Sie legen den Schwerpunkt ihrer Prüftätigkeit auf die Kriterien der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit (Art. 52 Abs. 2 Parlamentsgesetz [ParlG]3).

Die Geschäftsprüfungskommissionen verfügen für die Wahrnehmung ihres Auftrags über besondere Informationsrechte (Art. 150 und Art. 153 ParlG). Sie haben insbesondere das Recht, alle Behörden, Dienststellen und übrigen Träger von Bundesaufgaben direkt zu befragen und können von diesen alle zweckdienlichen Auskünfte und Unterlagen verlangen. Sie können im Rahmen von Artikel 153 Absatz 2 ParlG auch von Personen und Amtsstellen ausserhalb der Bundesverwaltung Auskünfte und Unterlagen einholen.

Die Geschäftsprüfungskommissionen haben keinen Anspruch auf Informationen, die der unmittelbaren Entscheidfindung des Bundesratskollegiums dienen und die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste geheim zu halten sind (Art. 150 Abs. 2 ParlG). Falls die Informationsrechte zur Wahrnehmung der Oberaufsicht nicht ausreichen, können sie die Geschäftsprüfungsdelegation mit der Abklärung einer konkreten Frage beauftragen (Art. 153 Abs. 5 ParlG).

Die GPK-N stellt fest, dass die Informationsrechte für die Durchführung der vorliegenden Untersuchung ausreichten. Dies liegt vor allem daran, dass der Bundesrat die Faktenlage in seinem Bericht offen dargelegt hat und die Ad-hoc-Subkommission zu allen wesentlichen Unterlagen Zugang erhielt. Was die Entscheidfindung im Bundesratskollegium betrifft, konnte die Ad-hoc-Subkommission am 21. Februar 2006 ein offenes Gespräch mit den in Ziffer 1.2 erwähnten Bundesratsmitgliedern führen, ohne dass das Kollegialprinzip in Frage gestellt gewesen wäre. Hinzu kam die Tatsache, dass die Entscheide vom Bundesrat und einzelnen Mitgliedern in der Öffentlichkeit wiederholt erklärt und gewürdigt wurden. Viele Informationen waren somit bereits öffentlich zugänglich. Geholfen hat im Rahmen dieser Untersuchung ebenso der Umstand, dass die GPK-N seit 1999 die Geschäftsführung des Bundesrats in Bezug auf Swisscom eng begleitet und somit über zahlreiche Informationen verfügt. Diese
Vorinformationen sind insofern interessant, als sie die Entwicklungen vor den Entscheiden vom 23. November 2005 beschreiben. Aufgrund dieser Ausgangslage konnte die GPK-N von einem zusätzlichen Auftrag an die Geschäftsprüfungsdelegation absehen.

2 3

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999 (BV, SR 101).

Bundesgesetz über die Bundesversammlung vom 13.12.2002 (ParlG; SR 171.10).

5183

2

Chronologie der Ereignisse hinsichtlich der Entscheide vom 23. November 2005

2.1

Der Entscheid des Bundesrats vom 31. August 2005

Swisscom hat in den letzten Jahren zur Kompensation des absehbaren Rückgangs beim Inlandgeschäft ihre Bestrebungen für eine Expansion im Ausland intensiviert. Im Falle eines zweiten Übernahmeversuchs der Swisscom von Telekom Austria im Sommer 2005 hatten die Vorsteher des EFD und des UVEK beschlossen, das Geschäft an der ersten Sitzung nach den Sommerferien im Bundesrat zu behandeln. Die geplante strategische Weichenstellung der Swisscom hätte nach Auffassung des EFD und des UVEK das Risikoprofil der Bundesbeteiligung erheblich beeinflusst. Gemäss EFD und UVEK stellte sich für den Bund die grundsätzliche Frage, wie er die Zukunft seiner Mehrheitsbeteiligung an der Swisscom beurteilt. Nach weiteren Sondierungen hatte die Swisscom das Projekt im November 2005 sistiert. Die Vorsteher des EFD und des UVEK beschlossen jedoch bereits im August 2005, die Frage der Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der Swisscom im Bundesrat zu thematisieren.

Am 30. August 2005 legten die federführenden Departemente EFD und UVEK dem Bundesrat ein Aussprachepapier zur Zukunft der Mehrheitsbeteiligung der Swisscom vor. Das Aussprachepapier erinnerte u.a. an die im Jahr 2001 eingeleitete, aber damals wegen der politischen Lagebeurteilung sistierte Flexibilisierungsvorlage. Der damals ausgewiesene Handlungsbedarf stelle sich nach Ansicht von EFD und UVEK aber nach wie vor. Die beiden Departemente stellten dem Bundesrat deshalb die Frage, ob eine neue Privatisierungsdiskussion zu lancieren sei. Anlass zum Überdenken der Mehrheitsbeteiligung würden die Veränderungen des Telekommunikationsmarktes (z.B. bröckelnde Umsätze im Festnetzgeschäft, geringeres Wachstum in der Mobiltelefonie, Telefonieren über Internet) geben. Hinzu kam, dass der Verwaltungsrat und die Gruppenleitung der Swisscom ihre langjährige Ansicht bestätigten, dass zur nachhaltigen Entwicklung des Unternehmens Akquisitionen im Ausland notwendig seien. Diese Haltung stand in Übereinstimmung mit den strategischen Zielen des Bundesrats 2002 bis 2005, gemäss welchen der Bundesrat erwartete, dass die Swisscom zur langfristigen Steigerung des Unternehmenswerts Akquisitionen tätigt, die «führungsmässig gut betreut werden können und dem Risikoaspekt genügend Rechnung tragen».

Der Bundesrat beschloss am 31. August 2005, die Zukunft der Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der Swisscom vertieft zu prüfen und beauftragte die zuständigen Departemente, bis Ende Oktober Vorschläge zu erarbeiten.

2.2

Die Vorbereitung der Klausursitzung vom 23. November 2005

Das Geschäft «Weiteres Vorgehen Swisscom AG» wurde im UVEK und EFD vorbereitet. Die beiden Departemente legten Wert darauf, das Dossier aufgrund der Börsenrelevanz im engsten Kreis zu betreuen. Von Seiten UVEK und EFD waren neben dem Generalsekretär des UVEK und dem Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) je ein Fachverantwortlicher für die Erarbeitung des Aussprachepapiers verantwortlich. Das Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD) wurde ebenfalls einbezogen. Die übrigen Departe-

5184

mente waren nicht in die Vorbereitungsarbeiten involviert. Auf die Durchführung einer Ämterkonsultation wurde verzichtet.

Am 22. November 2005 haben EFD und UVEK das Aussprachepapier als so genanntes grünes Geschäft zugestellt. Grüne Geschäfte gelangen mit dem Vermerk «persönlich und vertraulich» an die sieben Departementsvorsteher, die Bundeskanzlerin, die Vizekanzlerin sowie den Vizekanzler.

Das Aussprachepapier von EFD und UVEK bezog sich ausschliesslich auf die Frage der Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der Swisscom. Das EFD sprach sich für die Lancierung einer Privatisierungsdiskussion aus, das UVEK für die Beibehaltung des Status Quo in dieser Legislaturperiode. Bei einem Entscheid zur Aufgabe der Mehrheitsbeteiligung sollte die Federführung für diese Arbeiten dem EFD übertragen werden.

Das EJPD verfasste zum Aussprachepapier einen Mitbericht im Umfang von wenig mehr als einer Seite. Der Departementsvorsteher unterzeichnete den Mitbericht in der Nacht vom 22. auf den 23. November 2005. Zur Verteilung wurde der Mitbericht am Mittwoch, 23. November 2005 nach 7 Uhr der Bundeskanzlei übermittelt, welche ihn um 8 Uhr gemäss Verteiler für grüne Geschäfte zustellte. An diesem Morgen traf der Bundesrat zu einer ordentlichen Sitzung zusammen, die von 9 Uhr bis 14.45 Uhr dauerte. Anschliessend an die Bundesratssitzung fand eine Pressekonferenz statt (zu folgenden Themen: Handlungsprogramm des Bundes für mehr Sicherheit im Strassenverkehr (Via Sicura), besserer Schutz vor extrem gefährlichen Straftätern und angemessener Patentschutz für Erfindungen in der Biotechnologie).

An dieser Medienkonferenz nahmen seitens des Bundesrats die Vorsteher des UVEK und des EJPD teil. Die Medienorientierung dauerte von 15 bis 16.15 Uhr.

Inhaltlich äusserte sich der Mitbericht des EJPD zum Zeitrahmen der Abgabe der Mehrheitsbeteiligung und verlangte, dass eine Vorlage zur Revision des TUG unverzüglich einzuleiten sei. Das EFD sei zu beauftragen, dem Bundesrat bis Ende 2005 eine Vernehmlassungsvorlage zu unterbreiten. Zusätzlich stellte das EJPD den Antrag, die Swisscom sei anzuweisen, die freien Eigenmittel für einen Aktienrückkauf bzw. die Ausschüttung von Dividenden einzusetzen. Dabei sei ein Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital von 60 zu 40 anzustreben. Schliesslich beantragte das EJPD, die Swisscom sei
anzuweisen, auf eine Investition bei einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung zu verzichten. Im Falle der Nichtbeachtung dieser Anweisung sei eine Verantwortlichkeitsklage gegen die Mitglieder von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung in Aussicht zu stellen.

Das Geschäft «Weiteres Vorgehen Swisscom AG» hat der Bundesrat am Nachmittag des 23. November 2005 an einer Klausursitzung behandelt. Diese dauerte von 17 bis 19 Uhr. Neben Swisscom hat der Bundesrat noch ein anderes Geschäft behandelt.

2.3

Die Entscheide des Bundesrats vom 23. November 2005

Der Bundesrat beschloss in der Klausursitzung vom 23. November 2005 Folgendes: «1. Es ist unverzüglich eine Vorlage zur Revision des Telekommunikationsunternehmungsgesetzes einzuleiten. Inhalt der Vorlage ist die Möglichkeit des vollständigen Rückzugs des Bundes aus seiner Beteiligung an der Swisscom.

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Das EFD wird beauftragt, dem Bundesrat bis Ende 2005 eine Vernehmlassungsvorlage zu unterbreiten, in welcher die Kompetenz für die Aufgabe der Bundesmehrheit an der Swisscom dem Bundesrat zugewiesen wird.

2.

Der Bundesrat weist in seiner Funktion als Mehrheitsaktionär die Swisscom an, auf eine Investition bei einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung zu verzichten. Im Falle der Nichtbeachtung dieser Anweisung ist eine Verantwortlichkeitsklage gegen die Mitglieder von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung in Aussicht zu stellen.

3.

Der Bundesrat weist in seiner Funktion als Mehrheitsaktionär die Swisscom an, die freien Eigenmittel für einen Aktienrückkauf bzw. die Ausschüttung von Dividenden einzusetzen. Dabei ist ein Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital von 60:40 anzustreben.»

Der Bundesrat beschloss, Ziffer 2 nicht in den Bundesratsbeschluss aufzunehmen, sondern nur im Sitzungsprotokoll aufzuführen.

2.4

Die Umsetzung der Bundesratsentscheide vom 23. November 2005

Unmittelbar nach der Klausursitzung vom 23. November 2005 führte der Vorsteher des EFD ein Telefongespräch mit dem Verwaltungsratspräsidenten von Swisscom und erläuterte ihm alle drei Beschlüsse des Bundesrats.

Am Donnerstagmorgen, 24. November 2005, führte der Verwaltungsrat der Swisscom um 8 Uhr eine Telefonkonferenz durch. Der Verwaltungsrat wollte für seine nächste Telefonkonferenz um 16 Uhr eine schriftliche Instruktion, um nachzuvollziehen, was der Hauptaktionär genau wollte. Der Präsident des Verwaltungsrats teilte diesen Wunsch dem Vorsteher des EFD um ca. 10 Uhr mit. Daraufhin orientierte der Vorsteher des EFD den Staatsvertreter telefonisch.

Instruktion des Staatsvertreters im Verwaltungsrat der Swisscom Am Nachmittag überreichte der Vorsteher des EFD dem Staatsvertreter zwei Versionen einer schriftlichen Instruktion. Beide Versionen waren bis auf den Passus der Androhung der Verantwortlichkeitsklage identisch und trugen nur die Unterschrift des Vorstehers des EFD. Der Vorsteher des UVEK unterschrieb später lediglich die Version ohne die Androhung der Verantwortlichkeitsklage. Die von den zwei Departementsvorstehern unterschriebene Instruktion entsprach somit in diesem Punkt nicht dem Bundesratsbeschluss. Die schriftliche Instruktion vom 24. November 2005 hatte folgenden Inhalt: «1. Sie [der Staatsvertreter] werden angewiesen, zum Zwecke der Wahrung der Interessen des Mehrheitsaktionärs vom Verwaltungsratspräsidenten die unverzügliche Einberufung einer Verwaltungsratssitzung zu verlangen.

Dabei ist Folgendes zu traktandieren: a. Beteiligung der Swisscom AG an einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung: Auf eine solche Beteiligung sei zu verzichten; b. Ausschüttung der freien Eigenmittel der Swisscom AG: Die freien Eigenmittel seien an die Eigenkapitalgeber auszuschütten.

5186

2.

Sie werden zudem angewiesen: a. bis auf Weiteres gegen eine Beteiligung der Swisscom AG an einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung ­ namentlich Eircom ­ zu stimmen und sich im Verwaltungsrat gegen eine solche Beteiligung einzusetzen; b. den Verwaltungsrat darüber zu informieren, dass eine solche Beteiligung zur Zeit nicht im Interesse des Mehrheitsaktionärs liegt; c. im Verwaltungsrat für eine Ausschüttung der freien Eigenmittel der Swisscom AG an die Eigenkapitalgeber zu stimmen und sich im Verwaltungsrat entsprechend einzusetzen.»

Konkretisierung des Bundesratsbeschlusses vom 23. November 2005 Auf Wunsch des Verwaltungsrats von Swisscom fand am 29. November 2005 eine Sitzung der Vorsteher des EFD und des UVEK mit einer Delegation des Verwaltungsrats statt. An diesem Treffen hat der Verwaltungsratspräsident über die Beschlüsse des Verwaltungsrats vom 27. November 2005 orientiert: ­

Der Verwaltungsrat ist nicht auf die Instruktion des Staatsvertreters eingetreten, da sie im Widerspruch zu den geltenden strategischen Zielen des Bundesrats für die Swisscom stehe, nicht ausreichend begründet sei und einen gravierenden Eingriff in seine Kompetenzen darstelle.

­

Der Verwaltungsrat erachtet eine Überarbeitung des Entwurfs der neuen strategischen Ziele 2006 bis 2009 als notwendig.

­

Bis zur Inkraftsetzung der strategischen Ziele 2006 bis 2009 wird der Verwaltungsrat keine Beteiligung der Swisscom an einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung ­ namentlich der Eircom ­ eingehen.

­

Im Hinblick auf eine definitive Beschlussfassung bezüglich der neuen strategischen Ziele erwartet der Verwaltungsrat vom Bundesrat als Sofortmassnahme eine vorläufige und verbindliche minimale Auslegung des Beschlusses vom 23. November 2005 betreffend Auslandstrategie.

Erst aus dieser Besprechung vom 29. November 2005 kristallisierte sich die Auslegung des Bundesratsbeschlusses auf den Bereich von Telekommunikationsunternehmungen mit Grundversorgungsauftrag heraus. Zu dieser Klärung hatte Swisscom massgebend beigetragen.

Die Vorsteher des EFD und des UVEK vertraten die Auffassung, dass der vom Verwaltungsratspräsidenten beschriebene Vorgehensvorschlag zweckmässig war; insbesondere der vorläufige Verzicht auf Beteiligungen der Swisscom an ausländischen Telekommunikationsunternehmungen mit Grundversorgungsauftrag wurde begrüsst. Desgleichen unterstützten sie die Anpassung der strategischen Ziele an den Beschluss des Bundesrats vom 23. November 2005.

