05.079 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Neue AHV-Versichertennummer) vom 23. November 2005

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung («Neue AHVVersichertennummer») mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. November 2005

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Samuel Schmid Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2005-2368

501

Übersicht Die Vorlage zur neuen AHV-Versichertennummer enthält drei Schwerpunkte: 1.

Kernregelung: Das System der heutigen AHV-Nummer kommt an die Grenzen seiner Kapazitäten, weil sich die Generierung der Nummer auf personenspezifische Daten stützt. Dem heutigen System immanent ist, dass immer mehr Personen unter mehreren Nummern verwaltet werden müssen, dass beim Alphabetschlüssel Engpässe entstehen und in den nächsten Jahren zusätzliche Verwaltungsprobleme entstehen können, weil sich anhand der Nummer ab 2007 die über hundertjährigen Personen nicht mehr von den unter hundertjährigen unterscheiden lassen, womit das Risiko von Falschzahlungen steigt. Für eine effiziente Verwaltung drängt sich die Ablösung des heutigen Systems durch ein den modernen technischen Möglichkeiten Rechnung tragendes System ab 2008 auf. Kernelement der Vorlage ist die Einführung des neuen Systems zur Zuweisung einer «nichtsprechenden» AHVVersichertennummer (neuer Artikel 50c AHVG), zum grossen Teil gestützt auf automatisierte Meldungen aus dem informatisierten Standesregister im Zivilstandwesen (Infostar) und aus dem Migrationsinformationssystem (ZEMIS). Die für diesen Informationsfluss notwendigen gesetzlichen Grundlagen hat das Parlament bereits vorausschauend im Zivilgesetzbuch (ZGB) und im Bundesgesetz über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (BGIAA) geschaffen. Im Übrigen wird der Bundesrat für die Umsetzung der Kernregelung zur neuen AHV-Versichertennummer die einschlägigen Verordnungen anpassen müssen.

2.

Sozialversicherungsnummer: Der Einsatz der heutigen AHV-Nummer ist gesetzlich nicht eingeschränkt und hat sich im Laufe der Zeit weit verbreitet.

Diese Situation entspricht nicht den heutigen Bedürfnissen des Datenschutzes. Der Nutzen des weit verbreiteten Einsatzes liegt primär darin, dass im Bereich der sozialen Sicherheit die Koordination erleichtert wird. Die Vorlage enthält daher für alle in der Sozialversicherung tätigen Institutionen und Stellen eine Ermächtigung, die neue AHV-Versichertennummer systematisch zu verwenden. Soweit es um die vom Bund geregelte Sozialversicherung geht, ist vorgesehen, in jedem einzelnen Bundesgesetz die notwendige rechtliche Grundlage zu schaffen. Soweit es um die kantonale Sozialversicherung (z.B. Familienzulagen) geht, ergibt sich die Ermächtigung zur Verwendung der neuen AHV-Versichertennummer direkt aus dem AHVG.

3.

Verwendung der neuen AHV-Versichertennummer in weiteren Bereichen: Die Vorlage enthält eine Bestimmung (Art. 50e AHVG), welche definiert, unter welchen Bedingungen die Verwendung der AHV-Versichertennummer auch ausserhalb der Sozialversicherung zulässig ist. Grundsätzlich sollen die mit dem Vollzug von kantonalem Recht betrauten Stellen in den Berei-

502

chen Prämienverbilligung, Sozialhilfe, Steuern und Bildung die Versichertennummer systematisch verwenden können. Die Vorlage sieht im Anhang überdies die Schaffung besonderer gesetzlicher Grundlagen auf Stufe Bund in gewissen ­ eng mit der Sozialversicherung verbundenen Bereichen ­ vor (private Zusatzversicherungen zur sozialen Kranken- und Unfallversicherung, ausserobligatorische berufliche Vorsorge, Militärkontrolle, Steuern und ETH). Eine Verwendung der AHV-Versichertennummer ausserhalb dieses Kontextes ist möglich, sofern dafür auf Ebene Bund bzw. Kanton eine gesetzliche Grundlage geschaffen wird. Mit diesem Scharnier, das gleichzeitig gewisse Minimalanforderungen an die Nutzerinnen und Nutzer stellt, wird der Weg frei, dass die neue AHV-Versichertennummer sich zu einer auf den Ebenen Bund, Kantone und Gemeinden verwendeten administrativen Personenidentifikationsnummer entwickeln kann. Die einzelnen Ausbauschritte stehen jedoch unter einer demokratischen Kontrolle.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.2 Die beantragte Neuregelung 1.2.1 Die technische Konzeption der neuen Versichertennummer 1.2.1.1 Anforderungen an die Konzeption 1.2.1.2 Modell der neuen Versichertennummer 1.2.1.3 Administrative Abläufe bei der Nummernzuteilung 1.2.2 Der Regelungsbedarf auf Gesetzesstufe 1.2.2.1 Grundsätze des Datenschutzes 1.2.2.2 Abstützung des Konzepts in anderen Bundesgesetzen 1.2.2.3 Schwerpunkte der Neuregelung 1.2.2.3.1 Verwendung der AHV-Versichertennummer im Bereich Sozialversicherung 1.2.2.3.2 Vorgesehene Verwendungsmöglichkeiten der AHV-Versichertennummer ausserhalb der Sozialversicherung 1.2.2.3.3 Schnittstelle für weitere Verwendungsmöglichkeiten der AHV-Versichertennummer ausserhalb der Sozialversicherung 1.2.2.3.4 Sichernde Massnahmen 1.2.3 Einsatzmöglichkeiten im Gesamtkontext und deren Nutzen 1.2.4 Gesetzessystematik 1.3 Vorverfahren

506 506 507 507 507 508 508 510 510 511 511

2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.1 Änderungen im AHVG 2.1.1 Bearbeitung und Bekanntgabe von Personendaten 2.1.1.1 Änderung von Artikel 49a, Buchstabe g 2.1.1.2 Änderung von Artikel 50a, Absatz 1 Buchstaben bbis und bter 2.1.2 Neuregelungen zur Versichertennummer (Art. 50c­50g, Aufhebung von Art. 92a) 2.1.3 Strafbestimmungen (Art. 87 und Art. 88) 2.1.4 Schlussbestimmungen 2.2 Weitere Änderungen in der Sozialversicherung und in damit zusammenhängenden Erlassen 2.2.1 Gesetzesänderungen zur Sicherstellung der Verwendung der neuen Versichertennummer in der Sozialversicherung des Bundes 2.2.2 Gesetzesänderungen zur Sicherstellung der Verwendung der neuen Versichertennummer im Bildungswesen, in der Militärverwaltung und in der Steuerverwaltung

521 521 521 521

3 Auswirkungen 3.1 Auf Bund, Kantone, Gemeinden und Träger von Sozialversicherungen 3.2 Andere Auswirkungen

532 532 532

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512 513 516 517 517 518 520

522 522 527 527 528 528 531

4 Verhältnis zur Legislaturplanung

533

5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

533 533 535 535

Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Entwurf)

537

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Seit Einführung der AHV im Jahr 1948 arbeitet das System mit einer Versichertennummer. Diese bestand zu Beginn aus 8­10 Stellen, der so genannten Stammnummer, und einer allenfalls notwendigen Ordnungsnummer. Per 1. April 1972 wurde sie auf generell 11 Stellen erweitert1. Enthielt das von der Zentralen Ausgleichsstelle (ZAS) geführte Versichertenregister Ende 1971 rund 8 Millionen AHV-Nummern, so ist diese Zahl per 1. Januar 2005 auf rund 20 Millionen angewachsen. Die Arbeit mit den AHV-Nummern wird zunehmend problematisch, weil sich die Generierung der Nummer auf personenspezifische Daten stützt: ­

Änderungen bei diesen personenspezifischen Daten, welche die Zuweisung einer neuen Versichertennummer und die Verknüpfung der bestehenden Nummern nach sich ziehen, werden immer häufiger. Insbesondere bei ausländischen Versicherten ergeben sich Korrekturen aufgrund der Schreibweise des Namens (z.B. Unkenntnis des ausländischen Namensrechts), des Geburtsdatums bzw. -jahrs oder des Geschlechts (falsche Interpretationen des Vornamens). Teilweise unterbleiben nötige Verknüpfungen, weil die Ausgleichskasse, welche die neue AHV-Nummer beantragt, nicht über eine bereits bestehende Nummer informiert ist.

­

Es zeigen sich Engpässe, weil bei der Entwicklung des Alphabetschlüssels für gewisse Namen, die bei dessen Einführung selten, heute aber häufiger verwendet werden, zu wenige Kombinationen reserviert wurden. So steht für alle Familiennamen, die mit X und Y beginnen, nur eine einzige Zahlenkombination (975) zur Verfügung.

­

Die «Jahr 2000»-Problematik wirkte sich in der AHV nicht aus, weil bei der Umstellung im Jahr 1972 darauf geachtet wurde, dass nur Personen, die nicht bereits im Rentenalter standen, eine 11-stellige Nummer erhielten.

Somit kann gesagt werden, dass Personen, die heute eine gültige, nicht 11-stellige AHV-Nummer haben, vor dem Jahr 1907 geboren sind. Dieser Umstand ermöglichte es bei der Diskussion um die Jahrtausendproblematik klar festzuhalten, dass ­ obwohl das Geburtsjahr nur in zwei Stellen aufgeführt ist ­ jederzeit festgestellt werden kann, ob es sich zum Beispiel um eine 1902 oder 2002 geborene Person handelt. Erstere hat eine 8-stellige und Letztere eine 11-stellige AHV-Nummer. Dieses Unterscheidungselement fällt ab dem Jahr 2007 weg.

­

In rechtlicher Hinsicht beruht das heutige Vorgehen bei der Zuteilung der AHV-Nummer auf einer datenschutzrechtlichen Ausnahmeregelung, die vom Grundsatz der «nichtsprechenden Nummer» abweicht (vgl. Art. 25 Abs. 1 und 4 der Verordnung vom 14. Juni 19932 zum Bundesgesetz über den Datenschutz, VDSG).

1 2

506

Vgl. Zeitschrift für die Ausgleichskassen (ZAK) 1971, Nr. 8/9.

SR 235.11

Heute geht es für den AHV-Kernbereich darum, die nötigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, um das System aus organisatorischer Sicht zukunftstauglich zu gestalten.

Mit der Einführung der neuen AHV-Versichertennummer bietet sich darüber hinaus die Gelegenheit, den Nutzungsbereich der Nummer neu zu definieren, klare Rechtsgrundlagen für ihren Einsatz in der Sozialversicherung («Sozialversicherungsnummer») und in zusätzlichen, damit eng verbundenen Bereichen zu schaffen sowie ein Scharnier für die weitere Nutzung zur Verfügung zu stellen. Damit diese Scharnierfunktion zum Tragen kommt, bedarf es jedoch für den jeweiligen Einsatzbereich besonderer gesetzlicher Bestimmungen, die nicht Gegenstand dieser Botschaft sind.

Als erster Schritt in Richtung Verwendung der AHV-Versichertennummer als «administrative Personenidentifikationsnummer» oder «Bürgernummer» ist geplant, durch ein neues Registerharmonisierungsgesetz den Einsatz der neuen AHV-Versichertennummer in verschiedenen amtlichen Registern zu regeln.

1.2

Die beantragte Neuregelung

1.2.1

Die technische Konzeption der neuen Versichertennummer

1.2.1.1

Anforderungen an die Konzeption

Für die Einführung der neuen AHV-Versichertennummer liegt eine Konzeption vor, für welche die Grundlagen auf Gesetzesstufe teilweise bereits vorhanden sind, teilweise aber mit dieser Vorlage erst noch gelegt werden müssen. Die konkrete Ausgestaltung wird im Wesentlichen auf Verordnungs- oder Weisungsstufe geregelt werden müssen. Die Konzeption wird folgenden Anforderungen gerecht: ­

jeder Person wird nur einmal eine Versichertennummer zugewiesen (grundsätzlich keine Änderungen im Verlauf des Lebens);

­

die Versichertennummer wird möglichst frühzeitig zugewiesen;

­

künftige systembedingte Engpässe sind nicht absehbar;

­

die einfache und sichere Verwendbarkeit in EDV-Systemen ist garantiert;

­

das System ist für die Verwendung der Versichertennummer im Bereich der Sozialversicherung und in damit eng verbundenen Bereichen unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Prinzipien grundsätzlich offen; darüber hinaus ist es möglich, das System in weiteren Schritten in Richtung einer generellen «administrativen Personenidentifikationsnummer» weiterzuentwickeln;

­

beim Übergang zur neuen Versichertennummer dürfen keine Daten zum bisherigen Versicherungsverhältnis verloren gehen (100-prozentige Verknüpfung ist garantiert).

