06.080 Botschaft betreffend die Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen mit Serbien und Montenegro, Guyana, Aserbaidschan, Saudi-Arabien und Kolumbien vom 22. September 2006

Sehr geehrte Herren Präsidenten Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung fünf Entwürfe zu Bundesbeschlüssen betreffend die Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen mit Serbien und Montenegro, Guyana, Aserbaidschan, Saudi-Arabien sowie Kolumbien.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. September 2006

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2006-1949

8455

Übersicht Seit Ende 2005 hat die Schweiz fünf neue bilaterale Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (ISA) unter Ratifikationsvorbehalt unterzeichnet. Es handelt sich um die Abkommen mit Serbien und Montenegro, Guyana, Aserbaidschan, Saudi-Arabien und Kolumbien.

Zweck der ISA ist es, durch Schweizer Staatsangehörige und Unternehmen in den Partnerländern getätigten Investitionen ­ und umgekehrt Investitionen in der Schweiz aus diesen Staaten ­ staatsvertraglichen Schutz vor nichtkommerziellen Risiken zu gewährleisten. Zu solchen Risiken zählen staatliche Diskriminierungen gegenüber einheimischen Investoren, unrechtmässige Enteignungen oder ungerechtfertigte Behinderungen des Zahlungs- und Kapitalverkehrs. Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten ermöglichen nötigenfalls eine schiedsgerichtliche Durchsetzung von Abkommensansprüchen. Mit dem Abschluss von ISA verbessern die Vertragsstaaten die Rahmenbedingungen und damit die Attraktivität ihrer Standorte für internationale Investitionen.

Für die Schweiz sind grenzüberschreitende Investitionen seit langem von grosser Bedeutung. Der Bestand der schweizerischen Direktinvestitionen im Ausland (Ende 2004: 450 Milliarden Franken) und die Zahl der von Schweizer Unternehmen im Ausland angebotenen Arbeitsplätze (1,9 Millionen) stellen im internationalen Vergleich Spitzenwerte dar. Auch die Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen in der Schweiz sowie die grenzüberschreitenden Portfolioinvestitionen tragen erheblich zum Wohlstand unseres Landes bei.

Der Nutzen internationaler Investitionen ist heute weltweit kaum mehr bestritten.

Die seit den 1990er Jahren beschleunigte Globalisierung der Wirtschaft hat sie für die meisten Volkswirtschaften zu einem anerkannten Faktor für Wachstum und Entwicklung werden lassen. Dennoch fehlt es weiterhin an einer universellen Regelung für die internationalen Investitionen, im Unterschied zu den Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über den Warenverkehr (GATT), die Dienstleistungen (GATS) und das geistige Eigentum (TRIPS). In die Lücke treten Investitionsabkommen zwischen einzelnen Staaten oder Staatengruppen.

Seit den frühen 1960er Jahren hat die Schweiz 119 ISA vereinbart, wovon Mitte 2006 sich 105 in Kraft befanden. Zwischen 1963 und 2004 war der Bundesrat aufgrund einer
dreimal erneuerten Kompetenzdelegation ermächtigt gewesen, ISA selbst abzuschliessen. Anfang 2004 fasste er den Beschluss, solche Abkommen bis auf weiteres wieder dem Parlament zur Genehmigung zu unterbreiten. Hauptsächliche Beweggründe waren die gestiegene Bedeutung der internationalen Investitionen und die Entwicklung der ISA.

8456

Die vorliegende Sammelbotschaft beschreibt zunächst die Bedeutung der internationalen Investitionen und Investitionsabkommen (Ziff. 1). Es folgen ein Überblick über die wirtschaftlichen Beziehungen mit den fünf Partnerstaaten, die Verhandlungsgeschichte und den Inhalt der einzelnen Abkommen (Ziff. 2). Anschliessend wird auf die Auswirkungen auf die Schweiz (Ziff. 3), das Legislaturprogramm (Ziff. 4) sowie die Verfassungsmässigkeit (Ziff. 5) eingegangen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

8456

1 Allgemeiner Teil 1.1 Internationale Investitionen 1.2 Investitionsabkommen im Allgemeinen 1.3 Investitionsabkommen der Schweiz

8460 8460 8461 8462

2 Besonderer Teil 2.1 Wirtschaftslage der fünf Länder und Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz 2.2 Verhandlungsverlauf 2.3 Inhalt der Abkommen 2.3.1 Allgemeines 2.3.2 Erläuterungen zu den Bestimmungen der Abkommen

8464

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden 3.2 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

8472 8472 8473

4 Verhältnis zur Legislaturplanung

8473

5 Verfassungsmässigkeit

8473

Bundesbeschluss betreffend das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Serbien und Montenegro über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (Entwurf)

8475

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Serbien und Montenegro über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

8477

Bundesbeschluss betreffend das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Guyana über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (Entwurf)

8485

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Guyana über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

8487

Bundesbeschluss betreffend das Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Aserbaidschan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (Entwurf)

8493

8458

8464 8466 8467 8467 8467

Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Aserbaidschan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

8495

Bundesbeschluss betreffend das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Saudi-Arabien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (Entwurf)

9501

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Saudi-Arabien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

8503

Bundesbeschluss betreffend das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Kolumbien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (Entwurf)

8511

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Kolumbien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

8513

8459

Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Internationale Investitionen

Internationale Investitionen sind ein Motor der wirtschaftlichen Entwicklung. Anlegern und Unternehmen eröffnen sie die Möglichkeit, Ressourcen grenzüberschreitend dort einzusetzen, wo ein optimaler Ertrag erwartet wird. Staaten können die Vorteile ihrer Wirtschaftsstandorte zur Geltung bringen, um Kapitalanlagen anzuziehen und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu begünstigen. Bei geeigneten Rahmenbedingungen wirken sich internationale Investitionen positiv auf Wettbewerb, Wachstum und Wohlstand sowohl im Herkunfts- als auch im Zielland aus.

Dies gilt einerseits für grenzüberschreitende Anlagen in Wertpapieren (PortfolioInvestitionen). Andererseits ­ und in besonderem Mass ­ trifft es auf Direktinvestitionen zu, das heisst auf die Errichtung und den Erwerb von Unternehmen, beziehungsweise die Beteiligung an Joint Ventures, im Ausland. Bei Direktinvestitionen verbindet sich der Transfer von Kapital regelmässig mit der Übertragung von weiteren wirtschaftlichen Werten wie Technologien, Produktionsstandards und Managementwissen. Gleichzeitig vermögen direktinvestierende Unternehmen ihre Wettbewerbsposition zu stärken, namentlich indem sie Kostenvorteile erzielen oder den Zugang zu Märkten verbessern.

Der wechselseitige Nutzen internationaler Investitionen wurde unter den Industriestaaten schon vor Jahrzehnten erkannt und in die Wirtschaftspolitik einbezogen.