Auf Antrag des EFD und des UVEK beschloss der Bundesrat am 2. Dezember 2005, dass 1.

folgende, vorläufige Minimalinterpretation betreffend Auslandstrategie konform ist mit dem Beschluss des Bundesrats vom 23. November 2005: «Gestützt auf das Telekommunikationsunternehmungsgesetz wird der Bundesrat per 2006 seine strategischen Ziele 2006 bis 2009 für die Swisscom neu formulieren. Darin wird eine Forderung aufgenommen, dass die Unter5187

nehmung im Ausland keine Beteiligung an Telekommunikationsunternehmen mit Grundversorgungsauftrag (Festnetz und/oder Mobilgeschäft) akquirieren darf.» Die Klammerbemerkung ist am 21. Dezember 2005 weggefallen.

2.

er für seine Sitzung vom 21. Dezember 2005 einen Antrag für die Anpassung der strategischen Ziele für die Swisscom 2006 bis 2009 erwartet.

Gestützt auf den Beschluss des Bundesrats vom 2. Dezember 2005 traf der Verwaltungsrat von Swisscom den am 5. Dezember 2005 kommunizierten Entscheid, auf weitere Bemühungen zur Übernahme von Eircom zu verzichten.

Die neuen strategischen Ziele des Bundes für seine Beteiligung an der Swisscom 2006 bis 2009 Der bereits bestehende Entwurf der strategischen Ziele wurde anschliessend an den Beschluss des Bundesrats vom 23. November 2005 bzw. 2. Dezember 2005 angepasst. In Gesprächen mit der Swisscom konnten einvernehmliche Lösungen gefunden werden.

Bezüglich Kooperationen und Beteiligungen erwartet der Bundesrat in seinen strategischen Zielen 2006 bis 2009, dass Swisscom «1. Beteiligungen nur eingeht, wenn sie langfristig zur Sicherung oder Steigerung des Unternehmenswertes beitragen, führungsmässig gut betreut werden können und dem Risikoaspekt genügend Rechnung tragen; 2.

keine Beteiligungen im Ausland an Telekommunikationsgesellschaften mit Grundversorgungsauftrag eingeht. Übrige Beteiligungen im Ausland sind hingegen möglich, wenn sie das Kerngeschäft im Inland unterstützen oder eine andere strategisch-industrielle Logik aufweisen;

3.

zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit Beteiligungen im Inland eingeht.»

Der Bundesrat hiess die strategischen Ziele 2006 bis 2009 am 21. Dezember 2005 gut.

Eröffnung der Vernehmlassung zur Abgabe der Bundesbeteiligung an der Swisscom Am 25. Januar 2006 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung. In einer verkürzten Vernehmlassungsfrist konnten sich die interessierten Kreise bis zum 6. März 2006 zur Abgabe der Bundesbeteiligung sowie zu möglichen flankierenden Massnahmen äussern. Der Bundesrat wird dem Parlament seine Botschaft am 5. April 2006 zuleiten.

3

Die Wahrnehmung der Eignerrolle durch den Bund

3.1

Der Steuerungsprozess des Eigners

Der Bund verfügt als Mehrheitsaktionär über folgende Instrumente zur Wahrung seiner Eignerinteressen: die stimmenmässige Beherrschung der Generalversammlung (inklusive Wahl und Abberufung des Verwaltungsrats), die strategischen Ziele des Bundesrats sowie die Einflussnahme auf den Staatsvertreter im Verwaltungsrat der Swisscom.

5188

Die Regelung der Eignerrolle basiert auf dem TUG. In der Praxis hat sich seit 1998 ein klarer Steuerungsprozess zwischen dem Bund und der Swisscom entwickelt. Der Steuerungsprozess verknüpft die drei Instrumente dergestalt, dass die Ziele gesetzt und ihre Erreichung überprüft werden sowie allenfalls Korrekturmassnahmen erfolgen können.

Der Bundesrat überprüft die Erreichung der strategischen Ziele der Swisscom in einem jährlichen, institutionalisierten Controlling-Prozess (strategisches Controlling). Der Verwaltungsrat der Swisscom erstattet darüber jeweils im 1. Quartal Bericht. Die Berichterstattung erfolgt nach einem systematischen Raster und umfasst Kennziffern.

­

In einer ersten Phase wird der Bericht zwischen den federführenden Departementen UVEK und EFD sowie dem Verwaltungsrat von Swisscom besprochen; dabei werden allfällige zusätzliche Informationsbedürfnisse abgedeckt.

­

Die beiden Departemente erstatten in einer zweiten Phase dem Bundesrat Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele.

­

In einer dritten Phase entscheidet der Bundesrat jeweils im Frühjahr über die Zielerreichung sowie über die Anträge des Verwaltungsrats an die Generalversammlung der Swisscom.

Bei Bedarf kann der Bundesrat anlässlich dieses strategischen Controllings auch über die Anpassung der strategischen Ziele beschliessen. Der Bericht des Bundesrats wird den Geschäftsprüfungs- und Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte zugestellt, damit diese im Rahmen ihrer Oberaufsicht beurteilen können, wie der Bundesrat seine Eignerrolle wahrnimmt.

Neben diesem jährlichen Prozess finden periodische Quartalsgespräche zwischen dem Verwaltungsrat der Swisscom und dem Bund statt. An diesen Gesprächen nehmen der Generalsekretär des UVEK und der Direktor der EFV (begleitet durch je einen Mitarbeiter) sowie der Verwaltungsratspräsident, der Staatsvertreter im Verwaltungsrat und der CEO von Swisscom sowie situativ weitere Vertreter der Swisscom teil. Die Vertreter des UVEK und der EFV orientieren die Vorsteher des UVEK sowie des EFD über wichtige Inhalte. Letztere führen bei Bedarf direkte Gespräche mit der Swisscom (in aller Regel mit dem Verwaltungsratspräsidenten). Zudem führen die Vertreter des Generalsekretariats des UVEK und der EFV mit dem Staatsvertreter vor jeder Verwaltungsratssitzung eine Besprechung durch.

Die regelmässig stattfindenden Gespräche des Bundes mit der Swisscom dienen der frühzeitigen Information über den Geschäftsgang und über wichtige Vorhaben.

Referenzpunkte der Gespräche sind die strategischen Ziele des Bundesrats.

Fazit: Zwischen dem Bund als Eigner und der Swisscom hat sich ein professioneller und transparenter Steuerungsprozess etabliert. Für die GPK-N ist es an dieser Stelle wichtig festzustellen, dass sich die Eignerinteressen im Rahmen dieses Steuerungsprozesses in einem ständigen Kontakt zwischen Bundesvertretern und Swisscom einbringen lassen. Die GPK-N konnte im Rahmen ihrer Oberaufsicht feststellen, dass das Verhältnis zwischen dem Bundesrat und der Swisscom in den vergangenen Jahren von gegenseitigem Vertrauen geprägt war. Nach Ansicht der GPK-N ist es vor dem 23. November 2005 jeweils gelungen, politische und unternehmerische Interessen ausgewogen einzubringen und sowohl die je eigenen Grenzen zu wahren

5189

als auch Verständnis für die allenfalls abweichenden Rahmenbedingungen und Beurteilungen der anderen Seite aufzubringen.

3.2

Die Praxis des Bundesrats betreffend seine Einflussnahme auf Swisscom im Allgemeinen

Der Bund als Eigner der Swisscom hat sich an die Kompetenzordnung gemäss TUG und Statuten der Swisscom zu halten. Grundsätzlich lassen sich in der bisherigen Praxis des Bundesrats zwei Fälle der direkten Einflussnahme unterscheiden: Geschäfte im Zuständigkeitsbereich der Generalversammlung Wenn ein Geschäft im Zuständigkeitsbereich der Generalversammlung liegt ­ z.B.

eine Änderung der Statuten ­ hat der Bund als Mehrheitsaktionär die Verantwortung, einen Entscheid zu treffen. In diesen Fällen überprüft der Bundesrat den Antrag des Verwaltungsrats umfassend, nötigenfalls unter Einholung einer externen «second opinion». Es wird ein formeller Bundesratsbeschluss gefasst, welcher dann als Instruktion für den Staatsvertreter an der Generalversammlung gilt. Beispiele für derartige Geschäfte waren die Beteiligung der Swisscom an der Versteigerung von UMTS-Lizenzen in Deutschland im Jahr 2000 wegen der damit verbundenen Kapitalerhöhung oder die geplante, aber gescheiterte Übernahme der Telekom Austria im Sommer 2004 wegen der notwendigen Statutenänderung.

Geschäfte im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsrats Grundsätzlich mischt sich der Bundesrat nicht in die Geschäfte ein, die gemäss Gesetz und Statuten dem Verwaltungsrat zustehen. Bei den wichtigen Geschäften im Kompetenzbereich des Verwaltungsrats lassen sich die zuständigen Departemente UVEK und EFD jedoch vorgängig über den Staatsvertreter umfassend orientieren.

Im Bedarfsfalle lassen sie sich alle relevanten Unterlagen geben oder führen besondere Besprechungen mit dem Management und einer Delegation des Verwaltungsrats durch. Sie können in diesen Gesprächen auch ihre Erwartungen, kritischen Fragen oder Bemerkungen einfliessen lassen.

Diese Orientierungen erfolgen vor dem Hintergrund der rechtlich vorgesehenen Instruktionsbefugnis des Bundesrats an den Staatsvertreter. Die Instruktionsbefugnis ist im Fall der Swisscom einzigartig und existiert bei anderen bundesnahen Unternehmen nicht. Wegen der damit verbundenen Haftung (Art. 762 Abs. 4 Obligationenrecht4) legte der Bundesrat eine sehr zurückhaltende Praxis fest und behielt sich eine formelle Instruktion an den Staatsvertreter in folgenden zwei Fällen vor: 1.

Bei Geschäften, die mit den strategischen Zielen im Widerspruch stehen oder in Widerspruch geraten können.

2.

Bei Geschäften, die eine grosse politische Tragweite haben, unabhängig von ihrer unternehmensstrategischen und finanziellen Bedeutung.

Zudem hat der Bundesrat mit der Swisscom im Oktober 2001 eine Regelung zur Sicherung der Bundesinteressen vereinbart. Die Regelung sieht vor, dass der Verwaltungsrat die wesentlichen Bestandteile der Swisscom nicht ohne Zustimmung des 4

Bundesgesetz vom 30.3.1911 betreffend die Ergänzung des Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht), OR, SR 220.

5190

Bundesrats verkaufen kann. Dazu gehören die Tochtergesellschaften Fixnet, Mobile, Solutions sowie Broadcast.

Fazit: Der Bundesrat hat den Staatsvertreter bis zum 23. November 2005 nie formell instruiert. Die GPK-N stellt sogar fest, dass die Entscheide des Verwaltungsrats immer in Übereinstimmung mit dem Hauptaktionär gefällt wurden, soweit der Bund seine Interessen überhaupt geltend machte.

3.3

Die Einflussnahme des Bundesrats auf die Auslandgeschäfte der Swisscom

Die GPK-N hat die Entwicklungen der Auslandengagements bis in die 90er Jahre (und somit bis vor der PTT-Reform im Jahre 1998) zurückverfolgt. Im Sinne der grösstmöglichen Konzentration auf den Untersuchungsgegenstand werden nachfolgend nur für den Zeitraum ab Geltung der strategischen Ziele 2002­2005 relevante Informationen präsentiert.

3.3.1

Die Vorgaben gemäss den strategischen Zielen 2002 bis 2005 sowie 2006 bis 2009

Der Bundesrat legt für vier Jahre die strategischen Ziele für die Swisscom fest (Art. 6 TUG). Diese enthalten auch Leitplanken für Kooperationen und Beteiligungen im Ausland. Bis zum heutigen Zeitpunkt hat der Bundesrat für die Perioden 1998 bis 2001, 2002 bis 2005 sowie 2006 bis 2009 strategische Ziele für die Swisscom verabschiedet.

Die Periode 2002 bis 2005 Bezüglich Kooperationen und Beteiligungen erwartete der Bundesrat in seinen strategischen Zielen 2002 bis 2005, dass die Swisscom «1. alles daran setzt, durch das gezielte Eingehen von strategischen Beteiligungen und Partnerschaften zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit in der Schweiz, den Unternehmenswert zu sichern und nachhaltig zu steigern; 2.

systematisch internationale Marktentwicklungen beobachtet, Opportunitäten identifiziert, bewertet und Beteiligungen auf Holding- und Gruppengesellschaftsebene nur tätigt, wenn sie langfristig zur Steigerung des Unternehmenswertes beitragen, führungsmässig gut betreut werden können und dem Risikoaspekt genügend Rechnung tragen.»

Angesichts der beschränkten Wachstumsaussichten auf dem Heimmarkt erwartete der Bundesrat, dass Swisscom gezielt Beteiligungen im In- und Ausland zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit in der Schweiz prüft.

Die Akquisitionstätigkeit der Swisscom im Zeitraum 2002 bis 2005 bestand in der Bereinigung des Portfolios (Verkauf von Debitel 2004, welche 1999 akquiriert wurde) und in der Fokussierung auf den Heimmarkt bei gleichzeitig aktiver Prüfung von Beteiligungsmöglichkeiten im Ausland. Letztere betraf nachhaltige Telekommunikationsunternehmungen mit Fokus auf ehemalige staatliche Monopolanbieter (so genannte Incumbents). Unter Anwendung strenger Akquisitionskriterien analysierte und beurteilte Swisscom seit 2001 zahlreiche ausländische Übernahmekandi5191

daten. Mit Ausnahme der Akquisition von Antenna Hungaria im Jahr 2005 sowie der Gründung von Swisscom Eurospot im Jahr 2003 wurden jedoch keine grösseren Auslandengagements eingegangen ­ in der grossen Mehrzahl der Fälle, weil die strengen Akquisitionskriterien von Swisscom nicht erfüllt waren. Bis zur Entscheidreife gelangten die Übernahmeversuche von Telekom Austria im August 2004, von Cesky Telecom im März 2005, von Telekom Austria im Sommer 2005 sowie von Eircom im November 2005.

Die Periode 2006 bis 2009 Bezüglich Kooperationen und Beteiligungen erwartet der Bundesrat in seinen strategischen Zielen 2006 bis 2009, dass Swisscom «1. Beteiligungen nur eingeht, wenn sie langfristig zur Sicherung oder Steigerung des Unternehmenswertes beitragen, führungsmässig gut betreut werden können und dem Risikoaspekt genügend Rechnung tragen; 2.

keine Beteiligungen im Ausland an Telekommunikationsgesellschaften mit Grundversorgungsauftrag eingeht. Übrige Beteiligungen im Ausland sind hingegen möglich, wenn sie das Kerngeschäft im Inland unterstützen oder eine andere strategisch-industrielle Logik aufweisen;

3.

zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit Beteiligungen im Inland eingeht.»

Der Entwurf der strategischen Ziele 2006 bis 2009, welcher vom Generalsekretariat des UVEK, der EFV und Swisscom erarbeitet und am 5. Oktober 2005 den Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen zur Konsultation vorgelegt wurde, stützte sich auf die Zielvorgaben der Vorperiode. Er sah vor, dass Swisscom Unternehmen im Ausland übernehmen konnte, wenn diese langfristig zur Sicherung oder Steigerung des Unternehmenswertes beitragen, führungsmässig gut betreut werden können und dem Risikoaspekt genügend Rechnung tragen. Weitere Einschränkungen, wie etwa ein Verbot der Beteiligung an ausländischen Telekommunikationsgesellschaften mit Grundversorgungsauftrag, sah der Entwurf nicht vor.

Fazit: Die GPK-N hält an dieser Stelle fest, dass die Vorgaben des Bundesrats der Jahre 2002 bis 2005 für Auslandakquisitionen der Swisscom streng und restriktiv formuliert waren.