507

1.2.1.2

Modell der neuen Versichertennummer

Die eigentliche Regelung zur Ausgestaltung der neuen Versichertennummer wird in der Verordnung vom 31. Oktober 19473 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) getroffen. Vorgesehen ist eine 13-stellige Nummer, die im Wesentlichen einem im weltweiten Handel eingesetzten Standard entspricht. Damit wird die Möglichkeit zur elektronischen Datenverarbeitung (mit Strichcodetechnik) bestmöglich unterstützt, weil auf dem Markt bereits verschiedene einsatzfähige Programme zur Verfügung stehen.

Die neue Nummer präsentiert sich wie folgt:

.

.

Ländercode 7

5

6

.

9-stellige Nummerierung . 1

2

3

4

. 5

6

7

Prüfziffer 8

. 9

5

Die einzelnen Zahlengruppen haben die folgenden Bedeutungen: Ländercode: Hier handelt es sich nicht um die Codierung der Nationalität sondern um die Kennzeichnung des Ausgabelandes «Schweiz». Aufgrund der in den nächsten Jahren noch zunehmenden Mobilität der Versicherten ist damit zu rechnen, dass diese künftig Versicherungsausweise mehrerer Staaten besitzen werden und es durchführungstechnisch von grossem Nutzen sein wird, bereits der Versichertennummer anzusehen, dass sie von der schweizerischen Sozialversicherung herausgegeben wurde. Die Nummer 756 steht demnach für die Schweiz.

Nummerierung: Mit den Stellen 4­12 stehen insgesamt 9 Positionen für die Nummerierung der Versicherten zur Verfügung. Aus Sicht der Benutzerfreundlichkeit bzw. zum Vermeiden von Schreibfehlern wird bei der Vergabe darauf zu achten sein, dass die Zahlenfolge nach der vierten und achten Stelle durch Punkte unterbrochen wird, sich gleiche Ziffern nicht mehr als zweimal wiederholen und keine führenden Nullen verwendet werden.

Prüfziffer: Durch die Prüfziffer soll verhindert werden, dass falsche Nummern verwendet werden. Das System von Prüfziffern hat sich bereits bei der heutigen AHV-Nummer (11. Ziffer) und anderen Nummerierungssystemen bewährt.

1.2.1.3

Administrative Abläufe bei der Nummernzuteilung

Wie bisher soll die Versichertennummer nur durch die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) zugewiesen werden. IV, EO, EL und die Familienzulagen in der Landwirtschaft verwenden die AHV-Nummer bereits heute in der Administration ­ gestützt auf eine explizite gesetzliche Grundlage bzw. eine Verweisung auf die AHVGesetzgebung. Weitere Sozialversicherungen haben die AHV-Nummer ­ auch wenn sie verwaltungstechnisch z.T. eine eigene Nummer verwenden ­ zur Absicherung 3

508

SR 831.101

der Personenidentifikation beim Datenaustausch in ihre Verwaltung systematisch integriert. Es muss deshalb sichergestellt werden, dass die neue AHV-Versichertennummer grundsätzlich auch von anderen Sozialversicherungen genutzt werden kann.

Die Nutzung in der obligatorischen Krankenversicherung für die schweizerische Versichertenkarte setzt voraus, dass mit der Vergabe nicht mehr ­ wie bis anhin ­ zugewartet wird, bis ein versicherungstechnisch relevanter Sachverhalt bei der AHV/IV/EO (z.B. Eintritt der AHV-Beitragspflicht, Geburtsinvalidität oder militärische Stellungspflicht) eintritt. Vielmehr soll die Erstzuteilung möglichst frühzeitig ­ und aus Sicherheits- und Effizienzgründen möglichst gestützt auf automatisierte Meldeverfahren ­ erfolgen. Dabei ergeben sich faktisch vier Kategorien: Kategorie

frühestmöglicher Zeitpunkt

automatisierte Meldeverfahren

a

Personen mit Wohnsitz Geburt oder gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz

möglich über das informatisierte Standesregister im Zivilstandswesen «Infostar»

b

Ausländische Personen, die in die Schweiz einreisen und hier Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nehmen

erstmalige Einreise möglich über das Zentrale Migramit Begründung des tionsinformationssystem «ZEMIS» Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz

c

Im Ausland lebende Schweizerinnen und Schweizer

Geburt

d

Ausländische Personen mit wenn sich erstmals eine Wohnsitz im Ausland Notwendigkeit für die Verwendung der Versichertennummer ergibt, z.B. Waisenrente AHV

Personenstandsänderungen (Geburt von Kindern) sind via Auslandvertretung zu melden ­ automatisierte Meldung möglich über das informatisierte Standesregister im Zivilstandswesen «Infostar». In Ausnahmefällen (z.B. Rückwanderung in die Schweiz ohne Versichertennummer) erfolgt die Zuweisung gestützt auf eine individuelle Meldung keine automatisierte Meldung möglich ­ individuelle Meldungen erforderlich

Im Weiteren ergeben sich spezifische Übergangsprobleme: Zur Sicherstellung einer reibungslosen zukünftigen Administration ist es notwendig, dass die ZAS sämtlichen bis anhin im zentralen Versichertenregister Verzeichneten (auch den verstorbenen) eine neue Versichertennummer zuteilt und die Verknüpfung zur alten Nummer sicherstellt. Die gesetzliche Basis dafür wird in Absatz 1 der Schlussbestimmungen gelegt (siehe Ziff. 2.1.4). Den im Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht im zentralen Register verzeichneten Kindern und Jugendlichen muss ebenfalls eine Versichertennummer zugeteilt werden. Diese Zuteilung wird in der Regel durch den Krankenversicherer gestützt auf den neuen Artikel 50c Absatz 2 Buchstabe b AHVG ausgelöst werden. Eine besondere Übergangsregelung ist diesbezüglich nicht nötig.

Schlussendlich wird insbesondere für die Kategorien c und d das bisherige Antragsverfahren (Formular) via Gemeindezweigstellen bzw. Arbeitgeber weiterhin bestehen.

509

1.2.2

Der Regelungsbedarf auf Gesetzesstufe

1.2.2.1

Grundsätze des Datenschutzes

Das Bearbeiten von Daten fällt unter den Geltungsbereich des Bundesgesetzes vom 19. Juni 19934 über den Datenschutz (DSG). Als Querschnitts- bzw. Prozeduralgesetz für das Bearbeiten von Daten gilt das DSG sowohl für Private wie für alle Bundesorgane (Art. 2 Abs. 1 Bst. a und b DSG). An das Bearbeiten von Daten durch Bundesorgane stellt das DSG erhöhte formalrechtliche Anforderungen. Es ist auch massgebend für spezialgesetzliche Regelungen, denn es bestimmt unter anderem, welche Regelungen einer gesetzlichen Grundlage bedürfen und welche Personendaten als besonders schützenswert gelten. Die besonderen Bestimmungen über den Datenschutz in anderen Bundesgesetzen sind daher als lex specialis zu betrachten, die den Datenschutz in einem bestimmten Bereich konkretisiert.

Die Kernelemente der Datenschutzgesetzgebung sind: ­

Schutz der Persönlichkeit Die Datenschutzgesetzgebung ist eine besondere Ausprägung des Persönlichkeitsschutzes. Sie soll sicherstellen, dass die Persönlichkeit geschützt wird, indem die Behörden mit Personendaten sorgsam umgehen und mit solchen Daten kein Missbrauch betrieben wird. Kontrolliertheit und Kontrollierbarkeit der Personendaten, die von staatlichen Stellen beschafft, bearbeitet und weitergeleitet werden, sind deshalb die Grundintentionen des Gesetzes.

­

Legalitätsprinzip Kontrolliertheit und Kontrollierbarkeit werden zunächst eingeführt durch das Gesetzmässigkeitsprinzip (Legalitätsprinzip), d.h. durch die Forderung, dass Organe des Bundes Personendaten nur bearbeiten dürfen, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht (Art. 17 Abs. 1 DSG). Bei besonders schützenswerten Personendaten und Persönlichkeitsprofilen, d.h. bei sensiblen Daten gemäss den Definitionen in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c und d DSG, ist eine formell-gesetzliche Grundlage nötig (Art. 17 Abs. 2 DSG).

Mit der Vorlage soll sichergestellt werden, dass in der Gesetzgebung sämtliche formalrechtlichen Grundlagen und Schutzmechanismen geschaffen werden, die für die Einführung der neuen AHV-Versichertennummer und für die damit verbundenen administrativen Abläufe (Datenflüsse) erforderlich sind. Darüber hinaus ist eine eingehende Regelung für die Möglichkeit vorgesehen, die Versichertennummer in der Sozialversicherung («Sozialversicherungsnummer») und weiteren, damit eng verbundenen Verwaltungsbereichen systematisch zu verwenden. Schliesslich enthält die Vorlage ein «gesetzgeberisches Scharnier», das bei der Schaffung zusätzlicher, nicht in dieser Vorlage enthaltener gesetzlicher Bestimmungen den Ausbau zu einer umfassend einsetzbaren «administrativen Personenidentifikationsnummer» ermöglicht.

4

510

SR 235.1

1.2.2.2

Abstützung des Konzepts in anderen Bundesgesetzen

Auf die Anforderungen des Datenschutzes nach einer gesetzlichen Grundlage für die gesetzgeberische Implementierung der in Ziffer 1.2.1 skizzierten Konzeption wurde bereits bei zwei früheren Gesetzesrevisionen vorausschauend Rücksicht genommen: ­

Bei der ZGB-Revision vom 5. Oktober 20015 (Elektronische Führung des Personenstandsregisters), die seit 1. Juli 2004 in Kraft ist: Mit Artikel 43a Absatz 3 ZGB6 wurde dem Bundesrat die Kompetenz übertragen, diejenigen Behörden ausserhalb des Zivilstandswesens zu bestimmen, denen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötigen Daten «regelmässig» oder «auf Anfrage» bekannt gegeben werden. Damit wurde sichergestellt, dass das für die Beurkundung des Personenstands eingeführte System «Infostar» für die automatische Mitteilung der in der Schweiz verzeichneten Geburten an die ZAS eingesetzt werden kann. Voraussetzung für die entsprechende Nutzung ist lediglich eine Änderung der Zivilstandsverordnung vom 28. April 20047.

­

Beim Erlass des Bundesgesetzes vom 20. Juni 20038 über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (BGIAA), mit welchem die rechtlichen Grundlagen für das zentrale Migrationsinformationssystem «ZEMIS» geschaffen wurden: In den Artikeln 9 Absatz 1 Buchstabe h und Absatz 2 Buchstabe g sowie 10 Absatz 2 ist vorgesehen, dass die ZAS im Abrufverfahren auf die benötigten Daten zugreifen kann. Auch für ein Meldeverfahren besteht mit Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe a und Absatz 2 Buchstabe a BGIAA die gesetzliche Grundlage. Das Informationssystem «ZEMIS» ist derzeit noch nicht in Betrieb und das BGIAA noch nicht in Kraft. Die Inkraftsetzung ist jedoch für die erste Hälfte 2006 vorgesehen.

Die Details des Datentransfers werden in einer neuen Verordnung über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (ZEMISVerordnung) geregelt.

1.2.2.3

Schwerpunkte der Neuregelung

Das heutige Recht schreibt einzig vor, dass «Verwaltungen und andere Institutionen, welche die Versichertennummer zu eigenen Zwecken benützen», die echte Versichertennummer verwenden müssen (Art. 92a AHVG). Fest steht, dass die AHVNummer heute von zahlreichen Nutzern systematisch verwendet wird. Ein vollständiger Überblick über die Einsatzgebiete besteht aber nicht und kann auch nicht mit Sicherheit gewonnen werden. Diese Situation ist mit der datenschutzrechtlichen Forderung nach Kontrolliertheit und Kontrollierbarkeit nicht im Einklang. Eine klare Regelung für den Einsatzbereich der Versichertennummer scheint daher unverzichtbar. Rein private systematische Nutzungen sollen künftig nicht mehr möglich sein.

Hingegen soll neben einer «Sozialversicherungsnummer» auch die Basis für Effizienzgewinne in der übrigen Verwaltung mit einer «administrativen Personenidentifikationsnummer» geschaffen werden. Die Vorlage konzentriert sich ­ neben der

5 6 7 8

AS 2004 2911 SR 210 SR 211.112.2 BBl 2003 4489

511

Kernregelung für den Gebrauch der neuen Versichertennummer in der AHV ­ auf folgende gesetzgeberische Schwerpunkte: ­

Regelung des Einsatzes der AHV-Versichertennummer in der Sozialversicherung des Bundes und der Kantone;

­

Schaffung einer Schnittstelle für die Verwendung der Versichertennummer ausserhalb der Sozialversicherung, und zwar: ­ einerseits für Bereiche, die eng mit der Sozialversicherung verbunden sind (kantonale Ebene: die in Artikel 50e Absatz 2 des Revisionsentwurfs aufgezählten Bereiche; Bundesebene: die im Anhang über die Sozialversicherungsgesetzgebung hinausgehenden Gesetzesänderungen im Privatversicherungs- und Steuerrecht, im ETH-Bereich und in der Militärkontrolle), ­ andererseits für Verwaltungsbereiche, die nicht administrativ mit der Sozialversicherung verbunden sind, in denen jedoch die Verwendung der AHV-Versichertennummer sinnvoll erscheint. Damit das im Revisionsentwurf vorgesehene Scharnier (Art. 50e Abs. 1 und 3) zum Tragen kommt, müssen zusätzliche gesetzliche Grundlagen auf den Ebenen Bund (z.B. vorgesehen im Entwurf für ein Registerharmonisierungsgesetz) bzw. Kanton geschaffen werden.

