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Bundesblatt 106. Jahrgang

Bern, den 13. Mai 1954

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis 30 Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 5 0 Kappen d i e Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über das Volksbegehren zum Schutze der Stromlandschaft Rheinfall--Rheinau (Vom 4. Mai 1954)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen nachstehend unseren Bericht zum Volksbegehren zum Schutze der Stromlandschaft Rheinfall-Rheinau vorzulegen.

Diese Initiative, die wir im folgenden als die «Rheinau-Initiative» bezeichnen, ist mit 59 988 gültigen Unterschriften am 23. Februar 1953 der Bundeskanzlei eingereicht worden. Sie hat folgenden Wortlaut : «Die unterzeichneten stimmberechtigten Schweizerburger verlangen auf dem Wege der Volksinitiative, dass der Artikel 24bis. Absatz 2, der Bundesverfassung wie folgt ergänzt werden soll: Naturschönheiten sind zu schonen und da. wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert zu erhalten.

Übergangsbestimmung : Zur ungeschmälerten Erhaltung des Rheinfalles sowie zum Schutze der Schönheit der Stromlandschaft Bheinfall-Bheinau wird die im Widerspruch zu Artikel 22 des Wasserrechtsgesetzes am 22. Dezember 1944 erteilte Konzession für den Bau des Kraftwerkes Bheinau aufgehoben. Eine solche Konzession darf nicht wieder erteilt werden.

Les citoyens suisses soussignés, qui possèdent le droit de vote, demandent par voie d'initiative populaire que l'article 24bis. 2e alinéa, de la Constitution fédérale soit complété comme suit: La beauté des sites doit être ménagée: elle doit être conservée intacte si un intérêt public majeur l'exige.

Disposition transitoire : Pour maintenir intacte la chute du Rhin et protéger la beauté de cette chute et celle des sites jusqu'à Bheinau, la concession pour la construction de Bundesblatt. 106. Jahrs;. Bd. I.

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l'usine de Eheinau octroyée le 24 décembre 1944 en violation de l'article 22 de la loi fédérale sur l'utilisation des forces hydrauliques est annulée. Une nouvelle concession ne pourra pas être octroyée.

I sottoscritti cittadini svizzeri, aventi diritto di voto, chiedono - in base al diritto d'iniziativa popolare - che l'articolo 24Ws, capoverso 2, della Costituzione federale venga completato nel modo seguente : Le bellezze naturali devono essere rispettate e conservate intatte se l'interesse pubblico prevalente lo richieda.

Disposizione transitoria : Per conservare integralmente la cascata del Beno e per proteggere la bellezza del paesaggio fluviale tra la cascata e Eheinau è dichiarata nulla ed invalida la concessione impartita il 22 dicembre 1944, in contraddizione all'articolo 22 della Legge federale sull'utilizzazione delle forze idrauliche, per la costruzione del' l'Officina elettrica di Rheinau. Una concessione per l'utilizzazione di queste forze idriche non potrà mai più essere impartita.» Das Initiativbegehren ist mit einer Bückzugsklausel versehen.

Der Ständerat und der Nationalrat haben am 5. Juni 1953 bzw. am 19. Juni 1953 von unserem Bericht vom 20. März 1953 (BEI 1953, I, S. 673) über das Zustandekommen des Volksbegehrens Kenntnis genommen und uns eingeladen, in der Sache selbst Bericht zu erstatten und Antrag zu stellen.

Av Allgemeines I. Tatsächliches Im Mittelpunkt dieses Volksbegehrens steht das im Bau begriffene Kraftwerk Eheinau. Es ist daher angezeigt, unseren Bericht mit einer Übersicht über dieses Werk zu beginnen.

1. Die Vorgeschichte

Das Kraftwerksprojekt Eheinau steht seiner Entstehung nach im Zusammenhang mit dem schweizerisch-deutschen Gesamtplan zum Ausbau des Hochrheins für Kraftuutzung und Schiffahrt. Der Gesamtplan ist seinerseits eine Folge der im August 1903 einsetzenden Bestrebungen von Ing. Eudolf Gelpke, die Großschiffahrt auf dem Ehein von Strassburg nach Basel auszudehnen und damit der Schweiz eine direkte Verbindung mit dem Meer zu verschaffen. Die eidgenössischen Bäte beschlossen einen Beitrag von 190 000 Franken (= 50 % des Voranschlages).

Die Erkenntnis, dass eine regelmässige Großschiffahrt nach Basel technisch möglich und volkswirtschaftlich nützlich sei, führte am Hochrhein niedergelassene schweizerische und deutsche Kreise auf den Gedanken, zu prüfen, «inwieweit sich der Hochrhein für Großschiffahrtszwecke eignet und welche hauptsächlichen Bauten und an welchen Punkten dieselben notwendig werden». Mit dieser Abklärung beauftragten sie Eudolf Gelpke. Das Ergebnis seiner

723 Untersuchung legte er dem Nordostschweizerischen Verband für Schiffahrt Bhein-Bodensee'und der.Internationalen Vereinigung zur Förderung der Schiffbarmachung des Bheins in Konstanz in Form eines Projektentwurfes vor, der ini Jahre 1909 unter dem Titel «Die Schiffbarmaclraug des badisch-schweizerischen Eheins» der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. In diesem bezeichnete der Projektverfasser das Kraftwerk Bheinau für die Schiffbarmachung des Hochrheins als «unbedingt erforderlich».

; Im Jahre 1911 kamen die Schweiz und das damalige Grossherzcgturu Baden überein, die weiteren Studien im Bahnien eines internationalen Wettbewerbes zu unterstützen. Als Gegenstand bezeichneten sie: «Die Schiffbarmachung des Bheins von Basel bis in den Bodensee (Obersee) unter Berücksichtigung der bestehenden Wasserkraftanlagen und einer unöglichst zweckmässigen Ausnutzung der Stromkräfte.» Die Kosten des Wettbewerbes wurden grösstenteils durch Subventionen der Eidgenossenschaft und Badens gedeckt.

In einer damaligen Note an Baden stellte der Bundesrat ausdrücklich fest, dass er die finanzielle, Unterstützung der Schweiz «im Einverständnis mit den eidgenössischen Eäten sowie den Kantonen Zürich, Schaffhausen und Thurgau» zugesichert habe..

Der im .Jahre 1920 abgeschlossene Wettbewerb bestätigte, dass die Strecke Basel-Bodensee der Großschiffahrt nur dann erschlossen werden könne, wenn der Hochrhein in Staustufen eingeteilt werde, wobei diese mit den für die Kraftgewinnung ebenfalls notwendigen Stauhaltungen zusammenzulegen seien, um auf diese Weise einerseits die zweckmässige Nutzbarmachung der Wasserkräfte zu sichern und anderseits die Ausführung des Großschiffahrtsweges durch die Kraftnutzung zu fördern.

Die Schweiz und Baden erhoben diese Schlussfolgerung zur Biehtliuie ihrer künftigen grenznachbarlichen Zusammenarbeit bei der Erschliessung weiterer Eheinwasserkräfte. In diesem Sinne begann im September 1920 eine im Vorjahre auf diplomatischem Wege ins Leben gerufene ständige schweizerischbadische Kornmission, die zur Konzessionserteilung eingereichten Kraftwerksprojekte zu überprüfen. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, wurde die Aufstellung eines Gesamtplanes für den Ausbau der Eheinstrecke Basel-Bodensee für Kraftnutzung und Schiffahrt vereinbart. Nach dem Arbeitsprogramm hatte Baden den Abschnitt
Birsfelden bis einschliesslich Eglisau und die Schweiz den Abschnitt oberhalb Eglisau zu bearbeiten. Die Projektierungsarbeiten konnten zur Hauptsache im Jahre 1926 abgeschlossen werden. Die schweizerisch-badische Kommission für den Ausbau des Hochrheins stimmte im Jahre 1927 dem von der Schweiz aufgestellten Plan für die Teilstrecke Eglisau-Schaffhausen grundsätzlich zu,' dieser sowie die Kostenvoranschläge wurden Baden zugestellt, wogegen · Baden die bearbeiteten Pläne und Kostenvoranschläge für die Teilstrecke Birsfelden-Eglisau im Austausch der Schweiz übermittelte.

Über, alle diese Vorgänge wurden die Bäte jeweils durch unsere Geschäftsberichte ausführlich unterrichtet. Wir verweisen insbesondere auf: Bundesblatt: 1910, II, S. 112 f.: 1913, II S. 230 f.; 1921, II, S. 237; Geschäftsbericht 1921,

724 S. 255 f.; 1922, S. 259 f. : 1925, S. 205 f. ; 1926, S. 212, und 1927, 8.189 f. ; ferner die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 20. Oktober 1917 betreffend Révision der Bundesverfassung (Gesetzgebung über die Schiffahrt; BB11917, IV, S. 296).

Zu Beginn der schweizerisch-deutschen Verhandlungen über den Staatsvertrag von 1929, bei welchem sich die Parteien dahin einigten, «dass im Zusammenhang mit der Regulierung des Rheins von Strassburg/Kehl bis Istein die Ausführung des Großschiffahrtsweges in Basel bis zum Bodensee zu erstreben ist», lag ein 14 Stufen umfassender Gesamtplan des Ausbaus des Hochrheins für Kraftnutzung und Schiffahrt vor. Schweizerischerseits wurden die einzelnen Stufenprojekte dieses Gesamtausbauplanes unter Berücksichtigung der seit dem Jahre 1926 vorgenommenen Verbesserungen erneut überarbeitet und zusammengestellt. Das Ergebnis der Arbeiten wurde im Herbst 1941 Deutschland zugestellt und im Jahre 1942 als Mitteilung Nr. 35 des Eidgenössischen Amtes für Wasserwirtschaft unter dem Titel «Entwurf für den Ausbau der Rheinschiffahrtsstrasse Basel-Bodensee» veröffentlicht. Heute sind nach dem Gesamtplan bereits 8 Kraftnutzungsstufen ausgebaut; die Kraftwerke Birsfelden und Rheinau sind im Bau, und zwei Stufen, Säckingen und KoblenzKadelburg, sind bereits Gegenstand von Konzessionsgesuchen und -Verhandlungen. Die Stufen Rheinfall und Hemishofen sollen im Sinne des Heimatschutzes nicht der Kraftnutzung dienen.

2. Die Erteilung der WieinauTconzession Das erste Konzessionsgesuch für ein Kraftwerk Rheinau datiert schon aus dem Jahre 1861. Es wurde vom Regierungsrat des Kantons Zürich abgewiesen in der Absicht, den späteren Bau eines grösseren-Werkes nicht zu behindern.

Es folgte im Jahre 1893 ein Konzessionsgesuch der Stadt Zürich. Das vorgelegte Projekt veranlasste den Regierungsrat des Kantons Zürich, den Bundesrat zu ersuchen, beim Grossherzogtum Baden die nötigen Schritte einzuleiten, damit dieses dem Bau der Anlage zustimme. Die zwischenstaatlichen Verhandlungen führten am 2./3. Juni 1896 in Rheinau zur Unterzeichnung eines «Protokolles betreffend Verwertung der Wasserkraft des Rheines bei Rheinau», das von Zürich am 30. Juni · und von Baden am 14. Oktober 1896 genehmigt und in der Zürcher Gesetzessammlung (Bd. 26, S. 80 ff.) aufgenommen wurde. Anschliessend
legte die Stadt Zürich ein neues Projekt vor, zog es aber in der Folge wieder zurück und trat die Projektstudien der Stadt Winterthur ab.

Im Jahre 1902 meldeten sich als Konzessionsbewerber die Stadt Winterthur, die Aluminium-Industrie AG., Neuhausen, und die Elektrizitäts-Aktiengesellschaft Schuckert & Co., Nürnberg. Sie legten ein Projekt vor, das zum · ersten Male eine Stauung des Rheins nicht mehr bloss bis zur zürcherischschaffhausischen Grenze bei Nohl, sondern bis ins Rheinfallbecken vorsah.

Dies gab Anlass, die im Rheinauer Protokoll von 1896 zwischen Zürich und Baden getroffenen Vereinbarungen unter Beteiligung des Kantons Schaffhausen teilweise abzuändern und zu ergänzen. Zu diesem Zwecke fanden vom 26. bis

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28. Oktober 1904 in Winterthur internationale Verhandlungen zwischen Vertretern der Regierungen der Kantone Zürich und Schaffhausen sowie des Bundesrates einerseits und Delegierten der badischen Regierung anderseits statt. Das Ergebnis war das Winterthurer «Protokoll betreffend Verwertung der Wasserkraft des Rheins bei Rheinau» vom 26./2S. Oktober 1904, dem (laut einer Note des Bundesrates vom 10. Januar 1905 an die badische Regierung) sowohl der Bundesrat als die Regierungen der Kantone Zürich und Schaffhausen die Genehmigung erteilten. Gemäss einer Note des badischen Ministeriums der Auswärtigen Angelegenheiten an den Bundesrat .vom 10. Juli 1906 wurde es von der badischen Regierung ebenfalls genehmigt. Dieser Vertrag ist mit den zugehörigen Genehmigimgserklärungen im Bd. XXVII der offiziellen Gesetzessammlung des Kantons Zürich, S. 447 ff., veröffentlicht. In diesem haben sich die Vertragsparteien «mit der Höherstauung bis zum Rheinfall» einverstanden erklärt. Ziidem enthält der Vertrag die Grundsätze, die bei der Erteilung und bei einem allfälligen Rückzug der Konzession befolgt werden müssen.

Im November 1905 reichten die Konzessionsbewerber ein dem Winterthurer Protokoll Rechnimg tragendes neues Projekt ein. Alsdann wurde in den Jahren 1907 und 1908 von Zürich ein .Konzessionsentwurf aufgestellt, dem Schaffhausen am 19. Mai 1909 mit der in diesem Zusammenhang nicht unwesentlichen Erklärung zustimmte, dass es am Winterthurer Protokoll von 1904 festhalte und dass es seither den Eiufluss der Wasserstauung im Rheinfallbecken auf die Naturschönheiten des Rheinfalles noch näher geprüft habe und «in der Sache durchaus beruhigt» sei.

Der Bundesrat übermittelte den interkantonalen Entwurf im September 1909 der Regierung Badens mit dem Hinweis, «dass nach Inkrafttreten des neuen .Artikels 24bls der schweizerischen Bundesverfassung es nunmehr dem Bunde obliege, bei Grenzgewässern die erforderliche Konzession zu erteilen und die Oberaufsicht über den Bau sowie den Betrieb des Werkesiauszuüben.» Demgemäss schlug der Bundesrat vor, «dass zur Aufstellung der für die Interessen beider Staaten gleichlautenden Konzessions-Entwürfe eine allgemeine Konferenz abgehalten werde». Im Hinblick darauf überreichte die badische Regierung im März 1910 dem Bundesrat den Entwurf zu einem badischen «Genehmigungsbescheid».
: . ' . . - · ' Die Verhandlungen wurden indessen verschoben, da die Gesuchsteller in diesem Zeitpunkt kein grosses Interesse für einen baldigen Konzessionserwerb zeigten. Anderseits; waren die Vorbereitungen für die, Eröffnung des internationalen Wettbewerbes zur Gewinnung von Entwürfen für die Schiffbarmaehung des Hochrheins im Gange. Es schien daher angezeigt, die Ergebnisse des Wettbewerbs abzuwarten. Der erste Weltkrieg brachte einen weiteren Aufschub. Die anschliessende Gesamtplanung für den Ausbau des Hochrheins für Kraftnutzung und Schiffahrt zog sich, wie schon erwähnt, bis ins Jahr 1927 hinaus. So ruhte das Geschäft bis kurz nach der Unterzeichnung des schweizerisch-deutschen Staatsvertrages von 1929 über die Regulierung des Rheins zwischen Strassburg/Kehl und Istein, worin der Bundesrat zur Förderung der

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Erstellung des Großschiffahrtsweges u. a. zusagte, «die Verhandlungen betreff end die Erteilung neuer Konzessionen für Kraftwerke zwischen Basel und dem Bodensee nach den bisherigen Grundsätzen gemeinsam mit der badischen Regierung zu führen und möglichst zu beschleunigen».

Am 7. Juni 1929 wiederholten die Konzessionsbewerber Winterthur und Mitbeteiligte ihr früheres Konzessionsgesuch und reichten eine neue Projektvorlage ein. Dem Gesuch schloss sich später auch die Nordostschweizerische Kraftwerke AG., Baden, an.

Im Herbst 1931 erfolgte die Veröffentlichung des Konzessionsgesuches in den Kantonen Zürich und Schaffhausen sowie im Lande Baden, Auf Grund der hierauf eingegangenen Einsprachen arbeiteten die Konzessionsbewerber eine Ergänzungsvorlage aus und stellten diese 1937 den Behörden zur Prüfung zu.

Die ablehnenden Gutachten der kantonalen und eidgenössischen Konsultativorgane für Natur- und Heimatschutz veranlassten die Behörden, von den Konzessionsbewerbern abermals neue Vorschläge zu verlangen. Dementsprechend legten letztere im Dezember 1939 ein sogenanntes Vermittlungsprojekt vor. Es schlössen sich insbesondere im Bahmen der weiteren Projektierungsarbeiten für den Ausbau der Bheinschiffahrtsstrasse Basel-Bodensee zahlreiche Verhandlungen mit den Natur- und Heimatschutzkreisen an.

Schliesslich entstand die Ergänzungsvorlage IX vom 18. Juni 1942, die nun den schweizerischen und badischen Behörden als technische Unterlage für die gemeinsame Bereinigung der nach dem Muster der Konzessionen für die Eheinkraftwerke Schwörstadt, Dogern und Eeckingen umgearbeiteten Verleihungsentwürfe diente. Die Entwürfe wurden von der ständigen zwischenstaatlichen Kommission für den Ausbau des Hochrheins anlässlich ihrer XVI. Sitzung vom 29. Juni bis 1. Juli 1943 in Luzern durchberaten und dabei noch in einigen Punkten abgeändert. Damit waren -die Verhandlungen, die gemäss Artikel 6 des Staatsvertrages von 1929 nach den bisherigen Grundsätzen gemeinsam mit der badischen Regierung zu führen waren, in bezug auf das Kraftwerksprojekt Bheinau abgeschlossen.

Die «Verleihung für die Errichtung einer Wasserkraftanlage am Rhein bei Rheinau» ist der Stadt Winterthur, der NordostschweizerischenKraftwerkeAG., Baden, der Aluminium-Industrie AG., Chippis, und der Siemens-Schuckertwerke AG., Berlin, zuhanden einer zu
gründenden Aktiengesellschaft am 22. Dezember 1944 vom Bundesrat «im Einvernehmen mit der badischen Regierung» erteilt worden. Die angehörten Regierungen der Kantone Zürich und Schaffhausen haben vorher ihre Zustimmung erteilt, und auch die Konzessionsbewerber hatten die Annahme der Konzession erklärt.

Mit einer durch die Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse bedingten Verzögerung wurde badischerseits am 14. November 1947 eine inhaltlich weitgehend übereinstimmende Konzession «nach Benehmen mit den schweizerischerseits zuständigen Behörden» erteilt.

Beide Verleihungen wurden auf den 1. Februar 1948 in Kraft erklärt, nachdem durch Austausch entsprechender Erklärungen festgestellt worden war,

:

:

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dass diese auf Grund durchwegs übereinstimmender Pläne erteilt seien und in allen Punkten, in denen nach der schweizerisch-badischen Übereinkunft vom' 3O.Mai 1879 eine Vereinbarung erforderlich sei, übereinstimmen. Die beiden, Verleihungsurkunden sind im Anhang zu diesem Bericht abgedruckt.

3. Das Kraftwerkprojekt Bheinau Das Kraftwerk Bheinau will die Wasserkraft des Bheins unterhalb des Eheinfalles, nämlich vom Bheinfallbecken bei Neuhausen bis zirka 2VÌ krn unterhalb der bestehenden Salm enbrücke in-Bheinau, ausnützen, ' und zwar für eine hutzbare Wassermenge bis zu 400 m3/Sek. Die Verleihung schliesst überdies das Becht in sich, das Gefalle zu nutzen, das später im Falle einer Begulierung des Abschnittes Büdlingen-Bheinau noch gewonnen werden könnte. Die nutzbar zu machende Bheinstrecke untersteht auf einer Länge von 0,920 km der zürcherischen und schaff hausischen Hoheit (Strecke Bheinfallbecken-Nohl), auf dem 1,4 km langen Abschnitt Nohl-Dachsen dagegen ausschliesslich der Hoheit des Kantons Zürich. Die übrige Teilstrecke von 9,960 km untersteht zu gleichen Teilen deutscher und zürcherischer Hoheit. Die nutzbar zu machende Gesamtstrecke umfasst somit schweizerisches und deutsches Hoheitsgebiet, so dass die im Kraftwerk Bheinau gewonnene Wasserkraft zu 59 Prozent auf die Schweiz und zu 41 Prozent auf Baden entfällt.

Nach dem genehmigten Bauprojekt bestehen die zur Nutzung der Wasserkraft vorgesehenen Anlagen in : 1. einem Stauwehr im Bhein, ungefähr 500 rn oberhalb der Klosterinsel . Bheinau, : 2. einem auf dem linken Bheinufer beim Stauwehr an den Hang angelehnten Maschinenhaus nebst Turbinenanlage, . . , 3. einem als Doppelstollen auszubildenden Unterwasserablauf mit Wasserrückgabe in den Bhein ungefähr 1400 m unterhalb der bestehenden Salmenbrücke in Bheinau.

· l '.

· · Die Kraftwerksanlagen sind so projektiert, dass die Ausbaumöglichkeit des Schiffahrtsweges gewahrt bleibt. Für diesen sind eine Schleusenanlage mit Vorhafen und ein besonderer Tunnel südlich des Kraftwerksstollens vorgesehen.

Eine allfällige Ausführung der Schiffahrtsanlagen,ist indessen nicht' Sache des Kraftwerksunternehmens.

Auf die Interessen des Natur- und Heimatschutzes wird die gebotene Bücksicht genommen.

, .Die Lage all dieser Bauwerke geht aus dem diesem Bericht beigegebenen Übersichtsplan hervor.

, ' ;
Die Baukosten für das Kraftwerk allein, also ohne Schiffahrtsanlagen, sind auf 91 Millionen Franken veranschlagt. Die Energieproduktion wird für ein Durchschnittsjahr auf 103 Mio kWh im Winter und auf 112 Mio kWh im Sommer, jährlich also auf 215 Mio kWh berechnet.

.

728 4. Beginn und Stand der Bauarbeiten Mit den rechtskräftig gewordenen Verleihungen war die Grundlage für die Ausarbeitung des Bauprojektes und für den Beginn der Bauarbeiten am 23. Januar 1952 geschaffen. Nach Artikel 36 der Konzession musste vor Ablauf von drei Jahren «mit den Bauarbeiten ernstlich begonnen werden».

Bei diesen Projektierungsarbeiten erwies es sich als ratsam, den Standort des Maschinenhauses gegenüber der Vorlage vom 18. Juni 1942 zu wechseln.

Diese auch von der Natur- und Heimatschutzkommission des Kantons Zürich gebilligte Änderung wurde unter weiteren schützenden Bestimmungen sowohl von der Schweiz als von Baden genehmigt (vgl. Beilage 2 zum vorliegenden Bericht). Anderseits wurde die Frist für den Baubeginn um ein Jahi, d. h. bis zum 1. Februar 1952, verlängert, indem die Voraussetzungen des Artikels 36, Ziffer 3, der Verleihung erfüllt waren. Alsdann fand im Sommer 1951 die öffentliche Auflage des Bauprojektes statt. Die Genehmigung sprachen wir im Einvernehmen mit Baden am 26. Dezember 1951 aus.

Es folgten die Gründung der Elektrizitätswerk Bheinau AG. am 19. Januar 1952, dann der Beginn der Bauarbeiten und am 24. Juni 1952 die Übertragung der Bheinaukonzession mit allen Bechten und Pflichten auf die Elektrizitätswerk Bheinau AG.

Nach der Konzessionsübertragung begann die Elektrizitätswerk Bheinau AG., die grösseren Bauaufträge zu vergeben. Ende Januar 1954 hatten die bisherigen Bauaufwendungen sowie die Aufträge für Bauwerke und die maschinelle Ausrüstung des Werkes den Gesamtbetrag von rund 52 Millionen Franken, d. h. mehr als 50 Prozent der veranschlagten gesamten Baukosten, erreicht.

Die Bauarbeiten schreiten gemäss dem von den schweizerischen und badischen Behörden genehmigten Bauprogramm fort. Die Eröffnung des Kraftwerksbetriebes ist für den Herbst 1956 vorgesehen.

5. Bisherige Begehren gegen den Bau des Kraftiverkes Wir beschränken uns in diesem Abschnitt auf Begehren, die nach Erteilung der Bheinaukonzession gegen den Bau des Kraftwerkes gestellt worden sind. Soweit solche vor jenem Zeitpunkt eingereicht wurden, sind sie in dem gemeinsam mit Baden durchgeführten Verleihungsverfahren berücksichtigt worden.

Die heutige Bewegung ist im Januar 1951, also 6 Jahre nach Erteilung der schweizerischen Konzession, von Schaffhausen ausgegangen. In vielen Versammlungen
wurden zahlreiche Besolutionen gegen das geplante Kraftwerk gefasst.

In den gesetzgebenden Bäten von Schaffhausen und Zürich kam die Bheinaufrage eingehend zur Sprache. Ferner wurde dem Bundesrat nebst anderen Eingaben auch eine Petition mit rund 160 000 Unterschriften eingereicht.

Auch in den eidgenössischen Bäten kam es zu Vorstössen gegen den projektierten Kraftwerksbau. In der Sommersession 1951 begründete Nationalrat Grendelmeier seine am 27. März 1951 eingereichte Interpellation, in welcher er

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den Bundesrat anfragte, ob er bereit sei, angesichts der veränderten Verhältnisse und ferner um die besonderen Schönheiten von Eheinau und Eheinfall zu schützen, den Beschluss vom 22. Dezember 1944 bzw. den Fristverlängerungsbeschluss vom 26.-Januar 1951 betreffend den Baubeginn in Wiedererwägung zu ziehen und aufzuheben. In der gleichen Session lud Nationalrat Scherrer, Schaffhausen, den Bundesrat ein, die ganze Angelegenheit Bheinau neuerlich zu prüfen und über das Ergebnis dieser Studien Bericht zu erstatten. Der Bundesrat beantwortete diese beiden parlamentarischen Eingaben in sehr eingehender Weise und nahm das Postulat Scherrer in abgeänderter Form entgegen, d. h. er sagte zu, «die Angelegenheit neuerlich mit den badischen Behörden, dem Konzessionär, den.Kreisen des Heimatschutzes und den Kantonen Zürich und Schaffhausen zu besprechen und zu versuchen, eine Einigung herbeizuführen» (StenB NB 1951, S. 544 ff.). Eine mit diesem Verhandlungsziel auf den 21..Juli 1951 einberufene Einigungskonferenz liess aber klar erkennen, dass eine Einigung im Sinne des Postulates unmöglich war.

Am 30. Januar 1952 begründete Nationalrat Grendelmeier eine Motion, die den Bundesrat einlud, die Eheinaukonzession zurückzuziehen, bis zur Erledigung der Motion ein vorläufiges Bauverbot zu erlassen und gleichzeitig die Frist für den Baubeginn vorläufig zu erstrecken. Der Bundesrat beantragte auf Grund eingehender Erwägungen die Abweisung der Motion Grendelmeier. Der Nationalrat folgte diesem Antrag mit 87 gegen 29 Stimmen (StenB NE 1952, S. 58 ff.).

Anlässlich der Diskussion über die Motion Grendelmeier wurde im Nationalrat aber der Wunsch geäussert, der Bundesrat möchte nochmals vermittelnd eingreifen. Der gleiche Wunsch kam auch im zürcherischen Kantonsrat und in der Öffentlichkeit zürn Ausdruck. Diesen Wünschen hat der Bundesrat entsprochen. Am 3. April 1952 fand unter dem Vorsitz des Vorstehers des Postund Eisenbahndepartenientes in Zürich eine allgemeine Konferenz statt, vermochte indessen keine Lösung des Problems zu bringen.

Am 20. April 1952 nahm das Schaffhauservolk, veranlasst durch eine Volksinitiative, ein Gesetz betreffend die Ergänzung des geltenden kantonalen Gesetzes über die Gewässer an, wonach die Nutzbarmachung des Eheinfalles auf das heutige Mass der Ausnützung beschränkt und der Bhein unterhalb
des Eheinfalles bis zur Kantonsgrenze bei Nohl nicht gestaut werden solle. Gleichzeitig stimmte das Volk dem Beschluss des schaffhausischen Grossen Eates zu, den Begierungsrat zu beauftragen, beim Bundesrat vorstellig zu werden und dahin zu wirken, dass die für das Kraftwerk Eheinau erteilte Konzession wieder rückgängig gemacht werde. Diesem Auftrag ist der Begierungsrat am 24. April 1952 nachgekommen.

Was das vom Schaffhauservolk gutgeheissene neue kantonale Gesetz anbetrifft, so hat der Bundesrat nach einem Meinungsaustausch .mit dem Bundesgericht über die Kompetenzfrage in seinem Entscheid, vom 19. Mai 1953 zur Beschwerde der Stadt Winterthur und Konsorten gegen den Kanton Schaffhausen betreffend die Ergänzung des kantonalen Wasserrechtsgesetzes fest-

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gestellt, dass das neue schaffhausische Gesetz wegen Verletzung der Artikel 7 und 88, Absatz 3, WEG ohne weiteres ungültig sei. Dieser Entscheid des Bundesrates ist im Amtsblatt für den Kanton Schaffhausen 1953, Nr. 23, S. 568, veröffentlicht worden.

Zum erwähnten Eückzugsbegehren des schaffhausischen Eegierungsrates nahm der Bundesrat im Entscheid vom 24. Juni 1952 betreffend die Übertragung der Eheinaukonzession auf die Elektrizitätswerk Eheinau AG. ablehnend Stellung. Der Bundesrat beschloss: «1. Die am 22. Dezember 1944 erteilte Verleihung für die Errichtung einer Wasserkraftanlage im Bhein bei Eheinau wird aufrechterhalten und mit allen Eechten und Pflichten auf die Elektrizitätswerke Eheinau AG. mit Sitz in Winterthur übertragen. Der Stadt Winterthur bleibt das Eecht vorbehalten, sich bis zum 30. September 1952 an der Gesellschaft nach Massgabe ihrer .Vereinbarungen mit der Nordostschweizerischen Kraftwerke AG., Baden, und der Aluminium-Industrie AG., Chippis, zu beteiligen.

2. An diesem Beschluss wird auch für den Fall festgehalten, dass im Kanton Zürich eine Volksabstimmung mit ähnlichem Ergebnis wie im Kanton Schaffhausen durchgeführt wird.» In der Folge ist nun anlässlich einer Volkstagung vom August 1952 in Eheinau eine Volksinitiative auf Eevision der Bundesverfassung lanciert und zusammen mit einer weitern die Kraftwerkkonzessionierung betreffenden Volksinitiative am 23. .Februar 1953 der Bundeskanzlei eingereicht worden. Wie sich die Initianten selbst geäussert haben, ist mit der Lancierung der Volksinitiative zum Schutze der Stromlandschaft Eheinfall-Eheinau ein ungewöhnlicher Weg beschatten worden.

Wir möchten diesen Abschnitt nicht schliessen, ohne darauf hingewiesen zu haben, dass auch zahlreiche Kundgebungen für den Bau des Kraftwerkes Eheinau, so insbesondere in St. Gallen und in der übrigen Ostschweiz, stattgefunden haben und dass zahlreiche Eesolutionen und Eingaben in diesem Sinne an den Bundesrat gerichtet worden sind.

u. Rechtliche Erwägungen 1. Das Volksbegehren schlägt eine Ergänzung des Absatzes 2 von Artikel 24Ws BV vor, welcher bestimmt, dass die Bundesgesetzgebung die zur Wahrung der öffentlichen Interessen und zur Sicherung der zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte erforderlichen allgemeinen Vorschriften aufzustellen hat, unter möglichster Berücksichtigung
der Binnenschiffahrt. Diesem zweiten Absatz soll nunmehr der Satz beigefügt werden : «Naturschönheiten sind zu schonen und da, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert zu erhalten.» Zu dieser neuen Vorschrift, die wir im folgenden als die Hauptbestimmung bezeichnen, wird eine Übergangsbestimmung mit folgendem Wortlaut vorgeschlagen :

731 «Zur ungeschmälerten Erhaltung des Bheinfalles sowie zum Schutze der Schönheit der Stromlandschaft Bheinfall-Bheinau .wird die im Widerspruch zu Artikel 22 des Wasserrechtsgesetzes am 22. Dezember 1944 erteilte Konzession für den Bau des Kraftwerkes Kheinau aufgehoben. Eine solche Konzession darf nicht wieder erteilt w'erden. » Die Initiative bezweckt also einerseits die Aufnahme einer allgemeinen Bestimmung über die Wahrung von Naturschönheiten bei der Nutzbarmachung von Wasserkräften, anderseits die Aufhebung der erteilten Eheinau-Konzession.

2. Da die Initiative in den drei Amtssprachen abgefasst wurde, ist zunächst der massgebende Text zu bestimmen. Als massgebend ist in der Initiative selbst der deutsche Text bezeichnet worden. Mit diesem stimmen die beiden ; andern Texte bis auf einen Punkt offenbar überein. Ein Zweifel kann nur bezüglich der in der Übergangsbestimmung enthaltenen Wendung bestehen: « . . . wird die im Widerspruch zu Artikel 22 des Wasserrechtsgesetzes am 22. Dezember 1944 erteilte Eheinau-Konzession aufgehoben.» Damit könnte die Aufhebung der Konzession sowohl vom Tage der Annahme des Volksbegehrens wie auch vom Tage der Konzessionserteilung an gemeint sein. Welche Auffassung die richtige sei,tergibt sich aus dem Vergleich mit den beiden anderssprachigen Texten. Ini französischen Text ist nämlich das Wort «aufgehoben» übersetzt mit «annulée», im italienischen mit «dichiarata nulla ed invalida». Nach diesen beiden Texten, besonders deutlich nach dem italienischen, handelt es sich um eine Ungültigerklärung der Konzession, also um eine auf den Zeitpunkt der Konzossionserteilung zurückwirkende Aufhebung. Da auch der deutsche Text diese Auslegung ohne weiteres zulässt, was zur vollständigen Übereinstimmung aller drei Texte führt, niuss sie als die richtige gelten. Das ist wohl auch die allgemeine Auffassung. Demnach soll die erteilte Konzession nicht nur für die Zukunft aufgehoben, sondern auch rückwirkend ungültig erklärt werden. Das ist für die Auswirkung der Übergangsbestimmung von wesentlicher Bedeutung.

3. Die Bheinau-Initiative stützt sich auf folgende Bestimmungen der Bundesverfassung: ' «Artikel 118. Die Bundesverfassung kann jederzeit ganz oder teilweise revidiert werden.» ; «Artikel 121. Die Partialrevision kann sowohl auf dem Wege der Volksanregung (Initiative)
als der Bundesgesetzgebung vorgenommen werden (Abs.l).

Die Volksanregung umfasst das von fünfzigtausend stimmberechtigten Schweizerbürgern gestellte Begehren auf Erlass, Aufhebung, oder Abänderung bestimmter Artikel der Bundesverfassung (Abs. 2).

: Wenn auf dem Wreg der Volksanregung mehrere verschiedene Materien zur Eeyision oder zur Aufnahme in die Bundesverfassung vorgeschlagen werden, so hat jede derselben den Gegenstand eines besonderen Initiativbegehrens zu büden (Abs. 3).

,

732 Wird das Begehren in Form eines ausgearbeiteten Entwurfes gestellt und stimmt die Bundesversammlung demselben zu, so ist der Entwurf dem Volke und den Ständen zur Annahme oder Verwerfung vorzulegen. Im Falle der Nichtzustimmung kann die Bundesversammlung einen eigenen Entwurf ausarbeiten oder die Verwerfung des Vorschlages beantragen und ihren Entwurf oder Verwerfungsantrag gleichzeitig mit dem Initiativbegehren der Abstimmung des Volkes und der Stände unterbreiten (Abs. 6).» Wie sich aus dieser letzteren Vorschrift ergibt, hat die Bundesversammlung zu beschliessen, ob sie dem vorgelegten Entwurf zustimmt oder nicht. In beiden Fällen ist der Entwurf dem Volk und den Ständen zur Abstimmung - die wir im folgenden der Einfachheit halber als «Volksabstimmung» bezeichnen vorzulegen. Die Bundesversammlung kann dabei die Annahme oder die Verwerfung der Initiative beantragen. Im letzteren Falle kann sie dem Volk und den Ständen einen Gegenentwurf unterbreiten und zur Annahme empfehlen. Diese haben darüber zu entscheiden, ob der vorgeschlagene Text angenommen und in die Verfassung aufgenommen oder abgelehnt werden soll. Falls die Bundesversammlung einen Gegenentwurf beschlossen hat, haben Volk und Stände auch über seine Annahme oder Ablehnung zu befinden. Eine Änderung der Verfassung kommt nur zustande, wenn sie von der Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Bürger und von der Mehrheit der Kantone angenommen ist (Art. 123, Abs. l, BV).

