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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Finanzordnung 1955 bis 1958 (Vom 12. Februar 1954)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundes beschlusses über die Finanzordnung 1955 bis 1958 zu unterbreiten.

I. Der Zweck der Vorlage Volk und Stände haben am 6. Dezember 1953 den Bundesbeschluss vom 25. September 1953 über die verfassungsmässige Neuordnung des Bundesfinanzhaushalts verworfen. Das bedeutet, dass der Bund weiterhin der dauerhaften Sicherung genügender finanzieller Mittel entbehrt und dass ihm auf Ende 1954 der Verlust eines grossen Teiles seiner gesamten Einnahmen, nämlich der Steuern der Finanzordnung 1951 bis 1954 droht, wenn es nicht gelingt, vorher für einen Ersatz zu sorgen.

Bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Finanzordnung 1951 bis 1954 (81. Dezember 1954) stehen rund 10 Monate zur Verfügung. Innert dieser Frist kann keine als .«endgültig» zu betrachtende Finanzordnung zustande gebracht werden. Welche Elemente eine solche Ordnung zu umfassen hätte, um Zustimmung zu finden, lässt sich aus der Abstimmung vom G.Dezember nicht erkennen. Die Kritik an der verworfenen Vorlage hat bis dahin keine Vorschläge zutage gefördert, von denen angenommen werden könnte, dass sich eine Mehrheit zu ihnen bekennen würde. Die Lage wird sich erst dann klären, wenn die Auseinandersetzung über die möglichen Lösungen, getragen von der Einsicht in die Notwendigkeit einer Verständigung, auf breiter Front in Gang gekommen' sein wird. Das wird noch viel Zeit benötigen.

Unter diesen Umständen drängt sich dieBereitstellung einer neuen Interimsordnung auf den Zeitpunkt des Ausserkrafttretens der Finanzordnung 1951 bis

351 1954 auf. Es ist klar, dass eine neue Übergangsordnung die zielbewusste Fort-, Setzung der Bemühungen um die Errichtung einer dauerhaften Grundlage des Bundesfinanzhaushalts, die eine nachhaltig weiter zu verfolgende staatspoliti-1 sehe Aufgabe erster Ordnung bleibt, nicht beeinträchtigen darf. Sie ist im Gegenteil dazu bestimmt, der Verfolgung dieses Zieles zu dienen und dem Bund auch während der Zeit, die die Lösung der Hauptaufgabe erfordert, die Mittel zu sichern, deren er zur Erfüllung seiner Verpflichtungen bedarf. "Würden Ende 1954 die Einnahmequellen der Finanzordnung 1951 bis 1954 mit einer Ergiebigkeit von jährlich 900 Millionen Franken versiegen und die in der gleichen Ordnung vorgesehenen Einsparungen von jährlich rund 25 Millionen Franken wegfallen, so müsste der Bundeshaushalt vollständig, aus dem Gleichgewicht geraten.

Niemand wird sich deshalb der Erkenntnis verschliessen, dass die Kontinuität der Haushaltsführung unbekümmert um den Verlauf der weiteren Beratungen über eine dauerhafte Neuordnung zu sichern ist, und dass Überbrückungsmassnahmen geboten sind, um den dem Bund mit dem Ablauf der Geltungsdauer der Finanzordnung 1951 bis 1954 drohenden Verlust unentbehrlicher Subsistenzmittel abzuwenden.

II. Die Ausgaben und Einnahmen des Bundes in den Jahren 1951 bis 1954 Nach der Darstellung, die anlässlich der Beratungen des Voranschlages 1954 von der Bundesversammlung gutgeheissen worden ist, haben sich die effektiven Ausgaben Und Einnahmen des Bundes unter der Herrschaft der Finanzordnung 1951 bis 1954 bis jetzt wie folgt entwickelt:

Bechmmg Bechnung , Voranschlag Voranschlag Durchschnitt .

1951 1952 1953 1954

.