3.3.2

Der Controlling-Prozess des Bundes bei grösseren Auslandvorhaben von Swisscom

Angesichts des zunehmend aktiveren Vorgehens von Swisscom und entsprechender Übernahmeversuche hat sich auf Stufe des UVEK und des EFD seit 2004 ein Controlling-Prozess etabliert, um die Konformität der im Kompetenzbereich des Verwaltungsrats liegenden Auslandvorhaben mit den strategischen Zielen zu beurteilen.

Der Hintergrund dafür ist die Möglichkeit einer Instruktion des Bundesrats an den Staatsvertreter, falls auf Seiten des Bundes ernsthafte Bedenken bestehen mit Bezug auf die Frage, ob ein Geschäft mit den strategischen Zielen konform ist (vgl. Ziff. 3.2).

In den regelmässigen Kontakten zwischen der Swisscom und den Verantwortlichen im Generalsekretariat des UVEK und der EFV kamen jeweils auch die Wachstumsoptionen der Swisscom im Ausland zur Sprache. Bei jeder grösseren Auslandinvesti5192

tion wurde der Verwaltungsrat aufgefordert, der EFV und dem Generalsekretariat des UVEK eine schriftliche Stellungnahme zukommen zu lassen, in welcher dargelegt wird, inwieweit die geplante Übernahme mit den strategischen Zielen des Bundesrats für die Swisscom übereinstimmt (so genannte Konformitätserklärung).

Anschliessend überprüften die EFV und das Generalssekretariat des UVEK diese Stellungnahme, nahmen eine generelle Beurteilung der geplanten Auslandinvestition vor und liessen den Vorstehern des EFD und des UVEK eine zusammenfassende Notiz inklusive einer Schlussfolgerung zur allfälligen Instruktion des Staatsvertreters zukommen. Die beiden Departementsvorsteher hatten danach zu entscheiden, ob das Geschäft im Gesamtbundesrat zu behandeln ist und ob eine Instruktion des Staatsvertreters erfolgen soll.

Wegen der hohen Vertraulichkeit und Börsenrelevanz der entsprechenden Informationen waren in diesem Controlling-Prozess neben den Vorstehern des EFD und des UVEK nur je zwei Mitarbeitende der EFV und des Generalsekretariats des UVEK involviert. Nach Auffassung der GPK-N stösst das so aufgebaute Controlling an die Grenzen des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Aktionäre. Sowohl Swisscom als auch UVEK und EFD haben jedoch versichert, dass sich in der Praxis keinerlei Probleme ergaben.

3.3.3

Die Ergebnisse des Controlling-Prozesses bei konkreten Fällen

Beim Übernahmeversuch im Frühjahr 2005 von Cesky Telecom, des ehemaligen staatlichen Monopolisten und Marktführers in der Tschechischen Republik, hatten die Vorsteher des EFD und des UVEK gestützt auf die zusammenfassende Notiz der EFV und des Generalsekretariats des UVEK beschlossen, keinen Antrag an den Bundesrat zu stellen sowie den Staatsvertreter nicht zu instruieren. Swisscom beteiligte sich anschliessend am Auktionsprozess für die Übernahme von Cesky Telecom, wurde jedoch von der spanischen Telefonica überboten.

Im Falle des zweiten Beteiligungsversuchs der Swisscom an der österreichischen Telekom Austria im Sommer 2005 hatten die Vorsteher des EFD und des UVEK gestützt auf die Notiz der EFV und des Generalsekretariats des UVEK Ende Juni beschlossen, das Geschäft an der ersten Sitzung nach den Sommerferien im Bundesrat zu behandeln. Aufgrund der politischen Dimension des Projekts erachtete der Verwaltungsrat von Swisscom eine mit dem Mehrheitsaktionär abgestimmte Haltung als zwingend. Der Verwaltungsrat hätte einer Übernahme von Telekom Austria nur zugestimmt, falls der Bundesrat das Vorhaben unterstützt. Swisscom musste anfangs August 2005 die Lage neu beurteilen, nachdem feststand, dass die Regierung von Österreich keine Kooperationsbereitschaft zeigte. Der Verwaltungsrat beschloss, als Variante ein Zusammengehen mit einem Konsortium zu prüfen. Es erfolgte deshalb kein Antrag an den Bundesrat zur Frage einer Instruktion zuhanden des Staatsvertreters. Als sich im November 2005 zeigte, dass auch der Weg über ein Konsortium nicht zielführend war, sistierte Swisscom das Projekt. Die Vorsteher des EFD und des UVEK beschlossen jedoch bereits im August 2005, die allgemeine Frage der Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der Swisscom dem Bundesrat vorzulegen, was mit dem Aussprachepapier vom 30. August 2005 geschah.

5193

Im Falle des Übernahmeversuchs von der im Jahre 1999 privatisierten irländischen Telekommunikationsunternehmung Eircom im Herbst 2005 war der ControllingProzess bereits in Gang. Der Verwaltungsrat hat mit Schreiben vom 24. November 2005 seine Einschätzung über die Erfüllung der strategischen Ziele durch das Projekt Eircom dargelegt. Aufgrund des Entscheids vom 23. November 2005 wurde auf weitere Analysen im Rahmen des Controlling-Prozesses verzichtet. Auch stellte der Verwaltungsrat seine Bemühungen um die Übernahme von Eircom ein.

Mit der Übernahme von Antenna Hungaria bzw. der Gründung von Swisscom Eurospot hatte sich der Bund nicht näher befasst, da beide Projekte aufgrund ihrer finanziellen Dimension nur von relativ geringer Bedeutung waren und keine politischen Probleme stellten.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der geplante Zusammenschluss mit der Telekom Austria im August 2004 einen Beschluss der Generalversammlung von Swisscom erfordert hätte. Er fiel deshalb nicht in den seit 2004 etablierten Controlling-Prozess. Verwaltungsintern wurde gemäss dem in Ziffer 3.2 umschriebenen Vorgehen für eine umfassende Prüfung ein entsprechender Antrag für den Bundesrat vorbereitet. Der Bundesrat hat vor den Sommerferien 2004 informell (nicht im Rahmen eines Traktandums) über das Geschäft gesprochen. Da die Verhandlungen zwischen der Swisscom und Telekom Austria vorgängig scheiterten, wurde das Geschäft im Bundesrat nicht traktandiert.

Fazit: Die GPK-N stellt fest, dass der seit 2004 etablierte und formalisierte Controlling-Prozess hinsichtlich bedeutender Auslandgeschäfte der Swisscom gut funktionierte und in keinem der geprüften Fälle formell bis auf Stufe Bundesrat gelangte, auch nicht im Fall Eircom. Ebensowenig hat der Bundesrat die politisch umstrittene Beteiligung an Telekom Austria im Jahr 2004 formell besprochen. Die informellen und persönlichen Gespräche auf Ebene Bundesrat sind vor dem 23. November 2005 nicht in die Entscheidfindung des Bundesrats eingeflossen.

4

Feststellungen und Beurteilungen der GPK-N zum Entscheidprozess und zu den Entscheiden des Bundesrats vom 23. November 2005

4.1

Unzureichende Vorbereitung der Entscheide betreffend Auslandinvestitionen und Ausschüttung freier Mittel der Swisscom

Die zuständigen Departemente UVEK und EFD haben die Bundesratssitzung vom 23. November 2005 lediglich hinsichtlich der Frage der Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der Swisscom vorbereitet. Sämtliche Hintergrundinformationen, Analysen und Entscheidvarianten waren auf die Frage ausgerichtet, ob, wann und wie der Bundesrat eine neue Vorlage zur Flexibilisierung der Bundesmehrheit an der Swisscom lancieren will. Die GPK-N beurteilt die Vorbereitungen der zuständigen Departemente UVEK und EFD in diesem Punkt als seriös. Nicht seriös war, dass der Bundesrat dem Antrag des EJPD gefolgt ist und im Sinne einer Beschleunigung der Privatisierungsvorlage einen Vernehmlassungsentwurf bereits auf Ende 2005 beschlossen hat. Eine solche Vorlage konnte in der kurzen Zeit erwiesenermassen nicht ausgearbeitet werden. In den nachfolgenden Ausführungen dieses Berichts

5194

wird nicht mehr spezifisch auf die Beurteilung des Entscheids in Sachen Mehrheitsbeteiligung des Bundes eingegangen.

Keinerlei Vorbereitungen seitens der zuständigen Departemente UVEK und EFD gab es hinsichtlich der vom Bundesrat beschlossenen Anweisung an die Swisscom, auf Investitionen bei einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung zu verzichten und die freien Mittel für einen Aktienrückkauf bzw. die Ausschüttung von Dividenden einzusetzen. Der Anstoss und Inhalt zu diesen Entscheiden stammt aus dem Mitbericht des EJPD.

Das EFD und UVEK stellten ihr Aussprachepapier aufgrund der Börsenrelevanz des Dossiers erst am 22. November 2005 gemäss dem Verteiler für grüne Geschäfte (vgl. Ziff. 2.2) zu. Der ebenfalls kurzfristig erarbeitete Mitbericht des EJPD wurde zugestellt, als die Bundesräte sich bereits zur ordentlichen Bundesratssitzung begaben. Diese kurzfristige Vorbereitung und das Tagesgeschäft der Bundesräte führten dazu, dass zumindest ein Bundesrat vom Mitbericht des EJPD erst in der Klausursitzung Kenntnis nahm. Hinzu kam, dass die Fachverantwortlichen des zuständigen UVEK und EFD den vertraulichen und an die Bundesräte persönlich adressierten Mitbericht erst im Laufe des Nachmittags des 23. November 2005 erhielten und keine Gelegenheit hatten, sich mit ihren Bundesräten über die neuen Anträge des EJPD vertieft auszusprechen. Während es in einem Fall zeitlich ausreichte, den Vorsteher darauf aufmerksam zu machen, dass das Geschäft betreffend Auslandverbot und Ausschüttungspflicht so nicht optimal vorbereitet sei und man auf die nächste Sitzung eine Entscheidgrundlage vorbereiten sollte, war im anderen Fall ein Kontakt der Fachverantwortlichen mit dem Departementsvorsteher aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich.

In seiner Stellungnahme vom 17. März 2006 zum Berichtsentwurf (vgl. Ziff. 1.2) machte der Bundesrat geltend, dass er sich bereits vor dem 23. November 2005 acht Mal in anderthalb Jahren mit der Frage der Bundesbeteiligung an Swisscom und ihren Auslandinvestitionen befasst hat. Die GPK-N stellt sowohl die Anzahl dieser Besprechungen als auch deren Bedeutung im Sinne einer Vorbereitung des Entscheids vom 23. November 2005 in Frage. In den Aussprachen vom 21. Februar 2006 bewegten sich die zahlenmässigen Angaben der Bundesräte zwischen vier und elf informellen Gesprächen. Die
GPK-N stellt fest, dass es keine schriftlichen Unterlagen zu diesen Gesprächen gibt. Tatsache ist auch, dass solche informellen und teilweise bilateralen Gespräche zwischen Bundesräten nicht in die Vorbereitung der Entscheide zu den Auslandinvestitionen und zu der Ausschüttung der freien Mittel einflossen. Wie bereits dargelegt war die Vorbereitung lediglich auf die Frage der Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der Swisscom fokussiert.

4.2

Unzureichende Entscheidgrundlagen

Eng mit der Frage der Vorbereitung hängt die Frage der Entscheidgrundlagen zusammen.

Die qualitativ guten Aussprachepapiere des UVEK und des EFD waren ganz auf die Frage der Zukunft der Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der Swisscom ausgerichtet. Die Frage des Verzichts der Swisscom auf eine Beteiligung an einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung, die Androhung der Verantwortlichkeitsklage für den Fall der Nichtbeachtung der Anweisung des Bundesrats sowie die 5195

Anweisung zur Ausschüttung der freien Mittel hat der Vorsteher des EJPD in einem kurzen Mitbericht in Form von Anträgen mit einer äusserst kurzen Begründung eingebracht. Die Begründung ging nicht über die in den Aussprachepapieren beinhalteten Informationen und Bewertungen hinaus.

Der Mitbericht des EJPD stellt die einzige schriftliche Grundlage für die weitreichenden Entscheide des Bundesrats in Sachen Auslandengagements und Ausschüttungspolitik der Swisscom dar. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass für Aussenstehende (nicht Bundesratsmitglieder) die entsprechenden zwei Entscheide des Bundesrats überraschend kamen. Das Überraschungsmoment dürfte teilweise selbst Bundesratsmitglieder getroffen haben5. Das Mitberichtsverfahren erlaubt durchaus, dass Mitberichte und Anträge bis zu Beginn oder sogar während einer Bundesratssitzung eingereicht werden können. Es ist am Bundesrat zu bewerten, inwieweit dieses Verfahren übereilte Beschlüsse nach sich ziehen oder provozieren kann.

Was die Beurteilung der Strategiekonformität der Akquisition von Eircom angeht, verfügte der Bundesrat im Zeitpunkt seines Entscheids über keine spezifischen Grundlagen. Im Bundesrat lag teilweise seit Sommer 2004 eine skeptische Einschätzung zur Auslandstrategie der Swisscom vor. Im Fall der Eircom dürfte diese Skepsis durch die vorwiegend negativen Beurteilungen und teilweise auf Gerüchten basierenden Informationen in der Presse vom Oktober/November 2005 zu den Akquisitionsplänen der Swisscom betreffend Eircom und weiterer diskutierter Übernahmekandidaten zusätzlich genährt worden sein. Der Bundesrat verfügte aber insbesondere nicht über das Ergebnis des gleichzeitig laufenden ControllingProzesses. Die Konformitätserklärung der Swisscom war am 23. November 2005 noch ausstehend und eine vertiefte Beurteilung des Geschäfts durch das EFD und UVEK hatte noch nicht stattgefunden.

Für die GPK-N ist nicht nachvollziehbar, wie der Bundesrat trotz der fehlenden Entscheidgrundlagen am 23. November 2005 so weitreichende Entscheide betreffend Auslandengagements der Swisscom fällen konnte. Die Anhörungen der GPK-N haben ergeben, dass es auch darum ging, zu einem seit längerer Zeit kontrovers diskutierten Thema einen politischen Entscheid zu fällen, der auch für das Unternehmen Klarheit schaffen sollte.

Die Tatsache, dass der Bundesrat
eine politische Beurteilung vorgenommen und einen politischen Entscheid getroffen hat, entbindet ihn allerdings nicht davon, diesen professionell vorzubereiten, inhaltlich klar zu fassen, sich beim Entscheidprozess an die vorgegebenen Rahmenbedingungen zu halten, den adäquaten Zeitpunkt und Ton zu wählen, kohärent zu handeln, die Auswirkungen des Entscheids zu bedenken und die Kommunikation konsequent und einheitlich durchzuführen. In den folgenden Kapiteln dieses Berichts legt die GPK-N dar, dass der Bundesrat diese Anforderungen nicht erfüllt hat.

5

Vgl. Ausführungen des Vorstehers des EFD in der «NZZ am Sonntag» vom 27.11.2005: «Als ich in die Klausursitzung ging, wusste ich noch nicht, dass das so herauskommen würde».

5196

4.3

Unklarer Inhalt der Entscheide betreffend Auslandengagements und Ausschüttung freier Mittel

Mit seinem Entscheid vom 23. November 2005 hat der Bundesrat die Swisscom angewiesen, «auf eine Investition bei einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung zu verzichten». Diese generelle und absolute Formulierung wurde auch in die Instruktion am 24. November 2005 an den Staatsvertreter übernommen.