Nachdem die Gültigkeit der Initiative und die Zulässigkeit der Volksbefragung bestritten worden ist, muss in erster Linie zu dieser Frage Stellung genommen werden.

B. Die Gültigkeit der Initiative (Die Zulässigkeit der Volksbefragung) I. Allgemeines 1. Es ist behauptet worden, die Bheinau-Initiative sei ungültig; sieverstosse gegen formelle Vorschriften; ausserdem sei die Übergangsbestimmung unzulässig, weil eine Vorschrift dieser Art nicht in die Verfassung aufgenommen werden könne: daher sei die Bundesversammlung verpflichtet, sie ungültig zu erklären. Die Initiative könne infolgedessen nicht zur Volksabstimmung gebracht werden.

In diesem Sinne hat sich namentlich die Eidgenössische Wasserwirtschaftskommission, das beratende und begutachtende Organ des Bundesrates, in ihrer Sitzung vom 17. November 1953 ausgesprochen. Sie stützte sich dabei auf ein Eeferat ihres Mitgliedes Bundesrichter Corrodi.

Ferner hat das Ostschweizerische Aktionskomitee für Kraftwerk Eheinau und Hochrheinschiffahrt in einer Eingabe an den Bundesrat vom 25. Januar 1954 die Auffassung vertreten, diese Initiative sollte von der Bundesversammlung zurückgewiesen werden. Es berief sich auf ein von alt Bundesrichter Nägeli der

733

Schweizerischen Freisinnigen Partei erstattetes Gutachten vom 12. November 1958 und einen Vortrag von Professor Liver, den er im EnergiekonsumentenVerband gehalten hat.

Den gegenteiligen Standpunkt, wonach die Initiative zur Volksabstimmung gebracht werden1 muss, ist namentlich von den Initianten eingenommen worden. Sie konnten sich auf ein Gutachten von Professor Giacometti vom 24. September 1953 stützen.

Wegen der grossen politischen Bedeutung dieser Frage ist sie auch in der Tagespresse äusserst lebhaft erörtert worden.

2. Die Frage, ob die Initiative gültig sei und zur Volksabstimmung gebracht werden müsse oder nicht, ist einereine E e c h t s f r a g e . Sie muss daher nur nach rechtlichen, nicht nach politischen Gesichtspunkten beurteilt werden.

Und zwar gilt das sowohl für die Beurteilung des gültigen Zustandekommens der Initiative wie auch für die Frage, was in die Verfassung aufgenommen werden kann. Dagegen hat die andere Frage, was in die Verfassung aufgenommen werden soll, d. h. ob die vorliegende Initiative anzunehmen oder abzulehnen sei, verfassungspolitischen Charakter.

3. Von grundlegender Bedeutung für das Schicksal dieser Initiative ist die Zuständigkeit für die Beurteilung der Gültigkeit der Initiative.

Steht diese bei der Bundesversammlung oder bei Volk und Ständen? Für die Beantwortung müssen zwei Fragen deutlicher auseinandergehalten werden, als das bisher geschehen ist.

Einerseits handelt es sich um die Frage, ob die Initiative den Voraussetzungen genügt, welche die Verfassung und das Gesetz aufgestellt haben, um Volk und Stände zur Stellungnahme über eine vorgeschlagene Verfassungsrevision zu veranlassen. Hiefür kann nur die Bundesversammlung zuständig sein. Denn diese hat gemäss Artikel 121, Absatz 6, BV, zur Initiative Stellung zu nehmen und sie dem Volk und den Ständen «zur Annahme oder zur Verwerfung vorzulegen». Bevor sie das kann, muss sie feststellen, ob eine Initiative im Sinne von Artikel 121 BV vorliegt und ob die dort und im Gesetz vorgesehenen Gültigkeitserfordernisse erfüllt sind oder nicht. Das entspricht denn auch der einheitlichen Praxis der Bundesversammlung.

Anderseits fragt es sich, was Volk und Stände durch ihren Beschluss in die BV aufnehmen können. Offenbar muss der Entscheid über diese Frage ihnen selbst und nicht der Bundesversammlung überlassen
werden. Andernfalls stünde die Ausübung des höchsten Souveränitätsrechts - wenigstens zu einem wesentlichen Teil - der Bundesversammlung und nicht mehr Volk und S t ä n d e n zu. Denn die Bimdesversammlunghätte endgültig darüber zu entscheiden, ob eine Verfassungsrevision überhaupt durchgeführt werden kann oder nicht. Volk und Stände aber könnten selbst mit einem starken Mehrheitsbeschluss keine neue Bestimmung in die Verfassung aufnehmen, wenn die Bundesversammlung nicht zustimmen würde, d. h. wenn nicht beide Eäte sich auf eine Neuerung verständigen könnten. Und zwar würde das nicht

734

nur für die Verfassungsrevision auf dem Wege der Initiative, sondern auch für jene auf dem Wege der Bundesgesetzgebung gelten. Also wäre keine Verfassungsrevision ohne Zustimmung der Bundesversammlung möglich. Der Sinn der Verfassungsinitiative ist aber gerade der, eine Verfassungsrevision auch gegen den Willen der Bundesversammlung zu ermöglichen. Deshalb soll eine kleine Minderheit der Stimmberechtigten das Eecht haben, unabhängig von der Stellungnahme der Bundesversammlung zu erzwingen, dass Volk und Stände Gelegenheit erhalten, zu einem Bevisionsvorschlag Stellung zu nehmen. Sie soll, wie Nationalrat Locher bei der Einführung der Volksinitiative ausführte, das Eecht haben, «an die Instanz zu appellieren, die in der demokratischen Republik die höchste ist, an den Souverän, an das Volk». Aus diesem Grunde kann die Bundesversammlung nicht zuständig sein, darüber zu entscheiden, was in die Bundesverfassung aufgenommen werden kann, sollen nicht Volk und Stände zu einem wesentlichen Teil ihrer Souveränitätsrechte beraubt .und das Volksrecht der Initiative entwertet werden. Bisher hat die Bundesversammlung denn auch nie eine solche Kompetenz in Anspruch genommen.

Demnach ist die Bundesversammlung nicht zuständig, darüber zu entscheiden, ob die Übergangsbestimmung' in die Verfassung aufgenommen werden kann oder nicht. Das muss dem Volk und den Ständen überlassen werden.

II. Das gültige Zustandekommen der Initiative 1. Gemäss Artikel 121, Absatz 2, BV umfasst die Volksanregung «das von fünfzigtausend stimmberechtigten Schweizerbürgern gestellte Begehren auf Erlass, Aufhebung oder Abänderung bestimmter Artikel der Bundesverfassung».

Bezüglich der Eheinau-Initiative haben die beiden Eäte bereits in einem früheren Verfahren festgestellt, dass mehr als fünfzigtausend stimmberechtigte Schweizerbürger die Initiative unterzeichnet haben, und zwar innerhalb der Frist von sechs Monaten (gemäss Art. 5 des Bundesgesetzes vom 27. Januar 1892 über das Verfahren bei Volksbegehren usw.). Es kann auch kein Zweifel darüber bestehen, dass das Initiativbegehren auf Abänderung eines bestimmten Artikels der Bundesverfassung gerichtet ist; denn es wird die Aufnahme eines Zusatzes zu Artikel 24bls, Absatz 2, B V verlangt.

Es wird allerdings behauptet, die vorgeschlagene Bestimmung könne nicht zum Gegenstand einer Initiative
gemacht werden, weil sie nicht in die Verfassung aufgenommen werden könne. Darin liegt aber ein Trugschluss. Denn es ist wie bereits ausgeführt wurde - ausschliesslich Sache von Volk und Ständen, darüber zu entscheiden, was in die Verfassung aufgenommen werden kann.

2. Auf das gültige Zustandekommen der Initiative bezieht sich hingegen der weitere Einwand, dass die Einheit der M a t e r i e verletzt sei. Wenn nämlich mehrere verschiedene Materien zur Aufnahme in die Bundesverfassung vorgeschlagen werden, so hat jede derselben den Gegenstand eines besonderen Initiativbegehrens zu bilden (Art. 121, Abs. 3, BV). ,Diese ^Einheit wird allgemein als ein Gültigkeitserfordernis angesehen.

735 Bezüglich der Bheinau-Initiative wird nun geltend gemacht, , dass die Hauptbestimmung und die Übergangsbestimmung zwei verschiedene Materien zum Gegenstand hätten; sie ständen nicht in einem logischen Verhältnis zueinander;, die sogenannte Übergangsbestimmung sei in "Wirklichkeit nicht eine Übergangsbestimmung zur vorgeschlagenen Hauptbestimmung, sondern zu Artikel 22 des Wasserrechtsgesetzes (WEG); die Hauptbestimmung und die Übergangsbestimmung enthalten auch Vorschriften verschiedener Art und ungleicher Stufe; die erstere habe rechtssetzenden, die letztere rechtsanwendenden Charakter. Aus diesen Gründen müsse die Initiative von der Bundesversammlung in zwei selbständige Initiativen aufgeteilt werden; falls das nicht möglich sei, müsse die ganze Initiative ungültig erklärt werden.

Diese Einwendungen erweisen sich aber bei näherer Prüfung als unbegründet.

Die Einheit der Materie wird von der Verfassung verlangt, damit der stimmberechtigte Bürger die Möglichkeit hat, bei der Abstimmung seinen wirklichen Willen- zum Ausdruck zu bringen. Das wäre aber nicht der Fall, wenn zwei Materien miteinander, verknüpft wurden, die innerlich nicht zusammengehören. Der Bürger soll.nicht genötigt sein, wenn er einem Teil der Initiative zustimmen will, auch einem andern, nicht dazugehörenden Teil zuzustimmen.

Indessen will die, Verfassung nicht schlechthin jede Initiative als unzulässig bezeichnen, welche die Möglichkeit einer derartigen Zwangslage mit sich bringt.

Denn in einem geringern Umfange kann diese Zwangslage bei jeder Initiative gegeben sein,,bei der mehr als eine Frage gestellt ist, oder bei der die einzige gestellte Frage in Sonderfragen aufgeteilt werden könnte; und das ist fast unbe-.

grenzt möglich..Es ist kaum zu vermeiden, dass der Bürger sich schlüssig machen rnuss, ob er eine Bestimmung, die ihm in der Hauptsache gefällt, annehmen will, obschon sie ihm in einem untergeordneten Punkte nicht gefällt. Was, die Verfassung verhindern will, ist lediglich die sachlich nicht g e r e c h t f e r t i g t e Verkuppelung verschiedener Materien. Nur in diesem Falle kann der Bürger erwarten, dass ihm die Zwangslage erspart werde : andernfalls wäre das Initiativrecht praktisch nicht durchführbar.

.Zweifellos kann ein logischer Zusammenhang genügen ; so jetwa, wenn eine Bestimmung die logische
Voraussetzung für eine andere ist. Das ist aber nicht, notwendig. Es kann auch ein praktischer Zusammenhang genügen, so dass z. B.

eine Massnahme das notwendige Mittel für die Durchführung der andern ist.

So etwa, wenn gleichzeitig mit der Einführung eines neuen Institutes die Finanzierung seines Unterhalts vorgeschlagen wird. Darüber besteht in der Wissenschaft Übereinstimmung (vgl. Burckhardt, Kommentar zur BV, S. 815; Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. 731 f., und in der Schweizerischen Juristenzeitung, Band 32, S. 93 ff., sowie Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 396, N. 9).

Es bedarf wohl keiner näheren Begründung dafür, dass ein solcher Zusammenhang zwischen einer Hauptbestimmung und ihrer Übergangsbestimmung gegeben ist. Beide gehören zusammen; ihre Regelung im gleichen Erlass ist.

denn auch die Eegel. Es kann aber, auch nicht gesagt werden, die sogenannte Übergangsbestimmung sei nicht eine wirkliche Übergangsbestimmung zur

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Hauptbestimmung. Denn die erstere regelt den Beginn der zeitlichen Geltung der letzteren: Die Hauptbestimmung soll nämlich'rückwirkend auf eine bereits vor ihrem Inkrafttreten erteilte Konzession angewendet werden. Eichtig ist allerdings, dass eine mit der Hauptbestimmung wörtlich übereinstimmende Gesetze svorschrift schon in Kraft ist. Dieser Umstand kann aber nicht hindern, dass die für die Verfassung vorgeschlagene Hauptbestimmung eine selbständige Verfassungsvorschrift ist, deren zeitliche Geltung unabhängig von der Gesetzesvorschrift geregelt werden kann. Übrigens hätte die rückwirkende Anwendbarerklärung der Gesetzesvorschrift auf die Eheinau-Konzession gar keinen Sinn, da diese Vorschrift im Zeitpunkt der Erteilung der Konzession bereits in Geltung stand.

Ausserdem wäre der nötige Zusammenhang selbst dann gegeben, wenn beide Bestimmungen selbständig nebeneinander bestehen würden. Denn die Übergangsbestimmung dient genau dem gleichen Zweck wie die Hauptbestimmung, nämlich dem Schutze von Naturschönheiten.

Es wird an anderer Stelle nachzuweisen sein, dass die beiden Bestimmungen auch nicht von verschiedener Art und Stufe sind. Beides sind Verfassungsvorschriften, also von der gleichen Stufe und Art. Der Umstand, dass die eine Bestimmung eine allgemein gültige Vorschrift enthält, während die andere nur einen bestimmten Fall betrifft, vermag daran nichts zu ändern.

Die Praxis der Bundesversammlung hat es mit der Einheit der Materie nicht streng genommen (vgl. Büeler: Das Volksinitiativrecht, Diss. Zürich 1925, S. 68 f.). So wurde zum Beispiel bei der am 80. Januar 1921 verworfenen Militärjustizinitiative die Einheit bejaht, obwohl die Initiative neben der Aufhebung der Militärjustiz gewisse Beschränkungen bezüglich der Disziplinarstrafen verlangte. Ferner wurde die Initiative betreffend die Vermögensabgabe vom Jahre 1920 als Einheit zur Volksabstimmung gebracht, obschon diese Initiative das finanzpolitische Postulat der Vermögensabgabe mit gewissen wirtschaftspolitischen Postulaten (z. B. Abgabe bestimmter Wertpapiere) verband. Aus der neueren Zeit ist zu erinnern an die Initiative betreffend die Erhöhung der Mitgliederzahl des Bundesrates von sieben auf neun und die Volkswahl des Bundesrates, vom Jahre 1989. Auch diese wurde ungeteilt zur Volksabstimmung gebracht (vgl. BB11940, S. 604). Bei
der Diskussion dieser Frage berief man sich darauf, dass diese beiden Fragen auf Grund einer Initiative vom Jahre 1900 bereits als Einheit dem Volke vorgelegt worden waren. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das Volksbegehren zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Krise und Not, das sich auf verschiedene Gegenstände des Wirtschaftslebens bezog, ebenfalls nicht aufgeteilt, sondern als Ganzes zur Volksabstimmung gebracht worden ist (Abstimmung vom 2. Juni 1935, BEI 1935, I, 279). Beizufügen ist, dass die Bundesversammlung in einem einzigen Falle eine Aufteilung vorgenommen hat, nämlich bei der sogenannten Ausländerinitiative vom Jahre 1920, welche einerseits die Erschwerung der Einbürgerung und anderseits eine schärfere Handhabe der Fremdenpolizei verlangte. Sie wurde in zwei Initiativen aufgeteilt, die dem Volk getrennt vorgelegt wurden (vgl. BEI 1921, III, 335). Hingegen ist

· ·

.

737

noch nie eine Initiative ungültig erklärt worden. Der Bundesrat hat vielmehr die Auffassung vertreten, es entspreche einem demokratischen Prinzip, dass ein Volksbegehren nicht ungültig erklärt werde. Abgesehen von dem einen Fall der Aufteilung ist also die Einheit der Materie immer bejaht worden. Sie ist auch bei der Eheinau-Initiative offenbar gegeben. ' Übrigens w.äre eine A u f t e i l u n g der Initiative, d.h. die Abtrennung der Übergangsbestimmung von der Hauptbestimmung, nicht zulässig. Denn nach Artikel 8 des Bundesgesetzes vom Jahre 1892 ist der Entwurf «so wie derselbe lautet» zur Volksabstimmung zu bringen. Es ist auch sachlich nicht dasselbe, ob mehrere Fragen zur Abstimmung gelangen, von denen jede selbständig angenommen oder abgelehnt werden kann, oder ob sie alle gesamthaft angenommen oder abgelehnt werden müssen (z. B. Ausbaui der Wasserkraft und Erhebung einer1 Steuer). Nur die gesamthafte Behandlung ist von der Initiative verlangt worden. Deshalb muss auch die Volksabstimmung gesamthaft erfolgen. Das entspricht der herrschenden Auffassung in der Literatur1). Die Bundesversammlung hat - wie bereits erwähnt - nur in einem Falle eine Ausnahme gemacht, und zwar, auf Antrag des Bundesrates 2 ).

; Mit der Bejahung der Einheit der Materie ist auch der weitere Einwand abgelehnt, dass es unzulässig .und logisch unmöglich sei. die Übergangsbestimmung gleichzeitig mit der Haiiptbestimmung in Kraft zu setzen. Das entspricht im Gegenteil der ganz allgemeinen Eegel 3).

' Nicht hierher gehört hingegen die Frage, ob mit einer Verfassungsbestimmung ein einzelner Fall geregelt werden könne, oder ob diese allgemein verbindlichen Charakter haben müsse. Denn dabei handelt es sich, nicht um das gültige Zustandekommen der Initiative, sondern um die Frage, was in die Verfassung aufgenommen werden kann. Sie wird an anderer Stelle (S. 747) zu erörtern sein.

Entsprechendes gilt für die Frage, ob eine Verfassungsbestimmung eine Begründung enthalten dürfe, und ob eine Gesetzesbestimmung (Art. 22 WEG) zur Verfassungsvorsschrift erhoben werden könne.

III. Die rechtliche Zulässigkeit der Übergangsbestimmung (Die sogenannten materiellen Schranken der Verfassungsrevision) Während bei der Hauptbestimmung ausser Zweifel steht, dass sie in die Verfassung aufgenommen werden könnte, wenn Volk und Stände sich dafür
aussprechen würden, ist bei der Übergangsbestimmung schqn diese Möglichkeit bestritten. Ein Teil der Gegner der Initiative nimmt nämlich an, dass selbst das Volk und die Stände nicht vollständig frei seien, in die Verfassung aufzunehmen^ -1) So z. B. Burckhardt, Kommentar, S. 816; Fleiner, Bundesstaatsrecht, S. 397; Giaoometti, Bundesstaatsrecht, S. 733, und Lampert, Bundesstaatsrecht, S. 87, lit. d.

2 ).BEI s

1920, IV, 147.

!

) Vgl. z. B. die Übergangsbestimmungen zur B V und die Begelung beim ZGB, OB, StGB.

!

Bundesblatt. 106. Jahrg. Bd. I.'

55

738 was ihnen beliebt; vielmehr gebe es gewisse Grundsätze, über die sie sich auch durch einen Mehrheitsbeschluss nicht hinwegsetzen können. Man bezeichnet diese als die materiellen Schranken der Verfassungsrevision. Zu diesen werden u. a. die Grundsätze der Eechtsgleichheit, der Eigentumsgarantie und der Gewaltentrennung sowie die völkerrechtlichen Verpflichtungen gerechnet. Nach der Auffassung dieser Gegner würde die Übergangsbestimmung gegen diese drei Grundsätze und gegen das Völkerrecht verstossen. Da solche Vorschriften gar nicht in die Bundesverfassung aufgenommen werden dürfen, sei es Pflicht der beiden Eäte, die vorliegende initiative der Volksabstimmung zu entziehen.

Die gegenteilige grundsätzliche Auffassung geht dahin, dass es überhaupt keine inhaltlichen Beschränkungen der Kevision der Bundesverfassung gebe. Volk und Stände seien durchaus frei, in die Verfassung aufzunehmen, was sie für richtig, d.h. für gerecht und zweckmässig, halten. Inhaltliche Schranken könne es nur für untergeordnete Instanzen geben, nicht aber für den Souverän als die oberste Instanz unserer Eechtsordnung.

Der politische Kampf um die Eheinau-Initiative, der bereits sehr lebhafte Formen angenommen hat, dreht sich in erster Linie um die prinzipielle Frage, ob es überhaupt inhaltliche Beschränkungen der Eevision der BV gibt, welche für Volk und Stände verbindlich sind. Sie ist nicht nur für die in Frage stehende Initiative, sondern ganz allgemein von grundsätzlicher Bedeutung. Nur im Falle ihrer Bejahung wäre zu prüfen, welches diese Schranken sind, und ob die Initiative gegen sie verstösst.

. Denkbar sind inhaltliche Beschränkungen, die sich auf zwei verschiedene Quellen stützen: entweder auf Vorschriften, die über der BV stehen (völkerrechtliche Schranken), oder auf solche in der BV selbst.

1. Die völkerrechtlichen Beschränkungen der Verfassungsrevision Es ist möglich, dass der Eevision einer bestimmten Verfassung inhaltliche Beschränkungen durch einen dieser Verfassung übergeordneten Willen gesetzt sind. Schranken dieser Art sind zweifellos für den Verfassungsgeber verbindlich. Wenn sie als Gültigkeitsvoraussetzungen aufgestellt sind, kann die Verfassung nur im Eahmen dieser Vorschriften gültig revidiert werden.

Solche Schranken sind für die Verfassungen der Gliedstaaten regelmässig durch die Bundesverfassung
aufgestellt. Das trifft in der Schweiz für die Kantonsverfassungen zu. Nach Artikel 6 BV dürfen nämlich die Kantonsverfassungen nichts der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthalten; sie müssen die Ausübung der politischen Eechte-nach republikanischen (repräsentativen und demokratischen) Formen sichern, vom Volke angenommen worden sein und revidiert werden können, wenn die absolute Mehrheit der Bürger es verlangt.

Für die Biwwteverfassung fehlt es hingegen an solchen Schranken, da es keinen dem Verfassungsgeber (d. h. Volk und Ständen) positivrechtlich übergeordneten Willen gibt, an dessen Vorschriften er gebunden wäre. Eine solche

739

Schranke wäre nur dann gegeben, wenn die Schweiz einem ihr übergeordneten Staate angehören würde, welcher Schranken aufgestellt hätte, von deren Einhaltung die Gültigkeit der Bevision der BV abhängen würde. Einem solchen Überstaat gehört die Schweiz jedoch nicht an. Das allgemeine Völkerrecht hat aber nicht in dem Sinne den Vorrang vor dem Verfassungsrecht der Einzelstaaten, dass diese nicht die Befugnis hätten, in ihrer Verfassung etwas anzuordnen, was nicht dem Völkerrecht gemäss ist.

Professor Burckhardt, der hochangesehene Kommentator unserer BV, schreibt zu dieser Frage1): «Es gibt im Völkerrecht deshalb) weil jeder Staat Herr der rechtlichen Entscheidung bleibt, auch keine eigentliche Organisation, nicht nur keine rechtssatzmässige. staatliche, sondern auch keine rechtsgeschäftliche, statutarische. Der Staat kann sich auch der Verfügung über seine subjektiven Bechte und der Entscheidung über seine Pflichten nicht zuhanden einer mit einem andern Staat vereinbarten Instanz entäussern.» Das wird auch von andern Autoren anerkannt 2 ).

Eindeutig hat das BundesgericM sich für diese Auffassung ausgesprochen, da auch hier der' Grundsatz gelte, dass ein späterer Erlass einem früheren vorgeht. Daraus schliesst es: «Conformément à cette maxime le traité récent abroge ipso iure les dispositions de la loi antérieure et, inversement, la loi récente paralyse l'application en Suisse d'un traité plus ancie?!-» 3).

Um so mehr muss eine spätere Verfassungsvorschrift, dem früher abgeschlossenen Staatsvertrage vorgehen.

Demnach kann wohl nicht die Eede davon sein, dass das Völkerrecht der Aufnahme der Übergangsbestimmung in die Verfassung entgegenstehen würde.

Eine andere Frage ist es hingegen, ob die Schweiz durch die Aufhebung der erteilten Konzession sich nicht völkerrechtlich verantwortlich machen würde..

Das ist aber nur von Bedeutung dafür, ob die Übergangsbestimmung angenommen oder abgelehnt werden, soll.

: Werin es richtig ist, dass der einzelne Staat in seiner Verfassung Bestimmungen aufstellen kann, welche mit dem Völkerrecht nicht vereinbar sind, so kann die Schaffung solchen Bechts! auch auf dem Wege der Initiative verlangt werden, da gemäss Artikel 121, Absatz 2, B V mit dieser alles verlangt werden darf, was in die Verfassung aufgenommen werden kann.

Dem steht die Tatsache nicht entgegen,
dass unser Staa^srecht keine Initiative auf unmittelbare Aufhebung völkerrechtlicher Verpflichtungen kennt.

Denn mit der Bheinau-Initiative wird gar nicht die unmittelbare Aufhebung völkerrechtlicher Verpflichtungen verlangt. Was sie postuliert, ist lediglich eine Verfassungsrevision. Daher stellt sich die Initiative zweifellos als Verfassungsinitiative dar. Sie wird nicht schon deswegen zu einer Staatsvertragsinitiative, 1

) In seinem Buche über die Organisation der Rechtsgemeinschaft, S. 359.

) Z. B. von Prof. Giacometti (in seinem Gutachten), im Gegensatz zu alt Bundesrichter Nägeli.

") g GB 59 II 337 f.

2

740

weil die vorgeschlagene Verfassungsbestimnmng sich auf die staatsvertraglichen Verpflichtungen der Schweiz auswirkt. Andernfalls hätte schon manche Initiative ungültig erklärt werden müssen.

Den Beweis für die Eichtigkeit dieser Auffassung erbringt der letzte Absatz des Verfassungsartikels über den Beitritt der Schweiz zum Völkerbund. Dieser bestimmte: «Artikel 121 der Bundesverfassung betreffend die Volksanregüng (Initiative) ist auch für die Kündigung des Völkerbundsvertrages und den Bücktritt von diesem anwendbar.» Es besteht kein Zweifel darüber, dass damit nicht etwa eine Staatsvertragsinitiative für einen speziellen Fall geschaffen werden wollte; es wurde lediglich das Eecht der Initiative auf Angelegenheiten eines Staatsvertrages anwendbar erklärt. Nun darf aber aus dem Umstände, dass hiefür eine ausdrückliche Bestimmung für nötig befunden worden ist, nicht geschlossen werden, dass ohne diese Vorschrift das Initiativrecht für Staatsverträge nicht Geltung gehabt hätte. Denn die Aufnahme dieser Bestimmung ist nur der Klarheit wegen erfolgt. Es musste nämlich vermieden werden, dass aus dem zweitletzten Absatz, welcher für die Kündigung und den Eücktritt die Volksabstimmung vorschreibt, der Schluss gezogen werde, dass damit der Weg der Initiative ausgeschlossen werden wolle.

Mit einer Verfassungsinitiative kann somit eine Verfassungsänderung auch dann verlangt werden, wenn sich aus ihr Eingriffe in staatsvertragliche Verpflichtungen der Schweiz ergeben.

2. Die in der Bundesverfassung selbst enthaltenen Schranken Die wichtigsten Einwände gegen die Zulässigkeit der Volksabstimmung stützen sich auf die Annahme, dass aus der Bundesverfassung selbst gewisse Bestimmungen abzuleiten seien, welche die Eevision der Verfassung nach dem Inhalt beschränken. Es geht hier also um die Frage, ob die BV sogenannte autonome Schranken der Eevision kenne.

Dabei wird auch von den Gegnern der Initiative zugegeben, dass die BV keine ausdrückliche Bestimmung in diesem Sinne enthält. Dagegen wird behauptet, es entspreche ihrem Sinn und Willen, dass gewisse in ihr enthaltene Grundsätze unantastbar seien und infolgedessen selbst durch eine Eevision nicht beseitigt werden können, ja, dass nicht einmal eine Ausnahme von ihnen statuiert werden könne. Man bezeichnet diese Eechte als verfassungsbeständige Eechte und die
aus dem Verbot ihrer Beseitigung oder Abänderung sich ergebende Beschränkung als negative Schranken der Eevision. Lassen sich solche aus der BV ableiten ? Hiezu ist folgendes festzustellen : Da sich die richtige Lösung nur durch Auslegung der BV gewinnen lässt, ist 'zunächst an die hierfür geltenden Eegeln zu erinnern. Es ist wohl anerkannt, dass die allgemeinen Eegeln über die Auslegung objektiver Eechtssätze nur insoweit anwendbar sind, als sich aus der besonderen Natur des Verfassungsrechts nicht etwas anderes ergibt. Aus solchen Gründen werden z. B. die analoge An-

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Wendung einer Bestimmung, die ausdehnende Auslegung und der sogenannte Umkehrschluss als unzulässig betrachtet. Eine weitere Beschränkung ergibt sich aus der föderativen Struktur, welche unserer BV einen bündnisähnlichen und damit vertragsähnlichen Charakter gibt. Daher kommt der historischen Betrachtungsweise bei ihrer Auslegung die grössere Bedeutung zu als bei der Auslegung des Gesetzes. In bezug auf die letztere hat das Bundesgericht in einem Entscheid aus neuester Zeit *) zwar der Entstehungsgeschichte eine geringe Bedeutung beigemessen; es komme mehr auf den Text des Gesetzes, die innere Logik und den Zweck an, wobei die gegenwärtigen Umstände und die Entwicklung der Technik zu berücksichtigen seien. Die Richtigkeit dieser Auffassung ist schon auf dem Gebiete des Gesetzesrechts beätritten. Im Verfassungsrecht ist sie aber auch vom Bundesgericht selbst (in einem nicht publizierten Entscheide vom 14. September 1928) mit Recht abgelehnt worden.

Wollte man nämlich im Verfassungsrecht nur auf den Wortlaut und die veränderten Verhältnisse abstellen, so könnte z. B., wie ,das Bundesgericht ausführt, auf' Grund von Artikel 74 BV das Frauenstimmrecht durch b'losse Interpretation eingeführt werden, wie das versucht worden ist. Der Bundesrat und die beiden Bäte haben das aber abgelehnt 2 ). Für die Auslegung der Verfassung fallen somit in Betracht : der Verfassungstext, die Entstehungsgeschichte, der Zweck der Bestimmungen, die bisherige Praxis und die Auffassungen der Rechtslehre.

Es ist naheliegend, dass unter diesen Auslegungsmitteln dem Wortlaut der Verfassung die grossie Bedeutung zukommt, da weder eine analoge noch eine ausdehnende Auslegung zulässig ist. Für die behaupteten Schranken müsste deshalb eine Verfassungsvorschrift nachgewiesen werden können. An einer solchen fehlt es aber anerkanntermassen. Die einzige Bestimmung, welche sich mit .dieser Frage befasst, nämlich Artikel 118 B V, sagt: «Die Bundesverfassung kann jederzeit ganz oder teilweise revidiert werden.» Dieser Wortlaut ist so vorbehaltlos und eindeutig, dass er nicht einmal eine Andeutung einer materiellen · Schranke enthält. Im Gegenteil müssten solche Schranken verneint werden, wenn man nur auf ihn abstellen Wollte.

Auch die Entstehungsgeschichte der B V gibt keine Anhaltspunkte für die Annahme materieller : Schranken. Die
einzige in Aussicht genommene inhaltliche Beschränkung fand sich in Artikel 2, Absatz 2, der ersten helvetischen Verfassung vom 12. April 1798. Sie lautete: «La forme du gouvernement, quelques modifications qu'elle puisse éprouver, sera toujours une démocratie représentative.» Schon die Entwürfe zur heutigen B V enthielten diese Beschränkung nicht mehr. Derjenige vom Mai 1833 sah vielmehr die Möglichkeit einer «teilweisen oder allgemeinen Revision» vor, allerdings erst nach sechs Jahren seit der An-

!)

BGE 78 I 30.

2 ) Vgl. Bericht des Bundesrates vom 2. Februar 1951, BB1 1951, I, 347 ff., StenBuU NR 1951, 512.

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nähme der Verfassung (Art. 104). In der definitiven Fassung vom Jahre 1848 wurde auch diese zeitliche Beschränkung fallen gelassen.

In den Materialien für die Verfassung vom Jahre 1848 finden sich nicht einmal Andeutungen, welche auf den Vorbehalt materieller Schranken schliessen lassen. Im Gegenteil wurde in den Beratungen der am 16. August 1847 ernannten Verfassungskommission darauf hingewiesen, dass auf die Garantie der Kantonsverfassungen nicht zu grosses Gewicht gelegt werden dürfe, weil es auf Grund der Volkssouveränität der Mehrheit der Bürger jederzeit freistehen müsse, die Verfassung beliebig zu ändern. In der reinen Demokratie existiere ein Absolutismus so gut wie in der unumschränkten Monarchie, nur mit dem wesentlichen Unterschied, dass der absolute Wille, das Eecht so oder anders zu gestalten, diese oder jene staatliche Einrichtung festzusetzen, nicht einzelnen Individuen oder Klassen, sondern der Gesamtheit des Volkes zukomme. Darauf wurde erwidert, man werde allgemein damit einiggehen, dass der Souverän die Freiheit habe, die Verfassung jederzeit beliebig zu ändern, nur dürfe das nicht auf jede beliebige ungeregelte Art geschehen (Art. 26 des Protokolls). In diesem Zusammenhang wurde auch ausgeführt, in der Demokratie ordne das Volk seine staatlichen Einrichtungen je nach dem Masse des Bedürfnisses oder der Erkenntnis. Das sei der Ausfluss seines freien, durch nichts beschränkten Willens.

Die Erleichterung der Eevisionsmöglichkeit sei deswegen nötig, weil die Erfahrung beweise, dass die meisten Eevolutionen ihre Ursachen gerade darin fanden, dass den Verfassungsänderungen zu viele Hindernisse in den Weg gelegt waren.

Aus der Entstehungsgeschichte ist somit zu entnehmen, dass man keine materiellen Schranken irgendwelcher Art aufstellen wollte.

Daraus ergibt sich auch, dass der Zweck der Eevisionsbestimmungen darauf gerichtet war, jede inhaltliche Beschränkung auszuschliessen, damit die Souveränität des Volkes sich ungehindert auswirken könne. Wenn eine materielle Beschränkung der Eevision beabsichtigt war, so war es die, dass die freie Eevidierbarkeit der Verfassung auch in Zukunft nicht ausgeschlossen werden dürfe.

Das entsprach der Lehre Eousseaus, nach welcher der Pouvoir constituant auf seine Kompetenzen nicht wirksam verzichten könne.

Die Praxis der politischen Bundesbehörden
hat inhaltliche Schranken der Verfassungsrevision konsequent abgelehnt. Auf Antrag des Bundesrates hat die Bundesversammlung einerseits verneint, dass solche Schranken bereits bestehen, anderseits hat sie die nachträgliche Einführung von Schranken abgelehnt.

Die Frage, ob eine Initiative wegen Verletzung materieller Schranken der Verfassung der Volksabstimmung entzogen werden könne, stellte sich der Bundesversammlung wohl erstmals im Jahre 1894 anlässlich der Zollinitiative.

Ein einlässlich begründeter Antrag Gobats, die Initiative nicht zur Volksabstimmung zu bringen, wurde als verfassungswidrig bezeichnet und hierauf zurückgezogen *).

1

) Vgl. Salis, Bundesrecht, II, Nr. 362.

743

Die gleiche Präge stellte sich wieder anlässlich des Beitritts der Schweiz zum Völkerbund. Der Bundesrat bemerkte in der Botschaft vom 4. August 1919, an deren Ausarbeitung Professor Max Huber beteiligt war 1 ): «Für die Verfassungsgesetzgebung gibt es nur Schranken der Form, aber keine des Inhaltes.»Dieselbe Auffassung kommt in einer Eeihe anderer Botschaften zum Ausdruck. So z. B. in der Botschaft yorn 17. März 1947 betreffend die Wiedervereinigung der beiden Basel2), in der zweiten Botschaft über den gleichen Gegenstand, vom 14. Oktober 1947 3), und in der Botschaft vom 14. Oktober 1946 betreffend Wirtschaftsreform und Eechte der Arbeit 4).

