06.079 Botschaft zur Änderung des Parlamentsgesetzes (Unvereinbarkeit mit Mitgliedschaft in ausserparlamentarischen Kommissionen) vom 22. September 2006

Sehr geehrte Herren Präsidenten Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf einer Teilrevision des Parlamentsgesetzes (Unvereinbarkeit mit Mitgliedschaft in ausserparlamentarischen Kommissionen) mit Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. September 2006

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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Übersicht Artikel 14 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (ParlG, SR 171.10) enthält eine ausführliche Regelung der Unvereinbarkeit zwischen Parlamentsmandat und anderen Tätigkeiten. Diese Regelung tritt gemäss Artikel 174 Absatz 3 ParlG am 3. Dezember 2007 in Kraft.

Im Zusammenhang mit der Überprüfung der ausserparlamentarischen Kommissionen, welche im Rahmen eines Teilprojektes der Bundesverwaltungsreform REF 05/07 erfolgt, stellten sich Auslegungsprobleme betreffend Artikel 14 Buchstabe c ParlG. Es bestand die Unsicherheit, ob ein Parlamentsmandat mit einem Mandat in einer ausserparlamentarischen Kommission unvereinbar sei oder nicht. Dabei hat sich gezeigt, dass der erwähnte Artikel unklar und auslegungsbedürftig ist.

Der Bundesrat schlägt eine Ergänzung von Artikel 14 Buchstabe c ParlG vor, wonach zwischen Parlamentsmandat und Mitgliedschaft in ausserparlamentarischen Kommissionen eine Unvereinbarkeit besteht. Damit wird rechtzeitig auf die Gesamterneuerungswahl des Nationalrates im Herbst 2007 hin Rechtssicherheit geschaffen.

Mit der Bestimmung von Artikel 14 ParlG hatte der Gesetzgeber die Absicht, eine vollständige Unvereinbarkeitsregelung zu erlassen. Die vorgeschlagene Revision klärt eine unpräzise Formulierung entsprechend dem Sinn und Zweck der Bestimmung.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Im Rahmen des neuen Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20021 (ParlG) ist die Unvereinbarkeitsregelung von Artikel 14 geschaffen worden. Artikel 14 Buchstabe c ParlG sieht vor, dass das Personal der zentralen und der dezentralen Bundesverwaltung, der Parlamentsdienste und der eidgenössischen Gerichte, sofern die spezialgesetzlichen Bestimmungen nicht anderes vorsehen, nicht der Bundesversammlung angehören dürfen.

Anlässlich der Überprüfung der ausserparlamentarischen Kommissionen, welche im Rahmen eines Teilprojektes der Bundesverwaltungsreform REF 05/07 durchgeführt wird, sind Auslegungsprobleme betreffend Artikel 14 Buchstabe c ParlG, insbesondere hinsichtlich des Begriffes «Personal der dezentralen Bundesverwaltung», aufgetreten. Es bestand die Unsicherheit, ob Mitglieder von ausserparlamentarischen Kommissionen als «Personal» der dezentralen Bundesverwaltung betrachtet werden können.

Bei einer Auslegung im engeren Sinn würde die Unvereinbarkeit nur für das Personal gemäss Bundespersonalgesetz, d.h. für allfällige Sekretariate ausserparlamentarischen Kommissionen bestehen. Demgegenüber sind die Mitglieder dieser Kommissionen nicht Bundesangestellte im Sinne der Bundespersonalgesetzgebung. Nach dieser Auslegung gäbe es keine gesetzliche Grundlage, um eine Unvereinbarkeit zwischen Parlamentsmandat und Einsitznahme in ausserparlamentarischen Kommissionen zu statuieren.

Legt man den Begriff «Personal der dezentralen Bundesverwaltung» hingegen weit aus, würde Artikel 14 Buchstabe c ParlG eine gesetzliche Grundlage für die angesprochene Unvereinbarkeit darstellen. Aufgrund einer teleologischen Interpretation, welche nach Sinn und Zweck der Bestimmung fragt, würden unter den auslegungsbedürftigen Begriff nicht nur die angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch die Mitglieder der ausserparlamentarischen Kommissionen fallen.

Diese Auffassung wird damit begründet, dass es widersprüchlich und konzeptionell nicht nachvollziehbar wäre, wenn (angestellte) Sekretariatsmitarbeiter und -mitarbeiterinnen von der Unvereinbarkeit erfasst würden, die in der Sache zuständigen Kommissionsmitglieder aber nicht. Deshalb seien Kommissionsmitglieder, ihre Verwaltung und ihr Sekretariat einheitlich zu behandeln und als Personal der Bundesverwaltung im Sinne von Artikel 14 Buchstabe c ParlG zu betrachten.
Diese weite Auslegung führte zu einer weiteren Unsicherheit, nämlich, ob diese Auslegung für alle ausserparlamentarischen Kommissionen gleichermassen gelten soll, ohne zwischen entscheidberechtigten Behördenkommissionen und nur beratend und vorbereitend tätigen Verwaltungskommissionen zu unterscheiden, oder ob nur die Behördenkommissionen unter Artikel 14 Buchstabe c ParlG fallen.