Zusätzlich enthielt die Instruktion die Anweisung, bis auf Weiteres gegen eine Beteiligung ­ namentlich an Eircom ­ zu stimmen. Erst am 2. Dezember 2005 präzisierte der Bundesrat, dass er (nur) Beteiligungen von Swisscom an ausländischen Unternehmen mit Grundversorgungsauftrag ausschliessen wolle. Dem Bundesratsbeschluss lässt sich wörtlich entnehmen, dass dieser Entscheid eine Minimalinterpretation seines eigenen Entscheids vom 23. November 2005 war. Es war die Swisscom, welche auf eine solche Minimalinterpretation beharrte. Die Begrifflichkeit der Einschränkung des generellen Auslandverbots auf Unternehmen mit Grundversorgungsauftrag entstand aus einer Besprechung zwischen Vertretern der Swisscom und des UVEK sowie des EFD am 29. November 2005. Die Vertreter der Swisscom haben massgebend zu dieser Klärung beigetragen. Die am 2. Dezember 2005 vom Bundesrat beschlossene Minimalinterpretation konkretisierte er mit seinem Entscheid vom 21. Dezember 2005 erneut und erliess sie in der Form geänderter strategischer Ziele.

Die GPK-N stellt fest, dass nicht nur die Kommunikation zum Entscheid vom 23. November 2005 betreffend Auslandengagements unklar war, sondern auch der Entscheid an sich, und dies in hohem Masse: Interpretationsbedarf orteten nicht nur die Vertreter der Swisscom und die Informationsbeauftragten der Departemente und der Bundeskanzlei. Auch der Bundesrat selbst war sich über den Inhalt seines Entscheids nicht einig. Dies zeigen neben der Untersuchung der GPK-N auch die öffentlich zugänglichen Erklärungen der Bundesräte nach dem 25. November 2005 (vgl. Ziff. 5.1).

Auch die Anweisung des Bundesrats hinsichtlich der Ausschüttung der freien Mittel war klärungsbedürftig. Das vom Bundesrat beschlossene Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital von 60 zu 40 hätte die Swisscom zum Schrumpfen verurteilt.

Es war ebenfalls der Mitbericht des EJPD, der dieses Verhältnis vorgab. Die Bilanz der Swisscom, deren Fremdkapitalanteil bereits 50 % betrug, obwohl Swisscom keine eigentlichen Finanzschulden
hat, wurde offenbar nicht konsultiert. Auch dieser Entscheid des Bundesrats konnte nicht umgesetzt und musste in der Folge vertieft abgeklärt werden. Am 21. Dezember 2005 korrigierte der Bundesrat diesen Entscheid und begrenzte die Nettoverschuldung auf höchstens das Anderthalbfache des EBITDA (operativer Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibung und Amortisation) gemäss konsolidierter Rechnung.

Nach Ansicht der GPK-N führten verschiedene Umstände zu dem in hohem Masse unklaren Entscheid des Bundesrats, der in der Folge nicht wie beschlossen umgesetzt werden konnte. Neben den in Ziffer 4.1 und 4.2 erwähnten Faktoren ist die GPK-N aufgrund ihrer Untersuchung zur Überzeugung gelangt, dass die Beurteilung des Bundesrats hinsichtlich der Beweggründe und Tragweite der Entscheide alles andere als homogen war.

5197

4.4

Unklare und nicht homogene Entscheidmotive

4.4.1

Die Geltendmachung von politischen und finanziellen (unternehmerischen) Risiken

Die GPK-N stellt fest, dass die Begründungen der Entscheide des Bundesrats zum Auslandverbot und zur Ausschüttung der freien Mittel der Swisscom keineswegs homogen waren.

Den offiziellen Verlautbarungen in den Medienmitteilungen des Bundesrats lässt sich diesbezüglich wenig abgewinnen. Die Mitteilung vom 24. November 2005 begründete ausschliesslich seine Motive für die Abgabe der Mehrheitsbeteiligung, weil auch nur diese erwähnt war. Stichworte waren: Verbesserung der Allianzfähigkeit der Swisscom und somit des strategischen Handlungsspielraums, Abgabe der unternehmerischen Risiken für den Bund, Verminderung des finanziellen Klumpenrisikos, Beseitigung der Doppelrolle der Schweizerischen Eidgenossenschaft als Eigentümerin und als gesetzgebende Instanz im Telekomsektor.

Die Medienmitteilung vom 2. Dezember 2005 lieferte keinerlei spezifische Begründung der Vorgaben zur Ausschüttungspolitik und zu den Auslandinvestitionen. Und die Mitteilung vom 21. Dezember 2005 begnügte sich mit dem Hinweis, dass der Bundesrat als Hauptaktionär keine politischen und wirtschaftlichen Risiken mehr tragen wolle, welche mit der Übernahme von Telekommunikationsunternehmungen mit Grundversorgungsauftrag verbunden seien.

Auf die allgemeine Umschreibung der «politischen und finanziellen Risiken» wies der Bundesrat auch in seinen Antworten zu den Dringlichen Interpellationen hin, welche in der Wintersession 2005 im National- und Ständerat traktandiert waren. Sie wurden vom Vorsteher des EFD am 13. Dezember 2005 im Ständerat sowie am 14. Dezember 2005 im Nationalrat6 näher ausgeführt.

Wie oben dargelegt artikulierte der Bundesrat seine politischen Bedenken gegenüber der Swisscom erstmals anlässlich des Übernahmeversuchs von Telekom Austria im Jahr 2004. Die Bedenken bestanden damals darin, dass sozialpartnerschaftliche Probleme auftauchen könnten, wenn die Swisscom bei Telekom Austria in Österreich restrukturieren und Arbeitsplätze abbauen würde. So könnte der Bund in einen Arbeitskonflikt in Österreich verstrickt werden und es bestünde das Risiko zwischenstaatlicher Spannungen. Gemäss den Ausführungen des Vorstehers des EFD am 14. Dezember 2005 im Nationalrat hängen diese Risiken auch damit zusammen, dass ausländische Gesetzgebungen zum Tragen kommen und dass im Ausland Grundversorgungsleistungen erbracht werden müssen.
Über die genaueren Inhalte der finanziellen Risikobeurteilung des Bundesrats lässt sich vorwiegend im Nachgang zum Entscheid vom 23. November 2005 in den Medien lesen und auch dort nur in Voten einzelner Bundesräte. Diese finanzielle Risikobeurteilung geht von der Feststellung von Sättigungstendenzen bzw. Umbrüchen im Telekommunikationsmarkt über eine skeptische Betrachtung des Abwärtstrends der Swisscom-Aktie im Jahr 2005 bis zu Zweifeln am Wert der Eircom-Aktie und an der Wertschöpfung einer Beteiligung der Swisscom an diesem Unternehmen.

In der Öffentlichkeit erläutert haben einzelne Bundesräte zudem die Angst, dass die grosszügig angehäuften Eigenmittel der Swisscom ins Ausland abfliessen, und zwar in Form von riskanten Beteiligungen. Für den Bund bestehe aufgrund seiner Mehr6

AB 2005 S 1115 ff.; 2005 N 1879 ff.

5198

heitsbeteiligung und dem entsprechenden Marktwert von 17 Milliarden Franken somit ein finanzielles Klumpenrisiko. Mit dem Hinweis auf Debitel hiess es auf einmal, dass der Bund keine unternehmerischen Risiken tragen solle. Nachlesen lässt sich in Interviews einzelner Bundesräte von Ende letzten Jahres sodann die Beurteilung, dass die Strategie der Swisscom, ein Unternehmen zu übernehmen, welches im Heimmarkt ebenfalls nicht mehr wachsen könne, nicht aufgehe.

Fazit: Die GPK-N kann die Entscheide des Bundesrats vom 23. November 2005 hinsichtlich ihrer Beweggründe und Einordnung nicht restlos klären. Sie hat aufgrund der öffentlich zugänglichen Erklärungen einzelner Bundesräte und der Untersuchung ein sehr inhomogenes Bild erhalten. Tendenziell lässt sich eine Gewichtsverschiebung in Richtung finanzieller Risikobeurteilung feststellen. Aussagen aus dem Kreis des Bundesrats wie «Der Bundesrat hat als Unternehmer entscheiden müssen; es ging doch nicht um politische, sondern um ganz riesige finanzielle Risiken», bestätigen dies.

Die finanzielle Risikoeinschätzung des Bundesrats ist aber keineswegs nur auf die Telekommunikationsbranche im Allgemeinen oder Swisscom im Besonderen ausgerichtet. Massgebend getragen wird sie von den finanziellen Eigeninteressen der Bundeskasse, welche sehr grosses Gewicht erhalten haben. Mit dem angestrebten Verkauf der Bundesbeteiligung an Swisscom scheint der Bundesrat nicht mehr vorab die längerfristige finanzielle Entwicklung des Unternehmens vor Augen gehabt zu haben, sondern sich primär für die finanziellen Interessen der Bundeskasse einsetzen zu wollen.

4.4.2

Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen dem Entscheid zur Mehrheitsbeteiligung und jenem zum Auslandverbot

Bereits in der Wintersession 2005 hat der Vorsteher des EFD im Ständerat und Nationalrat den Entscheid betreffend Mehrheitsbeteiligung des Bundes als Dachentscheid dargelegt.

Im Rahmen der Untersuchung der GPK-N haben die Bundesräte ebenfalls auf einen Zusammenhang der einzelnen Entscheide hingewiesen. Dieser Zusammenhang ist allerdings aus den Abklärungen der GPK-N nicht als homogene Feststellung hervorgegangen.

Eine Argumentationslinie besteht darin, die Privatisierung als Folge einer von der unternehmerischen Beurteilung abweichenden politischen Einschätzung zu sehen.

Hat die Strategie der Swisscom, die wachsen muss und Wachstum im Ausland sucht, politische oder finanzielle Konsequenzen für den Eigner Bund, so muss dieser die Mehrheitsbeteiligung abgeben. Diese Sichtweise impliziert kein Auslandverbot und keine Strategieänderung hinsichtlich der Auslandengagements.

Eine andere Argumentation setzt aufgrund der politischen und finanziellen Risiken der Auslandstrategie primär bei den Entscheiden des Auslandverbots und der Ausschüttungspolitik an und sieht als logische Folge dieser Entscheide die Abgabe der Mehrheitsbeteiligung des Bundes.

Beide Argumentationslinien sind in ihren Voraussetzungen, ihren Abläufen und ihrer Logik grundlegend verschieden. Beiden gemeinsam sind allerdings eine politische Risikoeinschätzung und das Ziel, die Swisscom letzten Endes von den poli5199

tischen Fesseln zu befreien. Die GPK-N stellt allerdings fest, dass die Vorbereitungen und Entscheidgrundlagen lediglich die erste geschilderte Sichtweise einbezogen haben.

Eine dritte Argumentationslinie sieht das Verbot von Auslandbeteiligungen als Voraussetzung, um dem Parlament seinen Handlungsspielraum für den Entscheid in Sachen Privatisierung offen zu halten und diesen nicht zu präjudizieren.

Die zuletzt geschilderte Begründung des Zusammenhangs der Entscheide kann die GPK-N nicht nachvollziehen. Die GPK-N erinnert daran, dass es dem damaligen Bundesrat im Jahr 2001 gelungen ist, eine Privatisierungsdiskussion zu lancieren und sogar eine Vernehmlassung zu Ende zu führen, ohne dass die damalige Auslandstrategie der Swisscom seitens des Eigners Bund in Frage gestellt wurde.

Die GPK-N kann dieser Konstruktion eines Zusammenhangs auch deshalb nicht viel abgewinnen, weil sie überzeugt ist, dass diese Frage in die ansonsten gute Vorbereitung der beiden Departemente UVEK und EFD eingeflossen wäre. Der Bundesrat hatte bereits die Möglichkeit, diesen Zusammenhang an seiner Sitzung vom 31. August 2005 einzubringen und vorbereiten zu lassen. Das Aussprachepapier vom 30. August 2005 gab schon die Stossrichtung vor und stellte eine Auslegeordnung hinsichtlich der Frage der Mehrheitsbeteiligung des Bundes dar. Die möglichen Folgen einer Privatisierungsdiskussion auf die Auslandstrategie und auf konkrete Auslandengagements hätte der Bundesrat somit frühzeitig vorbereiten können. Der Bundesrat hat indessen auch nach der Diskussion im August 2005 lediglich die Frage der Mehrheitsbeteiligung an Swisscom weiterverfolgt.

4.5

Der Widerspruch zu den vorgegebenen Rahmenbedingungen und Verfahren

Unabhängig von der Frage, ob die politische und finanzielle Risikobeurteilung des Bundesrats nachvollziehbar ist und seine Anweisung betreffend Auslandinvestitionen rechtfertigte, stellt die GPK-N fest, dass der Bundesrat die vorgegebenen Rahmenbedingungen und Verfahren missachtete.

Sowohl der absolute Entscheid des Bundesrats mit der Anweisung auf einen generellen Verzicht auf Investitionen bei einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung als auch die später konkretisierte Form des Verzichts auf Beteiligungen an Telekommunikationsunternehmen mit Grundversorgungsauftrag widersprachen den geltenden strategischen Zielen 2002­2005. Gemäss diesen Zielen erwartete der Bundesrat noch, dass Swisscom Beteiligungen im Ausland systematisch prüft und tätigt, wenn sie zur Steigerung des Unternehmenswertes beitragen, führungsmässig gut betreut werden können und dem Risikoaspekt genügend Rechnung tragen.

5200

Der Entscheid vom 23. November 2005 kam somit einer Strategieänderung gleich.

Dies bestätigte auch der Bundesrat in seinen Berichten vom 11. und 25. Januar 20067. In ihrer absoluten Form war die strategische Kehrtwende mit dem TUG nicht vereinbar. Artikel 3 Absatz 2 TUG sieht vor, dass sich Swisscom an Gesellschaften beteiligen oder auf andere Weise mit Dritten zusammenarbeiten kann. Gemäss Absatz 1 bezieht sich dieser Zweckartikel auf das In- und Ausland. Die Materialien zum TUG, welche die Notwendigkeit internationaler Kooperationen betonten8, lassen auch darauf schliessen, dass ein generelles Beteiligungsverbot im Ausland nicht im Einklang mit dem TUG ist.

Eine Anpassung der strategischen Ziele vor Ablauf der Geltungsdauer ist zwar möglich und in den strategischen Zielen 2002 bis 2005 einleitend erwähnt. Allerdings wurden die strategischen Ziele seit 1998 nie vor Ablauf der vierjährigen Frist geändert. Zudem ist die Erarbeitung der strategischen Ziele ein iterativer Prozess9 zwischen Bundesrat und Unternehmen. Mit seinem Entscheid vom 23. November 2005 hat sich der Bundesrat über die bisherige Praxis und den iterativen Prozess hinweggesetzt. Erst im Anschluss an diesen Entscheid und nachdem sich das Vertrauensverhältnis zwischen Bundesrat und Swisscom wieder eingestellt hatte, konnte der übliche Prozess im Hinblick auf die Erarbeitung der neuen strategischen Ziele 2006 bis 2009 wieder greifen. Die GPK-N stellt fest, dass der Bundesrat aus diesem fehlerhaften Vorgehen Folgen gezogen hat, indem er in den erwähnten neuen strategischen Zielen ausdrücklich festgehalten hat, dass diese nur bei Vorliegen wichtiger Gründe angepasst werden können und der Bundesrat erst nach Rücksprache mit Swisscom über eine Anpassung entscheidet.

An dieser Stelle erinnert die GPK-N daran, dass der Bundesrat es im Jahr 2002 verstand, die in den Zielen 1998 bis 2001 verankerte Auslandstrategie in einem geordneten Prozess einzuschränken und in die Ziele 2002 bis 2005 überzuführen. Im damaligen Zeitpunkt sah sich der Bundesrat vor der Situation, dass die ersten strategischen Ziele betreffend Auslandbeteiligungen von Swisscom offensiv formuliert waren. Diese entsprachen einem Marktumfeld, in welchem der Telekommunikationssektor von einem rasanten Konsolidierungsprozess erfasst war. Die Swisscom sollte ihre Position in
einem globalen Markt stärken. Weil sich das Konsolidierungstempo verlangsamte, formulierte der Bundesrat im Jahr 2002 die Auslandstrategie restriktiver. Angesichts der beschränkten Wachstumsaussichten auf dem Heimmarkt erwartete der Bundesrat in den neuen Zielen 2002 bis 2005, dass Swisscom Akquisitionen im Ausland nur unter den bereits erwähnten restriktiven Bedingungen tätigt.

