Generelle Bewilligung zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens Die Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung, hat an der Plenarsitzung vom 10. Februar 2006, gestützt auf Artikel 321bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0); Artikel 1, 3, 9, 10, 11 und 13 der Verordnung vom 14. Juni 1993 über die Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Bereich der medizinischen Forschung (VOBG; SR 235.154); in Sachen Klinik für Chirurgie, Spitalregion St. Gallen Rorschach, betreffend Gesuch vom 09. August 2005 für den Erhalt einer generellen Bewilligung zurOffenbarung des Berufsgeheimnisses im Sinne von Artikel 321bis StGB zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens, verfügt: 1. Bewilligungsnehmerin Der Klinik für Chirurgie der Spitalregion St. Gallen Rorschach wird unter den nachfolgenden Bedingungen und Auflagen eine generelle Bewilligung gemäss Artikel 321bis StGB in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 und 2 und Artikel 11 VOBG erteilt. Verantwortlich für die Bewilligungsforschung innerhalb der Klinik ist der Chefarzt, Prof. Dr. med. Jochen Lange.

Durch die Bewilligung wird dem mit betriebsinterner Forschung betrauten Personal der Klinik für Chirurgie der Spitalregion St. Gallen Rorschach sowie den von ihnen betreuten Doktorandinnen und Doktoranden gestattet, zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens unter den nachstehenden Bedingungen nicht anonymisierte Daten einzusehen.

Durch die Bewilligung wird die Einsichtnahme in nicht anonymisierte Daten ermöglicht, ohne dass der Datenanleger dadurch sein Berufsgeheimnis verletzt. Dies gilt jedoch nur innerhalb der als Bewilligungsnehmerin bezeichneten Klinik für Chirurgie der Spitalregion St. Gallen Rorschach. Sofern Forschungsprojekte auf nicht anonymisierte Daten externer Spitäler oder Kliniken, medizinischer Institute oder frei praktizierender Ärztinnen und Ärzte angewiesen sind, oder wenn externen Forschenden Einblick in nicht anonymisierte Daten der Klinik für Chirurgie der Spitalregion St. Gallen Rorschach gewährt werden muss, ist bei der Expertenkommission ein Gesuch um Erhalt einer Sonderbewilligung einzureichen.

2. Zweck und Umfang der Dateneinsicht Die Bewilligung umfasst das Recht, den
Krankengeschichten der Klinik für Chirurgie der Spitalregion St. Gallen Rorschach die für internen Forschungsprojekte relevanten Daten zu entnehmen.

3. Bedingungen Wenn die Einwilligung der betroffenen Personen zur Verwendung ihrer Daten ohne unverhältnismässig grosse Schwierigkeiten und ohne, dass ihnen ein erheblicher Schaden zugefügt wird, eingeholt werden kann, so dürfen die Daten nicht gestützt auf die vorliegende Bewilligung zu Forschungszwecken verwendet werden.

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Wenn das Forschungsprojekt mit anonymisierten Daten durchgeführt werden kann, dürfen keine nicht anonymisierten Daten gestützt auf die vorliegende Bewilligung verwendet werden.

Die den Krankengeschichten für Forschungsprojekte entnommenen Daten müssen zu Beginn der Forschungstätigkeit anonymisiert werden.

Die betroffenen Personen müssen über ihre Rechte informiert werden, insbesondere über die Möglichkeit, die Verwendung ihrer Daten zu Forschungszwecken zu untersagen (Vetorecht). Daten, deren Weitergabe durch die berechtigten Personen untersagt wurde, dürfen nicht zu Forschungszwecken verwendet werden.

4. Datensammlungen und Kreis der Zugriffsberechtigten a)

Die Klinik für Chirurgie der Spitalregion St. Gallen führt die Krankengeschichten in Papierform und auszugsweise elektronisch auf einer Datenbank.

b)

Ärztliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Doktorandinnen und Doktoranden der Klinik für Chirurgie der Spitalregion St. Gallen Rorschach können zu Forschungszwecken mit Einwilligung des Chefarztes auf Datenmaterial aus den klinikeigenen Krankengeschichten Zugriff nehmen. Auf bereits bearbeitete Daten darf je nach Bedürfnis erneut zugegriffen werden.

Nach Abschluss des Forschungsprojektes ist für einen erneuten Datenzugriff wiederum die Einwilligung des Chefarztes einzuholen.

5. Dauer der Datenaufbewahrung Die Befristung der Aufbewahrung richtet sich nach kantonalem Recht. Die Vernichtung der für das Projekt verwendeten Personendaten hat gemäss den Vorschriften des kantonalen Datenschutzbeauftragten zu erfolgen.

6. Erkennungsmerkmale Die Klinik für Chirurgie der Spitalregion St. Gallen Rorschach muss sicherstellen, dass in den auf den gesammelten Daten basierenden Publikationen die betroffenen Personen nicht identifizierbar sind.