­

Sichernde Massnahmen: Wenn die AHV-Versichertennummer wie vorgesehen im ganzen Bereich der sozialen Sicherheit und gegebenenfalls auch bei anderen Stellen genutzt wird, muss mit technischen und organisatorischen Massnahmen die Verwendung der korrekten Nummer und der Schutz vor Missbrauch gewährleistet werden. Der ZAS als zentraler Vergabestelle sind die nötigen Instrumente zur Durchsetzung von Standards und periodischen Kontrollen in die Hand zu geben. Darüber hinaus müssen Missbräuche geahndet werden können.

1.2.2.3.1

Verwendung der AHV-Versichertennummer im Bereich Sozialversicherung

Gemäss der vorgesehenen Konzeption soll die neue AHV-Versichertennummer in den Bereichen, in denen bereits die heutige AHV-Nummer für die Durchführung der Sozialversicherung genutzt wird, weiter systematisch verwendet werden können. De facto ist die Nutzung der Versichertennummer nicht in allen Bereichen genau gleich.

Bei der AHV, IV, EO, EL und den Familienzulagen in der Landwirtschaft (FL) stellt die Versichertennummer eine zentrale Hilfe in der Verwaltung dar. Andere Sozialversicherungen benötigen die Nummer ebenfalls systematisch, um ihre Aufgaben ausführen zu können (z.B. Abrechnung des AHV-Beitrags auf Arbeitslosenentschädigungen in der ALV), oder benutzen sie, um die Identifikation beim Informationsaustausch im Zusammenhang mit der Festlegung von Leistungsansprüchen sicherzustellen (z.B. Komplementärrentenberechnung in der UV). Die Verwendungsmöglichkeit muss daher vom Gesetzgeber nicht nur für die AHV, sondern auch für die folgenden Sozialversicherungen auf Stufe Bund sichergestellt bzw. ermöglicht werden: ­

Invalidenversicherung (IVG),

­

Ergänzungsleistungen (ELG),

512

­

berufliche Vorsorge (BVG),

­

obligatorische Krankenversicherung (KVG),

­

obligatorische Unfallversicherung (UVG),

­

Militärversicherung (MVG),

­

Erwerbsersatzordnung (EOG),

­

Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG),

­

obligatorische Arbeitslosenversicherung (AVIG).

Im Wesentlichen geht es in diesen Sozialversicherungen des Bundes darum, die mit der Versichertennummer verbundenen Prozesse (Generierung, Zuweisung, Bekanntgabe und Bearbeitung) unter datenschutzrechtlichen Aspekten einwandfrei zu regeln. Mit Artikel 50d Absatz 1 des vorliegenden Änderungsentwurfs und den Änderungen der Sozialversicherungsgesetze im Anhang wird dem regulatorischen Bedarf auf Bundesebene Rechnung getragen.

Anzumerken ist, dass derzeit nur die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG) bundesrechtlich geregelt sind. Ein aufgrund der parlamentarischen Initiative Fankhauser (91.411, Leistungen für die Familie) vorgelegtes neues Bundesgesetz über die Familienzulagen (Familienzulagengesetz, FamZG) befindet sich in der parlamentarischen Beratung. Es handelt sich um ein Rahmengesetz, in dem Mindestvorschriften für die Ausrichtung der kantonalen Familienzulagen festgelegt werden.

Dieses neue Gesetz fügt sich in die bundesrechtliche Legiferierung im Bereich der Sozialversicherung ein. Für den Fall, dass es in Kraft tritt, sind ebenfalls minimale gesetzgeberische Anpassungen vorzusehen, um den Einsatz der AHV-Versichertennummer in der Administration auf eine solide gesetzliche Grundlage zu stellen.

Aufgrund des aktuellen Beratungsstandes wäre neu Artikel 27 Buchstabe f einzufügen [«Es finden die Bestimmungen der AHV-Gesetzgebung mit ihren jeweiligen Abweichungen vom ATSG sinngemäss Anwendung für: f. die Versichertennummer»]. Solange das Familienzulagengesetz nicht in Kraft ist, gelten weiterhin nur die kantonalen Kinderzulagen-Regelungen. Diese Vorlage deckt mit Artikel 50d Absatz 2 auch die Sozialversicherung der Kantone (z.B. Bereich Familienzulagen und Mutterschaftsversicherung) ab.

1.2.2.3.2

Vorgesehene Verwendungsmöglichkeiten der AHVVersichertennummer ausserhalb der Sozialversicherung

Ausserhalb der Sozialversicherung gibt es Bereiche, in denen die Nutzung der AHVVersichertennummer weiterhin möglich sein sollte, um die dadurch gewonnene Effizienz in der Verwaltung nicht zu gefährden. Formal ist auch diesbezüglich zwischen den Stufen Kanton (Art. 50e Abs. 2 AHVG) und Bund (Art. 50e Abs. 1 AHVG in Verbindung mit dem Anhang) zu unterscheiden.

Im Bereich des Vollzugs des kantonalen Rechts ist in der Vorlage für folgende Stellen und Institutionen die Möglichkeit der Verwendung der AHV-Versichertennummer vorgesehen: ­

für die mit dem Vollzug der Prämienverbilligung in der Krankenversicherung betrauten Stellen; 513

­

für die mit dem Vollzug der Sozialhilfe betrauten Stellen;

­

für die Steuerbehörden: Heute wird die AHV-Versichertennummer von den Steuerbehörden systematisch benutzt. Die mündliche Konsultation der Schweizerischen Steuerkonferenz im August 2005 hat gezeigt, dass der AHV-Versichertennummer auch künftig eine unentbehrliche Schlüsselrolle bei der Datenkommunikation zukommen muss. Die Steuerbehörden stehen in enger Verbindung zu Institutionen der sozialen Sicherheit. Ihnen kommt beim AHV-Vollzug die Funktion von Hilfsorganen im Zusammenhang mit der Meldung der Einkommen von Selbständigerwerbenden (Art. 9 Abs. 3 AHVG) und bei der Ermittlung der Beiträge von Nichterwerbstätigen (Art.

29 AHVV) zu. In vielen Kantonen spielt die Steuerbehörde eine zentrale Rolle bei der Prämienverbilligung. Insofern ist es angemessen, den Steuerbehörden der Kantone und Gemeinden weiterhin die Nutzung der AHVVersichertennummer zu ermöglichen.

­

für die Bildungsinstitutionen: Die Bildungsinstitutionen nehmen dann die Rolle eines Hilfsorgans der AHV ein, wenn sie die notwendigen Meldungen für die Studierenden an die Ausgleichskassen vornehmen und gegebenenfalls das Inkasso für die Beiträge übernehmen (Art. 29bis­29ter AHVV). Für die korrekte Verbuchung der Beitragszahlung zugunsten der Betroffenen muss bei der Datenübermittlung die Versichertennummer verwendet werden. Fast alle Bildungsanstalten fallen in die kantonale Regelungskompetenz und sie sollten weiterhin die Möglichkeit zur Nutzung der AHV-Versichertennummer haben, weil einerseits die Hochschulen als Hilfsorgane der AHV fungieren können und andererseits auch Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II (duale Berufsbildung oder berufliche Vollzeitausbildung) und der nichthochschulischen Tertiärstufe (höhere Berufsbildung) AHVpflichtig sind. Schulen mit besonderem Lehrplan (Sonderschulen) verwenden die Versichertennummer im Rahmen der Invalidenversicherung.

Schliesslich gibt es Kantone, in welchen die Unfallversicherung für die Schülerinnen und Schüler via Schulen erfolgt. Insofern sollte für alle im Bildungswesen tätigen Institutionen generell eine Ermächtigung zur Nutzung der AHV-Versichertennummer vorgesehen werden.

Auf Stufe Bund erstreckt sich die vorgesehene Verwendungsmöglichkeit auf folgende Bereiche: ­

9

514

Zusatzversicherungen: Bei der Kranken- und Unfallversicherung stellt sich die Frage, ob die Nutzung der AHV-Versichertennummer auch ausserhalb des Obligatoriums zulässig sein soll. Dies ist zu befürworten, weil ein generelles Verbot der Nutzung der AHV-Versichertennummer in der Privatversicherung zu einer völlig getrennten Datenbewirtschaftung führen müsste.

Damit würden die Verwaltungskosten ansteigen und unnötige Identifikationsprobleme geschaffen. Für Versicherungsgesellschaften, die ausserobligatorische Versicherungen in der Kranken- oder Unfallversicherung anbieten, sollte die Verwendung der neuen AHV-Versichertennummer daher möglich sein. Um dies sicherzustellen, ist zusätzlich eine Anpassung des Bundesgesetzes vom 2. April 19089 über den Versicherungsvertrag (VVG) notwendig.

SR 221.229.1

10 11 12 13 14 15

­

In Bezug auf die berufliche Vorsorge ist festzuhalten, dass es sich nicht um eine reine Sozialversicherung handelt. Mit dem Bundesgesetz vom 25. Juni 198210 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) und dem Freizügigkeitsgesetz vom 17. Dezember 199311 (FZG) ist zwar eine Rahmengesetzgebung vorhanden, die für die Durchführung des Obligatoriums spezifische Regelungen trifft und auch Mindestanforderungen an so genannt «umhüllende Kassen» (Kassen mit reglementarischen Leistungen, die über das Obligatorium hinausgehen) stellt. Der Vollzug ist jedoch zu wenig einheitlich geregelt, als dass ohne vertiefte Studien ausgesagt werden könnte, inwieweit bei der Administration der beruflichen Vorsorge die AHV-Versichertennummer Verwendung findet. Zumindest für den Datenaustausch in den Fällen, in denen die Koordinationsbestimmungen des Sozialversicherungsrechts eine Rolle spielen, ist davon auszugehen, dass die AHV-Versichertennummer für den Informationsaustausch mit andern Sozialversicherern eine wichtige Rolle spielt. Überdies muss man davon ausgehen, dass auch die Vorsorgeeinrichtungen, die ausschliesslich das Überobligatorium versichern, die AHV-Versichertennummer systematisch nutzen und bearbeiten, weil die Arbeitgeber als Organe der AHV bei ihren Lohnabrechnungen mit dieser Nummer arbeiten. Deshalb sollten Vorsorgeeinrichtungen generell berechtigt sein, die AHV-Versichertennummer zu Administrationszwecken systematisch zu nutzen. Somit erweist sich in der beruflichen Vorsorge neben der Anpassung des BVG und des FZG auch eine Änderung des Rechts über die Vorsorgestiftungen im ZGB als notwendig.

­

Steuern: Wie für die Steuergesetzgebung der Kantone sollte auch für diejenige des Bundes die Verwendung der AHV-Versichertennummer sichergestellt werden. Im Anhang des Entwurfs ist die Anpassung des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 199012 über die direkte Bundesteuer (DBG), des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 199013 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) und des Bundesgesetzes vom 12. Juni 195914 über die Wehrpflichtersatzabgabe (WPEG) vorgesehen.

Im Übrigen soll für den kantonalen und kommunalen Steuerbereich die Verwendung in Artikel 50e Absatz 2 AHVG vorgesehen werden.

­

Bildungsinstitutionen: Um auch den Bildungsinstitutionen, die in den Kompetenzbereich des Bundes fallen, die Verwendung der Versichertennummer in gleicher Weise wie den kantonalen Bildungsinstitutionen zu ermöglichen, ist im ETH-Gesetz vom 4. Oktober 199115 eine Anpassung vorgesehen.

­

Militärkontrolle: Heute spielt die AHV-Versichertennummer eine zentrale Rolle im Personal-Informations-System der Armee (PISA). Sie ist das meist verwendete und zuverlässigste Kriterium zur Identifizierung einer bestimmten Person in der Militärkontrolle und wird insbesondere im Zusammenhang mit der Ausrichtung von Leistungen gemäss Erwerbsersatzordnung und Militärversicherungsgesetz zwingend benötigt. Mangels einer Alternative kann in der Administration auch in Zukunft nicht auf die Nutzung der neuen SR 831.40 SR 831.42 SR 642.11 SR 642.14 SR 661 SR 414.110

515

AHV-Versichertennummer verzichtet werden. Um die Weiterverwendung unter der Neukonzeption im bisherigen Rahmen sicherzustellen, ist eine Anpassung des Militärgesetzes vom 3. Februar 199516 vorgesehen.