Die GPK-N ist erstaunt, dass der laufende Prozess der Vorbereitung der strategischen Ziele für die Jahre 2006 bis 2009 nicht in die Entscheidfindung des Bundesrats Eingang gefunden hat. Der Entwurf der neuen Ziele sah keine Änderung der Auslandstrategie der Swisscom vor. Entgegen dem Wortlaut des Schreibens vom 7

8 9

Der Bundesrat führte im Bericht vom 25.1.2006 zuhanden der Ad-hoc-Subkommission in Ziffer 2 (Strategie des Bundesrats bezüglich Auslandengagements von Swisscom) Folgendes aus: «Der Bundesrat hat am 23. November resp. 2. Dezember 2005 die Swisscom angewiesen, die freien Eigenmittel an die Aktionäre auszuschütten sowie keine Beteiligungen an ausländischen Telekommunikationsunternehmen mit Grundversorgungsauftrag zu erwerben. Die neuen strategischen Ziele sind Ausdruck dieser Strategieänderung des Bundesrates.» Im Bericht vom 11.1.2006 hielt er fest: «Es galt, die Öffentlichkeit und die Swisscom zu orientieren und bei letzterer einen Strategiewechsel einzuleiten.» BBl 1996 III 1311 f., AB 1996 N 2280 2299 2354.

Ein iterativer Prozess bedeutet in diesem Zusammenhang eine schrittweise Erarbeitung der strategischen Ziele mit wiederholten Rückmeldungen zwischen Bund und Swisscom.

5201

5. Oktober 2005 des Vorstehers des UVEK an die Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen hat sich der Bundesrat materiell zwar noch nicht mit den neuen Zielvorgaben auseinander gesetzt10. Für die GPK-N ist dennoch nicht nachvollziehbar, dass der Bundesrat sich hinsichtlich seines Strategieentscheids nicht an den ordentlichen Weg des sich in Gang befindlichen strategischen Erneuerungsprozesses gehalten, ja sich darüber hinweggesetzt hat. Mit ein Grund mag der erstaunliche Umstand sein, dass sich einige Bundesräte dieses Prozesses nicht bewusst waren.

Die GPK-N musste sogar feststellen, dass der Inhalt und die «Mechanik» der strategischen Ziele im Bundesrat teilweise nicht verankert sind.

Betrachtet man schliesslich den konkreteren Teil des Entscheids, der durch die Instruktion vollzogen wurde und die Anweisung an Swisscom enthielt, insbesondere auf eine Beteiligung an Eircom zu verzichten, so hat sich der Bundesrat über das in Ziffer 3.3.2 festgelegte Verfahren hinweggesetzt. Der Bundesrat hat somit eine Konformitätsbeurteilung und Risikoeinschätzung bezüglich Eircom vorgenommen, ohne die Entscheidgrundlagen des sich in Gang befindlichen Controlling-Prozesses abzuwarten.

Es ist der GPK-N ein Rätsel, weshalb der seit 2004 gängige und den Vorstehern des EFD und UVEK bestens bekannte Controlling-Prozess nicht stärker im Bewusstsein des Gesamtbundesrats verankert war und massgebend für den Entscheidprozess und die Entscheide vom 23. November 2005 wurde.

Hinsichtlich des Vorgehens hat die GPK-N schliesslich erstaunt, dass der Bundesrat beim Vollzug seiner Entscheide nicht selbstverständlich davon ausging, angesichts deren Tragweite den Staatsvertreter formell und schriftlich zu instruieren. Ein solches Vorgehen hat der Verwaltungsratspräsident der Swisscom im Gespräch mit dem Vorsteher des EFD am 24. November 2005 morgens ausdrücklich gewünscht.

Der GPK-N leuchtet dieses Vorgehen der Swisscom ein. Es wäre nicht vertretbar gewesen, wenn der Verwaltungsrat auf der Grundlage eines nicht angekündigten Telefonanrufes am 23. November 2005 abends sowie aufgrund eines unklaren Entscheidinhalts eine langjährige Strategie geändert und Massnahmen in Bezug auf das Geschäft Eircom getroffen hätte.

4.6

Die Einschätzung der zeitlichen Dringlichkeit eines Entscheids in Sachen Auslandengagements

Die angehörten Bundesräte haben im Rahmen dieser Untersuchung geschildert, dass angesichts des kurz bevorstehenden Abschlusses der Verhandlungen zwischen Swisscom und Eircom ein Entscheid in Sachen Auslandengagements am

10

Im Mai 2004 gelangten die Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen an den Vorsteher des UVEK mit der Bitte, ihnen die strategischen Ziele für die SBB, Post und Swisscom in Zukunft vor der Verabschiedung durch den Bundesrat zur Konsultation zu unterbreiten. Der Vorsteher des UVEK stellte den erwähnten Kommissionen den Entwurf der neuen Ziele für Swisscom 2006 bis 2009 am 5.10.2005 zu und erwähnte im Begleitschreiben u.a. Folgendes: «In der Beurteilung des Bundesrates haben sich die Ziele der aktuellen Periode bewährt. Daher wurde die bisherige Zielrichtung auch für den nun vorliegenden Entwurf übernommen.»

5202

23. November 2005 im Bundesrat als dringlich beurteilt wurde. Das ist im Übrigen bereits in Antworten zu parlamentarischen Interpellationen nachzulesen.11 Die GPK-N hinterfragt sowohl die zeitliche Dringlichkeit als auch die Art und Weise, wie der Bundesrat aus dieser zeitlichen Dringlichkeit heraus entschieden hat.

Sie erinnert an dieser Stelle noch einmal an den in Ziffer 3.3.2 festgehaltenen Controlling-Prozess, der auch für das geplante Eircom-Geschäft bereits in Gang war, aber wie bereits in Ziffer 4.5 geschildert erstaunlicherweise für die Entscheidfindung des Bundesrats nicht massgebend war. Die GPK-N hat keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich Swisscom über diesen Prozess hinweggesetzt hätte. Die Vertreter von UVEK und EFV haben von Swisscom am Quartalsgespräch vom 9. November 2005 eine Konformitätserklärung verlangt. An dieser Sitzung haben die Vertreter des Bundes und der Unternehmensleitung der Swisscom das ordentliche Vorgehen festgelegt: In einem ersten Schritt erfolgt die Konformitätserklärung der Swisscom, zweitens erfolgt die Notiz an die Vorsteher des EFD und des UVEK und drittens wird die Swisscom über die Beurteilung der beiden Departementsvorsteher orientiert, bevor der Verwaltungsrat definitiv beschliesst. Wie üblich hat demnach der Verwaltungsrat vor den massgebenden Entscheiden eine schriftliche und ausführliche Konformitätserklärung abgegeben (in concreto am 24. November 2005, d.h. einen Tag nach dem Bundesratsentscheid).

Mit den vorangehenden Ausführungen ist das Vertrauensverhältnis zwischen dem Eigner und der Swisscom angesprochen. Die GPK-N konnte feststellen, dass in den Gesprächen zwischen den Vertretern der Swisscom und des Bundes stets ein grosses Vertrauensverhältnis bestand. Der Vorsteher des EFD hat der Unternehmensführung der Swisscom auch bei der Mitteilung der Entscheide des Bundesrats am 23. November 2005 und anlässlich der Gespräche mit dem Staatsvertreter am 24. November 2005 noch das Vertrauen ausgesprochen. Trotz dieses intakten Vertrauensverhältnisses konnte die GPK-N eine im Bundesrat teilweise klar vorhandene Skepsis gegenüber dem Management und insbesondere den Auslandplänen der Unternehmensleitung der Swisscom feststellen. Diese Skepsis hat sich in der Androhung der Verantwortlichkeitsklage und in öffentlichen Äusserungen einzelner
Bundesräte niedergeschlagen.

In diesem Zusammenhang möchte sich die GPK-N zu den mit Eircom zeitgleichen Gesprächen der Swisscom mit der dänischen Telekom Danmark (TDC) äussern. Die Swisscom verfolgte auch dieses Projekt, gab aber der Eircom Priorität. Es ist einerseits eine Frage der Opportunität und Professionalität, dass ein Unternehmen für den Fall eines Misslingens von Verhandlungen mehrere Projekte vorbereitet. Andererseits möchte die GPK-N auch klar darauf hinweisen, dass ein solches Vorgehen ausdrücklich den strategischen Zielen und Erwartungen des Bundesrats entsprach, internationale Marktentwicklungen «systematisch» zu beobachten sowie Opportunitäten zu identifizieren und zu bewerten. Inwiefern Swisscom beim Gelingen einer Beteiligung an Eircom auch TDC weiterverfolgt hätte, bleibt eine rein hypothetische Frage. Die erheblichen Risiken einer kumulierten Beteiligung waren auch Swisscom bewusst.

Die zeitliche Dringlichkeit stellt die GPK-N auch deshalb in Frage, weil die zuständigen Departemente UVEK und EFD bereits seit November 2004 Kenntnis hatten über eine Beteiligungsabsicht der Swisscom an Eircom. Dannzumal wurde das 11

Antwort des Bundesrats vom 9.12.2005 zur Dringlichen Interpellation 05.3729; Antwort des Bundesrats vom 1.3.2006 zur Interpellation 05.3745.

5203

Projekt Eircom erstmals erwähnt. Auch wenn sich dieses natürlich in der Folge in Ausgestaltung und Priorisierung noch veränderte, ist die GPK-N überzeugt, dass auch dieses Projekt in die informellen Gespräche des Bundesrats eingeflossen ist bzw. hätte einfliessen müssen. Ein abrupter Entscheid ist auch vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.

Zur Art und Weise, wie der Bundesrat auf seine eigene Einschätzung der zeitlichen Dringlichkeit reagiert hat, ist Folgendes festzuhalten: Konsequenterweise hätte er den Inhalt seines Entscheids auf die Projekte Eircom und TDC ausrichten müssen und nicht den allgemeinen Verzicht auf eine Investition bei einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung anordnen dürfen. Diese Anordnung stellte eine radikale und umfassende Strategieänderung dar, welche festgelegte Rahmenbedingungen und Verfahren verletzte (vgl. Ziff. 4.5).

4.7

Weitere Widersprüchlichkeiten

Bezüglich des Entscheids, den der Bundesrat am 23. November 2005 in Sachen Auslandbeteiligungen der Swisscom gefällt hat, stellt die GPK-N noch weitere wesentliche Widersprüchlichkeiten fest: ­

Die politischen Vorbehalte und Implikationen von Beteiligungen der Swisscom an ehemaligen ausländischen Monopolbetrieben waren bereits anlässlich der Beteiligungsabsichten der Swisscom an Telekom Austria im Sommer 2004 im Bundesrat informell ein Thema. Auch wenn sich die Frage in Bezug auf die konkrete Beteiligung wegen deren Scheiterns nicht mehr stellte (vgl. Ziff. 3.3.3), so hätte der Bundesrat bereits damals eine Anpassung der strategischen Ziele einleiten müssen. Dass die unternehmerisch denkende und handelnde Swisscom von sich aus die Akquisitionsstrategie ändert und die politische Beurteilung und Verantwortung vorwegnimmt, durfte der Bundesrat nicht erwarten.

­

Der Bundesrat hat die Umsetzung der Auslandstrategie durch die Swisscom stets unterstützt. Akquisitionen im Ausland (unter den Bedingungen der strategischen Ziele) waren für den Bundesrat von zunehmender Bedeutung, um das ebenfalls in der Strategie vorgegebene langfristige Wachstumsziel zu erreichen. Dies kommt u.a. im Bericht des Bundesrats vom 13. April 2005 über die Erreichung der strategischen Ziele von Swisscom zum Ausdruck. In diesem Bericht an die Geschäftsprüfungs- und Finanzkommissionen schreibt der Bundesrat in Ziffer «Kooperationen und Beteiligungen»: «Der Bundesrat unterstützt angesichts des unsicheren Markt- und Branchenumfelds die umsichtige Kooperations- und Beteiligungspolitik des Verwaltungsrates von Swisscom. Das Unternehmen hat nach heutiger Einschätzung keine erheblichen Grössennachteile und steht nicht unter Akquisitionsdruck. Allerdings bleibt es für Swisscom eine grosse Herausforderung, mittelfristig Wachstum zu schaffen. Nachdem bis jetzt das Schwergewicht bei Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogrammen lag, werden die kommenden Jahre vermehrt im Zeichen der Prüfung und Wahrnehmung von Wachstumsoptionen stehen». Eine ähnliche Formulierung weisen sämtliche Berichte der Vorjahre auf. Neu ist seit dem Bericht vom 21. April 2004 eine Akzentsetzung des Bundesrats, welche nicht nur auf die Prüfung, sondern auch auf die Wahrnehmung von Wachstumsoptionen verweist.

5204

Öffentlich hat sich der Bundesrat noch am 3. Juni 2005 bei der Beantwortung der Interpellation 05.3059 wie folgt geäussert: «Es ist aber nicht zu übersehen, dass sie [die Swisscom] im Inland aufgrund der Wettbewerbssituation und der regulatorischen Auflagen nur sehr beschränkte Wachstumsmöglichkeiten hat. Will das Unternehmen nachhaltig zusätzlichen Wert schaffen ­ so, wie es auch der Bundesrat als Vertreter des Hauptaktionärs in seinen strategischen Zielen erwartet ­, dann dürfen Akquisitionen im Ausland als Wachstumsoption nicht ausgeschlossen werden.» Die anlässlich des Übernahmeversuchs von Telekom Austria im Jahr 2004 auf informeller Ebene diskutierte Skepsis des Bundesrats bezüglich Beteiligungen an ehemaligen ausländischen Monopolbetrieben ist in keine offiziellen Unterlagen und Verlautbarungen des Bundesrats eingeflossen.

12

13

­

Diese Risikobeurteilung des Bundesrats hat sich auch nicht beim Übernahmeversuch von Cesky Telecom im Frühjahr 2005 niedergeschlagen: Die Vorsteher des EFD und des UVEK haben das Projekt als mit den strategischen Zielen konform beurteilt und einer Notiz des Generalsekretariats des UVEK und der EFV vom 16. März 2005 zugestimmt, wonach keine übergeordneten politischen Gründe gegen eine Übernahme von Cesky Telecom durch Swisscom sprechen würden. Sie haben sich gegen einen Antrag an den Bundesrat bezüglich einer Instruktion entschieden. Die GPK-N stellt fest, dass es sich bei Cesky Telecom ebenfalls um einen ehemaligen staatlichen Monopolanbieter handelt und dass Gespräche im Bundesrat seit Sommer 2004 bezüglich politischer Risiken informell in Gang waren. Im Vergleich zu Eircom, welche bereits 1999 privatisiert wurde und mehrere Male den Hauptaktionär gewechselt hat, war die tschechische Regierung im Frühjahr 2005 noch mit einem Anteil von 51,1 % an Cesky Telecom beteiligt.

­

Hauptziele der PTT-Reform und der Teilprivatisierung der Swisscom auf 1. Januar 1998 waren die Schaffung von Führungsautonomie für die Swisscom sowie die klare Trennung von politischen und unternehmerischen Entscheiden12. Bis zu seinem Entscheid vom 23. November 2005 berief sich der Bundesrat auf diese klare Trennung. Er legte wiederholt dar, dass die Kompetenz für die Unternehmensstrategie wie auch für die Akquisition von Unternehmen ausschliesslich beim Verwaltungsrat liegt. Anlässlich der politischen Aufarbeitung der Verluste im Zusammenhang mit der Beteiligung von Swisscom an Debitel hielt der Bundesrat fest: «Wie beim Erwerb lag auch die Veräusserung der Beteiligung von Swisscom an Debitel in der ausschliesslichen Zuständigkeit des Verwaltungsrats der Swisscom AG.»13 Der Bundesrat musste dem Parlament Rechenschaft ablegen, weshalb er im Fall Debitel nicht reagiert und mittels Instruktion interveniert hat. Diese Antwort erfolgte wohl gemerkt zu einem Zeitpunkt, als Auslandbeteiligungen im Bundesrat bereits kontrovers diskutiert wurden.

