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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Weiterführung der Internationalen Hilfswerke (Vom 15. Januar 1954)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Das zufolge des letzten Weltkrieges entstandene Flüchtlingsproblem ist hei weiten noch nicht gelöst. Man kann sogar sagen, dass es sich seit 1948 immer wieder von neuem stellt. Täglich stossen Neuankömmlinge zu der Menge der Unglücklichen in den bereits überfüllten Lagern. Die Not der Flüchtlinge ist noch gross, und man muss alles unternehmen, um ihr abzuhelfen. Wie der Hochkommissär der Vereinigten Nationen für die Flüchtlinge, Herr von Heuven Goedhart, in diesem Zusammenhang sagte, handelt es sich ini allgemeinen «um nützliche, mutige, vertrauenswürdige, arbeitsame und ehrliche Menschen: ein Flüchtling ist grundsätzlich ein erstrangiger Mensch. Vielleicht hat er für die Freiheit unbewusst sein ganzes Vermögen und alle Sicherheit, deren er sich erfreute, geopfert».

Bei soviel Unglück ist es immerhin ermutigend, festzustellen, dass sich die Lage der in Westdeutschland befindlichen Flüchtlinge im Laufe der letzten Jahre wesentlich gebessert hat. Dank des wirtschaftlichen Aufschwunges dieses Landes, der durch Hilfsorganisationen geleisteten Hilfe sowie der von der deutschen Eegierung selbst getroffenen Massnahmen wurde es möglich, die Mehrheit der Flüchtlinge Mitteleuropas in die deutsche Wirtschaft einzugliedern.

An ihre Stelle traten indessen neue Flüchtlinge: diejenigen aus Ost-Berlin.

Auch in Österreich ist das Problem immer noch äusserst dringlich. Die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in diesem Land sind weit davon entfernt, eine rasche Lösung zu erleichtern. Italien leidet sehr stark unter der Übervölkerung; zahlreiche Flüchtlinge, darunter viele Tuberkulosekranke, befinden sich in Lagern in Triest und in der Umgebung von Neapel. Ebenso unternehmen

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.

seit vielen Jahren Griechenland und Jugoslawien Anstrengungen, um dergrossen, durch den letzten Weltkrieg entstandenen Not abzuhelfen. Zu diesen Unglücklichen sind noch jene aus dem.Nahen und Fernen Osten hinzuzurechnen, von denen wir lediglich die arabischen Flüchtlinge aus Palästina, die in China verbliebenen Flüchtlinge europäischer Herkunft und die durch den Krieg aus ihrem.

Heim vertriebenen Koreaner erwähnen.

Die von zahlreichen Staaten und Hilfsorganisationen geleistete Hilf e brachte vielen dieser Unglücklichen eine nennenswerte Linderung. Dieses Werk der Solidarität wird fortgesetzt. Die Schweiz, die stets dazu beigetragen hat, sollte ihre Mitarbeit zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Flüchtlinge aufrechterhalten, solange dies erforderlich ist.

Es stellen sich aber noch andere Probleme. Es handelt sich namentlich um die Hilfe für geschwächte Kinder, für die sich der Internationale Kinderhilfsfonds und das Schweizerische Rote Kreuz besonders einsetzen. Diese beiden Organisationen tragen in grossem Masse dazu bei, den Gesundheitszustand von Tausenden von unterernährten oder in beklagenswerten hygienischen Verhältnissen lebenden Kindern, welche die Gesellschaft von morgen bilden werden, zu verbessern. Zahlreich sind zudem die Gegenden, wo die verschiedensten Krankheiten und Epidemien mangels Spitäler oder Arzneien nicht bekämpft werden können. Schliesslich bildet die Hilfe an die durch den Krieg verwüsteten Länder - denken wir an die kürzlichen Zerstörungen in Korea - eine logische Ergänzung dieser internationalen Hilfswerke. Es genügt in der Tat nicht, nur die körperlichen Leiden zu heilen. In seiner Entwicklung und um ein nützliches Glied der Gemeinschaft zu werden, braucht der Mensch stabile Lebensverhältnisse, gesicherte Wohnung und Nahrung für sich und die Seinigen, sowie eine Beschäftigung, die ihm die Ausübung seiner Fähigkeiten ermöglicht. Die Jugend muss zur Berufsausbildung herangezogen werden können, damit sie - die Verheerungen der Vergangenheit vergessend - mit Vertrauen an den Aufbau ihrer Zukunft schreiten kann.

Am 18. Dezember 1951 bewilligten Sie uns für die Weiterführung der Internationalen Hilfswerke in den Jahren 1952 und 1953 einen Betrag von 7 Millionen Franken, der jetzt nahezu erschöpft ist. Wie vorgesehen, ermöglichte dieser Kredit der Eidgenossenschaft
die Mitwirkung an Hilfsaktionen internationaler Organisationen oder schweizerischer Hilfswerke.

Die Schweiz könnte indessen die in humanitären Belangen bisher befolgte Linie nicht weiter einhalten, wenn sie ausschliesslich auf private Hilfsquellen angewiesen wäre. Die Unterstützung durch die Eidgenossenschaft ist weiterhin notwendig. Wir sehen uns daher veranlasst, Sie um die Gewährung neuer Mittel zu ersuchen, um während der Jahre 1954 und 1955 an gewissen Aktionen, für welche die Schweiz unseres Erachtens ihr Interesse bekunden sollte, teilnehmen zu können. An folgenden Hilf swerken möchten wir mitwirken:

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I. Internationaler Kiuderhilîsîonds Das vom Internationalen Kinderhilfsfonds (UNICEF) unternommene Werk ist außerordentlich in seiner Grosse und erstreckt sich auf die meisten Gebiete ' .der Welt. Von den vorn UNICEF in'den Jahren 1947-1950 durchgeführten Aktionen waren 75 Prozent Hilfeleistungen dringlicher Natur und nur 25 Prozent solche auf lange Sicht. Vom Jahre 1951 an ist das Verhältnis umgekehrt, indem im Jahre 1954 die Ansätze für erstere auf 15 Prozent herabsinken, während sie sich für die letzteren auf 85 Prozent erhöhen dürften. Die langfristigen Hilfsaktionen umfassen hauptsächlich die Mutter- und Kinderhilfe, gesundheitliche Betreuung auf breiter Grundlage sowie die Kinderernährung: In geographischer Beziehung kamen von 1947 bis 1950 ungefähr 75 Prozent der UNIGSF-Hilfe Europa zugute, während von 1951 bis 1953 auf diesen Kontinent durchschnittlich nicht mehr als 11-12 Prozent der Hilfe entfielen. Von 1951 an erstreckte sich die Hilfstätigkeit insbesondere auf Asien, die östlichen Mittelrneeiiänder sowie auf Länder Südamerikas. Dieses Verhältnis gestaltet sich 1953 und in dem für 1954 vorgesehenen Programm noch ausgeprägter, indem der Anteil Europas nurmehr 3 Prozent beträgt (Österreich, Griechenland, Italien, Portugal und Jugoslawien).