1.2.2.3.3

Schnittstelle für weitere Verwendungsmöglichkeiten der AHV-Versichertennummer ausserhalb der Sozialversicherung

Während die Verwendung der neuen AHV-Versichertennummer in den unter Ziffer 1.2.2.3.2 dargestellten Bereichen aufgrund des Sachzusammenhangs wichtig ist, stellt sich die Frage, inwieweit und unter welchen Bedingungen die weitergehende Verwendung ausserhalb der Sozialversicherung zulässig sein soll.

Die heutige AHV-Nummer ist in der Bevölkerung gut akzeptiert und wird weit verbreitet eingesetzt. Allerdings widerspricht der heutige Zustand mit einer «sprechenden Nummer» und deren unkontrollierter Nutzung den Grundsätzen des Datenschutzes (vgl. Ziff. 1.2.2.1). Mit der neuen, «nichtsprechenden Nummer» wird die Situation in Bezug auf die Anliegen des Datenschutzes insofern entschärft, als die Nummer keine Rückschlüsse mehr auf personenbezogene Merkmale zulässt. Der seit Einführung der AHV-Nummer eingetretene technische Fortschritt in der Datenverarbeitung hat aber dazu geführt, dass die weit verbreitete Verwendung derselben Nummer für dieselbe Person («Personenidentifikationsnummer») eine völlig neue Dimension erhalten hat. Je breiter das Einsatzgebiet einer Personenidentifikationsnummer ist, desto grösser sind die technischen Möglichkeiten zur Zusammenführung von personenbezogenen Informationen aus Datenbanken, welche die unterschiedlichsten Lebensbereiche betreffen. Auch wenn das DSG der Zusammenführung von Daten Schranken setzt, besteht aus Sicht des Datenschutzes nach wie vor ein Interesse, das Missbrauchspotenzial möglichst klein zu halten. Dem Einsatz der AHV-Versichertennummer ausserhalb der sozialen Sicherheit wird daher aus datenschützerischer Sicht eine grosse Skepsis entgegengebracht. Auf der andern Seite wird die neue in der sozialen Sicherheit verwendete Versichertennummer für die gesamte Wohnbevölkerung der Schweiz ausgegeben. Damit wird sie de facto zur «Bürgernummer». Eine möglichst breite Verwendung in der staatlichen Verwaltung auf den Ebenen Bund, Kanton und Gemeinde wäre mit Effizienzgewinnen verbunden ­ insbesondere durch die Weiterentwicklung des E-Governments in der Schweiz und die Vereinfachung der Erhebungsverfahren in der öffentlichen Statistik.

Die Vorlage sieht daher mit Artikel 50e Absätze 1 und 3 des Entwurfs eine Schnittstelle für die systematische Verwendung ausserhalb der Sozialversicherung vor.

Diese Schnittstelle gibt Raum für eine breite Verwendung, sofern die
Voraussetzung einer besonderen gesetzlichen Grundlage auf der Stufe Bund oder Kanton gegeben ist. Über die im Anhang vorgesehene Änderung der Bundesgesetzgebung hinaus (welche im engen Zusammenhang mit der Sozialversicherungsnummer zu sehen ist) besteht die Absicht, in einem neuen Registerharmonisierungsgesetz eine entsprechende Regelung zu treffen. Diese Konzeption sichert jeden einzelnen Verbreitungsschritt in der Verwendung mit einem demokratisch legitimierten Gesetzgebungsprozess ab. Sie wird aber vom Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten kritisiert, weil

16

516

SR 510.10

sie die Übersicht über die Verwendung ­ angesichts der möglicherweise zahlreich werdenden Regelungen ­ erschwert.

1.2.2.3.4

Sichernde Massnahmen

Der Kreis der zur systematischen Verwendung der neuen AHV-Versichertennummer berechtigten Stellen ist nicht abschliessend definiert. Der Kreis der Nutzungsberechtigten wird sich mit dem Ausbau der gesetzlichen Grundlagen ausserhalb der Sozialversicherung auf den Stufen Bund, Kantone und Gemeinden verändern. Um einerseits eine Kontrolle darüber zu haben, wo überall die Versichertennummer systematisch verwendet wird, und andererseits die Versichertennummer als auf die Dauer zuverlässige Personenidentifikationsnummer zu erhalten, bedarf es gewisser Leitplanken. Vorgesehen ist daher eine Meldepflicht der Nutzungsberechtigten und die Schaffung von Instrumenten, die es erlauben, den Nutzern gewisse Vorgaben zu machen und die Verwendung der richtigen Versichertennummern zu kontrollieren (Art. 50g). Die Verwendung der Versichertennummer ohne entsprechende Berechtigung soll als Vergehen(Art. 87), die Missachtung der Vorschriften zum Treffen von technischen und organisatorischen Massnahmen als Übertretung strafbar sein (Art. 88).

1.2.3

Einsatzmöglichkeiten im Gesamtkontext und deren Nutzen

Die in der Vorlage vorgesehenen Einsatzgebiete sind wie folgt strukturiert: ­

Kernregelung: Die Systeme AHV, IV, EO, EL und Familienzulagen in der Landwirtschaft müssen generell mit der AHV-Versichertennummer arbeiten ­ damit wird die organisatorisch dringliche Ablösung der alten AHVNummer sichergestellt. Beim Einsatz in diesem «Kernbereich» spielt der Datentransfer zwischen «Infostar» und «ZEMIS» einerseits sowie der ZAS andererseits eine wichtige Rolle.

­

Sozialversicherung des Bundes ausserhalb der Kernregelung: In Bezug auf die Militärversicherung, die Krankenversicherung, die Unfallversicherung, die Arbeitslosenversicherung und die berufliche Vorsorge werden die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, um die Aufgaben, bei denen die Verwendung der AHV-Versichertennummer nötig und sinnvoll ist, weiterhin erfüllen zu können.

­

weitere Systeme mit besonderem Bezug zur Sozialversicherung: Diese können die AHV-Versichertennummer gestützt auf diese Vorlage verwenden.

­

Stellen und Institutionen ausserhalb der Sozialversicherung: Damit diese die AHV-Versichertennummer systematisch verwenden können, ist eine gesetzliche Grundlage auf Stufe Bund oder Kanton notwendig.

Eine gemeinsame Datenverwaltung oder eine systematische Zusammenführung der Daten ist jedoch nicht vorgesehen und auch nicht zulässig. Vielmehr werden die Daten auch weiterhin separat und oft dezentral gehalten und verarbeitet. Die vorgeschlagene Lösung, welche die schrittweise Nutzung der neuen AHV-Versichertennummer als «administrative Personenidentifikationsnummer» ­ mit entsprechenden 517

Effizienzgewinnen ­ ermöglicht, aber vorsieht, dass die einzelnen Ausbauschritte jeweils separaten Gesetzgebungsprozessen unterliegen, verschafft einer solchen «Bürgernummer» die nötige Legitimation. Diese Lösung ist auch vor dem Hintergrund des 2003 durchgeführten Vernehmlassungsverfahrens zur Registerharmonisierung und des 2004 durchgeführten Vernehmlassungsverfahrens zu einem Bundesgesetz über die sektoriellen Personenidentifikatoren zu verstehen: Die Schaffung eines universellen eidgenössischen Personenidentifikators (EPID) für administrative und statistische Zwecke wurde zwar 2003 von der überwiegenden Mehrheit der befragten Stellen sowie von 23 Kantonen befürwortet, aufgrund der Bedenken bezüglich des Datenschutzes jedoch zugunsten eines Gesetzesentwurfs mit sechs sektoriellen Personenidentifikatoren (SPIN) fallengelassen. Diese Sektorialisierung wurde jedoch in der Vernehmlassung von 2004 als ineffizient abgelehnt.

1.2.4

Gesetzessystematik

Mit Blick darauf, dass die Verwendung der neuen AHV-Versichertennummer in sämtlichen Sozialversicherungen grundsätzlich möglich sein sollte, stellt sich die Frage, ob die gesetzlichen Grundlagen nicht im Bundesgesetz vom 6. Oktober 200017 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) zu verankern wären. Dagegen sprechen folgende Überlegungen: ­

Die Verwendung ist im Rahmen der «sozialen Sicherheit» nicht auf die Sozialversicherungen des Bundes beschränkt, sondern umfasst einesteils weitere Bundesgesetze und andererseits Stellen und Institutionen nach rein kantonalem Recht. Mit einer Regelung im ATSG liessen sich die zweckmässigen Erweiterungen im Bereich der Unfall- und Krankenversicherung auf die Privatversicherungen nicht erfassen. Überdies ist die berufliche Vorsorge nicht dem ATSG unterstellt.

­

Das ATSG stellt den einzelnen Sozialversicherungsgesetzen ein (von den einzelnen Gesetzen jeweils modifiziertes) Modell zur Verfügung und konzentriert sich dabei auf das Verhältnis zwischen versicherter Person und Sozialversicherer im Verfahren zur Geltendmachung von Rechten und Pflichten. Es ist nicht auf die organisatorischen Aspekte der Sozialversicherungen ausgerichtet, weil die Träger der verschiedenen Sozialversicherungen ganz unterschiedlich ausgestaltet sind.

­

Die AHV-Versichertennummer soll ausschliesslich von der ZAS als Organ der AHV zugewiesen werden. Die entsprechende Regelung ist somit ausschliesslich an das AHVG gebunden und kann nicht Gegenstand eines bereichsübergreifenden Regelwerkes sein.

­

Die Vorschriften für die Bearbeitung von Personendaten sind in jedem Einzelgesetz gesondert geregelt. Dieser gesetzgeberischen Konzeption folgend, ist auch dort der Umgang mit der Versichertennummer (z.T. mit blossen Verweisregelungen) zu ordnen.

17

518

SR 830.1

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Vorlage aus systematischer Sicht auf folgenden Haupt- und Verweisungsregelungen und Schnittstellen beruht:

Regelungsinhalt

Gesetzesstufe

Grundsätze Datenschutz Kernregelung AHVVersichertennummer Automatisierte Meldungen von Infostar bzw.

«ZEMIS» an die ZAS

­ Wirksamkeit DSG auf alle Bereiche gegeben ­ AHVG: Grundregel zur Nummer

­ Wirksamkeit VDSG gegeben ­ AHVV: neue Detailregeln zur Nummer

­ Grundlagen im ZGB vorhanden

­ neue Detailregelung in der ZStV

­ Grundlagen im BGIAA vorhanden

­ neue Detailregelung in der ZEMIS-Verordnung zum BGIAA

Bund: Sozialversicherung und «weitere Bereiche»

­ Sozialversicherungen des Bundes: Erlaubnis- bzw. Verweisnormen auf die Kernregelung gemäss AHVG in jedem einzelnen Sozialversicherungsgesetz (Im IVG, EOG und FLG sind bereits Verweisungen vorhanden, somit keine Änderungen nötig. Änderungen sind im ELG, UVG, MVG, AVIG und evtl.

im FamZG nötig.)

­ Spezialfall KV: In Art. 42a KVG ist die Grundlage für eine vom Bund vergebene «Sozialversicherungsnummer» vorhanden; neu soll dies die AHV-Versichertennummer sein. Zu ändern sind auch die Art.

83 und 84 KVG. Für die Ausweitung auf die Privatversicherung im KV/UV-Bereich ist eine Änderung des VVG nötig.

­ Weitere Gesetzesänderungen aufgrund der Nähe zu den Sozialversicherungen: Erlaubnisnorm in DBG, StHG, WPEG und MG ­ Berechtigung für Sozialversicherung der Kantone gestützt auf AHVG (Art. 50d Abs. 2) ­ «Weitere Bereiche»: Erlaubnisnorm für Sozialhilfe, Steuern, Schulen in AHVG unter Regelung von Mindestgarantien (Art. 50e Abs. 2) ­ AHVG: Schnittstelle zur Bundesgesetzgebung ­ AHVG: Schnittstelle zur Gesetzgebung der Kantone unter Regelung von Mindestgarantien

Konkrete Regelungsumfang der Vorlage

Grundregelung AHV

grau schattierte Bereiche sind Gegenstand der Vorlage:

Andere, offene Bereiche

Kantone Sozialversicherung und «weitere Bereiche»

Anwendbarkeit der AHVVersichertennummer ausserhalb der Sozialversicherung

Verordnungsstufe

KVV: Regelung zur Ausgestaltung der Versichertenkarte

519

1.3

Vorverfahren

Eine Projektgruppe unter der Leitung des Bundesamts für Sozialversicherung, in welcher neben der Konferenz der kantonalen Ausgleichskassen auch die Vereinigung der Verbandsausgleichskassen sowie die ZAS vertreten waren, hat zur Einführung der neuen Versichertennummer in der AHV ein Konzept unter besonderer Gewichtung der Durchführungsprobleme erarbeitet, im August 2002 einen Zwischenbericht erstellt und diesen der Departementsleitung des EDI unterbreitet. Auf dieser Grundlage wurden weitere, ausserhalb der AHV/IV/EO stehende Stellen ­ das SECO (Arbeitslosenversicherung), die SUVA, das VBS (Personalinformationssystem der Armee), das BJ (Infostar), das BFS (Registerharmonisierung) sowie das damalige BFA (Projekt Ausländer 2000) ­ informiert und konsultiert. Der Bereich Kranken- und Unfallversicherung war im Rahmen der Vorarbeiten stets einbezogen.