Vgl. Botschaft des Bundesrats vom 10.6.1996 zu einem Postorganisationsgesetz und zu einem Telekommunikationsunternehmungsgesetz, BBl 1996 III 1332 f. Klare Voten gab es auch in den parlamentarischen Beratungen: «Die Entpolitisierung der Telecom und ihrer Organe ist zwingend», AB 1997 S 69. Unterstrichen hat der Bundesrat bereits damals die Notwendigkeit von Auslandbeteiligungen der Swisscom (AB 1996 N 2299 f.).

Antwort des Bundesrats vom 18.8.2004 auf die Interpellation 04.3215.

5205

Diese klare Kompetenzabgrenzung verteidigte der Bundesrat auch noch am 3. Juni 2005, als er eine kritische Frage zur Auslandstrategie der Swisscom im Zusammenhang mit Cesky Telecom in den Interpellationen 05.3059 sowie 05.3111 beantwortete.

Die Entscheide des Bundesrats vom 23. November 2005 in Sachen Auslandinvestitionen stehen in einem Widerspruch zu seinen früheren Aussagen.

Ausserdem stellt die GPK-N fest, dass sich die Instruktionspraxis gemäss Entscheid vom 23. November 2005 nicht mit der zurückhaltenden früheren Praxis deckt. Ebenso verblasst die bisher vom Bundesrat betonte Unterscheidung zwischen den strategischen Zielen und der Strategie der Unternehmung14. Der Bundesrat hat somit in den Kompetenzbereich des Verwaltungsrats der Swisscom eingegriffen und einen ihm nicht zustehenden unternehmerischen Entscheid getroffen.

­

Die im Zusammenhang mit dem Entscheid vom 23. November 2005 vorgenommene finanzielle Risikobetrachtung (vgl. Ziff. 4.4.1) ist nicht kohärent mit früheren Beurteilungen durch den Bundesrat.

Die Beurteilung der Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit der Swisscom (Steigerung des Unternehmenswerts) hat sich zwar immer auch nach der Entwicklung des Aktienkurses gerichtet, aber nicht mit jener massgebenden Gewichtung und isolierten Betrachtungsweise, wie sie der Bundesrat im Anschluss an den Entscheid vom 23. November 2005 vornahm15. Der Bundesrat beurteilte in den jährlichen Berichten die Erreichung der strategischen Ziele jeweils anhand einer breiteren Einschätzung der Rendite der Swisscom-Aktie. Bei dieser Beurteilung berücksichtigte er neben dem Verlauf des Aktienkurses auch sämtliche Ausschüttungen (Dividenden, Nennwertreduktionen, Aktienrückkäufe). Die Entwicklung des Aktienkurses gab im Bundesrat im Rahmen der jährlichen Berichte zur Zielerreichung nie Anlass zu besonderen Massnahmen, obschon der Bundesrat in den entsprechenden Berichten feststellen musste, dass die Swisscom in den Jahren 2000 und 2002 das Ziel, den Unternehmenswert zu sichern und zu steigern ­ gemessen an der Entwicklung des Aktienkurses ­ verfehlte und im Jahr 2003 nur knapp erreichte.

Zwiespältig beurteilt die GPK-N zudem die Entscheide, wie sie der Bundesrat ausgerechnet am 23. November 2005 fällte, vor dem Hintergrund der Einschätzung der Entwicklungen im Telekommunikationsmarkt. Der Bundesrat hat in den jährlichen Berichten über die Erreichung der strategischen Ziele jeweils auch die Herausforderungen für Swisscom in der Telekommunikationsbranche sorgfältig analysiert und gegenüber den Geschäftsprüfungs- und Finanzkommissionen dargelegt. Dabei hat er bereits in seinen Berichten vom 16. April 2003 und 21. April 2004 auf das unsichere Marktund Branchenumfeld hingewiesen. Im Bericht vom 13. April 2005 hat er zudem auf konkrete Marktveränderungen Bezug genommen (Stichworte waren: bröckelnde Umsätze im Festnetzgeschäft, die sich künftig nicht mehr

14 15

Ebenda sowie Antwort des Bundesrats vom 1.3.2006 auf die Interpellation 05.3745.

Vgl. Ausführungen des Vorstehers des EFD am 13.12.2005, AB 2005 S 1117; Referat des Vorstehers des EJPD anlässlich der Delegiertenversammlung der Schweizerischen Volkspartei vom 4.2.2006 in Stans, publiziert auf der Homepage des EJPD (www.ejpd.admin.ch).

5206

durch entsprechende Steigerungen im Mobilgeschäft kompensieren lassen; Nachfrage nach Paketen mit Sprach-, Daten- und TV-Diensten, Beschleunigung der Verschmelzung von Informatik und Telekommunikation ­ Stichwort: «Voice-over-Internet-Protokoll» [VoIP]). Die GPK-N stellt fest, dass der Bundesrat trotz diesen frühzeitigen, vertieften und kritischen Markteinschätzungen weit vor dem 23. November 2005 keine Strategieänderung vornahm.

Die finanzielle Risikoeinschätzung fiel im Bundesrat im Jahr 2004 anlässlich der Aufarbeitung des Falls Debitel grundlegend unterschiedlich von der Einschätzung im November 2005 aus. In der bereits erwähnten Antwort zur Interpellation 04.3215 ist nachzulesen, wie der Bundesrat den Umstand verteidigte, dass Swisscom für die Debitel-Beteiligung rückblickend zu viel bezahlte. Der Vorsteher des EFD hielt im Ständerat am 4. Juni 2004 fest, dass die Verluste einer Beteiligung von etwa 3 Milliarden Franken nicht Verlusten an Gewinn gleich kämen. Die Situation solle nicht verniedlicht werden, aber er bat, auch nicht zu dramatisieren. Solche Verluste seien in der Euphoriezeit dieser Investitionen vorgekommen. Er glaube, es sei ein übliches unternehmerisches Risiko, das gelegentlich auch einmal in eine Chance verwandelt werden könne16.

Die GPK-N stellt fest, dass der Bundesrat finanzielle Risiken von Auslandbeteiligungen der Swisscom 15 Monate vor dem Entscheid vom 23. November 2005 noch grundlegend anders beurteilt hatte.

4.8

Die Androhung einer Verantwortlichkeitsklage

Die Androhung der Verantwortlichkeitsklage entspringt dem Mitbericht des EJPD und wurde vom Bundesrat wie folgt beschlossen: Im Falle der Nichtbeachtung der Anweisung betreffend Auslandinvestitionen ist eine Verantwortlichkeitsklage gegen die Mitglieder von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung in Aussicht zu stellen.

Die Androhung wurde bei der Umsetzung der Bundesratsentscheide nicht mehr konsequent weiterverfolgt. Sie gelangte zwar am 24. November 2005 vom Vorsteher des EFD an den Staatsvertreter in Form einer schriftlichen Instruktion. Diese Fassung der Instruktion trug indessen nicht die Unterschrift des Departementsvorstehers des UVEK. Die definitive Instruktion, welche die Unterschriften der beiden zuständigen Departementsvorsteher trug, enthielt die Androhung nicht mehr. Der Staatsvertreter hat dem Verwaltungsrat der Swisscom beide Fassungen vorgelegt, zumal die Wahrscheinlichkeit gross war, dass die Version mit der Verantwortlichkeitsklage gültig werden würde.

Die GPK-N stellte anlässlich ihrer Aussprache vom 21. Februar 2006 fest, dass sich neben dem Vorsteher des UVEK in der Zwischenzeit auch die andern angehörten Bundesräte mehrheitlich von der Androhung der Verantwortlichkeitsklage distanzierten.

Was die rechtliche Qualifikation einer solchen Androhung betrifft, so sind grösste Zweifel an einer einigermassen plausiblen Grundlage angebracht. Zwar kann ein Aktionär Ansprüche gemäss Artikel 754 OR einklagen und dies unabhängig davon, 16

Vgl. AB 2004 S 251 f.

5207

ob er im Vorfeld eine entsprechende Klage angedroht hat oder nicht. Eine Verantwortlichkeitsklage hat aber nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn ein Schaden eintritt und der Kläger den Nachweis des Verschuldens (absichtliche oder fahrlässige Verletzung von Sorgfaltspflichten) sowie des entsprechenden Kausalzusammenhangs führen kann.

Angesichts der Tatsache, dass die Swisscom für ihre Beteiligungsprojekte (im vorliegenden Fall an Eircom) aufwändige und sorgfältige Due-Diligence-Prüfungen durchführte (das Total der Projektkosten im Fall Eircom belief sich auf rund 6 Mio. Franken) und auch dem Eigner die entsprechenden Konformitätserklärungen abgab, ist die Grundlage für eine Verantwortlichkeitsklage mehr als fraglich. Jedenfalls stehen diese vertieften Abklärungen seitens der Swisscom in einem offensichtlichen Missverhältnis zur ungenügenden Vorbereitung des Entscheids des Bundesrats. Angesichts der unzureichenden Entscheidgrundlagen auf Seiten des Bundesrats bleibt dessen Androhung der Verantwortlichkeitsklage eine Drohgebärde, die die GPK-N absolut nicht nachvollziehen kann. Die GPK-N ist erstaunt, dass ein entsprechender Antrag gerade aus dem EJPD stammte.

4.9

Auswirkungen der Bundesratsentscheide

Aus den Ziffern 4.6 und 4.7 kann abgeleitet werden, dass der Zeitpunkt für eine grundsätzliche Strategieänderung am 23. November 2005 angesichts der laufenden Verhandlungen der Swisscom mit der Eircom gerade nicht richtig war. Der Entscheid des Bundesrats sowohl in seiner Form als auch mit seinem Inhalt hat das Unternehmen, den Börsenmarkt und die Minderheitsaktionäre der Swisscom erheblich verunsichert.

Das Vorgehen des Bundesrats ist überdies geeignet, eine nachhaltige verunsichernde Wirkung zu entfalten. Der Bundesrat ist von seinen bisherigen Grundsätzen und seiner Praxis abgewichen, welche die klare Kompetenzabgrenzung zwischen Bundesrat und Verwaltungsrat der Swisscom betont hatten.

Die Art und Weise der vom Bundesrat herbeigeführten strategischen Kehrtwende hat die Glaubwürdigkeit der Unternehmensleitung untergraben. Der damalige CEO der Swisscom ist am 20. Januar 2006 zurückgetreten. Der amtierende Verwaltungsratspräsident wird nach Erreichen der maximalen Amtsdauer am 25. April 2006 zurücktreten.

Eine unmittelbare Auswirkung der bundesrätlichen Instruktion war, dass der Verwaltungsrat der Swisscom am 5. Dezember 2005 kommunizierte, die Gespräche für eine Übernahme der irischen Eircom seien abgebrochen worden. Rechtlich gesehen hätte sich Swisscom über die Anweisung des Bundesrats hinwegsetzen können. Ein solches Vorgehen wäre allerdings für die Swisscom höchst fraglich und kaum nachhaltig gewesen, denn der Bundesrat hätte den Verwaltungsrat auswechseln und den neuen Verwaltungsrat anweisen können, Eircom wieder abzustossen. Angesichts dieser Ausgangslage hätte der Verwaltungsrat eine Akquisition weder vor einem Unternehmen noch vor Tausenden von Mitarbeitenden verantworten können. Die GPK-N ist der Auffassung, dass der Verwaltungsrat der Swisscom rational und verantwortungsvoll reagiert hat.

5208

5

Die Kommunikation der Entscheide vom 23. November 2005 gegenüber der Öffentlichkeit

5.1

Die Chronologie der Ereignisse hinsichtlich der Kommunikation

5.1.1

Die Vorbereitung der Kommunikation

Die zuständigen Informationsdienste des UVEK und des EFD waren aufgrund der Börsenrelevanz erst in der Schlussphase in das Geschäft «Weiteres Vorgehen Swisscom AG» einbezogen.

Ab dem 17. November 2005 bereiteten die federführenden Departemente UVEK und EFD die Information der Öffentlichkeit über das Aussprachepapier der beiden Departemente gemeinsam vor. Die Vorbereitung der Kommunikation bezog sich lediglich auf den Fall, dass der Bundesrat die Beschlüsse gemäss Aussprachepapier fassen würde. Das war dann aber nicht der Fall.

Gemäss diesen Vorbereitungen sollte bei einem Entscheid zur Aufgabe der Mehrheitsbeteiligung die Informationsführung (Lead) zum Vorsteher des EFD übergehen.

Bei Beibehaltung des Status quo sollte er beim Vorsteher des UVEK verbleiben.

Entsprechend wurden zwei Versionen der gemeinsamen Medienmitteilung vorbereitet. Von Beginn weg waren eine Publikation der Medienmitteilung ausserhalb der Börsenzeiten sowie eine Pressekonferenz des Bundesrats am Donnerstag, 24. November 2005, gegen 11 Uhr geplant. Ebenso war vorgesehen, die Swisscom noch am Mittwochabend über den Entscheid des Bundesrats zu informieren.

Der Bundesratssprecher wurde am Dienstag, 22. November 2005, über den Stand der Vorbereitungen orientiert.

5.1.2

Die Entscheide des Bundesrats vom 23. November 2005 zur Kommunikation

Zur Kommunikation beschloss der Bundesrat in der Klausursitzung Folgendes: «1. Am Informationslead durch das EFD, d.h. an der Kommunikation an die Swisscom und an die Öffentlichkeit (Swisscom sofort und Öffentlichkeit am folgenden Tag vor Börsenbeginn), wird festgehalten, ebenso an der Pressekonferenz vom 24.11.2005, 11 Uhr.

2.

Betreffend Privatisierung und Rückführung der Eigenmittel wird die Swisscom unmittelbar nach der Sitzung und die Öffentlichkeit noch vor Börsenbeginn orientiert.

3.

Die Anweisung zum Verzicht auf Beteiligungen an Telekommunikationsunternehmen wird der Swisscom unmittelbar nach der Sitzung erteilt, der Öffentlichkeit aber vorerst nicht kommuniziert, bis der Verwaltungsrat der Swisscom orientiert ist.

4.

Bundesrat Merz informiert den Swisscom-Verwaltungsratspräsidenten vollumfänglich über die Beschlüsse des Bundesrats in der Nacht vom 23.11. auf den 24.11.05 und den Staatsvertreter im Swisscom-Verwaltungsrat am folgenden Tag; die Öffentlichkeit informiert Bundesrat Merz am 24.11.05 vor

5209

Börsenbeginn mittels Communiqué (nur über Privatisierung) und um 11.00 Uhr an einer Pressekonferenz.»

5.1.3

Die Umsetzung der Kommunikation und die Berichterstattung in den Medien

Dienstag, 22. November 2005 Bereits am Tag vor der bundesrätlichen Klausursitzung und bevor die Departementsvorsteher über das Aussprachepapier des UVEK/EFD Kenntnis hatten, veröffentlichte der «Blick» den wesentlichen Inhalt des Aussprachepapiers: «In den Departementen von Infrastruktur-Minister Moritz Leuenberger und Finanzminister Hans-Rudolf Merz wird mit Hochdruck an einem Aussprachepapier über Halten oder Verkauf der Mehrheitsbeteiligung an der Swisscom gearbeitet. Merz will verkaufen, Leuenberger nicht.» Donnerstag, 24. November 2005 Der Informationsdienst des EFD veröffentlichte am Donnerstag, 24. November 2005, vor 7 Uhr die Medienmitteilung zur Abgabe der Mehrheitsbeteiligung. Auf Wunsch der Swisscom und nach Rücksprache der Informationschefin des EFD mit dem Vorsteher des EFD wurde die Anweisung zur Ausschüttung der freien Mittel im Communiqué nicht erwähnt.