Das vom UNICEF in den letzten Jahren und insbesondere 1953 befolgte sowie für 1954 in Aussicht genommene Tätigkeitsprogramm umfasst zu ungefähr einem Drittel Aktionen zugunsten der Mutter- und Kinderhilfe; ein Viertel entfällt auf die gesundheitliche Betreuung, indem durch Impfungen hauptsächlich die Bekämpfung der Tuberkulose, der Syphilis, des Gelbfiebers sowie der Malaria und anderer, durch .Insekten verursachten'Krankheiten bezweckt wird; annähernd ein Fünftel ist für die Kinderernährung vorgesehen, wobei hauptsächlich die Herstellung von Konservenmilch, besonders in Asien, in Betracht fällt. Das Problem der Haltbarmachung der Milch bildet gegenwärtig Gegenstand von Studien seitens des UNICEF in 23 Ländern. Er gibt pulverisierte Milch auch an Länder ab, die daran besonders Mangel leiden wie Korea, Japan, Indien, Pakistan und Nordostbrasilien. Schliesslich urnfasst ein Fünftel der Aktionen die durch Naturkatastrophen bedingten Hilfeleistungen, sofern eine Soforthilfe nötig ist, wie bei den Erdbeben in Griechenland, den Überschwemmungen in Japan,
der Hungersnot in Indien und angesichts des Zustandes der Flüchtlinge in Pakistan und in den Grenzdörfern Jordaniens usw.

Die Aktionen zugunsten der Mutter- und Kinderfürsorge werden immer umfangreicher; während sie im Jahre 1951 nicht mehr als 12 Prozent des Programms umfassten, erreichen sie 1953 und 1954 bereits 30 bis 85 Prozent des aufgestellten Planes. Li den Ländern, wo der UNICEF in diesem Sinne tätig ist, wird ein sehr grosses Interesse für die Gründung von dauernden Mutterund Kinderfürsorgestellen in ländlichen Gegenden bekundet. Der UNICEF überwacht die berufliche Ausbildung der Hebammen, beschafft pharmazeutische Erzeugnisse, Milch, Seife sowie technisches Material für die Entbindungsanstalten. So dienten z. B. die 1953 für Europa bestimmten Kredite wesentlich diesem Zweck.

Bundesblatt. 106. Jahrg. Bd. I.

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Seit der Gründung des UNICEF bis Ende September 1953 stieg die Anzahl der Beitragsländer auf 67. Der Gesamtbetrag .der von Eegierungen und andern Organisationen von 1947 bis Ende September 1953 geleisteten Zahlungen beläuft sich auf 189 836 388 Dollars. Allein im 'Jahre 1952 erreichten die Eegierungsbeiträge 10 781 000 Dollars; sie stiegen während der ersten' zehn Monate 1953 auf 13 800 000 Dollars an.

Unser Land, das dem Internationalen Kinderhilfsfonds am 29. April 1947 beigetreten ist, hat seit diesem Datum bis Ende 1953 einen Betrag von insgesamt 2 853 000 Dollars ausgerichtet, wobei es unter den zehn ersten Ländern figuriert, die seit 1947 am meisten beigetragen haben.

Der UNICEF hat für seine Aktionen in der ganzen Welt von 1947 bis Ende September 1953 186 943 284 Dollars verausgabt. Im Jahre 1949 erreichten die Ausgaben mit 46 685 205 Dollars ihren Höchststand, während sie sich 1951 auf 22 571 234 und 1952 auf 13 526 630 Dollars beliefen. Das Budget sieht sowohl für 1953 als auch für 1954 ein Programm von 20 Millionen Dollars vor.

750 000 Dollars wurden zum Ankauf von Waren in der Schweiz bereitgestellt, die zur Durchführung des Programms des UNICEF benötigt werden.

Die Generalversammlung der Vereinigten Nationen hat am 6. Oktober 1958 beschlossen, das Ende 1953 ablaufende Mandat des UNICEF für unbestimmte Zeit zu erneuern. Die frühere Bezeichnung «Fonds international des Nations Unies pour le secours à l'enfance» wurde geändert in «Fonds des Nations Unies pour l'enfance».

Der UNICEF stand in enger Zusammenarbeit mit anderen internationalen Institutionen, wie der Weltgesundheitsorganisation, der Organisation der Ver-, einigten Nationen für Ernährung und Landwirtschaft, der Agentur der Vereinigten Nationen für den Wiederaufbau Koreas usw.

Die Schweiz ist in den leitenden Organen des UNICEF vertreten. Unser Delegierter, zuvor Vizepräsident und Präsident des Programmkomitees, ist seit Oktober 1952 Präsident des Verwaltungsrates, d. h. des obersten Organs des UNICEF. Im September 1953 ist die Schweiz selbst zum Mitglied dieses Eates für die Dauer von drei Jahren gewählt worden. Seit 1950 steht auch dem europäischen Sitz des internationalen Kinderhilfsfonds in Paris ein Schweizer als Direktor vor.

Die vom Fonds erreichten Erfolge sind zahlreich und unbestreitbar. Diese umfassende Anstrengung
für eine weltweite Zusammenarbeit zugunsten der Kinder liegt im Bereiche der humanitären und sozialen Traditionen unseres Landes. Wie wir hervorgehoben haben, wird der Fonds hauptsächlich durch freiwillige Beiträge der Mitgliedstaaten finanziert. Unsere jährliche Beteiligung beläuft sich seit 1951 auf regelmässig 700 000 Franken. Wir sind der Auffassung, dass es angebracht ist, 'dem UNICEF einen gleichhohen Jahresbeitrag für die Jahre 1954 und 1955 auszurichten.

