S#ST#

chweizerisches

fB II n fe t s § l 6 t t.+ Nro. f15.

Samstag, den 7. April 1849.

Man abonnirt ausschließlich beim nächstgelegenen Postamt. Preis für da« Jahr 1849 im ganzen Umfange der Schweiz p o r t o f r e i grfn- 3.

Snferate fini)' fra n fi r t an die Expebition einzusenden. Gebühr 1 Batzen per Zeile ober deren Raum.

#ST#

Verhandlungen des Bundesrathes.

(Fortsetzung.)

PortofreifKit f«* die Mitglieder des National und Ständerat^es.

Verhandlungen vom 10. Januar 1849.

Der fchweizerifche Bundesrath beschließt: Das Postdepartement ist beaustragt, die erforderlichen Anordnungen zu treffen, daß beim Wiederznfammentritt der beiden Räthe die Mitglieder derselben portofrei feien.

Expertenkommissionen fur das MilitäritJesen.

Verhandlungen vom 12. Januar 1849.

· Auf den Antrag des Militärdepartements hat der schweizerische Bundesrath Erpertenkommiffionen ernannt: a. Für Entwerfung und Ausarbeitung einer allge-meinen Militärorganisation, bestehend aus den Herren eidgenössischen Obersten Egloff, aus Thurgau, Kurz, aus Bern, Vcillon, aus dem Kanton Waadt, und Siegsried, aus dem Kanton Aargau.

h. Für die künftige Organisation des Genie- und Artillerieuntcrrichts, bestehend aus den Herren General Bimki.'bla.t I.

23

278 ...Düsour, »on Genf, und Herrn eidgenössischen Obersten ..Denzler, »on Zürich, und c. für die Organisation des ...îavallerieunterrichts, bestehend aus den Herren eidgenössischen Oberftlieutenantë »on Linden, in Bern, und Nieter, in Winterthur.

Wahlen der Konsuln von Marseille und Amsterdam.

Verhandlungen vom 22. Januar 1849.

Zum schweiz. Handelskonful in Marseille wird gewählt; Herr Theophil Brenner, von Weinselden, K. Thurgau.

Verhandlungen vom 26. Januar 1849.

Der schweizerische Bundesrath hat zum schweizerischen Konsul in Amsterdam Herrn Johann Amédé Liotard, bisherigen Vizekonsul, ernannt.

Verordnung, betreffend die Korrespondenz und die anderweitigen Auslagen der Konsuln.

Verhandlungen vom 22. Januar 1849.

Der schweizerische Bundesrath, in der Absicht, den gerechten Beschwerden der schweizerischen Konsuln über die ihnen zur Last fallenden Auslagen Abhülfe zu verfchassen, verordnet: §. 1. Die Briefe und Pakete, welche die Bundeskanzlei an fchweizerische Konsuln abzusenden hat, müssen frankirt werden. Wo diefes wegen der Posteinrichtungen nicht

möglich ist, sind sie befugt, mit ihrem Jahresbericht eine spezifizirte Rechnung über ihre Porloanslagen einznfenden.

279 §. 2. Deßgleichen sind Kantonsregierungen oder andere Kantonalbehörden, welche nicht durch den Bundesrath, sondern direkte mit schweizerischen Konsuln korrespondiren, verpflichtet, entweder zu frankiren oder den Konsuln nach-

träglich das Porto zu vergüten.

Geschieht diefer Verkehr durch den Bundesrath, fo wird die Bundesfanzlei die Kantone hiefür belasten.

§. 3. Die Konfnln sind nicht verpflichtet, Briefe von Gemeinden oder Privaten anznehmen, wenn sie nnfrankirt sind, und es ist daher jede Gemeinde oder jeder Private angewiefen, entweder die Briefe zu frankiren, oder sich, wo diefes nicht angeht, der Vermittlung der Kantonsregierung zu bedienen.

Alle aus der Nichtbeachtung diefer Vorschrift entstehenden Kosten und sonstigen Nachtheile haben sich die betrefsenden Gemeinden oder Privaten selbst beizumessen.

§. 4. Briefe oder Pakete, welche die Konfuln nach der Schweiz fenden, können diefelben entweder unfrankirt aufgeben oder auf andern Wegen sich die Kosten vergüten lassen. Wenn sie jedoch im Auftrag oder Jnteresse von Schweizern, welche in ihrem Konfnlarbezirk wohnen, mit schweizerischen Behörden korrefpondiren müssen, fo haben ihre Auftraggeber die Kosten zu tragen.