Effektive Ausgaben

Effektive Einnahmen in Millionen Franken

Überschuss

1626 1986 1720 1765

1597 1785 1579 1790

-- 29 --201 --141 + 25

1774

1688

-- 86

Die Ergebnisse dieser vier Jahre werden durch die Ausgaben für das Büstungsprogramm wesentlich beeinflusst. Diese machen für die Jahre 1951 bis 1954 im Durchschnitt voraussichtlich 253 Millionen aus. In den Jahren 1955 bis 1958 ist zur Beendigung des Eüstungsprogramms noch mit durchschnittlich 158 Millionen zu rechnen, d. h. mit rund 100 Millionen weniger als im Durchschnitt der vorausgegangenen vier Jahre. Wird diese Minderausgabe nicht durch Erhö- · hung der laufenden Landesverteidigungskosten oder durch andere zusätzliche Aufwendungen illusorisch gemacht, so darf erwartet werden, dass sich die Finanzlage des Bundes in den nächsten Jahren nicht verschlechtern wird.

Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Hochkonjunktur weiter anhält. Sollte sie auch nur in bescheidenem Masse abflauen, so werden

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namentlich die Umsatzsteuer- und die Zollerträgnisse stark zurückgehen und die Anforderungen an den Bund gleichzeitig sofort steigen. Deshalb betrachten wir es als eine Notwendigkeit, dass dem Bunde für die kommenden Jahre der Übergangsordnung seine bisherigen Finanzquellen ungeschmälert erhalten bleiben.

Nur so .wird es in "Verbindung mit weiteren Sparmassnahmen während der Übergangszeit möglich sein, für die dauernde Finanzordnung eine günstige Ausgangsbasis zu schaffen.

m. Die Gestaltung der neuen Übergangsordnung 1. Beibehaltung des geltenden Rechts

Aus Abschnitt II ergibt sich, dass die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts im Bundeshaushalt für die nächsten Jahre die Sicherung eines Steueraufkommens erfordert, das dem unter der Herrschaft der Finanzordnung 1951 bis 1954 erzielten entspricht.

Wenn die neue Interimsordnung dem Bunde rechtzeitig diese Mittel sichern soll, so kann sie nicht auf eine Umgestaltung des heutigen Steuersystems abzielen. Sie wird die Elemente der Finanzordnung 1951 bis 1954 unverändert übernehmen müssen, weil eine andere Lösung innert nützlicher Frist nicht möglich ist. Es ist heute so wenig wie nach der Verwerfung der Finanzreformvorlage von 1950 daran zu denken, für das neue Provisorium bereits fliessende Einnahmequellen aufzugeben und an ihrer Stelle neue zu erschhessen. Ebensowenig empfiehlt sich die Preisgabe derjenigen Bestimmungen der Finanzordnung 1951 bis 1954,- die die Grundlage besonderer Sparmassnahmen bilden (Art. 1), der Bundesversammlung eine beschränkte Kompetenz zur Abänderung von Steuererlassen verleihen (Art. 5), zur Erhebung von Betorsionssteuern ermächtigen (Art. 6), den Kantonen eine Beteiligung am Eeinertrag der Treibstoffzölle gewährleisten (Art. 7), die Ausgabenbeschlüsse erschweren (Art. 8) oder die Krisenvorsorge zum Gegenstande haben (Art. 9).

Für eine vorläufige Weiteranwendung des geltenden Hechts, insbesondere für die integrale Beibehaltung der gemäss der Finanzordnung 1951 bis 1954 erhobenen Steuern, lassen sich zudem folgende Gründe anführen.

Einmal ist festzustellen, dass die Mittel, die dem Bund derzeit zur Verfügung stehen, knapp bemessen sind. Ihre Kürzung hätte ernste Folgen. Sie müsste die rasche Deckung ausserordentlicher Aufwendungen in Frage stellen.

Sie liesse sich auch nicht verantworten angesichts der grossen Aufgaben, die dem Bund durch die Verfassung Überbunden und noch nicht ausgeführt sind, und sie widerspräche vollends der finanzpolitischen Grundregel, dass in Zeiten guter Konjunktur nach Möglichkeit die Erzielung von Eechnungsüberschüssen und die Tilgung von Schulden angestrebt werden soll.