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II. Fonds der Vereinigten Nationen für die Flüchtlingshilfe Auf Grund der Auflösung der Internationalen Flüchtlingsorganisation (IRÒ) -- die ihre Tätigkeit am 31. Januar 1952 eingestellt hat - fällt jetzt der rechtliche Schutz und die allgemeine Unterstützung der Flüchtlinge auf internationaler Ebene in den Zuständigkeitsbereich des Hochkommissars der Vereinigten Nationen für die Flüchtlinge. Diese Institution steht unter der Leitung eines Hochkommissars, dessen anfänglich bis 31. Dezember 1953 befristetes Mandat von der Generalversammlung der Vereinigten Nationen im Oktober 1953 für eine Periode von fünf Jahren, mit Wirkung ab 1. Januar 1954, erneuert wurde. Herr G. J. van Heuven Goedhart ist für diese Funktion erneut gewählt worden.

Die Tätigkeit des Hochkommissariates erstreckt sich insbesondere auf internationale Abkommen und Vereinbarungen, die freiwillige Heinischaffung von Flüchtlingen oder deren Assirnilierung in neuen, nationalen Gemeinschaften und die Zulassung von Flüchtlingen in Aufnahmeländern.

Der Hochkommissar der Vereinigten Nationen für Flüchtlinge wird von einem Konsultativkomitee unterstützt, dem die Schweiz angehört. Er unterhält Vertretungen in Ländern, in denen sich bedeutende Flüchtlingsprobleme stellen.

Da; das Hochkommissariat weder von den Vereinigten Nationen direkt (mit Ausnahme der Deckung der Arerwaltungskosten) noch > den Mitglied- oder Nichtmitgliedstaaten der UNO regehnässige Beiträge erhält, sah es sich nach Einholung einer Genehmigung der Generalversammlung der Vereinigten Nationen veranlasst, an die Regierungen die dringliche Aufforderung zu richten, sich an der Gründung eines Hilfsfonds zugunsten der bedürftigsten Flüchtlingsgruppen zu beteiligen. Diesem Appell leisten die nachstehenden Länder mit einem Gesamtbetrag von 747 675 Dollars Folge: Australien, Belgien, Canada, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich,. Schweden und die Schweiz.

Zu diesem Betrag kommen ferner bereits erfolgte oder in Aussicht gestellte Zahlungen der internationalen Organisationen, der Privatvereinigungen und von Privaten in Höhe von 354 116 Dollars hinzu.

, Ausserdem verabfolgte die Ford-Stiftung eine Spende im Betrage von 2 900 000 Dollars, die in erster Linie dazu bestimmt ist, die Eingliederung der
Flüchtlinge in die Gemeinschaft, in der sie leben, zu erleichtern und gleichzeitig neue Möglichkeiten zur Wiedereingliederung im Ausland zu erschliessen. Jugendliche Flüchtlinge sollen dabei im Rahmen des Möglichen bevorzugt, werden.

Dem Aufruf des Hochkommissars Folge leistend, hat der Bundesrat auf Grund des Beschlusses vom9.April 1952 dem Hilfsfonds der Vereinigten Nationen für Flüchtlinge den Betrag von 300000 Franken (69 284 Dollars) überwiesen.

Die erhaltenen Mittel ermöglichten dem Hochkommissär, verschiedene Aktionen im Interesse der seinem Mandat unterstellten Flüchtlinge, die in Belgien, Deutschland, Griechenland, Italien, im Nahen und Mittleren Osten, in Österreich, Triest und in der Türkei niedergelassen sind, zu unternehmen.

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Die vom ' Hochkommissär und seinen Delegierten entfaltete Tätigkeit ist von Land zu Land verschieden, da sie weitgehend vom Umfang des sich im betreffenden Land stellenden Flüchtlingsproblems und von den dort mit Bezug auf den Schutz der Flüchtlinge herrschenden Verhältnissen abhängt. Es bestehen indessen gewisse gemeinsame Gesichtspunkte; dies gilt namentlich für die nähere Bezeichnung der Eigenschaft des Flüchtlings, der Eegelung der Aufenthaltsverhältnisse, der Ausweisung, der Ausübung des Eechts zur Arbeit, des Anspruchs auf Sonderhilfe, der Ausstellung von Eeiseausweisen, der Beglaubigung von Dokumenten, der Kegelung der Zivilstandsverhältnisse, des Anspruchs auf öffentliche Unterstützung und auf Leistungen der sozialen Fürsorge sowie der Wiedereingliederung der Flüchtlinge in das Wirtschaftsleben ihres Aufenthaltsstaates.

Über die Lage der Flüchtlinge in Ländern, in denen der Hochkommissar in den letzten zwei Jahren seine Tätigkeit ausübte, können wir Ihnen folgende Mitteilungen machen: Deutschland : 200 000 Flüchtlinge sind dem Mandat des Hochkommissärs unterstellt, wovon 41 465 in Lagern leben.

Dank der Spende der Ford-Stiftung konnte sich der Hochkommissär an der Durchführung zahlreicher lokaler und nützlicher Programme beteiligen, die Wohnungsbauten, berufliche Ausbildung sowie die Errichtung von Kinderheimen betrafen. Das Problem des Zustroms der deutschen Flüchtlinge aus OstBerlin war, obigeich nicht direkt unter das Mandat des Hochkommissärs fallend, Gegenstand seiner besonderen Aufmerksamkeit. Im Februar 1953 beschloss der Bundesrat seine Mitwirkung an der Lösung dieses Problems, indem er dem Liquidationsfonds des «Centre d'entr'aide internationale» einen Betrag von 200 000 Franken zur Lieferung von vorfabrizierten Häusern entnahm, die im Land Baden-Württemberg aufgestellt wurden. Auch andere Länder kamen der Aufforderung des Hochkommissars nach: die Vereinigten Staaten, Norwegen, Schweden, Dänemark, die Niederlande, Grossbritannien, Italien und Luxemburg.

Ö s t e r r e i c h : 228000 Flüchtlinge, darunter 193000 Volksdeutsche und 30 000 bis 35 000 Personen ethnisch nicht deutschen Ursprungs, fallen unter das Mandat des Hochkommissärs. Von diesen Flüchtlingen sind noch ungefähr 60 000 in Lagern untergebracht, während die übrigen in Wohnverhältnissen leben, die von einem normalen
Zustand weit entfernt sind.

Die Spende der Ford-Stiftung ermöglichte auch hier die Verwirklichung zahlreicher Programme betreffend Wohnungsbauten, Ansiedelung in der Landwirtschaft oder im Kleinhandel sowie Berufsausbildung.