Besonders einlässlich hat sich der Bundesrat zu dieser Frage in seiner Botschaft vom 16. November 1948 betreffend die Eevision des Bundesgesetzes vom 27. Januar 1892 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend die Eevision der BV 5) ausgesprochen. Ein Postulat der nationalrätlichen Kommission hatte nämlich die Frage aufgeworfen, ob nicht die Möglichkeit geschaffen werden könne, gegenstandslos gewordene Initiativen ohne Abstimmung des Volkes durch die eidgenössischen Bäte zu erledigen. Gedacht war dabei an die Möglichkeit, die Vorschriften über die Ungültigerklärung einer Initiative analog anzuwenden. Der Bundesrat verneinte die Zulässigkeit der Ungültigerklärung einer angeblich überholten Initiative und fügte zur Begründung bei: «Die Initiative ist nicht nur eines unserer wichtigsten Volksrechte, sondern sie gehört auch zu jenen, welche keine inhaltlichen Einschränkungen ertragen. Sie kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn den Initianten in der Bestimmung des Inhalts volle Freiheit gelassen wird, im Vertrauen darauf, dass Volk und Stände bei der Abstimmung zum Hechten sehen werden. ... Inhaltliche Beschränkungen glauben wir also ablehnen zu sollen» 6).

Aber auch alle Bestrebungen zur Einführung materieller Schranken der Verfassungsrevision hat die Bundesversammlung abgelehnt.

Im Zusammenhang mit der oben erwähnten Zollinitiative vom Jahre 1894 hatte Nationälrat Gobat in einer Motion die Prüfung angeregt, ob nicht die Verfassung, mit Bücksicht auf ihren Vertragscharakter, dahin zu revidieren sei, «dass weder die Grundlagen der Verfassung noch die allgemeinen Grundsätze des öffentlichen Eechts Gegenstand eines Volksbegehrens sein können». Diese
Motion wurde dann aber - wohl wegen ihrer Aussichtslosigkeit - zurückgezogen.

Fast di ei Jahrzehnte später, im Dezember 1922, wurde die gleiche Frage in den beiden Bäten auf dem Wege der Motion wieder aufgegriffen, nachdem man im ersten Weltkrieg gewisse Erfahrungen gemacht hatte. Im Ständerat stellte *) 2 ) 3 ) Fazy.

4 ) 5 ) «)

BEI 1919, IV, 630.

BEI 1947, I, 1066.

BB1 1947, III, 277, mit Gutachten von Prof. Max Huber und Bundesrichter BB1 1946, III, 825 ff.

BEI 1948, III, 917 ff.

S. 919.

i

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Brügger in seiner Motion neben einer Eeihe anderer Punkte folgende Forderungen auf: «I. Unvernünftige oder revolutionäre Initiativen sollen als unzulässig erklärt werden können, so z. B. eine Initiative auf Sozialisierung.der Frauen und Kinder, Aufhebung der Ehe und der Familie oder die Aufhebung des Privateigentums.» «2. Über die Zulässigkeit einer Initiative hat die Bundesversammlung zu entscheiden.» Diese Motion wurde aber vom Ständerat abgelehnt1). Gleichzeitig hatte Maillefer im Nationalrat in einer Motion die Eevision des Artikels 121 B V «zwecks Ausschaltung rnissbräuchlicher Ausübung des Initiativrechts» verlangt. Auch diese Motion wurde indessen : abgelehnt 2).

Dieser einheitlichen Praxis des Bundesrates und der Bundesversammlung, welche das Bestehen materieller Schranken unzweideutig ablehnt, wird gelegentlich die Praxis des Bundesgerichts entgegengehalten. Das Bundesgericht hat allerdings mehrmals kantonale Verfassungsbestimmungen ungültig erklärt wegen Verletzung des Grundsatzes der Eechtsgleichheit oder der Trennung der Gewalten oder der Eigentumsgarantie. Es hat auch Entscheide einer Kantonsregierung, mit welchen die Durchführung einer durch Initiative verlangten Volksabstimmung im Kanton abgelehnt wurde, geschützt. In allen Fällen ist das aber wegen Verletzung der .Bwwcfesverfassung geschehen, nicht in der Annahme, dass in einer Kantonsverfassung eine materielle Schranke enthalten sei. Dass aber eine gegen die B V verstossende Vorschrift einer Kantonsverfassung, selbst wenn sie vom Volk angenommen wurde, ohne weiteres ungültig ist, ergibt sich aus der ausdrücklichen Vorschrift des Artikels 2 der Übergangsbestimmungen der BV; Bundesrecht bricht kantonalesEecht. Aus diesem Grunde hat der Bundesrat z. B. die am 11. Februar 1952 erlassene «Ergänzung des Gesetzes des Kantons Schaffhausen vom 17. Januar 1879 über die Gewässer» als unwirksam bezeichnet. Ausserdem können gemäss Artikel 84, lit. a, OG kantonale Erlasse oder Verfügungen (Entscheide) beim Bundesgericht auf dem Wege der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Eechte der Bürger angefochten werden.

Daraus geht hervor, dass die Entscheidungen des Bundesgerichts in kantonalen Angelegenheiten nicht einmal vergleichsweise herangezogen werden können, um die Zulässigkeit einer Eevision der Bundesverfassung
zu beurteilen.

Denn es bestehen grundlegende Unterschiede : Für die Eevision einer Kantonsverfassung gelten die übergeordneten Schranken der BV, für diese selbst aber gibt es - wie bereits ausgeführt - keine solchen. Im Gegenteil ergibt sich aus Artikel 113, Absatz 3, BV, dass die von der Bundesversammlung erlassenen Gesetze und allgemeinverbindlichen Beschlüsse sowie die von ihr genehmigten Staatsverträge für das Bundesgericht selbst dann verbindlich sind, wenn sie sich als bundesverfassungswidrig erweisen.

Die Praxis des Bundesgerichts steht also mit derjenigen der politischen Bundesbehörden nicht im Widerspruch.

!) Burckhardt, Bundesrecht, Nr. 572, III.

2 ) Burckhardt, Bundesrecht, Nr. 572, IV.

745

Die schweizerische Rechtslehre zeigt nicht ein so einheitliches Bild. Immerhin ist festzustellen, dass es nach der heute in der Literatur fasti allgemein vertretenen Ansicht keine inhaltlichen Beschränkungen gibt, welche der Aufnahme der Übergangsbestimmungen auf dem Wege der Initiative entgegenstehen würden.

Die herrschende Auffassung lehnt solche Schranken sogar ohne jeden Vorbehalt ab. In diesem Sinne sagt z. B. Professor Burckhardt x ): «Dem Inhalte nach kann die Verfassungsrevision nicht beschränkt werden, gehe sie nun von der Bundesversammlung selbst oder vom Volke aus; es bleibt den Vorschlagsberechtigten und in letzter Linie Volk und Ständen überlassen, zu entscheiden, welche Materien sich zur Aufnahme in die B V eignen.» Professor Max Huber hat bei der Erörterung der Zulässigkeit einer Vereinigung beider Basel sogar erklärt, eine Initiative sei auch zulässig für Verfassungsänderungen, die für den Staat grundlegend seien und die Aufgabe seiner eigenen Existenz durchführen sollen 2).

Auch Professor Fleiner 3) ist der Ansicht, dass der Bundesversammlung kein Recht zustehe, einen durch eine Volksinitiative vorgelegten Verfassungsartikel mit der Begründung zurückzuweisen, dass sein Inhalt keine Verfassungsmaterie beschlage 4).

Dagegen anerkennt Professor Giacometti 5) gewisse Schranken. Nach ihm müssen die Vorschriften, welche die notwendigen Organe der Verfassungsänderung (nämlich die Bundesversammlung, die Stimmberechtigten und die Stände) einsetzen, als unabänderbar bszeichnet werden; unzulässig sind nach seiner Ansicht auch die Auflösung der Eidgenossenschaft oder der Kantone sowie die Beseitigung des Referendums und der Freiheitsrechte der BV; im übrigen sei der Verfassungsgesetzgeber allmächtig. Keine dieser Schranken kommt aber bei der Rheinau-Initiative in Frage 6). Weitergehende Beschränkungen sind wohl nur von Professor Liver (in seinem Vortrag) angenommen worden, jedoch ohne einlässliche Begründung.

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) In Beinern Kommentar, S. 815.

) Zitiert in BGE 61, I, 172.

3 ) Bundesstaatsrecht, S. 398.

4 ) Fleiner hat später allerdings Vorbehalte hinsichtlich der Staatsform und der Gleichberechtigung der Sprachen gemacht (Mélanges Hauriou, S. 291). Dagegen spricht Prof. Berney von einem «droit d'initiative illimité dans son objet »'(L'initiative populaire, 1896, S. 369). Im gleichen Sinne haben sich ausgesprochen: Borgeaud (Etablissement et révision des constitutions, Paris 1893. S. 395), v. Waldkirch (Mü?vvirkung des Volkes bei der Rechtssetzung, Diss. Bern 1918. S. 80); Buppert (Die Unterscheidung von Verfassungsinitiative und Gesetzesinitiative, Diss. Zürich 1933, S. 36); Haug (Die Schranken der Verfassungsrevision, Diss. Zürich 1946) und alt Bundesrichter Nägeli (in seinem Gutachten).

5 ) Bundesstaatsrecht, S. 705.

6 ) Das gleiche gilt für die Auffassung von Prof. Nef (Materielle Schranken der Verfassungsrevision, in ZSR 1942, S. 108 ff.). Nawiasky (Aufbau und Begriff der Eidgenossenschaft, 1937, S. 39 ff.) und Bauhofer (Eidgenossenschaft, S. 83) anerkennen nur die föderative Struktur des Staates als Schranke der Verfassungsrevision.

2

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Vergleichsweise wird gelegentlich auch auf die Regelung anderer Staaten hingewiesen, insbesondere auf diejenige der Verfassung Westdeutschlands1).

Dort sind allerdings gewisse Schranken der Verfassungsrevision aufgestellt (z. B.

in bezug auf die Form des Staates als demokratischer und sozialer Bundesstaat und die unveräusserlichen Menschenrechte). Es darf aber nicht übersehen werden, dass sich diese Schranken nur gegen das Parlament richten: Der Bundestag und der Bundesrat, welche mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder eine Verfassungsänderung herbeiführen können, sollen sich über sie nicht hinwegsetzen können. Dagegen ist das Volk bei einer Abstimmung nicht an sie gebunden. Nach Artikel 73 verliert denn auch die ganze Verfassung ihre Gültigkeit, sobald das Volk in freier Entschliessung eine andere beschliesst.

Schliesslich ist noch auf den logischen Widerspruch hinzuweisen, der in der Annahme liegt, dass Volk und Stände an einzelne Vorschriften der von ihnen selbst aufgestellten Verfassung gebunden sein sollen. Nach Professor Burckhardt kann eine Verfassung gar nicht über ihre eigene Geltung verfügen. «Sowenig das Gesetz oder die Verordnung», sagt er, «sich selbst in Kraft setzen, d. h. selbst den Eechtstitel ihrer Verbindlichkeit abgeben können, sowenig können sie die Bedingungen ihrer Geltung oder Abänderung bestimmen.

Diese Eegeln müssen einer über ihnen stehenden Ordnung entnommen werden.

Über Gesetz und Verordnung steht die Verfassung; über der Verfassung steht aber nichts mehr. Die Eevisionsbestimmungen, die doch selbst in der Verfassung stehen und mit ihr stehen und fallen, beanspruchen, zu bestimmen, wie neues Verfassungsrecht gelten soll. Das können sie nicht, da sie selbst nur kraft der gegenwärtigen Verfassung und als ihr Bestandteil Gültigkeit haben» 2). Es verhalte sich auch nicht so, dass die Eevisionsbestimmungen über der Verfassung stünden. Daher gebe es keine verfassungsbeständigen Eechte 3).

Selbst wenn also Volk und Stände eine ausdrückliche Beschränkung der Eevision in die BV aufgenommen hätten, wären sie daran nicht gebunden, wie ja auch der einzelne Mensch die Möglichkeit hat, auf einen von ihm frei gefassten Entschluss jederzeit zurückzukommen.

Zur Frage, ob die BV selbst ihre Eevision stillschweigend nach dem Inhalt beschränke, kann somit zusammenfassend
folgendes festgestellt werden.

1 ) Des sogenannten Bonner Grundgesetzes vom 23. Mai 1949, Artikel 79, Absatz 3, in Verbindung mit Artikel l und 20.

2 ) Organisation der Rechtsgemeinschaft, S. 208 ff.

3 ) Eine abweichende Auffassung wird von Giacometti (Bundesstaatsreoht, S. 701 ff.) vertreten. Zwar anerkennt er die grundsätzliche Bichtigkeit von Burckhardts Überlegungen. Er will aber eine Ausnahme machen, wenn der Verfassungsgesetzgeber aus einer Mehrheit von Einzelorganen oder zusammengesetzten Organen bestehe, bei denen die einzelnen Organe nacheinander in Tätigkeit treten; das treffe in der Eidgenossenschaft zu, indem die Bundesversammlung, das Volk und die Stände nur Teilfunktionen ausüben. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Revision der BV durch einen einzigen Beschluss in der Volksabstimmung zustande kommt. Volk und Stände treten nicht nacheinander in Funktion, und ihr Beschluss ist von demjenigen der Bundesversammlung vollständig unabhängig.

747 Nach dem Verfassungstext kann die Verfassung jederzeit ganz revidiert werden. Aus der Entstehungsgeschichte geht hervor, dass man dem Volk und den Ständen die unbeschränkte Macht geben wollte, welche früher einem absoluten Monarchen zustand. Die unbeschränkte Möglichkeit der Verfassungsrevision entsprach daher dem Zweck der Revisionsbestimmungen. Die Praxis des Bundesrates und der Bundesversammlung hat diese Auffassung denn auch ausnahmslos und eindeutig vertreten. Das Bundesgericht hat nie eine gegenteilige Entscheidung getroffen. Über die Zulässigkeit einer eidgenössischen Initiative hat es sich überhaupt nicht auszusprechen. Die Unzulässigkeit einer kantonalrechtlichen Initiative hat es aber nur aus dem übergeordneten eidgenössischen Recht abgeleitet. Deshalb können diese Entscheidungen nicht einmal vergleichsweise herangezogen werden. Endlich ergibt sich, dass in der Literatur vorwiegend jegliche Beschränkung der Eeyision nach dem Inhalt abgelehnt wird. Von den Vertretern, welche materielle Schranken zulassen, geht jedoch nur eine Minderheit so weit, dass sie Beschränkungen annimmt, die für die RheinauInitiative von Bedeutung sein könnten. Schliesslich ist es auch logisch widerspruchsvoll, dass Volk und Stände an die von ihnen selbst aufgestellten Schranken gebunden sein sollen.

Unter diesen Umständen drängt sich der Schluss auf .dass die B V auch stillschweigend keine inhaltlichen Schranken der Verfassungsrevision enthält.

3. Das Erfordernis der allgemeinen und abstrakten Formulierung der Verfassungsvorschrift Von Gegnern der Initiative wird die Ungültigkeit derselben endlich damit begründet, dass die Übergangsbestimmung nicht eine allgemein imd abstrakt formulierte Regelung darstelle; sie sei deshalb überhaupt keine Rechtsnorm, sondern eine Einzelverfügung, ein Urteil, mit dem eine rechtskräftige Verwaltungsverfügung aufgehoben werden soll: aus diesem Grunde könne sie nicht in die BV aufgenommen werden und auch nicht den Inhalt einer gültigen Initiative bilden. , In tatsächlicher Hinsicht ist zunächst anzuerkennen, dass die Übergangsbestimmung nur einen Einzelfall regem will: Sie bezweckt ausschliesslich die Aufhebung der erteilten Rheinau-Konzession und die Verhinderung ihrer Erneuerung.

Es ist auch unbestreitbar, dass> eine solche Verfassungsvorschrift nicht nur sehr ungewöhnlich ist,
sondern den allgemein anerkannten Regeln einer zweckmässigen und gerechten Ordnung in hohem Masse widerspricht. Daraus folgt aber keineswegs, dass die Initiative von der Bundesversammlung ungültig erklärt und der Volksabstimmung entzogen werden kann. Denn es ist -- wie bereits dargetan wurde - ausschliesslich Sache des Volkes und der Stände, darüber zu entscheiden, ob die vorgeschlagene Regelung unzweckmässig und ungerecht sei. Hingegen dürfte Grund genug für die Ablehnung der Übergangsbestimmung in der Volksabstimmung gegeben sein.

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In Frage steht hier lediglich, ob eine nicht allgemein formulierte Bestimmung durch einen Beschluss der Mehrheit des Volkes und der Stände zu einer geltenden Verfassungsbestimmung gemacht werden könne oder nicht. Für die Verneinung werden zwei verschiedene Begründungen angeführt.

Die erste Begründung stützt sich auf die BV selbst. Wenn Artikel 121 BV von der Eevision der Bundesverfassung spreche und sage, dass sie auch auf dem Wege der JiuiLdesgesetzgebung durchgeführt werden könne, so folge daraus, dass nur generell und abstrakt formulierte Vorschriften in die Verfassung aufgenommen werden können. Denn sowohl unter Verfassung wie unter Gesetz verstehe man eine Sammlung allgemeiner Eechtssätze, die auf alle gleichartigen Tatbestände angewendet werden können, nicht eine Sammlung von Verwaltungsverfügungen oder Urteilen1).

Mit dieser Begründung wird aber nichts anderes als eine in der BV selbst enthaltene materielle (sog. autonome) Schranke geltend gemacht. Diese Schranke ist als eine «materielle» deshalb anzusehen, weil sie darüber entscheidet, was in die Verfassung aufgenommen werden kann, und nicht, wie das geschieht. Es ist aber bereits ausgeführt worden, dass die B V keinerlei Schranke dieser Art kennt.

Auch die Aufnahme einer Einzelverfügung ist nicht ausgeschlossen.

Die ,zweite Auffassung betrachtet die Übergangsbestimmung als ungültig, ' weil ihr der Charakter eines Eechtssatzes fehle. Dieser wird als ein allgemein gültiger, von der einzelnen Eegelung unabhängiger Begriff angesehen 2).

Nun ist bereits dargetan worden, dass es keine überstaatlichen, für Volk und Stände verbindlichen Vorschriften gibt. Dass eine Verfassungsvorschrift nicht einen einzelnen Fall regeln kann, ergibt sich aber auch nicht etwa aus den Gesetzen der Logik. Es ist zwar richtig, dass man sich unter einem Eechtssatz in der Eegel eine allgemein formulierte Vorschrift vorstellt. Denn nur eine generelle Eegelung kann den Geboten der Eechtsgleichheit und damit der Gerechtigkeit genügen. Das sind aber nur Postulate, die an eine gerechte Eegelung gestellt werden müssen, nicht geltende Bechtsvorschriften oder Forderungen der Logik.

Deshalb bleibt die Möglichkeit bestehen, dass Volk und Stände - z. B. mit Eücksicht auf wichtige Staatsinteressen - eine Ausnahme machen und für einen individuellen Fall in Form einer
Verfassungsvorschrift eine verbindliche Eegel aufstellen. Entscheidend ist dann nur die Abwägung der wohlverstandenen Interessen der Allgemeinheit, unter denen diejenigen der Gerechtigkeit und der Eechtssicherheit von besonderer Bedeutung sind.

Das entspricht auch der herrschenden Auffassung in der Literatur. Besonders klar kommt das bei Burckhardt (Organisation der Bechtsgemeinschaft, S. 266) zum Ausdruck: «Auch der Gesetzgeber kann ja für einen einzelnen Fall Eecht setzen, z. B. wenn er, ohne Berufung auf eine geltende Norm, beschliesst : Die Un1

) Diese Auffassung wird namentlich von alt Buridesrichter Nägeli (in seinem Gutachten) und wohl auch von Prof. Nef vertreten.

2 ) Das scheint die Meinung von Prof. Liver zu sein.

749 ternehmung erhält das Enteignungsrecht; der nächste zum Tode Verurteilte wird begnadigt usw. Das sind individuelle Anordnungen, aber es sind trotzdem keine Urteile (oder Verfügungen), da sie neues Recht schaffen. Wer also für einen einzigen, individuellen Fall etwas anordnet, das als Grundsatz noch nicht verbindlich war, das vielmehr im Verhältnis zu den geltenden Eechtssätzen neu ist, setzt auch Eecht, aber treibt Missbrauch mit der Rechtssetzung, indem er das neue Eecht nicht grundsätzlich, also in abstrakter Formulierung, verbindlich erklärt, sondern nur individuell für den einzelnen Fall1).

Ein Blick auf die Praxis zeigt, dass in der geltenden BV bereits Vorschriften stehen, die nicht generell abstrakt formuliert sind, und dass eine solche Formulierung nie als absolute Voraussetzung für die Aufnahme einer Bestimmung in die Verfassung angesehen worden ist.

Der Bundesrat hat z. B. in seinem Bericht über die Freimaurerinitiative (BB11936, II, 519) ausgeführt, die Unterscheidung zwischen .Gesetzgebung und Vollziehung könne und dürfe den A^erfassungsgesetzgeber «nicht daran hindern, eine Bestimmung, die ihm für die Entwicklung des Staates wichtig erscheint, in die Verfassung aufzunehmen, obwohl sie formaljuristisch nicht in dieselbe gehören würde, weil ihr z. B. das Merkmal der Allgemeinverbindlichkeit fehlt».

Die gleiche Auffassung ergibt sich schon aus der Botschaft vom 4. August 1919 betreffend den Beitritt der Schweiz zum Völkerbund (BEI 1919, IV, 629).

Dort wird bemerkt: «Mit Rücksicht darauf, dass ein Völkerbund seinem Wesen nach etwas einziges ist, kann es sich nicht um eine allgemeine Bestimmung über Völkerbünde handeln, sondern nur um die Stellungnahme zu 'einer bestimmten Erscheinung der internationalen Politik, dem Völkerbundsvertrag vom 28. April 1919.» Eine solche Bestimmung wurde dann in die Verfassung aufgenommen.

Auch andere Verfassungsbestimmungen haben nicht generell abstrakten Charakter. Zu erinnern ist etwa an den Bundesbeschluss vom 6. April 1939, mit welchem dem Bundesrat ein Kredit zum Ausbau der Landesverteidigung und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eröffnet worden ist. Auch die verschiedenen Finanzordnungen enthalten mehrfach Einzelverfügungen. Ferner weist Giacometti in seinem Gutachten darauf hin, dass die zweite Volksinitiative betreffend Eückkehr zur direkten
Demokratie (BB11948, II, 980) die Aufhebung aller vor der Annahme des Artikel 89bls BV als dringlich erklärten Bundesbeschlüsse verlangt habe; damit sei ganz gleich wie bei der Eheinau-Initiative die Aufhebung von einzelnen Verwaltungsakten verlangt worden.

Unter diesen Umständen kann kaum noch ein Zweifel darüber bestehen, dass es zulässig wäre, die Übergangsbestimmung in die Verfassung aufzunehmen, obschon sie nur, eine Verfügung über einen bestimmten einzelnen Fall enthält.

Dass aber gerade dieser Umstand ein Grund mehr für ihre Ablehnung in der Volksabstimmung ist, wird an anderer Stelle (S. 38 f.) darzutun sein.

*) Im gleichen Sinne haben sich ausgesprochen : Prof. Giacometti (in seinem Gutachten), Prof. Berney und Boni. Auch Prof. Kägi erklärt, eine solche Bestimmung könne als echte Ausnahme gerechtfertigt sein.

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IV. Zusammenfassung 1. Aus den vorstehenden Ausführungen dürfte hervorgehen, dass die B V wie Artikel 118 es ausdrücklich sagt - jederzeit ganz revidiert werden kann, so dass keinerlei Bestimmungen darüber bestehen, was zu einer Verfassungsbestimmung gemacht werden kann.

Insbesondere gibt es keine unserer Verfassung übergeordneten Vorschriften, welche die Aufstellung einer gültigen Verfassungsvorschrift verhindern könnten. Auch die Sätze des Völkerrechts und die Verpflichtungen aus einem Staatsvertrag sind für den Verfassungsgeber keine absoluten Hindernisse.

Die BV selbst hat weder ausdrücklich noch stillschweigend materielle Schranken der Bevisi on in diesem Sinne aufgestellt. Vielmehr war die volle Freiheit der Bevisionsmöglichkeit beabsichtigt. Übrigens wäre selbst eine ausdrückliche Verfassungsvorschrift, wonach gewisse Grundsätze der Verfassung nicht abgeändert werden können, für den Verfassungsgeber nicht verbindlich. Denn er kann sich nicht selbst binden; er kann auch die Bevisionsbestimmungen, die ja ebenfalls von ihm aufgestellt worden sind, jederzeit revidieren und dadurch alle Hindernisse beseitigen.

Ebensowenig kann gesagt werden, dass nur eine generell und abstrakt formulierte Bestimmung in die Verfassung aufgenommen werden könne. Die Begelung eines bestimmten Einzelfalles in der Verfassung ist nicht etwa eine logische Unmöglichkeit. Tatsächlich sind Bestimmungen dieser Art bereits in die BV aufgenommen worden.

2. Verneint man aber das Bestehen solcher Schranken, so fällt die Möglichkeit, dass die Bundesversammlung die Bheinau-Initiative ungültig erklären und der Volksabstimmung entziehen könnte, ohne weiteres ausser Betracht.

Ausserdem würde das eine mit der Verfassung nicht vereinbare Verschiebung der Kompetenzen bedeuten. Denn es steht ausser Zweifel, dass in der Eidgenossenschaft nur dem Volk und den Ständen die Befugnis zustehen kann, darüber zu entscheiden, was in die Verfassung aufgenommen werden kann und was nicht.

Um sie in diesem Entscheid von der Bundesversammlung unabhängig zu machen, ist gerade die Initiative eingeführt worden. Sie würde ihren Sinn verlieren, wenn die Bundesversammlung eine Initiative aus inhaltlichen Gründen ungültig erklären könnte.

3. Diesen Ergebnissen wird entgegengehalten, das Fehlen inhaltlicher Schranken der Verfassungsrevision führe zu
einer Abwertung des Normativen in der Verfassung; die Volksinitiative degeneriere auf diesem Wege aus einer sinnvollen Institution der Volksgesetzgebung zu einem gefährlichen Instrument der politischen Agitation ; es bestehe die Gefahr einer krisenhaften Auslegung des Verfassungsgedankens; das bedeute einen Niedergang des Bechts und führe zu einer Krise des Bechtsstaates ; es entstehe ein Gegensatz zwischen dem demokratischen und dem liberalen Gedanken.

Alle diese Einwendungen, soweit sie nicht lediglich auf die Ablehnung der Initiative durch Volk und Stände gerichtet sind, erklären sich aus der Befürch-

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tung, dass Volk und Stände demagogischen Einflüssen unterliegen und einen Entscheid treffen könnten, der den Staat und seine demokratischen Einrichtungen in ihren Grundlagen erschüttern könnte; deshalb müsse die Bundesversammlung zum Eechten sehen und Volk und Ständen gar nicht Gelegenheit geben, ihren Willen zum Ausdruck zu bringen. Wenn aber diese Befürchtungen begründet wären, hätte es wohl wenig Sinn, die Demokratie dadurch retten zu wollen, dass Volk und Ständen das Eecht zur Willensäusserung in einer wichtigen Verfassungsfrage entzogen wird. Denn die Demokratie ist die Staatsform des Vertrauens in die Einsicht und den guten Willen des Volkes.

Diese Überlegungen führen den Bundesrat zum Schluss, dass die EheinauInitiative dem Volk und den Ständen zur Abstimmung unterbreitet werden muss.

C. Die materielle Beurteilung des Volksbegehrens Nachdem feststeht, dass die Initiative zustande gekommen ist und zur Volksabstimmung gebracht werden muss, stellt sich die Frage ihrer Annahme oder Ablehnung. Die Bundesversammlung hat sich dazu zu äussern und dem Volk und den Ständen Annahme oder Ablehnung zu empfehlen (Art. 121. Abs.4, B V). Im letzteren Fall kann sie -- wie bereits erwähnt- einen Gegenentwurf ausarbeiten, der dem Volk und den Ständen gleichzeitig mit der Initiative zu unterbreiten ist (Art. 121, Abs. 6, B V).

I. Die Hauptbestimmung Die Initiative schlägt eine Ergänzung von Artikel 24Ws, Absatz 2, BV vor, der folgenden Wortlaut hat : ' «Die Bundesgesetzgebung stellt die zur Wahrung der öffentlichen Interessen und zur Sicherung der zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte erforderlichen allgemeinen Vorschriften auf. Dabei ist auch die Binnenschiffahrt nach Möglichkeit zu berücksichtigen.» !

.

Dieser in der Verfassung stehenden Bestimmung soll nun folgender Satz beigefügt werden: «Naturschönheiten sind zu schonen und da, wo das allgemeine Interesse an diesen überwiegt, ungeschmälert zu erhalten.» , Diese neu in die Verfassung aufzunehmende Vorschrift stimmt wörtlich überein mit dem ersten Absatz von Artikel 22 des eidgenössischen Wasserrechts' gesetzes (WEG), der seit dem Jahre 1916 bereits in Geltung steht und dort noch durch folgenden Absatz 2 ergänzt ist: «Die Wasserwerke sind so auszuführen, dass sie das Landschaftsbild nicht odermöglichst wenig stören.» Ausserdem enthält das Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung in Artikel 9 eine ähnliche Naturschutzbestimmung. Dessen erster Absatz besagt: «Naturschönheiten sind soweit möglich zu erhalten.» Sein zweiter Absatz stimmt mit dem zweiten Absatz des WEG wörtlich überein; nur bezieht er sich ganz allgemein auf «Werke», nicht bloss auf «Wasserwerke».

752 Durch die Annahme der Hauptbestimmung würde also lediglich eine bereits geltende Gesetzesbestimmung (Art. 22, Abs. l, WEG) unverändert auf die Stufe des Verfassungsrechts gehoben. Damit würde nichts anderes bewirkt als eine Erschwerung der Aufhebung oder Abänderung dieser Bestimmung: In Zukunft würde hiefür -eine blosse Gesetzesänderung nicht mehr genügen, es bedürfte einer Verfassungsänderung. Eine derartige Erschwerung wird aber mit der Initiative gar nicht bezweckt : denn es besteht keine Gefahr, dass die geltende Naturschutzbestimmung durch eine Gesetzesänderung aufgehoben oder abgeschwächt werden wollte. Und wenn eine solche Gefahr bestünde, hätte eine Änderung der Verfassung wohl wenig Aussicht, in der Volksabstimmung angenommen zu werden, . Wie aus der Hauptbestimmung hervorgeht, will die Initiative den Naturschutz verstärken und die zuständige Behörde ganz allgemein verpflichten, die.

Ausnutzung von Wasserkräften unter gleichen Bedingungen in Zukunft nicht mehr zu gestatten. Es wäre aber ein Irrtum, zu glauben, dass dieses Ziel durch die Annahme der Hauptbestimmung erreicht werden könnte. Auch die Übergangsbestimmung würde dazu nicht .genügen, weil ihre Wirkung auf einen einzigen Fall, nämlich die Eheinau-Konzession, beschränkt ist. Will man diesen Zweck aber tatsächlich erreichen, so kann das nur durch eine Änderung des Textes geschehen, so dass dieser keinen Zweifel darüber bestehen lässt, dass eine Wasserrechtsnutzung schon bei geringerem Eingriff in die Naturschönheit verweigert werden muss. Hiefür würde jedoch eine Abänderung :des Artikels 22, Absatz l, WEG genügen; einer Verfassungsänderung bedarf es dazu nicht.

Es ergibt sich also, dass die vorgeschlagene Bestimmung nur einer Gefahr vorbeugt, die gar nicht besteht ; dagegen wird der einzige wirkliche Zweck, nämlich die Verstärkung des Naturschutzes, in keiner Weise erreicht, da ja der massgebende Text wörtlich derselbe bleibt. Damit wird die Aufnahme der Hauptbestimmung in die Verfassung auch für jenen Bürger sinnlos, der eine Verstärkung des Naturschutzes anstrebt. Sie ist daher abzulehnen.

Soll die Bundesversammlung aber einen Gegenvorschlag machen? Eein sachlich betrachtet, hätte ein solcher wohl keine Berechtigung, wenn nur eine Verstärkung des Naturschutzes auf dein Gebiete der Wasserrechtsnutzung angestrebt wird. Denn
in diesem Falle wäre der richtige Weg die Abänderung des Wasserrechtsgesetzes; auf diese Weise könnte der Zweck nicht nur einfacher, sondern auch ebenso wirksam erreicht werden. Die Bestimmungen eines Bundesgesetzes sind ja für die Verwaltung wie für das Bundesgericht in gleicher Weise verbindlich wie die Vorschriften der Verfassung (Art. 113, Abs. 3, BV). Die Wirkung einer Gesetzesvorschrift wäre sogar eindeutiger, da bei ihr kein Zweifel über ihre unmittelbare Anwendbarkeit auf einzelne Fälle besteht, während bei einer Verfassungsvorschrift noch zweifelhaft sein kann, ob sie zu ihrer Verwirklichung nicht einer Ausführung durch das Gesetz bedürfe.

Die Aufnahme einer Naturschutzbestimmung in die Verfassung könnte bloss dann einen guten Sinn haben, wenn der Naturschutzgedanke bundesrechtlich auf einer breiteren Basis - über die Wasserrechtsnutzungen und das Ent-

753 eignungsrecht hinaus - verankert werden soll. Nur wenn das gewollt wäre, käme ein Gegenvorschlag überhaupt in Betracht. In diesem Falle würde sich aber gleichzeitig die Eechtsfrage stellen, ob ein Gegenvorschlag in diesem allgemeineren Sinne zulässig wäre. Denn nach Artikel 10 des Bundesgesetzes vom Jahre 1892 rnuss es sich um einen «die nämliche Verfassungsmaterie beschlagenden Bevisionsentwurf» handeln ; > d . h. der Grundsatz der Einheit der Materie muss auch beim Gegenentwurf gewahrt sein.

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' Selbst wenn man diese Voraussetzung als gegeben annimmt, bleibt noch zu prüfen, ob eine Erweiterung der rechtlichen Begelung des Naturschutzes erwünscht ist. Im Falle der Bejahung fragt sich dann weiter, ob das auf dem Boden des Bundesrechts geschehen soll, indem der Bund die den Kantonen zustehende Kompetenz für sich beansprucht, eventuell ob diese Eegelung zweckmässigerweise im Zusammenhang .mit der vorliegenden Initiative geschaffen werden soll.

Eine einlässliche Erörterung dieser Fragen würde an dieser : Stelle zu weit führen. Dagegen ist auf die bereits früher in Erscheinung getretenen Bestrebungen zum Erlass einer Natur- und Heimatschutzgesetzgebung hinzuweisen.

Schon im Jahre 1925 postulierte Nationalrat Gelpke «einen nachhaltigen Schutz der Gewässer, des Grundbesitzes und des Landschaftsbildes». Im Jahre 1931 wurde im Nationalrat das Postulat Oldani eingereicht, welches den Bundesrat ersuchte, «zu prüfen, ob nicht der Entwurf zu einem weitblickenden Naturschutzgesetz einzubringen sei». Schon im folgenden Jahre fässte der Spitzenverband schweizerischer kultureller Vereinigungen die sogenannte Oltener Eesolution, welche auf die gleichen Ziele gerichtet war. Das Departement des Innern forderte hierauf im Jahre 1933 die Kantonsregierungen in einem Bundschreiben zur Stellungnahme auf. Damals > sprachen sich 9 Kantone : für und 16 Kantone gegen den Brlass einer eidgenössischen Natur- und Heimatschutzgesetzgebung aus.

Im gleichen Jahre legte Oberrichter Dr. Balsiger (Zürich) im Auftrag des Schweizerischen -Bundes für Naturschutz und der Schweizerischen Vereinigung für Heimatschutz einen Entwurf zu einem Verfassungsartikel vor, der als Artikel 23Ws zwischen Artikel 23 und dem heutigen Artikel 23bls eingeschoben werden sollte. Diese Bestimmung hatte folgenden Wortlaut: «1: Der Schutz des Antlitzes
der Heimat und ihrer Natur ist Sache der Kantone und Gemeinden: : 2 Der Bund ist indessen befugt, auf den Antrag eines beteiligten Kantons Landschaften und Aussichtspunkte sowie Natur- und Baudenkmäler in seinen Schutz zu nehmen, wenn ihre Erhaltung im eidgenössischen Interesse liegt.

3 Ohne solchen Antrag ist er befugt, Reklamen zu. verbieten, die das Firmament beanspruchen oder längs Eisenbahnlinien das Landschaftsbild beeinträchtigen sowie einheitliche Bestimmungen über die Beinhaltung der Gewässer und ihre Grenzen zu erlassen.» In einem Entwurf zu einem Ausführungsgesetz wurde u. a. eine vom Bundesrat zu wählende eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission vorgesehen, die als antragstellende, begutachtende und beaufsichtigende Instanz Bundesblatt. 106. Jahrg. Bd. I.