Sodann ist eindringlich darauf hinzuweisen, dass jeder Einbruch in die geltende Ordnung weiteren Begehren rufen, die Gegensätze verschärfen und die geltende Ordnung aus dem Gefüge bringen würde. Über die Eignung .neuer Fiskalmassnahmen bestehen tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten. Grund-

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legende Neuerungen erfordern Umstellungen, die in der privaten Wirtschaft und in den öffentlichen Finanzhaushalten zu schweren Störungen führen, wenn sie in einer von vornherein nur als vorübergehend gedachten Steuerordnung verwirklicht werden. Auf Milderung einzelner Steuern gerichtete Neuerungen müssten bei der angespannten Finanzlage unumgänglich zu einem Ausgleich des .zu erwartenden Einnahmeausf alls durch Erhöhung anderer Steuern führen ; die Entlastung auf der einen wäre durch Mehrbelastung auf der andern Seite wettzumachen. Damit würde der Streit der Meinungen über die Lastenverteilung auf breiter Front entfacht. Die Verteilung der Steuerlasten ist aber das zentrale Problem der Bundesfinanzreform, das in Buhe und ohne Überstürzung neuerdings von Grund auf zu erörtern sein wird. Es bedarf noch sorgsamer Erwägung und zeitraubender Bemühungen um den Ausgleich widerstreitender Auffassungen; seiner Lösung darf nicht durch eine kurzfristige und mit Beschleunigung zu behandelnde Übergangsordnung vorgegriffen werden.

Hierauf ist besonders Bedacht zu nehmen bei der Entscheidung der Frage der Beibehaltung und Gestaltung der Hauptsteuern der Finanzordnung 1951 bis 1954: der "Wehrsteuer, der Warenumsatzsteuer, der Luxussteuer, der Verrechnungssteuer und der Abzugssteuer auf Leistungen aus Lebensversicherung.

Diese während des zweiten Weltkrieges auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates eingeführten Steuern sind zu Hauptträgern des Bundeshaushaltes geworden. Sie haben im Jahre 1953 für den Bund 793 Millionen Franken oder rund 40 Prozent der gesamten Bundeseinnahmen abgeworfen.

Sie werden deshalb auch das Kernstück der Überbrückungsmassnahmen bilden müssen, die den Bundeshaushalt bis zum Zustandekommen einer dauerhaften Finanzreform im Gleichgewicht halten sollen. Diese Steuern sind aufeinander abgestimmt und bilden zusammen ein System, dessen Störung zu schwierigen politischen Auseinandersetzungen führen würde und schön deshalb vermieden werden muss, weil es in der zu Gebote stehenden Zeit nicht möglich wäre, die mit dem Wegfall einzelner Teile entstehenden Lücken durch Erschliessung neuer Quellen von annähernd gleicher Ergiebigkeit auszufüllen. Der Verzicht auf einzelne Steuern oder deren Schmälerung käme zudem einer fatalen Präjudizierung der definitiven Finanzreform gleich,
währenddem die vorläufige Beibehaltung aller dieser Steuern eine solche vorgreifende Wirkung nicht haben kann. Gerade weil z. B. die Überführung der Wehrsteuer und der Warenumsatzsteuer in dauerndes Bundesrecht kontrovers ist und eine ausgleichende Lösung, der die Mehrheit zugestimmt hätte, bisher nicht gefunden werden konnte, besteht eine besondere Veranlassung, die heute geltende Ordnung einstweilen gesamthaft beizubehalten und die Entscheidung darüber, welche der bisher erhobenen Steuern Gegenstand der auf die Dauer berechneten Fiskalordnung bilden sollen, weiterhin offenzuhalten.

; Schliesslioh hat man sich der Erfahrungstatsache zu erinnern, dass der Bürger gegen Improvisationen auf dem Gebiete der Steuern Misstrauen hegt und sich lieber mit den eingelebten Abgaben abfindet, wenn es gilt, für eine wohldurchdachte Steuerreform Zeit zu gewinnen.

354 i Der mit dieser Botschaft vorgelegte Beschlussesentwurf sieht deshalb keine Änderungen am geltenden Eecht vor. Er verzichtet insbesondere auf die Neue-, lungen, die in dem am 6. Dezember 1953 abgelehnten Bundesbeschluss vom 25. September 1953 bei der Wehrsteuer vorgesehen waren. Da die umstrittene Erhöhung der Maxima der Steuern vom Einkommen und die Herabsetzung der Ertragsanteile der Kantone für die neue Übergangsperiode derzeit nicht in Frage kommen, bleibt auf der andern Seite auch für die Preisgabe der Ergänzungssteuer vom Vermögen der natürlichen Personen kein Baum.