Griechenland : 16 000 bis 17 000 Flüchtlinge, die zum Teil in Lagern oder Sammelstellen leben, unterstehen dem Mandat des Hochkommissärs.

In Anbetracht der ausserordentlich schwierigen Lage einer grossen Anzahl dieser Flüchtlinge wirkte der Hochkommissär an der Linderung ihres harten

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Schicksals durch Verbesserung der Einrichtungen in Lagern und Sammelstellen, Verteilung von Lebensmitteln und Kleidern sowie durch eine grosszügige gesundheitliche Betreuung mit.

Italien : Die Zahl der bei den italienischen Behörden registrierten Flüchtlinge beläuft sich auf ungefähr 20 000. Man nimmt jedoch an, dass- weitere 15 000 sich aus verschiedenen Gründen nicht angemeldet haben. Somit dürfte die Gesamtzahl in Italien 35 000 Personen erreichen, wovon 4000 in Lagern leben.

Der Hochkommissär unterstützte die hilfebedürftigsten Personen und liess den Kindern Milch verabreichen. Ferner traf er alle nur möglichen Vorkehren, damit die Flüchtlinge stets in alle Auswanderungsprogramme Italiens einbezogen werden; die italienische Eegierung gab diesbezüglich die Zusicherung ab, dass die Flüchtlinge immer gleich wie die Italiener behandelt würden.

Tries t: Triest verzeichnet mehr als 6000 Flüchtlinge, wovon ungefähr 4500 in Lagern. In Zusammenarbeit mit anderen Hilfswerken und dem Zwischenstaatlichen Komitee für Europäische Auswanderung verwendet sich der Hochkommissär dafür, die Kräftigsten unter diesen Unglücklichen nach überseeischen Ländern zu leiten und die Beherbergung der «Härtefälle» und der Kranken in andern Ländern zu erreichen.

Während der zwei letzten Jahre stellte der Hochkommissär der alliierten Militärregierung Mittel für ein Sanatorium, die Ernährung von Kranken und Eekonvaleszenten sowie für den Ankauf von Kleidungsstücken zur Verfügung.

Für eine Anzahl von Flüchtlingen konnte durch, eine der Ford-Stiftung entnommene SpezialSubvention ein besonderes Berufsausbildungsprogramm durchgeführt werden, um sie auf Berufe vorzubereiten, die ihnen die Aufnahme, in Wiederansiedelungsländern erleichtern sollten.

Türkei : Die Zahl der unter das Mandat des Hochkommissärs fallenden Flüchtlinge ist schwer zu bestimmen. Immerhin scheint sie höher zu sein als die Zahl von 70Q Flüchtlingen, die im Zeitpunkt der Einstellung der Tätigkeit der IEO errechnet worden ist. Die Hilfe des Hochkommissars wurde den bedürftigsten Personen zuteil und verwirklichte auch den Plan für einen Landwirtschaftsbetrieb, der einer gewissen Zahl von Flüchtlingen Aufnahme bot.

Naher und Mittlerer Osten : Der Hochkommissar hat hier ebenfalls eine gewisse Anzahl von Flüchtlingen europäischer Abstammung unter seiner Obhut,
die sich in Ländern des Nahen und Mittleren Ostens befinden und für die keine Eegierung die.Verantwortung übernahm wegen der Bedeutung anderer Flüchtlingsprobleme, die sich m diesen Ländern stellten.

Ferner O s t e n : In den letzten zwei Jahren erstreckten sich die Anstrengungen des Hochkommissärs insbesondere auf die in China verbliebenen Flüchtlinge europäischer Herkunft, deren Schicksal bedenklich ist. Diesen ungefähr 15 000 Personen stehen keine Mittel zur Verfügung, um. das Land zu verlassen. Der grösste Teil stammt aus Eussland (Weissrussen), doch befinden sich darunter auch solche ost- und südosteuropäischer Herkunft. Die Lage dieser

54 in ihrer Eigenschaft als Ausländer in China lebenden Flüchtlinge wird immer ernster, so dass sich ihre Unterstützung gebieterisch aufdrängt. Das Hochkommissariat der Vereinigten Nationen und das Zwischenstaatliche Komitee für europäische Auswanderung, die einen gemeinsamen Delegierten in Hongkong unterhalten, haben in der Zeit vom 1. Januar bis 31. August 1953 und unter Mitwirkung von Hilfsorganisationen mehr als 3000 Personen angesiedelt; 4000 andere Flüchtlinge erhielten die Visumzusicherung, während 1200 nur auf Grund einer ihnen durch das Hochkommissariat verabfolgten Beihilf e'existieren können.

Der Hochkommissär erliess einen besonderen Aufruf zugunsten der kranken und betagten Flüchtlinge in China, die zur Kategorie «Härte-Fälle» gehören.

Die Gesamtzahl der bekannten Fälle beträgt ungefähr 700. Die Begierungen Belgiens, Dänemarks, Frankreichs, Israels, der Niederlande, Norwegens, Schwedens und der Schweiz sowie die Hilfswerke in diesen Ländern haben eingewilligt, eine gewisse Anzahl bei sich zu beherbergen.

Durch Beschluss vom 25. September 1953 hat sich der Bundesrat bereit erklärt, bis 50 dieser «Härte-Fälle» endgültig aufzunehmen. 60 Prozent ihrer Unterhaltskosten werden von der Eidgenossenschaft übernommen, während die restlichen 40 Prozent zulasten der schweizerischen Hilfswerke (Caritas, Evangelisches Hilfswerk, Arbeiterhilfswerk, Verband schweizerischer Komiteen für die jüdischen Flüchtlingshilfen) gehen, die sich dieser Aktion angeschlossen haben. Die erste Gruppe wird demnächst in der Schweiz eintreffen.

Auf dringendes Ersuchen des Hochkommissariats hat der Bundesrat ausserdem am 18. Dezember beschlossen, dem Hilfsfonds der Vereinigten Nationen für Flüchtlinge den Betrag von 50 000 Franken noch im Jahre 1953 auszurichten ; diese Summe wird dem Eestbetrag der 7 Millionen entnommen, die Sie uns für die Jahre 1952 und 1953 zur Verfügung stellten.

Wenn auch die Verwaltungsausgaben des Hochkommissariats, die sich durchschnittlich auf 700 000 Dollars im Jahr belaufen, vollständig durch die Organisation der Vereinigten Nationen gedeckt werden, so werden dagegen die für Hilfsaktionen benötigten Mittel am Ende des Jahres 1953 erschöpft sein.