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754 hätte walten sollen. Der Gedanke einer eidgenössischen Naturschutzgesetzgebung wurde aber in der Folge fallen gelassen. Dafür wurde im Jahre 1936 die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkonunission als beratendes Organ des Bundesrates ins Leben gerufen.

Seither hat der Naturschutzgedanke bedeutend an Boden gewonnen und geht weit über den recht engen Bereich der Nutzbarmachung der Wasserkräfte hinaus. Die Aussichten für die Aufnahme eines umfassenden Naturschutzartikels in die BV dürften daher heute erheblich besser sein. Erfahrungsgemäss wäre aber die Aufnahme eines solchen allgemeinen Artikels eine zeitraubende Angelegenheit. Sie würde nicht nur eine eingehende Beratung in den eidgenössischen Bäten, sondern eine vorherige Fühlungnahme mit den kantonalen Behörden und mit den Natur- und Heimatschutzorganisationen voraussetzen. Es ist offenkundig, dass die Verknüpfung mit der Rheinau-Initiative hiefür nicht die nötige Zeit lassen würde, soll nicht der Entscheid über diese ungebührlich hinausgezögert werden.

Aus diesem Grunde glaubt der Bundesrat, den Bäten empfehlen zu müssen, auf die Ausarbeitung eines Gegenvorschlages zur.Initiative zu verzichten.

II. Die Übergangsbestimmung 1. Wurde Artikel 22 des Wasserrechtsgesetzes verletzt ?

Die Übergangsbestimmung führt zur eigenen Begründung aus, die EheinauKonzession sei im Widerspruch oder, wie es im französischen Text heisst, «en violation», d.h. in Verletzung von Artikel 22 des Wasserrechtsgesetzes erteilt worden; zur ungeschmälerten Erhaltung des Eheinfalles sowie zum Schutze der Schönheit der Stromlandschaft Eheinau-Eheinfall sei die Konzession daher aufzuheben.

Der Bundesrat hat die Behauptung, in Erteilung der Bheinau-Konzession Artikel 22 WEG verletzt zu haben, schon mehrfach widerlegt. Besonders ausführlich hat er dies in seinem Eheinau-Entscheid vom 24. Juni 1952 getan, der seinerzeit in Druckschrift eine grosse Verbreitung gefunden hat. Wir können uns hier im wesentlichen darauf beschränken, auf die Ausführungen auf Seite 17 ff., insbesondere aber auf Seiten 20-25, dieser Druckschrift zu verweisen. In Ergänzung jener Ausführungen sei jedoch bezüglich der Frage der behaupteten Verletzung von Artikel 22 WEG noch auf folgende Punkte hingewiesen.

Nach Artikel 39 WEG berücksichtigt die Behörde bei ihrem Entscheide über eine Wasserrechtsverleihung
das öffentliche Wohl, die wirtschaftliche Ausnutzung des Gewässers und die an ihm bestehenden Interessen. Diese Bestimmung ist eine Anweisung an die Verleihungsbehörde, «eine selbstverständliche Maxime, die jedes Gemeinwesen befolgen muss», sagte Burckhardt in einem an das Amt für Wasserwirtschaft erstatteten Gutachten aus dem Jahre 1934. Sie stempelt den Entscheid über eine Wasserrechtsverleihung zu einem Ermessensentscheid, bei dessen Fällung die Naturschutzvorschrift des Artikels 22 WEG als ein Motiv unter mehreren anderen angemessen zu berücksichtigen ist. Über-

755 ·wiegt im konkreten Falle das allgemeine Interesse an Naturschönheiten, sind diese ungeschmälert zu erhalten. Schmälerungen sind dagegen zulässig, wenn dieses Interesse nicht überwiegt, oder wenn es- durch vermehrte Schonung der Schönheiten soviel an Gewicht verloren hat, dass es gegenüber dem verfassungsrechtlich und gesetzlich anerkannten öffentlichen Interesse an der Ausbeutung der Wasserkräfte sowie gegenüber besonderen, im Einzelfall vorhegenden Interessen zurücktritt.

Diesen Ermessensentscheid hat der Bundesrat nach gründlicher Überprüfung des gesamten Problems getroffen. Die gemäss Artikel 39 WEG zu berücksichtigenden Interessen waren während des Verleihungsverfahrens Gegenstand mehrjähriger sorgfältigster Untersuchungen. Die Hauptsorge galt dabei der Wahrung der Naturschutzbelange nach Wort und Sinn des Artikels 22 WEG.

In dieser Beziehung konnte sich der Bundesrat auf die: Stellungnahme der Kantone Zürich und Schaffhausen wie auch auf die Stellungnahme der kantonalen und eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommissionen stützen.

So haben die Eegierungen der Kantone Zürich und Schaffhausen, nachdem die Konzession^projekte betreffend Eheinau in dauernder Fühlungnahme mit den kantonalen und eidgenössischen Natur- und Heimatschutzorganisationen umgearbeitet und nach deren Wünschen verbessert worden waren, mit Beßchluss vom 3. bzw. 2. April 1941 der Erteilung einer Konzession für ein Wasserkraftwerk bei Eheinau unter gewissen, später berücksichtigten Bedingungen' grundsätzlich zugestimmt.

Die Natur- und Heimatschützkommission des Kanton Zürich hatte zwar an ihrem grundsätzlich ablehnenden Standpunkt betreffend das Kraftwerk Eheinau festgehalten, anerkannte aber, dass die verschiedenen Projektänderungen die durch die Erstellung des Kraftwerkes entstehenden Nachteile für das Eluss- und Landschaftsbild bedeutend gemildert hätten. Ebenso hat die Kommission dem Projekt der oberliegenden Stufe Eheinfall «grundsätzlich und in vollem Umfang» zugestimmt. Dabei distanzierte sie sich eindeutig von den Projektvarianten für eine Umfahrung der Eheinstrecke Eheinau-Schaffhausen durch einen Schiffahrtskanal. Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission ihrerseits rückte mit ihrem Bericht vom 30. Mai 1943 an das Departement des Innern von ihrer früheren grundsätzlichen Opposition gegen das
Kraftwerk Eheinau ab und stellte u. a. fest: «Wir anerkennen gern und mit Genugtuung, dass wir heute vor einer wesentlich veränderten, im Sinne der Heimatschutzpostulate verbesserten Situation stehen.» Abgesehen von dieser offiziellen Beiziehung der eidgenössischen und kantonalen Natur- und Heimatschutzkommissionen wurde insbesondere;die Schweizerische Vereinigung für Heimatschutz über den Stand der Projektbearbeitung laufend orientiert. Diese Vereinigung hatte als Verbindungsorgan mit dem Eidgenössischen Amt für Wasserwirtschaft eigens einen aus zwei ihrer prominenten Mitglieder bestehenden Ausschuss bestellt. Es kam in den Jahren 1940/41 zu gemeinsamen Besprechungen und Begehungen der Stromstrecke EheinauSchaffhausen, und es wurden den Vertretern der Vereinigung wiederholt die

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Gründe dargelegt, weshalb die Konzessionserteilung nicht zu umgehen sein werde. Nachdem der Vereinigung im Frühjahr 1941 die Ergebnisse der von ihr gewünschten Untersuchungen bekanntgegeben wurden, meldete sich auch von dieser Seite keine Opposition mehr.

Der Beschluss des Bundesrates vom 22. Dezember 1944 über die Erteilung der Eheinau-Konzession ist nach Artikel 72 WEG endgültig. Anderseits war der Bundesrat nach Artikel 7 und 38, Absatz 8, WEG zuständig, diese Konzession zu erteilen. Schon aus diesen Gründen ist die Behauptung rechtlich unhaltbar, die Eheinau-Konzession sei im Widerspruch zu Artikel 22 WEG erteilt worden, denn überall wo eine staatliche Behörde in endgültiger Zuständigkeit entschieden hat, gilt ihre Entscheidung als rechtmässig. Der damalige Beschluss des Bundesrates wäre es deshalb selbst dann, wenn man annehmen wollte, der Bundesrat hätte den Artikel 22 WEG nicht richtig angewendet. So hat das Bundesgericht in einem Urteil festgestellt : «Die in einer Wasserrechtskonzession getroffene Ordnung der Ausnützung des Wasserrechts ist, auch in Nebenpunkten, für das konzedierende Gemeinwesen verbindlich und kann nicht nachträglich als unverbindlich zurückgenommen werden mit der Behauptung,. die bei Erteilung der Konzession als zulässig befundene Eegelung erweise sich nachträglich als gesetzwidrig oder die Konzessionsbehörde habe mit ihr ihren Zuständigkeitsbereich überschritten.»1) Davon, dass der Bundesrat die Eheinau-Konzession im Widerspruch zu Artikel 22 WEG erteilt hat, kann indessen auch tatsächlich keine Eede sein.

Dies geht vor allem aus den zahlreichen in die Eheinau-Konzession aufgenommenen Bestimmungen zum Schutze der Naturschönheiten und des Landschaftsbildes hervor, so aus Artikel 5, 6 und 11. Der erste Satz von Artikel 5 stimmt sogar mit dem zweiten Absatz von Artikel 22 WEG wörtlich überein. Und der zweite Satz von Artikel 5 entspricht dem Artikel 9, Absatz l, des eidgenössischen Enteignungsgesetzes, der lautet: «Naturschönheiten sind soweit möglich zu erhalten.» Diese Naturschutzbestimmungen der Konzession tragen dafür Sorge, dass die eigentliche Naturschönheit, der Eheinfall und das Landschaftsbild der Klosterinsel Eheinau, nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.

Dem Eheinfall wird zur Wasserkraftnutzung im Eheinau-Werk nicht die geringste Wassermenge entzogen
werden. Der Aufstau des Eheins in Eheinau wird lediglich das Mass der Wasserstandsschwankungen am Fusse des Eheinfalles, d.h. im Eheinfallbecken, vermindern, und zwar werden die Veränderungen innerhalb der Grenzen zwischen den heutigen natürlichen Hoch- und Niederwasserständen bleiben. Dabei steht von vorneherein fest, dass sich zur Sommerzeit, d. h. zur Zeit, da der Eheinfall infolge der grossen Wasserführung das berühmte Naturschauspiel bietet, der Eückstau nicht bis in das Eheinfallbecken auswirken und somit die Fallhöhe nicht vermindern wird.

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) BGE 71 l 211, i. S. Land Glarus gegen Sernf-Niedernbach AG.

757 Die Behauptung, auf der Stromstrecke Eheinfall-Eheinau höre der Rhein zu fliessen auf, ist unrichtig, bestimmt doch die Eheinau-Konzession, dass das dem Werk Bheinau zufliessende Wasser in der Menge, in der es zufliesst, ununterbrochen an das unterhalb liegende Werk abzugeben sei (Art. 6, Abs. 6, der -Verleihung). Während anderseits die Ufer dieser Stromstrecke heute unzugänglich sind, sollen diese den' Besuchern durch die Erstellung öffentlicher Pusswege erschlossen werden (Art. 11, Abs. 6, der Verleihung).

Die Klosterinsel Eheinau wird durch das Kraftwerk an sich nicht beeinträchtigt. Die eigentlichen Kraftwerkanlagen, das Hauptwehr, das als Sektorenwehr ohne alle störenden Aufbauten ausgebildet wird, und die Zentrale werden ca. 500 m oberhalb der Insel errichtet, und zwar derart in der dortigen Biegung des Eheins, dass sie von der Klosterinsel aus kaum mehr sichtbar sind und umgekehrt den schönsten Blick auf Landschaft und Klosterinsel nicht zu stören vermögen. Der Erhaltung der Schönheit der Eheinau-Landschaft dienen insbesondere die beiden Hilfswehre der Eheinauer-Schleife, die dieser das ganze Jahr hindurch einen mittleren Wasserstand sichern. Im Sinne des Gewässerschutzes sollen auch vom Kraftwerksunternehmen die nötigen Anlagen zur Klärung: der Abwasser, der Ortschaft Eheinau und der auf der Klosterinsel gelegenen Irrenanstalt geschaffen werden.

Neben den konkreten, das Bild der Stromlandschaft Eheinfall-Bheinau nach verschiedenen Gesichtspunkten hin schützenden Bestimmungen enthält die Eheinau-Konzession die allgemeine Anweisung, dass die Gestaltung der Bauwerke, die Ausbildung der Ufer, die Anlegung von Strassen, Mauern, Schalt- und Transformatorenanlagen, Leitungen, Deponien, die Eodungen, Bepflanzungen, die Anstriche usw. im engen Einvernehmen mit den zuständigen schweizerischen und deutschen Sachverständigen für Naturschutz zu erfolgen haben (Art. 5, Abs. 4, der Verleihung).

Diese Darlegungen zeigen wohl deutlich genug, dass der Bundesrat in Erteilung der Eheinau-Konzession weder rechtlich noch tatsächlich gegen Artikel 22 des Wasserechtsgesetzes verstossen hat. Der Bundesrat muss daher die in der Übergangsbestimmung der Bheinau.-Initiative zum Ausdruck gebrachte Behauptung, die Eheinau-Konzession sei im Widerspruch zu Artikel 22 WEG erteilt worden, nochmals auf das bestimmteste
zurückweisen. In dieser Behauptung liegt eine unzulässige Beeinflussung der Aktivbürgerschaft.

2. Die Verletzung der Rechtsgleichheit, der Eigentumsgarantie und der Gewaltentrennung Aus der Feststellung, dass die Mehrheit des Volkes und der Stände als Verfassungsgeber an keine materiellen! Schranken der Verfassungsrevision gebunden ist, ergibt sich, dass sie sich auch über die Grundsätze der Eechtsgleichheit, der Eigentumsgarantie und der Gewaltentrennung hinwegsetzen und Ausnahmen von ihnen statuieren könnte. Eine ganz andere Frage ist es, ob es zu empfehlen sei, von diesen Grundsätzen abzuweichen. Hiefür ist folgendes zu berücksichtigen.

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a. In prinzipieller Beziehung bedarf es wohl keines Nachweises dafür, dass alle drei Grundsätze zu den Grundlagen unseres Staates gehören. Die Beseitigung eines einzigen dieser Grundsätze würde den Staat in seinem Wesen grundlegend verändern.

Dag gilt in besonderem Masse vom Grundsatz der Eechtsgleichheit, der in Artikel 4 B V festgelegt ist. Er bildet nicht nur eine Zierde unserer Verfassung, sondern er ist der eigentliche tragende Pfeiler jeder Verfassung, welche Anspruch darauf erheben will, eine gerechte Ordnung aufzustellen. Ohne Eechtsgleichheit gibt es keine Gerechtigkeit Und keine Demokratie. Gemeint ist freilich nicht eine absolute Gleichheit, welche einer Gleichschaltung gleichkommt, sondern eine relative: Gleichbehandlung unter gleichen Voraussetzungen. Ihr Gegensatz ist die Willkür, welche die Verneinung des Kechts bedeutet.

, ' Die Eigentumsgarantie ist zwar in der Bundesverfassung nirgends ausdrücklich festgelegt ; nur in den kantonalen Verfassungen finden sich solche Vorschriften. Trotzdem besteht kein Zweifel darüber, dass die Bundesverfassung das Privateigentum stillschweigend gewährleistet. Auf dieser Ordnung beruht die Anerkennung von Prrvatrechten überhaupt. Die.Anerkennung wohlerworbener Eechte und das Verbot der Eückwirkung von Eechtsvorschriften sind nur Auswirkungen dieses Grundsatzes.

Der Grundsatz der Gewaltentrennung endlich verlangt, dass die drei staatlichen Funktionen - Gesetzgebung, Verwaltung und Eechtsprechung - auf drei verschiedene, voneinander unabhängige Organe verteilt werden. Mit diesem liberalen, auf die Lehre Montesquieus zurückgehenden Prinzip soll eine für die demokratischen Grundsätze gefährliche Machtkonzentration verhindert werden.

Es ist in der Bundesverfassung ebenfalls nicht ausgesprochen; es ist aber anerkannt, dass die Organisation des Bundes auf diesem Grundsatz aufgebaut ist.

Es ist nun sehr bestritten, ob die Übergangsbestimmung gegen diese Prinzipien verstosse. Das wird von den Gegnern der Initiative behauptet. Sie begründen ihre Ablehnung namentlich mit der Verletzung dieser Grundsätze. Die Vertreter dieser Auffassung können sich auf das Gutachten von alt Bundesrichter Nägeli sowie auf die Äusserungen von Prof. Liver stützen. Demgegenüber vertritt Prof. Giacometti in seinem Gutachten die Auffassung, dass durch die Übergangsbestimmung
keines dieser Prinzipien verletzt würde. Eine nähere Prüfung ergibt nun folgendes.

o. Wie verhält sich die Übergangsbestimmung zunächst zum Grundsatz der Eechtsgleichheit? Wie bereits bemerkt, verlangt dieser die Gleichbehandlung aller Bürger unter gleichen. Voraussetzungen. Diesen Erfordernissen kann nur eine Bestimmung genügen, die auf alle Fälle der gleichen Art anwendbar sein will, d. h. eine generelle Vorschrift. Eine individuelle Bestimmung, welche für einen bestimmten Fall eine Sondervorschrift aufstellt, verletzt diesen Grundsatz notwendigerweise; denn sie wäre eben sinnlos, wenn sie nicht eine von der allgemeinen Ordnung abweichende Eegelung aufstellen würde.

759 Da sich .dieser Schiusa schon aus den Gesetzen der Logik ableiten lässt, mag es genügen, zu seiner Stützung auf die folgenden Ausserungen hinzuweisen.

In seinem Werk über die Organisation der Bechtsgemeinschaft führt Prof.

Burekhardt aus: «Der Gesetzgeber, der nur für den einzelnen Fall anordnet, ohne den Gedanken seiner Entscheidung (in abstrakter Weise) auszusprechen, missbraucht seine Stellung und verstösst gegen die Grundsätze des Bechtsstaates» (S. 264). «Denn sicher steht diese Art der Bechtsetzung in Widerspruch mit der Idee des Bechts, als einer grundsätzlichen Forderung. Es ist die widerspruchsvolle Art des willkürlichen Herrschers, der, ohne sich an Grundsätze zu binden, Anordnungen trifft, die trotzdem den Anspruch auf Verbindlichkeit erheben» (S. 276). «Individuelle Anordnungen neuen Bechts sind Ausnahmen vom abstrakten; objektiven Becht und stehen mit der Idee: des Bechtsstaates im Widerspruch; es war die alte Praxis der Privilegien, Dispensationen, Exemtionen, Gnadenakte' aller Art» (S. 276, Fussnote). Ähnliche Gedanken hatte er schon vorher in .seinem Kommentar (S. 28) niedergelegt. \ Das Bundesgericht hat schon in einem Entscheid aus den ersten Jahren seiner Tätigkeit (BGE 6, 8.172 ff.) erklärt: «Das in Artikel 4 B Y niedergelegte Prinzip der Gleichheit aller, Schweizer vor dem Gesetz ist als grundgesetzliche Norm sowohl für die verwaltende und richterliche, als axich für die gesetzgeberische Tätigkeit der Staatsbehörden massgebend; es wird dadurch sowohl gleiche Anwendung des Gesetzes auf alle Bürger, als auch gleiche Behandlung der Bürger durch den Gesetzgeber gefordert. Die Bedeutung und Tragweite des Prinzips der Gleichheit vor dem Gesetz in letzter Bichtung nun bestimmt und beschränkt sich dadurch, dass dieselbe ein Postulat staatlicher Gerechtigkeit ist.» Demnach ist eine individuelle Verfassungsvorschrift mit der Bechtsgleichheit nicht vereinbar.

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, Anderseits ist wohl unbestritten, dass die Übergangsbestimmung nicht eine generelle, auf alle Fälle dieser Art anwendbare Begel, aufstellt, sondern nur einen bestimmten Fall, eben die ! Bheinau-Konzession, zu ihrem Gegenstand macht. Damit ist der Schluss unvermeidlich, dass sie gegen die Bechtsgleichheit verstösst. .

. i Prof. Giacometti verneint in seinem Gutachten einen solchen Verstoss deswegen, weil die Aufhebung
der Wasserrechtskonzession schon nach Artikel 43 WEG hätte erfolgen dürfen; eine Willkür könne auch deswegen nicht vorliegen,, weil sich, die Massnahme aus Gründen des öffentlichen Wohles vollauf begründen , .Damit werden aber zwei Dinge einander gleichgestellt, die sich in einem wesentlichen Punkte unterscheiden. In beiden Fällen wird zwar ein Becht, das im Gesetz (Art. 43 WEG) ausdrücklich als wohlerworben anerkannt ist, unter Berufung auf das öffentliche Wohl.durch den Staat aufgehoben; in einem Falle (nämlich nach Art.,43 WEG) kann das jedoch nur «gegen volle Entschädigung» geschehen, während im andern (nämlich in der Initiative) von einer solchen nicht die Bede ist. Im letzteren Falle würde es sich also um eine entschädigungslose Enteignung handeln, in Abweichung von der allgemeinen Eegel.

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Giacometti erklärt allerdings, die Meinung der Initiative gehe dahin, dass der Bückzug'der Konzession in Anwendung von Artikel 43 WEG, also gegen volle Entschädigung erfolgen müsse; der entschädigungslose Eückzug sei von den Initianten nicht gewollt ; überdies handle es sich um einen expropriationsähnlichen Tatbestand, so dass auch nach Enteignungsrecht volle Entschädigung geleistet werden müsste.

Demgegenüber hat alt Bundesrichter Nage li in seinem Gutachten in überzeugender Weise dargetan, dass die Initiative, wie aus ihrem Text hervorgeht, nicht den Eückzug der Konzession, sondern ihre Ungültigerklärung verlangt. Das setzt aber gerade die Ablehnung einer Entschädigung voraus; denn es wird ja verneint, dass das Becht wohlerworben sei. Daran vermöchte selbst eine ausdrückliche gegenteilige Erklärung der Initianten nichts zu ändern. Ebensowenig der Umstand, dass die Ungültigerklärung zu Unrecht erfolgen würde, da ja die Konzession gültig erworben wurde, wie der Bundesrat in seinem Entscheid vom 24. Juni 1952 nachgewiesen hat. Auch eine Entschädigung aus Enteignungsrecht kann nicht verlangt werden, weil diese nur auf Grund eines Enteignungsverfahrens geleistet werden muss. Eine Leistung des Staates an die Unternehmung käme höchstens in Frage als Ausgleich für die ungleiche Behandlung.

Übrigens würde auch bei Anerkennung der vollen Entschädigungspflicht jene Eechtsungleichheit bestehen bleiben, die sich daraus ergibt, dass bei der Eheinau-Initiative eine andere Instanz als in allen andern Fällen darüber entscheidet, ob die Voraussetzungen für einen wichtigen Eingriff in Privatrechte gegeben seien oder nicht. Das gleiche gilt, wenn man annimmt, es handle sich um eine Enteignung ohne Beobachtung des Enteignungsverfahrens.

Der Grundsatz der Eechtsgleichheit wäre somit durch die Übergangsbestimmung verletzt.

c. Wenn es aber richtig ist, dass die rechtmässig erworbene Konzession, also ein wohlerworbenes Eecht (Art. 48, Abs. l, WEG), ohne Entschädigung entzogen würde, so ist auch die Verletzung der Eigentumsgarantie ohne weiteres gegeben. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass der Entzug des Eechts als Ungültigkerklärung der Konzession deklariert wird.

Prof. B u r c k h a r d t sagt zu dieser Frage (Organisation der Eechtsgemeinschaft, S. 104 ff.) : «Wenn der Konzessionär die ihm verliehene
Befugnis dem Werte nach in seinen geschäftlichen Plänen und Berechnungen eingestellt hat, wie andere ihm zustehende subjektive Eechte, kann sie ihm der Staat nicht entziehen, ohne in seine Vermögensrechte einzugreifen und das Privatrecht selbst als Grundsatz, nämlich die selbständige Verfügung über das einmal erworbene Eecht, in Frage zu stellen ... Wenn' er sie ihm, gegen die ursprüngliche Zusicherung auf Grund veränderter Gesetzgebung wieder entzieht, so stellt er im Grundsatz die Sicherheit der privatrechtlichen Ordnung selbst in Frage. Denn nach bisherigem Eecht war für den Beliehenen das verliehene Eecht (dem Werte nach) ein Bestandteil des Vermögens, das grundsätzlich des Schutzes des Privat- .

rechts teilhaftig sein sollte.»

761 Das Bundesgericht hat in einem Entscheid aus dem Jahre 1944 (BGE 70, I 21 f.) ausgeführt: «Das Bundesgericht hat von jeher anerkannt, dass der verfassungsrechtliche Schutz gegen Eingriff e der öffentlichen Gewalt in individuelle Vermögensrechte nicht auf das Privatrecht beschränkt ist, sondern sich auch auf im öffentlichen Eechte begründete Vermögensrechte erstreckt. Auf öffentlicher Verleihung beruhende Nutzungsrechte an Wasserkräften "wurden stets als der Eigentumsgarantie unterworfene Eechte anerkannt... Gestützt auf diese Auffassung werden nach feststehender Praxis im öffentlichen Eecht begründete Ansprüche dem Schutze der Eigentumsgarantie unterstellt.» d. Die Übergangsbestimmung verstösst überdies in doppeltem Sinne gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung. Einmal wird der gesetzgebenden Instanz die Entscheidung in einem einzelnen Fall zugewiesen, während das normalerweise nach der allgemein anerkannten Auffassung der Verwaltung oder dem Eichter überlassen ist. Wenn es auch richtig ist, dass Volk und Stände das tun könnten, so bleibt doch die Tatsache bestehen, dass sie es nicht tun sollten, weil es dem richtigen Gedanken der Gewaltentrennung widerspricht. Ausserdem sieht die Übergangsbestimmung einen Übergriff in die Unabhängigkeit der Verwaltung vor, indem eine von ihr erlassene Verfügung aufgehoben werden soll. Auch das will der Grundsatz der Gewaltentrennung verhindern. Dieses Prinzip schliesst zwar nicht aus, dass der Gesetzgeber eine Eegelung trifft, welche für die Zukunft ähnliche Entscheidungen verbietet; nur soll das nicht rückwirkend sich auf Verfügungen beziehen, welche die Verwaltung in ihrer Kompetenz bereits, formell rechtskräftig getroffen hat.

Das ist'auch die Auffassung von alt Bundesrichter Nägeli, der sogar soweit geht, dass eine solche individuelle Aufhebung eines Verwaltungsentscheides durch Verfassungsrevision gar nicht möglich sei. , Zu Unrecht wendet Prof. Giacometti ein, der Verfassungsgeber würde die Konzession1 nicht in Ausübung richterlicher Funktionen als rechtswidrig erklären, da das ja nicht in Gutheissung einer Beschwerde, sondern auf Grund einer Verfassungsinitiative geschehe. Denn die Tatsache der Aufhebung einer Verwaltungsverfügung bleibt bestehen. Und gegen sie richtet sich das aus der Gewaltentrennung sich ergebende Verbot, unabhängig davon, in
welcher Form dieser Eingriff verlangt worden ist. Dieser Widerspruch mit der Gewaltentrennung bleibt bestehen, selbst wenn man mit Giacometti annehmen wollte, die verfassungsgebende Gewalt würde mit diesem Akt als Oberverwaltungsbehörde amten. Sie könnte das zwar tun, aber nicht ohne sich mit dem Prinzip in Widerspruch zu setzen, dass die gesetzgebende Gewalt nicht Funktionen übernehmen soll, welche normalerweise der Verwaltung zustehen, und dass sie nicht in ihre Unabhängigkeit eingreifen soll.

Es ergibt sich also, dass die Übergangsbestimmung mit den Grundsätzen der Eechtsgleichheit, der Eigentumsgarantie und der Gewaltentrennung im Widerspruch steht.

762 3. Die Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen Obwohl jeder Staat für sein Gebiet und sein Volk verbindliche Vorschriften aufstellen kann, welche mit dem Völkerrecht nicht vereinbar sind, bleiben seine völkerrechtlichen Verpflichtungen bestehen. Erlässt er solche Vorschriften, so handelt er gegen das Völkerrecht und macht sich verantwortlich. Es stellt sich daher die. Frage, ob die Annahme der Übergangsbestimmung der EheinauInitiative eine Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen bedeuten würde.

Und das hängt davon ab, ob die Schweiz gegenüber Baden-Württemberg verpflichtet sei, die Eheinau-Konzession nicht ohne seine Zustimmung zurückzuziehen.

Das wird bejaht von Prof. Guggenheim (in einem dem Eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartement erstatteten Gutachten vom 12. Mai 1952) und alt Bundesrichter Nägeli. Auch der Bundesrat hat sich in seinem Entscheid vom 24. Juni 1952 in diesem Sinne ausgesprochen. Die gegenteilige Auffassung haben Prof. Giacometti und Prof. Euck in ihren Gutachten vertreten. Die Prüfung dieser Frage hat folgendes ergeben.

a. Wie das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in einem dem Eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartement erstatteten Gutachten vom 29. März 1952 festgestellt hat, geht eine solche Verpflichtung aus dem Vertrag mit D e u t s c h l a n d vom 28. März 1929 über die Eegulierung des Eheins zwischen Strassburg/Kehl und Istein hervor. Im dritten Absatz von Artikel 6 dieses Vertrages sagte nämlich die Schweiz zu, die Verhandlungen betreffend die Erteilung der Wasserrechtskönzession gemeinsam mit der badischen Eegierung zu führen und «möglichst zu beschleunigen», sowie «die Ausführung der Kraftwerke zu erleichtern». Auch wenn man darin nicht die Verpflichtung erblickt, gerade für das Eheinauwerk eine Konzession zu erteilen,'so liegt darin doch die Verpflichtung, eine einmal erteilte Konzession nicht ohne Zustimmung des andern Staates zurückzuziehen. Zu Unrecht behauptet Giacometti, wenn keine Verpflichtung zur Erteilung der Eheinau-Konzession bestanden habe, bestehe auch keine Verpflichtung, die erteilte Konzession nicht zu widerrufen. Denn der Eückzug einer bereits erteilten Konzession ist weder tatsächlich noch rechtlich der Nichterteilung einer Konzession gleichzustellen. Solange eine Konzession noch nicht vorlag, hatte der Bundesrat
noch die Wahl zwischen mehreren in Frage kommenden Möglichkeiten. Wenn aber der Bundesrat eine Konzession erteilt und damit sein Versprechen erfüllt hat, ist er nicht mehr frei, diesen Akt der Erfüllung einseitig rückgängig zu machen. Das wäre eine Verletzung des gegebenen Versprechens. Denn der Gegenkontrahent darf, wie alt, Bundesrichter Nägeli ausführt, sich nach Treu und Glauben darauf verlassen, dass die Verleihung «unter den in ihr bestimmten Bedingungen auch bestehen bleibe, weil mit deren Eücknahme zugleich seine eigene, w;enn nicht rechtlich, so doch tatsächlich fällt, die damit zugestandene Wasserkraftnutzung nicht mehr möglich ist». Offenkundig ist die Verletzung der vertraglichen Verpflichtung auch dann,

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wenn der Widerruf schon vor der Fertigstellung des Werkes erfolgt, .ohne dass der andere Staat zustimmt.

: Unbestreitbar ist ferner wohl das gültige Zustandekommen des Staatsvertrages. Denn er ist von der Bundesversammlung genehmigt und dem fakultativen Eeferendum (gemäss Art. 89, Abs. 3, B V) unterstellt worden (BB1. 1929 III 653).

Die einseitige, Aufhebung der Konzession ohne die Zustimmung des deutschen Vertragspartners würde also eine Verletzung \volkerrechtlicher Verpflichtungen bedeuten. : ' 6. Noch deutlicher ist der Wille beider Staaten, sich gegenseitig zur Unterlassung des Rückzuges der erteilten Konzession zu verpflichten, aus der Konzession und dem N o t e n a u s t a u s c h erkennbar. Das Eidgenössische Justizund Polizeidepartement hat darüber im erwähnten Gutachten folgendes ausgeführt: , « Die Notwendigkeit des Zusammenwirkens beider Staaten bei der Erteilung einer Konzession an einem gemeinsamen Gewässer ergibt sich aus der Natur der Dinge; keiner kann den Strom für sich allein ausnützen, ohne die Eechte des andern Uferstaates zu beeinträchtigen. Daher ist schon in der Übereinkunft vom Jahre 1879 ein gemeinsames Vorgehen vereinbart worden. Die Konzession beruft sich denn auch auf Artikel 5 jener Übereinkunft und bemerkt im Eingang, dass der Bundesrat die Konzession «im Einvernehmen mit der Badischen Eegierung» erteile. Ebensowenig wie die Erteilung einer Konzession kann der Eückzug einer erteilten Konzession von einem Staat einseitig vorgenommen werden, ohne in die Eechte des andern einzugreifen. Bei Anlass der früheren Konzessionserteilungen, die auf Grund von Artikel 5 des Übereinkommens von 1879 im gegenseitigen Einvernehmen erfolgten, ist jeweils eine ausdrückliche Vereinbarung in diesem Sinne getroffen worden. So ist in einem von den Vertretern beider Staaten unterzeichneten Protokoll vom 20. Dezember 1890 zum Übereinkommen betreffend das Wasserwerk bei Eheinfelden vom gleichen Datum eine provisorische Verständigung getroffen worden. Diese wurde dann bestätigt durch den Austausch der badischen Note vom 81. Mai 1891 und der schweizerischen Note vom 15. Juni 1891. Beide Noten enthalten in Ziffer 10 die Bestimmung: «Eine Zurücknahme oder Einschränkung der Konzession wird von einer der be, teiligten Begierungen jedenfalls nur dann, wenn dafür dringende Eücksichten des öffentlichen
Interesses vorliegen und nur nach vorherigem Benehmen mit der anderseitigen Eegierung, verfügt werden. Über Befristungsgesuche, wodurch die durch Zeitablauf (wegen nicht rechtzeitiger Ausführung der Anlagen, wegen Betriebseinstellung u.dgl.) erfolgende Erlöschung der Konzession abgewendet werden soll, wird zum Zwecke tunlichst gleichmässiger, den beiderseitigen Interessen entsprechender Erledigung ein vorheriges Benehmen beider Eegierungen stattfinden.» «Wird die von der Behörde des einen Staates erteilte Konzession durch Zeitablauf oder ausdrückliche Zurücknahme hinfällig, so werden die bei^ derseitigen Eegierungen unter tunlichster Berücksichtigung der Interessen,

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welche auf dem einen oder andern Staatsgebiet hinsichtlich der Errichtung oder des Fortbesteheng der Anlagen obwalten, ein Einverständnis über die zu treffenden Massnahmen, insbesondere über die etwaige Erteilung einer neuen Konzession, herbeiführen.» «Bei der Verleihung der Eheinau-Konzession wurden statt dessen die beiden Konzessionen inhaltlich in Übereinstimmung gebracht; in jeder Konzession ·wurde auf die andere Bezug genommen; die Eechtswirksamkeit der zuerst erteilten wurde von der Erteilung der zweiten Konzession abhängig gemacht, und durch diplomatische Noten wurden die Texte der beiden Konzessionen ausgetauscht. Daraus ergibt sich, dass man sich darauf einigte, beide Konzessionen jedenfalls in ihrer Entstehung voneinander abhängig zu machen. Ferner sind beide Konzessionen im gegenseitigen Einverständnis für die Dauer von 80 Jahren erteilt worden (Art. 2). Und besonders vorgesehen ist das gemeinsame Vorgehen inbezug auf den Widerruf der Konzession, indem beide Verleihungen in Artikel 36, Absatz 2, übereinstimmend sagen: «Die Verleihung kann widerrufen werden, wenn das Kraftwerksunternehmen wesentlichen Bedingungen dieser Verleihung trotz wiederholter Mahnung erheblich zuwiderhandelt. Ehe eine Kegierung von dem Widerruf Gebrauch macht, wird sie sich mit der andern Eegierung ins Benehmen setzen.» Auch in andern wichtigen Fragen, z.B. beim Heimfallsrecht (Art. 25) und beim Eückkauf (Art. 26, Ziffern l und 2), sind die Eechte des Staates Baden anerkannt. Dagegen wird über die Möglichkeit eines Eückzuges aus Gründen des öffentlichen Wohles weder in den Konzessionen noch im Notenaustausch etwas gesagt. Es ist aber klar, dass im Verhältnis zu den Konzessionären trotzdem die gesetzliche Vorschrift des Artikels 43, Absatz 2, gilt. Denn die vom Bundesrat erteilte Konzession untersteht, wie andere schweizerische Konzessionen, dem schweizerischen Eecht. Dagegen sind die Eechte und Pflichten der Schweiz gegenüber dem Lande Baden ausschliesslich nach den getroffenen Vereinbarungen zu beurteilen. Aus Artikel 36, Absatz 2, der beiden Konzessionen muss mm geschlossen werden, dass auch für den einseitigen Eückzug jeder Staat mit dem andern sich ins Benehmen zu setzen hat. Das hat aber nicht etwa die Meinung, dass ein Staat lediglich dem andern vorher mitteilen muss, dass er die Konzession zurückziehen
werde. Vielmehr gilt hier entsprechendes wie bei der Erteilung einer Konzession. Wie die Erteilung nur im gegenseitigen Einverständnis erfolgen soll, so darf grundsätzlich auch der Eückzug von einem Staat nicht ohne das Einverständnis des andern vorgenommen werden. Das müsste wohl selbst dann gelten, wenn es nicht besonders vereinbart worden wäre. Es ergibt sich schon aus der Vereinbarung, dass zwei voneinander abhängige Konzessionen für eine bestimmte Dauer erteilt werden sollen.» Der Gedanke, dass der Widerruf einer Konzession vor Ablauf der Konzessionsfrist nur aus dringlichen Eücksichten.des öffentlichen Interesses und nur im Einvernehmen mit der Eegierung des andern Staates zulässig' sein soll, ist in mehreren Protokollen festgehalten worden, namentlich auch im Eheinauer-Protokoll vom 2./3. Juni 1896 betreffend die Verwertung der Wasserkraft des Eheins bei Eheinau (Art. IV des Protokolls).