Inzwischen ist dieser Nutzen auf globaler Ebene kaum mehr bestritten. Zwar stammen immer noch 87 % der Direktinvestitionen aus dem OECD-Raum und gehen 72 % dorthin. Viele Entwicklungs- und Transitionsländer sind aber dabei, aufzuholen. Allen voran China ist in den letzten Jahren zu einer führenden Destination für Direktinvestitionen aufgestiegen. Parallel dazu treten zum Beispiel chinesische oder indische Unternehmen vermehrt als internationale Investoren auf. Generell fällt privaten Investitionen ­ nationalen und internationalen ­ im Entwicklungskontext eine wichtige Rolle zu. Dies hat etwa die UNO im Hinblick auf die «MillenniumsEntwicklungsziele» im Rahmen des so genannten Monterrey-Konsenses (2002) bekräftigt.

Für die Schweiz sind internationale Investitionen seit langem von erstrangiger Bedeutung. Kein anderes Land hat im Verhältnis zu seiner Grösse so viele führende internationale Konzerne hervorgebracht. Mehrere tausend weitere Unternehmen
mit Hauptsitz in der Schweiz ­ überwiegend kleine und mittlere ­ verfügen im Ausland über Produktions-, Forschungs- oder Vertriebsstrukturen. Umgekehrt tätigen viele ausländische Unternehmen und Anleger Investitionen in der Schweiz und spielen für unsere Volkswirtschaft auf diese Weise eine wichtige Rolle.

Ende 2004 belief sich der Bestand der schweizerischen Direktinvestitionen im Ausland gemäss der Nationalbank auf rund 450 Milliarden Franken. Tochtergesellschaften im Ausland beschäftigten 1,9 Millionen Personen. Im Verhältnis zu Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft sind dies internationale Spitzenwerte. Umgekehrt betrugen die ausländischen Direktinvestitionen in der Schweiz gut 220 Milliarden Franken, bei einem Personalbestand von 170 000.

8460

Was die Bestände schweizerischer Portfolioinvestitionen im Ausland betrifft, so erreichten diese 2004 etwa 850 Milliarden Franken, jene von Ausländern in der Schweiz 590 Milliarden. Schweizer Direktinvestitionen im Ausland generierten Erträge von 48 Milliarden Franken, Portfolioinvestitionen solche von 23 Milliarden.

Nach Abzug der Erträge ausländischer Investitionen in der Schweiz resultierten aus den beiden Kategorien Nettoerträge von 44 Milliarden, was 10 % des Bruttoinlandprodukts unseres Landes entspricht.

1.2

Investitionsabkommen im Allgemeinen

Obwohl die weltwirtschaftliche Bedeutung der internationalen Investitionen heute ausser Frage steht, fehlt es weiterhin an einer allgemeinen völkerrechtlichen Regelung für diesen Bereich ­ im Unterschied zu den Abkommen der WTO zum Warenverkehr (GATT), zu den Dienstleistungen (GATS) oder zum geistigen Eigentum (TRIPS). Bestrebungen, die Investitionen zu einem Bestandteil der Doha-Runde der WTO zu machen, wurden 2003 eingestellt.

Wie bereits erwähnt, hatten die OECD-Staaten ihr Augenmerk früh auf eine Liberalisierung des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs und auf die Nichtdiskriminierung ausländischer Investitionen gerichtet. Sie erarbeiteten in den 1960er und 1970er Jahren mehrere Instrumente, die in ihrer Gesamtheit bis auf weiteres das bedeutendste Regelwerk über internationale Investitionen bilden1. Investitionsabkommen unter einzelnen OECD-Staaten blieben vor diesem Hintergrund bisher Ausnahmen.

Im Übrigen regeln die Staaten die grenzüberschreitenden Investitionen im bilateralen oder regionalen Verhältnis. Der weitaus verbreitetste Typ stellen Abkommen zwischen jeweils zwei Staaten zum Schutz getätigter Investitionen dar (bilaterale Investitionsschutzabkommen). Seltener definieren bilaterale Investitionsabkommen zudem die Voraussetzungen des Marktzutritts, wodurch der ganze Investitionszyklus erfasst wird. Ferner besteht ein neuerer Trend darin, die grenzüberschreitenden Investitionen in sachlich umfassende Freihandelsabkommen zu integrieren.

Bis Anfang der 1990er Jahre war die grosse Mehrheit der bilateralen Investitionsabkommen zwischen einer Reihe von OECD-Staaten auf der einen Seite und Entwicklungsländern auf der anderen Seite geschlossen worden. Mit dem Ende des Kalten Krieges verstärkten sich die wirtschaftlichen Globalisierungstendenzen deutlich. Weltweit liberalisierten Staaten ihren Kapitalverkehr im Bestreben, vermehrt von den internationalen Investitionsflüssen zu profitieren. Damit verbunden nahm das Interesse am Abschluss von Investitionsabkommen zu, nicht mehr nur zwischen OECD- und Entwicklungsländern, sondern immer mehr auch im Süd-SüdVerhältnis. Betrug die Zahl der bilateralen Investitionsabkommen im Jahr 1990 noch 1

Die OECD-Investitionsinstrumente umfassen: den Kodex über die Liberalisierung von Kapitalbewegungen (1961); den Kodex über die Liberalisierung von unsichtbaren Transaktionen (1961); die Erklärung und Entscheidungen über internationale Investitionen und multinationale Unternehmen (1976). Alle Instrumente sind mehrmals revidiert bzw.

aktualisiert worden (die geltenden Fassungen finden sich im Internet unter: www.oecd.org; Suchpfad in der französischsprachigen Ausgabe: par thème; Entreprises, industrie et services; Investissement international; Instruments de l'OCDE pour l'investissement; Publications & documents; Les instruments juridiques de l'OCDE et les documents y relatifs).

8461

etwa 450, so hat sie sich bis heute auf rund 2400 erhöht; ein Viertel davon entfällt auf Übereinkommen zwischen Nicht-OECD-Staaten. Etwa 200 Freihandelsabkommen mit Investitionsregelungen ergänzen das Bild.

Anrufbar waren internationale Investitionsabkommen zunächst nur durch die Vertragsstaaten selbst gewesen ­ im Wege des diplomatischen Schutzes bzw. des «Staat-Staat»-Streitbeilegungsverfahrens. Im Laufe der Zeit setzte sich ergänzend die Möglichkeit durch, dass Investoren Meinungsverschiedenheiten mit dem Gaststaat über die Anwendung eines Abkommens direkt einem internationalen Schiedsgericht zur Entscheidung vorlegen können («Investor-Staat»-Streitbeilegungsverfahren). Dadurch erhöht sich die Rechtssicherheit, was sowohl im Interesse der Staaten liegt, welche die Attraktivität ihrer Wirtschaftsstandorte steigern wollen, als auch in demjenigen der Investoren, welche sich in fremden Rechtsordnungen oft mit bedeutenden Mitteln und auf längere Frist engagieren.