Der Hochkommissär hat deshalb die Mitglied- und Nichtmitgliedstaaten der UNO erneut eingeladen, Beiträge an den Hilfsfonds für Flüchtlinge
zu leisten.

Dieser Appell bildete Gegenstand eines an den Vorsteher des Politischen Departements am 16. September 1953 gerichteten Schreibens dés Hochkommissars.

Er wurde seither in Form von mündlichen oder schriftlichen Mitteilungen wiederholt. Die Schweiz kann unseres Erachtens an diesen Anstrengungen, von denen das Schicksal zahlreicher Flüchtlinge abhängt, nicht unbeteiligt bleiben.

Eine Beitragsleistung unserseits drängt sich daher im Jahre 1954 auf.

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m. Hilfe an Korea Die Organisation der Vereinigten Nationen hat zwei Hilfsprogramme für Korea ausgearbeitet. Das erste dieser Programme, das sogenannte Sofortprogramm, wurde vom Sicherheitsrat am 27. Juni 1950 aufgestellt. Es bezweckt besonders eine Hilfe an die notleidende Bevölkerung und die Flüchtlinge durch die Abgabe von Lebensmitteln, Kleidern und Medikamenten. Die Durchführung ist durch Beiträge der Regierungen von Mitgliedstaaten und Nichtmitgliedstaaten der UNO, von nicht-staatlichen Organisationen charitative Charakters und von internationalen SpezialOrganisationen sichergestellt. Die Schweiz hat sich daran nicht beteiligt. Bis zum 30. September 1953 erreichten die Zuwendungen an das Soforthilfsprogram folgende Beträge: Dollars

a.

b.

c.

d.

Mitgliedstaaten und Nichtmitgliedstaaten der UNO. . . . 414360369 nicht-staatliche Organisationen charitativen Charakters . . 26 115 219 Internationale Spezialinstitutionen 3 136 683 Liga der Rotkreuzgesellschaften und das Internationale Komitee vom Boten Kreuz 945 690 Total 444 557 961

Das andere Programm, das auf mehrere Jahre verteilt ist, beruht auf einer Entschliessung der Generalversammlung der Vereinigten Nationen vom 1. Dezember 1950 und bezweckt den Wiederaufbau von Korea; die Agentur der Vereinigten Nationen für den Wiederaufbau Koreas (UNKEA) ist mit dessen Durchführung beauftragt. Dieses Programm ist bis anhin von den Mitgliedstaaten und Nichtmitgliedstaaten der Vereinigten Nationen finanziert worden. Die Schweiz hat sich daran mit einer Spende in Form von Medikamenten im Werte von 100 000 Franken beteiligt. Die Spezialinstitutionen leisteten keinerlei Hilfe weder in Geld- noch in natura; dagegen arbeiten sie mit der UNKEA im Sinne der Erteilung von Eatschlägen und Empfehlungen zusammen.

Bis zum 30. September 1953 haben folgende Staaten an dieses Programm beigetragen : in A u s s i c h t g e - ' i n n Geld- oder Sachwerten stente Beitrage geleistete Beitrage in $ in S

Mitgliedstaaten der UNO Mitgliedstaaten üer UNO

Ägypten Äthiopien Argentinien Australien Belgien Burma Canada Chile Übertrag

28716 40000 500000 4002710 200000 49934 6904762 250 000 11976122

-- 40000 500000 1330733 100000 49934 6904762 -- 8 925 429

56 in Aussicht gestellte Beitrage in $

Mitgliedstaaten der UNO

Übertrag Dänemark Dominikanische Bepublik . . . .

Grossbritannien Honduras Indonesien ·. .

Israel Libanon Liberia Luxemburg Neuseeland Niederlande. . . '.

Nordamerika Norwegen Panama Paraguay Salvador Saudiarabien Schweden Syrien Venezuela Total

11 976 122 860000 10 000 28000000 2500 100 000 33 600 50000 15000 30000 557900 263158 162500000 829000 3000 10000 500 20000 966518 11408 70000 206 308 706

in Geld- oder Sachweiten geleiste Beiträge in 9

8 925 429 289555 -- 8540000 2500 100 000 33 600 50000 15000 30000 65890 263158 50750000 38377 -- 10000 500 20000 322237 -- 70000 69 526 246

Nichtmitgliedstaaten d e r U N O O i n Aussicht g e - s i n l G e l d - S a c h w e r t e n in 9 in t

Italien Monaco Österreich Schweiz Vietnam Total Gesamtbetrag

1093 333 286 162936 23256 10000 l 289 811 207 598 517

1093 333 286 162936 23256 10000 l 289 811 70 816 057

Die UNKRA hat wiederholt die Aufforderung an uns gerichtet, die Schweiz möge an ihr Programm beitragen. Wie wir bereits erwähnten, haben wir darauf bis jetzt nur in symbolischer Weise mit einer Spende in Form von Medikamenten im Werte von 100 000 Franken geantwortet, die vom Bundesrat am 23. Dezember 1952 beschlossen wurde. Da keine Möglichkeit bestand, der Bevölkerung von Nordkorea zu helfen, waren wir der Meinung, dass die Schweiz so lange nicht in grösserem Ausmass an das Programm der UNKEA beitragen könne,

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als der Krieg in Korea nicht beendet sei; man hätte ihr sonst vorwerfen können, eine der kriegführenden Parteien indirekt zu unterstützen. Dieser Standpunkt wurde übrigens von der UNKEA verstanden.

' Nachdem nun die Feindseligkeiten beendet sind, stellt sich das Problem für uns in einem andern Lichte. Kürzlich gelangte die UNKRA erneut an uns; der Umstand, dass es nach wie vor nicht möglich ist, unsere Hilfeleistungen auf die Bevölkerung von Nordkorea auszudehnen, der wir, sobald die Verhältnisse es zulassen, ebenfalls helfen möchten, sollte uns - wie uns scheint nicht, davon abhalten, der Bevölkerung von Südkorea die von ihr dringend benötigte Hilfe zu gewähren. Die Lebensbedingungen dieses Landes sind die denkbar schlimmsten, und keine Worte vermögen die dort herrschende Not und die Leiden zu beschreiben. Wir haben deshalb die Absicht, demnächst einen Beitrag von 500 000 Franken an das Programm der UNKEA zu leisten, die dem Betrag für die internationale Hilfstätigkeit von 1952/53 entnommen wüiden. Er wäre von der UNKRA für den Ankauf von Material aus der Schweiz zu verwenden.