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Die Verbindlichkeit dieses Notenaustausches ist von Prof. Giacometti allerdings bestritten worden; der Bundesrat sei nicht zuständig gewesen, eine Vereinbarung zu treffen, welche den Artikel 43, Absatz 2, WEG ausschalte; hiefür hätte es der Zustimmung der Bundesversammlung bedurft. Das ist jedoch aus zwei Gründen unzutreffend.

Einmal ist allgemein anerkannt, dass nur Vereinbarungen, welche der Schweiz n e u e . Verpflichtungen auferlegen, der Zustimmung der Bundesversammlung bedürfen. Vereinbarungen über die blosse Erfüllung einer bereits bestehenden Vertragspflicht sind ohne diese Zustimmung gültig l ). Der in Frage stehende Notenaustausch bedeutet aber nur die Erfüllung der Verpflichtungen aus- den Verträgen von 1879 (Art. 5) und 1929 (Art. 6). Prof. Burckhardt erwähnt diesen Fall als Musterbeispiel einer Vereinbarung, die keine neue Verpflichtung begründet und daher vom Bundesrat selbständig abgeschlossen werden kann. Die Genehmigung der Bundesversammlung war nach bisheriger Auffassung und Praxis somit für die Gültigkeit nicht notwendig.

Sie war es aber auch aus einem andern Grunde nicht. Der Bundesrat hat nämlich die Bheinau-Konzession auf Grund einer Kompetenz erteilt, die ihm das WEG inArtikel? und 38, Absatz3,ausdrücklich eingeräumt hat. Nach der herrschenden Auffassung kann aber der Bundesrat, soweit er innerstaatlich zuständig ist, auch eine völkerrechtliche Vereinbarung selbständig abschliessen 2).

Der Bundesrat hat schon in seinem Bericht vom 11. August 1922 über sein bisheriges Vorgehen in der Eheinfrage daran erinnert, dass er vor dem Inkrafttreten des WEG sich vorbehalten hatte, die Bäte um die Ermächtigung zu ersuchen, «derartige Verträge, sofern sie nicht grundsätzliche Bedeutung haben, ohne besondere Genehmigung eingehen und abändern zu dürfen». Durch die Inkraftsetzung des WEG erhielt er dann in Artikel? die Kompetenz, bei Gewässern, welche die Landesgrenze berühren, «nach Anhörung des; beteiligten Kantons die Nutzungsrechte zu begründen oder die Nutzbarmachung der Wasserkräfte durch den Verfügungsberechtigten selbst zu bewilligen». Darin ist auch die Ermächtigung enthalten, die für die Erteilung der Konzession unerlässlichen Vereinbarungen mit dem Nachbarstaat selbständig abzuschliessen.

Demnach würde die Schweiz mit der Annahme der Übergangsbestimmungen die staatsvertraglich
übernommenen Verpflichtungen verletzen, wenn der vorzeitigen Aufhebung der Konzession deutscherseits nicht zugestimmt wird.

Diese Zustimmung des Landes Baden-Württemberg konnte aber bisher nicht erreicht werden. Das Innenministerium wies vielmehr nach Fühlungnahme mit der Landesregierung darauf hin, dass die öffentliche Stromversorgung des *) Vgl. in diesem Sinne Verwaltungsentscheide 1937 Nr. 26 und 1941 Nr. 7, Giacometti, Bundesstaatsrecht, S. 818, Guggenheim, Lehrbuch des Völkerrechts, S. 67 2f., Burckhardt, Kommentar, S. 675.

. ' ' ) In diesem Sinne haben sich ausgesprochen z.B. Guggenheim (Lehrbuch, S. .68), unter Berufung auf Schindler (in Juristenzeitung 1934/35, S. 311 ff.), und Picoard (Der Abschluss internationaler Verträge, Diss. Zürich 1938, S. 183 ff.), im Gegensatz zu Giaeometti (in der Juristenzeitung 1934/35, S. 369 ff.).

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Landes sich mit ihren Investitionen bereits darauf eingestellt habe, dass das Eheinauwerk rechtzeitig nach Bauprogramm in Betrieb gesetzt werde; das sei zur Stützung der oberbadischen elektrochemischen Industrie notwendig; der Eückzug der Konzession, aber auch eine blosse Hinausschiebung des Baues würde dem Geist und dem Wortlaut der Staatsverträge von 1879 und 1929 widersprechen ; diese völkerrechtlichen Verpflichtungen könnten auch durch eine Verfassungsänderung nicht aufgehoben oder eingeschränkt werden.

c. Aber auch abgesehen von einer speziellen staatsvertraglichen Verpflichtung nimmt die herrschende Auffassung an, durch die im gegenseitigen Einvernehmen erteilte, inhaltlich weitgehend übereinstimmende Konzession sei zwischen beiden Staaten ein nachbarrechtliches Gemeinschaftsverhältnis entstanden, welches die einseitige Verfügung eines Uferstaates über seine Konzession ausschliesse, wenn das zu einer Schädigung des andern Staates führen würde. In diesem Sinne haben sich speziell mit Bezug auf die Eheinau-Konzession Prof. Guggenheim und Prof. Sauser-Hall ausgesprochen, letzterer in einer an der Académie de droit international de la Haye im Sommer 1953 gehaltenen Vorlesung.

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4. Die Entschädigungsfrage Es ist offenkundig, dass die Aufhebung der Eheinau-Konzession ganz beträchtliche Schäden zur Folge hätte, so dass sich die Frage erhebt, wer diese tragen müsste. Bei der Erörterung dieser Frage muss sich der Bundesrat gewisse Beschränkungen auferlegen, sollen nicht die Interessen der Eidgenossenschaft für den Fall rechtlicher Auseinandersetzungen präjudiziert werden. Das gilt namentlich von der rechtlichen Beurteilung. Deshalb muss sich der Bundesrat auf folgende Hinweise beschränken.

Was zunächst die Schadenersatzpflicht gegenüber der Unternehmung betrifft, wird es - falls die Initiative angenommen wird und eine Einigung nicht möglich ist - Sache des Schweizerischen Eichters sein, darüber zu entscheiden, ob eine Schadenersatzleistung.geschuldet ist, eventuell von wem und in welchem Umfange. Wenn Artikel 43 WEG anwendbar wäre, müsste volle Entschädigung geleistet werden. Ebenso wenn die Grundsätze des Enteignungsgesetzes zur Grundlage genommen werden müssten (Art. 16). Und zwar sind bei der Festsetzung der Entschädigung «alle Nachteile zu berücksichtigen, die dem Enteigneten aus der Entziehung
oder Beschränkung seiner Eechte erwachsen».

Dazu gehören «der volle Verkehrswert des enteigneten Eechts» und «alle weitern dem Enteigneten verursachten Nachteile, die sich nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge als Folge der Enteignung voraussehen lassen» (Art. 19). Dabei ist «auch die Möglichkeit einer bessern Verwendung angemessenen zu berücksichtigen» (Art. 20, Abs. 1). Und nach privatrechtlichen Grundsätzen hat derjenige, der den Vertrag nicht erfüllt, «für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle» (Art. 97, Abs. l, des Obligationenrechts); der andere hat die Wahl, entweder Ersatz des entgangenen Gewinns (Art. 107, Abs. 2) oder des positiven Schadens zu

'.:

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verlangen (Ari. 109, Abs. 2). Ähnliche Grundsätze müssten wohl auch gelten, ·wenn eine Leistung gemacht werden wollte oder müsste zum Ausgleich der rechtsungleichen Behandlung.

Um einen Anhaltspunkt für die Abschätzung des möglichen positiven Schadens zu geben, ist festzustellen, dass die Elektrizitätswerk Bheinau AG. bis Ende Januar 1954 rund 52 Millionen Franken engagiert hatte. Dazu würdennoch die Kosten umfangreicher Sicherungs-, Abbruchs-und Wiederherstellungsarbeiten kommen.

, Bezüglich der Schadenersatzpflicht gegenüber Baden-Württemberg muss sich der Bundesrat auf die Feststellung beschränken, dass dieses Land für den Fall eines Eückzuges der Konzession seine Schadenersatzforderung bereits in Aussicht gestellt hat. Es hat auch in unmissverständlicher Weise zu erkennen gegeben, dass sich diese nicht auf den Ersatz des Ausfalles an Konzessionsgebühren und Wass.erzins beschränken, sondern auch die Wiedergutmachung des volkswirtschaftlichen Schadens des Landes umfassen würde.

:' · .

5. Weitere Auswirkungen Volkswirtschaftlich hätte der Eückzug der Konzession die Folge, dass die Energieproduktion des Werkes, die von seiner Vollendung an mit 215 Millionen KW pro Jahr angenommen wird und im Verhältnis von 59 % zu 41 % auf die Schweiz und Baden entfällt, ausser Betracht fallen würde. Die eidgenössische Wasserwirtschaftskommission hat in ihrer Vernehmlassung darauf hingewiesen, dass das einen schweren Eingriff in das Energiebeschaffungsprogramm nicht nur der Nordostschweiz, sondern auch des badischen Versorgungsgebietes bedeuten würde. Das könnte nach seiner Auffassung verhängnisvolle Auswirkungen auf die Produktionsverhältnisse der Aluminiumindustrie AG. haben.

Es ist naheliegend, dass der Eückzug der Konzession zu unerfreulichen Auseinandersetzungen mit unserem nördlichen Nachbarn führen würde. Insbesondere würde die Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Wasserkraftnutzung und der Binnenschiffahrt, die sich im letzten halben Jahrhundert in erfreulicher Weise entwickelt hatte, einen empfindlichen Bückschlag erleiden.

Aber auch die Liquidierung des begonnenen Werkes und die Wiederherstellung des früheren Zustandes würden nicht nur grosse Arbeiten und Kosten verursachen, sondern auf eine Eeihe von Schwierigkeiten stossen, auf Schwierigkeiten technischer und rechtlicher Art. In letzterer Beziehung
ist namentlich an das Heimfalls- und Eückkäufsrecht der Kantone Zürich und Schaffhausen und des Landes Baden-Württemberg zu erinnern und an ihren Anspruch auf einen Miteigentumsanteil am ganzen Werk beim Heimfall. Mit Eücksicht auf die Auswirkungen auf die im deutschen Hoheitsgebiete gelegenen Anlagen müsste mit Deutschland eine Verständigung versucht werden. Eine Verpflichtung dazu ergibt sich schon aas Artikel 5, Absatz 2, der Übereinkunft vom Jahre 1879, welcher bestimmt : , «Zu diesem Zwecke verpflichten sich die beiden Begierungen, dafür zu sorgen, dass keine Anlagen vorgedachter Art, sowie überhaupt keine Bauten, welche auf

768

den Wasserabfluss eine' erhebliche Einwirkung ausüben könnten, im Fluss oder an dessen Ufer, soweit dasselbe innerhalb des Bereiches des höchsten bekannten Wasserstandes (Inundationsgebiet) liegt, errichtet oder wesentlich geändert werden, bevor der zuständigen Behörde des anderseitigen Staates die Pläne der Anlage zur Geltendmachung der in Betracht fallenden Interessen und zur tunlichsten Herbeiführung eines Einverständnisses mitgeteilt worden sind.» Auch eine Einstellung des Baues konnte der Bundesrat nicht, verfügen.

Vor allem ist festzustellen, dass er nicht etwa mit einer sogenannten vorsorglichen Massnahme eine solche Verfügung - sei es auch nur vorübergehend treffen konnte. Es ist allerdings richtig, dass der Bundesrat (oder das mit der Instruktion betraute Departement) einer Beschwerde durch vorsorgliche Verfügung aufschiebende Wirkung geben kann (Art. 128 des Organisationsgesetzes vom Jahre 1943). Damit soll erreicht werden, dass der Tatbestand nicht zum Nachteil einer Partei verändert werden kann, solange nicht über die Beschwerde entschieden ist. Das gilt aber nur für den Fall, wo beim Bundesrat eine Beschwerde gegen einen Entscheid einer untern Instanz anhängig ist. Auf andere Fälle kann diese Bestimmung auch analog nicht angewendet werden. Eine Beschwerde liegt hier aber nicht vor.

Es besteht auch nicht etwa ein allgemeiner Grundsatz, wonach der Bundesrat und die Bundesversammlung ohne besondere gesetzliche Ermächtigung in die Freiheit und in die wohlerworbenen Eechte der Bürger eingreifen können, sobald es ihnen zur Wahrung des bestehenden Zustandes oder im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere zur Vermeidung einer Schädigung der öffentlichen Interessen, als notwendig erscheint. Es bedarf wohl keiner näheren Ausführungen darüber, dass diese weitreichenden Kompetenzen, welche die Diktatur kennzeichnen, weder dem Bundesrat noch der Bundesversammlung zur Verfügung stehen und von ihnen auch nicht beansprucht werden. Im Eechtsstaat sind die Voraussetzungen, unter denen die Eegierung oder das Parlament in die Bechte der Bürger eingreifen kann, in der Verfassung oder im Gesetz umschrieben. Das gilt auch für den Bundesrat und die Bundesversammlung.

Ausser Betracht fällt .ferner bei einer erteilten Wasserrechtskonzession ihr Widerruf auf dem Wege der Wiedererwägung. Es ist allerdings
zutreffend, dass die Erteilung einer Wasserrechtskonzession eine Verwaltungsverfügung ist, und dass eine solche - wenigstens im Prinzip -jederzeit in Wiedererwägung gezogen werden kann, weil eben Verwaltungsverfügungen in der Begel keine materielle Eechtskraft haben, im Gegensatz zu einem Zivilurteil. Gerade bei der Erteilung einer Konzession und besonders einer Wasserrechtskonzession muss nach allgemeiner Auffassung eine Ausnahme gemacht werden. Wir verweisen auf die Ausführungen auf Seite 760 f.

Unter gewissen Voraussetzungen kann allerdings auch in wohlerworbene Eechte eingegriffen werden. Das ist ganz allgemein möglich auf dem Wege der Enteignung. Diese ist aber nur möglich, wenn die materiellen Voraussetzungen hiefür erfüllt und ein bestimmtes Verfahren eingehalten worden ist. Weder das

769 eine noch das andere trifft hier zu. Ausserdem kann die Enteignung nur gegen volle Entschädigung vorgenommen werden.

Wie erwähnt, sind die Voraussetzungen, unter denen eine Wasserrechtskonzession zurückgezogen werden kann, in Artikel 43, Absatz 2, WEG, festgelegt. Selbst wenn man diese Bestimmung dahin auslegt, dass sie dem Bundesrat auch die Befugnis gebe, die Einstellung des Baues zu verfügen, so gilt das doch nur unter der Voraussetzung, dass die Gründe des öffentlichen Wohles an einer solchen Verfügung überwiegen. Dabei sind alle mit ihr verbundenen Nachteile in Kechnung zu stellen. Und die Folge einer derartigen Verfügung wäre die Verpflichtung zur Leistung vollen Schadenersatzes. Aber auch wenn man annehmen wollte, dass ein solches Interesse gegeben sei, darf doch nicht übersehen werden, dass die Schweiz, wie bereits mehrfach erwähnt, völkerrechtlich verpflichtet ist, die Konzessionsbedingungen nicht ohne Zustimmung Deutschlands abzuändern. Das gilt namentlich auch für die Erstreckung der Frist für die Inbetriebsetzung.des Werkes und für die Dauer der Konzession. .Schon die Aufforderung an das Werk zur vorübergehenden Einstellung des Baues würde gegen diese vertragliche Verpflichtung verstossen, wenn nicht eine Zustimmung Deutschlands vorliegt. Eine solche ist aber bisher nicht erhältlich gewesen.

Es kann endlich auch nicht gesagt werden, die Befugnis des Bundesrates oder der Bundesversammlung, die Einstellung des Werkes zu verfügen, ergebe sich aus dem Initiativrecht des Volkes. Hiefür wäre nötig, dass die Bundesverfassung oder eine andere bundesrechtliche Vorschrift dies vorsehen würde, was indessen nicht der Fall ist.

, Es mag wohl zutreffen, dass es nach Vollendung des Werkes schwieriger, wenn nicht gar unmöglich sein würde, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Allein der Umstand, dass das Fortschreiten der Bauarbeiten das Ergebnis der Abstimmung beeinflussen könnte, kann weder dem Bundesrat noch der Bundesversammlung die Befugnis geben, die Einstellung der Bauarbeiten zu verfügen. Nach der Auffassung! des Bundesrates kann nicht einmal eine Verfügung auf Grund von Artikel 48,'Absatz 2, WEG, in Frage kommen, weil kein überwiegendes öffentliches Interesse in diesem Sinne gegeben ist.

6. Die Interessenabwägung Aus dem Gesagten dürfte hervorgehen, dass eine Eeihe erheblicher
Nachteile die sichere Folge der Annahme der Übergangsbestimmung wäre. Schon die rein w i r t s c h a f t l i c h e n Nachteile, die in Kauf genommen werden müssten, sind, von einem ungewöhnlichen Ausmass. Zu denken ist dabei an die Entschädigungen, die möglicherweise in Beträgen von vielen i Millionen Franken geleistet werden müssten, an den Verzicht auf Mehrproduktion an elektrischem Strom, welche der ostschweizerischen Wirtschaft zugute gekommen wäre, an Nachteile, die sich aus der Erschwerung des Ausbaues der Bheinschif fahrt sowie aus den Beziehungen zu Deutschland ergeben können, und an andere Schwierigkeiten rein tatsächlicher Art.

Bundesblatt. 106. Jahrg. Bd. I.

' 57

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Viel einschneidender und bedenklicher als all das wäre jedoch die ideelle und moralische Einhusse, welche die Schweiz als Eechtsstaat, als Demokratie und als Mitglied der Staatengemeinschaft, speziell auch als Vertragspartner, erleiden müsste, wenn die vorgeschlagene Übergangsbestimmung zum geltenden Verfassungsrecht erhoben würde. Es ist wohl nicht zweifelhaft, dass diese Vorschrift mit den grundlegenden Prinzipien der Eechtsgleichheit, der Eigentumsgarantie und der Gewaltentrennung im Widerspruch stehen und den Behörden die Nichterfüllung einer völkerrechtlichen vertraglichen Verpflichtung vorschreiben würde.

Nun ist es freilich richtig, dass die Übergangsbestimmung keines der drei erwähnten Prinzipien als solches beseitigen will; diese sollen bloss in einem einzelnen Fall ausgeschaltet werden. Es ist auch zuzugeben, dass es praktisch kaum möglich ist, sie bis in ihre äussersten Konsequenzen durchzuführen. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber um schwere Eingriffe in diese Grundsätze, die ebenso schwere Folgen haben müssten. Wenn Volk und Stände durch ihren Beschluss ein Eecht, welches der nach Verfassung und Gesetz ausschliesslich und abschliessend zuständige Bundesrat in gültiger Weise begründet, hat, aufheben würden, nur weil sie die Zweckmässigkeit des Entscheides anders beurteilen, so wäre die Folge eine schwere Erschütterung des Vertrauens in unseren Eechtsstaat und seine Behörden. Damit wäre eine starke Gefährdung der Eechtssicherheit untrennbar verbunden. Das gleiche, was hier mit ein er Wasserrechtskonzession geschehen würde, könnte auch auf irgendeinem andern Gebiet eintreten. Der Umstand, dass die zuständige Behörde in abschliessender Kompetenz entschieden hätte, wäre keine Gewähr dafür, dass das nach Treu und Glauben wohlerworbene Eecht nicht nachträglich - ohne oder mit Entschädigung - wieder aufgehoben würde. Mit dem Eückzug der Konzession nach Artikel 43, WEG, aber könnte ein solcher Beschluss schon deswegen nicht verglichen werden, weil dort die Erteilung und der Eückzug der Konzession in der gleichen Hand liegen, während das hier nicht der Fall ist ; ausserdem ist dort die volle Entschädigung ausdrücklich gewährleistet.

Dass ein solcher Entscheid besonders auf dem Gebiete des Wasserrechts schwere Folgen hätte, wird im Gutachten von alt Bundesrichter Nägeli betont, wo
folgendes gesagt wird: « . . . Gerade im Bereich der Wasserkraftnutzung müsste das schwere Nachteile nach sich ziehen. Die Errichtung von Kraftwerken, die zu fördern verfassungsmässige Aufgabe des Bundes ist, setzt bei den hohen Aufwendungen, die er fordert, die Sicherheit des dazu eingeräumten Eechtes, die Gewissheit voraus, dass es ausser in den vom Gesetz besonders bestimmten Fällen und unter den von ihm bestimmten Voraussetzungen nicht wieder zurückgenommen werden kann. Stünde der Unternehmer eines solchen Werkes jederzeit unter dem Damoklesschwert eines die von der zuständigen Behörde erteilte Verleihung aufhebenden Volksspruches, so müsste die Unternehmungslust auf diesem Gebiete notwendig gelähmt werden und es bestünde

771

die hohe Gefahr, dass auch Wasserkräfte, deren Ausnutzung unter zweckmässigen Auflagen keine sachlicher Prüfung standhaltenden anderen Interessen entgegengehalten werden können, weiter brach hegen würden...» Hinzu kämen die schweren Nachteile, die sich aus der Nichtbeachtung vertraglich übernommener Verpflichtungen des Völkerrechts ergeben würden.

Sie müssten sich namentlich in einer schweren. Beeinträchtigung des Vertrauens äussern, das die Schweiz als Vertragspartner heute in der ganzen Welt in hohem Masse geniesst. Der Wert dieses Kapitals kann aber kaum hoch genug eingeschätzt werden.

Diesen Nachteilen steht das Interesse an der Wahrung von Naturschönheiten gegenüber. Und zwar ist es nicht etwa so, dass das Prinzip als solches in Frage gestellt wäre. Der Bundesrat kennt und anerkennt vielmehr die grosse Bedeutung der idealen Werte, in deren Dienst die Natur- und Heimatschutzbewegung steht. Die Frage Hesse sich stellen und prüfen, ob durch einen selbständigen Verfassungsartikel der Natur- und Heimatschutz auf einer breiteren bundesrechtlichen Basis gewährleistet werden könnte. Bei der Eheinau-Initiative handelt es sich aber nur um die Ermessensfrage, ob in einem einzelnen - freilich sehr wichtigen - Fall die noch zu befürchtende Beeinträchtigung von Naturschönheiten trotz der ergriffenen Kautelen - die einen Mehraufwand von 10 Millionen Franken erforderten - so schwer sei, dass die Interessen des Naturschutzes gegenüber allen andern Interessen überwiegen. Der Bundesrat hat vor der Erteilung der Konzession alle in Betracht fallenden Umstände abgewogen und ist zur Verneinung dieser Frage gelangt. Er ist heute noch von der Bichtigkeit des damaligen Entscheides überzeugt. Heute geht es aber nicht mehr - und das ist ein "wesentlicher Unterschied -- um die Erteilung oder Nichterteilung einer Konzession, sondern um die Aufhebung der bereits erteilten Konzession. Die Auswirkungen dieses Entscheides reichen viel weiter. Denn die Aufhebung der Konzession bedeutet nichts Geringeres als die Aufhebung eines im Vertrauen auf den Eechtsstaat erworbenen Eechts und die Nichtbeachtung einer völkerrechtlichen Verpflichtung in einem wichtigen Fall. Und zwar soll das geschehen durch Annahme einer Verfassungsbestimmung, welche sowohl nach ihrer Formulierung wie nach ihrem Inhalt mit den fundamentalen Eichtlinien
eines jeden Eechtsstaates im Widerspruch steht.

Es kann deshalb keine Bede davon sein, dass die gerade hier in Frage stehenden Naturschutzinteressen - so hoch man sie einschätzen mag, obwohl die Schönheit des Eheinfalles nicht gefährdet ist - eine Neuerung rechtfertigen könnten, die an die Grundlagen unseres Staates und der Demokratie greift. Auch der überzeugteste Anhänger des Natur- und Heimatschutzgedankens, der das Wohl des Ganzen zu erkennen vermag, kann nicht wünschen, dass die Wahrung des Naturschutzgedankens in einem einzelnen Fall uin diesen Preis erkauft werde.

Damit gelangen wir für die Übergangsbestimmung zum gleichen Ergebnis wie für die Hauptbestimmung: Sie ist abzulehnen. Auch ein Gegenvorschlag kommt nicht in Frage.

772 Der Bundesrat beantragt Ihnen daher, die Initiative dem Volk und den Ständen ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung vorzulegen und ihnen ihre Ablehnung zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

' Bern, den 4. Mai 1954.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Rubatici Der Bundeskanzler: Ch. Oser

773

(Entwurf)

Bundesbeschluss über

das Volksbegehren zum Schutze der Stromlandschaft Rheinfall--Rheinau Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in das Volksbegehren vom 23. Februar 1953 zum Schutze der Stromlandschaft Eheinfall-Eheinau und in einen Bericht des Bundesrates vom , gestützt auf Artikel 121 ff. der Bundesverfassung und Artikel 8 ff. des Bundesgesetzes vom 27. Januar 1892/5. Oktober 1950 über das Verfahren bei Volksbegehren und Abstimmungen betreffend Eevision der Bundesverfassung, beschliesst:

Art. l Das Volksbegehren zum Schutze der Stromlandschaft Eheinfall-Eheinau wird dem Volk und den Ständen zur Abstimmung vorgelegt.

Dieses Volksbegehren lautet wie folgt: «Die unterzeichneten stimmberechtigten Schweizerbürger verlangen auf dem Wege der Volksinitiative, dass der Artikel 24Ws, Absatz 2, der Bundesverfassung wie folgt ergänzt werden soll: Naturschönheiten sind zu schonen und da, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert zu erhalten.

: Übergangsbestimmung: Zur ungeschmälerten Erhaltung des Eheinfalles sowie zum Schutze der Schönheit der Stromlandschaft Eheinfall-Eheinau wird die im Widerspruch zu Artikel 22 des Wasserrechtsgesetzes am 22. Dezember 1944'erteilte Konzession für den Bau des Kraftwerkes Eheinau aufgehoben. Eine solche Konzession darf nicht wieder erteilt werden.» Art. 2 ; .

Dem Volk und den Ständen wird die Verwerfung des Volksbegehrens be!

antragt.

Art. 3 ·' ' Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

1572

Beilage l

STAUSTUFE.

Neuhausen

RHEINAU

Flurlingen

RHEINFALL

KANTON SCHAfFHAUSEN

Uhwiesen Nohl Vf « »s

DEUTSCHLAND Od. Hilfswehr Salmenbrücke

Rheinau

Unt. Hüfswehr

Balm

Km

775

Beilage 2

Protokoll betreffend

Verwertung der Wasserkraft des Rheines bei Rheinau Aufgenommen zu Rheinau den 2./3. Juni 1896 ^

Anwesend sind: seitens der Gvossherzoglich-badisclien Regierung: Herr Dr. Karl Schenkel, Geheimrat, Ministerialdirektor im Grossherzoglich-badischen Ministerium des Innern, Herr Max Honsell, Oberbaudirektor in der Grossherzoglich-badischen Oberdirektion des Wasser- und Strassenbaues ; seitens des Schweizerischen Bundesrates: Herr Albert von Morlot, eidgenössischer Oberbauinspektor, Herr Johann Coaz, eidgenössischer Oberforstinspektor; seitens des Kantons Zürich: Herr Konrad Bleuler-Hüni, Eegierungsrat, Direktor der Öffentlichen Arbeiten, Herr Heinrich Nägeli, Eegierungsrat, Stellvertreter der Finanzdirektion, Herr Gottfried Schmid, Kantonsingenieur.

, Ausserdem ist zürcherischerseits noch zugezogen worden Herr Oberforstmeister Euedi, Mitglied der kantonalen Fischereikommission.

Die Verhandlung findet statt auf Veranlassung des zurcherischen Eegierungsrates, durch Vermittlung des Schweizerischen Bundesrates. Sie bezweckt die Feststellung der Bedingungen behufs Verwertung der Wasserkraft des Eheins auf der izürcherisch-badischen Strecke bei Eheinau.

Nachdem zuerst eine Besichtigung des in Frage stehenden Flussgebietes stattgefunden hatte, wurde auf Grund des Ergebnisses der eingehenden Verhandlungen nachstehendes festgestellt: !

: L ' Die Erinnerungen, welche vom Gesichtspunkte der Interessen des Wasserschutzes, der Fischerei, der Schiffahrt und der Flösserei gegen die Errichtung

*) Offizielle Gesetzessammlung des Kantons Zürich, Band XXVI, Seite 80/87.

776

einer Wasserwerksanlage · bei der Anstalt Kheinau geltend gemacht werden könnten, sind nicht so erheblich, dass von vorneherein eine Versagung der Genehmigung in Aussicht zu nehmen wäre. Die Interessen des Wasserschutzes wurden bei der Verhandlung überhaupt nicht näher in Erwägung gezogen, da denselben nach übereinstimmender Ansicht der Eegierungsvertreter gelegentlich der Durchführung des Genehmigungsverfahrens ausreichend Eücksicht getragen werden kann; wohl aber wurde es übereinstimmend als wünschenswert erachtet, dass die Interessen der Fischerei und des Wasserverkehrs bèi der Ausarbeitung des endgültigen Projektes insbesondere in folgenden Beziehungen gewahrt werden : a. Im Interesse der Fischerei soll eine geeignete Fischtreppe im Wehre angelegt und in der Eheinstrecke zwischen der Ein- und Ausmündung des Werkkanals im natürlichen Flussbett ein Wasserlauf belassen oder ausgebildet werden, der auch beim niedrigsten Wasserstande mindestens 15 m3 in der Sekunde abführt und tunlichst in einer Weise zusammengehalten wird, welche auch bei diesem Wasserstande den Durchgang der Fische ermöglicht. In;dieser Flussstrecke und etwa je 100 m oberhalb der Einmündung und unterhalb der Ausmündung des Werkkanals wäre die Ausübung der Fischerei vollständig zu untersagen, wobei darauf Eücksicht zu nehmen wäre, dass denjenigen, welche in dieser Strecke fischereiberechtigt sind, eine ihrer Beeinträchtigung entsprechende Schadloshaltung zuteil wird.

fc. Im Interesse der Schiffahrt soll eine Schiffahrtsschleuse derart hergestellt werden, dass sie zum ungehinderten Durchlass der auf dieser Strecke üblichen Fahrzeuge dienlich ist.

c. Obgleich zurzeit eine Flösserei auf der Strecke zwischen dem Eheinfall und Balm nicht stattfindet, wäre die Unternehmung doch zu verpflichten, im Falle sich bei künftiger Entwicklung der Verhältnisse ein volkswirtschaftliches Bedürfnis nach Wiederaufnahme der Flösserei auf jener Strecke ergeben sollte, die geeigneten Vorkehrungen zum ungehinderten Durchlass der Flösse zu treffen.

II.

Hinsichtlich des Verfahrens, welches zur Erwirkung der Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Eheinauer Wasserwerksanlage fernerhin einzuhalten ist, war man darüber einverstanden, dass bei den zuständigen Behörden sowohl des Grossherzogtums Baden als des Kantons Zürich die Genehmigung
nachzusuchen, dass das Genehmigungsgesuch mit den Beschreibungen, Zeichnungen und sonstigen Nachweisungen zu versehen sei, wie es nach den in dem einen und dem andern Staate geltenden Bestimmungen vorgeschrieben ist, und dass im Falle die Behörden der beiden Staaten die Errichtung des Wasserwerkes gutheissen, die Genehmigungsbedingungen in allen Punkten, welche die beiderseitigen Interessen berühren und daher einer gleichmassigen Eegelung bedürfen,'auf Grund, einer vorausgegangenen Vereinbarung der zuständigen Behörden beider Staaten übereinstimmend zu gestalten seien.

1

777 III.

:

Man war ferner darüber einverstanden, es stehe grundsätzlich jeder der beiderseitigen Regierungen ein Anspruch darauf zu, dass die Hälfte der durch das Rheinauer Wasserwerk nutzbar gemachten Wasserkräfte auf dem Gebiete ihres Staates verwendet werde.

Seitens der Vertreter des Kantons Zürich wurde aber bemerkt, es bestehe dortseits der Wunsch, dass wo möglich die gesamten bei Eheinau zu gewinnenden Wasserkräfte, auf, dem Gebiete des Kantons Zürich verwertet werden könnten, da daselbst schon jetzt ein Bedarf nach Verwendung der gesamten Wasserkraft vorhanden sei.

Von den Vertretern der grossherzoglich-badischen Regierung wurde anerkannt, dass wenigstens unter den gegenwärtigen Verhältnissen eine Verwertung der vollen Hälfte der durch das Rheinauer Wasserwerk zu gewinnenden Wasserkräfte auf 1 badischem Gebiete zunächst nicht in Aussicht zu nehmen sei und für sachentsprechend erachtet, ' dass, insolange ein solcher Bedarf nicht hervortrete, auch die an sich für das badische Gebiet nutzbar zu machende Hälfte der Wasserkraft auf dem Gebiete des Kantons Zürich verwertet werde.

Jedoch wäre nach Ansicht der badischen Vertreter ihrer Regierung für den Verzicht auf die Verwendung dieser Wasserkräfte ein angemessener Ausgleich zu gewähren. Dies könnte in der Weise geschehen, dass kraft einer später zu bewirkenden Vereinbarung an einer andern Stelle des badisch-schweizerischen Rheins, wo die Wasserkräfte der ganzen Flussbreite in ähnlicher Weise nutzbar gemacht werden, der badischen Regierung ein gleicher Überschuss über die Hälfte der dortigen Wasserkräfte, wie er bei dem Rheinauer Wasserwerk dem Gebiete des Kantons Zürich zugeführt werden soll, zur Verwendung in dem badischen Gebiete, entsprechend dem dort vorhandenen Mehrbedarf, zur Verfügung gestellt werde. Sollte dies nicht möglich sein, so werde sich die badische Regierung wohl auch damit begnügen, dass ihr für die Überlassung des die Hälfte übersteigenden Betrages der bei Rheinau zu gewinnenden Wasserkräfte zur Verwertung im Kanton 'Zürich von der dortigen Regierung ein angemessenes Entgelt gewährt werde, entsprechend den dem; Grossherzogtum Baden durch den Verzicht auf die Verwertung dieses Teiles der Wasserkräfte entgehenden Vorteilen; vorbehaltlich näherer Feststellung auf Grund künftig zu pflegender Verhandlungen dürfte dieses Entgelt in einer
jährlich zu zahlenden festen Summe für die Brutto-Pferdekraft zu berechnen sein.

Die Vertreter der Zürcher Regierung erklären sich im allgemeinen mit diesen Ausführungen einverstanden, halten es aber für unwahrscheinlich, dass ein Entgelt durch Abtretung einer gleichwertigen Wasserkraft an einer andern'Stelle des Kantons geboten werden könne, so dass also nur eine Entschädigung in bar in Betracht kommen dürfte; bezüglich der Höhe dieser Entschädigung erscheine es wünschbar, dass dieselbe sich innerhalb der Schranken des zürcherischen Wasserrechtsgesetzes bewege, in welchem Gesetze bestimmt ist, dass die Konzessionäre einer Wasserkraft für deren Benutzung dem Staate einen jährlichen Wasserzins von 3 bis 4 Franken pro Pferdekraft zu bezahlen haben.