§. 5. Alle andern Baarauslagen, welche ein Konful ans Auftrag von Bundesbehörden oder Kantonsregierungen machen muß, sind demfelben zu erfetzen. Die Erstattung solcher Auslagen hingegen, welche ein Konsul ohne Auftrag, aber nach feiner Ansicht, im Jnteresse diefer Behörden gemacht hat, hängt von der nachträglichen Genehmigung derfelben ab.

§. 6. Diese Verordnung ist den schweizerischen Konsnln und den Kantonsregierungen mitzutheilen, sowie auch

280 öffentlich bekannt zu machen. Sie tritt vom Tage der Publikation an in Kraft.

(Folgen die Unterschriften.)

Entlassungen aus dem eidgenössischen Stab.

üBerhandlungen vom 12. Februar 1849.

Auf den Antrag des Militärdepartements hat der

schweizerische Bundesrath folgenden Offizieren des eidgenöfsischen Stabes in ihren im Laufe des vorigen Monats eingereichten Entlassungsgesuchen entsprochen: A. Jm D u a r t i e r m e i s t e r s t a b : Herrn
B. Jm G e n e r a l s t a b : Herrn eidgenössischen Obersten Joseph Schumacher-Uttenberg, von Luzern.

,, eidgenössischen Obersten Melchior Bfomer, von ,,

,, ,, ,,

Schwanden, Kantons Glarus.

eidgenössischen Obersten Johann Pioda, Con Lo* earno, Kantons Tessin.

Oberstlieutenant Ludwig Duplessis, in Laufanne.

Stabsmajor ...Mhelm Barera, von Olivone.

Hauptmann Francois Veillon, von Aigle, Kantons Waadt.

,, Stabsoberlieutenant Heinrich Adrian, von Nyon.

,, Stabsoberlieutenant H. J. E. Rilltet, von Genf.

C. Jm J u f t i z s t a b : Herrn Dr. Jonas Furrer.

D. Jm O b e r k r i e g s k o m m i s f a r i a t : Herrn Felix Balthafar, von Luzern, Oberkriegskommissariatsbeamter erster Klasse, mit Oberst.ientenantsrang.

' " Charles Dubois, von Vivis, Oberkriegskommissariatsbeamter zweiter Klasse, mit Majorsrang.

281

Herrn Adolf Bell, von Luzern, Beamter gleichen Grades.

,, Karl Firnkorn, von St. Gallen, Beamter dritter Klasse.

,, Ambrosius Sprecher, aus Ehur, Beamter fünfter Klasse.

Note des

schweizerischen Bundesrathes an das königlich^sardinische Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten.

Bern, den 31. Januar 1849.

Tit.

Die königlich=sardinische Regierung sah sich veranlaßt, dem schweizerischen Bundesrathe durch ihre Note vorn 23. Januar h. a. ihr Erstaunen und ihren Schmerz darüber auszudrücken, daß derselbe, vergessend jenes Wohlwollen und jene Gastfreundfchaft, welche die fchweizerifche Nation auszeichnen, gegen die lombardischen Flüchtlinge Maßregeln ergriffen habe, welche durch ihre Strenge das Maß einer genauen und gewissenhasten Neutralität überschreiten. Die erwähnte Note, welche der schweizerische Bnndesrath hiemit zu beantworten die Ehre hat, äußert sia) im Fernern dahin, daß, je enger durch die Entwicklung liberaler Jnstitutionen die Bande sich geknüpst haben,

welche Sardinien und die Schweiz umschlingen, die könig-

lich-sardinische Regierung desto mehr habe vertrauen müssen, es werden Flüchtlinge, die ihre Brüder seien, in der Schweiz jene großherzige Gastfreundschaft finden, an die sie empfohlen werden durch ihre Eigenschaft als Jtaliener

282

und durch den stete geheiligten Sfnfpruch (titre) dee Un* glucks. Jndem sodann ihre verehrliche Note nochmals eine schmerzliche Empfindung über das Geschehene ausdrückt, äußert sie das Vertrauen, daß der Bundesrath die Strenge der gegen die italienischen Flüchtlinge ergriffenen Maßregeln soviel möglich mildern werde.