In der Folge haben Schiedsverfahren in Anwendung von Investitionsabkommen deutlich zugenommen. Diese Entwicklung betrifft in erster Linie das zur Weltbankgruppe gehörende «Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten» (ICSID)2. Die ICSID-Konvention bietet Investoren direkten Zugang zu effizienten Streitbeilegungsmechanismen und gibt Staaten im Streitfall Gewähr, nicht zusätzlich in anderen Verfahren oder auf diplomatischem Weg belangt werden zu können. Im letzten Jahrzehnt kamen im Rahmen von ICSID im Schnitt etwa sieben Verfahren pro Jahr zum Abschluss. Gegenwärtig sind beim Zentrum, das inzwischen von 143 Mitgliedstaaten getragen wird, über hundert Fälle hängig.

Während Investitionsabkommen international tätigen Anlegern und Unternehmen gewisse Garantien und Rechte verleihen, sind deren Pflichten Gegenstand anderer Regelungen und Instrumente. In erster Linie unterstehen ausländische Investoren der Gesetzgebung ihres jeweiligen Gastlandes. Hinzu kommen in bestimmten Bereichen Vorschriften des Herkunftsstaates, wie das Verbot der Bestechung von ausländischen Amtsträgern3. Ferner richten die Schweiz und andere Staaten multilateral abgestimmte Verhaltensempfehlungen an ihre im Ausland tätigen Unternehmen, teilweise verbunden mit der Möglichkeit, dass in konkreten Fällen eine staatliche Stelle angerufen werden kann4.

1.3

Investitionsabkommen der Schweiz

Seit 1961 hat die Schweiz 119 bilaterale Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (ISA) abgeschlossen, von denen Mitte 2006 105 in Kraft standen. Zudem ist unser Land im Rahmen der EFTA vier Freihandelsabkommen mit Drittstaaten eingegangen, welche substanzielle Investitionsbestimmungen enthalten, wovon drei auch hinsichtlich des Marktzugangs von Unterneh-

2 3

4

International Centre for Settlement of Investment Disputes; ICSID (SR 0.975.2).

Auch die Schweiz hat entsprechende Strafbestimmungen eingeführt, und zwar in Anwendung folgender internationaler Abkommen: OECD-Übereinkommen von 1997 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (SR 0.311.21); Strafrechtsübereinkommen von 1999 des Europarates (SR 0.311.55).

Die UNO-Konvention gegen Korruption wurde von der Schweiz 2003 unterzeichnet.

So insbesondere im Rahmen der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen (BBl 2001 932).

8462

men5. Im Verbund mit den ebenfalls bilateral ausgehandelten Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verfügt die Schweiz damit weltweit über eines der dichtesten und gehaltvollsten Vertragsnetze zur Förderung und zum Schutz internationaler Investitionen.

Ziel der ISA ist es, im Partnerstaat getätigten Investitionen von Schweizer Staatsangehörigen oder Unternehmen ­ und umgekehrt Investitionen in der Schweiz aus dem Partnerstaat ­ einen hohen und bei Bedarf durchsetzbaren völkerrechtlichen Schutz vor nichtkommerziellen Risiken zu gewähren. Dies geschieht einerseits durch das Verbot von Diskriminierungen durch den Gaststaat gegenüber einheimischen Investoren beziehungsweise solchen aus Drittstaaten («relative» Standards). Andererseits enthalten ISA materielle Garantien in Fragen wie der Enteignung oder dem Kapitalund Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit Investitionen («absolute» Standards).

Auf diese Weise lassen sich die Rahmenbedingungen für internationale Investitionen je nach Land wesentlich verbessern, was die Attraktivität der betreffenden Wirtschaftsstandorte steigert. Die Interessen der Schweiz und ihrer Partner am Abschluss von ISA sind dabei gegenseitig. Oft geht die Initiative zur Aushandlung solcher Abkommen heute von Entwicklungs- und Transitionsländern aus.

Angesichts des erreichten, hohen Deckungsgrades wird es für die Schweiz in den nächsten Jahren darum gehen, in Übereinstimmung mit der strategischen Ausrichtung der Aussenwirtschaftspolitik des Bundesrates6 die letzten noch bestehenden wesentlichen Lücken in ihrem ISA-Netz zu schliessen. Ausserdem werden ältere Abkommen mit wichtigen Partnern wie China und Russland unter Berücksichtigung der veränderten Rahmenbedingungen neu auszuhandeln und auf den aktuellen Stand zu bringen sein. Vereinbarungen mit weiteren Staaten können je nach den Umständen diese Prioritäten ergänzen.

1963 hatte das Parlament den Bundesrat erstmals ermächtigt, ISA in eigener Kompetenz abzuschliessen. Jeweils auf zehn Jahre befristet, wurde diese Delegation in der Folge dreimal erneuert7. Sie lief am 13. Februar 2004 aus, nachdem der Bundesrat beschlossen hatte, keine weitere Verlängerung zu beantragen. Stattdessen sollen ISA in Zukunft jeweils der Bundesversammlung zur Genehmigung vorgelegt werden, in der Regel im Rahmen des jährlichen Aussenwirtschaftsberichts
und solange das Parlament es nicht vorzieht, die Abschlusskompetenz wieder an den Bundesrat zurückzudelegieren. Die Gründe für diesen Entscheid liegen einerseits in der im Verlauf des letzten Jahrzehnts gestiegenen Bedeutung der internationalen Investitionen, andererseits im vermehrt in Fluss geratenen Gegenstand der ISA.

Seit dem Ende der Kompetenzdelegation hat die Schweiz mehrere neue ISA ausgehandelt. Fünf davon konnten zwischen Dezember 2005 und Mai 2006 unterzeichnet werden. In Berücksichtigung dieser Anzahl und weil es sich um die erste Vorlage von ISA an das Parlament seit den frühen 1960er Jahren handelt, kam der Bundesrat zur Auffassung, die fünf Abkommen nicht im Rahmen des Aussenwirtschaftsberichts, sondern mit der vorliegenden Sammelbotschaft zu unterbreiten.

5

6 7

Mexiko (2000; SR 0.632.315.631.1); Singapur (2002; SR 0.632.316.891.1); Chile (2003; SR 0.632.312.451); Republik Korea (2005; BBl 2006 951). Die drei letztgenannten Abkommen enthalten Niederlassungsbestimmungen (Marktzugang).

BBl 2005 1089 AS 1994 1766

8463

2

Besonderer Teil

Mit dieser Botschaft beantragt der Bundesrat die Genehmigung der bilateralen Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen mit ­ in der Reihenfolge der Unterzeichnung ­ folgenden fünf Staaten: Serbien und Montenegro, Guyana, Aserbaidschan, Saudi-Arabien und Kolumbien. Zunächst werden die wirtschaftliche Lage, die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen und der Verhandlungsverlauf in Bezug auf jedes dieser Länder kurz dargestellt. Daran schliesst eine Zusammenfassung des Inhalts der fünf Abkommen an, mit besonderem Hinweis auf Ergebnisse, die mit dem in Schweizer ISA üblichen Standard nicht identisch sind.