Um 11 Uhr orientierte der Vorsteher des EFD die Medienvertreter an einer bundesrätlichen Pressekonferenz zusätzlich auch über den Entscheid zur Ausschüttung der freien eigenen Mittel. Dieser Entscheid hat das Auslandverbot insofern impliziert, als die Abführung der eigenen Mittel, kombiniert mit der Begrenzung der Verschuldungskapazität zumindest grosse Auslandbeteiligungen verunmöglicht. Einigen Medienschaffenden ist dieser Zusammenhang aufgefallen (vgl. Ausführungen weiter unten unter Freitag, 25. November 2005).

Im Anschluss an die Orientierung stand der Vorsteher des EFD zahlreichen Medienschaffenden für Interviews zur Verfügung. Zum Abschluss folgte um 21.50 Uhr ein Live-Auftritt des Vorstehers des EFD in «10 vor 10». Im Übrigen beantwortete am Donnerstag ausschliesslich der Informationsdienst des EFD Anfragen von Medienschaffenden zu diesem Thema.

Um 17 Uhr zeichnete Radio DRS mit dem Vorsteher des EJPD ein bereits vor der Klausursitzung des Bundesrats vereinbartes Gespräch für die «Samstagsrundschau» über die Verwahrungsinitiative auf. Dieses Gespräch unterlag einer Sperrfrist bis Samstag, 26. November 2005, 11.00 Uhr. Aus aktuellem Anlass nahm der Vorsteher des EJPD nicht nur zur Verwahrungsinitiative Stellung, sondern kommunizierte den gesamten Bundesratsentscheid zur Swisscom, inklusive die Anweisung zum Verzicht auf eine Beteiligung an einem ausländischen Telekommunikationsunternehmen. Er tat dies, obwohl das EFD,
welches den Informationslead hatte, diesen Teil des Entscheids zu jenem Zeitpunkt noch nicht kommuniziert hatte.

Freitag, 25. November 2005 Einigen Teilnehmenden an der Pressekonferenz vom Donnerstag, 24. November 2005 blieb nicht verborgen, dass die Rückführung der nicht benötigten Eigenmittel an die Aktionäre eine Verunmöglichung der angestrebten Auslandstrategie der 5210

Swisscom bedeutete. So schrieb z.B. der «Blick» am Freitag: «Als Finanzminister Hans-Rudolf Merz am Mittwochabend Swisscom-Verwaltungsratspräsident Markus Rauh über die Ausstiegspläne des Bundesrates informierte, erteilte er ihm gleich noch eine Instruktion: Im Klartext: Geld her! Dass Bundesvermögen in riskante Deals mit der irischen Eircom oder der dänischen TDC (Sunrise) eingesetzt wird, kommt nicht in die Tüte.» Im Verlauf des Freitagmorgens trafen bei den Informationsdiensten mehrerer Departemente weitere Anfragen zum Thema ein, darunter auch von Finanzjournalisten aus London und internationalen Presseagenturen, welche alle an den Informationsdienst des EFD verwiesen wurden.

Um 11.30 Uhr rief eine Journalistin des «Tagesanzeiger» bei der Informationschefin des EFD an und konfrontierte sie mit der Aussage, ihr liege ein Papier vor, gemäss dem der Bundesrat der Swisscom Auslandengagements verbiete. Dies sei mit der Androhung einer Verantwortlichkeitsklage verbunden. Ob das EFD dies bestätigen könne. Nach Rücksprache mit dem Vorsteher des EFD und nach Konsultation der entsprechenden börsenrechtlichen Vorschriften bestätigte das EFD dem «Tagesanzeiger» die Information. Anschliessend wurde der Informationsdienst des UVEK über die Bestätigung seitens des EFD ins Bild gesetzt.

Im Anschluss daran bestätigte der Pressesprecher des EFD die Information auch gegenüber Radio DRS, das in ähnlicher Sache recherchiert hatte. Radio DRS berichtete darüber in den Mittagsnachrichten um 12.30 Uhr. Danach bestätigte der Pressesprecher des EFD den Sachverhalt gegenüber allen anrufenden Medienschaffenden.

Am Freitagnachmittag bestätigte die Swisscom in einer Medienmitteilung die öffentlich gewordene Tatsache der Instruktion des Bundesrats bezüglich eines allfälligen Beteiligungserwerbs von Swisscom im Ausland sowie der Ausschüttung der freien Eigenmittel.

In den folgenden Tagen orientierten sich die Informationsdienste der Departemente (EFD, UVEK, EJPD und EDI) untereinander über Anfragen zu Interviews mit den Bundesräten. Der jeweilige Entscheid wurde jedoch von den Bundesräten selbst getroffen.

Samstag, 26. November 2005 Der Vorsteher des EFD äusserte sich in einem Interview in «Finanz und Wirtschaft» zu den Beschlüssen
und erläuterte die Absichten des Bundesrats.

Die erwähnte «Samstagsrundschau» mit dem Vorsteher des EJPD wurde von Radio DRS um 11.30 Uhr ausgestrahlt. Der Departementsvorsteher erläuterte dabei ­ neben Fragen zur Umsetzung der Verwahrungsinitiative ­ die Swisscom-Beschlüsse des Bundesrats.

Sonntag, 27. November 2005 In der «NZZ am Sonntag» erschien ein Interview mit dem Vorsteher des EFD.

Dieser erläuterte die Entscheide des Bundesrats und erwähnte, dass der Instruktion alle Bundesräte zugestimmt hätten. Der Vorsteher des EJPD erläuterte die bundesrätlichen Beschlüsse zur Swisscom in einem Interview gegenüber der «Sonntagszeitung».

5211

Dienstag, 29. November 2005 Mehrere Zeitungen («L'Agefi», «La Liberté», «L'Impartial») veröffentlichten das Interview mit dem Vorsteher des EDI zu den Bundesratsbeschlüssen.

In der Nachrichtensendung «10 vor 10» gab der Vorsteher des UVEK bekannt, dass der Entscheid auch im Bundesrat heftig umstritten war und nicht einstimmig gefällt wurde. Es werde im Bundesrat auch nicht immer abgestimmt. Nachdem der Entscheid vom Bundesrat getroffen worden sei, halte nun auch er sich an diesen. Zusammen mit dem Verwaltungsrat von Swisscom müsse man nun den Entscheid betreffend Auslandengagements konkretisieren. Das Verbot gelte nicht für sämtliche Auslandgeschäfte, gemeint seien nur «die ganz grossen Übernahmen von anderen Gesellschaften».

Mittwoch, 30. November 2005 Der Vorsteher des UVEK hielt in einem Interview mit dem «Blick» fest, dass der Entscheid im Bundesrat nicht einstimmig gefallen sei. Diese Darstellung widersprach damit den Aussagen des Vorstehers des EFD im erwähnten Interview vom 27. November 2005.

Der Vorsteher des EJPD verteidigte den Entscheid des Bundesrats in der Sendung «Rundschau» des Schweizer Fernsehens. Das Interview dauerte über 11 Minuten.

Der Vorsteher des EJPD nahm u.a. auch Stellung zur am Vorabend geäusserten Präzisierung/Relativierung des Auslandverbots seitens des Vorstehers des UVEK.

Der Vorsteher des EJPD betonte, dass die Formulierung klar sei und man jetzt von Kompromissen spreche, damit niemand das Gesicht verliere. Ausserdem hielt er fest, dass die Unternehmensleitung zurücktreten werde, wenn sie die Swisscom nur mit einer expansiven Auslandstrategie führen könne, und dass man sie dann halt ersetzen müsse.

Donnerstag, 1. Dezember 2005 Der «Tagesanzeiger» titelte auf der Inlandseite: «Blocher widerspricht Leuenberger». Der Artikel wies auf die widersprüchlichen Aussagen der Bundesräte hinsichtlich des Inhalts der Bundesratsentscheide und der Entscheidfindung im Bundesrat hin.

Freitag, 2. Dezember 2005 Der Bundesrat entschied eine «Minimalinterpretation» seines Entscheids vom 23. November 2005 in Sachen Auslandinvestitionen, und zwar zugunsten der vom Vorsteher des UVEK dargelegten, aber vom Vorsteher des EJPD widersprochenen Differenzierung des Auslandverbots.

Ausserdem bestätigte der Bundesrat den bereits am 23. November 2005 beschlossenen Informationslead des EFD:
«Die Kommunikation über das vorliegende Geschäft obliegt ab sofort ausschliesslich dem EFD, an welches auch sämtliche Rückfragen der Medien zu richten sind.» Montag, 5. Dezember 2005 Anlässlich einer Orientierung über die Revision des Aktienrechts nahm der Vorsteher des EJPD erneut zu Fragen betreffend Swisscom Stellung und hielt sich somit erneut nicht an den am Freitag bekräftigten Entscheid des Bundesrats.

5212

Donnerstag, 8. Dezember 2005 Die «Weltwoche» legte die Vorbereitungen und Abläufe hinsichtlich des Entscheids vom 23. November 2005 unter Berufung auf vertrauliche Unterlagen detailliert dar.

5.2

Die Beurteilung der Kommunikation durch den Bundesrat

In seinem Bericht vom 11. Januar 2006 an die beiden Geschäftsprüfungskommissionen beurteilte der Bundesrat das Informationsgeschehen im Zusammenhang mit den Entscheiden vom 23. November 2005 wie folgt: Die Kommunikation zum Swisscom-Geschäft erwies sich in zweifacher Hinsicht als schwierig. Zum einen wurde der Mitbericht des EJPD nicht rechtzeitig in die Vorbereitung der Informationsmassnahmen einbezogen. Zum andern verhinderte die Börsenrelevanz des Geschäfts eine rasche und umfassende Information. Es hat sich gezeigt, dass eine gestaffelte Bekanntgabe von Teilen eines Bundesratsbeschlusses nicht zweckmässig ist. In der Regel muss die Öffentlichkeit sofort über den ganzen Bundesratsbeschluss informiert werden.

Der Bundesrat wies darauf hin, dass er die börsenrechtlichen Publizitätsvorschriften (namentlich die Regeln der Ad-hoc-Publizität) in seiner eigenen Kommunikation aus freien Stücken eingehalten hat, obschon sie für den Aktionär nicht gelten. Er tat dies auch auf Empfehlung der Schweizer Börse SWX. So publizierte er den Entscheid zur Privatisierungsvorlage am 24. November 2005 vor 7 Uhr. Ebenfalls bestätigte das EFD die einzelnen Medienschaffenden vorzeitig bekannte Tatsache betreffend das Auslandverbot. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Öffentlichkeit möglichst bald nach Auftreten des Lecks über die gleiche Information verfügt.

Der Bundesrat wird der Kommunikation im Kollegium selbst vermehrt Beachtung schenken und bei wichtigen Beschlüssen, die von den Anträgen der zuständigen Departemente abweichen, die Kommunikation festlegen. Zudem soll die Koordination der Information vermehrt als bisher durch den Bundesratssprecher erfolgen. Der Bundesrat hat eine Aussprache zu seiner Kommunikation im ersten Quartal 2006 beschlossen.

Der Bundesrat hielt aber auch fest, dass die Ziele der Information über die Swisscom-Entscheide in der Sache letztlich erreicht worden seien. Es galt, die Öffentlichkeit und die Swisscom zu orientieren und bei Letzterer einen Strategiewechsel einzuleiten: Die nach Auffassung des Bundesrats allzu riskante Auslandstrategie sollte im Interesse der Werterhaltung unterbunden werden. Dieses Ziel wurde gemäss Bundesrat erreicht, indem die Swisscom von sich aus auf eine Akquisition verzichtete. Ebenso galt es aufzuzeigen, warum die überschüssigen Eigenmittel an die
Aktionäre abzuführen seien und eine Privatisierungsvorlage rasch vorzubereiten sei. Auch dieses Ziel wurde gemäss Ausführungen des Bundesrats vom 11. Januar 2006 erreicht.

5213

5.3

Die Beurteilung der Kommunikation durch die GPK-N

Abgesehen von der unzulänglichen Vorbereitung der Kommunikation beanstandet die GPK-N vor allem, dass sich die Bundesräte nicht an ihren eigenen Entscheid vom 23. November 2005 gehalten haben, wonach der Informationslead beim EFD liegt. Dies hat zu einem chaotischen und völlig unkontrollierten Verlauf der Kommunikation des Bundesrats geführt. Die GPK-N beurteilt es als unhaltbar, wie einzelne Bundesräte in der Öffentlichkeit ­ auch gegeneinander ­ aufgetreten sind und sich gegenseitig widersprochen haben. Sie haben damit die Glaubwürdigkeit der Regierung im In- und Ausland untergraben und das Risiko, dass Swisscom dabei Schaden erleiden könnte, in Kauf genommen.

Die GPK-N stellt fest, dass der Vorsteher des EJPD sich als erster Bundesrat nicht an diesen Lead gehalten hat. Sie stellt auch eine Diskrepanz innerhalb des Bundesrats zur Frage fest, wie lange ein festgelegter Informationslead zu beachten ist und ab wann die einzelnen Bundesräte den getroffenen Entscheid vertreten und verteidigen können und sollen. Es ist unabdingbar, dass sich der Bundesrat in dieser Frage rasch einig wird, um in Zukunft ähnliche Informationspannen zu vermeiden.

Im vorliegenden Fall hätte sich diese Frage allerdings gar nicht stellen dürfen. Die Entscheide des Bundesrats vom 23. November 2005 enthielten bezüglich Auslandbeteiligungen ein radikales und neues Element. Ausgerechnet dieses Element wurde vorerst nicht kommuniziert und in Folge der Unklarheit unterschiedlich interpretiert und kommuniziert. Ebenfalls zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass die Entscheide des Bundesrats zur Kommunikation (vgl. Ziff. 5.1) unklar und teilweise widersprüchlich waren. Insbesondere war nicht klar, welche Inhalte an der Pressekonferenz vom 24. November 2005 zu kommunizieren sind.

Die GPK-N betont, dass die Kommunikation des Bundesrats nicht im rechtsfreien Raum stattfindet, sondern sich an die Bestimmungen der BV (Art. 180 Abs. 2), des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG)17 und der Regierungsund Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV)18 halten muss. In verschiedener Hinsicht wurden dort festgehaltene Grundsätze verletzt oder nicht ausgeschöpft: Artikel 10 Absatz 2 RVOG verlangt vom Bundesrat eine einheitliche Information über seine Entscheide. Artikel 23 RVOV gibt dem Bundesrat Mittel in die Hand, um eine
einheitliche Kommunikation durchzusetzen. Gemäss dessen Absatz 4 kann der Bundesrat die Information und Kommunikation bei einem Departement zentralisieren. Die bezeichnete Stelle erhält entsprechende Weisungsbefugnisse.

Für die GPK-N liegt die Hauptverantwortung für die schlechte Kommunikation somit beim Bundesrat selbst. Sie erachtet aber ebenfalls eine Klärung der Rolle des Bundesratssprechers für dringlich. Die Hauptrolle des Bunderatssprechers ist gemäss Artikel 10a RVOG die Koordination der Information zwischen dem Bundesrat und den Departementen. Die GPK-N vermisst ein aktiveres Mitgestalten der Kommunikation seitens des Bundesratssprechers, sowohl bei deren Vorbereitung im Bundesrat als auch bei den in der Folge chaotischen Entwicklungen. Dessen Einflussnahme und Beratungsfunktion bezüglich der Kommunikation und Koordination der Infor-

17 18

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1997 (RVOG, SR 172.010).

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25.11.1998 (RVOV, SR 172.010.1).

5214

mation auf Stufe Bundesratskollegium ist marginal. Seine Rolle ist im Bundesratskollegium zu institutionalisieren und zu stärken.