Der schweizerische Bundesrath entnimmt vorerst Jhrer »erehrlichen Note mit Vergnügen, daß über die Behandlnng sardinifcher Angehöriger keine Beschwerde geführt wird, und er dürfte somit wohl, ohne die einem befrenndeten Staate schuldige Achtung zu verletzen, nach der Berechtignng fragen, für Angehörige eines dritten Staates auf diplomatischem Wege und offiziell zu interveniren. Der schweizerische Bnndesrath könnte sich ferner auf die ein-

fache Erklärung beschränken, daß die fraglichen Maßregeln

nicht von seinem Ermessen abhingen, sondern in gewissenCafter Erfüllung eines Beschlusses der obersten BundesBehörde ergriffen werden mußten, welcher er allein hier» über Rechenschaft zu geben schuldig sei. Allein er zieht es vor, über den Gegenstand selbst einzutreten, weil er einerseits die edeln Motive achtet, welche Jhrer Note zum Grnnde liegen, und weil er anderfeits ein unrichtiges Urtheil, das eine befreundete Staatsregierung über feine Handlungsweife ausfällt und offiziell mittheilt, nicht stillschweigend hinnehmen will.

Ja, Herr Minister, die Ansprüche des Unglücks sind

heilig, wie Sie sagen, allein nicht minder heilig sind die Verpflichtungen, welche dem unglücklichen Versolgten gegen seinen Gastfreund obliegen. Ew. Exzellenz fand für gut, die letztere Seite der Sache nicht zu erwähnen. Erlanben Sie dem fchweizerischen Bundesrath, den Gegenstand nach beiden Richtungen zu erörtern und das Bene.)inen der Schweiz gegen die italienischen Flüchtlinge, und

283

umgekehrt dasjenige der letztern gegen die erstere mit einigen Worten zu beleuchten.

Da Euer Exzellenz das frühere Benehmen der Schweiz gegen Flüchtlinge gebührend anerkennt, fo fei hier nur von der jüngsten Vergangenheit die Rede. Während des ganzen Krieges, besonders aber nach dem für Jtaliens Unabhängigkeit fo verhängnißvollen Tage von Enstozza, haben

große Massen italienischer Flüchtlinge die Schweiz durch-

zogen. Nicht nur fanden sie überall ein freies Afyl, fondern es bildeten sich hie und da fchweizerifche Komité's, um die armeni zu unterstützen, während viele der reichen Lombarden, die ebenfalls in der Schweiz ein Asyl fanden, sich kaltherzig von dem Unglück ihrer Landsleute abwanbten.

Es ist natürlich, daß die größte Anzahl der Flüchtlinge sich in den Kanton Tefsin begab und sich längere Zeit dort aufhielt. Hätten sich diefelben fo benommen, wie es in ihrer Verpflichtung lag, fo könnten sie diefen Angenblick noch und immer im Kanton Tessin bleiben. Jn Betracht ihres Verhaltens, das die schweizerische Neutralität in hohem Maße kompromittirt hat, wäre es keineswegs inhuman gewesen, dieselben gänzlich aus der Schweiz wegzuweisen. Allein auch das ist nicht geschehen, sondern die von der obersten Bundesbehörde ergriffene Maßregel beschränkt sich darauf, die Flüchtlinge nicht mehr in den zwei

Gränzkantonen zu dulden. Die ganze übrige Schweiz aber bietet ihnen zur Stunde noch ein offenes Afyl dar. Der Bundesrath kann daher keineswegs anerkennen, daß durch jene Maßregel die Grenze einer genauen und gewissenhaften Neutralität überschritten worden sei, sondern er hat im Gegentheil die Ueberzengung, daß man sich auf das Nothwendigste und Unerläßliche beschränkt habe.

Und welches war nun diesem nie verweigerten Asyl gegenüber das Verhalten der Flüchtlinge ? Um eine Menge

284 weniger bedeutender Kollisionen an den Gränzen, und vielfache Beleidigungen gegen fchweizerische Beamtete und Soldaten nicht näher zu berühren, erlaubt sich der Bundeerath nur, Ew. Exzellenz an zwei der flagrantesten Thatsachen zu erinnern. Die eine ist die durch Hinterlist und mit versteckten Waffen verübte Wegnahme eines für den fn'edlichen Verkehr bestimmten Dampfschiffes, welches in Folge jenes Ereignisses zur Stunde noch nicht dem freien Verkehr zurückgegeben ist. Die andere ist der bewassnete Einfall in's Jntelvithal, der während der Anwesenheit eidgenössifcher Kommtssarien und Truppen im Kanton Tessin allen Verordnungen und Vorsichtsmaßregeln zum Trotz vollzogen wurde. Diese Thatsachen sind grell ; sie sprechen

laut und unwiderleglich das Urtheil ans, daß die italie-

nischen Flüchtlinge das schweizerische Gastrecht ans eine undankbare Weise mißbraucht und verletzt haben.