Um die vorgenannten Auslegungsprobleme und -unsicherheiten zu beseitigen, soll die gesetzliche Bestimmung von Artikel 14 Buchstabe c ParlG durch eine Ergänzung im Wortlaut angepasst werden. Damit wird im Hinblick auf die Gesamterneue1

SR 171.10

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rungswahl des Nationalrates im Herbst 2007 Rechtssicherheit darüber hergestellt, dass ein Parlamentsmandat und die Einsitznahme in einer ausserparlamentarischen Kommission unvereinbar sind.

1.2

Verzicht auf eine Vernehmlassung

Für das heutige Parlamentsgesetz wurde seinerzeit auf die Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens verzichtet. Da die Vorlage eine geringfügige Präzisierung des Parlamentsgesetzes beinhaltet, erachtet der Bundesrat die Durchführung des Vernehmlassungsverfahrens nicht als erforderlich.

2

Erläuterungen der Neufassung von Artikel 14 Buchstabe c

Die vorgeschlagene Ergänzung und damit Präzisierung betrifft einzig Artikel 14 Buchstabe c ParlG und belässt die übrigen bestehenden Unvereinbarkeitsgründe unverändert. Durch einen neuen Satzteil in Buchstabe c wird klargestellt, dass zwischen einem Parlamentsmandat und einer Mitgliedschaft in einer ausserparlamentarischen Kommission eine Unvereinbarkeit besteht.

Ausserparlamentarische Kommissionen gehören gemäss Artikel 6 der Regierungsund Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 19982 (RVOV) organisationsrechtlich zur dezentralen Bundesverwaltung. Artikel 5 der Kommissionenverordnung vom 3. Juni 19963 (KoV) unterscheidet zwischen entscheidberechtigten Behördenkommissionen und den Verwaltungskommissionen mit rein beratenden oder vorbereitenden Kompetenzen. Im Interesse einer klaren und einheitlichen Regelung wird bei der vorliegenden Unvereinbarkeitsbestimmung nicht zwischen den Behördenkommissionen und den Verwaltungskommissionen im Sinne von Artikel 5 KoV unterschieden. Die Unvereinbarkeitsregelung gilt somit für die Mitgliedschaft in allen ausserparlamentarischen Kommissionen.

Obwohl Verwaltungskommissionen nur vorbereitend und beratend tätig sind, dürfen diese Aufgaben in keiner Weise als politisch unbedeutend und untergeordnet betrachtet werden. Durchaus können Verwaltungskommissionen mit ihren materiellen Stellungnahmen, Empfehlungen, Informationen und Anregungen in bedeutendem Ausmass an der Erarbeitung von Entscheidgrundlagen für den Bundesrat beteiligt sein. Dies müsste aber für jede Verwaltungskommission im Einzelnen geklärt werden. Der Entscheid, ob eine Verwaltungskommission massgeblich an der Erarbeitung von bundesrätlichen Entscheidgrundlagen mitwirkt oder nicht, wäre sehr schwierig und würde in der Praxis zu erheblichen Abgrenzungsproblemen führen.

Mit der neuen Unvereinbarkeitsregelung wird der personellen Gewaltenteilung Rechnung getragen, und es lassen sich Interessen- und Loyalitätskonflikte zwischen der Ausübung des parlamentarischen Mandats und der Tätigkeit in einer ausserparlamentarischen Kommission vermeiden.

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SR 172.010.1 SR 172.31

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Ohne eine solche Regelung könnten beispielsweise gewisse Kommissionsmitglieder, welche massgeblich an der Erarbeitung einer bundesrätlichen Vorlage beteiligt sind, in Loyalitätskonflikte geraten, wenn sie als Parlamentsmitglied gegen die bundesrätliche Vorlage oder gegen die von ihnen in der Kommission behandelten Geschäfte Stellung nehmen müssen.

3

Auswirkungen

Die Vorlage führt zu keinen finanziellen oder personellen Mehraufwendungen.

Sie hat hingegen im Hinblick auf die Gesamterneuerungswahl des Nationalrates im Herbst 2007 unmittelbare Auswirkungen auf 4 Mitglieder des Ständerates und 19 Mitglieder des Nationalrates; diese wären von der nunmehr präzisierten Unvereinbarkeitsregelung betroffen. Diese Mitglieder verteilen sich auf insgesamt 14 ausserparlamentarische Kommissionen, davon 12 Verwaltungskommissionen und 2 Behördenkommissionen.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bericht der Legislaturplanung 2003­20074 nicht vorgesehen. Auf den Finanzplan des Bundes hat sie keine Auswirkungen.

5

Rechtliche Aspekte

Nach Artikel 144 Absatz 3 der Bundesverfassung5 kann der Gesetzgeber neben den ausdrücklich im Verfassungsrecht statuierten Unvereinbarkeitsgründen weitere vorsehen. Gestützt darauf wurde Artikel 14 ParlG erlassen. Mit der Neufassung von Artikel 14 Buchstabe c ParlG wird der Katalog der Unvereinbarkeiten zwischen einem Parlamentsmandat und anderen Tätigkeiten durch eine Ergänzung im Wortlaut präzisiert.

4 5

BBl 2004 1149 SR 101

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