Auch eine Modifikation der Luxussteuerordnung ist in diesem Zusammenhang nicht in Betracht zu ziehen. Der Einbau der Luxussteuer in die Warenumsatzsteuer und die Bef orni der Tarife ist der auf die Dauer berechneten Steuergesetzgebung vorzubehalten.

Ebensowenig kann der von den eidgenössischen Eäten erheblich erklärten Motion, mit der die ständerätliche Kommission für die Neuordnung des Bundesfinanzhaushaltes Massnahmen fiskalischer Natur «zur Verwirklichung gleichmassiger steuerlicher Belastung der Erwerbsunternehmungen ohne Bücksicht auf die Bechtsform» angeregt hat, im Bahmen der Übergangsordnung Folge gegeben werden. Die Verfolgung der Ziele der Motion erheischt die Klärung von Fragen von grosser Tragweite, deren gründliche Prüfung unverzüglich an die Hand genommen wird.

Der Verzicht auf materielle Änderungen des geltenden Steuerrechts darf um so entschiedener befürwortet werden, als durch die Finanzordnung 1951 bis* 1954 und durch den ihrer Ausführung dienenden Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1950 im Bereiche der Steuern, bei denen sich ein gewisses Bevisionsbedürfnis geltend machte, eine systematische Bereinigung im Sinne der Behebung von Härten, der Ausgleichung von Unebenheiten und der Bationalisierung der Besteuerung bereits durchgeführt wurde.

Soweit sich ein Bedürfnis geltend machen wird, an den Steuererlassen, deren Geltungsdauer neuerdings erstreckt werden soll, weitere Korrekturen im Sinne der Milderung, der Behebung von Belastungsungleichheiten oder der Vereinfachung der Steuererhebung vorzunehmen, wird ihm übrigens auf Grund von Artikel 5 der Finanzordnung 1951 bis 1954 auch in Zukunft genügt werden können. Durch diesen Artikel 5 wird die Bundesversammlung ermächtigt, die in den Artikeln l und 2 bezeichneten
Beschlüsse in alleiniger Kompetenz abzuändern. Ihre Zuständigkeit ist indessen auf solche Änderungen beschränkt, die nicht eine Vermehrung des Steuerertrages zum Zwecke haben. Die Bundesversammlung soll zwar befugt sein, Massnahmen, die beispielsweise zur Herbeiführung der Belastungsgleichheit oder zur Vereinfachung der Steuererhebung geboten sind, auch dann anzuordnen, wenn sie im Einzelfall nicht zu einer Milderung, sondern zu einer Mehrbelastung führen; ausgeschlossen sind aber Beschlüsse, die ganz allgemein auf eine Einnahmevermehrung durch Auferlegung neuer oder höherer Steuern abzielen oder eine Mehrbelastung einzelner Steuerpflichtiger durch das Mittel der Tariferhöhung bezwecken.

355

: Unter diesen Umständen kann sich der Beschluss über' die neue Interimsordnung auf die Erstreckung der Geltungsdauer der Finanzordnung 1951 bis 195:4 beschränken.

i 2. Die Geltungsdauer Die Weiteranwendung der Finanzordnung 1951 bis 1954 soll die Aufrechterhaltung des Bundeshaushaltes bis zur Verwirklichung der Finanzreform gewährleisten. Binnen welcher Frist die als abschliessend gedachte neue Ordnung in der Verfassung,niedergelegt werden kann, lä&st sich nicht voraussagen. Nichts bürgt dafür, dass der Gesetzgeber:die Schwierigkeiten, deren er in zwei Anläufen nicht Herr geworden ist, rasch meistern werde. Die Volksabstimmung vom 6. Dezember 1953 hat der Finanzpolitik des Bundes keine bestimmte neue Bichtung gegeben. Ein Gegenprojekt zu der am 6-Dezember 1953 abgelehnten Vorlage, für das eine Mehrheit erkennbar eintreten würde, besteht nicht. Die Angleichung der Anschauungen, die eine erfolgverheissende Dauerordnung erlaubt, wird viel Zeit benötigen. Sodann spricht die Eücksicht auf die Periodizität der Wehrsteuer für eine Prolongation um eine durch zwei teilbare Zahl von Jahren.