Die erwähnten Beträge von 100 000 und 500 000 Franken sind offensichtlich nicht ausreichend, wenn man sich die gegenwärtige Not in Korea und die von andern Ländern bereits vollbrachten Hilfeleistungen vor Augen hält. Wir sind deshalb der Auffassung, dass es der Schweiz wohl ansteht, in den Jahren 1954 und 1955 eine besondere Anstrengung zu unternehmen. Man würde nicht verstehen, wenn sie sich von diesem Werke fernhielte oder sich nur in zu geringem Umfang daran beteiligen würde. Der Bundesrat wird die Form bestimmen, in der sich diese Hilfe vollziehen soll.

Die Durchführung des von der UNKEA aufgestellten umfassenden Programms erstreckt sich auf mehrere Jahre. Es berührt die zahlreichen Probleme, die sich in einem vom Krieg derart verwüsteten Land wie Korea stellen. Auf landwirtschaftlichem Gebiet will .die UNKEA u. a. Bewässerungsarbeiten, die Einfuhr grosser Mengen von Getreide, Kunstdünger und Geräten, sowie die Impfung von Haustieren erleichtern. Ferner wird die UNKEA ihre Aufmerksamkeit der Wiederherstellung von Verbindungswegen und der Transportmittel sowie der im Krieg zerstörten oder beschädigten Häfen zuwenden. Auch die Industrie wird aus der Tätigkeit der UNKEA, die sich die Errichtung mehrerer Elektrizitätswerke
zum Ziele gesetzt hat, Nutzen ziehen. Die Wiederaufbauagentur ist ferner bestrebt, die Fischerei, den Bergbau und die Ausbeute ·von Torf zu fördern und wird das dafür benötigte technische Personal ausbilden.

Das in diesem Land der Euinen so wichtige Problem der Beschaffung von Baumaterial beschäftigt die UNKEA ebenfalls lebhaft. : Die Organisation hilft ferner beim Wiederaufbau der Schulen und der andern Lehranstalten sowie der infolge der Feindseligkeiten grösstenteils zerstörten Spitäler. Sie sieht auch vor, die Grundsätze der Hygiene einzuführen, die in diesem Land sehr zu wünschen übrig lässt. Schliesslich bemüht sie sich, Bevölkerungsgruppen, die unter den traurigsten Verhältnissen leben müssen, direkt zu helfen; unter diesen befinden sich 125 000 Waisenkinder oder verlassene Kinder, 70 000 Taube und

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Stumme, eine unbekannte, jedoch bedeutende Anzahl vonKriegsverstümmelten, etwa 15 000 erwachsene Vagabunden und schliesslich an die 300 000 Witwen mit Kindern ohne Existenzmittel.

Das Budget des Finanzjahres 1952/53 sieht Ausgaben im Betrage von 70 Millionen Dollars vor. Tatsächlich beliefen sich die Ausgaben am 30. Juni 1953 auf etwas1 weniger als 52 Millionen. ' Die Verwaltungskosten betrugen l 612 292 Dollars, d. h. 3 Prozent des Gesamtbetrages. Für das Finanzjahr 1953/54 ist das Budget mit 130 Millionen Dollars ausgewiesen, wovon 2 Millionen für Verwaltungskosten.

Die Aufgabe der UNKE A ist somit riesengross. Es liesse sich deshalb nur schwer vertreten, wenn sich die Schweiz in den zwei kommenden Jahren nicht daran beteiligte. Wir können die dafür notwendigen Beträge noch nicht festsetzen, da sie von der Entwicklung der Verhältnisse abhängig sind. Anderseits möchten wir, sofern die Möglichkeit einer Hilfeleistung an Nordkorea bestünde, ebenfalls zu dessen Gunsten etwas unternehmen. Es wäre deshalb verfrüht, schon jetzt Zahlen festzusetzen. Immerhin weisen wir darauf hin, dass das norwegische Parlament im Hinblick auf das Geschäftsjahr 1953/54 einen Betrag von 8,5 Millionen Kronen für den Unterhalt des Spitals bewilligte, das in Korea errichtet wurde; ferner bewilligte das schwedische Parlament seinerseits einen Beitrag von 5 Millionen Kronen für den Wiederaufbau von Korea.

IV. Schweizerische Hilfswerke

Die Schweiz beteiligt sich an den internationalen Hilfswerken im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Sie würde den von ihr stets verkündeten Grundsätzen nicht treu bleiben, wenn sie abseits der auf internationaler Ebene unternommenen Bemühungen zur Erleichterung der Leiden der Menschheit stünde. Wenn andere Länder ihre Kräfte zu wohltätigen, Zwecken vereinen, hält sie es für ihre Pflicht, sich daran zu beteiligen. Wir sind indessen der Meinung, dass die Eidgenossenschaft unabhängig von dieser Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen auch den Hilfswerken unseres Landes gewisse Beiträge verabfolgen sollte, um ihnen damit die Möglichkeit zu verschaffen, sich im Ausland in grösserem Eahmen zu betätigen, als sie dies lediglich mit ihren eigenen Mitteln vermöchten. Aus der Tätigkeit der schweizerischen Hilfswerke ergibt sich keine Doppelspurigkeit zu derjenigen internationaler Organisationen; sie ergänzt diese vielfach und hat den Vorteil, dass sie unmittelbarer ist. Zahlreiche Äusserungen haben erwiesen, wie sehr sie geschätzt wird.

Während der Periode 1952/53 wurde ein Betrag von 2 807 000 Franken von den 7 Millionen Franken, die Sie zur Fortführung der internationalen Hilfstätigkeit bewilligten, den schweizerischen Hilfswerken zur Verfügung gestellt.

Die Schweizer Europahilfe erhielt 2 507 000 Franken und das Schweizerische Bote Kreuz 300 000 Franken.

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Der an : die> Schweizer Europahilfe überwiesene Betrag ist wie folgt worden: .

' Hilfe an Flüchtlinge in Westdeutschland Hilfe an-Flüchtlinge aus Ost-Berlin Hilfe an Flüchtlinge in Österreich Hilfe an Griechenland.

.

Hilfe an Jugoslawien Hilfe an Italien.