Neben der erwähnten Hauptverantwortung des Bundesrats haben auch zahlreiche Indiskretionen zum gestörten Verlauf der Kommunikation beigetragen. Der wesentliche Inhalt des Aussprachepapiers vom 22. November 2005 war dem «Blick» bereits bekannt, bevor die Bundesräte davon Kenntnis hatten. Der «Tagesanzeiger» berief sich am 25. November 2005 auf ein Papier, aus welchem der Entscheid des Bundesrats zu den Auslandinvestitionen und die Androhung der Verantwortlichkeitsklage hervorgingen. Die «Weltwoche» stützte sich bei ihrer detaillierten Schilderung der Abläufe am 8. Dezember 2005 auf vertrauliche Unterlagen ab. Nach der Berichterstattung der Weltwoche wies die Bundeskanzlei im Auftrag des Bundesrats die Bundesanwaltschaft auf eine mögliche Indiskretion hin. Diese leitete nach ersten Vorabklärungen ein formelles gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren ein. Die GPK-N verurteilt Indiskretionen mit aller Schärfe. Sie sind ein grosses Problem für die Glaubwürdigkeit des Bundesrats sowie die seriöse Entscheidvorbereitung und Entscheidfindung im Bundesratskollegium. Die GPK-N stellt fest, dass die Indiskretionen aufgrund der restriktiven Verteilerliste der grünen Geschäfte im engsten Kreis der Bundesräte erfolgen mussten. In diesem Sinne ist die GPK-N zuversichtlich, dass die Bundesanwaltschaft zu konkreten Ergebnissen gelangt und dass die Indiskretionen strafrechtlich verfolgt werden können.

Keine Verantwortung für die gescheiterte Kommunikation kann die GPK-N auf Seiten der Swisscom feststellen. Offenbar bestand im Bundesrat teilweise die Erwartung, dass Swisscom den Entscheid des Bundesrats betreffend den Verzicht auf eine Beteiligung an einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung kommuniziert. Die GPK-N hat festgestellt, dass Swisscom abgeklärt hat, ob der unklare Entscheid des Bundesrats vom 23. November 2005 eine meldepflichtige Information darstellt. Dies war nicht der Fall. Die GPK-N ist aufgrund ihrer Erkenntnisse in Ziffer 4 der Ansicht, dass Swisscom nicht hätte kommunizieren können und dürfen und zu Recht auf einer vertieften Begründung und Minimalinterpretation des Entscheids zu den Auslandinvestitionen bestand.

6

Weitere Überlegungen zu rechtlichen Fragestellungen

Die GPK-N ist in den Ziffern 3 und 4 intensiv auf die massgebenden rechtlichen Fragen eingegangen. Insbesondere hat sie eingehend den Steuerungsprozess dargelegt, in welchem der Bundesrat die strategischen Ziele setzt, ihre Erreichung überprüft und allfällige Massnahmen trifft. Die GPK-N hat festgestellt, dass der Bundesrat mit seinem Entscheid vom 23. November 2005 die bestehenden Grundsätze (geltende strategische Ziele) und Verfahren (iterativer Prozess bei der Anpassung der strategischen Ziele, Controlling-Prozess bei der Prüfung der Konformität von Vorhaben mit den strategischen Zielen) verletzt hat und in die bisher gewahrte klare Kompetenzabgrenzung zwischen ihm und dem Verwaltungsrat eingegriffen hat. In seiner Absolutheit war der Entscheid des Bundesrats betreffend die Auslandinvestitionen nicht mit dem TUG vereinbar (vgl. Ziff. 4.5).

Angesichts dieser und der in Ziffer 4 dargelegten Befunde drängten sich keine weitergehenden Abklärungen aus aktienrechtlicher Sicht auf. Die GPK-N ist überdies der Auffassung, dass eine rein privatrechtliche Betrachtungsweise der Vorgänge 5215

den spezifischen Rechtsgrundlagen und Abläufen, welche das Verhältnis zwischen dem Bund als Eigner und der Swisscom regeln, nicht gerecht würde.

Was die Beachtung von börsenrechtlichen Vorschriften betrifft, so waren im Zusammenhang mit den Entscheiden des Bundesrats das Kotierungsreglement der Börse SWX und insbesondere die darin enthaltenen Vorschriften zur Ad-hocPublizität massgebend19. Diese Vorschriften richten sich an den Emittenten und nicht an den Aktionär. Obschon die GPK-N die Kommunikation des Bundesrats als höchst ungeschickt betrachtet (vgl. Ziff. 5.3), stellt sich rein rechtlich die Frage einer Verletzung von Börsenvorschriften durch den Bundesrat nicht. Was das Verhalten der Swisscom angeht, welche ihrerseits den Vorschriften der Börse unterworfen ist, stellt die GPK-N fest, dass die Börse SWX als zuständige Instanz kein Verfahren eingeleitet hat.

7

Gesamtbeurteilung

Die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Bundesratsentscheid vom 23. November 2005 wurden in der Öffentlichkeit teilweise auf Kommunikationsprobleme reduziert.

Dieser Bericht zeigt aber, dass es um weit fundamentalere Probleme als um reine Kommunikationsfragen geht: Der Bundesrat wies am 23. November 2005 ohne genügende Vorbereitung und ohne hinreichende Entscheidgrundlagen die Swisscom an, auf Investitionen an einer ausländischen Telekommunikationsunternehmung zu verzichten. Er traf diesen Entscheid, ohne die festgelegten Grundsätze und Verfahren zu beachten und setzte sich dabei über die geltenden strategischen Ziele hinweg. In ihrer absoluten Form war die radikale Strategieänderung mit dem TUG nicht vereinbar. Bezüglich der Instruktion an Swisscom, auf eine Beteiligung an Eircom zu verzichten, überging der Bundesrat den sich in Gang befindlichen Controlling-Prozess und nahm ohne vertiefte Prüfung und ohne entsprechende Grundlagen eine Risikoeinschätzung vor.

Ohne nachvollziehbare Gründe für sein hektisches Vorgehen traf der Bundesrat einen Sofortentscheid, der in Tat und Wahrheit höchst unklar war und entsprechend unterschiedlich interpretiert wurde. In seiner Radikalität musste der Bundesrat seinen Entscheid am 2. und 21. Dezember 2005 relativieren. Trotz dieser Unklarheit und trotz der Festlegung des Informationsleads an das EFD haben verschiedene Bundesräte den Entscheid in der Öffentlichkeit erläutert und sich dabei widersprochen. Durch eine derart unverantwortliche Kommunikation untergruben Mitglieder des Bundesrats die Glaubwürdigkeit der Regierung im In- und Ausland und nahmen in Kauf, dass Swisscom Schaden erleiden könnte. Indem der Bundesrat seine Anweisung mit der Androhung einer Verantwortlichkeitsklage gegen Mitglieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung von Swisscom verband, desavouierte er zudem die Unternehmensleitung.

Im Vergleich zum früheren Umgang im Rahmen des Steuerungsprozesses zwischen Eigner und Swisscom muss sich der Bundesrat den Vorwurf des völlig abrupten Vorgehens und des Eingriffs in den Kompetenzbereich des Verwaltungsrats gefallen lassen.

19

Vgl. Kotierungsreglement vom 24.1.1996 der Schweizer Börse SWX Swiss Exchange, Ziffer 3, Art. 72 (Bekanntgabepflicht bei potenziell kursrelevanten Tatsachen [Ad hocPublizität]).

5216

Das Vorgehen des Bundesrats vom 23. November 2005 war inkohärent und widersprüchlich, sowohl was die Art und Weise angeht als auch bezüglich des Inhalts. Die Begründungen der Entscheide des Bundesrats waren alles andere als homogen. Die vom Bundesrat am 23. November 2005 vorgenommene und im Anschluss verschiedentlich erläuterte Risikobeurteilung weist zahlreiche Widersprüche auf.

In Unkenntnis der Bilanz der Swisscom hat der Bundesrat ausserdem einen Entscheid hinsichtlich der Ausschüttung der freien Mittel der Swisscom gefällt (Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital von 60 zu 40), der in der Folge ebenso wenig umsetzbar war wie sein Entscheid zu den Auslandengagements.

8

Schlussfolgerungen

8.1

Verlässlichkeit der strategischen Ziele des Bundes

Das Vorgehen des Bundesrats im Zusammenhang mit seinem Entscheid vom 23. November 2005 ist geeignet, sowohl für die durch strategische Ziele geführten Unternehmen des Bundes (Swisscom, Post, Ruag, Skyguide, SBB) als auch für die Minderheitsaktionäre und Marktteilnehmer eine verunsichernde Nachwirkung zu haben. Es darf nicht sein, dass sich die Politik für die Unternehmen des Bundes als ein zusätzliches Risiko auswirkt, indem Abläufe, die nicht ganz transparent sind, dennoch massgebenden Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben können.

Dies kann die Unternehmen des Bundes auf dem Markt und bei den Verhandlungspartnern handlungsunfähig machen. Die bisherige klare Abgrenzung der politischen und unternehmerischen Verantwortung ist so in Frage gestellt.

Die Verlässlichkeit der Politik wird zwar wie bis anhin auch in den strategischen Zielen des Bundes für die Swisscom 2006 bis 2009 propagiert. Der Bund verpflichtet sich im Vierjahresrhythmus auf längerfristige, konsistente Ziele und schafft durch deren Veröffentlichung Transparenz für Drittinvestoren und Stabilität.

Nach den Vorgängen vom November 2005 fordert die GPK-N den Bundesrat auf, dieser propagierten Verlässlichkeit und Stabilität nachzuleben. Der Bundesrat wird Gelegenheit haben, im Rahmen des Berichts zur Steuerung von Anstalten und Unternehmen des Bundes20 aufzuzeigen, wie er in Zukunft seine Eignerrolle wahrnehmen will. Darüber hinaus muss er nach Ansicht der GPK-N weitere Massnahmen treffen, um seine Eignerrolle aufzuzeigen und die Verlässlichkeit seiner strategischen Führung hinsichtlich der Unternehmen des Bundes sicherzustellen. Diese Forderung erhebt die GPK-N selbstverständlich auch für das Verhältnis zur Swisscom.

20

Der Bundesrat erstellt diesen Bericht in Erfüllung des Postulats der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats vom 13.9.2004 (04.3441) und der Motion der Finanzkommission des Nationalrats vom 15.2.2005 (05.3003). Die GPK-S erwartete diesen Bericht auf Herbst 2005. Er wird sich gemäss Auskunft der EFV noch weiter verzögern.

5217

Motion: Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, die Rolle als Eigner und die Vertretung des Bundes in Unternehmen, an welchen der Bund massgebend beteiligt ist, klar zu definieren. Der Bundesrat trifft die notwendigen Massnahmen zur Sicherstellung der Verlässlichkeit seiner strategischen Führung und legt die geeigneten Instrumente fest, um seine Einflussnahme in den Organen der Unternehmen auszuüben.

8.2

Überprüfung des Instruments der Instruktion

Nach den geltenden Statuten von Swisscom hat der Bundesrat das Recht, den Staatsvertreter im Verwaltungsrat zu instruieren. Die Abläufe im November 2005 zeigten, dass der Bundesrat bei Swisscom mittels Instruktion eine strategische Kehrtwende einleiten wollte.

Die GPK-N hinterfragt die Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der Instruktion als Mittel der Einflussnahme des Bundesrats auf den Kompetenzbereich des Verwaltungsrats der Swisscom: Zum einen bringt sie den Staatsvertreter, der sich in einer Doppelrolle befindet, in eine seltsame Lage. Dieser hat gemäss Artikel 762 OR die gleichen Rechte und Pflichten wie die anderen Verwaltungsräte. Die Instruktion entbindet zum andern den Verwaltungsrat nicht von der Wahrnehmung der Gesamtinteressen der Unternehmung. Der Bundesrat nahm bis vor dem Entscheid vom 23. November 2005 eine restriktive Haltung bezüglich der Instruktion ein. Formell instruierte er den Staatsvertreter nie.

Die GPK-N stellt auch fest, dass die genauen Voraussetzungen und Zuständigkeiten bezüglich der Instruktion nirgends verbindlich geregelt sind. Das Mandat des Staatsvertreters vom 15. April 2004 hält lediglich fest, dass in wichtigen Fragen auf Initiative des Staatsvertreters oder der Verwaltungsvertreter eine formelle schriftliche Instruktion durch die Vorsteher von EFD und UVEK erfolgt.

Im Weiteren muss darauf hingewiesen werden, dass das Instrument der Instruktion, wie es die vom Bundesrat genehmigten Statuten der Swisscom vorsehen, nur hinsichtlich der Swisscom besteht.

Sollte der Bundesrat am Instrument der Instruktion festhalten, müssen deren Voraussetzungen präzisiert und verbindlich festgehalten werden. Dabei ist auch den Interessen der Minderheitsaktionäre Rechnung zu tragen.

Auf keinen Fall darf der Bundesrat die Instruktion für eine Einflussnahme einsetzen, für die andere Verfahren (z.B. Anpassung der strategischen Ziele, Generalversammlungsentscheide) festgelegt sind.

5218

Empfehlung 1: Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, die Instruktion als Instrument der Einflussnahme in den Kompetenzbereich des Verwaltungsrats der Swisscom zu überprüfen. Sollte er daran festhalten, sind die Voraussetzungen der Instruktion präzise und verbindlich zu regeln. Dabei sind die Interessen der Minderheitsaktionäre einzubeziehen.

8.3

Beachtung der etablierten Verfahren und Grundsätze

Die GPK-N hat festgestellt, dass nicht alle Bundesräte mit den Mechanismen und Verfahren der Steuerungsprozesse im Rahmen der strategischen Ziele vertraut sind.

Empfehlung 2: Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, sich vertieft der Verfahren und Mechanismen der Steuerungsprozesse zur Umsetzung der strategischen Ziele des Bundes anzunehmen und diese im Rahmen seiner politischen Entscheidfindung zu respektieren.

8.4

Klärung der Fragen im Bereich der Kommunikation

Die GPK-N kommt zum Schluss, dass der Bundesrat seine Kommunikation besser vorbereiten und mittels eines ständigen Traktandums am Ende jeder Bundesratssitzung thematisieren muss. Dabei muss auch der Bundesratssprecher aktiv einbezogen werden und sich systematisch zu Unklarheiten und zur Koordination der Kommunikation äussern. Allfällige Änderungen der geplanten Kommunikation aufgrund der Debatte im Bundesrat müssen klar dargelegt und verbindlich beschlossen werden.

Bei der Umsetzung der Kommunikation muss sich der Bundesrat über Definition und Verbindlichkeit des Informationsleads einigen. Er hat dabei die gesetzlichen Vorgaben zu beachten.

Ebenfalls muss der Gesamtbundesrat einheitlich festlegen, wie er Indiskretionen vorbeugen will. Die Bundesräte müssen entsprechende Vorgaben in ihren Departementen einheitlich und konsequent vollziehen. Der Gesamtbundesrat legt auch fest, welche Massnahmen er im Fall von Indiskretionen trifft. Entscheidet er sich für eine strafrechtliche Verfolgung von Indiskretionen, muss diese konsequent zu Ende geführt werden.

5219

Empfehlung 3: Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, Massnahmen zur besseren Vorbereitung, Koordination und zum einheitlichen Vollzug seiner Kommunikation im Sinne der rechtlichen Vorgaben zu treffen. Der Bundesrat definiert, was er unter Informationslead versteht. Ausserdem legt er einheitliche Vorgaben für die Vorbeugung und Verfolgung von Indiskretionen fest.

9

Weiteres Vorgehen

Die GPK-N überweist diesen Bericht an den Bundesrat und erwartet eine Stellungnahme bis 17. Juli 2006. In seiner Stellungnahme zeigt der Bundesrat auch auf, mit welchen Massnahmen und bis wann er die Empfehlungen der GPK-N umsetzen wird.

Das Verfahren bezüglich der von der Kommission eingereichten Motion richtet sich nach Artikel 120 bis 122 ParlG.

28. März 2006

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats Der Präsident: Nationalrat Kurt Wasserfallen Der Präsident der Ad-hoc-Subkommission Swisscom: Nationalrat Christian Waber Der Stellvertretende Sekretär der Geschäftsprüfungskommissionen: Martin Albrecht

5220