Aus diesen Erwägungen schlagen wir vor, die Geltungsdauer der Finanzordnung 1951 bis 1954 um vier Jahre, d.h. bis zum 31.Dezember 1958, zu erstrecken. Innert,dieser Frist dürften sich die Auswirkungen der Sparbestrebungen erkennen und auch die Mehrbelastungen durch die Rüstung sowie die voraussichtlichen Folgen der Zolltarif revision sicherer beurteilen lassen.

i ·

3. Die

Reclitsetzungsform

Über die vorgeschlagene Verlängerung der Geltungsdauer der Finanzordnung 1951 bis 1954 ist durch einen die Verfassung ergänzenden Bundesbeschluss zu legiferieren. Da dieser Beschluss befristet werden soll, könnte er nach Artikel 89bls, Absatz l, der Verfassung bei gegebener zeitlicher Dringlichkeit durch Beschluss der Mehrheit aller Mitglieder der beiden Eäte ohne vorgängige Volksabstimmung in Kraft gesetzt werden; er würde aber nach Absatz 3 der erwähnten Verfassungsbestimmung wieder dahinfallen, wenn er nicht innert Jahresfrist nach seiher Annahme durch die Bundesversammlung die Zustimmung von Volk und Ständen erhielte. Dies lässt es angezeigt erscheinen, dem Notstand der zeitlichen Dringlichkeit nach Möglichkeit vorzubeugen und der .Finanzordnung 1951 bis 1954 durch einen Bundesbeschluss weitere Geltung zu verschaffen, der erst nach seiner Annahme durch Volk und Stände in Kraft zu setzen wäre. , Ein solcher ordentlicher verfassungsändernder Bundesbeschluss dürfte sich innert der heute noch zur Verfügung stehenden Frist zustande bringen lassen.

Immerhin können vermeidbare Verzögerungen nicht in Kauf genommen werden.

IV. Die Bedeutung der Übergangsordnung Die Notwendigkeit der Abwendung unmittelbar drohenden Versiegens wichtiger Einnahmequellen und das Erfordernis der Zustimmung von Volk und

356 Ständen kennzeichnen die staatswirtschaftliche Tragweite und das besondere politische Gewicht der neuen Finanzvorlage.

Das Scheitern der Übergangsordnung brächte unser Land in eine schwierige Lage. Dem Bunde entgingen über 900 Millionen Franken Steuerertrag. Er wäre nicht mehr in der Lage, seine Verpflichtungen aus seinen Einnahmen zu erfüllen.

Durch Deckung auf dem Anleihenswege würden die heute anfallenden Lasten samt der zusätzlichen Zinsenbürde auf spätere Generationen verschoben. Das wäre nie weniger zu rechtfertigen als heute, da die Wirtschaft unseres Landes auf lange Jahre einer noch nie erlebten Prosperität zurückblicken kann. Eine dem drohenden Binnahmeausfall entsprechende Kürzung der Ausgaben liesse sich nur durch einschneidende Beschränkung der Bundesaufgaben erzielen.

Eine solche müsste sich aber auf die Sozial- und Wirtschaftspolitik und auf die Wehrbereitschaft verhängnisvoll auswirken. Dabei halten wir es für unsere selbstverständliche Pflicht, durch weitere Sparmassnahmen in der Übergangszeit dafür zu sorgen, dass die Ausgangslage für die zukünftige Dauerordnung auch von der Ausgabenseite her so günstig als möglich gestaltet wird.

Es ist nicht daran zu zweifeln, dass das Schweizervolk die Einsicht in die .

Notwendigkeit hat, dem Bunde auch während der Übergangszeit die Mittel zu sichern, deren er zur Erfüllung seiner Aufgaben bedarf. Schon zweimal, 1938 und 1950, hat es in gefahrvollen Zeiten Übergangsordnungen zugestimmt, nachdem die Bemühungen um eine dauerhafte Finanzordnung kurz zuvor gescheitert waren. Die heutige Zeit birgt nicht mindere Gefahren, wenn diese auch nicht mit gleicher Deutlichkeit zutage treten wie damals ; darüber dürfen Friede und Wohlstand, die innerhalb unserer Grenzen herrschen, nicht hinwegtäuschen.

