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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erteilung einer neuen Konzession für die Rorschach--Heiden-Bergbahn (Vom 26. Oktober 1954)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf für eine neue Konzession für die Borschach-Heiden-Bergbahn zu unterbreiten.

1.

Mit Beschluss vom 26. Januar 1874 erteilte die Bundesversammlung der internationalen Gesellschaft für Bergbahnen die Konzession für den Bau und Betrieb einer einspurigen Zahnradbahn von Heiden bis zum Anschluss an die Vereinigten Schweizerbahnen beim Bahnhof St. Scholastica in Rorschach. Die Konzession, die am 11. November 1874 auf die Borschach-Heiden-Bergbahngesellschaft übergegangen war, wurde durch Bundesbeschluss vom 15. Oktober 1897 erweitert und mit den Bundesbeschlüssen vom 22. Februar 1878 und 21. Dezember 1904 geändert. Die Erweiterung brachte der Bahn das Becht, eine Abzweigung ihrer Linie von km 2,666 nach einem Steinbruch in der Krinne bei Wienacht zu erstellen und zu diesem Zweck ein neues Geleise mit einer Länge von ungefähr 250 m zu legen. Die Änderungen bezogen sich auf die Anerkennung der Bahn als Nebenbahn, auf Tarifangelegenheiten usw. Die Konzession wurde für die Dauer von 80 Jahren, vom 1. Januar 1874 an gerechnet, erteilt.

Am 30. Juni 1954 stellte die Borschach-Heiden-Bergbahngesellschaft das Gesuch um Erneuerung der Konzession auf weitere 80 Jahre. Die Bahn erklärte sich in der Folge bereit, das Begehren auf die Dauer von 50 Jahren herabzusetzen.

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II.

Den beteiligten Kantonen legten wir das Gesuch und den Entwurf für die neue Konzession zur Stellungnahme vor.

Der Eegierungsrat des Kantons Appenzell-Ausserrhoden teilte uns mit Schreiben vom 11. August 1954 mit, dass er die Erneuerung der Konzession empfehle und keine Bemerkungen zum Entwurf anzubringen habe.

Das Baudepartement des Kantons St. Gallen wünschte die Aufnahme des nachstehenden zusätzlichen Artikels in die Konzession: «Art. 20 Sollten vom Staat oder von den Gemeinden öffentliche Strassen' Kreuzungen und Wege, gemäss Artikel l, lit. A, des Gesetzes über das Strassen- strassen wesen des Kantons St. Gallen, sowie Wasser-, Gas- oder elektrische uud Wesen Leitungen, welche die Bahn durchkreuzen, ausgebaut oder neu angelegt werden, so hat die Konzessionärin keine Entschädigung zu fordern für die Überschreitung ihres Eigentums ; auch fallen derselben alle diejenigen Kosten allein zur Last, welche aus der hiedurch notwendig gewordenen Errichtung von neuen oder Anpassung von bestehenden Bahnwärterhäusern und Barrieren, der Anstellung von Bahnwärtern sowie aus allen übrigen zum Schutze der Bahn und des Betriebes nötigen Vorkehrungen erwachsen.

Hiezu gehören auch die Mehrkosten für Bauteile der Strasse, welche mit Eücksicht auf die Bahn zusätzlich, in grösserem Umfang oder in besonderer Ausführung erstellt werden müssen.» In der Begründung wies das Baudepartement des Kantons St. Gallen darauf hin, es sei ungewiss, wie lange Artikel 15 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der Schweizerischen Eidgenossenschaft noch geltendes Eecht bleibe, und zum andern seien in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten entstanden über die Frage, ob zum Beispiel Barrieren dem Schutze der Bahn oder aber dem Schutze der, Strassenbenützer dienten. Mit der vorgeschlagenen, Formulierung, sollten diese Schwierigkeiten vermieden werden.

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Die Korschach-Heiden-Bergbahn entspricht einem Bedürfnis. Ein Ersatz des bestehenden Bahnbetriebes durch Strassenfahrzeuge drängt sich nicht auf.

Die Notwendigkeit bzw. Unersetzbarkeit der Eorschach-Heiden-Bergbahn ist denn auch nie bestritten worden. Zwischen Borschach und Heiden besteht keine direkte Strassenverbindung. Ein Strassenverkehr müsste entweder über Ehein·eck und Wolfhalden oder über die Steilrampe des Eorschacher Berges (WienachtGrub) nach Heiden geleitet werden. In beiden Fällen wären die Transport-

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strecken wesentlich länger. Zudem würden die grossen Beförderungszahlen im Personen- und im Sachenverkehr die Bereitstellung einer nicht kleinen Anzahl von Strassenfahrzeugen erfordern. Im Jahre 1953 beförderte die BorschachHeiden-Bergbahn 429 989 Personen und 8058 t Güter und Gepäck sowie 1167 Tiere. Das Unternehmen war stets in der Lage, seinen finanziellen Verpflichtungen ohne Betriebssubventionen nachzukommen. Die gesamten Verkehrseinnahmen betrugen im vergangenen Jahre 475 748 Franken und der Ertrag der Betriebsrechnung (ohne den Ertrag des Betriebsvermögens) belief sich auf 65 172,79 Franken. Dieser Ertrag gestattete die Vornahme der gesetzlichen Abschreibungen sowie die Verzinsung und Tilgung des Elektrifikationsdarlehens, das für die Umstellung des Dampfbetriebes auf die elektrische Traktion im Jahre 1930 vom Bund, den Kantonen St. Gallen und Appenzell sowie den angeschlossenen Gemeinden gewährt worden war.