Hilfe an Flüchtlinge von Triest Beitrag an die Kosten für die Gründung einer Flüchtlingskolonie in Brasilien Beitrag an die Verwaltungskosten der Schweizer Europahilfe . . .

, -,

:

verteilt Fr.

300000 200000 300 000 174000 200 000 165000 330000 700 000 138 000

Total 2507000

Die an das Schweizerische Bote Kreuz ausbezahlten 300 000 Franken sind für die Beherbergung ausländischer prätuberkulöser Kinder in der Schweiz und die Abgabe von Betten für Kinder in Deutschland und Österreich verwendet worden..

Diese Beiträge werden durch die Beträge aus der von der Schweizer Europahilfe jährlich durchgeführten Sammlung ergänzt, deren Nettoergebnis im Jahre 1952 807 244,60 Franken und 1953 821 603,54 Franken erreicht hat.

Das Programm der Schweizer Europahilfe für 1954 ist von ihr im Einvernehmen mit dem Politischen Departement aufgestellt worden, das seinerseits die Vertretungen im Ausland und andere Bundesbehörden befragt hat.

Es umfasst die folgenden Aktionen, von' denen einige wahrscheinlich im Jahre 1955 fortgesetzt werden: a. Mitteleuropäische Flüchtlinge in Österreich Seit 1950 hat die Schweizer Europahilfe bei der Eingliederung der Flüchtlinge in das österreichische Wirtschaftsleben mitgewirkt. Im Laufe des vergangenen Jahres erleichterte sie die Erstellung von sechs Jugendheimen und von sechs Fonds zur Errichtung von zehn Kolonien mit 470 Flüchtlingsfamilien.

Ferner verschaffte die Schweizer Europahilfe 400 Familien die Möglichkeit, eine Wohnung einzurichten oder sich .eine Existenz zu schaffen.

Die Fortsetzung dieses Werkes ist notwendig, besonders im Jahre 1954.

Dagegen könnte die Hilfe im Jahre 1955 etwas eingeschränkt werden, sofern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Österreich weiter bessern.

6. Flüchtlinge aus Ost-Berlin Von 1949 bis 1952 strömten 318 522 Flüchtlinge in Westberlin ein. Im ersten Halbjahr 1953 kamen weitere 217 638 Personen hinzu. Die Bewegung nimmt ihren Fortgang und nähert sich noch nicht ihrem Ende. In der Zeit vom Januar 1952 bis Ende Juli 1953 wurden 259463 Flüchtlinge auf dem Luftweg nach

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Westdeutschland befördert. Dieser grosse Auszug stellt insbesondere die folgenden zwei Probleme: Beschaffung von Arbeitsmöglichkeiten und Errichtung von Wohnungen. Die Schweizer Europahilfe trägt durch ihre Tätigkeit zur Lösung dieser Aufgaben bei.

Die erwähnte Organisation hat eine Aktion zur Erstellung von Heimen und Werkstätten für die Jugend unternommen, die fortgesetzt werden sollte.

c. Flüchtlinge aus Zentraleuropa in Westdeutschland Wir wollen auf Einzelheiten des Problems der Flüchtlinge aus Mitteleuropa, die in unserer Botschaft vom 16. November 1951 aufgeführt sind, nicht zurückkommen.

Von den 10 Millionen Flüchtlingen, die sich in Westdeutschland aufhielten, hat der überwiegende Teil eine .Anstellung gefunden und bedarf deshalb keiner weitern Hilfe. Die deutschen Behörden haben ihrerseits nachhaltige Massnahmengetroffen, um den Flüchtlingen zu helfen. Trotzdem besteht noch viel Not, an deren Behebung viele Hilfswerke mitwirken. Unter den am meisten betroffenen Flüchtlingen sind solche nicht-deutscher Zunge. Ihre Unterbringung in geeigneten Wohnungen an Orten, die Arbeitsmöglichkeiten bieten, würde deren Piückkehr in ein normales Leben erleichtern.

Die Schweizer Europahilfe ist, ohne zwischen den verschiedenen Flüchtlingskategorien Unterschiede zu machen, bestrebt, die Berufsausbildung von Jugendlichen zu fördern und ihre Eingliederung in das deutsche Wirtschaftsleben zu erleichtern. Wir sind der Meinung, dass diese Aktion im Jahre 1954 fortgesetzt werden sollte; hingegen hoffen wir, sie sei, sofern die Gesundung der deutschen Wirtschaft weiter anhält, 1955 nicht mehr erforderlich.

d. Italien Die Schweizer Europahilfe möchte den Flüchtlingen des Lagers in Pagani bei Neapel helfen. Dort befinden sich etwa 250 ausländische Flüchtlinge oder solche, die aus der Venezia-Giulia stammen. Es handelt sich um Invalide, Tuberkulöse und Posttuberkulöse sowie mit Geisteskrankheiten behaftete Personen oder solche von mehr als 65 Jahren. Die Schweizer Europahilfe sieht folgende Aktionen vor: die berufliche Ausbildung von Kranken und Invaliden, die Errichtung eines Kindergartens, die Beherbergung in der Schweiz von 10 betagten Flüchtlingen der Kategorie «Härtefälle» sowie die Hilfe an gewisse Flüchtlinge zur Ermöglichung ihrer Eingliederung in das italienische Wirtschaftsleben.

e. · Triest Wie in
Abschnitt II bereits ausgeführt worden ist, beträgt der Bestand an Flüchtlingen in den vier Lagern unter der Aufsicht der alliierten Militärbehörden gegenwärtig etwa 4500 Flüchtlinge. Darunter befinden sich 1500 bis 2000 Personen, für die keine Hoffnung auf Auswanderung besteht. Ferner sind 200 bis 800 von der Tuberkulose befallen. Die Schweizer Europahilfe und die ihr angeschlossenen Hilfsorganisationen haben während den letzten Jahren zugunsten

61 der Flüchtlinge in Triest, besonders für solche der Kategorie «Härtefälle» ^Tuberkulöse und betagte Personen) Aktionen durchgeführt. Diese Aktionen sollten fortgesetzt werden.

Anderseits hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz soeben eine, Abrede mit der alliierten Militärregierung und. dem Zwischenstaatlichen Komitee für europäische Auswanderung getroffen, um einige Hunderfc Tuberkulöse in: schweizerischen Sanatorien beherbergen zu können. Der,Schweizerische Bundesrat hat die Einreise dieser Personen bewilligt.