Noch gehört es zur Sache, die Folgen zu berühren, welche für die Schweiz ans einem folchen Verhalten der Flüchtlinge hervorgingen. Längere Zeit hindurch war zum großen Nachtheil des Handels und der Judustrie jeder Verkehr mit der Lombardei unterbrochen, viele Hunderte schweizerischer 2Behrmänuer mußten ihre Familien und Gewerbe verlassen, in der rauhen Jahreszeit die Alpen pafsiren und einen beschwerlichen Grenzpolizeidienst verrichten, und die eidgenössische Kasse wurde mit enormen Ausgaben belastet. Das, Herr Minister, ist der Dank, welchen die gastfreie Schweiz von den italienischen Flüchtlingen, die Sie Jhrer besondern Protektion für würdig erachten, geerndtet hat.

Ungeachtet der vielen traurigen Erfahrungen, welche die Schweiz wegen politischer Flüchtlinge schon gemacht hat, wird sie dennoch, wie bisanhin, fortfahren, "den 33erfolgten und Unglücklichen eine Zufluchtsstätte zu gewähren,"

285 aber sie wird es zur unerläßlichen Bedingung machen, daß sie sich ruhig verhalten auf dem geheiligten Boden des Afyles, und der Bundesrath wird mit aller Energie darüber wachen, daß diese Bedingung erfüllt werde. Die Schweiz will sich nicht zum Werkzeug absoluter Staatsgewalten, aber ebensowenig zum Werkzeug fremder Revolutionen hergeben.

Der fchweizerifche Bundesrath kann endlich nicht umhin. Euer Exzellenz auf die Note vom 12. November 1848 aufmerksam zu machen, welche von dem damaligen königlich-sardinischen Ministerresidenten bei der Eidgenossenschaft dem Vorort übergeben wurde. Jn diefer Note spricht die

königlich-fardinische Regierung ihr größtes. Bedauern aus, daß die lombardischen Republikaner neulich und zwar von der Schweiz aus eine insurrektionelle Bewegung gegen das Veltlin unternommen haben, sie spricht sodann von den nachtheitfgen Folgen solcher Erscheinungen, und drückt sich unter anderm so ans: "Der Unterzeichnete (Herr von Rignon) hat daher von ,,seiner Regierung den Auftrag erhalten, die Aufmerksamkeit "des hohen eidgenössischen Vorortes auf diefen wichtigen «Gegenstand zu lenken, nicht zweifelnd, daß die oberste Bun,,desbehörde der Eidgenossenfchaft alle Maßregeln ergreifen "werde, damit Unternehmungen, wie die erwähnte, sich auf ,,der schweizerischen ©ranze nicht mehr organisiren können.

"Die königlich^ sardinisch e Regierung rechnet umfomehr auf "den Beistand der Bundesbehörde, um derselben zuvorzukom,,men und ihre Entwicklung auf dem fchweizerifchen Gebiete ,,zu verhindern, als jeder Verfuch der Art die italienifche ,,Sache fchwächen und Verwirrung und Nachtheile für die "Schweiz felbst hervorbringen muß."

So fprach damals die königlich-sardinische Regierung.

Schon vor dieser Note ergriff der Vorort, feine Pflicht

286

und das Jnteresse des Vaterlandes wohl erwägend, das einzige sichere Mittel, bewaffnete Unternehmungen auf der Gränze zu verhüten , nämlich die Entfernung der Flüchtlinge ans den Gränzkantonen. Seither sind kaum zwei Monate verflossen und die königliche Regierung von ·Sardinien, welche damals die Ergreifung aller Maßregeln zu Unterdrückungen der Bewegungen der lombardifchen Flüchtlinge dringend gewünfcht hat, fpricht nun über die bloße Jnternirnng der letztern ihre scharfe Miß-

lnlligung aus.

Der schweizerische Bundesrath sieht sich außer Stand, die beiden Noten vom 12. November verg. J. und vom 23. Januar d. J. in Einklang zu bringen, oder kann sich eine fo aussallende Erscheinung nur aus einem Wechsel .oon Personen und Ansichten erklären. Allein wenn in andern Staaten Meinungen schwanken, Parteien steigen oder fallen, Ministerien wechfeln, so ist das für die Schweiz kein Grnnd, sich aus der Bahn werfen zu lassen, welche Pflicht und Ehre und die Wohlfahrt it)rer Bürger ihr vorzeichnen. Sie muß sich selbst ihre Politik bilden, deren

Grundpfeiler gleiche Gerechtigkeit gegen Alle ist.

Jndem der Bundeörath nicht bezweifelt, daß Euer

Exzellenz durch die Würdigung aller dieser Verhältnisse zu einem andern Urtheil bestimmt werden, benutzt er gerne diesen Anlaß, Ew. Exzellenz feiner ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

(Folgen die Unterschristen.)