Schlussendlich wurden die Mitglieder der Schweizerischen Informatikkonferenz (SIK) anlässlich der Herbstkonferenzen im November 2002 sowie 2005 über das Projekt «neue Versichertennummer in der AHV» informiert.

Nachdem 2003 die Vernehmlassung zu einem Bundesgesetz über die Harmonisierung der Einwohnerregister und anderer amtlicher Personenregister durchgeführt wurde und im Frühjahr 2004 diejenige zum Bundesgesetz über die sektoriellen Personenidentifikatoren, hat der Bundesrat beschlossen, die Einführung eines einheitlichen Identifikators auf die Bevölkerungsregister zu beschränken und ­ aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse ­ darauf zu verzichten, sechs verschiedene sektorielle Personenidentifikatoren (SPIN) einzuführen.

Aufbauend auf dem Zwischenbericht der Arbeitsgruppe aus dem Jahr 2002 und den Entscheiden zum einheitlichen Identifikator bei den Bevölkerungsregistern wurde von der Arbeitsgruppe ­ unter Einbezug der übrigen betroffenen Fachämter des Bundes ­ ein Gesetzesentwurf ausgearbeitet. Die betroffenen Durchführungsorgane der AHV/IV/EO/EL/FL waren somit laufend in die Arbeiten einbezogen. Diejenigen der Kranken- und Unfallversicherer wurden prinzipiell über ihre Verbände auch in Bezug auf die vorgesehenen Erweiterungen für die Privatversicherung im Rahmen der Vorarbeiten des BAG zur KV-Versichertenkarte im Frühjahr 2005 konsultiert (santésuisse, SVV). Überdies wurde die SUVA (auch als neu für die Durchführung der Militärversicherung zuständige
Stelle) in diesem Rahmen konsultiert. Schliesslich wurde auch die Schweizerische Steuerkonferenz begrüsst.

Der Entwurf wurde in der Folge der AHV/IV-Kommission im September 2005 vorgelegt und ist dort auf Zustimmung gestossen. Auf die Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens konnte verzichtet werden, weil derjenige Teil der Vorlage, der von erheblicher gesellschaftspolitischer Tragweite ist, bereits Gegenstand von Vernehmlassungsverfahren (Registerharmonisierung 2003, sektorielle Personenidentifikatoren 2004) war und sich im Übrigen primär auf technische Aspekte konzentriert, zu welchen die Vertretungen der betroffenen Durchführungsstellen angehört wurden.

520

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1

Änderungen im AHVG

Die heutige Regelung im AHVG im Zusammenhang mit der Versichertennummer beschränkt sich auf: ­

eine materiell wenig umfangreiche Regelung in Artikel 92a mit einer Kompetenzdelegation an den Bundesrat;

­

eine organisatorische Regelung in Artikel 71 Absatz 4 Buchstabe a, welche die Zentrale Ausgleichsstelle zur Führung des zentralen Versichertenregisters mit der Versichertennummer verpflichtet; und

­

eine Strafbestimmung in Artikel 88 zur Bekämpfung des Missbrauchs der Versichertennummer.

Während die organisatorische Regelung nur einer terminologischen Anpassung (Ersetzen des Ausdrucks «AHV-Nummer» durch «Versichertennummer» in Art. 71 Abs. 4 Bst. a) bedarf, verlangt das Konzept für die neue Versichertennummer gewisse Anpassungen in Bezug auf die materielle Regelung zur Zuteilung der Versichertennummer und in Bezug auf die Strafbestimmungen. Darüber hinaus sind auch Anpassungen der Vorschriften über die Bearbeitung von Personendaten und die Datenbekanntgabe erforderlich. Am Kerngehalt des heutigen Gebrauchs der Versichertennummer für die Administration der AHV soll sich nichts ändern. Die Ausgleichskassen sollen die Versichertennummer weiterhin für sämtliche ihnen übertragenen Aufgaben verwenden können.

2.1.1

Bearbeitung und Bekanntgabe von Personendaten

2.1.1.1

Änderung von Artikel 49a, Buchstabe g

Artikel 49a ermächtigt u.a. die Durchführungsorgane der AHV zur Bearbeitung von Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Daten und Persönlichkeitsprofile, um die ihnen von der AHV-Gesetzgebung übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Dabei werden die wichtigsten Aufgaben namentlich aufgelistet. Weil die Zuweisung der Versichertennummer künftig nicht mehr im direkten Zusammenhang mit der Beurteilung von Beitragspflichten oder Leistungsansprüchen steht, sondern grundsätzlich bereits bei der Geburt oder bei der erstmaligen Wohnsitznahme in der Schweiz erfolgen soll, ergibt sich daraus ein selbstständiger Verwaltungsakt. Dieser kann nur unter gleichzeitiger Verarbeitung persönlicher Daten durchgeführt werden.

Der Verselbständigung dieses Verwaltungsprozesses ist daher mit der Ergänzung der Aufgabenliste durch einen separaten Buchstaben g Rechnung zu tragen. Anzumerken ist, dass im Einleitungssatz in der deutschen Version eine rein redaktionelle Korrektur vorgenommen wird.

521

2.1.1.2

Änderung von Artikel 50a, Absatz 1 Buchstaben bbis und bter

Artikel 33 ATSG statuiert für die Durchführung der Sozialversicherung eine generelle Schweigepflicht. Diese gilt grundsätzlich auch für die mit der Zuweisung der AHV-Versichertennummer befasste Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS), die ein Organ der AHV ist, und darf nur in den in Artikel 50a AHVG umschriebenen Fällen und im dort beschriebenen Ausmass durchbrochen werden.

Das Konzept geht davon aus, dass gewisse Dritte (insbesondere Sozialversicherungen) die neue Versichertennummer benutzen dürfen. Dies setzt aber voraus, dass ihnen die ZAS die Versichertennummer auch bekannt geben darf. Diese Datenbekanntgabe soll durch den neuen Buchstaben bbis geregelt werden.

Das Konzept geht weiter davon aus, dass die Erstinformationen, welche die Zuweisung einer Versichertennummer und in der Folge einen Eintrag ins Versichertenregister auslösen, von den Betreibern des informatisierten Standesregisters im Zivilstandswesen (Infostar) und des künftigen Informationssystems für den Ausländer- und den Asylbereich (ZEMIS) ausgelöst wird. Der diesbezügliche Datenfluss an die ZAS wird rechtlich auf das ZGB und das BGIAA abgestützt (vgl. Ziff. 1.2.2.2).

Muss jedoch zur Abklärung von offenen Fragen die ZAS Rücksprachen mit den Betreibern der beiden Informationssysteme nehmen, so muss auch dafür eine gesetzliche Grundlage vorhanden sein. Diese wird mit dem Entwurf zu Buchstabe bter geschaffen.

2.1.2

Neuregelungen zur Versichertennummer (Art. 50c­50g, Aufhebung von Art. 92a)

Die heutige Regelung zur Versichertennummer findet sich ausschliesslich in Artikel 92a. Weil die Regelung zur Versichertennummer systematisch besser im vierten Abschnitt des ersten Teils des Gesetzes zur «Organisation» im Anschluss an Artikel 50b platziert wird als im achten Abschnitt zum Thema «Verschiedene Bestimmungen», ist die Neuregelung ­ unter Aufhebung des bisherigen Artikels 92a ­ in den Artikeln 50c­g zu treffen.

Art. 50c Der vorgeschlagene Artikel 50c enthält die Kernelemente zur neuen Versichertennummer: In Absatz 1 wird die Grundlage für die möglichst frühzeitige Zuweisung der Versichertennummer gelegt.

Mit Buchstabe a soll die Bevölkerung der Schweiz bereits: ­

unmittelbar nach der Geburt, oder

­

unmittelbar nach der Einreise in die Schweiz

von der AHV erfasst werden. Für die Umsetzung ist vorgesehen, dass die Meldungen in beiden Fällen automatisiert an die ZAS erfolgen, und zwar über das informatisierte Standesregister im Zivilstandwesen «Infostar» bzw. über das Migrationsinformationssystem «ZEMIS» (vgl. Ziff. 1.2.1 und 1.2.2.2). Weil bei der Zuweisung der AHV-Versichertennummer möglichst alle Personen erfasst werden sollen, die 522

Beiträge zahlen oder Leistungen empfangen oder dies später möglicherweise tun werden, wird dabei ­ in Anlehnung an Artikel 13 ATSG ­ sowohl an den (zivilrechtlichen) Wohnsitz wie an den «gewöhnlichen Aufenthalt» angeknüpft. Darunter ist der «effektive Aufenthalt mit dem Willen, dass dieser während einer gewissen Zeit aufrechterhalten bleiben soll», zu verstehen18. Mit dieser breiten Abstützung werden Unsicherheiten bezüglich des erfassten Personenkreises infolge unterschiedlicher Interpretationen des Wohnsitzbegriffs ausgeschlossen. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass die Probleme rund um die Schwarzarbeit, die Sans-Papiers und abgewiesenen Asylsuchenden nicht die Automatisierung der Meldungen beeinträchtigen und dass die ZAS bei der Nummernzuweisung nicht vor Fragen steht, die nicht von ihr zu entscheiden sind. Anzumerken ist, dass die Zuweisung einer AHV-Versichertennummer nur die Verzeichnung im zentralen Register zur Folge hat, aber nichts Verbindliches über die Versicherteneigenschaft (Beitragspflichten oder Leistungsberechtigung) in der AHV ­ geschweige denn in einem andern Sozialversicherungsbereich, welcher die AHV-Versichertennummer verwendet ­ aussagt. Weiter ist anzumerken, dass die Zuweisung einer AHV-Versichertennummer nicht automatisch die Ausstellung eines AHV-Ausweises nach sich zieht. Dieser wird von einer AHVAusgleichskasse nur ausgestellt, wenn er für den Vollzug der Versicherung relevant ist. Die Regelung zum AHV-Ausweis, der nur den administrativen Verkehr mit der AHV erleichtern soll und dem keine Qualität als Identitätsausweis zukommt, wird wie bisher in der AHVV enthalten sein. Wird die AHV-Versichertennummer für die Ausstellung der KV-Versichertenkarte benötigt, so hat die Zuweisung der AHVVersichertennummer nur zur Folge, dass die ZAS die Nummer generiert und dem Versicherer für die Ausstellung des KV-Ausweises mitteilt.

Mit Buchstabe b wird die Grundlage gelegt für die Erfassung der im Ausland lebenden Personen, die noch keine Versichertennummer zugewiesen erhalten haben.

Vorgesehen ist eine solche Nummernzuteilung nur im Bedarfs- und Einzelfall (wenn es um Beitragspflichten oder Leistungsansprüche geht). Eine Automatisierung ist daher nicht möglich.

Absatz 2 schafft einen Auffangtatbestand. Es ist möglich, dass im Ausland wohnende Personen (noch) keinen Bezug zur
AHV, IV, EO oder zu den FL aufweisen (z.B.

auch Kinder von Auslandschweizern und -schweizerinnen) und dennoch eine AHVVersichertennummer vergeben werden muss, um die (spätere) Durchführung der AHV oder in einem andern Bereich, in dem die AHV-Versichertennummer systematisch verwendet wird, sicherzustellen.

Eine konkreter Anwendungsfall zeichnet sich in der Krankenversicherung ab: Aufgrund des Personenfreizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der EU sind gewisse Personen in der Schweiz krankenversicherungspflichtig, die nicht hier erwerbstätig sind. Es handelt sich um nichterwerbstätige Familienangehörige von Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern in der Schweiz (d.h. Familienangehörige von Grenzgängern und von Personen mit einer Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz sowie Familienangehörige von AHV-Rentnerinnen oder -Rentnern). Diese Personen sind aufgrund des Erwerbsortsprinzips und des Prinzips der Familienversicherung des Koordinationsrechts der EU der schweizerischen Krankenversicherung unterstellt.

18

Vgl. Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, Schulthess 2003, Rz 13 zu Art. 13.