2.1

Wirtschaftslage der fünf Länder und Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz

Serbien und Montenegro Der Staatenbund von Serbien und Montenegro hatte im Februar 2003 die Rechtsnachfolge der Bundesrepublik Jugoslawien angetreten. Mit ihm wurde das ISA ausgehandelt und unterzeichnet. Im Mai 2006 teilte der Staatenbund der Schweiz seine definitive Genehmigung des Abkommens mit. Im Anschluss an die Unabhängigkeitserklärung Montenegros im Juni 2006 gingen die internationalen Verpflichtungen des Staatenbundes, einschliesslich der internationalen Abkommen, von Rechts wegen an die Republik Serbien über. Damit das ISA zwischen der Schweiz und Serbien in Kraft treten kann, wird es deshalb genügen, dass die Schweiz nach Abschluss ihres Genehmigungsverfahrens der Republik Serbien mitteilt, fortan durch das ISA gebunden zu sein.

Die Übernahme von Abkommen zwischen der Schweiz und dem ehemaligen Staatenbund durch den neuen Staat Montenegro müsste hingegen grundsätzlich in jedem Fall einzeln geklärt werden. Da die Republik Montenegro der Schweiz jedoch bereits offiziell mitgeteilt hat, «alle Grundsätze des Völkerrechts und alle Vereinbarungen und Bestimmungen in internationalen Abkommen, die der Staatenbund unterzeichnet hat, zu respektieren», bleibt es an der Schweiz, sich zur Übernahme der einzelnen Staatsverträge auszusprechen. Was das ISA betrifft, wird somit eine separate Notifikation der Genehmigung durch die Schweiz an die Republik Montenegro ausreichend sein, damit das ISA auch im Verhältnis zu diesem neuen Staat in Kraft tritt.

Von den 10,6 Millionen Einwohnern des aufgelösten Staatenbundes leben 10 Millionen in Serbien. Ihr Bruttoinlandprodukt (BIP) beträgt pro Kopf etwas über 3000 US-Dollar im Jahr. Die bekannten kriegerischen Ereignisse und der Verlust früherer Handelsbeziehungen führten zu einem massiven Rückgang der Wirtschaftsleistung in den 1990er Jahren. Eine günstigere Entwicklung hat erst vor kurzem eingesetzt, unterstützt durch wirtschaftliche Reformen und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für ausländische Investoren. Während Schweizer Unternehmen bereits mit über 200 Millionen Franken Kapitalstock in Serbien engagiert sind, bleiben serbische Investitionen in der Schweiz noch vernachlässigbar.

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Guyana Zwischen Venezuela und Surinam gelegen, leben in Guyana auf einer Fläche von über 200 000 km2 weniger als eine Million Menschen. Sie erzielen ein BIP pro Kopf von rund 1000 Dollar jährlich. Um die wirtschaftliche Entwicklung anzukurbeln, hat das Land Handels- und Investitionsschranken abgebaut. Von der UNCTAD wird ihm heute ein für ein Entwicklungsland ausserordentlich vorteilhaftes Investitionsklima attestiert. Im Verhältnis zur Schweiz sind Handel und Kapitalflüsse noch unbedeutend.

Aserbaidschan Aserbaidschan hat eine Bevölkerung von 8 Millionen auf einer rund doppelt so grossen Fläche wie derjenigen der Schweiz. Seit einigen Jahren verzeichnet die Wirtschaft hohe Zuwachsraten, angetrieben durch die rasche Entwicklung des Öl- und Gassektors. Das BIP pro Kopf nähert sich der 2000-Dollar-Marke. Das Handels- wie auch das Investitionsvolumen wuchsen in den letzten Jahren kräftig an. Schweizer Unternehmen haben an dieser Entwicklung bisher noch relativ wenig Anteil gehabt. Mit den gleichzeitig unterzeichneten Investitionsschutz- und Doppelbesteuerungsabkommen sollten sich die Rahmenbedingungen für Schweizer Investoren in Aserbaidschan deutlich verbessern.

Saudi-Arabien Saudi-Arabien besitzt die grössten Erdölreserven der Welt und ist der bedeutendste Produzent und Exporteur von Erdöl. Annähernd die Hälfte seines Bruttoinlandprodukts entfällt auf diesen Sektor. Bei einer Bevölkerung von 25 Millionen liegt das Pro-Kopf-Einkommen bei 13 000 Dollar. Nach einem Wirtschaftswachstum von über 5 Prozent in den Jahren 2004 und 2005 werden auch die weiteren wirtschaftlichen Aussichten positiv beurteilt.

Trotz gestiegener Rohölpreise setzt die saudische Führung auf eine wirtschaftliche Diversifizierung. Ausdruck davon sind nicht zuletzt eine Reihe von Massnahmen zur Verbesserung des Investitionsklimas. 2005 erfolgte der Beitritt zur WTO. Für die Schweiz ist Saudi-Arabien der zweitwichtigste Handelspartner im Mittleren Osten.

Schweizer Firmen sind gegenwärtig mit einem Kapitalstock von über 200 Millionen Franken in rund 50 Joint Ventures vor Ort präsent. Mit dem ISA mit Saudi-Arabien wird eine wichtige Lücke im schweizerischen Abkommensnetz geschlossen.

Kolumbien Kolumbien besitzt eine ausgesprochen diversifizierte Wirtschaft. Seit ein paar Jahren ist diese durch ein robustes Wachstum geprägt, und
auch die weiteren Aussichten präsentieren sich günstig. Mit 45 Millionen Einwohnern erwirtschaftet das Land ein BIP pro Kopf von 3000 Dollar im Jahr. Sowohl die Exporte als auch der Zufluss von ausländischem Kapital bilden dafür eine wichtige Stütze. Mit Freihandelsabkommen, wie dem kürzlich mit den USA geschlossenen, und mit Investitionsschutzabkommen sucht Kolumbien diese Entwicklung neuerdings weiter zu stärken.

Für die Schweiz stellt Kolumbien den fünftwichtigsten Handelspartner und die viertwichtigste Investitionsdestination in Lateinamerika dar. Der Kapitalstock schweizerischer Unternehmen in Kolumbien beträgt 800 Millionen Franken, nachdem er 2002 bei 1,2 Milliarden einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte. Mit dem

8465

ISA ­ einem der ersten, das Kolumbien abgeschlossen hat ­ sollen die Rahmenbedingungen für Investitionen aus der Schweiz weiter verbessert werden.

2.2

Verhandlungsverlauf

Serbien und Montenegro Erste Sondierungsgespräche fanden 1996 statt. 2003 ­ ein Jahr nach der Gründung des neuen Staatenbundes ­ gab Serbien und Montenegro seinem Wunsch Ausdruck, ein Investitionsschutzabkommen mit der Schweiz abzuschliessen. Eine erste Verhandlungsrunde fand im Januar 2005 in Belgrad statt. Die zweite folgte im Juni 2005 in Bern, wobei das Abkommen paraphiert werden konnte. Die Unterzeichnung fand am 7. Dezember 2005 in Belgrad statt, und bereits im Mai 2006 ratifizierte das Parlament des inzwischen wieder aufgelösten Staatenbundes das ISA.