Unter diesen Umständen kann dem Gesuch entsprochen werden. Die neuen Kouzessionsbestimmungen halten sich an das, was üblicherweise in den letzten Jahren in neue Eiseubahnkonzessionen aufgenommen wurde. Die Konzession gilt für die Strecke vom Anschluss an die Schweizerischen Bundesbahnen in Eorschach Bahnhof bis Heiden. Die Abzweigung nach dem bahneigenen Steinbruch in der Krinne braucht in der Konzession, wie die Gesuchstellerin richtig bemerkt, nicht mehr erwähnt zu werden, da der Betrieb des Steinbruches seit dem Jahre 1942 endgültig eingestellt ist und die Abzweigung heute nur noch dem normalen Bahnbetrieb als Ausweichgeleise für Kreuzungen dient.

Zur Anregung des Baudepartementes des Kantons St. Gallen schliesslich ist folgendes zu sagen: Die vorgeschlagene Fassung lehnt sich an Artikel 15 des geltenden Eisenbahngesetzes an. Dieser Artikel bestimmt u. a., dass die Bahngesellschaft keine Entschädigung zu fordern hat für die Überschreitung ihres Eigentums, falls nach Erbauung der Bahn vom Staat oder von den Gemeinden öffentliche Strassen, Wege, Wasser- oder Gasleitungen angelegt werden, die die Bahn durchkreuzen müssen; der gleichen Bestimmung zufolge fallen der Bahngesellschaft auch alle Kosten allein zur Last, die aus der hiedurch notwendig gewordenen Errichtung von neuen Bahnwärterhäusern, Anstellung von Bahnwärtern sowie aus allen übrigen zum Schutze der Bahn und des Betriebes
nötigen Vorkehrungen erwachsen. Die Aufnahme der. gewünschten Ergänzung in die Konzession ist daher abzulehnen. Die geltend gemachten Auslegungsschwierigkeiten könnten mit der Ergänzung wohl kaum beseitigt werden..- Fragen über Kreuzungen mit öffentlichen Strassen und Wegen gehören nicht zum Inhalt einer Konzession. Überdies soll dem Entscheid des Gesetzgebers im Zusammenhang mit dem in Vorbereitung stehenden Eisenbahngesetz nicht vorgegriffen werden.

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IV

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Gestützt auf unsere Ausführungen empfehlen wir Ihnen, dem nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Erteilung einer neuen

845 Konzession für die Borsehach-Heiden-Bergbahngesellschaft zu geben.

ihre Zustimmung

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung^ unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 26. Oktober 1954.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Rubatici Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Erteilung einer neuen Konzession für die Rorschach-Heiden-Bergbahn

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel l und 39 des Bundesgesetzes vom 28. Dezember 1872 x) über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in ein Gesuch der Borschach-Heiden-Bergbahngesellschaft vom 30. Juni 1954, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 26. Oktober 1954, beschliesst: I.

Der Borschaeh-Heiden-Bergbahngesellschaft in Heiden wird zu den nachstehend angeführten Bedingungen eine neue Konzession für den Bau und Betrieb der normalspurigen Zahnradbahn von Borschach nach Heiden erteilt.

Art. l Gesetzgebung Die jeweiligen Bundesgesetze sowie alle übrigen bundesrechtlichen Vorschriften über Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen sind jederzeit zu beachten.

Art. 2 Nebenbahn Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 3 Dauer Die Konzession wird für die Dauer von 50 Jahren, d. h. für die Zeit vom 1. Januar 1954 bis 31. Dezember 2003, erteilt.

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Art. 4 Die Konzession gilt für die Strecke vom Anschluss an die Schweizerischen Bundesbahnen in Borschach Bahnhof bis Heiden.

*) ES 7, 3.

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Art. 5 Der Sitz der Gesellschaft ist in Heiden.

Sitz

Art. 6 Dem Betrieb dienende Anlagen sowie die Fahrzeuge dürfen erst auf Grund von durch die Aufsichtsbehörde vorher genehmigten Plänen erstellt werden. Diese Behörde ist berechtigt, auch nach Erstellung der Anlagen und Fahrzeuge deren Änderung zu verlangen, wenn die Betriebssicherheit es erfordert.

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Pläne

Art. 7 Die Konzessionärin übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck, Gütern und lebenden Tieren.