523

Es ist vorgesehen, den KVG-versicherten Personen mit Wohnsitz im Ausland ebenfalls eine schweizerische Krankenversichertenkarte nach Artikel 42a KVG auszustellen; d.h. zumindest den KVG-Versicherten aus denjenigen EU-Mitgliedstaaten, die im Rahmen des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der Schweiz das sog. Behandlungswahlrecht vereinbart haben (Deutschland, Österreich, Frankreich, Holland und Belgien). Das Behandlungswahlrecht gestattet allen KVG-Versicherten mit Wohnsitz in den aufgezählten Staaten, wahlweise im Wohnsitzstaat oder in der Schweiz medizinische Leistungen zu beanspruchen. Die Rechnungsstellung für medizinische Behandlungen in der Schweiz erfolgt in diesen Fällen nicht nach den Regeln der internationalen Koordination, sondern direkt zwischen dem Leistungserbringer und dem Krankenversicherer oder der versicherten Person. Diesen Personen ist für die Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen in der Schweiz eine schweizerische Krankenversichertenkarte auszustellen. Zu diesem Zweck muss den oben erwähnten mitversicherten Familienangehörigen auch eine AHV-Versichertennummer zugewiesen werden können. Ein weiteres Beispiel könnten im Ausland wohnende Kinder sein, für die kantonale Familienzulagen bezogen werden.

In Absatz 3 wird der datenschutzrechtliche Grundsatz verankert, dass die Versichertennummer ­ im Gegensatz zur heutigen AHV-Nummer ­ «nichtsprechend» sein muss und daher keine Rückschlüsse auf die betroffene Person zulassen darf. Dieser Grundsatz ist auch in Artikel 25 Absatz 1 VDSG (Regelung zur persönlichen Identifikationsnummer) enthalten.

Art. 50d Um die systematische Verwendung der Versichertennummer in der Sozialversicherung sicherzustellen, legt Artikel 50d in Absatz 1 die Voraussetzung dafür im Rahmen der vom Bund reglementierten Sozialversicherung fest. Absatz 1 ist das Bindeglied zu den im Anhang des Gesetzes vorgeschlagenen Änderungen weiterer Sozialversicherungsgesetze. Mit Absatz 2 wird die weitere systematische Verwendung der Versichertennummer im Rahmen des Vollzugs der kantonalen Sozialversicherung (kantonale Familienzulagenregelungen und Mutterschaftsversicherungen) sichergestellt.

Art. 50e Heute wird die AHV-Nummer nicht nur in verschiedenen Sozialversicherungen, sondern auch in den damit verbundenen Stellen und Institutionen benutzt. Welche anderen Stellen
und Institutionen systematisch damit arbeiten, ist unklar. Die geltende AHV-Gesetzgebung lässt dies offen, verlangt aber in Artikel 92a AHVG die Verwendung der zutreffenden Nummer.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht sollte jede systematische Verwendung ausserhalb der AHV rechtlich klar abgestützt sein. Während sich die Nutzung für rein sozialversicherungsrechtliche Belange auf Artikel 50d abstützt, bietet Artikel 50e eine differenzierte Lösung an für die Nutzung ausserhalb der Sozialversicherung: In Absatz 1 wird für die Verwendung ausserhalb der Sozialversicherung im Rahmen der Gesetzgebung des Bundes eine formalgesetzliche Festlegung des Verwendungszwecks und der Nutzungsberechtigten. Konkret geht es um die im Anhang des Gesetzesentwurfs vorgesehenen Verwendungsmöglichkeiten gemäss der Gesetzge-

524

bung des Bundes (private Zusatzversicherungen betreffend Krankheit und Unfall, Steuerverwaltung und Militärkontrolle).

Absatz 2 ist die Basis für die (freiwillige) Verwendung der Versichertennummer in allen Bereichen, die in einem Zusammenhang zur Sozialversicherung stehen und durch kantonale (und kommunale) Erlasse reglementiert sind. Die Aufzählung der Bereiche (Prämienverbilligung, Sozialhilfe, Steuern und Bildung) ist abschliessend (zu näheren Begründung für den Einbezug dieser Bereiche siehe Ziff. 1.2.2.3.2).

In Absatz 3 wird eine Basis dafür gelegt, dass die AHV-Versichertennummer­ sozusagen als «administrativer Personenidentifikationsnummer» ­ unter der Voraussetzung einer besonderen rechtlichen Grundlage auch im kantonalen Aufgabenbereich verwendet werden kann. Auch eine solche Nutzung ist an einen Minimalstandard in Bezug auf den Datenschutz (vgl. Art. 50f) und sichernde Massnahmen (Art. 50g) gebunden.

Art. 50f Das AHVG ermächtigt Stellen und Institutionen beim Vollzug von kantonalem Recht in den Fällen nach Artikel 50d Absatz 2 sowie Artikel 50e Absätze 2 und 3 zur systematischen Verwendung der Versichertennummer. Im Interesse des Datenschutzes wird auch festgelegt, nach welchen Regeln die Bekanntgabe der Versichertennummer erfolgen darf.

Art. 50g Bereits die systematische Verwendung der Versichertennummer in den mit dieser Vorlage geregelten Bereichen dürfte eine stattliche Anzahl berechtigter Nutzer ergeben. Wird die Scharnierfunktion von Artikel 50e Absätze 1 und 3 des Entwurfs mit entsprechenden Gesetzgebungen des Bundes und der Kantone aktiviert, so steigt die Zahl der Nutzungsberechtigten weiter. Damit eine Versichertennummer, die derart breit genutzt wird, ihre Funktion als Personenidentifikationsnummer auf die Dauer zuverlässig erfüllen kann, braucht es Instrumente, mit welchen der fehlerhafte Gebrauch vermieden und allfälligem Missbrauch entgegengewirkt werden kann.

Dazu gehört, dass diejenige Stelle, welche die Versichertennummer zuweist (ZAS), sämtliche Nutzungsberechtigten kennt. Deswegen sieht der Entwurf in Artikel 50g Absatz 1 eine Meldepflicht der Nutzungsberechtigten vor. Zwar geht Artikel 25 Absätze 2 und 3 VDSG von einem Genehmigungsverfahren für den Einsatz von persönlichen Identifikationsnummern aus. Weil jedoch Artikel 25 Absatz 4 VDSG eine Ausnahmebestimmung
für die AHV-Nummer enthält, besteht keine Notwendigkeit für die Durchführung eines besonderen Genehmigungsverfahrens. Ein solches erübrigt sich insbesondere auch deshalb, weil die Ermächtigung zur Verwendung der AHV-Versichertennummer mit dieser Vorlage jeweils direkt vom Gesetzgeber erteilt wird.

Darüber hinaus muss von den Nutzungsberechtigten verlangt werden können, dass sie technische und organisatorische Massnahmen für die Verwendung der richtigen Versichertennummer (z.B. Verwendung von Programmen, die im Datenfeld für die Versichertennummer die Prüfziffer kontrollieren, womit Fehleingaben verhindert werden) und gegen missbräuchliche Verwendungen (z.B. mit Benutzerreglementen) treffen. Schliesslich muss die ZAS in die Lage versetzt werden, Datenabgleiche für die Verifizierung der verwendeten Nummern zu veranlassen oder durchzuführen 525

bzw. Korrekturen anzuordnen. Diese in Absatz 2 vorgesehenen sichernden Massnahmen dienen der Zuverlässigkeit der Versichertennummer. Die Definition der Mindeststandards für die von den Nutzungsberechtigten vorzukehrenden technischen und organisatorischen Massnahmen obliegt gemäss Absatz 3 dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) in Absprache mit dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD), dies deshalb, weil das dem EDI unterstehende BSV die Aufsicht über die Durchführung der AHV ausübt, die ZAS aber dem EFD unterstellt ist.

Die Durchführungskosten der ZAS werden zu 100 Prozent durch die Beiträge der Versicherten, der Arbeitgeber und der öffentlichen Hand finanziert. Zusammen mit der Schweizerischen Ausgleichskasse ist die ZAS die einzige Stelle in der AHVDurchführung, die nicht durch spezielle Verwaltungskostenbeiträge, sondern durch Versicherungsbeiträge finanziert wird. Weil bei der ZAS durch die Verwendung der Nummer durch andere Nutzungsberechtigte (Art. 50d und 50e des Entwurfs) zusätzliche Aufgaben anfallen werden, die nicht im Zusammenhang mit der AHVDurchführung stehen, ist in Absatz 4 die Möglichkeit zum Erheben von Gebühren vorgesehen. Diese Bestimmung ist rein deklaratorischer Natur. Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Gebühren ist in Artikel 46a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199719 enthalten. Sofern die konkreten Umstände es erlauben, werden sich die Gebühren nach der Allgemeinen Gebührenverordnung20 richten. Andernfalls wird der Bundesrat eine spezielle Regelung treffen müssen.

Derzeit läuft eine Vorstudie zur technischen Umsetzung der Auslieferung der neuen AHV-Versichertennummer an die möglichen Nutzungsberechtigten. Nach dieser Studie lassen sich bereits zwei Kategorien unterscheiden: ­

Nutzungsberechtigte mit Datenstämmen, in welchen die alte AHV-Nummer bereits erfasst ist: Hier geht es lediglich um eine Konversion, die mit wenig Aufwand verbunden ist.

­

Nutzungsberechtigte, für welche die Ermittlung und Zuteilung der Versichertennummer aufgrund von Personendaten (Name, Geburtsdatum etc.)

erfolgen muss. Hier kann ­ je nach Datenqualität ­ mit automatisierten Abgleichen eine Zuteilungsrate von bis zu 90 % erreicht werden. Für die manuelle Zuteilung der restlichen Personen könnte den Nutzungsberechtigten ein Webservice für die Abfrage zur Verfügung gestellt werden.

Es wird sich die Frage stellen, in welchem Rahmen die ZAS für ihren Aufwand bei der Erstauslieferung, für den Betrieb eines Servers und für die Verwaltung der Zugriffsrechte zu entschädigen ist, und in welcher Form solche Entschädigungen zu entrichten sind (beispielsweise Pauschalen für die Initialisierung und Abonnemente für die Nutzung des Webservice).

Weitere Entschädigungskriterien könnten das Eigeninteresse der AHV und die Betriebsnotwendigkeit zur Verwendung der AHV-Versichertennummer sein. Bei der Kostenregelung dürfte wohl auch zu berücksichtigen sein, dass die Vorlage den Kreis der Nutzungsberechtigten über die Sozialversicherung hinaus öffnet und nicht gesagt werden kann, wie gross das Einsatzgebiet dereinst sein wird. Der Kreis dieser

19 20

526

SR 172.010 SR 172.041.1

Nutzerinnen und Nutzer ausserhalb der Sozialversicherung sollte für den von ihm verursachten Aufwand der AHV vollumfänglich aufkommen müssen.

2.1.3

Strafbestimmungen (Art. 87 und Art. 88)

Während Artikel 87 AHVG Straftatbestände enthält, die als Vergehen qualifiziert sind (Strafdrohung bis zu 6 Monaten Gefängnis oder Busse bis 30 000 Franken), beinhaltet Artikel 88 diejenigen, die als Übertretungen geahndet werden (Strafdrohung Busse bis zu 10 000 Franken). Die heutige Regelung im Zusammenhang mit der AHV-Nummer ahndet deren missbräuchliche Bildung, Veränderung oder Verwendung als Übertretung.

Die systematische Verwendung der neuen AHV-Versichertennummer durch Dritte soll eingeschränkt werden und künftig nur noch unter den Voraussetzungen nach den Artikeln 50d und 50e AHVG zulässig sein. Damit soll verhindert werden, dass unkontrolliert beliebig viele Datenbanken mit einem gemeinsamen Datenfeld entstehen und durch dieses zusammengeführt werden könnten. Um der Neuregelung Nachdruck zu verleihen, wird die unrechtmässige systematische Verwendung der AHV-Versichertennummer in Artikel 87 mit einem neuen, sechsten Lemma unter Strafe gestellt. Die Strafdrohung bleibt für alle Straftatbestände von Artikel 87 grundsätzlich unverändert, sie wird jedoch im Hinblick auf das geplante Inkrafttreten der Strafrechtsrevision mittels Fussnote aktualisiert.

Soweit die Verwendung der neuen Versichertennummer durch andere Stellen oder Institutionen (z.B. andere Sozialversicherer) zulässig ist, besteht ein grosses Interesse daran, dass die legitimierten Nutzer technische und organisatorische Massnahmen zum Schutz vor Missbräuchen treffen und jeweils die richtigen Versichertennummern verwenden. Manipulationen können entweder den betroffenen Personen oder anderen Nutzungsberechtigten ernsthafte Probleme verursachen. Die Verwendung einer falschen Versichertennummer führt zu Zusatzabklärungen und -aufwand in der AHV-Administration und kann für die Betroffenen unliebsame Verwechslungen bewirken. Von den nutzenden Stellen und Institutionen wird daher in der Praxis verlangt werden müssen, dass sie geeignete Massnahmen treffen, um Missbräuche zu vermeiden und die Verwendung der korrekten Versichertennummer sicherzustellen, so dass die Zuverlässigkeit auch auf Dauer gegeben ist. Eine Departementsverordnung wird die organisatorischen und technischen Massnahmen (z.B. periodischer Abgleich der Daten mit der ZAS) und den davon betroffenen Nutzerkreis näher umschrieben. Ein Verstoss gegen diese Pflicht sollte
wenigstens als Übertretung gemäss Artikel 88 viertes Lemma des Entwurfs geahndet werden können. Die Strafdrohung soll auch in Artikel 88 dem bisherigen Recht ­ unter Hinweis mittels Fussnote auf das geplante Inkrafttreten der Strafrechtsrevision ­ entsprechen.