Guyana Auf Wunsch Guyanas unterbreitete die Schweiz im Jahr 2000 einen ISA-Entwurf, der in mehreren Punkten Anliegen aufzunehmen suchte, die der südamerikanische Staat anlässlich von Sondierungsgesprächen geäussert hatte. Die anschliessenden Verhandlungen, welche ausschliesslich auf dem Korrespondenzweg stattfanden, führten zur Paraphierung des Abkommens im November 2004. Die Unterzeichnung erfolgte am 13. Dezember 2005 am Rande der WTO-Ministerkonferenz von Hongkong.

Aserbaidschan Die einzige Verhandlungsrunde mit Aserbaidschan fand 1998 in Baku statt. Während dieses Treffens wurde über alle Bestimmungen des Abkommens mit Ausnahme einer Definitionsfrage eine Einigung erzielt. Die Bereinigung der verbliebenen Differenz auf diplomatischem Weg führte nach mehreren Versuchen erst Ende 2005 zum Erfolg. Am 23. Februar 2006 konnte das ISA in Baku unterzeichnet werden, zeitgleich mit einem Doppelbesteuerungsabkommen, einem Rahmenabkommen für technische, finanzielle und humanitäre Zusammenarbeit sowie einer gemeinsamen Erklärung zur Migration.

Saudi-Arabien Verhandlungen im Hinblick auf ein ISA mit Saudi-Arabien wurden 1999 in Riad aufgenommen und im folgenden Jahr in Bern fortgesetzt. Nach einem längeren Unterbruch fanden sie anlässlich einer dritten Runde in Riad im März 2005 mit der Paraphierung des Abkommens ihren Abschluss. Die Einigung, welche auch den fortschreitenden Liberalisierungsprozess der saudischen Wirtschaft widerspiegelt, wurde am 1. April 2006 in Riad mit der Unterzeichnung des ISA besiegelt.

Kolumbien Die Verhandlungen begannen 1996 in Bogotá. Damals hatte Kolumbien bereits mit einzelnen Ländern ISA vereinbart, doch wurde diesen in der Folge vom kolumbianischen Verfassungsgericht die Zustimmung verweigert. Die Fortsetzung der
Arbeiten, 2003 wiederum in Bogotá, stand unter günstigeren Vorzeichen. Die Verfassung Kolumbiens war in massgeblichen Punkten revidiert worden, und auch das kolumbianische Modellabkommen hatte einige Anpassungen erfahren. Die letzten 8466

Hindernisse liessen sich anlässlich einer dritten Verhandlungsrunde im März 2006 in Bern ausräumen. Am 17. Mai 2006 wurde das ISA in Bern unterzeichnet, gleichzeitig mit einer Zusammenarbeitserklärung zwischen der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) und Kolumbien.

2.3

Inhalt der Abkommen

2.3.1

Allgemeines

Die ISA, welche die Schweiz bisher abgeschlossen hat, weisen inhaltlich einen hohen Grad an Übereinstimmung auf. Auch die mit den vorliegenden fünf Partnerstaaten unterzeichneten Verträge folgen den von der Schweiz konstant vertretenen Grundsätzen. Ergänzt werden sie durch einige besondere Anliegen, welche unsere Partner in die Verhandlungen einbrachten und die berücksichtigt werden konnten.

Im Falle Kolumbiens ist zudem ein Protokoll beigefügt, das integraler Bestandteil des Abkommens bildet.

2.3.2

Erläuterungen zu den Bestimmungen der Abkommen

Präambel Die Präambeln der fünf Abkommen unterstreichen den Willen der Vertragsparteien, ihre bilaterale wirtschaftliche Zusammenarbeit zu vertiefen, indem günstige Bedingungen für ausländische Investitionen geschaffen werden. Mit der Förderung und dem Schutz grenzüberschreitender Investitionen sollen Kapitalflüsse und der Transfer von Technologien angeregt und auf diese Weise der Wohlstand in den Vertragsstaaten erhöht werden. Der Abschluss solcher Abkommen fügt sich in die Gesamtheit der Aufgaben und Ziele ein, welche den Staaten obliegen. So hebt die Präambel des ISA mit Serbien und Montenegro ausdrücklich hervor, dass die Zielsetzungen des Abkommens ohne Abstriche an Gesundheits-, Sicherheits- oder Umweltstandards zu erreichen sind.

Begriffsbestimmungen Artikel 1 (in allen fünf ISA) definiert die wichtigsten in diesem Typ von Abkommen verwendeten Begriffe. Nicht abschliessend umschrieben werden die erfassten Investitionen (Mobilien, Immobilien, Sachen- und Immaterialgüterrechte, Beteiligungen, Konzessionen usw.) sowie die Investitionserträge. Ein weiterer zentraler Terminus ist derjenige des Investors, ob es sich nun um eine natürliche oder um eine juristische Person handelt. Im Falle von juristischen Personen leitet sich deren Qualifikation als Investoren entweder aus der Gesetzgebung des Staates ab, in welchem die Gesellschaft gegründet wird (Inkorporationskriterium) und ihren Sitz hat, oder von der Kontrolle über sie (Kontrollkriterium; Guyana: Abs. 1 Bst. b und c; Kolumbien: Abs. 2 Bst. b und c sowie Protokoll zu Art. 1 Abs. 2 Bst. a und c; in den drei anderen Abkommen erscheint dieses Kriterium beim Anwendungsbereich). Ausserdem definieren alle fünf ISA das Hoheitsgebiet, wobei Investitionen dann als vom Abkommen erfasst gelten, wenn sie gemäss der nationalen Gesetzgebung und dem Völkerrecht auf dem Territorium oder gegebenenfalls in der zugehörigen Meereszone einer Vertragspartei getätigt werden.

8467

Anwendungsbereich Gemäss dieser Bestimmung (Art. 2 der fünf ISA) finden die Abkommen Anwendung auf alle Investitionen, die von Investoren einer Partei rechtmässig getätigt worden sind, unabhängig davon, ob dies vor oder nach dem Inkrafttreten des Abkommens geschieht. Hingegen sind die Abkommen nicht anwendbar auf Streitigkeiten, die vor ihrem Inkrafttreten entstanden sind. Dieser Grundsatz der Nichtrückwirkung gilt auch, wenn er nicht ausdrücklich erwähnt wird (Guyana). In den ISA mit Serbien und Montenegro, Aserbaidschan sowie Saudi-Arabien findet das Kontrollkriterium, wie bereits erwähnt, beim Anwendungsbereich seinen Platz, wobei nicht beim Investor, sondern bei der Investition angeknüpft wird. Um unter das Abkommen zu fallen, muss eine Investition demnach rechtmässig getätigt worden sein und von einem Investor der anderen Partei gehalten oder kontrolliert werden.

Das Abkommen mit Kolumbien weist hier gewisse Besonderheiten auf. So unterliegt seine Anwendbarkeit auf Investitionen, die vor dem Inkrafttreten getätigt wurden, einer Einschränkung (Protokoll zu Art. 1 Abs. 1 Bst. c): Um als Investition zu gelten, müssen Darlehen nach Inkrafttreten des Abkommens gewährt worden sein. Zudem erwähnt das Abkommen das Recht Kolumbiens, im Fall einer schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung gemäss Kriterien, die in seiner Verfassung festgelegt sind, Ausnahmemassnahmen zu ergreifen (Protokoll, zu Art. 2).

Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass die fünf Abkommen ­ wie alle bisherigen ISA der Schweiz ­ keine Verpflichtungen der Vertragsstaaten enthalten, ausländische Investitionen auf ihrem Hoheitsgebiet zuzulassen (Marktzugangs- bzw. Niederlassungsverpflichtungen; «pre-establishment»-Phase). Die völkerrechtliche Bindung setzt erst ein, nachdem Investitionen von Investoren der jeweils andern Vertragspartei im Gaststaat rechtmässig getätigt worden sind (Schutzverpflichtungen; «postestablishment»-Phase). In diesem Sinne decken die ISA nicht den ganzen Investitionszyklus ab.

Förderung, Zulassung In Artikel 3 Absatz 1 (alle fünf ISA) geben die Abkommensstaaten ihrem Willen Ausdruck, Investoren der jeweils anderen Partei nach Möglichkeit zu Investitionen auf ihrem Hoheitsgebiet anzuregen, zum Beispiel durch Informationen über Investitionsmöglichkeiten (Serbien und Montenegro; Kolumbien). Andererseits
enthält Artikel 3 der fünf Abkommen eine Verpflichtung der Vertragsparteien, nach Massgabe der eigenen Gesetze die im Zusammenhang mit rechtmässig getätigten Investitionen stehenden Bewilligungen zu erteilen.

Schutz, Behandlung Eine weitere Schlüsselnorm der Abkommen ist die Gewährung durch das Gastland von Schutz sowie der so genannten «gerechten und billigen Behandlung» für Investitionen von Investoren der jeweils anderen Vertragspartei, wobei jede rechtliche oder tatsächliche Missachtung dieses im Völkergewohnheitsrecht fussenden Standards untersagt ist (Serbien und Montenegro: Art. 4; Guyana und Aserbaidschan: Art. 4 Abs. 1; Saudi-Arabien: Art. 3 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 1; Kolumbien: Art. 4 Abs. 1 und 2). Zu dieser generellen Verpflichtung gesellt sich jene, den Staatsangehörigen und Unternehmen der anderen Vertragspartei dieselbe Behandlung zukommen zu lassen, welche den eigenen Staatsangehörigen (Inländerbehandlung) 8468

oder Investoren aus Drittstaaten gewährt wird (Meistbegünstigung ­ MFN), je nachdem, welche Behandlung für den Investor günstiger ist. Wie in Investitionsabkommen üblich, erstreckt sich die MFN-Verpflichtung des Gastlandes allerdings nicht auf Vorteile, die sich aus der Teilnahme an einer Freihandelszone, an einer Zollunion oder an einem gemeinsamen Markt beziehungsweise aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens ergeben (Serbien und Montenegro: Art. 5; andere Abkommen: Art. 4).

Einzelnen Besonderheiten, die in nationalen Gesetzgebungen begründet sind, wurde in drei ISA Rechnung getragen. Das Abkommen mit Guyana erlaubt es den Vertragsparteien, für ihre eigenen Staatsangehörigen und Unternehmen spezielle Anreize vorzusehen, um die Bildung lokaler Industrien zu fördern. Diese von Guyana im Interesse seiner Entwicklung gewünschte Ausnahme darf aber nicht zur Folge haben, dass Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei in erheblicher Weise behindert werden (Art. 4 Abs. 4). Gemäss dem Abkommen mit SaudiArabien sind von den vorstehenden Behandlungsgrundsätzen Steuervergünstigungen ausgenommen, welche eigenen Investoren (und deren Investitionen) zuteil werden, vorausgesetzt, dass diese Investoren gleichzeitig lokal ansässig sind. Mit dieser Präzisierung soll beispielsweise verhindert werden, dass ein Schweizer Investor in Saudi-Arabien gegenüber einem in der Schweiz wohnhaften saudischen Staatsangehörigen diskriminiert wird (Art. 4 Abs. 5). Was schliesslich das Abkommen mit Kolumbien betrifft, so ist es mit zwei Klarstellungen versehen worden, welche die gegenwärtige internationale Rechtsprechung in diesem Bereich widerspiegeln (Protokoll, zu Art. 4 Abs. 2).

Transfer von Beträgen im Zusammenhang mit Investitionen Der freie Transfer ­ das heisst die Ein- und Ausfuhr ohne Einschränkungen oder Wartefristen und in einer frei konvertierbaren Währung ­ von Beträgen, die mit einer Investition verbunden sind, wird gewährleistet (Serbien und Montenegro: Art. 8; Guyana, Aserbaidschan und Kolumbien: Art. 5; Saudi-Arabien: Art. 6). Nicht abschliessende Listen führen verschiedene Formen von Erträgen auf, welche eine Investition erbringen kann, wie auch andere Beträge, die mit ihrem Unterhalt, ihrer Weiterentwicklung oder ihrer Liquidation in Zusammenhang stehen können. In den einzelnen ISA finden sich
ausserdem gewisse Präzisierungen, die etwa den Wechselkurs betreffen (Aserbaidschan: Art. 5 Abs. 2; Saudi-Arabien: Art. 7) oder sich auf die öffentliche Ordnung, den Gläubigerschutz oder die Vollstreckung von Urteilen beziehen (Kolumbien: Art. 5 Abs. 4).

Das Abkommen mit Kolumbien erlaubt ferner ausdrücklich Ausnahmen vom Grundsatz des freien Transfers im Fall von Zahlungsbilanzschwierigkeiten oder makroökonomischen Störungen, sofern gewisse strenge Bedingungen erfüllt sind.

Insbesondere müssen die geltend gemachten Situationen Ausnahmecharakter aufweisen, die Einschränkungen zeitlich begrenzt sein und die Billigkeit sowie die Nichtdiskriminierung gewährleistet bleiben (Protokoll, zu Art. 5).

Enteignung, Entschädigung Direkte oder indirekte (bzw. formelle und materielle) Enteignungsmassnahmen sind unter den ISA nur zulässig, wenn die Vertragsparteien die festgelegten strikten Bedingungen erfüllen. Diese umfassen insbesondere: das Vorhandensein eines öffentlichen Interesses; die Nichtdiskriminierung der Investoren der anderen Vertragspartei; die Zahlung einer wertentsprechenden und tatsächlich verwertbaren 8469

Entschädigung an den betroffenen Investor; sowie die Einhaltung der gesetzlich vorgesehenen Garantien (Serbien und Montenegro, Guyana und Aserbaidschan: Art. 6 Abs. 1; Saudi-Arabien: Art. 5 Abs. 1; Kolumbien: Art. 6). Zudem muss der Entschädigungsbetrag frei transferierbar sein.