778

Man einigte sich hierauf über folgende Punkte : a. Sollte bis zum Ablauf des fünften Jahres vom Tage der Erteilung der Genehmigung an gerechnet auf dem im Bereiche der Eheinauer Wasserwerksanlage gelegenen badischen Gebiete eine berücksichtigenswerte Nachfrage nach Verwendung der nutzbar gemachten Wasserkräfte hervortreten, so ist die Unternehmung verpflichtet, die gewonnenen Wasserkräfte, jedoch nicht mehr als die Hälfte des Gesamtbetrages, den Abnehmern auf badischem Gebiete unter denselben Bedingungen zur Verfügung zu stellen, wie sie unter ähnlichen Verhältnissen auf schweizerischem Gebiete zur Anwendung kommen.

fe. Soweit innerhalb der vorbezeichneten Frist auf badischem Gebiete die Wasserkräfte aus dem Eheinauer Wasserwerk zur Ver Wendung nicht in Anspruch genommen werden, bleibt die Wasserkraft auf die Dauer von zwanzig Jahren der Regierung des Kantons Zürich ungeschmälert zur Verfügung.

Während dieser Zeit entrichtet der Kanton Zürich für die Hälfte der beim Eheinauer Wasserwerk vorhandenen Bruttowasserkraft, soweit sie nicht im badischen Gebiet Verwendung gefunden hat, an den badischen Staat ein Entgelt, über dessen Höhe eine Vereinbarung vorbehalten bleibt.

c. Als Zeitpunkt der Konzessionserteilung ist derjenige Tag zu behandeln, an welchem die badischerseits erteilte Genehmigung dem Unternehmer zugestellt wird, - falls die Konzession wegen Ablauf der für die Fertigstellung gestellten Frist hinfällig werden sollte, derjenige Tag, an welchem die Entschliessung über eine Erneuerung der Genehmigung dem Unternehmer zugestellt werden sollte.

Würde während der fünf Jahre seit Erteilung der Genehmigung mit Zustimmung der badischen Eegierung vorübergehend auf dem Gebiete des Kantons Zürich eine Verwertung der von Baden zu beanspruchenden Hälfte der Wasserkraft auf schweizerischem Gebiete stattfinden, so wäre das in lit. & bezeichnete Entgelt auch für die in dieser Weise auf schweizerischem Gebiet verwendeten Wasserkräfte zu entrichten.

d. Nach Ablauf von fünfundzwanzig Jahren vom Tage der Konzessionserteilung an gerechnet ist die badische Eegierung berechtigt, falls sich eine berücksichtigenswerte Nachfrage nach Wasserkräften in dem im Bereiche des Eheinauer Wasserwerkes gelegenen badischen Gebiete ergeben sollte, zu verlangen, dass zu diesem Zwecke die die Hälfte der Gesamtwasserkraft
übersteigenden Wasserkräfte, welche gemäss vorstehenden Bestimmungen zunächst auf schweizerischem Gebiete zur Verwendung gelangen konnten, unter denselben Bedingungen, wie sie unter ähnlichen Verhältnissen auf schweizerischem Gebiet in Anwendung gelangen, zur Verwendung durch Abnehmer auf badischem Gebiete zur Verfügung gestellt werden.

Die Unternehmung ist verpflichtet, die erforderlichen Einrichtungen zur Abgabe dieser Wasserkräfte im badischen Gebiete spätestens innerhalb zweier Jahre, nachdem das bezügliche Verlangen gestellt worden ist, zu treffen.

779

e. Würde an einer andern Stelle des badisch-schweizerischen Eheins, wo Wasserkräfte in ähnlicher Weise nutzbar gemacht worden sind, der badischen Eegierung durch die dortige Wasserwerksanlage Wasserkraft in einem die Hälfte der nutzbar gemachten Gesamtkraft übersteigendem Betrage zur Verwertung auf badischem Gebiete zur Verfügung gestellt werden, so wird die badische Eegierung bis zu diesem Mehrbetrag auf die Ausnutzung ihres Anspruchs auf Verwertung der Hälfte der Eheinauer Wasserkräfte verzichten.

IV.

Die Vertreter der Grossherzoglich-badischen Eegierung erklären, dass nach dem badischen Wassergesetze von 1876 die Genehmigung zur Benutzung eines off entlichen Gewässers nur auf Widerruf erteilt werden könne ; indessen werde bei Erteilung der Genehmigung zur Errichtung des Eheinauer Wasserwerks zugesichert werden, dass vor Ablauf eines zur vollen Ausnützung und Amortisation des Unternehmens dienlichen Zeitraumes (etwa achtzig Jahre) ein Widerruf oder eine Einschränkung der Genehmigung jedenfalls nur dann erfolgen werde, wenn dafür dringliche Bücksichten des öffentlichen Interesses vorhegen, und dass in diesem Falle zuvor ein Benehmen mit der Eegierung des Kantons Zürich eintreten würde.

V.

Die Vertreter der beiderseitigen Eegierungen waren darüber einverstanden, dass die vorstehenden Erklärungen und Feststellungen nur unter der Voraussetzung verbindlich seien, dass nachträglich die zuständigen Oberbehördeh ihre Zustimmung zu denselben erteilen'werden.

Die Abgeordneten der grossherzoglich-badischen Eegierung: : Schenkel, Ministerialdirektor.

Honseil, Oberbaudirektor.

Die Abgeordneten des Schweizerischen Bundesrates: A. v. Morlot, Oberbauinspektor.

J. Coaz, Oberforstinspektor.

Die Abgeordneten des Eegierungsrates des Kantons Zürich: C. Bleuler-Hüni, Direktor der öffentlichen Arbeiten.

Nägeli, Stellvertreter der Finanzdirektion. , Schmid, Kantonsingenieur.

Der in vorstehendem Protokoll niedergelegten Vereinbarung hat der Eegierungsrat des Kantons Zürich unterm 30. Juni 1896 die Genehmigung erteilt.

Mit Note vom 14. Oktober 1896 teilte das Grossherzoglich-Badische Ministerium des Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten dem Schweizerischen Bundesrate mit, dass die Grossherzogliche Eegierung mit dem Inhalte der im Eheinauer Protokoll vom 2./3. Juni gemachten Feststellungen sich einverstan-

780

den erklären könne. Indessen müsse die Grossherzogliche Eegierung dieses Einverständnis bezüglich der Ziffer III, lit. a, des Protokolls an die Bedingung knüpfen, dass in dem Falle, wenn seit der Konzessionserteilung bis zur Vollendung der Wasserwerksanlagen ein längerer Zeitraum als zwei Jahre verstreichen würde, den Beteiligten im badischen Staatsgebiete jedenfalls noch binnen drei Jahren von dem Zeitpunkte an, wo die Anlage beiderseits als den Genehmigungsbedingungen entsprechend ausgeführt anerkannt worden sei, auf eine berücksichtigenswerte Anfrage hin Wasserkräfte aus der an sich .auf das badische Gebiet entfallenden Hälfte zur Verfügung gehalten werden.

Was das Entgelt anbetreffe, welches nach Ziffer III b des Protokolls für die nicht auf badischem Gebiet verwendeten Wasserkräfte zu entrichten wäre, so sei die Grossherzogliche Eegierung zunächst zu der Ansicht, gelangt, dass dasselbe auf fünf Mark jährlich für die Bruttowasserkraft zu bemessen sei.

Sowohl mit dem in Absatz l enthaltenen Vorbehalt als mit der Bemessung des Entgeltes nach vorstehendem Vorschlage hat sich der Eegierungsrat des Kantons Zürich einverstanden erklärt und hievon am 12. Dezember 1896 dem Schweizerischen Bundesrate zuhanden der Grossherzoglichen Eegierung Kenntnis gegeben.

Beilage 3

Protokoll betreffend

Verwertung der Wasserkraft des Rheins bei Rheinau Aufgenommen in Winterthur den 26. bis 28. Oktober 1904')

Anwesend sind: von Seiten des Schweizerischen Bundesrates: Herr Ständerat Scherb, Herr Oberbauinspektor von Morlot, Herr Dr. Pankhauser, I. Adjunkt des Oberforstinspektors ; von seiten der Eegierung des Kantons Zürich: Herr Eegierungsrat Kern, Baudirektor, Herr Eegierungsrat Bleuler, Baudirektor-Stellvertreter, Herr Eegierungsrat Ernst, Finanzdirektor, Herr Dr. Klöti, Sekretär der Baudirektion, Herr Kantonsingenieur Schmid, ,.

Herr Wasserrechtsingenieur Eaths ; .) ' *) Offizielle Gesetzessammlung des Kantons Zürich, Band XXVII, Seite 447/455.

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von seilen des Kantons Schaffhausen: Herr Begierungsrat Keller, Baudirektor, Herr Begierungsrat Bahm, Baudirektor-Stellvertreter, Herr Wasserbauinspektor Spahn; von seifen der Grossherzoglich-Badischen Regierung: Herr Oberbaudirektor Geheimrat Honseil, Herr Geheimer Oberregierungsrat Sträub, Herr Baurat Freiherr von Babo, Herr Forstmeister Hamm, Herr Geheimrat Keim, Herr Wasser- und Strasseninspektor Montigny.

Bei Besprechung der technischen Fragen wurden zur Auskunfterteilung Vertreter der Konzessionsbewerber beigezogen, und zwar für die Stadt Winterthur: Herr Stadtpräsident Geilinger, Herr Stadtrat Deutsch, Herr Bechtsanwalt Ziegler, Herr Stadtschreiber Muller, Herr Stadtingenieur Affeltranger ; für die Aluminium-Industrie AG.: Herr Oberst Huber; für die Elektricitäts-AG., vorm. Schuckert & de. : Herr Direktor Natalis.

Den Vorsitz führt Herr Ständerat Seherb, das Aktuariat wird Dr. Klöti übertragen.

Nachdem nach den Verhandlungen vom 2./S. Juni 1896 die oben erwähnten Konzessionsbewerber aufgetreten sind und nach den Verhandlungen vom 10./ll. November 1902 von denselben ein neues Projekt vorgelegt wurde, durch welches auch die Hoheitsrechte des Kantons Schaffhausen berührt werden, sind die beteiligten Eegierungen in neue Verhandlungen eingetreten und die Vertreter derselben zur Beratung der die beteiligten Staaten gemeinsam berührenden Fragen zusammengekommen. Über den Verlauf und das Ergebnis der Beratungen wird berichtet was folgt : Die badischen Vertreter erklärten einleitend, dass die Übereinkunft vom 2./S. Juni 1896 mit Rücksicht auf die inzwischen eingetretene Änderung der tatsächlichen, z. T. auch rechtlichen Verhältnisse nicht im ganzen Umfange aufrecht erhalten werden könne. Zur Zeit des Abschlusses jener Übereinkunft sei nämlich nur die Gewinnung von 4000 PS in Frage gestanden, während nach dem jetzigen Projekt 18 000 PS gewonnen werden sollen; früher sei eine Nachfrage

782

wegen Verwertung der zu gewinnenden Wasserkraft auf badischem Staatsgebiete nur in sehr beschränktem Umfange vorgetreten, während jetzt die Verwertung des ganzen dem Grossherzogtum Baden zukommenden Teils der Wasserkraft auf badischem Staatsgebiet in Aussicht stehe; ferner ermögliche das badische Wassergesetz von 1899 die Erteilung einer wasserpolizeilichen Genehmigung für eine gewisse Zeitdauer.

I. Technische Fragen 1. Die Delegierten erklären sich im allgemeinen mit dem von den Konzessionsbewerbern vorgelegten neuen Projekt, insbesondere mit der Höherstauung bis zum Eheinfall einverstanden, vorbehaltlich der Erledigung der Einsprachen und einzelner Abänderungen bei Feststellung der Genehmigungsbedingungen.

2. Während die Vertreter von Zürich und Schaff hausen gegen die im Projekt vorgesehene Einfüllung des sogenannten hleinen Eheins nichts einzuwenden hätten, könnten die badischen Vertreter diesem Teile des Projektes nur dann zustimmen, wenn die Unmöglichkeit nachgewiesen würde, das Aushubmaterial des Kanals ohne unverhältnismässig hohe Kosten anderwärts abzulagern und auch in diesem Falle nur unter der Bedingung, dass die Unternehmung für einen ausgiebigen Schutz des rechtsseitigen Eheinufers zu sorgen habe. Den anwesenden Vertretern der Konzessionsbewerber wurde Gelegenheit gegeben, sich hierüber auszuweisen; der von ihnen verlangte Nachweis ist nach Auffassung der Eegierungsvertreter nicht gelungen. Die Konzessionsbewerber haben hierauf erklärt, dass sie bereit seien, ein neues Projekt auszuarbeiten und vorzulegen, nach welchem der kleine Ehein offen belassen werde.

Diese neue Vorlage soll den Eegierungen der drei beteiligten Staaten und dem Eidgenössischen Oberbauinspektorate zugestellt werden. Die Konzessionsbewerber sind anzuhalten, in dem Plane das Einnsal einzuzeichnen^ welches bestimmt ist, die durch das Wehr und die Fischtreppe mindestens abzulassende Wassermenge (15 m3) abzuführen.

Für den Fall, dass der kleine Ehein nicht eingedeckt wird, sollen die Konzessionsbewerber verpflichtet werden, durch denselben eine beständige Wassermenge von 1,5-2,0 m3 abzuführen. Diese Wassermenge ist in den erwähnten 15 m3 inbegriffen.

3. Die Vertreter von Zürich halten auf Wunsch der Gemeinde Eheinau an der Forderung der Erstellung eines festen Fussgängersteges vom linken auf das rechte Eheinufer
durch die Konzessionsbewerber fest, es denselben überlassend, sich diesfalls mit der Gemeinde Eheinau noch weiter ins Benehmen zu setzen.

Die badischen Vertreter behalten sich ihre Stellungnahme zu dieser Frage vor.

4. Mit Bezug auf die Schiffsschleuse bleibt es bei der Vereinbarung vom 2./8. Juni 1896 (Ziff. I, lit. b, des Protokolls).

783

5. Die schweizerischen Vertreter erklären sich mit der Forderung Badens auf Verlängerung des Wehres durch Hinzufügung einer Öffnung von 12 Metern am linken Ufer einverstanden.

6. Sämtliche staatliche Vertreter sind mit der Forderung Badens einverstanden, dass folgende Abänderungen des Projektes zu erfolgen haben: a. der Leerlauf bei der Turbinenanlage soll als Grundablass von etwa 1,5 Meter Höhe konstruiert werden; zu diesem Zwecke ist an Stelle des obern Teiles der Verschlußschütze eine feste Wand zu erstellen; 6. die Trennungswand zwischen dem Leerlauf und der angrenzenden Turbinenkammer soll von 2 auf 4 Meter verstärkt werden; c. die hydraulischen Hubvorrichtungen der Binlaßschützen vor den Turbinenkammern dürfen jeweilen erst dann erstellt werden, wenn die Turbinen in den :betreffenden Kammern eingebaut sind.

7. Hinsichtlich der Sicherung des Fischaufstieges und -ahstieges wird auf das in der Beilage enthaltene Gutachten der Fischereiexper'ten hingewiesen.

Es soll hienach das in Ziffer I des Protokolls vom 2./3. Juni 1896 vorgesehene Schonrevier nach oben und nach unten um je 100 Meter verlängert werden.

Der Kanal und der kleine Ehein sind in diesem Schonrevier < inbegriffen.

u. Administrative und wirtschaftliche Fragen 1. Die Vertreter der beteiligten Staaten erklären sich damit einverstanden, dass hinsichtlich der Kraftverteilung auf die Staatsgebiete kein Unterschied zwischen ständigen und unständigen Wasserkräften gemacht werde. Es wird in Abänderung von Ziffer III des Protokolls vom 2./3. Juni 1896 grundsätzlich vereinbart, dass die Kraftverteilung zwischen der Schweiz (Zürich und Schaffhausen) einerseits und Baden anderseits im Verhältnis der Hoheitsrechte der beteiligten Staaten an der in Frage stehenden Eheinstrecke zu erfolgen hat. Die nähere Festsetzung dieses Verhältnisses wird späterer Vereinbarung vorbehalten.

Mari ist allseitig einverstanden, dass jeder Staat nach Massgabe seiner Gesetzgebung den Wasserzins für die ihm hienach zukommende Wasserkraft beziehen kann, immerhin unter der Voraussetzung, dass die Gesetzgebung die Grenzgewässer nicht ungünstiger behandle als andere Gewässer.

Die Bestimmungen unter Ziffer III, lit. a bis l (inklusive) des Protokolls vom 2./3. Juni 1896 kommen in Wegfall.

2. Die Dauer der Konzession soll gemeinsam auf höchstens 80 Jahre festgesetzt
werden.

i Gemäss den gesetzlichen Bestimmungen behalten sich Zürich das Eückkaufsrecht, Baden den Widerruf gegen Gewährung einer Entschädigung vor.

Will von dem einen oder andern Gebrauch gemacht werden, so bedarf es einer vorherigen Verständigung zwischen allen beteiligten Staaten. Ebenso hat beim Ablauf der Konzession und bei Erlöschen derselben aus andern Gründen eine

784

Verständigung der beteiligten Staaten über die zu treffenden Massnahmen, insbesondere über die allfällige Erteilung einer neuen Konzession, stattzufinden.

3. Die Konzession ist den drei Bewerbern zu gemeinsamer solidarischer Ausübung der durch die Genehmigung verliehenen Bechte zu erteilen.

Zu jeder Änderung in der Zusammensetzung des Unternehmerkonsortiums durch Ausscheiden bisheriger oder Hinzutreten anderer Beteiligter sowie zur Übertragung der Konzession auf einen andern Unternehmer ist die Zustimmung der beteiligten Eegierungen erforderlich.

Die Unternehmung ist verpflichtet, im Kanton Zürich Hauptniederlassung zu nehmen und sich im schweizerischen Handelsregister eintragen zu lassen.

Die Badische Eegierung behält sich vor, der Unternehmung die Errichtung einer Niederlassung im Sinne des § 21 der deutschen Zivilprozessordnung auf badischem Staatsgebiet zur Auflage zu machen oder die Bestimmung zu treffen, dass neben dem allgemeinen Gerichtsstande in der Schweiz auch in Baden ein Gerichtsstand nach § 17, Absatz 3, der deutschen Zivilprozessordnung begründet werde. Im Kanton Schaffhausen hat die Unternehmung ein Eechtsdomizil zu nehmen.

Die Unternehmung ist verpflichtet, den Kommissären, welche die beteiligten Eegierungen abordnen, jederzeit den Einblick in die genannte Geschäftsführung zu gewähren, sie zu den Sitzungen der Gesellschaftsorgane einzuladen und an den Verhandlungen derselben teilnehmen zu lassen.

Den Unternehmern ist die Auflage zu machen, über die rechtliche Natur des zwischen ihnen bestehenden Gesellschaftsverhältnisses und die Eegelung der Vertretungsbefugnisse eingehenden Nachweis zu erbringen.

lu. Schlussbestimmungen Die Vertreter der beteiligten Eegierungen sind darüber einverstanden, dass die vorstehenden Erklärungen und Peststellungen nur unter der Voraussetzung verbindlich seien, dass nachträglich die zuständigen Oberbehörden ihre Zustimmung zu denselben erteilen werden.

Das Protokoll wird in 4 Exemplaren zuhanden der beteiligten Eegierungen ausgefertigt.

Es werden sich die Eegierungen über ihre Entschliessungen auf dem Schriftwege Mitteilung machen.

Nach erfolgter Genehmigung durch die beteiligten Eegierungen wird der Eegierungsrat des Kantons Zürich den Konzessionsbewerbern die ihnen gemäss diesem Protokoll zu machenden Auflagen mitteilen.

Die Vertreter des Schweizerischen Bundesrates: Scherb ; A. von Morlot; Fankhauser.

785 Die Vertreter der Regierung des Kantons Zürich: Kern; Ch. Bleuler-Hüni; H. Ernst; Schmid; J. Raths; Dr. E. Klöti.

Die Vertreter der Regierung des Kantons Schaff hausen: Rahm; J. Keller; J. Spahn.

Die Vertreter der Grossherzoglich-Badischen Regierung: Honsell; von Babo; Montigny; Sträub; Hamm; Keim.

(Folgt als Beilage das heute überholte Gutachten der Fischereiexperten.} Der Begierungsrat des Kantons Zürich hat mit Beschluss vom 22. Dezember 1904 seine Zustimmung zu den im vorstehenden Protokoll enthaltenen Erklärungen und Feststellungen erklärt.

: Mit Schreiben vom 7. Januar 1905 gab der Eegierungsrat von Schaffhausen die Erklärung ab, dass er im Prinzip mit dem Inhalt des Protokolls einverstanden sei, sich aber vorbehalte, die Wirkung der Stauung im Eheinfallbecken bei Vorlage der definitiven Pläne zu prüfen und je nach dem Ergebnis die Konzession festzulegen.

Mit Schreiben vom 10. Januar 1905 brachte der Bundesrat zur Kenntnis, dass er dem Protokoll seine Genehmigung erteilt habe.

Mit Note vom 10. Juli 1906'brachte das Grossherzoglich-Badische Ministerium des Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten dem Bundesrate zur Kenntnis, dass die badische Begierung den in betreff der Errichtung einer Wasserkraftanlage bei Bheinau vorläufig getroffenen Vereinbarungen, wie sich solche aus dem Protokoll vom 2./3. Juni 1896 und dem vorstehenden Protokoll ergeben, die Genehmigung erteilt habe.

Bundesblatt. 106. Jahrg. Bd. I.

58

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Beilage 4 SCHWEIZERISCHE EIDGENOSSENSCHAFT

Verleihung für die Errichtung einer Wasserkraftanlage am Rhein bei Rheinau (Vom 22. Dezember 1944) Gemäss Artikel 24Ms der Bundesverfassung, den Artikeln 7 und 38, Absatz 8, des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte Artikel, 5 der Übereinkunft zwischen der Schweiz und Baden vom 10. Mai 1879 betreffend den Wasserverkehr auf dem Ehein von Neuhausen bis unterhalb Basel, im Einvernehmen mit der badischen Eegierung und nach Anhörung der Eegierungen der Kantone Zürich und Schaffhausen, wird der Stadt Winterthur, den Nordostschweizerischen Kraftwerken AG., Baden, der Aluminium-Industrie-Aktiengesellschaft, Chippis, den Siemens-Schuckertwerken AG., Berlin-Siemensstadt (im folgenden «Kraftwerksunternehmen» genannt), zuhanden einer noch zu gründenden Aktiengesellschaft das Eecht verliehen, unter nachstehenden Bedingungen eine

Wasserkraftanlage am Rhein bei Rheinau zu errichten und zu betreiben.

I.

Gegenstand und Umfang der Verleihung

Art. l Umfang des Wasserrechts Die Verleihung erstreckt sich auf die Ausnützung°einer Wassermenge von 400 m3/sec und des Gefälles des Eheins vom Eheinfallbecken bei Neuhausen bis zum oberen Ende der Eegulierungsstrecke Büdlingen-Bheinau (Ausmündung des unteren Schleusen-Vorhafens), einschliesslich des Gefälles, das später durch die Ausführung einer Eegulierung der Eheinstrecke KüdlingenBheinau gewonnen werden kann (vgl. Art. 2 a), unter,Einhaltung der in Artikel 6, Ziffer l, festgelegten Bestimmungen.

Für die Bestimmung der Wassermengen sind die amtlichen Messungen niassgebend.

787

Art. 2

Dauer der Verleihung Die Verleihung gilt 80 Jahre, von der Inbetriebnahme des Werkes an gerechnet.

Art, 2 a Verhältnis zur Rheinregulierung Rüdlingen-Rheinau 1

' Der Rheinabschnitt Rüdlingen-Rheinau wird zum Zwecke der Schiffbar machung reguliert werden. Das Gefalle, welches sich hierbei infolge Absenkung der Rheinwasserspiegel ergibt, ist in der Kraftanlage Rheinau, soweit es die Verleihungsbehörden als wirtschaftlich erachten, auszunützen. Hiefür hat das Kraftwerksunternehmen in Verbindung mit der Regulierung das Flussbett vom oberen Ende der Eegulierungsstrecke an aufwärts, d. h. von der Ausmündung des unteren Schleusen-Vorhafens, bis zum unteren Hilfswehr durch Tieferlegung den neuen Verhältnissen auf seine Kosten anzupassen.

2 Von den Kosten der Rheinregulierung Rüdlingen-Rheinau hat das Kraftwerksunternehmen einen Anteil zu tragen, dessen Höhe seinerzeit entsprechend dem Werte des dem Werke Eheinau aus der Eegulierung erwachsenden Energiegewinnes durch die Verleihungsbehörden nach Anhörung des Kraftwerksunternehmens festgesetzt werden wird.

Zur Bewertung dieses Energiegewinnes ist der aus den Kosten der reinen Kraftwerksbauten errechnete Selbstkostenpreis der im Werke Eheinau erzeugbaren mittleren Jahresenergie massgebend.

Von dem errechneten Anteil an die Regulierungskosten sind die dem Kraftwerksunternehmen erwachsenden Kosten für die Anpassung des Bheinabschnittes von der Ausmündung des unteren Schleusen-Vorhafens bis zum unteren Hilfswehr an die Eheinregulierung sowie die Mehrkosten aus der gemäss Artikel 8, Ziffer 2, erforderlichen Tieferlegung der Anlagen in Abzug zu bringen.

II.

Bau- und Betriebsvorschriften Art. 3

Anlagen 1

Dem Kraftwerksunternehmen wird gestattet, zur Ausnützung der Wasserkraft die gemass Vorlage vom 18. Juni 1942 vorgesehenen Anlage auszuführen, insbesondere 1. ein Stauwehr im Ehein, ungefähr 400 m oberhalb der Klosterinsel Eheinau, 2. einen am linken Rheinufer oberhalb des Stauwehres abzweigenden, als Stollen auszubildenden Oberwasserzulauf.

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3. ein Maschinenhaus nebst Turbinenanlage am linken Rheinufer, ungefähr 1400 m unterhalb der bestehenden Salmenbrücke in Rheinau, mit Wasserrückgabe in den Ehein beim Maschinenhaus, 4. je ein Hilfswehr im Khein ungefähr 400 m oberhalb und 1200 m unterhalb der bestehenden Salmenbrücke in Rheinau, 5. je eine Kahnrampe und Fischpässe beim Stauwehr und bei den Hilfswehren.

2 Die Anlagen sind in der Höhenlage von vorneherein der späteren Tieferlegung des Rheinbettes im Abschnitt Rüdlingen-Rheinau anzupassen (vgl.

Art. 2 a).

Art. 4 Ausführung und Unterhalt der Anlagen Die Anlagen müssen nach den einzureichenden Plänen, nebst den zugehörigen Berechnungen sowie einem Bauprogramm, die der beidseitigen behördlichen Genehmigung bedürfen, erstellt werden. Allfällige Ergänzungen sind den Behörden nachzuliefern. Von dem genehmigten Entwurf darf nur im Einverständnis und mit Bewilligung der Behörden abgewichen werden.

2 Die Arbeiten für die Einzelbauten dürfen jeweilen erst in Angriff genommen werden, wenn die Einzelzeichnungen sowie die erforderlichen statischen Nachweise für diese Bauten vorgelegt und von den Behörden genehmigt sind.

Das gleiche gilt für Baugerüste, die innerhalb des Hochwassergebietes erstellt werden.

3 Sämtliche in Artikel 3 aufgeführten Anlagen sowie die weiteren nach dieser Verleihung durch das Kraftwerksunternehmen auszuführenden Bauwerke sind den Regem der Technik entsprechend herzustellen und stets in gutem Zustand zu erhalten; ebenso sind etwa eintretende Schäden zu beseitigen.

4 -Bei der Ausführung der Bauarbeiten ist auf die öffentlichen und privaten Interessen möglichst Rücksicht zu nehmen.

5 Vorstehende Bestimmungen gelten auch für die in Verbindung mit der Rheinregulierung Rüdlingen-Rheinau auszuführenden Arbeiten (vgl. Art. 2 a).

1

Art. 5 Heimatschutz Sämtliche Anlagen sind so auszuführen, dass das landschaftliche Bild nicht oder möglichst wenig gestört wird. Naturschönheiten sind zu schonen und da, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, möglichst weitgehend zu erhalten.

Die Interessen und Bedürfnisse der Heil- und Pflegeanstalt Rheinau sind bei der Erstellung und beim Betrieb des Werkes nach Möglichkeit zu wahren.

2 Der künftige Wasserstand im grossen, mittleren und kleinen Rhein bei der Klosterinsel soll auf die einheitliche Höhe von 352,50 (neuer schweizerischer 1

789

Horizont It. P. N. 373,60) : gebracht werden. Die Überfallkante des oberen Hilfswehres ist daher auf Kote 352,50 zu legen.

Der Damm zwischen dem mittleren und dem kleinen Bhein sowie alle übrigen Partien der Flußsohle, die höher als Kote 352,30 liegen, sind mindestens auf diesen Horizont abzutragen.

3 Die Höhe der Überfallkante des unteren Hilfswehres ist auf Kote 349,50 anzuordnen und der Flussabschnitt zwischen dem oberen und unteren Hilfswehr ist, eventuell in Verbindung mit Baggerungen, derart zu gestalten, dass die künftige Breite der Wasserspiegelfläche an keiner Stelle weniger als 75m beträgt.

4 Die Gestaltung der Bauwerke, die Ausbildung der Ufer,: die Anlegung von Strassen, Mauern, Schalt- und Transformatorenanlagen, Leitungen, Deponien, die Eodungen, Bepflanzungen, die Anstriche usw. haben im engen Einvernehmen mit den zuständigen schweizerischen und deutschen Sachverständigen für Naturschutz zu erfolgen.

Die Konzessionäre haben vor der Bauausführung zu untersuchen, ob für das Hauptwehr eine den Interessen des Heimatschutzes besser als das Schützenwehr dienende Wehrkonstruktion verwendet werden kann. j Die Verleihungsbehörden sind berechtigt, eine solche Wehrkonstruktion zu .verlangen, sofern deren Erstellung im wirtschaftlichen Bahmen möglich ist.

5 Die Verleihungsbehörden behalten sich vor, nötigenfalls weitere Massnahmen zur Wahrung des Landschaftsbildes anzuordnen, soweit dadurch dem Kraftwerksunternehmen keine unbillige Belastung erwächst. ; Für bestimmte Partien und Objekte können Modelldarstellungen verlangt werden. , . · ·

Art. 6

;

Bau und Betrieb des Stauwehres und der Hilfswehre Um die Naturschönheiten am Bheinfall möglichst zu wahren, werden die Wasserstände im Bheinfallbecken, welche bei den verschiedenen Abflussmengen einzuhalten sind, erst nach Inbetriebsetzung des Werkes festgesetzt.

Auf Grund von Stauversuchen, die bei Wasserständen im Bheinfallbecken zwischen den Koten 358,00 und 359,00 durchzuführen sind, bezeichnet der Schweizerische Bundesrat, nach Anhörung der Kantone Zürich und Schaffhausen, die höchstzulässigen Wasserstände im Bheinfallbecken; diese sind für die ganze Verleihungsdauer massgebend. Dabei besteht die Meinung, dass im Winter höhere Wasserstände als im Sommer zugelassen werden können.

Alsdann werden spätestens 5 Jahre nach der Inbetriebsetzung des Werkes, im Einvernehmen mit der deutschen Verleihungsbehörde, die Stauhöhen am Wehr, festgesetzt, die den vom Bundesrat festgesetzten Wasserständen im Bheinfallbecken entsprechen müssen. Die Bevision der Stauhöhen am Wehr bleibt vorbehalten.

1

790

Dem Kraftwerksunternehmen stehen keinerlei Ersatzansprüche zu, falls die Wasserstände im Eheinfallbecken unterhalb der Kote 359,00 m festgesetzt werden.

2 Das Stauwehr ist für eine maximale Stauhöhe von Kote 359,00 (neuer , schweizerischer Horizont E. P. N. 373,60) auszubilden. Es muss so bemessen sein, dass eine Hochwasserrnenge von 1250 m3/sec auch bei einer geschlossenen.

Wehröffnung durch das Wehr ohne schädlichen Aufstau abfliessen kann.

Über die hydraulische Wirkung der Wehre, des Überfalles usw. können.

Modellversuche verlangt werden.

Die Unterkanten der aufgezogenen Wehrverschlusse müssen mindestens auf Höhe 360,20 m zu hegen kommen.

3 Die Wehrverschlüsse müssen mittels zweier voneinander unabhängiger Energiequellen bewegt werden können. Ausserdem müssen sie von Hand betätigt werden können.

4 Sofern sich der Untergrund im Flussbett unterhalb des Stauwehres nicht als ausreichend widerstandsfähig erweist, ist ein entsprechendes Sturzbett auszubauen. Der Zustand der Sohle ober- und unterhalb des Stauwehres ist von Zeit zu Zeit nach Weisungen der technischen Behörden zu untersuchen; das Ergebnis ist diesen Behörden vorzulegen.

5 Mit der Inangriffnahme der Arbeiten in der Rheinschleife (Hilfswehre,.

Baggerungen usw.) darf bis zur Betriebseröffnung des Werkes zugewartet werden. Die Fertigstellung dieser Anlageteile hat jedoch innert 2 Jahren nach der Betriebseröffnung zu erfolgen. Bis zur Fertigstellung der Hilfswehre ist die Rheinschleife nach besonderer Weisung der zuständigen Behörden mit Wasser zu dotieren. Für Schäden.irgendwelcher Art, die in dieser Übergangszeit eintreten, haftet- das Kraftwerksunternehmen.

6 Das dem Werke 'Eheinau zufliessende Wasser soll in der Menge, in der es zufliesst, ununterbrochen an das unterhalb liegende Werk abgegeben werden.

Bei Vorhaben, die eine unvermeidbare und unregehnässige Wasserführung bedingen, z. B. zwecks Vornahme von Ausbesserungen am Werk, hat das Kraftwerksunternehmen die Bewilligung der zuständigen Behörden einzuholen und die Unterheger rechtzeitig vom bewilligten Vorhaben in Kenntnis zu setzen.

Für schädliche Folgen haftet das Kraftwerksunternehmen.

Zur Verhütung von Schwallerscheinungen bei plötzlichen Unterbrechungen der Stromabgabe sind auf Verlangen der Behörden Wasserwiderstände einzubauen.

7 Die Behörden behalten sich vor,
für-die Handhabung der Wehrverschlüsse nach Anhörung des Kraftwerksunternehmens eine allgemeine Anweisung zu erlassen. Hierbei kann im Interesse einer einwandfreien Regelung der Wasserstände der Einbau von Registrierapparaten, die die Stellungen der Wehrverschlüsse im Krafthaus aufzeichnen, verlangt werden.

791 8

Bei Arbeiten am Stauwehr darf ohne Erlaubnis der zuständigen Behörden nicht mehr als eine Wehröffnung, und zwar nur in der Zeit zwischen dem 1. Oktober und dem 1. Mai, ausser Dienst gestellt werden. Derartige Arbeiten sind stets nach Möglichkeit zu beschleunigen.

9 Die Eheinschleife ist vom Stauwehr aus ständig mit einer Minimalwassermenge von 5 m3/sec zu dotieren. Sollten sich in den Stauhaltungen der beiden Hilfswehre Übelstände hygienischer oder anderer Art ergeben/so bleibt den Behörden vorbehalten, zur Durchführung von Spülungen die vorübergehende Abgabe grösserer Wassermengen zu verlangen.

;

Art. 6 a

,

Nachprüfung der Wasserstände

, .

An geeigneten Stellen sind nach den Weisungen und unter Aufsicht der Behörden die zur Kontrolle des Werkes erforderlichen Pegel und Limnigraphen vom Kraftwerksunternehmen zu erstellen, von ihm zu bedienen und zu unterhalten.

.

· ' 2 Von der Erteilung der Verleihung an sind : a. im Eheinfallbecken und unterhalb der Wasserrückgabe je eine Limnigraphenanlage zu erstellen, zu bedienen und zu unterhalten; b. an geeigneten Stellen die Wasserstände nach Weisung der Behörden zu beobachten.

3 Die Pegelbücher und Diagramme sind aufzubewahren. Doppel der Aufzeichnungen sind den Behörden zuzustellen.

1

Art. 7

.

Entnahme von kleineren Wassermengen Das Kraftwerksunternehmen hat ohne Anspruch auf Entschädigung zu dulden, dass auf der ausgenutzten Flußstrecke bei sich einstellendem Bedarf Dritten die Entnahme von kleineren Wassermengen gestattet wird.

'

.

.