Transporte

Art. 8 Die Zahl der täglichen Züge und deren Verkehrszeiten haben sich nach den Bedürfnissen zu richten. Die Fahrpläne sind nach den geltenden Bestimmungen aufzustellen.

Fahrplan

Art. 9 Die Aufsichtsbehörde bestimmt, welche Wagenklassen zu führen wagenkiassen sind.

Art. 10 Die Konzessionärin ist berechtigt, für die Beförderung von Personen höchstens folgende Beträge zu erheben: 2. Klasse Fr.

von Rorschach nach Heiden (Bergfahrt). .

von Heiden nach Borschach (Talfahrt) . .

5.-- 3.50

3. Klasse Fr.

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8.50 2.50

Für Hin- und Eückfahrt ist der Fahrpreis gegenüber der Taxe für Berg- und Talfahrt um mindestens 20 Prozent zu ermässigen.

Im Verkehr mit Zwischenstationen sind die Fahrpreise im Verhältnis zu den kilometrischen Entfernungen zu berechnen.

Die Konzessionärin ist gehalten, Abonnemente zu ermässigten Taxen auszugeben.

Für die Beförderung von Gepäck, lebenden Tieren und Gütern sind die Tarifgrundlagen der Schweizerischen Bundesbahnen massgebend.

Dabei wird die Konzessionärin ermächtigt, zu den wirklichen Entfernungen einen Zuschlag von höchstens 900 Prozent zu berechnen.

Tarife

848 Art. 11

Armen-und transporte

Für die von den zuständigen Behörden angeordneten Transporte von Bedürftigen und für Polizeitransporte sind die gleichen Ermässigungen zu gewähren, wie sie bei den Schweizerischen Bundesbahnen zur Anwendung kommen.

Keservefonds

Vom Eeingewinn sind jährlich mindestens 10 Prozent einer allgemeinen Eeserve zuzuweisen, bis sie die Höhe von 30 Prozent des einbezahlten Aktienkapitals erreicht hat.

Haftpflichtversicherung

Die Konzessionärin hat sich gegen die Folgen ihrer in, der Bundesgesetzgebung über die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunternehmungen und der Post umschriebenen Haftpflicht bei einer in der Schweiz zum. Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmung oder einer andern, von der Aufsichtsbehörde anerkannten Einrichtung zu versichern.

Die Verträge über die Haftpflichtversicherung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

Art. 12

Art. 13

Art. 14 Personalfürsorge

Die Konzessionärin hat für das ständige Personal eine Dienstalterskasse oder eine Pensionskasse einzurichten oder es bei einer in der Schweiz zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmung oder einer andern, von der Aufsichtsbehörde anerkannten Einrichtung zu versichern. Die Eeglemente und Jahresrechnungen bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

Die Konzessionärin hat dafür zu sorgen, dass das Personal gegen die wirtschaftlichen Folgen von Krankheit versichert ist.

Art. 15 Kontrolle

Den eidgenössischen Beamten, denen die Aufsicht über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen obliegt, ist zu jeder Zeit freie Fahrt und freier Zutritt zu allen Teilen der Anlagen zu gewähren. Das zur Vornahme von Untersuchungen nötige Personal und Material, Pläne inbegriffen, ist ihnen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Konzessionärin und ihr Personal haben ferner den mit der Kontrolle betrauten Organen alle hiefür notwendigen Auskünfte zu erteilen.

849 Art. 16 Die Aufsichtsbehörde kann verlangen, dass Beamte und Angestellte Diszipimarder Eisenbahn, die bei Ausübung ihres Dienstes zu begründeten Klagen massn Anlass geben und gegen die nicht von der Verwaltung selbst eingeschritten wird, gemassregelt oder entlassen werden.

: : Art. 17 ' Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch macht, der Kantone, für die auf ihrem Gebiet gelegenen Linien, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Bückkauf kann jederzeit erfolgen. Er ist der Konzessionärin drei Jahre zum voraus schriftlich anzukündigen.

6. Durch den Bückkauf wird der Bund Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allem übrigen Zubehör. Die Bechte Dritter gegenüber Personalfürsorgeeinrichtungen der Konzessionärin bleiben vorbehalten. Die Bahn ist samt Zubehör in gutem Zustand, abzutreten, andernfalls ein verhältnismässiger Betrag von der Bückkauf ssumine abzuziehen ist.

G. Als Rückkaufspreis hat der Bund eine angemessene Entschädigung auf Grund des kommerziellen Wertes der Bahn zu entrichten.

d. Streitigkeiten über den Bückkauf und damit zusammenhängende Fragen entscheidet das Bundesgericht.

; Art. 18 : Hat der Kanton die Bahn zurückgekauft1, so ist der Bund jederzeit befugt, sein Rückkaufsrecht gegenüber dem Kanton: auszuüben, und der Kanton hat die Bahn dem Bunde unter den gleichen Rechten und Pflichten abzutreten, wie dieser von der Konzessionärin zu fordern berechtigt gewesen.wäre.

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II.

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Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

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Rückkauf

Rückkauf gegenüber dem Kanton

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04.11.1954

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