Zur Enteignungsbestimmung enthält das Abkommen mit Kolumbien im Protokoll Präzisierungen, die mit der kolumbianischen Rechtsordnung zusammenhängen. Sie betreffen handelsbezogene Rechte des geistigen Eigentums (zu Art. 6 Abs. 1) sowie eine Klarstellung des Begriffs des öffentlichen Interesses im Sinne der kolumbianischen Verfassung (zu Art. 6 Abs. 2 Bst. a).

Entschädigung von Verlusten Erleiden Investoren Verluste als Folge von bewaffneten Konflikten, Aufständen oder zivilen Unruhen auf dem Hoheitsgebiet des Gastlandes, so steht ihnen hinsichtlich Entschädigung eine Behandlung zu, die nicht weniger günstig sein darf als jene, welche der Gaststaat seinen eigenen Investoren oder gegebenenfalls denjenigen der meistbegünstigten Nation gewährt (Serbien und Montenegro sowie Kolumbien: Art. 7; Guyana und Aserbaidschan: Art. 6 Abs. 2; Saudi-Arabien: Art. 5 Abs. 2).

Besteuerung Üblich in ISA ist, wie bereits gezeigt, Doppelbesteuerungsabkommen von der MFNRegel auszunehmen (s. Schutz, Behandlung). In einzelnen Abkommen wird sodann ausdrücklich bestätigt, dass das Recht auf freien Transfer nicht bedeutet, dass Investoren im Gastland von steuerlichen Verpflichtungen entbunden würden (Serbien und Montenegro: Art. 8 Abs. 3; Guyana: Art. 5 Abs. 2). Eine unübliche Bestimmung stellt Artikel 8 des ISA mit Kolumbien dar, welcher fiskalische Massnahmen vom Anwendungsbereich des Abkommens ausschliesst, es sei denn, diese sind einer Enteignung gleichzusetzen (Art. 6) oder betreffen eine spezifische Zusage des Gastlandes an einen Investor der anderen Vertragspartei (Art. 10 Abs. 2). Im ersten Fall sieht das Abkommen Konsultationen zwischen den Steuerbehörden beider Vertragsparteien vor. Nur bei Ausbleiben einer Verständigung darüber, dass die fragliche steuerliche Massnahme nicht als Enteignung zu betrachten ist, kann der Investor das Streitbeilegungsverfahren gemäss dem Abkommen fortsetzen. Ein künftiges Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Kolumbien, über das zurzeit verhandelt wird, bleibt davon unberührt.

Subrogation In
dieser Bestimmung geht es um Garantien, welche Investoren von ihrem Herkunftsland gegen nichtkommerzielle Risiken gewährt werden, wie zum Beispiel die schweizerische Investitionsrisikogarantie (IRG). Wird einem Investor infolge eines Verlustes auf dem Hoheitsgebiet der anderen Abkommenspartei nach Massgabe der Garantie eine Zahlung geleistet, so tritt der Herkunftsstaat in die Rechte des Investors ein (Serbien und Montenegro: Art. 11; Guyana und Aserbaidschan: Art. 7; Saudi-Arabien: Art. 8; Kolumbien: Art. 9).

Andere Verpflichtungen Unter diesem Titel werden zwei Arten von Verpflichtungen des Gaststaates von Investitionen behandelt. Einerseits geht es um Verpflichtungen, die sich aus der nationalen Gesetzgebung oder internationalen Abkommen der betreffenden Vertragspartei ergeben. Andererseits sind spezifische Zusagen angesprochen, welche 8470

der Gaststaat gegenüber einem konkreten Investor bezogen auf dessen Investition eingegangen ist. Dies können Vereinbarungen sein, in deren Rahmen einem Investor besondere Leistungen oder Konditionen zugesichert werden, wie zum Beispiel in Bezug auf die Beförderung von Produkten zu Hafenanlagen, die Energieversorgung oder die Besteuerung. Vor allem hinsichtlich der zweiten Kategorie handelt es sich um eine wichtige Abkommensbestimmung, da sie es dem Investor ermöglicht, sich auf erhaltene Zusagen, die für seine Investitionsentscheidung möglicherweise entscheidend waren, auf der Grundlage des ISA zu berufen. Alle fünf vorliegenden Abkommen enthalten beide Verpflichtungstypen (Serbien und Montenegro: Art. 9 und 10; Guyana, Aserbaidschan und Kolumbien: Art. 10; Saudi-Arabien: Art. 9).

Streitbeilegung zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei Diese Bestimmung enthält den ersten Teil des Streitbeilegungsdispositivs und stellt ein besonderes Merkmal von heutigen Investitionsabkommen dar. Sie räumt Investoren bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Gaststaat über die Anwendung eines ISA das Recht ein, nötigenfalls an ein internationales Schiedsgericht zu gelangen («Investor-Staat»-Streitbeilegungsverfahren). Die Vertragsparteien unterstreichen damit ihren Willen, ihren Verpflichtungen aus dem ISA nachzukommen und zu einer erhöhten Rechtssicherheit beizutragen. Wie die Praxis zeigt, lassen sich Anwendungsprobleme von ISA indessen in aller Regel ohne Inanspruchnahme der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit lösen.

Die in die fünf Abkommen (Serbien und Montenegro: Art. 12; Guyana und Aserbaidschan: Art. 8; Saudi-Arabien: Art. 10; Kolumbien: Art. 11) aufgenommene Regelung sieht einen zweistufigen Ansatz vor. In einer ersten Phase sind die Streitparteien aufgefordert, miteinander in Beratungen zu treten mit dem Ziel, zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen. Kommt eine solche innert sechs Monaten nicht zustande, so hat der Investor die Wahl, die Meinungsverschiedenheit entweder der zuständigen Gerichtsbarkeit des Gastlandes oder einem internationalen Schiedsgericht gemäss den Regeln des «Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten» (ICSID) zu unterbreiten. Dieses Zentrum war unter der Schirmherrschaft der Weltbank durch das Übereinkommen von
Washington vom 18. März 19658 begründet worden. Drei ISA (Serbien und Montenegro, Aserbaidschan sowie Kolumbien) sehen zudem die Möglichkeit vor, dem ICSID-Verfahren ein Ad-hoc-Schiedsgericht vorzuziehen. Sofern zwischen den Streitparteien nicht anders vereinbart, kommen dabei die Schiedsregeln der UNO-Kommission für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) zur Anwendung.

In den fünf Abkommen erklären die Vertragsparteien ihre Zustimmung, sich im Einzelfall auf eine Streitbeilegung durch ein Schiedsgericht gemäss dem ISA einzulassen. Zwei Besonderheiten sind allerdings zu erwähnen. Die erste bezieht sich auf das Abkommen mit Kolumbien und besagt, dass die vorgängige Zustimmung nicht Streitfälle über spezifische Verpflichtungen einschliesst, die gegenüber einem Investor der anderen Vertragspartei eingegangen worden sind (Art. 11 Abs. 3; siehe oben: Andere Verpflichtungen). Die zweite ergibt sich aus einem formellen Vorbehalt, den Saudi-Arabien im Rahmen der ICSID-Konvention angebracht hat und der in erster Linie den Erdölsektor betrifft.