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' · Art. 8 , ' · . ' . ' ' . . ' ' ' · .

i Abnahme und Inbetriebnahme des Werkes

1 Das Kraftwerk darf ganz oder teilweise erst in Betrieb genommen werden, wenn durch die zuständigen Behörden sämtliche Anlagen, insbesondere das Stauwehr, der Oberwasserstollen, die Bauten der Turbinenanlagen mit Landanschluss und alle Dämme, Ufermauern und Entwässerungsanlagen sowie sämtliche Verschlüsse und Auf Zugsvorrichtungen in jeder Hinsicht als betriebssicher befunden worden sind.

!

' Das Programm für die erstmalige Einstauung ist den Behörden zur Genehmigung vorzulegen.

l 2 Als Zeitpunkt der Inbetriebsetzung des Werkes gilt der Beginn der dauernden Stromabgabe aus einer Maschineneinheit.

'· '.

792 III.

Flussbau und Verkehr

Art. 9 Uferschutz Im Staubereich bis zum Eheinfall und auf der Strecke vom Stauwehr Bheinau abwärts bis auf 1000 m unterhalb der Wasse'rrückgabe und, nach Ausführung der Rheinregulierung Bildungen--Rheinau, bis auf 3800 m oberhalb der Eüdlinger Brücke sind die beidseitigen Rheinufer nach Anweisung der Behörden durch das Kraftwerksunternehmen in ihrer ganzen Erstreckung, soweit instand zu halten und durch besondere Massnahmen gegen Wasserangriff zu sichern, als eine Schädigung erwartet werden kann oder nach Inbetriebnahme des Werkes festgestellt wird. Dasselbe gilt für die Seitengewässer, soweit sie eingestaut werden.

2 Das Kraftwerksunternehmen ist berechtigt, im Falle widerrechtlicher Beschädigung der Ufer nach den Bestimmungen des Zivilrechtes selbständig gegen den Schädiger vorzugehen.

1

Art. 10 Öffentliches Ufergebiet Das durch den Einstau und den Uferschutz längs des Rheins in Anspruch genommene Land samt Dämmen, soweit es nicht bereits öffentliches Gebiet ist, ist von dem Kraftwerksunternehmen zu erwerben und an die Kantone Zürich und Schaffhausen und das Land Baden auf ihren Gebieten unentgeltlich und lastenfrei abzutreten. Überall aber soll ihnen ein auch beim höchsten schiffbaren Wasserstand (3,00 am Basler Pegel, Sohlenzustand vom Jahr 1920, entsprechend einer Wasserführung des Rheins in Basel von 2480 m3/sec) wasserfreier Uferstreifen von mindestens 2 m Breite, in der Horizontalen gemessen, zufallen. Dem Kraftwerksunternehmen wird das Recht eingeräumt, diese Uferstreifen jederzeit zu begehen, zu befahren oder sonstwie zu Uferunterhaltszwecken zu benützen. Das abzutretende Gebiet ist nach Vorschrift zu vermarken.

Art. 11 Aufrechterhaltung des Verkehrs und Geländeschutz Die Fähre Noi mit den Zugängen ist den veränderten Verhältnissen auf Kosten des Kraftwerksunternehmens anzupassen. Erschwernisse und Verteuerung des Betriebes sind durch das Kraftwerksunternehmen jährlich abzugelten. Wenn jedoch die Regierung des Kantons Zürich es für zweckmässig erachtet, dass an Stelle der Fähre ein Fussgängersteg oder eine Brücke erstellt wird, hat das Kraftwerksunternehmen einen Beitrag an die Baukosten zu leisten, der den Anpassungs- und kapitalisierten Mehrkosten des Betriebes entspricht.

1

;

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2

Die in den Rhein mündenden natürlichen und künstlichen Wasserabläufe sind nach .Weisung der Behörden,den veränderten Verhältnissen anzupassen.

Insbesondere sind alle Wasserabläufe für Tag- und Grundwasser zu fassen und derart abzuleiten, dass keine Versumpfungen entstehen können. Dabei ist auf die Möglichkeit der Bewässerung und Entwässerung Rücksicht zu nehmen.

Soweit Schäden durch Heben oder Absenken des Grundwassers entstehen, hat das Kraftwerksunternehnien nach Weisung der Behörden diese Schäden zu beseitigen oder Schadenersatz zu leisten.

3 Vor Inangriffnahme des Baues, wahrend desselben und nach Inbetriebsetzung des Werkes hat das Kraftwerksunternehmen nach Weisung der Behörden und durch von ihnen zu bezeichnende Fachleute die Grundwasserverhältnisse der durch die Wasserkraftanlage beeinflussten Gebiete festzustellen.

4 Für die geordnete Einführung von Abläufen und Dolen sowie für entsprechende Anpassung vorhandener, in den Staubereich fallender Dung- und Abortgruben ist Sorge zu tragen.

Das Kraftwerksunternehmen hat alle Kosten zu übernehmen, die erforderlich sind, um die Abwasseranlagen, welche bei Baubeginn des Kraftwerkes schon bestehen oder für welche ein von den kantonalen Behörden zur Ausführung genehmigtes Projekt vorliegt, den durch den Bau und Betrieb des Kraftwerkes veränderten Verhältnissen anzupassen.

Ebenso hat das Kraftwerksunternehmen die Mehrkosten zu tragen, die durch den Bau und Betrieb des Kraftwerkes für Betrieb und Unterhalt solcher Abwasseranlagen entstehen.

5 Für untergehende Badeplätze und Pferdeschwemmen hat das Kraftwerksunternehmen nach Weisung der zuständigen Behörden Ersatz zu leisten.

6 Das Kraftwerksunternehmen hat in Ersatz untergehender Uferwege und Landestellen neue zu erstellen und gefährliche Uferpartien durch Abschrankungen zu sichern. Ferner hat das Kraftwerksunternehmen auf Verlangen und nach Weisung der Behörden längs der Stauhaltungen öffentliche Fusswege zu erstellen oder die vorhandenen auszubauen. Im Bereiche der Zentrale ist eine Verbindung der vorhandenen Wege längs der Hochborde am Rhein zu erhalten.

7 Während der Bauzeit darf der direkte Verkehr zwischen den Anstalten Alt- und Neu-Rheinau nicht unterbrochen werden.

Art. 12 Benützung von öffentlichem Eigentum 1

Die durch den Kraftwerkbau stark in Anspruch genommenen Strassen und Brücken sind während der Bauzeit von dem Kraftwerksunternehmen, zu unterhalten und nach Bauvollendimg in den vorherigen guten Zustand zu setzen.

Das Kraftwerksunternehmen übernimmt alle Kosten, ,die aus dem Bestehen und der Wirkung des Staues bei den Brücken zum Schlösschen Wörth

794

und bei Kheinau, ferner bei der Wasserkraftleitung der Gemeinde Neuhausen und deren allfälligen Neubau entstehen. · Es hat vor Einstau unter Aufsicht der Behörden den gegenwärtigen Zustand der Brückenpfeiler, der Brückenwiderlager und der Abstützungen der Wasserkraftleitung genau zu. untersuchen und festzustellen sowie alle Mängel zu beheben. Es trägt auch den zukünftigen Unterhalt und die Erneuerung der Pfeiler, der Widerlager und der Abstützungen.

2 Das Kraftwerksunternehmen hat alle Kosten für die in den berührten Gemeinden infolge der Werkanlage von den Behörden nötig befundenen Abänderungen der Flureinteilung und Weganlagen nebst Zu- und Abfahrten zu den Grundstücken zu tragen. Ebenso hat es sämtliche Kosten für die Nachführung der Vermarkung, der Vennessungswerke und des Grundbuches, die durch die Ausführung der Werkanlage bedingt sind, auf sich zu nehmen.

3 Ohne : Erlaubnis der zuständigen Behörden dürfen Abtragmaterial und Schuttmassen nicht in das Plussbett geworfen werden. Die Behörden behalten sich vor, Weisungen über die Ablagerung des Materials sowie über die Beseitigung des Geschwemmsels und der "Verkrautung zu erlassen.

Das in den Stauhaltungen sich ansammelnde Geschwemmsei ist abzuschwemmen oder in anderer geeigneter Weise zu beseitigen.

4 Das Kraftwerksunternehmen hat die schädlichen Geschiebeablagerungen in den im Artikel 9 bezeichneten Mußstrecken nach Weisung der zuständigen Behörden zu beseitigen und sich über die Verwendung des Materials mit den Behörden ins Einvernehmen zu setzen.

.

Art. 13

Änderung der Anlagen Wenn im öffentlichen Interesse in bau- oder flusspolizeilicher Hinsicht nach Ansicht der beidseitigen Behörden Änderungen oder Ergänzungen der Anlagen geboten erscheinen, so hat das Kraftwerksunternehmen den hierwegen ergehenden Aufforderungen auf seine Kosten zu entsprechen.

IV.

Schiffahrt und Fischerei Art. 14

Bestehende Schiffahrt Die bestehenden Anlagen für die Kleinschiffahrt sind den veränderten Verhältnissen anzupassen.

2 Die Eheinschleife von der Wasserentnahme beim Stauwehr Eheinau bis zur Wasserrückgabe ist gemäss Vorlage vom 18. Juni 1942 auszubilden und für die Kleinschiffahrt offenzuhalten.

1

:

. :

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Der Damm zwischen dem grossen und dem mittleren Rhein ist so weit abzutragen, dass die Kleinschiffahrt nicht behindert wird.

Für die Durchfahrt der Schiffe vom kleinen durch den mittleren zum grossen Rhein ist ein mindestens 3 m breiter Durchgang mit Sohle auf Kote 352,00 zu schaffen und dauernd zu bezeichnen.

i 3 Durch die Hilfswehre muss eine Hochwassermenge des Rheins von 1250 ru3/sec ohne schädlichen Aufstau abfliessen können.

4 Beim Stauwehr und bei den Hilfswehren ist je eine Kahnrampe nach Weisung der zuständigen Behörden zu erstellen, deren Zufahrten deutlich zu bezeichnen und leicht zugänglich zu machen sind.

5 Während der Tageszeit, d. h. eine Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang, hat das Personal des Kraftwerkes nötigenfalls beim Transport von Schiffen über die Kahnrampen unentgeltlich mitzuwirken.

6 Die Verleihungsbehörden behalten sich vor, nach den Betriebserfahrungen weitere Massnahmen im Interesse der Schiffahrt in der Rheinschleife auf Kosten des Kraftwerksunternehmens anzuordnen.

.

-

Art. 15

;

Künftige Großschiffahrt Das Kraftwerksunternehmen hat die Entnahme des zur Speisung der Schiffahrtsanlagen erforderlichen Wassers ohne Anspruch auf Entschädigung ; zu dulden.

· 2 Das Kraftwerksunternehmen hat den zum Betrieb und zur Beleuchtung der Schiffahrtsanlagen benötigten elektrischen Strom kostenlos zu liefern.

3 Das Kraftwerksunternehmen hat das für die Schiffahrtsanlagen (Schleusen, Vorhäfen, Kanäle, Schiffahrtstunnel usw.) erforderliche Gelände nach Weisung der beiden. Regierungen zu erwerben und zum Erwerbspreis, ohne Zinsberechnung, zugunsten der Schiffahrt abzutreten. Bis zum Zeitpunkt der Abtretung kann das Kraftwerksunternehmen über dieses; Gelände verfügen, darf jedoch darauf keine bleibenden Bauten errichten. , 4 Sofern für die Schiffahrt Einrichtungen in Verbindung mit Anlagen des Kraftwerkes zu erstellen sind, hat das Kraftwerksunternehmen den Anschluss und die Mitbenützung seiner Anlagen zu dulden. Es hat Anspruch auf angemes-: sene Entschädigung für die hieraus entstehenden wesentlichen Betriebsstörungen und Schädigungen.

; 5 Das Kraftwerksunternehmen hat die Schiffahrtsanlägen in seiner Uferunterhaltungsstrecke, ausgenommen die Anlagen der Staustufe Rheinfall, auf eigene Kosten zu betreiben, zu unterhalten und zu erneuern.

Soweit der Wert der bis Ablauf der Verleihungsdäuer voraussichtlich hiefür erforderlichen Aufwendungen im Zeitpunkt der Betriebseröffnung der Schiffahrtsanlagen den Betrag von 650 000 Franken übersteigt, ist er dem Kraftwerksunternehmen in Form einer einmaligen Abfindung zu Lasten des Baukontos der Schiffahrtsstrasse zu vergüten.

1

796 Die beiderseitigen Eegierungen behalten sich vor, vom Kraftwerksunternehmen anstelle der nach dem ersten Absatz zu erbringenden Leistungen einen einmaligen Beitrag in der obengenannten Höhe an die Baukosten der Schifffahrtsanlagen zu fordern.

Der Betrag von 650 000 Pranken ist auf das schweizerische Preisniveau vom Jahre 1937 bezogen und ist entsprechend demjenigen im Zeitpunkt der Fälligkeit der Leistung zu ändern. Die beiden Kegierungen behalten sich vor, statt 650 000 Franken 890 000 Reichsmark nach Absatz 2 zu Grunde zu legen oder nach Absatz 3 zu fordern; dieser Eeichsmarkbetrag ist auf den deutschen Baukostenindex 1937 bezogen und entsprechend dem im Zeitpunkt der Fälligkeit gültigen Baukostenindex zu ändern. Der Geldbeitrag kann in Schweizerfranken oder in Beichsmark, oder aber zum Teil in Franken, zum Teil inEeichsmark verlangt werden.

6 Zu den Leistungen für Betrieb, Unterhaltung und Erneuerung gehört, dass der Schleusendienst während des ganzen Jahres auch an Sonn- und Feier " tagen, bei Tag und nach besonderen Weisungen der zuständigen Behörden auch bei Nacht unentgeltlich sichergestellt wird.

Die Behörden werden im übrigen für Betrieb und Bedienung der Schiffahrtsanlagen besondere Vorschriften und eine Schiffahrtspolizeiordnung erlassen.

7 Die Bestimmungen des Artikels 33 der Verleihung gelten auch für Betrieb, Unterhaltung und Erneuerung der Schiffahrtsanlagen, soweit sie dem Kraftwerksunternehmen nach Ziffer 5 und 6 obliegen.

Art. 16 Fischerei 1

Zur Ermöglichung des freien Durchzuges der Fische ist am Stauwehr und an den Hilfswehren nach Anordnung der zuständigen Behörden je ein Fisch pass vorzusehen. Die Ausbildung der Fischaufstiegsvorrichtungen hat im Einvernehmen mit den Eegierungen der Kantone Zürich und Schaffhausen zu erfolgen, wobei es vorbehalten bleibt, die vorgesehenen Treppen eventuell durch Fischlifte zu ersetzen.

2 Die Fischpässe dürfen nur bei aussergewöhnlichem Niederwasserstand und nur nach vorheriger Zustimmung der beidseitigen Aufsichtsbehörden zeitweilig ausser Betrieb gesetzt werden.

3 Die Fischpässe und deren Ein- und Ausläufe sind dauernd von Geschwemmsei freizuhalten.

4 Der Zugang zu den Fischpässen ist gegen Unberechtigte abzuschliessen ; den staatlichen Organen der Fischereiaufsicht müssen die Werkanlagen jederzeit zugänglich sein.

5 Jeder Fischfang in den Fischpässen und in den übrigen Werkanlagen ist ohne besondere Erlaubnis der Aufsichtsbehörden verboten, ebenso oberhalb und unterhalb der Wehre innerhalb der Verbotstrecken, welche nach Inbetrieb-

797

nähme des Werkes von den Aufsichtsbehörden noch näher bestimmt und durch Tafeln kenntlich gemacht werden.

Die einzustauenden Uferpartien sind nach Weisung der kantonalen Fischereibehörden für die Fischerei herzurichten (Eodungen, Planierungen, Erstellung von ; Zugangsmöglichkeiten, Herrichtung von Laichplätzen usw.).

6 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, nach Anordnung der zuständigen Behörden einen jährlichen Einsatz von Jungfischen vorzunehmen und an die allfällig notwendig werdende künstliche Aufzucht dieser Fische einen angemessenen Beitrag zu leisten.

7 Sofern wegen der besonderen Verhältnisse die, zuständigen Behörden auf die Erstellung von Fischpässen verzichten, hat das Kraftwerksunternehmen an die fischereiliche Bewirtschaftung der Stauhaltungen einen angemessenen Beitrag zu leisten. Dieser Beitrag kann entweder durch eine einmalige Abfindungssumme oder durch jährliche Beiträge oder durch eine Kombination dieser Entschädigungen geleistet werden. Die Abfindungsart wird nach Anhören des Kraftwerksunternehmens durch die zuständigen Behörden festgelegt.

8 Die Anordnung weiterer Massnahmen zum Schutze .der Fischerei auf Kosten des Kraftwerksunternehmens bleibt den zuständigen Behörden auch nach Vollendung und Inbetriebnahme des Werkes vorbehalten.

V.

Wirtschaftliche Bestimmungen Art. 17 Verteilung der Wasserkraft 1 Die von .dem Kraftwerksunternehmen nutzbar gemachte Wasserkraft des Eheins wird vorläufig so verteilt, dass 59 Prozent auf die Schweiz und 41 Prozent auf Baden entfallen. Nach Festsetzung der definitiven Wasserstände im Eheinfallbecken, entsprechend den Bestimmungen des Artikel 6, Ziffer l, sind diese Kraftanteile neu zu bestimmen und nach Ausführung der in Artikel 2 a genannten Eheinregulierung Eüdlingen-Eheinau endgültig festzulegen.

2 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, auf eigene Kosten sowohl dem Bund als den Kantonen Zürich und Schaffhausen jeweils alles erforderliche Material zur Berechnung und Festsetzung der Wasserkraft zur Verfügung zu stellen. Die Behörden sind berechtigt, Messungen zur Bestimmung der Wasserkraft und der aus dieser gewonnenen Energie nach ihrer Wahl und so oft sie es als nötig halten in oder bei der Kraftanlage vorzunehmen oder zu gestatten.

Art. 18

Rechnungswesen.

Das Kraftwerksunternehmen eidgenössischen Departement sowie und Schaffhausen in je 3 Exemplaren 1

Energie-Verkaufspreise ist gehalten, jährlich dem zuständigen den Baudirektionen der Kantone Zürich zu übersenden:

798

die Betriebsrechnung, den Geschäftsbericht, die Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanz, die Nachweise über Abschreibungen und Rücklagen sowie über die Verwendung des Beingewinns, ferner die Nachweise über Erzeugung und Verwendung der Energie, die allgemeinen und speziellen Tarife, sowie die Gebietsabgrenzungsverträge und andere ähnliche Verträge (vgl. die Art. 27 und 33 dieser Verleihung).

2 Der Bundesrat kann verlangen, dass das Kraftwerksunternehmen die Preise für die in der Schweiz abgesetzte Energie ermässige, sofern unter gleichen Verhältnissen ausländische Abnehmer niedrigere Preise zu entrichten haben, und zwar bis zu dem unter gleichen Verhältnissen in Ansatz kommenden niedrigsten Preise.

3 Der Bundesrat kann ferner im Benehmen mit der badischen Kegierung und nach Anhörung des Kraftwerksunternehmens eine Ermässigung der Preise für die in der Schweiz abgesetzte Energie verlangen, wenn der Eeingewinn des Kraftwerksunternehmens im Verlauf der vorgegangenen 5 Jahre durchschnittlich mehr als 8 Prozent des Einlagekapitals (einbezahlten Aktienkapitals) betragen hat. Durch die Preisherabsetzung soll der Eeingewinn nicht unter das im vorhergehenden Satz bezeichnete Mass herabgedrückt werden. Als Eeingewinn sind die den Aktionären und Gesellschaftsorganen gewährten Gewinnanteile (Dividenden und Tantiemen) anzusehen.

Art. 19 Wasserzins und Verleihungsgebühr Für die Überlassung der Wassernutzungsrechte hat das Kraftwerksunternehmen den Kantonen Zürich und Schaffhausen eine einmalige Gebühr und einen jährlichen Wasserzins nach der jeweiligen schweizerischen Gesetzgebung zu leisten. Die Höhe des Wasserzinses vermindert sich um den Betrag einer Sondersteuer auf Wasserkräfte oder daraus erzeugter Energie.

Art. 20 Beteiligung am Unternehmen Den Kantonen Zürich und Schaffhausen und dem Lande Baden ist Gelegenheit zu geben, sich am Unternehmen spätestens bei der Zeichnung des Aktienkapitals im Verhältnis ihres Anteils an der Wasserkraft direkt oder indirekt zu beteiligen. Diese Beteiligung darf die Hälfte des jedem Land entsprechend der Eohwasserkraft zukommenden Kapitalanteils nicht überschreiten.

Art. 21 Verwaltung des Unternehmens Der Verwaltungsrat soll aus einer, dem Anteil der Länder an der nutzbaren Wasserkraft entsprechenden Anzahl Angehöriger der Schweiz und des Deutschen Eeiches bestehen.

1

799 2

Das Kraftw'erksunternehmen hat dafür zu sorgen, dass je eine von den beidseitigen Regierungen bezeichnete Persönlichkeit dem Verwaltungsrat als vollberechtigtes Mitglied angehören kann.

3 An Stelle dés im 2. Absatz genannten Verwaltungsratsmitgliedes können die Schweiz und das Land Baden je einen Kommissär ernennen, der das Eecht hat, an den Sitzungen des Verwaltungsrates und seiner Delegation teilzunehmen.

'Art, 22

'

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:

Domizil Die zu gründende Aktiengesellschaft ist nach den Bestimmungen der schweizerischen Gesetzgebung mit dem Hauptsitz im Kanton Zürich zu errichten.

1 ".

Art. 23 : Zollschutz und Landesverteidigung Das Kraftwerksunternehmen hat sich den von den zuständigen Behörden im Interesse des Zollschutzes und der Landesverteidigung getroffenen Anordnungen zu, unterziehen und die hiefür erforderlichen Einrichtungen auf seine Kosten zu erstellen.

.

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'· Art. 24 Arbeitskräfte, Verwendung einheimischer Erzeugnisse 1

Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, für die Bauausführung und den Betrieb des Werkes einen dem schweizerischen Anteil an der Wasserkraft entsprechenden Teil der Arbeitskräfte aus Angehörigen der Schweiz anzustellen.

2 Bei Vergebung von Lieferungsauf trägen sind, soweit wirtschaftlich möglich, im wesentlichen schweizerische Lieferanten und Arbeitskräfte im Verhältnis des schweizerischen Anteils an der Wasserkraft zu berücksichtigen.

.

Art. 25

!

Heimfall 1

Nach Ablauf der Verleihungsdauer sind die Kantone Zürich und Schaffhausen zusammen mit dem Lande Baden befugt, die dem iKraftwerksunternehmen gehörenden Grundstücke nebst Zubehör, die dem Kraftwerksunternehmen an fremden Grundstücken zustehenden Rechte und die auf öffentlichem Boden errichteten Anlagen,: welche a. zum Betrieb des Wasserkraftwerkes, b. zur Erzeugung und Fortleitung der elektrischen Energie dienen, und diejenigen Grundstücke, auf denen Verwaltungsgebäude oder Dienstwohnungen stehen, nebst Zubehör, lastenfrei an sich zu ziehen.

Für die unter a fallenden Grundstücke, Rechte und Anlagen wird ein Entgelt nicht gewährt. Falls die Staaten die unter a fallenden Grundstücke, Rechte und Anlagen an sich ziehen, so sind sie auf Verlangen des Kraftwerksunter-

800 nehmens verpflichtet, auch die übrigen, obengenannten Grundstücke, Eechte und Anlagen gegen die vorgesehene Entschädigung zu übernehmen.

Für die unter b fallenden Grundstücke, Eechte und Anlagen und diejenigen Grundstücke, auf denen Verwaltungsgebäude oder Dienstwohnungen stehen, wird eine angemessene, dem dannzumaligen Sachwert entsprechende und im Streitfall durch Sachverständige festzusetzende Entschädigung gezahlt.

2 Sämtliche Anlagen - mit Ausnahme der Anlagen zum Portleiten der elektrischen Kraft ab Schalthaus - gehen in diesem Falle in das Miteigentum der Kantone Zürich und Schaffhausen und des Landes Baden zu ideellen Teilen, im Verhältnis der von jedem Staate verliehenen Wasserkräfte (Art. 17), über.

Die Anlagen zur Fortleitung der elektrischen Kraft erwirbt jedes Land für sich, soweit sie auf seinem Hoheitsgebiet erstellt oder für die Überführung nach diesem Gebiet notwendig sind.

3 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, das Wasserrecht gemäss Artikel 59 des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte und die übrigen Grundstücke und dinglichen Eechte in ein Kollektivblatt im Sinne des Artikels 947 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches eintragen zu lassen, in dem das Heimfallrecht gemäss näherer Weisung der Grundbuchbehörden vorzubehalten ist. Sollte die Anlegung eines Kollektivblattes oder die Aufnahme einzelner Grundstücke in dieses Kollektivblatt nicht möglich sein oder ein in dem Kollektivblatt enthaltenes Grundstück später aus diesem ausgeschieden werden, so ist das Heimfallrecht auf den Blättern der betreffenden Grundstücke anzumerken.

Art. 26 Bäckkauf 1

Die Kantone Zürich,-Schaffhausen und das Land Baden können das ganze Kraftwerk auf je fünfjährige Voranzeige hin nach Verfluss von 40, 50, 60 und 70 Betriebsjahren im entsprechenden Verhältnis des Kraftanteils, wie in Artikel 25, Absatz 2, vorgesehen, lastenfrei zu Eigentum erwerben. Der Bückkaufpreis ist gleich dem arithmetischen Mittel aus dem Erstellungswert und dem Geschäftswert.

Der Erstellungswert wird hiebei für die festen Anlagen des Tief- und Hochbaues, letztere mit Ausnahme der Dienstwohn- und Verwaltungsgebäude, auf den Betrag der gesamten Erstellungskosten dieser Anlagen, abzüglich einer Abschreibung von l Prozent für jedes Jahr von Beginn des 11. Betriebsjahres an, festgesetzt. Für die seit der Vollendung des Werkes gemachten baulichen Erweiterungen und Erneuerungen ist der Erstellungswert gleich dem seinerzeitigen Kostenbetrag, abzüglich einer Abschreibung von l Prozent für jedes Betriebsjahr seit Ablauf von 10 Jahren nach der Erweiterung oder Erneuerung.

Für die maschinellen und .elektrischen Einrichtungen, auch die Wassermotoren und die beweglichen Anlagen zum Stauen oder Fassen, Zu- oder Ableiten des Wassers sowie die Dienstwohn- und Verwaltungsgebäude und die Stromvertei-

801 lungsanlagen wird eine angemessene, dem dannzuinaligen Sachwert entsprechende und im-Streitfall durch Sachverständige festzusetzende Summe eingestellt.

Als G e s c h ä f t s w e r t gilt der zwanzigfache Betrag des nach Vornahme der bei Unternehmungen solche^ Art erforderlichen und üblichen Rücklagen verbleibenden mittleren Jahresgewinnes aus den dem Bückkauf vorausgehenden 5 letzten Geschäftsjahren.

2 Im Falle des Bückkaufes sind die Kantone Zürich und Schaffhausen sowie das Land Baden berechtigt und auf Verlangen des Kraftwerksunternehmens verpflichtet, die laufenden Energielieferungsverträge zu übernehmen und zu halten. Diese Verpflichtung besteht jedoch nur für solche Energielieferurigsverträge, die keine Benachteiligung des Kraftwerksunternehmens bedeuten.

Art. 27 ; Nachweis der Erstellungskosten Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, innerhalb von 2 Jahren nach Vollendung der Anlage den Behörden genauen Nachweis über die Erstellungskosten zu leisten, die für die Berechnung des Bückkaufspreises (Art. 26) und die Höhe des Reingewinnes (Art. 18), sowie für die Staatsaufsicht (Art. 33) massgebend sind. Ebenso ist von allfälligen baulichen Erweiterungen und Erneuerungen Kenntnis zu geben. Anlagen, für welche diese Kostenausweise nicht binnen 2 Jahren nach Vollendung eingereicht werden, finden bei der Bestimmung des Bückkaufspreises kerne Berücksichtigung.

2 Hierbei dürfen nur die sachlich gerechtfertigten Ausgaben für Erwerbung der Verleihungen, Errichtung der Gesellschaft, Geldbeschaffungskosten, Kursverluste, Kosten der Organisation und der Einrichtung des Betriebes zu den Erstellungskosten gerechnet werden.

1

Art. 28

.;

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Betriebsfähiger Zustand Im Falle des Bückkaufes oder des Heimfalles ist die gesamte Anlage in gutem und betriebsfähigem Zustand zu übergeben.

VI.

. Schlussbestinunimgen

Art. 29 Haftung für Schäden und Einstand in Prozesse Das Kraftwerksunternehmen haftet für jeden Schaden und Nachteil, der nachweisbar infolge der Errichtung und des Betriebes der Wasserkraftanlage an Bechten Dritter entsteht. Soweit ein solcher Nachteil Wasserkraftanlagen 1

Bundesblatt. 106. Jahrg. Bd. I.

l

59

802 trifft, ist er durch unentgeltliche Lieferung elektrischer Kraft oder auf andere Weise auszugleichen.

2 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, die beidseitigen Staaten für allfällig gegen sie erhobene Ansprüche von Drittpersonen schadlos zu halten und alle damit im Zusammenhang stehenden Prozesse auf eigene Kosten und Gefähr hin zu übernehmen.

Art. 30 Zustand des Rheinbettes 1

Nach Weisung der Behörden ist der Zustand des Eheinbettes vor dem Ausbau auf der ganzen durch das Kraftwerk ausgenützten Flußstrecke durch Aufnahme der erforderlichen Längen- und Querprofile vor der Einstauung auf Kosten des Kraftwerksunternehmens festzustellen. Die Behörden können verlangen, dass die Aufnahmen auch nach dem Aufstau von Zeit zu Zeit wiederholt werden (vgl. Art. 6, Ziff. 4, dieser Verleihung).

2 Das gleiche gilt für die Seitengewässer, soweit sie eingestaut werden.

Art. 31 Enteignung Dem Kraftwerksunternehmen wird das Eecht gewährt, gemäss Artikel 46 und 47 des eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes die zum Bau und Betrieb seines Werkes nötigen Grundstücke und dinglichen Eechte sowie die entgegenstehenden Nutzungsrechte zwangsweise zu erwerben.

Art. 32 Planvorlagen 1

Nach Vollendung der Anlagen sind den Behörden über die gesamte Wasserkraftanlage endgültige Ausführungspläne in der nötigen Zahl zu übergeben, nämlich : 1. Übersichtskarte 1:25000, 2. Situationsplan l : 5000 (Katasterplan) mit Höhenangaben, 3. Wehranlagen, Wasserfassung, Oberwasserstollen, Maschinenhaus und Vorbecken, Situation 1:500 oder 1:1000 und Schnitte 1:200,

1 n ooo

4. Längenprofil des Eheins 1: mit eingetragenen natürlichen und .

100 gestauten Wasserspiegeln des Eheins, entsprechend einem Wasserstand am Pegel Basel (Sohlenzustand 1920) von

803

= 525 m3/sec bzw. QNol = 170 m3/sec) = 1020 m3/sec bzw. QNol = 320 m3/sec) = 1670 m3/sec bzw. QNol = 600 m3/sec) = 2480 m3/sec bzw- QNol = 890 m3/sec) 2000 5. Längenprofil der Anlage l : 0,0 1,0 2,0 3,0

m m m m

(QBasel (QBasel (QBasel (QBasel

6. Kahnrampen, Situation und Schnitte l : 200.

2 Änderungen oder Erweiterungen des Kraftwerkes sind auf Kosten des Kraftwerksunternehmens in diesen Plänen jeweils nachzufahren, nötigenfalls sind diese neu herzustellen.

3 Sämtliche Höhenangaben sind an das Nivellement beider Staaten anzuschliessen, unter Angabe der Anschlusspunkte.

Art. 33 Staatsaufsicht 1

Durch die zuständigen Behörden wird darüber Aufsicht geführt, dass die Wasserkraftanlagen und die damit zusammenhängenden Einrichtungen entsprechend den Bedingungen der erteilten Verleihung und den polizeilichen Vorschriften hergestellt, unterhalten und betrieben sowie dass Zuwiderhandlungen gegen diese Bedingungen und Vorschriften vermieden werden.

2 Im Falle von Zuwiderhandlungen können, abgesehen von allfälligem strafrechtlichem Einschreiten und der dem Kraftwerksuntemehmen obliegenden Verpflichtungen zum Ersatz des etwa erwachsenden Schadens, zur Herstellung des ordnungsgemässen Zustandes behördliche Anordnungen getroffen werden.

3 Den in diesem Sinne ergehenden Anordnungen der administrativen oder technischen Aufsichtsbehörde hat das Kraftwerksunternehmen Folge zu leisten, widrigenfalls die nötigen Massnahmen auf seine Kosten getroffen werden können.

4 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, den mit der Staatsaufsicht (Wasserbau-, Fischerei- und Schiffahrtspolizei, hydrometrischen Arbeiten, Kontrolle der erzeugten und verwendeten Kraft, Fabrikaufsicht usw.) betrauten Beamten jederzeit den Zutritt zu sämtlichen Anlageteilen zu gestatten.

5 Durch die staatliche Aufsichtsführung wird das Kraftwerksunternehmen seiner Haftpflicht und Verantwortlichkeit bei vorkommenden Unglücksfällen und dergleichen in keiner Weise entbunden.

6 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, dem zuständigen eidgenössischen Departement und den Regierungen der Kantone Zürich und Schaffhausen den Gründungsvertrag und die Statuten der Gesellschaft sowie die Bauabrechnung in 3 Exemplaren zu übersenden (vgl. auch die Art. 18 und 27 dieser Verleihung.)

804

Art. 34 Kosten des Konzessionsverfahrens und der Staatsaufsicht Das Kraftwerksunternehmen trägt sämtliche Kosten des Konzessionsverfahrens. Es ist ferner für sämtliche aus Anlass der staatlichen Aufsichtsführung, der gemäss Artikel 8 vorzunehmenden Prüfung der Widerstandsfähigkeit und Tüchtigkeit der errichteten Anlagen und der Festsetzung des Wasserzinses entstehenden Kosten ersatzpflichtig.

Art. 35 Übertragung der Verleihung Die Verleihung kann nur mit Zustimmung der beidseitigen Behörden auf einen andern übertragen werden. Diese Zustimmung soll nicht verweigert werden, wenn der neue Brwerber allen Erfordernissen der Verleihung genügt und keine Gründe des öffentlichen Wohles der Übertragung entgegenstehen.

Art. 36 Widerruf und Erlöschen der Verleihung 1 Die Verleihung für. die Gesamtanlage erlischt mit dem Ablauf der Verleihungsdauer. Ferner erlischt sie, wenn nicht, von demjenigen Tag an gerechnet, an welchem dem Kraftwerksunternehmen die Verleihungsurkunde zugestellt wurde: a. binnen 3 Jahren mit den Bauarbeiten ernstlich begonnen wird, b. binnen längstens 7 Jahren das Kraftwerk auf 400 m3/sec ausgebaut und wenigstens teilweise dem Betrieb übergeben ist.

Ausserdem erlischt die Verleihung: c. durch den gegenüber den Behörden ausgesprochenen Verzicht des Kraftwerksunternehmens, d. wenn nach erfolgter Herstellung und Inbetriebnahme der Anlage der Betrieb während 3 Jahren eingestellt war und hierauf die auf mindestens 1 Jahr zu berechnende Frist, die dem Kraftwerksunternehmen von den Behörden zur Wiederaufnahme des Betriebes bestimmt wird, unbenutzt abgelaufen ist.

2 Die Verleihung kann widerrufen werden, wenn das Kraftwerksunternehmen wesentlichen Bedingungen dieser Verleihung trotz wiederholter Mahnung erheblich zuwiderhandelt. Ehe eine Kegierung von dem Widerruf Gebrauch macht, wird sie sich mit der anderen Eegierung ins Benehmen setzen.

3 In den Fällen der Buchstaben a, b und d soll die Frist verlängert werden, wenn hindernde Umstände vorhegen, für die das Kraftwerksunternehmen nicht verantwortlich gemacht werden kann und die mit wirtschaftlichen Mitteln zu beseitigen nicht in seiner Macht liegt.

4 Beim Erlöschen dieser Verleihung ist das Kraftwerksunternehmen verpflichtet, auf seine Kosten und nach den Weisungen der zuständigen Behörden den den öffentlichen Interessen entsprechenden Zustand herzustellen.

805 Art. 37 Wirksamkeit der Verleihung 1 Dies'e Verleihung tritt erst dann in rechtliche Wirksamkeit, wenn die Regierungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Landes Baden einander die für ihr Gebiet erteilten Verleihungsurkunden mitgeteilt und durch Austausch von Erklärungen festgestellt haben, dass die .Verleihung allseitig auf Grund übereinstimmender Pläne erteilt und dass die Bedingungen der zwei Verleihungen in allen Punkten, über die eine Vereinbarung im Sinne der Übereinkunft vom 10. Mai 1879 erforderlich ist, übereinstimmen.