Im Übrigen bleiben die Strafbestimmungen unverändert, und auch die Zuständigkeit der Kantone für die Strafverfolgung wird nicht angetastet.

2.1.4

Schlussbestimmungen

Die bisherige AHV-Nummer erfüllt die neue gesetzliche Vorgabe, wonach die Versichertennummer keine Rückschlüsse auf die Person zulassen darf, nicht. Es ist daher nötig, dass allen bisher von der AHV erfassten Personen eine neue Nummer 527

zugeteilt wird. In den Schlussbestimmungen wird diesem Umstand in Absatz 1 Rechnung getragen. In Absatz 2 ist vorgesehen, dass der Bundesrat die Vergabe der alten Nummer über das Inkrafttreten der neuen Versichertennummer hinaus regeln kann. Hier geht es um die Vermeidung von Übergangsproblemen - insbesondere im Zusammenhang mit der per Mitte 2008 vorgesehenen Ablösung des für den Vollzug der Arbeitslosenversicherung im Einsatz befindlichen EDV-Systems AVAM (Arbeitsvermittlung und Arbeitsmarktstatistik).Die Einführung der neuen Versichertennummer bringt auch neue Restriktionen für die Verwendung der Nummer ausserhalb der AHV-Administration mit sich. Damit sie die nötigen Umstellungen realisieren können, ist den Betroffenen in Absatz 3 eine Übergangsfrist einzuräumen. Dritte, denen künftig die Verwendung der AHV-Versichertennummer nicht mehr gestattet wird, sollten in der Übergangsfrist ihre Verwaltungssysteme von der AHV-Versichertennummer abkoppeln.

2.2

Weitere Änderungen in der Sozialversicherung und in damit zusammenhängenden Erlassen

Damit die neue AHV-Versichertennummer in denjenigen Sozialversicherungen verwendbar ist, für deren Verwaltung bereits die heutige AHV-Nummer eine wichtige Rolle spielt, muss sichergestellt werden, dass die gesetzgeberischen Voraussetzungen für die künftige Verwendung der neuen Nummer durch diese Sozialversicherungen gegeben sind. Weil verschiedene Gesetze Verweise auf die AHV-Gesetzgebung zur Versichertennummer enthalten (welche unverändert beibehalten werden können), ist der Anpassungsbedarf unterschiedlich.

2.2.1

Gesetzesänderungen zur Sicherstellung der Verwendung der neuen Versichertennummer in der Sozialversicherung des Bundes

­

Die heute im Bundesgesetz vom 19. Juni 195921 über die Invalidenversicherung (IVG) enthaltenen Verweise zur Anwendbarkeit der AHV-Bestimmungen über die Versichertennummer und die Bearbeitung von Personendaten (Art. 66 IVG), die Datenbekanntgabe (Art. 66a Abs. 2 IVG) und hinsichtlich der Strafbestimmungen (Art. 70 IVG) können unverändert beibehalten werden. Weiterer Anpassungsbedarf besteht nicht.

­

Im Bundesgesetz vom 19. März 196522 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) ist heute in Artikel 13 die analoge Anwendbarkeit der Bestimmungen des AHVG über das Bearbeiten von Personendaten und die Datenbekanntgabe vorgesehen. Hier ergibt sich Anpassungsbedarf, indem zusätzlich die analoge Anwendbarkeit der Bestimmungen über die Versichertennummer vorzusehen ist (Ziff. 8 des Anhangs). Unverändert beibehalten werden können die Strafbestimmungen,

21 22

528

SR 831.20 SR 831.30

weil diejenigen des AHVG bei Verstössen im Zusammenhang mit der Versichertennummer (Art. 87 und 88 AHVG) direkt anwendbar sind.

23 24

­

In der beruflichen Vorsorge ist die Schaffung der gesetzlichen Grundlage für die Verwendung der AHV-Versichertennummer durch sämtliche Vorsorgeeinrichtungen sicherzustellen. Nötig sind dafür Änderungen im BVG (Ziff. 9 des Anhangs), FZG (Ziff. 10 des Anhangs) und ZGB (Ziff. 1 des Anhangs).

Zur Verwendung berechtigt werden sowohl die im Obligatorium (Art. 48 BVG) wie auch die im Überobligatorium (Art. 49 BVG, Art. 89bis ZGB) tätigen Vorsorgeeinrichtungen sowie die Freizügigkeitseinrichtungen (Art. 25 FZG). Gleichzeitig wird auch sichergestellt, dass die notwendigen Anpassungen der Vorschriften zur Bearbeitung von Personendaten (Art. 85a BVG) und zur Datenbekanntgabe (Art. 86a BVG) bei sämtlichen Einrichtungen greifen. Anzumerken ist, dass Sicherheitsfonds und Auffangeinrichtungen als an der Durchführung der beruflichen Vorsorge Beteiligte gelten, womit auch diese Institutionen gestützt auf die Änderung von Artikel 48 BVG zur Nutzung der neuen AHV-Versichertennummer berechtigt sind.

­

Im Bundesgesetz vom 18. März 199423 über die Krankenversicherung (KVG) präsentiert sich die Situation seit der Inkraftsetzung von Artikel 42a (Versichertenkarte) am 1. Januar 2005 auf besondere Weise (Ziff. 11 des Anhangs). In Artikel 42a Absatz 1 KVG ist vorgesehen, dass die KVVersichertenkarte eine vom Bund vergebene Sozialversicherungsnummer aufweist. Inzwischen ist deutlich geworden, dass dafür nur die AHVVersichertennummer in Frage kommt. Um Klarheit zu schaffen, ist in Artikel 42a Absatz 1 KVG eine entsprechende Änderung vorzusehen. Für die Berechtigung zur systematischen Nutzung der AHV-Versichertennummer über die Funktion der Versichertenkarte hinaus ­ nämlich in Bezug auf die Durchführung, Kontrolle oder Beaufsichtigung der Durchführung des KVG ­ muss mit einem neuen Artikel 83 KVG die generelle Berechtigung für die entsprechenden Verwendungszwecke geschaffen werden. Aufgrund des neuen Artikels 83 KVG werden auch die Strafbestimmungen des AHVG greifen können. Indessen weist das KVG in Bezug auf die Bearbeitung von Personendaten (Art. 84) und die Datenbekanntgabe (Art. 84a) eigenständige Normen auf. Diese sind anzupassen. Die Berechtigung der ZAS zur Datenübermittlung an die Krankenversicherer ergibt sich aus dem AHVG (Art.

50a Abs. 1 Bst. bbis).

­

Im Bundesgesetz vom 20. März 198124 über die Unfallversicherung (UVG) findet sich bisher keine Regelung zur Verwendung der AHV-Versichertennummer (Ziff. 12 des Anhangs). In der Praxis spielt diese in der Administration jedoch insofern eine Rolle, als sie bei Schadensmeldungen in versicherungsinternen EDV-Systemen zur Identifikation der Verunfallten, bei der Vornahme eines Quellensteuerabzuges und im Verkehr mit IV-Stellen und AHV-Ausgleichskassen sowie beim Lebensnachweis in UVG-Rentenfällen verwendet wird. Damit muss man von einer systematischen Verwendung sprechen. In den Organisationsbestimmungen des UVG soll daher mit Artikel 60a eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden. Überdies sind

SR 832.10 SR 832.20

529

die nötigen Anpassungen in den Vorschriften zur Bearbeitung von Personendaten (Art. 96) und zur Datenbekanntgabe (Art. 97) vorzunehmen.

­

Die Administration der obligatorischen Unfall- und Krankenversicherung kann nicht isoliert betrachtet werden, bestehen doch zahlreiche Verbindungen zu privatrechtlich geregelten Zusatzversicherungen sowohl bei den Arbeitgebern wie bei den Versicherungseinrichtungen. Hier muss deshalb die Verwendung der neuen AHV-Versichertennummer ebenfalls erlaubt werden. Folglich sieht der Entwurf die Änderung des VVG vor (Ziffer 2 des Anhangs). Konkret geht es um die Schaffung eines neuen Artikels 47a, in welchem die Privatversicherer für den Bereich der Zusatzversicherung zur systematischen Verwendung der AHV-Versichertennummer berechtigt werden.

­

Im Bundesgesetz vom 19. Juni 199225 über die Militärversicherung (MVG) ist ­ wie in der Unfallversicherung ­ die Schaffung der gesetzlichen Grundlage für die Verwendung der AHV-Versichertennummer (Art. 81) und die Anpassung der Vorschriften zur Bearbeitung von Personendaten (Art. 94a) und zur Datenbekanntgabe (Art. 95a) notwendig (Ziff. 13 des Anhangs).

Damit kann die Militärversicherung die Schadenfälle im bisherigen Rahmen abwickeln: Sie teilt zwar jedem eröffneten Dossier eine eigene nichtsprechende Nummer zu, führt aber im elektronischen Dossier immer auch die AHV-Versichertennummer. Die Verwendung der AHV-Versichertennummer ist für den Informationsaustausch mit andern Sozialversicherern ­ insbesondere im Zusammenhang mit den Mitteilungen der ZAS über Rentenanpassungen der 1. Säule, die aufgrund der Koordinationsregeln eine Anpassung der Leistungen der Militärversicherung nach sich ziehen ­ unverzichtbar.

­

Das Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 195226 (EOG) adaptiert die AHV-Gesetzgebung zur Versichertennummer, zu den Strafbestimmungen und zu den Bestimmungen über die Bearbeitung von Personendaten und die Datenbekanntgabe vollständig (Art. 21 Abs. 2, Art. 25, Art. 29 und Art. 29a Abs. 2 EOG), weshalb sich dort keinerlei Änderungen ergeben.

­

Im Bundesgesetz vom 20. Juni 195227 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft drängen sich keine Änderungen auf, weil dort in Artikel 25 Absatz 1 im Globalverweis auf die Anwendbarkeit des AHVG auch die Bestimmungen über die Versichertennummern inbegriffen sind und die in Absatz 2 vorgesehene analoge Anwendung der Vorschriften zur Bearbeitung von Personendaten und zur Datenbekanntgabe ausreicht, um den Umgang mit der Versichertennummer zu reglementieren.

­

In der Arbeitslosenversicherung wird heute die AHV-Versichertennummer sowohl im EDV-System AVAM (Arbeitslosenvermittlung) wie im System ASAL (Arbeitslosenentschädigung) eingesetzt. Im Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 198228 (AVIG) wird die Berechtigung zur Verwendung der AHV-Versichertennummer gesetzlich verankert (Art. 96).

Darüber hinaus erweist sich die Anpassung der Vorschriften zur Bearbeitung

25 26 27 28

530

SR 833.1 SR 834.1 SR 836.1 SR 837.0

von Personendaten (Art. 96b) und zur Datenbekanntgabe (Art. 97a) als notwendig (Ziff. 14 des Anhangs).

2.2.2

Gesetzesänderungen zur Sicherstellung der Verwendung der neuen Versichertennummer im Bildungswesen, in der Militärverwaltung und in der Steuerverwaltung

­

ETH-Gesetz: Heute spielen die verschiedenen Bildungsinstitutionen eine besondere Rolle im Rahmen der Sozialversicherung ­ namentlich beim Beitragsbezug der AHV für die Nichterwerbstätigen (vgl. Ziff. 1.2.2.3.2).

Der ETH-Bereich (ETH und Forschungsanstalten) ist bundesrechtlich normiert, weshalb die Verwendung der AHV-Versichertennummer für die Administration im entsprechenden Bundesgesetz ausdrücklich vorzusehen ist (Ziff. 3 des Anhangs).

­

Militärgesetz: Im militärischen Kontrollsystem spielt die AHV-Versichertennummer eine zentrale Rolle im Personal-Informations-System der Armee (PISA) und wird sie im Dienstbüchlein eingetragen. Sie ist das meist verwendete und zuverlässigste Kriterium zur Identifizierung einer bestimmten Person in der Militärkontrolle und wird insbesondere in der Zusammenarbeit zwischen militärischen Verwaltungs- und Kommandostellen und verschiedenen Sozialversicherungen (EO: die AHV-Versichertennummer ist zwingend auf der EO-Meldekarte anzugeben) oder Verwaltungseinheiten des Zivildienstes, des Zivilschutzes, von Jugend und Sport und der Wehrpflichtersatzabgabe benutzt. Aus diesen Gründen kann in der Administration auch in Zukunft nicht auf die Nutzung der neuen AHV-Versichertennummer verzichtet werden. Um die Weiterverwendung unter der Neukonzeption im bisherigen Rahmen sicherzustellen, ist eine Anpassung von Artikel 146 Absatz 2 des Militärgesetzes vorgesehen (Ziff. 4 des Anhangs).