Wie im Jahre 1950 sind auch heute Massnahmen für die Wahrung der militärischen und wirtschaftlichen Bereitschaft und für die Erzielung eines sparsamen Staatshaushaltes unentbehrlich. Die Erhaltung der Finanzkraft des Bundes bleibt eine staatspolitische Notwendigkeit.

Wir bitten Sie, den beiliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Finanzordnung 1955 bis 1958 zu genehmigen, und benützen den Anlass, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, Sie unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 12. Februar 1954.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Rubatici Der Bundeskanzler : Ch. Oser

357 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Finanzordnung 1955 bis 1958

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Artikel 85, Ziffer 14, Artikel 118 und 12l, Absatz l, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 12.Februar 1954, in der Absicht, dem Bunde bis Ende 1958 die Mittel zu sichern, deren er bis zum Inkrafttreten einer abschliessenden verfassungsmässigen Neuordnung des Finanzhaushaltes zur Erfüllung seiner Aufgaben bedarf, beschliesst : I.

Die Bestimmungen der Finanzordnung 1951 bis 1954 gemäss Bundesbeschluss vom 29. September 1950 gelten auch für die Jahre 1955 bis 1958.

n.

1

Dieser Bundesbeschluss ist der Abstimmung des Volkes und der Stände zu unterbreiten.

: 2 Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

;

1518

,

,

.

358 Beilage l

Bundesbeschluss über

die Finanzordnung 1951 bis 1954 (Vom 29. September 1950)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Artikel 85, Ziffer 14, Artikel 118 und Artikel 121, Absatz l, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 19. Juli 19501), in der Absicht, dem Bunde bis Ende 1954 die Mittel zu sichern, deren er bis zum Inkrafttreten einer abschliessenden verfassungsmässigen Neuordnung des Finanzhaushaltes zur Erfüllung seiner Aufgaben, mit Einschluss der Krisenvorsorge, bedarf, die zur Wahrung der militärischen und wirtschaftlichen Bereitschaft des Landes unentbehrlichen finanziellen Massnahmen weiterzuführen und die zur Festigung des Landeskredites sowie zur Erzielung eines sparsamen Staatshaushaltes erforderlichen Anordnungen zu treffen, beschliesst : I.

Die Bundesverfassung erhält folgenden Zusatz:

Art. l Die Geltungsdauer der am 20. Dezember 1950 noch in Kraft stehenden Bestimmungen der Finanzordnung 1939 bis 194l2) mit den Änderungen gemäss der Finanzordnung 1946 bis 19493) wird bis zum 31.Dezember 1954 verlängert.

2 Die Anordnungen von Artikel 3 und 5 des Bundesbeschlusses vom 20. Juni 1947 über besondere Sparmassnahmen gelten auch für die Jahre 1951 bis 1954.

1

1) BB11950, II, 425.

) Bundesbeschluss vom 22. Dezember 1938 über die Durchführung der Übergangsordnung des Finanzhaushaltes des Bundes.

3 ) Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1945 über die zweite Verlängerung der Finanzordnung 1939 bis 1941.

2

359

Art. 2 Die Geltungsdauer ' a. des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940/11. Oktober 1949 über die Erhebung einer Wehrsteuer; b. des Bundesratsbeschlusses vom 29. Juli 1941/22. Juni 1950 über die Warenumsatzsteuer ; c. des Bundesratsbeschlusses vom 13. Oktober/29.Dezember 1942 über die Luxussteuer ; d. des Bundesratsbeschlufeses vom I.September 1943/81.Oktober 1944 über die Verrechnungssteuer und e. des Bundesratsbeschlusses vom 13.Februar 1945 über die Sicherung der Steueransprüche bei Versicherungen (Abzugssteuer auf Leistungen aus Lebensversicherung) wird bis zum 31.Dezember 1954 verlängert.