287

3irÜular des

schweizerischen Bundesrathes an sämmtliche in .Statten wohnende schweizerische Konsuln.

Bern, den 8. Februar

1849.

Tit.

Aus einem Berichte des schweizerischen Konsulates in Livorno, vom 31. Jannar 1849, ergibt sich, daß in dortiger Stadt und wahrscheinlich auch in anderen Gegenden Jtaliens eine höchst gereizte Stimmung gegen die Schweiz und in Folge dessen auch gegen die dortigen Schweizer sich äußert, und zwar in dem Maße, daß gefährliche Folgen für die letztern bevorstehen könnten.

Diefe Stimmung hat ihren Grund in den Ansichten und Gerüchten, welche theils über das Verfahren der schweizerischen Behörden gegen die italienischen Flüchtlinge, theils über die Kapitulationsverträge und die in Folge derselben stattgefundenen Werbungen unter der italienifchen Bevölkerung vorhanden sind. Da diefe Ansichten auf unwahren, .übertriebenen und höchst einseitigen Angaben beruhen, so sieht sich der Bundesrath veranlaßt, Jhnen, Herr Konsul, die erforderlichen Auffchlüsse über den wahren Sachverhalt zu ertheilen und den Auftrag damit zu verbinden. Sie möchten beförderlichst znm Behufe der Berichtigung der öffentlichen Meinung auf Grundlage dieser amtlichen Darftellung die geeigneten Schritte thun.

Die Schweiz hat es sich von jeher zur Ehre angerechnet, politisch Verfolgten eine freie Zufluchtsstätte zu gewähren.

Sie verlangte aber von den Flüchtlingen, daß sie auf dem Gebiete des Slfyls sich ruhig verhalten und nicht »on dem neutralen Boden der Schweiz aus gegen die Nachbarstaaten

288 feindselige Unternehmungen vorbereiten oder gar kriegerische Einsälle ausführen. Nach diefem Grundsatz hat sie auch in neuester Zeit gegen die italienischen Flüchtlinge gehandelt. Jn Folge der Kriegsereignisse in Oberitalien begab sich eine große Menge italienischer Flüchtlinge in die Schweiz : nicht nur fanden sie überall die Bewilligung des Aufent« halts, fondern die ärmere Klasse derfelben wurde auch nach Kräften unterstützt. Es ist natürlich, daß die größere .Anzahl sich nach dem Kanton Tefsin begab. Hätten sie die billige Bedingung erfüllt, welche die Schweiz von jeher

an den Genuß des Afylrechtes geknüpft hat, fo hätten sie sich fortwährend dort aufhalten können. Allein sie haben

das schweizerische Afylrecht mit dem grellsten Undank belohnt und durch ihr Verhalten es dahin gebracht, daß die Schweiz zur Aufrechthaltung ihrer politischen Grundsätze und zur Wahrung allgemein anerkannter internationaler Verpflichtungen Truppen nach dem Kanton Tessin senden und überhanpt sich großen Aufopferungen unterziehen mußte. So wird es Jhnen, Herr Konful, nicht unbekannt fein, daß die italienifchen Flüchtlinge sich mit Hinterlist oder mit versteckten Waffen eines Dampfschiffes bemächtigt haben, wodurch dasfelbe für lange Zeit dem Verkehr entzogen wurde. Sie werden ferner vernommen haben, daß die Flüchtlinge selbst während der Anwesenheit eidgenössischer Kommissarien und der Truppen im Kanton Tessin, trotz aller Vorsichtsmaßregeln und Verbote, einen bewaffneten Einfall in's Jntelvithal gemacht haben. Unter folchen Umständen wäre die Schweiz, ohne den Vorwurf von Härte zu verdienen, ohne Zweifel befugt gewefen, die Flüchtlinge des Afylrechtes für verlustig zu erklären und sie gänzlich aus ihrem Gebiete wegzuweisen; allein sie hat das nicht gethan, sondern denselben bloß den Aufenthalt in den Kantonen Tessin und Graubünden untersagt, ihnen

289 fortwährend das Asylrecht in der ganzen übrigen Schweiz gestattend, und bei der Ausführung diefer Maßregel wurde den eidgenöfsischen Kominissarien gestattet, alle diejenigen Personen auszunehmen, welche aus .Dtücksichten der Hurnanität auf eine noch mildere Behandlung Anfpruch machen konnten. Es ist daher eine grelle Verläumdung, wenn

in Jtalien von einer gänzlichen Wegweisung der Flüchtlinge gesprochen und dabei besonders noch hervorgehoben wird, daß mit einer ungewöhnlichen Strenge verfahren worden sei. Die Schweiz verfährt im Gegentheil mit einer großen Geduld, wenn sie jener Vorgänge ungeachtet auch jetzt

noch fast ihr ganzes Gebiet den Flüchtlingen zum Asyle anbietet.