­

DBG, StHG und WPEG: Die Kantone sind für die Veranlagung und den Bezug der kantonalen Steuern, der Bundessteuern und der Wehrpflichtersatzabgabe zuständig. Jeder Kanton hat eine eigene Steuerregister-Nummer eingeführt, die zum Teil auch für die Gemeinden gilt. Die AHV-Versichertennummer spielt aber übergreifend nach wie vor eine Schlüsselrolle, wenn es um den Datenaustausch geht. Soweit die Steuerbehörden Daten an die Ausgleichskassen der AHV zur Festlegung der AHV-Beiträge von Selbständigerwerbenden oder Nichterwerbstätigen liefern, gelten sie als Hilfsorgane der AHV. Diesbezüglich böte bereits das AHVG eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Für die darüber hinausgehende systematische Verwendung beim Vollzug der Steuergesetzgebung ist jedoch eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage in Artikel 112a Absatz 1bis DBG (Ziff. 5 des Anhangs), Artikel 39 Absatz 4 StHG (Ziff. 6 des Anhangs) und Artikel 22 Absatz 6 WPEG (Ziff. 7 des Anhangs) zu schaffen.

531

3

Auswirkungen

3.1

Auf Bund, Kantone, Gemeinden und Träger von Sozialversicherungen

Die Vorlage hat bei der ZAS Einführungskosten in der Grössenordnung von 3,2 Millionen Franken zur Folge. Diese sind für die ZAS im Finanzplan 2007­2009 des Bundes berücksichtigt. Auch bei den betroffenen Sozialversicherungen und den Durchführungsstellen des Bundes, der Kantone und der Gemeinden sind Umstellungen mit Kostenfolge zu erwarten. Die mit der Umstellung verbundenen Aufwendungen hat jede Stelle und jeder privatrechtliche Träger grundsätzlich selber zu tragen.

Weil jedoch eine dauerhafte Systempflege nach Artikel 50g AHVG des Entwurfs erforderlich ist, wenn man vermeiden will, dass grossflächig falsche AHV-Versichertennummern in Umlauf kommen, werden die Nutzungsberechtigten einen heute nicht genau quantifizierbaren Beitrag an die sichernden Massnahmen leisten müssen (vgl. Ziff. 2.1.2).

Mit der rechtzeitigen Umstellung kann verhindert werden, dass administrative Schwierigkeiten auftreten.

3.2

Andere Auswirkungen

Die Arbeitgeber sind Organe der AHV. Auch sie werden vom Umstellungsaufwand betroffen sein. Für die Arbeitgeber werden sicherlich Programmierungsarbeiten anfallen, die zum Teil über Dienstleistungen der Lohnprogrammhersteller bezogen werden können. Diese Lohnprogrammkosten können bei einer guten Planung mit weiteren Anforderungen kombiniert werden. Denn sowohl das einheitliche Lohnmeldeverfahren (ELM) als auch der neue Lohnausweis lassen sich technisch gleichzeitig einführen. Damit können erhebliche Synergien genutzt werden. Mit der Umstellung sind aber auch Effizienzgewinne verbunden: Der Verkehr mit den Durchführungsstellen der sozialen Sicherheit, wie er sich im Melde-, Mutations- und Abrechnungswesen ergibt, lässt sich mit einer einzigen, dauerhaft gleich bleibenden Versichertennummer pro Person vereinfachen, besonders bei der Nutzung neuer elektronischer Verfahren im Rahmen von E-Business-Lösungen. Die Einführungskosten könnten sich durch die Minimierung des Aufwands auf Dauer schnell bezahlt machen.

Aufgrund der vorgesehenen gesetzlichen Beschränkung der Verwendung der neuen AHV-Versichertennummer können Dritte, die nicht vom Geltungsbereich dieser Vorlage erfasst sind, künftig ihre Administration grundsätzlich nicht mehr unter Verwendung der AHV-Versichertennummer betreiben. Für staatliche Stellen und andere Institutionen besteht jedoch in allen Bereichen die Möglichkeit der weiteren Verwendung bei Schaffung entsprechender gesetzlicher Grundlagen (Art. 50e AHVG des Entwurfs). Es kann nicht gesagt werden, in welchem Ausmass solche Dritte betroffen sind. Um diesen die Umstellung zu erleichtern, ist eine fünfjährige Übergangsfrist vorgesehen.

532

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage «neue AHV-Versichertennummer» wurde in der Legislaturplanung des Bundesrates nicht angekündigt. Die in Artikel 50e Absätze 1 und 3 AHVG des Entwurfs vorgesehene Basis für die Entwicklung der AHV-Versichertennummer in Richtung einer «administrativen Personenidentifikationsnummer» ist jedoch das rechtstechnische Bindeglied zum gleichzeitig vorgeschlagenen neuen Registerharmonisierungsgesetz. Sowohl zum Personenidentifikator wie zur Registerharmonisierung wurden im Bericht zur Legislaturplanung 2003­2007 vom 25. Januar 2004 Botschaften unter dem Ziel «Die Handlungs- und Reformfähigkeit des Staates verbessern» angekündigt.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Betrachtet man die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen aus der Optik der jeweils im Einzelfall getroffenen Regelung, so wirft die Verfassungsmässigkeit jeder einzelnen Norm keine grössere Fragen auf: Die vorgeschlagenen Änderungen des AHVG stützen sich auf Artikel 112 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV).

Die im Anhang vorgesehenen Änderungen von weiteren Bundesgesetzen beschränken sich auf die Verwendung der neuen AHV-Versichertennummer zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe und halten sich daher im Rahmen dessen, wofür in der Bundesverfassung eine Legiferierungskompetenz für den Bund vorgesehen ist, und zwar im Detail wie folgt: zu änderndes Gesetz zu ändernde Bestimmungen

Grundlage in der BV

1

ZGB

Art. 89bis Abs. 6 Ziff. 5a (neu)

Art. 122 Abs. 1

2

VVG

Art. 47a (neu)

Art. 122 Abs. 1

3

ETH-Gesetz

Art. 4a (neu)

Art. 63 Abs. 2 und 64 Abs. 3

4

MG

Art. 146 Abs. 2

Art. 40 Abs. 2, Art. 58 und 60 Abs. 1

5

DBG

Art. 112a Abs. 1bis (neu)

Art. 128 und 129

6

StHG

Art. 39 Abs. 4 (neu)

Art. 127 Abs. 3, Art. 129 Abs. 1 und 2

7

WPEG

Art. 22 Abs. 6 (neu)

Art. 40 Abs. 2 und Art. 59 Abs. 3

8

ELG

Art. 13

Art. 112 Abs. 6

9

BVG

Art. 48 Sachüberschrift und Art. 113 Abs. 1 Abs. 4 (neu), Art. 49 Abs. 2 Ziff. 6a (neu), 25a (neu) und 25b (neu), Art. 85a Einleitungssatz und Bst. f (neu), Art. 86a Abs. 2 Bst. bbis (neu) 533

zu änderndes Gesetz zu ändernde Bestimmungen

Grundlage in der BV

10 FZG

Art. 25

11 KVG

Art. 117 Abs. 1 Art. 42a Abs. 1 zweiter Satz, Art. 83, Art. 84 Einleitungssatz und Bst. h (neu), Art. 84a Abs. 1 Einleitungssatz und Bst. bbis (neu)

Art. 113 Abs. 1

12 UVG

Art. 117 Abs. 1 Art. 60a (neu), Art. 96 Abs. 1 Einleitungssatz und Bst. g (neu), Art. 97 Abs. 1, Einleitungssatz und Bst. bbis (neu)

13 MVG

Art. 81, Abs. 3 (neu), Art. 94a Einleitungssatz und Bst. e (neu), Art. 95a Abs. 1 Einleitungssatz und Bst. abis (neu)

Art. 59 Abs. 5, Art. 61 Abs. 5 und 117

14 AVIG

Art. 96, Art. 96b Einleitungssatz und Bst. j (neu), Art. 97a Abs. 1 Einleitungssatz und Bst. bbis (neu)

Art. 114 Abs. 1

Im Gesamtkontext wird jedoch eine Regelung vorgeschlagen, die (mit den Regelungen in Art. 50e Abs. 1 und 3 AHVG) das Potenzial in sich trägt, dass sich die neue AHV-Versichertennummer zur allgemeinen «administrativen Personenidentifikationsnummer» entwickelt. Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte hat im Zusammenhang mit den Diskussionen rund um den Personenidentifikator (und im Zusammenhang mit der Registerharmonisierung) im Jahr 2002 ein Gutachten erstellen lassen, in dessen Zentrum der verfassungsrechtliche Persönlichkeitsschutz steht ­ insbesondere der Schutz der Privatsphäre nach Artikel 13 BV. Dabei hat sich auch die Frage gestellt, «ob aus Sicht des verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsschutzes bereits die Vergabe einer persönlichen Identifikationsnummer als solche einen Grundrechtseingriff bedeutet ­ mit der Folge, dass die Vergabe nur zulässig ist, wenn sie den Anforderungen von Artikel 36 BV genügt, d.h. sich namentlich auf eine hinreichende rechtliche Grundlage stützen kann, durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt und verhältnismässig ist.» Der Gutachter kommt darin zum Schluss, dass «es sich bei der Vergabe des Personenidentifikators um einen datenschutzrechtlichen Vorgang handelt, der nach heutigem Stand von Rechtsprechung und Lehre einen Grundrechtseingriff bedeutet, jedoch nicht besonders schwer wiegt und grundsätzlich rechtfertigungsfähig erscheint, sofern die üblichen Schutzvorkehren greifen.» Er kommt zudem zum Ergebnis, dass der Bund (aufgrund der aus dem verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsschutz fliessenden grundrechtlichen Schutzpflichten gemäss Art. 13 Abs. 2 BV in Verbindung mit Art. 35 BV) dafür sorgen muss, dass es nicht zu einer unkontrollierten Ausbreitung eines Personenidentifikators kommt.

Artikel 50e AHVG des Entwurfs verlangt, dass die Verwendung der AHVVersichertennummer über die in dieser Vorlage vorgesehenen Einsatzgebiete hinaus nur mit einer besonderen gesetzlichen Grundlage auf Stufe Bund oder Kanton möglich ist. Die Ausbreitung des Verwendungsgebietes erfolgt damit nicht unkontrol-

534

liert, sondern in den jeweils demokratisch kontrollierten Gesetzgebungsverfahren.

Die Vorlage ist damit auch unter diesem besonderen Aspekt verfassungskonform.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

In der Europäischen Union sind keine Bestrebungen in Richtung Harmonisierung der Sozialversicherungsnummern im Gange. Es bestehen auch keine EU-Vorschriften bezüglich der Form und Ausgestaltung solcher Nummerierungssysteme.

Eine gewisse internationale Verbindung ergibt sich jedoch aus dem Abkommen vom 21. Juni 199929 zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten über die Freizügigkeit sowie aus dem Abkommen vom 21. Juni 200130 zur Änderung des Übereinkommens vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der europäischen Freihandelsassoziation (EFTA-Abkommen). Im Rahmen dieser beiden Abkommen werden die verschiedenen nationalen Systeme der sozialen Sicherheit unter Beizug von Ad-hoc-Formularen koordiniert. Zur Identifizierung der einzelnen Personen geben die Staaten einander die Versichertennummern bekannt, die sie der jeweiligen Person nach ihren Rechtsvorschriften zugeteilt haben. Wenn ein Staat für eine Person unterschiedliche Versichertennummern verwendet, kann dies zu Verwechslungen führen und laufende Verfahren verlangsamen. Die neue Nummer vereinheitlicht die AHV-Versichertennummer und die Krankenversicherungsnummer und erleichtert so die Arbeit der schweizerischen und ausländischen Durchführungsstellen.

5.3

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Grundsätzlich wird der Bundesrat gestützt auf den in Artikel 154 Absatz 2 AHVG enthaltenen Vollzugsauftrag die notwendigen Ausführungsbestimmungen zur Einführung der neuen Versichertennummer erlassen. In Bezug auf die Definition von Mindeststandards für die von den Fremdnutzern der AHV-Versichertennummer zu treffenden technischen und organisatorischen Massnahmen wird gemäss Entwurf das EDI in Absprache mit dem EFD zuständig sein (Art. 50g Abs. 3 AHVG des Entwurfs). In diesem Punkt enthält die Vorlage eine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen.

29 30

SR 0.142.112.681 AS 2003 2685

535

536