Art. 3 Der Bundesratsbeschluss über die Erhebung einer Wehrsteuer wird wie folgt abgeändert : ; a. der Abzug, um den nach Artikel 25, Absatz'l, lit. a, das reine Einkommen zu kürzen ist, beträgt 2000 Franken, so dass die Steüerpflicht bei einem 1 reinen Einkommen von 5000 Franken, bei ledigen Personen bei einem reinen Einkommen von 4000 Franken beginnt. Die beiden letzten Beträge erhöhen sich um die Abzüge für Kinder und für unterstützungsbedürftige Personen (Art. 25, Abs. l, lit. &) ; ; b. bei Veranlagung der für die Jahre 1951 bis 1954 geschuldeten Ergänzungssteuer natürlicher Personen wird von dem nach Artikel 27, Absatz l, in die Steuerberechnung fallenden Vermögen ein Betrag von 20000 Franken abgezogen, so dass die Steuerpflicht unter Mitberücksichtigung des in Artikel 38, Absatz l, vorgesehenen Mindestbetrages des steuerbaren Vermögens bei einem gesamten reinen Vermögen von 30000 Franken beginnt.

. ' . ' · · , Art. 4 : Der Bundesratsbeschluss über die Warenumsatzsteuer wird mit Wirkung ab.l. Januar 1951 wie folgt abgeändert: a. Die Umsätze von Esswaren, Kaffee und Tee sind von der Warenumsatzsteuer ausgenommen; b. die Umsätze von Streue, Futter- und Pflanzenschutzmitteln, Sämereien und Düngstoffen unterliegen, soweit sie nicht steuerfrei sind, der Besteuerung zu den ermässigten Sätzen von 2 Prozent bei Detaillieferungen und von 2% Prozent in den übrigen Fällen.

i

360

Art. 5 Die Bundesversammlung kann die in Artikel l und 2 bezeichneten Beschlüsse insoweit abändern, als damit nicht eine Ertragsvermehrung angestrebt wird. Es dürfen keine Erhöhungen von Tarifansätzen vorgenommen werden, die zur Mehrbelastung einzelner Steuerpflichtiger führen würden.

1

2 Die Bundesversammlung kann in besondern Fällen die ihr nach Absatz l zustehende Befugnis auf den Bundesrat übertragen.

Art. 6 Zur Abwehr von Besteuerungsmassnahmen des Auslandes ist die Bundesversammlung befugt,, die Erhebung von Sondersteuern zu Lasten im Ausland ·wohnhafter Personen anzuordnen. Sie kann namentlich einer besondern Besteuerung unterwerfen : a. Leistungen, die von einer im Inland wohnhaften an eine im Ausland wohnhafte Person geschuldet sind, wenn der Wohnsitzstaat des wirklichen Leistungsempfängers gleichartige Leistungen an schweizerische Empfänger besteuert ; b. Forderungen gegenüber inländischen Schuldnern und Beteiligungen an inländischen Gesellschaften sowie andere Werte, die im Auslande wohnhaften Personen zustehen, wenn der Wohnsitzstaat des wirklichen Vermögensträgers gleichartiges Vermögen in der Schweiz wohnhafter Personen besteuert.

2 Die Bundesversammlung kann die Anordnung solcher Besteuerungsmassnahmen dem Bundesrat übertragen.

1

Art. 7 Der Bund richtet den Kantonen für die Jahre 1951 bis 1954 die Hälfte des Eeinertrages des Zolles auf Treibstoffen für motorische Zwecke aus. Die Ausrichtung erfolgt in Form von a. Beiträgen an die allgemeinen Kosten der dem Motorfahrzeug geöffneten Strassen; 6. Beiträgen an die Kosten des Neu- oder Ausbaues der Hauptstrassen, die zu einem vom Bundesrat zu bezeichnenden Netz gehören und deren Ausführung bestimmten technischen Anforderungen genügt; c. zusätzlichen Beiträgen an die Strassenbaulasten der Kantone mit geringer Finanzkraft.

1

2

Die auf Grund von Artikel 30, Absatz 3, der Bundesverfassung den Kantonen Uri, Graubünden, Tessin und Wallis, mit Bücksicht auf ihre internationalen Alpenstrassen, jährlich auszurichtenden Entschädigungen werden für die Jahre 1951 bis 1954 erhöht auf:

361 240 000 Franken für Uri, 600 000 Franken für Graubünden, 600 000 Franken für Tessin, 150 000 Franken für Wallis.