Wenn man das althergebrachte Verfahren der Schweiz gegen politifch Verfolgte und auch die erwähnten neuern Vorgänge in's Auge faßt, fo wird niemand mit Grund .bezweifeln können, daß die Schweiz stets von einer natür-

lichen Sympathie für die Völker durchdrungen ist, welche ihre politifche Freiheit anstreben, daß diefe Sympathie aber ihre natürliche Gränze da sinden muß, wo es sich um ihre Sicherheit, um das feit langer Zeit festgehaltene und neulich durch die oberste Bundesverfammlung bestätigte Prinzip der Neutralität und um allgemein anerkannte völkerrechtliche Verpflichtungen handelt.

Der fchweizerifche Bundesrath muß es übrigens sehr bedauern, daß in Toskana und in andern Gegenden Jtaliens durch unwahre Angaben und leichtsinnige Gerüchte oder durch Publikation einzelner aus dem Zufammenhang losgerissener Stellen amtlicher Akten die öffentliche Meinung zum Nachtheil der Schweizer ausgebeutet wird.

Denn die Schweiz hat vermöge ihrer zu allen Zeiten den Verfolgten bewiesenen Gastfreundschaft unbestreitbare Rechte auf die Achtung und Dankbarkeit der andern Völker

290 und namentlich anch Jtaliens, desjenigen Landes, dem eine

große Anzahl politisch Verfolgter angehörte, welche ungeachtet kräftiger Reklamationen der großen Mächte, nicht nur jenfeits der Alpen im Kanton Tefsin, sondern fast in allen Hauptstädten der Schweiz Jahre lang ein sicheres Afyl genossen haben. -- Dieses alles nun scheint man in Jtalien vergessen zu haben, und stellt Anforderungen an

die Schweiz, welche mit der Gerechtigkeit, sowie mit ihrer Selbstständigkeit und Wohlsahrt unverträglich sind. Man ist nicht mehr zufrieden mit dem ruhigen Afyl auf dem schweizerischen Gebiete, sondern man will dasselbe zum Werkzeug fremder Revolutionen benutzen. Das Erste wird die Schweiz auch künftig gerne gewähren, trotz allen Undanks, den sie davon erndtet, aber die letzte Znmnthnng muß sie mit Entschiedenheit ablehnen, und sie hat nichts anderes als dieses gethan, da sie durch das Benehmen der Flüchtlinge gezwungen war, sie aus den Gränzkantonen zu entfernen.

Was die Werbungen in den neapolitanifchen Dienst fcetrisst, so hat die Schweiz durch die neue Bundesverfassung an den Tag gelegt, daß sie den ernsten Willen hat, diefem Söldnerdienst für die Zukunft ein Ende ju machen. Allein die bisherigen Werbungen beruhen auf

Kapitulationen, welche das Königreich Neapel nicht mit der Schweiz, sondern mit einzelnen, in dieser Beziehung damals souveränen Kantonen abgeschlossen hat und deren Dauer noch nicht abgelausen ist. Jene Verträge hat die Eidgenossenschaft bei ihrer neuen Konstitnirung nicht sofort abgeschafft, sei es, daß sie an ihrer Kompetenz zweifelte, sei es, daß sie ein gegebenes Wort achten wollte, oder

endlich, daß sie Rücksicht nahm anf das künftige Loos mehrerer Tausende ihrer Bürger, welche ohne Berns, ohne Pension, ohne alle Aussicht in die Zukunft einem traurigen

291 Schicksal anheimgefallen wären. Bei dieser Sachlage wird es jedem Unbefangenen einleuchten, daß die Bundesregierung nicht Maßregeln ergreifen konnte, welche die bei der Kapitulation betheiligten Kantone als Eingriff in die Bundesverfassung erklären würden, und daß somit die Vorwürfe, welche erhoben werden, auf völliger Unkenntniß der Verhältnisse beruhen.

Da die k. fardinifche Note an die Schweiz, d. d.

23. Januar h. a. in Jtalien durch die Presse veröffentlicht wurde, so nimmt der Bundesrath keinen Anstand, eine Abschrift seiner Antwort Jhnen zu beliebigem Gebrauche zu übersenden.