: Wir sind der Auffassung, dass die Schweiz damit einen nennenswerten Beitrag zur Lösung des Flüchtlingsproblems in Triest geleistet hat.

/. Griechenland und Jugoslawien Diese beiden Länder leiden noch unter den Kriegsfolgen.

Die Not der Bergbevölkerung in Nordgriechenland und der Bevölkerung der Inseln ist gross. Ferner übt die Tuberkulose dort weiter ihre verheerende Wirkung aus. Im Jahre 1952 waren 120 000 Personen von ihr befallen. Es fehlt an der nötigen Anzahl von Spitälern, und auch die Kranken sind ohne Pflege.

Um den dringendsten Bedürfnissen der griechischen Bevölkerung abzuhelfen, beabsichtigen daher das Schweizerische Bote Kreuz und die CABITAS, verschiedene Programme sozialen Charakters durchzuführen. Die Errichtung eines Dispensatoriums oder eines Landspitals auf den Ionischen Inseln würde sehr geschätzt werden.

1 Die gleichen Probleme stellen sich in Jugoslawien. Das Evangelische Hilfswerk hat die Absicht, am Bau eines Spitals und eines Dispensatoriums für Kinder in Montenegro mitzuwirken; das Arbeiterhilfswerk möchte dagegen Kurse für die berufliche Ausbildung durchführen, sei es in der Schweiz oder in Jugoslawien.

Kinderhüfe und die Bekämpfung der Tuberkulose Diese beiden Aktionen gehören in den Tätigkeitsbereich des Schweizerischen Boten Kreuzes. Im Jahre 1950 wurden 3841 Kinder in Familien unseres Landes beherbergt, im Jahre 1951 waren es 3412 Kinder, im Jahre 1952 noch 3240 und 1958 insgesamt 2619. Diese Kinder kamen vorwiegend aus Westdeutschland und Berlin, aber auch aus Österreich und Triest. Es ist erwiesen, dass ein Aufenthalt in unserm Land - auch von nur 3 Monaten - diesen Kindern neue physische und moralische Kräfte verleiht und ihnen hilft, der Zukunft besser die Stime zu bieten. Das Bote Kreuz hat diese Aktion dahin ergänzt, dass es Betten oder
Bettzeug an die bedürftigsten Kinder an Ort und Stelle verteilte.

Das Schweizerische Bote Kreuz nahm in seinen Sanatorien und Präventorien ebenfalls ausländische, von Tuberkulose befallene Kinder auf. Im Jahre 1952 genossen 300 tuberkulöse Kinder einen Kuraufenthalt von 4 Monaten in einer Anstalt unseres Landes. Die Aktion wurde 1953 fortgesetzt. Die beherbergten Kinder im mittleren Alter von 5-12 Jahren kamen aus Deutschland, Grossbritannien, Italien, Jugoslawien und Triest.

62 Dank des von der Eidgenossenschaft dem Schweizerischen Boten Kreuz für die Periode 1952/53 zur Verfügung gestellten Betrages von .800 000 Franken war es dieser Organisation möglich, 830 Kinderbetten zu beschaffen, die Finanzierung eines Kuraufenthaltes von 100 Kindern im Präventorium und den Aufenthalt von 1000 Flüchtlingskindern in schweizerischen Familien zu gewährleisten. Somit sind fast 2000 Kinder in den Genuss einer wirksamen Hilfe gelangt. Das Schweizerische Bote Kreuz hat die Absicht, dieses so wichtige Werk fortzusetzen. Mit dem für 1954/55 bei der Eidgenossenschaft nachgesuchten Beitrag will es einerseits die Kur von 100 bis 150 prätuberkulösen Kindern in der Schweiz finanzieren, von denen eine gewisse Anzahl aus Jugoslawien und Triest kommen würden, und anderseits 1300 bis 1500 Betten verteilen, insbesondere an Flüchtlingskinder in Deutschland und Österreich.

V. Schlussîolgerungen Wir sind der Auffassung, dass die Fortsetzung der internationalen Hilfstätigkeit in den Jahren 1954 und 1955 unerlässlich ist.

Mit Bundesbeschluss vom 18. Dezember 1951 haben Sie einen Globalbetrag von 7 Millionen Franken zu unserer Verfügung gestellt. Wir beantragen Ihnen, den gleichen Betrag für die Jahre 1954 und 1955 zu bewilligen. Die 1951 angeführten Gründe bleiben die gleichen. Es fällt uns jedoch schwer, schon jetzt genaue Zahlen für jede der geplanten Aktionen festzulegen. Ausserdem sollte das von uns skizzierte Programm jeweils den Umständen angepasst werden können. Es ist somit nicht endgültig und dient lediglich zur Orientierung.

Schliesslich sollte der Bundesrat mit einer sofort verfügbaren Beserve rechnen können für die Fälle von Katastrophen, wie sie im Laui'e der drei letzten Jahre über Norditalien, die Küsten der Niederlande, Grossbritanniens und Belgiens sowie gewisse griechische Inseln hereingebrochen sind.

Der zu bewilligende Betrag wird wie bisher sehr vorsichtig und nur dann verwendet werden, wenn wir die Überzeugung gewonnen haben, dass eine Aktion sich aufdrängt.

Gestützt auf die vorausgehenden Erwägungen beantragen wir Ihnen, den beiliegenden Bundesbeschluss zu genehmigen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 15. Januar 1954.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: · Rubattel Der Bundeskanzler: Ch. Oser

63 (Entwurf)

.

'

Bundesbeschluss über

die Weiterführung der internationalen Hilfstätigkeit

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 15. Januar 1954, beschliesst :

Art. l Für die Weiterführung der internationalen Hilfstätigkeit während der Jahre 1954 und 1955 wird dem Bundesrat ein Betrag von 7 Millionen Pranken zur Verfügung gestellt.

Der jährliche Kreditbedarf ist in den Voranschlag einzustellen.

Art. 2 Im Eahmen des bewilligten Gesamtaufwandes können Beiträge an internationale Hilfsorganisationen oder schweizerische, im Ausland tätige Hilfswerke ausgerichtet werden. Der Bundesrat bestimmt das Ausmass der einzelnen Beiträge und setzt die näheren Bedingungen fest.

Art. 3 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft.

1465

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Weiterführung der Internationalen Hilfswerke (Vom 15. Januar 1954)

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Bundesblatt

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Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1954

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

03

Cahier Numero Geschäftsnummer

6548

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.01.1954

Date Data Seite

47-63

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10 038 523

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