7. Auflagen a)

Für jedes gestützt auf die vorliegende Bewilligung durchzuführendes Forschungsprojekt muss die Bewilligungsnehmerin eine «non obstat»-Erklärung der zuständigen Ethikkommission des Kantons St. Gallen einholen. Der Chefarzt, der gegenüber der Expertenkommission die Verantwortung für die gestützt auf die vorliegende Bewilligung durchgeführte Forschung trägt, bestätigt durch Visum der «non obstat»-Eklärung, dass das Forschungsprojekt den ethischen und datenschutzrechtlichen Anforderungen entspricht. Erteilt die Ethikkommission die «non obstat»-Erklärung nicht, darf das Forschungsprojekt nicht gestützt auf die vorliegende Bewilligung durchgeführt werden.

Das Einholen einer Sonderbewilligung bleibt diesfalls aber vorbehalten

b)

Personendaten müssen durch angemessene technische und organisatorische Massnahmen gegen unbefugtes Bearbeiten geschützt werden. Die Bewilligungsnehmerin richtet sich dabei nach dem vom Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten herausgegebenen Leitfaden zu den technischen und organisatorischen Massnahmen des Datenschutzes.

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c)

Die Krankengeschichten und die elektronischen Datensammlungen müssen einen Vermerk über eine allfällig erfolgte Verweigerung der Zustimmung zur Verwendung der Daten zu Forschungszwecken (Vetorecht) enthalten.

Die Beachtung des Vetorechts muss sichergestellt werden.

d)

Die Bewilligungsnehmerin hat die gestützt auf die vorliegende Bewilligung durchgeführten Forschungsprojekte zu registrieren. Sie meldet sie einmal jährlich dem Sekretariat der Expertenkommission zu Handen des Präsidenten. Die Meldung muss folgendes beinhalten: ­ den Titel des Forschungsprojekts; ­ Grösse des Kollektivs, die Einschlusskriterien und den Forschungszweck; ­ Name des oder der verantwortlichen Projektleiters oder Projektleiterin; ­ Namen der Personen, die Einblick in nicht anonymisierte Daten nehmen; ­ für jedes einzelne Forschungsprojekt den Nachweis einer «non obstat»Erklärung der zuständigen Ethikkommission gemäss Bst. a).

e)

Die Klinik für Chirurgie der Spitalregion St. Gallen Rorschach erstellt ein Reglement betreffend den Zugriff auf Personendaten zu Forschungszwecken und stellt dieses dem Sekretariat zu Handen des Kommissionspräsidenten zu.

Aus dem Zugriffsreglement muss hervorgehen, in welcher Funktion und unter welchen Bedingungen Mitarbeitende der Klinik für Chirurgie der Spitalregion St. Gallen Rorschach zu Forschungszwecken Zugriff auf personenbezogene Daten erhalten. Personen, die Forschung betreiben, aber über keine Zugriffsberechtigung verfügen, darf kein Zugriff auf die nicht anonymisierten Daten gewährt werden. Externen Institutionen oder externen Forschenden dürfen Daten nur in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt werden.

Zugriffsberechtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die beiliegende Erklärung betreffend die ihnen gemäss Artikel 321bis StGB auferlegte Schweigepflicht zu unterzeichnen. Die Bewilligungsnehmerin bewahrt die unterschriebenen Erklärungen zu Handen der Expertenkommission bzw. für den Fall einer Kontrolle, zu Handen des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten auf.

8. Bewilligungsdauer und -beständigkeit Die vorliegende Bewilligung wird für eine Dauer von fünf Jahren ab Eintritt der Rechtskraft erteilt.

Vor Ablauf der Bewilligungsdauer sind der Expertenkommission folgende Mutationen zu melden: ­

Wechsel des für die Bewilligungsforschung zuständigen Chefarztes;

­

Änderungen in der Datenverwaltung;

­

Änderungen im Zugriffsreglement;

­

Änderungen in der Organisations- oder Verwaltungsstruktur der Klinik.

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Die Expertenkommission entscheidet nach Eingang der entsprechenden Meldung, ob ein neuer, ergänzender Bewilligungsentscheid gefällt werden muss.

9. Frist zur Auflagenerfüllung Der Klinik für Chirurgie der Spitalregion St. Gallen Rorschach wird zur Erfüllung der Auflage gemäss Ziff. 7 lit. e eine Frist von sechs Monaten ab Rechtskraft der Bewilligung gesetzt.

10. Rechtsmittelbelehrung Gegen diese Verfügung kann nach Massgabe von Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe c des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) und Artikel 44 ff. des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) innert 30 Tagen seit deren Eröffnung bzw. Publikation bei der Eidgenössischen Datenschutzkommission, Postfach, 3000 Bern 7, Verwaltungsbeschwerde erhoben werden. Die Beschwerde ist im Doppel einzureichen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der beschwerdeführenden Partei oder ihres Vertreters oder ihrer Vertreterin zu enthalten.

11. Mitteilung und Publikation Diese Verfügung wird der Klinik für Chirurgie der Spitalregion St. Gallen Rorschach und dem Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten schriftlich mitgeteilt. Das Verfügungsdispositiv wird im Bundesblatt veröffentlicht. Wer zur Beschwerde legitimiert ist, kann innert der Beschwerdefrist beim Sekretariat der Expertenkommission, Bundesamt für Gesundheit, Abteilung Recht, 3003 Bern, nach telefonischer Voranmeldung (031 322 94 94) Einsicht in die vollständige Verfügung nehmen.

4. April 2006

Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung Der Präsident: Prof. Dr. iur. Franz Werro

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