Jndem der Bundesrath Sie schließlich einladet, »on dieser Darstellung im Jnteresse der Wahrheit und Jhres Vaterlandes den umfassendsten Gebrauch zu machen, benutzt er diefen Anlaß, Sie seiner Hochachtung zu versichern.

(Folgen die Unterschriften.)

Note des

Bundesrathes an das grofherzoglich toskanische Ministerium des Aeu^ern.

Bern, den 8. Februar 1849.

Tit.

Der schweizerische Handelskonsul in Livorno hat dem Bundesrath berichtet, daß eine äußerst feindfelige Stimniung der Bevölkerung gegen die daselbst wohnenden Schweizer sich knnd gebe, veranlaßt durch die Rekrutentransporte in

292 neapolitanischem Dienste und durch die angeblich harte Be..-

Handlung der italienischen Flüchtlinge in der Schweiz. Jndem der schweizerische Konsul im Fernern bemerkte, daß jene Stimmung in offene Drohung von Gewalt übergegangen sei, fügte er bei, daß er bereits zum Schütze feiner bedrohten Landsleute bei der großherzoglich toskanischen .Dîegierung Schritte gethan.habe, welche eine bereitwillige Anerkennung zu finden scheinen.

Der Bundesrath hat zwar keine Veranlassung zu bezweifeln, daß die hohe Regierung von Toskana, von Gerechtigkeitsliebe befeelt und im vollen Bewußtsein der

Würde und Verpflichtung ihres Amtes, alle Maßregeln ergreifen werde, welche geeignet sind, die gesetzliche Ordnung aufrecht zu halten und den Schutz der Perfonen und des Eigenthums zu sichern. Dessenungeachtet hält

sich der Bundesrath bei der Wichtigkeit der Sache für verpflichtet, die Schritte des Konfnls bei der großherzog* lichen Regierung ausdrücklich zu billigen und hiemit sein Gesuch mit allem Nachdruck zu unterstützen. Es bedarf dasselbe wohl keiner weitern Rechtfertigung und es wäre selbst dann begründet, wenn die Beschwerden, welche gegenwärtig in Jtalien über die Schweiz geführt werden, anf Wahrheit beruhen würden. Letzteres ist aber in keiner Weife der Fall, fondern dieselben beruhen ans Unkenntniß der Verhältnisse und aus Entstellungen und Uebertreibnngen einer schlecht unterrichteten oder leidenschaftlichen Presse.

Der fchweizerifche Bundesrath benutzt daher noch diesen Anlaß, Euer Exzellenz über die erwähnten Verhältnisse den wahren Sachverhalt mitzntheilen.

Die italienischen Flüchtlinge, welche nach den bekannten Kriegsereignissen in großer Anzahl nach der Schweiz kamen, genossen überall das althergebrachte Asylrecht und wurden zudem nach Kräften unterstützt. Diejenigen unter ihnen.

293 welche sich im Kanton Tessin aufhielten, benutzten nun wiederholt diese Zufluchtsstätte, um von schweizerischem Gebiete aus bewaffnete Einfalle in die Lombardei zu .machen, Unternehmungen, welche ebenfofehr die völkerrechtliche Stellung der Schweiz kompromittirten, als sie nutzlos fein mußten für die italienifche Sache. Unter diefen Umständen befchloß schon der frühere Vorort und nachher die Bundesversammlung, diese Flüchtlinge, die keiner Belehrung und keiner ernsten Mahnung zugänglich waren, aus den beiden Gränzkantonen Tessin und Graubünden zu entfernen. Diefe Maßregel wurde mit der gebührenden Schonung vollzogen, fo daß alle diejenigen Personen davon ausgenommen wurden, welche aus Rücksichten der Huinanität auf eine exzeptionelle Behandlung Anfpruch machen durften. Es ist daher die Behauptung unwahr, daß mit schonungsloser Härte verfahren worden sei, und ebenso unwahr, daß man den Flüchtlingen das Afylrecht entzogen habe. Noch jetzt können sie dasselbe fast in der ganzen Schweiz genießen, aber die Letztere ist es ihrer Sicherheit

und ihrer Ehre fchnldig, völkerrechtliche Verpflichtungen anzuerkennen und dafür zu forgen, daß nicht von ihrem Gebiete aus bewaffnete Angriffe gegen andere Staaten unternommen werden.

Was die Werbungen in den neapolitanischen Dienst betrifft, fo .wird Eiter Exzellenz nicht unbekannt sein, daß jwischen dem Königreich Neapel und einzelnen Schweizerïantonen Kapitulationen bestehen, deren Dauer noch nicht abgelaufen ist. Die neue schweizerische .Bundesverfassung hat nun für die Zukunft jeden Vertrag der Art unterfagt, aber sie hat die fchon bestehenden Kapitulationen nicht aufgehoben. Es folgt hieraus, daß die Bundesregierung nicht in der Stellung ist, die Rechtsverhältnisse befeitigen zu können, in denen sich jene Kantone, sowie die angeBunbesblatt I.