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SR 0.975.2

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Streitbeilegung zwischen den Vertragsparteien Der zweite Teil des Dispositivs behandelt Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Vertragsstaaten in Bezug auf die Auslegung oder Anwendung des Abkommens («Staat-Staat»-Streitbeilegungsverfahren; Serbien und Montenegro: Art. 13; Guyana und Aserbaidschan: Art. 9; Saudi-Arabien: Art. 11; Kolumbien: Art. 12). Es sind wiederum zwei Stufen vorgesehen. Die erste besteht in Konsultationen zwischen den Abkommenspartnern, um Differenzen auf diplomatischem Weg beizulegen. Gelingt dies innerhalb von sechs Monaten nicht, so kann jede Partei die Streitigkeit einem Ad-hoc-Schiedsgericht unterbreiten, dessen Errichtung und Arbeitsweise sich nach den in diesem Bereich klassischen Grundsätzen richten.

Im Rahmen der vorliegenden Abkommensbestimmung kann der diplomatische Schutz zum Tragen kommen. Entsprechende Interventionen des Staates zugunsten eigener Staatsangehöriger bleiben dabei gegenüber dem «Investor-Staat»-Streitbeilegungsverfahren (siehe oben: Streitbeilegung zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei) im Grundsatz subsidiär9.

Schlussbestimmungen (Inkrafttreten, Geltungsdauer, Kündigung) Die fünf Abkommen werden für eine anfängliche Geltungsdauer von zehn Jahren geschlossen und sind danach stillschweigend verlängerbar. Die Kündigungsfrist beträgt sechs (Serbien und Montenegro: Art. 14 Abs. 1; Guyana: Art. 11 Abs. 1; Aserbaidschan: Art. 11 Abs. 2) bzw. zwölf Monate (Saudi-Arabien: Art. 12 Abs. 2; Kolumbien: Art. 14 Abs. 2). Bei Kündigung finden die übrigen Bestimmungen während weiteren zehn Jahren (Saudi-Arabien: 15 Jahren) auf Investitionen Anwendung, die vor Ende der Laufzeit des Abkommens getätigt wurden.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden

Der Abschluss der vorliegenden Abkommen hat für Bund, Kantone und Gemeinden keine finanziellen oder personellen Auswirkungen. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass die Schweiz von einem Abkommenspartner oder einem ausländischen Investor im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens (vgl. oben Streitbeilegung zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei; Streitbeilegung zwischen den Vertragsparteien) belangt werden wird oder dass sie sich selbst veranlasst sehen wird, in einem solchen formellen Verfahren im Interesse der Einhaltung eines ISA aktiv zu werden. Je nach den Umständen könnten damit gewisse finanzielle Folgen verbunden sein. Es wäre in einem solchen Fall Aufgabe des Bundesrates, die Frage der Übernahme der Kosten zu klären und gegebenenfalls dem Parlament einen Nachtragskredit zu beantragen10.

9 10

Vgl. Antwort des Bundesrates auf die Interpellation Recordon 04.3628.

Gemäss Finanzhaushaltgesetz (SR 611.0, Art. 49) und der dazugehörigen Verordnung dürfen nur finanzielle Verpflichtungen in die Bilanz aufgenommen werden, die zum Bilanzstichtag tatsächlich bestehen und bei denen ein künftiger Mittelabfluss von mindestens 500 000 Franken wenigstens wahrscheinlich ist (Wahrscheinlichkeit über 50 %). Bei geringerer Eintrittswahrscheinlichkeit erfolgt keine Bilanzierung, sondern eine Offenlegung als Eventualverpflichtung im Anhang der Jahresrechnung.

8472

3.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Investitionsschutzabkommen können nicht wie zum Beispiel bei Doppelbesteuerungs- oder Freihandelsabkommen durch eine Gegenüberstellung von erwarteten Gewinnen und Steuer- oder Zolleinbussen abgeschätzt werden.

Die wirtschaftliche Bedeutung von ISA liegt darin, dass sie die Investitionsbeziehungen zwischen der Schweiz und ihren Partnerländern auf eine völkerrechtliche Grundlage stellen, wodurch sich die Rechtssicherheit zugunsten der Investoren wesentlich erhöht und deren Risiken, diskriminiert oder in anderer Weise nachteilig behandelt zu werden, abnehmen.

Die ökonomische Relevanz solcher Abkommen hat mit der fortschreitenden Globalisierung der Wirtschaft noch zugenommen. Für ein Land wie die Schweiz mit ihrem beschränkten Heimmarkt gilt dies in besonderem Masse. Indem ISA unsere Unternehmen ­ insbesondere kleine und mittlere ­ dabei unterstützen, sich durch Auslandinvestitionen im internationalen Wettbewerb zu behaupten, stärken sie auch den Wirtschaftsstandort Schweiz.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Das Geschäft ist in der Legislaturplanung 2003­200711 nicht vorgesehen.

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Verfassungsmässigkeit

Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung12 sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung völkerrechtlicher Verträge ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV. Gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), wenn sie den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2) oder wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten bzw. wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3).

Die vorliegenden Abkommen können auf das Ende ihrer anfänglichen Geltungsdauer ­ und danach auf dasjenige der jeweils folgenden Laufzeit (im Fall des ISA mit Kolumbien jederzeit) ­ mit einer Frist von sechs bzw. zwölf Monaten gekündigt werden (vgl. Ziff. 2.3.2, Schlussbestimmungen). Mit ihnen ist kein Beitritt zu einer internationalen Organisation verbunden. Wie schon bei den von der Schweiz in der Vergangenheit abgeschlossenen ISA ist zur Umsetzung kein Erlass von Bundesgesetzen erforderlich. Die in den fünf Abkommen enthaltenen Rechtsnormen sind im Sinne von Artikel 141 BV nicht als wichtige rechtsetzende Bestimmungen zu beurteilen. Denn sie ersetzen keine Regeln des Landesrechts und enthalten auch keine Entscheidungen von grundsätzlicher Tragweite für die schweizerische Gesetzgebung. Ferner betreffen die Abkommensbestimmungen ausschliesslich Massnahmen und Bereiche, welche für die Schweiz keine besonderen Probleme aufwerfen.

11 12

BBl 2004 1149 SR 101

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Schliesslich gehen die fünf ISA nicht über die Verpflichtungen hinaus, welche die Schweiz bereits mit früheren völkerrechtlichen Verträgen eingegangen ist. Ihr Inhalt ist mit den ISA vergleichbar, welche die Schweiz in den vergangenen 10­15 Jahren abgeschlossen hat und die von einer entsprechenden wirtschaftlichen, juristischen und politischen Bedeutung sind. Die Unterschiede, die im Vergleich zu früheren Abkommen in einzelnen Bereichen bestehen, haben für die Schweiz keine bedeutsamen zusätzlichen Verpflichtungen zur Folge.

Anlässlich der Beratungen über die Motion 04.3203 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats vom 22. April 2004 unterstützten die eidgenössischen Räte die Haltung des Bundesrates, wonach völkerrechtliche Verträge, welche diesen Kriterien entsprechen, nicht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen.

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