Art, 8 Beschlüsse, durch die einmalige Ausgaben über fünf Millionen Franken oder wiederkehrende Ausgaben von mehr als 250000 Franken bewilligt oder beschlossene Ausgaben um den gleichen Betrag erhöht werden sollen, bedürfen in jedem der beiden Bäte der Zustimmung der absoluten Mehrheit aller Mitglieder, wenn über sie die Volksabstimmung nicht verlangt werden kann.

Art. 9 Zur Bekämpfung von Wirtschaftskrisen, welche während der Geltungsdauer dieses Bundesbeschlusses allenfalls auftreten, sind in erster Linie vorhandene Kredite und Mittel aus! früheren Arbeitsbeschaffungsaktionen, der Kriegsgewinnsteuer-Rückstellung und der Verrechnungssteuer-Bückstellung bis zum Gesamtbetrag von 400 Millionen Franken zu verwenden.

l

'

.

.

II.

1

Dieser Beschluss gilt vom Ausserkrafttreten der Finanzordnung 1950/1951 an bis zum 31. Dezember 1954.

2 Er ist der Abstimmung des Volkes und der Stände zu unterbreiten.

3 Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

362 Beilage 2

Die Ausgaben des Bundes in den Jahren 1951 bis 1954 (in Millionen Franken) Rechnung

1951

Schuldendienst Behörden und Personal .

. .

Allgemeine Ausgaben Bundeseigene Sozialwerke Allgemeine Bundesbeiträge Strassenbeiträge aus Treibstoffzöllen . .

Laufende Militärausgaben . . .

Personal Allgemeine Militärausgaben Bundeseigene Sozialwerke Bundesbeiträge . .

. . .

. . .

Laufende Ausgaben total .

Sonderausgaben Allgemeine .

Rüstungsausgaben

.

.

. .

. . . .

Effektive Ausgaben Investitionen Kantonsanteile an Bundeseinnahmen .

Rechungsausgaben total .

.

. . .

1952

Voranschlag

1953

1954

Durchschnitt 1951/ 1954

921 250 137 133 162 203 36

1003 259 141 124 179 245 55

941 259 141 112 157 222 50

995 259 139 131 163 252 51

965 257 139 125 165 231 48

462 97 339 21 5

541 106 402 28 5

494 104 359 26 5

560 106 422 26 6

514 103 381 25 5

1383

1544

1435

1555

1479

39 204

104 338

7 278

18 192

42 253

1626

1986

1720

1765

1774

67 93

31 145

9 90

8 150

29 120

1786

2162

1923

1923

1819

363 Beilage 3

Die Einnahmen des Bundes in den Jahren 1951 bis 1954 (in Millionen Pranken) Rechnung

1951

1952

Voranschlag

1953

1954

Durchschnitt 1951/ 1954

Zeitlich unbeschränkte Einnahmen . . . . .

Fiskal einnahmen Ertragsanteile u n d Überschüsse . . . .

Vermögensertrag .

Sonstige Einnahmen

879 674 60 46 99

914 657 88 50 119

874 672 58 45 99

929 673 74 72 110

899 -669 70 53 107

Zusätzliche Einnahmen . .

811 29 222 74 427 59

1016 30 386 90 457 53

795 32 201 75 440 47

1011 32 401 90 440 48

909 31 303 82 441 52

67

21

93

20

50

1757

1951

1762

1960

1858

93 67

145 21

90 93

150 20

120 50

1597

1785

1579

1790

1688

Wehrsteuer Wehropfer Verrechnungssteuer Umsatzsteuer Übrige Steuern1) .

Investitionen Rechnungseinnahemen total . . . . . .

Davon : Kantonsanteile an Bundeseinnahmen .

Investitionen Effektive Einnahmen

.

1) Kriegsgewinnsteuer, Biersteuer, Luxuss ;euer, A usgleichissteuer

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Finanzordnung 1955 bis 1958 (Vom 12. Februar 1954)

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Foglio federale

Jahr

1954

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

08

Cahier Numero Geschäftsnummer

6586

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.02.1954

Date Data Seite

350-363

Page Pagina Ref. No

10 038 558

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