24

294 wordenen Truppen Kraft jener Vertrage befinden, nnd daß daher die Angriffe auf die schweizerischen Behörden eben so ungerecht, als grundlos sind.

Jndem der Bundesrath sich der Hoffnung hingeben darf, daß diefe Darstellung des wahren Sachverhalts bei der großherzoglich toskanischen Regierung die gebührende Würdigung finden werde, und indem er nochmals Kraft völkerrechtlicher Beziehungen die in Toskana wohnenden Schweizerbürger dem Schütze der großherzoglichen Regierung angelegentlich empfiehlt, benutzt er gerne diesen Anlaß, Euer Exzellenz die Versicherung seiner vollkommenen Hoch* achtung zu erneuern.

(Folgen die Unterschriften.)

Militärfapitulationen.

Verhandlung vom 12. Februar 1849.

Nach Kenntnißnahme von dem Bericht und Antrage des politischen Departements, vorn 10. dieß, betreffend die von der Regierung von Uri ertheilte Auskunft über die Verlegung des Hauptwerbedepots für die vier SchweizerRegimenter in königl. sizilianifchen Diensten von Genua nach Altorf, -- wurde, in Betrachtung: 1) Daß aus den Akten unzweideutig hervorgeht, es sei der Vertrag mit der Regierung von Neapel abgeschlossen und nicht mit untergeordneten Behörden, denn: a. Es liegt schon in der Natur der Sache, daß die Verlegung eines Hauptwerbedepots ....on einem Lande

295

in das andere nur durch die Regierungen verfügt werden kann, weil wichtige politische, finanzielle und militärifche ..Rücksichten dabei in Frage kommen,

und es ist hierbei ganz gleichgültig, ob nur eine untergeordnete Behörde von der Regierung zu der Verlegung autorisirt werde.

b. Die Kapitulation mit Uri d. d. 15. Juni 1829 ist abgefchlossen mit dem neapolitanischen Minister Calvello, woraus von selbst folgt, daß ohne Konsens der Regierung nicht eine schweizerische Regimentsverwaltung wesentliche Bestimmungen derselben abändern kann.

c. Das königl. Kriegsministerium macht am 12. Dezem.» ber a. p. dem schweizerischen Konsul in Neapel die

Anzeige, daß Herr Oberst Müller von der königl.

Regierung beauftragt sei, Veränderungen in der Rekrutirung zu reguliren und ersucht denselben, dieses der Eidgenossenschaft mitzutheilen.

d. Jn dem zwischen der Regierung von Uri und Herrn Müller am 10. Januar h. a. abgeschlossenen Vertrage erscheint der Letztere in der Eigenschaft eines

Bevollmächtigten des königl. sizilianifchen Kriegsministeriums.

2) 2>aß, wenn auch der erwähnte Vertrag verfchiedene polizeiliche Bestimmungen über, die Erhaltung guter

Disziplin unter den Rekruten enthält, der Hauptgegenstand desselben, nämlich die Verlegung des Depots von Genua «ach Altorf, im Sinne des Art. 9 der Bundesverfassung unmöglich als ein bloßer Gegenstand des polizeilichen Verkehrs betrachtet werden kann.

3) Daß, sobald die Jnkompetenz des Standes Uri dargethan ist, einen Vertrag der Art mit dem Ausland abzuschließen, es gegenwärtig nicht erforderlich wird, über

296 das Verhältniß eines solchen Vertrages zum Art. 11 der Bundesverfassung einzutreten.

Beschlossen: 1) Der zwischen dein Stande Uri und Herrn Oberstlieutenant Müller abgeschlossene Vertrag, d. d. 12. Januar 1849* ist wegen Jnkompetenz nichtig zu erklären und die ...Bollziehung desselben zu untersagen.

2) Dieser Beschluß ist der Regierung des Stande....

Uri raitzutheilen.

Berichtigung.

Jn Nr. 13 des Bundesblattes ist der zum General.Postdirektor ernannte Herr Laroche-Stehelin mit dem imgen Vornamen E m a n u e l bezeichnet worden; der Leser ist gebeten, einfach diesen Namen auszustreichen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Verhandlungen des Bundesrathes. (Fortsetzung.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1849

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

15

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

07.04.1849

Date Data Seite

277-296

Page Pagina Ref. No

10 000 053

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.