2 Die beiden Eegierungen behalten sich vor, die rechtliche Wirksamkeit der Verleihung davon abhängig zu machen, dass die;gegen das Verleihungsgesuch erhobenen wichtigeren Einsprachen, auch diejenigen privatrechtlicher Natur, soweit sie von den zuständigen1 Behörden als begründet erachtet werden, zuvor sachgemäss erledigt worden sind.

: Bern, den 22. Dezember 1944.

: ' · .

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates,.

!

Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Stampili Der Bundeskanzler: Leimgruber

Inkraftsetzung Nachdem die Übereinstimmung der badischen und schweizerischen Verleihung feststeht und die Einsprachen erledigt sind, wird die vorliegende Verleihung auf den 1. Februar 1948 in Kraft gesetzt. Die Fristen beginnen indessen erst vom Tage der Aushändigung an zu laufen.

, Bern, den :20. Januar 1948.

Eidgenössisches Post- und Eisenbahndepartement: Celio Aushändigung Im gegenseitigen Einverständnis der beidseitigen zustandigen Behörden ist die vorliegende Verleihung am 1. Februar 1948 ausgehändigt worden.

Bern, den 1. Februar 1948.

Eidgenössisches Amt für Wässenvirtschaft: Kuntschen

806

Beilage 5 LANDRATSAMT WALDSHUT Verleihungs- und Genehmigungsbescheid für die

Errichtung einer Wasserkraftanlage am Rhein bei Rheinau (Vom 14. November 1947)x)

Unter Bezug auf Artikel 5 der Übereinkunft zwischen dem Lande Baden und der Schweiz vom 10. Mai 1879, betreffend den Wasserverkehr auf dem Ehein von Neuhausen bis unterhalb Basel, und auf Grund der §§ l, 40 ff., des Wassergesetzes vom 8. April 1913, der §§ 84 ff. der Vollzugsverordnung hierzu vom 12. April 1913 sowie der §§ 16 ff. der Eeichsgewerbeordnung und §§ 10 ff. der Vollzugsverordnung dazu, wird nach Benehmen mit den schweizerischerseits zuständigen Behörden mit Zustimmung des Badischen Ministeriums der Finanzen der Stadt Winterthur, den Nordostschweizerischen Kraftwerken AG. Baden, der Aluminium-Industrie-Aktiengesellschaft, Chippis, den Siemens-Schuckertwerken AG. Berlin-Siemensstadt, (im folgenden «Kraftwerksunternehmen» genannt), zuhanden einer noch zu gründenden Aktiengesellschaft das Eecht verliehen, unter nachstehenden Bedingungen eine Wasserkraftanlage am Rhein bei Rheinau zu errichten und zu betreiben.

I. Gegenstand und Umfang der Verleihung Art. l Umfang des Wasserrechts Die Verleihung erstreckt sich auf die Ausnützung einer Wassermenge von 400 m3/s und des Gefälles des Eheins vom Eheinfallbecken bei Neuhausen bis zum oberen Ende der Eegulierungsstrecke Eüdlingen-Eheinau (Ausmündung des unteren Schleusenvorhafens), einschliesslich des Gefälles, das später durch die Ausführung einer Eegulierung der Eheinstrecke Eüdlingen-Eheinau gewonnen werden kann (vgl. Art. 2 a), unter Einhaltung der in Artikel 6, Ziffer l, festgelegten Bestimmungen.

Für die Bestimmung der Wassermengen sind die amtlichen Messungen massgebend.

*) Datum der Inkraftsetzung 1. Februar 1948.

807

Art. 2 Dauer der Verleihung Die Verleihung gilt 80 Jahre, von der Inbetriebnahme des Werkes an gerechnet.

Art. 2 a Verhältnis zur Rheinregulierung Rüdlingen-Rheinau 1

Der Bheinabschnitt Büdlingen-Bheinau wird zum Zwecke der Schiffbarmachung reguliert werden. Das Gefalle, welches sich hierbei infolge der Absenkung der Bheinwasserspiegel ergibt, ist in der Kraftanlage Bheinau, soweit es die Verleihungsbehörden als wirtschaftlich erachten, auszunützen. Hierbei hat das Kraftwerksunternehmen in Verbindung mit der Begulierung das Flussbett vom oberen Ende der Begulierungsstrecke an aufwärts, d. h. von der Ausmündung des unteren Schleusenvorhafens bis zum unteren Hilfswehr, durch Tieferlegung den neuen Verhältnissen auf seine Kosten anzupassen.

2 Von den Kosten der Bheinregulierung Büdlingen-Bheinau hat das Kraftwerksunternehmen einen Anteil zu tragen, dessen Höhe seinerzeit, entsprechend dem Werte des dem Werke Bheinau aus der Begulierung erwachsenden Energiegewinnes, durch die Verleihungsbehörden nach Anhörung des Kraftwerksunternehmens festgesetzt werden wird.

Zur Bewertung dieses Energiegewinnes ist der aus den Kosten der reinen Kraftwerksbauten errechnete Selbstkostenpreis der im Werke Bheinau erzeugbaren mittleren Jahresenergie massgebend.

Von dem errechneten Anteil an den Begulierungskosten sind die dem Kraftwerksunternehmen erwachsenden Kosten für die Anpassung des Bheinabschnittes von der Ausmündung des unteren Schleusenvorhafens bis zum unteren Hilfswehr an die Bheinregulierung sowie die Mehrkosten der gemäss Artikel 3, Ziffer 2, erforderlichen Tieferlegung der Anlagen in Abzug zu bringen.

II. Bau und Betriebsvorschriften

Art. 3 Anlagen 1

Dem Kraftwerksunternehmen wird gestattet, zur Ausnützung der Wasserkraft die gemäss Vorlage vom 18. Juni 1942 vorgesehenen Anlagen auszuführen, insbesondere 1. ein Stauwehr im Bhein, ungefähr 400 m oberhalb der Klosterinsel Bheinau, 2. einen am linken Bheinufer oberhalb des Stauwehres abzweigenden, als Stollen auszubildenden Oberwasserzulauf, 3. ein Maschinenhaus nebst Turbinenanlage am Unken Bheinufer, ungefähr 1400 m unterhalb der bestehenden Salmenbrücke in Bheinau, mit Wasserrückgabe in den Bhein beim Maschinenhaus,

\

808

4. je ein Hilfswehr im Bhein, ungefähr 400 m oberhalb und 1200 m unterhalb der bestehenden Salmenbrücke in Eheinau, 5. je eine Kahnrampe und Fischpässe beim Stauwehr und bei den Hilfswehren.

2 Die Anlagen sind in der Höhenlage von vornherein der späteren Tieferlegung des Eheinbettes im Abschnitt Eüdlingen-Eheinau anzupassen (vgl.

Art. 2 a).

Art. 4 Ausführung und Unterhaltung der Anlagen Die Anlagen müssen nach den einzureichenden Plänen, nebst den zugehörigen Berechnungen sowie einem Bauprogramm, die der beidseitigen behördlichen Genehmigung bedürfen, erstellt werden. Allfällige Ergänzungen sind den Behörden nachzuliefern. Von dem genehmigten Entwurf darf nur im Einverständnis und mit Bewilligung der Behörden abgewichen werden.

2 Die Arbeiten für die Einzelbauten dürfen jeweils erst in Angriff genommen werden, wenn die Einzelzeichnungen sowie die erforderlichen statischen Nachweise für diese Bauten vorgelegt und von den Behörden genehmigt sind. Das gleiche gilt für Baugerüste, die innerhalb des Hochwassergebietes erstellt werden.

3 Sämtliche in Artikel 8 aufgeführten Anlagen sowie die weiteren nach dieser Verleihung durch das Kraftwerksunternehmen auszuführenden Bauwerke sind den Eegeln der Technik entsprechend herzustellen und stets in gutem Zustand zu erhalten; ebenso sind etwa eintretende Schäden zu beseitigen.

4 Bei der Ausführung der Bauarbeiten ist auf die öffentlichen und privaten Interessen möglichst Eücksicht zu nehmen.

5 Vorstehende Bestimmungen gelten auch für die in Verbindung mit der Eheinregulierung Eüdlingen-Eheinau auszuführenden Arbeiten (vgl. Art. 2 a).

1

Art. 5 Heimatschutz Sämtliche Anlagen sind so auszuführen, dass das landschaftliche Bild nicht oder möglichst wenig gestört wird. Naturschönheiten sind zu schonen und da, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, möglichst weitgehend zu erhalten.

Die Interessen und Bedürfnisse der Heil- und Pflegeanstalt Eheinau sind bei der Erstellung und beim Betrieb des Werkes nach Möglichkeit, zu wahren.

2 .Der künftige Wasserstand im grossen, mittleren und kleinen Ehein bei der Klosterinsel soll auf die einheitliche Höhe von 352,50 (neuer schweizerischer Horizont E. P. N. 373,60) gebracht werden. Die Überfallkante des oberen Hilfswehres ist daher auf Kote 352,50 zu legen.

Der Damm zwischen dem mittleren und dem kleinen Ehein sowie alle übrigen Partien der Flußsohle, die höher als Kote 852,30 liegen, sind mindestens auf diesen Horizont abzutragen.

1

809 3

Die Hohe der Überfallkante des unteren Hilfswehres istiauf Kote 349,50 anzuordnen und der Flussabschnitt zwischen dem oberen und unteren Hilfswehr ist, eventuell in Verbindung mil'. Baggerungen, derart zu gestalten, dass die künftige Breite der Wasserspiegelfläche an keiner Stelle weniger als 75 m beträgt.

4 Die Gestaltung der Bauwerke, die Ausbildung der Ufer, die Anlegung von Strassen, Mauern, 'Schalt- und Transformatorenanlagen, Leitungen, Deponien, die Eodungen, Bepflanzungen, die Anstriche usw. haben im engen Einvernehmen mit den zuständigen deutschen und schweizerischen Sachverständigen für Naturschutz zu erfolgen.

Die Konzessionäre haben vor der Bauausführung zu untersuchen, ob für das Hauptwehr eine den Interessen des Heimatschutzes besser als das Schützenwehr dienende Wehrkonstruktion verwendet werden kann. Die Verleihungsbehörden sind berechtigt, eine solche Wehrkonstruktion zu verlangen, sofern deren Erstellung im wirtschaftlichen Eahmen möglich ist.

6 Die Verleihuhgsbehörden behalten sich vor, nötigenfalls weitere Massnahmen zur Wahrung des Landschaftsbildes anzuordnen, soweit dadurch dem Kraftwerksunternehmen keine unbillige Belastung erwächst.

Für bestimmte Partien und Objekte können Modelldarstellungen verlangt werden.

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Art. 6

:

Bau und Betrieb des Stauwehres und der Hilfswehre Um die Naturschönheiten am Eheinfall möglichst zu wahren, wird der Schweizerische Bundesrat im Benehmen mit dem Lande Baden nach Inbetriebsetzung des Werkes auf Grund von. Stauversuchen, die bei Wasserständen im Eheinfallbecken zwischen den Koten 358,00 und 359,00 durchzuführen sind, die bei den verschiedenen Abflussmengen einzuhaltenden hochstzulässigen Wasserstände im Eheinfallbecken festsetzen; diese sind für die ganze Verleihungsdauer massgebend. Dabei besteht die Meinung, dass im Winter höhere Wasserstände als im Sommer zugelassen werden können.

Alsdann werden spätestens fünf Jahre nach der Inbetriebsetzung des Werkes, im Einvernehmen mit der schweizerischen Verleihungsbehörde die Stauhöhen am Wehr festgesetzt, die den vom Schweizerischen Bundesrat festgesetzten Wasserständen im Eheinfallbecken entsprechen müssen. Die Eevision der Stauhöhen am Wehr bleibt vorbehalten.

Dem Kraftwerksunternehmen stehen keinerlei Ersatzansprüche zu, falls die Wasserstände im Eheinfallbecken unterhalb der Kote 359,00 festgesetzt werden.

2 Das Stauwehr ist für eine maximale Stauhöhe von Kote 359,00 (neuer Schweizerischer Horizont E. P. N. 373,60) auszubilden. Es muss so bemessen sein, dass eine Hochwassermenge von 1250 m3/s auch bei einer geschlossenen Wehröffnung durch das Wehr ohne schädlichen Aufstau abfliessen kann.

1

810

Über die hydraulische Wirkung der Wehre, des Überfalles usw. können Modellversuche verlangt werden.

Die Unterkanten der aufgezogenen Wehrverschlüsse müssen mindestens auf Höhe 360,20 m (neuer schweizerischer Horizont E. P. N. 373,60) zu liegen kommen.

3 Die Wehrverschlüsse müssen mittels zweier voneinander unabhängiger Energiequellen bewegt werden können. Ausserdem müssen sie von Hand betätigt werden können.

4 Sofern sich der Untergrund im Flussbett unterhalb des Stauwehres nicht als ausreichend widerstandsfähig erweist, ist ein entsprechendes Sturzbett auszubauen. Der Zustand der Sohle ober- und unterhalb des Stauwehres ist von Zeit zu Zeit nach Weisungen der technischen Behörden zu untersuchen, das Ergebnis ist diesen Behörden vorzulegen.

5 Mit der Inangriffnahme der Arbeiten in der Bheinschleife (Hilfswehre, Baggerungen usw.) darf bis zur Betriebseröffnung des Werkes zugewartet werden. Die Fertigstellung dieser Anlageteile hat jedoch innert 2 Jahren nach der Betriebseröffnung zu erfolgen. Bis zur Fertigstellung der Hilfswehre ist die Bheinschleife nach besonderer Weisung der zuständigen Behörden mit Wasser zu dotieren. Für Schäden irgendwelcher Art, die in dieser Übergangszeit eintreten, haftet das Kraftwerksunternehmen.

6 Das dem Werke Bheinau zufliessende Wasser soll in der Menge, in der es zufliesst, ununterbrochen an das unterhalb liegende Werk abgegeben werden.

Bei Vorhaben, die eine unvermeidbare und unregelmässige Wasserführung bedingen, z. B. zwecks Vornahme von Ausbesserungen am Werk, hat das Kraftwerksunternehmen die Bewilligung der zuständigen Behörden einzuholen und die Unterlieger rechtzeitig vom bewilligten Vorhaben in Kenntnis zu setzen. Für schädliche Folgen haftet das Kraftwerksunternehmen.

Zur Verhütung von Schwallerscheimingen bei plötzlichen Unterbrechungen der Stromabgabe sind auf Verlangen der Behörden Wasserwiderstände einzubauen.

7 Die Behörden behalten sich vor, für die Handhabung der Wehrverschlüsse nach Anhörung des Kraftwerksunternehmens eine allgemeine Anweisung zu erlassen. Hierbei kann im Interesse einer einwandfreien Regelung der Wasserstände der Einbau von Begistrierapparaten, die die Stellungen der Wehrverschlüsse im Krafthaus aufzeichnen, verlangt werden.

8 Bei Arbeiten am Stauwehr darf ohne Erlaubnis der zuständigen Behörden nicht mehr als eine
Wehröffnung, und zwar nur in der Zeit zwischen dem 1. Oktober und dem l. Mai, ausser Dienst gestellt werden. Derartige Arbeiten sind stets nach Möglichkeit zu beschleunigen.

9 Die Bheinschleife ist vom Stauwehr aus'ständig mit einer Minimalwassermenge von 5 ms/s zu dotieren. Sollten sich in den Stauhaltungen der beiden Hilfswehre Übelstände hygienischer oder anderer Art ergeben, so bleibt den Behörden vorbehalten, zur Durchführung von Spülungen die vorübergehende Abgabe grösserer Wassermengen zu verlangen.

811 ' Art. 6 a Nachprüfung der Wasserstände An geeigneten Stellen sind nach den Weisungen und unter Aufsicht der Behörden die zur Kontrolle des Werkes erforderlichen Pegel und Limnigraphen vom Kraftwerksunternehmen zu erstellen, von ihm zu bedienen und zu unterhalten.

2 Von der Erteilung der Verleihung an sind : a. im Eheinfallbecken und unterhalb der Wasserrückgabe je eine Limnigraphenanlage zu erstellen, zu bedienen und zu unterhalten, b. an geeigneten Stellen die Wasserstände nach Weisung der Behörden zu beobachten.

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3 Die Pegelbücher und Diagramme sind aufzubewahren. Doppel der Aufzeichnungen sind den Behörden zuzustellen.

1

Art. 7

Entnahme von kleineren Wassennengen Das Kraftwerksunternehmen hat ohne Anspruch auf Entschädigung zu dulden, dass auf der ausgenutzten Flußstrecke bei sich einstellendem Bedarf Dritten die Entnahme von kleineren Wassermengen gestattet wird.

Art. 8

Abnahme und Inbetriebnahme des Werkes Das Kraftwerk darf ganz oder teilweise erst in Betrieb genommen werden, wenn durch die zuständigen Behörden sämtliche Anlagen, insbesondere das Stauwehr, der Oberwasserstollen, die Bauten der Turbinenanlagen mit Landanschluss und alle Dämme, Ufermauern und Entwässerungsanlagen sowie sämtliche Verschlüsse und Aufzugsvorrichtungen in jeder Hinsicht als betriebssicher befunden worden sind.

Das Programm für die erstmalige Einstauung ist den Behörden zur Genehmigung vorzulegen.

2 Als Zeitpunkt der Inbetriebsetzung des Werkes gilt der Beginn der dauernden Stromabgabe aus einer Maschinenemheit.

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III. Flussbau und Verkehr Art. 9

Uferschutz 1

Im Staubereich bis zum Eheinfall und auf der Strecke vom Stauwehr Eheinau abwärts bis auf 1000 m unterhalb der W'asserrückgabe und nach Ausführung der Eheinregulierung Büdlingen-Eheinau bis auf 3800 m oberhalb der

812

Büdlingerbrücke sind die beidseitigen Eheinufer nach Anweisung der1 Behörden durch das Kraftwerksunternehmen in ihrer ganzen Erstreckung soweit instand zu halten und durch besondere Massnahmen gegen Wasserangriff zu sichern, als eine Schädigung erwartet werden kann oder nach Inbetriebnahme des Werkes festgestellt wird. Dasselbe gilt für die Seitengewässer, soweit sie eingestaut werden.

2 Das Kraftwerksunternehmen ist berechtigt, im Falle widerrechtlicher Beschädigung der Ufer nach den Bestimmungen des bürgerlichen Eechts selbständig gegen den Schädiger vorzugehen.

Art. 10 .

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Öffentliches Ufergebiet ' Das durch den Einstau und den Uferschutz längs des Eheins in Anspruch genommene Land samt Dämmen, soweit es nicht bereits öffentliches Gebiet ist, ist von dem Kraftwerksunternehmen zu erwerben und an das Land Baden und die Kantone Zürich und Schaffhausen auf ihren Gebieten unentgeltlich und lastenfrei abzutreten. Überall aber soll ihnen ein auch beim höchsten schiffbaren Wasserstand (3 m am Basler Pegel, Sohlenzustandvom Jahre 1920, entsprechend einer Wasserführung des Eheins in Basel von 2480 m3/s) wasserfreier Uferstreifen von mindestens 2 m Breite, in der Horizontalen gemessen, zufallen.

Dem Kraftwerksunternehmen wird das Eecht eingeräumt, diese Uferstreifen jederzeit zu begehen, zu befahren oder sonstwie zu Uferunterhaltszwecken zu benützen. Das abzutretende Gebiet ist nach Vorschrift zu vermarken.

Art. 11 Aufrechterhaltung des Verkehrs und Geländeschutz Die Fähre Noi mit den Zugängen ist den veränderten Verhältnissen auf Kosten des Kraftwerksunternehmens anzupassen. Erschwernisse und Verteuerung des Betriebs sind durch das Kraftwerksunternehmen alljährlich abzugelten.

Wenn jedoch die Eegierung des Kantons Zürich es für zweckmässig erachtet, dass an Stelle der Fähre ein Fussgängersteg oder eine Brücke erstellt wird, hat das Kraftwerksunternehmen einen Beitrag an die Baukosten zu leisten, der den Anpassungs- und kapitalisierten Mehrkosten, des Betriebes entspricht.

2 Die in den Ehein mündenden natürlichen und künstlichen Wasserabläufe sind nach Weisung der Behörden den veränderten Verhältnissen anzupassen.

Insbesondere sind alle Wasserabläufe für Tag- und Grundwasser zu fassen und derart abzuleiten, dass keine Versumpfungen entstehen können. Dabei ist auf die Möglichkeit der Bewässerung und Entwässerung Eücksicht zu nehmen.

Soweit Schäden durch Heben oder Absenken des Grundwassers entstehen, hat das Kraftwerksunternehmen nach Weisung der Behörden diese Schäden zu beseitigen oder Schadenersatz zu leisten.

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3 Vor Inangriffnahme des Baues, während desselben und nach Inbetriebsetzung des Werkes hat das Kraftwerksunternehmen nach Weisung der Behörden und durch von ihnen zu bezeichnende Fachleute die Grundwasserverhältnisse der durch die Wasserkraftanlage beeinflussten Gebiete festzustellen.

4 Für die geordnete-Einführung von Abläufen und Dolen sowie für entsprechende Anpassung vorhandener, in den Staubereich fallender Dung- und Abortgruben ist Sorge zu tragen.1 : Das Kraftwerksunternehmen hat alle Kosten zu übernehmen, die erforderlich sind, um die Abwasseranlagen, welche bei Baubeginn des Kraftwerkes schon bestehen, oder !für welche ein von den zuständigen Behörden zur Ausführung genehmigtes Projekt vorliegt, den durch den Bau und Betrieb des Kraftwerkes veränderten Verhältnissen anzupassen.

Ebenso hat das Kraftwerksunternehmen die Mehrkosten zu tragen, die durch den Bau und Betrieb des Kraftwerkes für den Betrieb und Unterhalt solcher Abwasseranlagen entstehen.

5 Für untergehende Badeplätze und Pferdeschwemmen hat das Kraftwerksunternehmen nach Weisung der zuständigen Behörden Ersatz zu leisten.

6 Das Kraftwerksunternehmen hat iri Ersatz untergehender Uferwege und Landestellen neue zu erstellen und gefährliche Uferpartien durch Abschrankungen zu sichern. Ferner hat das Kraftwerksunternehmen auf Verlangen und nach Weisung der Behörden längs der Stauhaltungen öffentliche Fusswege zu erstellen oder die vorhandenen auszubauen. Im Bereich der Zentrale ist eine Verbindung der vorhandenen Wege längs der Hochborde am Rhein zu erhalten.

7 Während der Bauzeit darf der direkte Verkehr zwischen den Anstalten Alt- und Neu-Rheinau nicht unterbrochen werden.

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Art. 12

Benützung von öffentlichem Eigentum Die durch den Kraftwerkbau stark in Anspruch genommenen Strassen und Brücken sind während der Bauzeit von dem Kraftwerksunternehmen zu unterhalten und nach Bauvollendung in den vorherigen guten Zustand zu setzen.

Das Kraftwerksunternehmen übernimmt alle Kosten, die aus dem Bestehen und der Wirkung des Staues bei den Brücken zum Schlösschen Wörth und bei Bheinau,- ferner bei der Wasserkraftleitung der Gemeinde Neuhausen und deren allfälligem Neubau entstehen. Es hat vor Einstau unter Aufsicht der Behörden den gegenwärtigen Zustand der Brückenpfeiler, der Brückenwiderlager und der Abstützungen der Wasserkraftleitung genau zu untersuchen und festzustellen sowie alle Mängel zu beheben. Es trägt auch den zukünftigen Unterhalt und die Erneuerung der Pfeiler, der Widerlager und der Abstützungen.

2 Das Kraftwerksunternehmen hat alle Kosten für die in den berührten Gemeinden infolge der Werkanlage von den Behörden nötig befundenen Abänderungen der Flureinteilung und Weganlagen nebst Zu- und Abfahrten zu den Grundstücken zu tragen. Ebenso hat es sämtliche Kosten für die Nachführung 1

814 dei- Vermarkung, der Vermessungswerke und des Grundbuches, die durch die Ausführung der Werkanlage bedingt sind, auf sich zu nehmen.

3 Ohne Erlaubnis der zuständigen Behörden dürfen Abtragmaterial und Schuttmassen nicht in das Plussbett geworfen werden. Die Behörden behalten sich vor, Weisungen über die Ablagerung des Materials sowie über die Beseitigung des Geschwemmsels und der Verkrautung zu erlassen.

Das in den Stauhaltungen sich ansammelnde Geschwemmsei ist abzuschwemmen oder in anderer geeigneter Weise zu beseitigen.

4 Das Kraftwerksunternehmen hat die schädlichen Geschiebeablagerungen in den im Artikel 9 bezeichneten Flußstrecken nach Weisung der zuständigen Behörden zu beseitigen und sich über die Verwendung des Materials mit den Behörden ins Einvernehmen zu setzen.

Art. 13

Änderung der Anlagen Wenn im öffentlichen Interesse in bau- oder flusspolizeilicher Hinsicht nach Ansicht der beidseitigen Behörden Änderungen oder Ergänzungen der Anlagen geboten erscheinen, so hat das Kraftwerksunternehmen den hierwegen ergehenden Aufforderungen auf seine Kosten zu entsprechen.

IV. Schiffahrt und Fischerei Art. 14

Bestehende Schiffahrt Die bestehenden Anlagen für die Kleinschiffahrt sind den verändertenVerhältnissen anzupassen.

2 Die Eheinschleife von der Wasserentnahme beim Stauwehr Eheinau bis zur Wasserrückgabe ist gemäss Vorlage vom 18. Juni 1942 auszubilden und für die Kleinschiffahrt offen zu halten.

Der Damm zwischen dem grossen und dem mittleren Ehein ist so weit abzutragen, dass die Kleinschiffahrt nicht behindert wird. Für die Durchfahrt der Schiffe vom kleinen durch den mittleren zum grossen Ehein ist ein mindestens 3 m breiter Durchgang mit Sohle auf Kote 352,00 zu schaffen und dauernd zu bezeichnen.

3 Durch die Hilfswehre muss eine Hochwassermenge des Eheins von.

1250 m3/s ohne schädlichen Aufstau abfliessen ^können.

4 Beim Stauwehr und bei den Hilfswehren ist je eine Kahnrampe nach Weisung der zuständigen Behörden zu erstellen, deren Zufahrten deutlich zu, bezeichnen und leicht zugänglich zu machen sind.

6 Während der Tageszeit, d. h. eine Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang, hat das Personal des Kraftwerkes nötigenfalls1, beim Transport von Schiffen über die Kahnrampen unentgeltlich mitzuwirken..

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Die Verleihungsbehörden behalten sich vor, nach den Betriebserfahrungen weitere Massnahmen im Interesse der Schiffahrt in der Eheinschleife auf Kosten des Kraftwerksunternehmens anzuordnen.

Art. 15 Künftige Schiffahrt Das Kraftwerksunternehmen hat die Entnahme des zur Speisung der Schiffahrtsanlagen erforderlichen Wassers ohne Anspruch auf Entschädigung zu dulden.

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2 Das Kraftwerksunternehmen hat den zum Betrieb und zur Beleuchtung der Schiffahrtsanlagen benötigten elektrischen Strom kostenlos zu liefern.

3 Das Kraftwerksunternehmen hat das für die Schiffahrtsanlagen (Schien; sen, Vorhäfen, Kanäle, Schiffahrtstunnel usw.) erforderliche Gelände nach Weisung der beiden Kegierungen zu erwerben und zum Erwerbspreis, ohne Zinsberechnung, zugunsten der Schiffahrt abzutreten. Bis zum Zeitpunkt der Abtretung kann das Kraftwerksunternehmen über dieses Gelände verfügen, darf jedoch darauf keine bleibenden Bauten errichten.

4 Sofern für die Schiffahrt Einrichtungen in Verbindung mit Anlagen des Kraftwerks zu erstellen sind, hat das Kraftwerksunternehmen den Anschluss und die Mitbenützung seiner Anlagen zu dulden. Es hat Anspruch auf angemessene Entschädigung für die hieraus entstehenden wesentlichen Betriebsstörungen und Schädigungen.

5 Das Kraftwerksunternehmen hat die Schiffahrtsanlagen in seiner Uferunterhaltungsstrecke, ausgenommen die Anlagen der Staustufe Eheinfall, auf eigene Kosten zu betreiben, zu unterhalten und zu erneuern.1 Soweit der WTert der bis Ablauf der Verleihungsdauer voraussichtlich hierfür erforderlichen Aufwendungen im Zeitpunkt der Betriebseröffnung der Schifffahrtsanlagen den Betrag von 390 000 Reichsmark übersteigt, ist er denrKraftwerksunternehmen in Form einer einmaligen Abfindung zu Lasten des Baukontos der Schiffahrtsstrasse zu vergüten.

Die beiderseitigen Regierungen behalten sich vor, vom Kraftwerksunternehmen an Stelle der nach dem ersten Absatz zu erbringenden Leistungen einen einmaligen Beitrag in der oben genannten Höhe an die Baukosten der Schifffahrtsanlagen zu fordern.

; Der Betrag von 390000 Eeichsmark ist auf den deutschen Baukostenindex 1937 bezogen und entsprechend dem im Zeitpunkt der Fälligkeit gültigen Baukostenindex i zu ändern. Die beiden Regierungen behalten sich vor, statt 390 000 Reichsmark 650 000 Franken nach Absatz 2 zugrunde zu legen oder nach Absatz 3 zu fordern; dieser Frankenbetrag ist auf das schweizerische Preis' niveau vom Jahre 1937 bezogen uM ist entsprechend demjenigen im Zeitpunkt der Leistung zu ändern. Der Geldbetrag kann in Reichsmark oder in Schweizerfranken, oder aber zum Teil in Reichsmark, zum Teil in Franken verlangt werden.

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816 6

Zu den Leistungen für Betrieb, Unterhaltung und Erneuerung gehört, dass der Schleusendienst während des ganzen Jahres auch an Sonn- und Feiertagen, bei Tag und nach besonderen Weisungen der zuständigen Behörden, auch bei Nacht unentgeltlich sichergestellt wird.

Die Behörden werden im übrigen für Betrieb und Bedienung der Schifffahrtsanlagen besondere Vorschriften und eine Schiffahrtspolizeiordnung erlassen.

7 Die Bestimmungen des Artikels 33- dieser Verleihung gelten auch für Betrieb, Unterhaltung und Erneuerung der Schiffahrtsanlagen, soweit sie dem Kraftwerksunternehmen nach Ziffer 5 und 6 obliegen.

Art. 16 Fischerei Zur Ermöglichung ;des freien Durchzuges der Fische ist am Stauwehr und an den Hilfswehren nach Anordnung der zuständigen Behörden je ein Fischpass vorzusehen. Die Ausbildung der Fischaufstiegsvorrichtungen hat im Einvernehmen mit der Eegierung des Landes Baden zu erfolgen, wobei vorbehalten bleibt, die vorgesehenen Treppen eventuell durch Fischlifte zu ersetzen.

2 Die Fischpässe dürfen nur bei aussergewöhnlichem Niederwasserstand und nur nach vorheriger Zustimmung der beidseitigen Aufsichtsbehörden zeitweilig äusser Betrieb gesetzt werden.

3 Die Fischpässe und deren Ein- und Ausläufe sind dauernd von Geschwemmsei frei zu halten.

4 Der Zugang zu den Fischpässen ist gegen Unberechtigte abzuschliessen ; den staatlichen Organen der Fischereiaufsicht müssen die Werkanlagen jederzeit zugänglich sein.

6 Jeder Fischfang in den Fischpässen und in den übrigen Werkanlagen ist ohne besondere Erlaubnis der Aufsichtsbehörden verboten, ebenso oberhalb und unterhalb der Wehre innerhalb der Verbotsstrecken, welche nach Inbetriebnahme des Werkes von den Aufsichtsbehörden noch näher bestimmt und durch Tafeln kenntlich gemacht werden.

Die einzustauenden Uferpartien sind nach Weisung der Fischereibehörden für die Fischerei herzurichten (Bedungen, Planierungen, Erstellung von Zugangsmöglichkeiten, Herrichtung von Laichplätzen usw.).

6 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, nach Anordnung der zuständigen Behörden einen jährlichen Einsatz von Jungfischen vorzunehmen und an .die allfällig notwendig werdende künstliche Aufzucht dieser Fische einen angemessenen Beitrag zu leisten.

7 Sofern wegen der besonderen Verhältnisse die zuständigen Behörden auf die Erstellung von Fischpässen verzichten, hat das Kraftwerksunternehmen an die fischereiliche Bewirtschaftung der Stauhaltungen einen angemessenen Beitrag zu leisten. Dieser Beitrag kann entweder durch eine einmalige Abfindungssumme oder durch jährliche Beiträge oder durch eine Kombination dieser Ent1

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Schädigungen geleistet werden. Die Abfindungsart wird nach Anhören des Kraftwerksunternehmens durch die zuständigen Behörden festgelegt.

8 Die Anordnung weiterer Massnahmen zum Schutze; der Fischerei auf Kosten des Kraftwerksunternehmens bleibt den zuständigen Behörden auch nach Vollendung und Inbetriebnahme des Werkes vorbehalten.

V. Wirtschaftliche Bestimmungen Art. 17

Verteilung der Wasserkraft Die von dem Kraftwerksunternehmen nutzbar : gemachte Wasserkraft des Bheins wird vorläufig so verteilt, dass 59 Prozent auf die Schweiz und 41 Prozent auf Baden entfallen.. Nach Festsetzung der definitiven Wasserstände im Eheinfallbecken,! entsprechend den Bestimmungen des Artikels 6, Ziffer l, sind diese Kraftanteile neu zu bestimmen und nach Ausführung der in Artikel 2 a genannten Bheinregulierang Büdlingen-Bheinau endgültig ! festzulegen.

2 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, auf eigene Kosten den zuständigen Behörden jeweils alles erforderliche Material zur Berechnung und Festsetzung der Wasserkraft zur Verfügung zu stellen. Die Behörden sind berechtigt, Messungen zur Bestimmung der Wasserkraft und der aus dieser gewonnenen Energie nach ihrer Wahl und so oft sie es als nötig halten, in oder bei der Kraftanlage vorzunehmen oder zu gestatten.

1

Art. 18

Rechnungswesen, Energieverkaufspreise Das Kraftwerksunternehmen ist gehalten, jährlich dem Badischen Ministerium der Finanzen in je 3 Exemplaren zu übersenden : die Betriebsrechnung, den Geschäftsbericht, die Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanz, die Nachweise über Abschreibungen und Bücklagen sowie über die Verwendung des Beingewinns, ferner die Nachweise über Erzeugung und Verwendung der Energie, die allgemeinen und speziellen Tarife, sowie die Gebietsabgrenzungsverträge und andere ähnliche Verträge (vgl. die Art. 27 und 33 dieser Verleihung).

2 Das Badische Ministerium der Finanzen kann verlangen, dass das Kraftwerksunternehmen die Preise für die in Deutschland abgesetzte Energie ermässige, sofern unter gleichen Verhältnissen ausländische Abnehmer niedrigere Preise zu entrichten haben, und zwar bis zu dem unter gleichen Verhältnissen in Ansatz kommenden niedrigsten Preise.

3 Das Badische Ministerium der Finanzen kann ferner im Benehmen mit der Schweizerischen Begierung und nach Anhörung des Kraftwerksunternehmens eine Ermässigung der Preise für die in Deutschland abgesetzte Energie verlangen, wenn der Beingewinn des Kraftwerksunternehmens im Verlauf der voran1

Bundesblatt. 106. Jahrg. Bd. L

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818 gegangenen 5 Jahre durchschnittlich mehr als 8 Prozent des Einlagekapitals (einbezahlten Aktienkapitals) betragen hat. Durch die Preisherabsetzung soll der Beingewinn nicht unter das im vorhergehenden Satz bezeichnete Mass herabgedrückt werden. Als Eeingewinn sind die den Aktionären und Gesellschaftsorganen gewährten Gewinnanteile (Dividenden und Tantiemen) anzusehen.

Art. 19 Wasserzins und Verleihungsgebühr Für die Überlassung der Wassernutzungsrechte hat das Kraftwerksunternehmen dem Lande Baden ein einmaliges und ein jährliches Entgelt zu entrichten, welches das Ministerium der Finanzen im Eahmen der in der Schweiz am I.Februar 1925 geltenden Bestimmungen festsetzt. Sollten in der Schweiz während der Verleihungsdauer schärfere Bestimmungen erlassen werden, so sollen sie auch für das badische Entgelt als Höchstgrenze massgebend sein.

Die Höhe des Wasserzinses vermindert sich um den Betrag einer Sondersteuer auf Wasserkräfte oder daraus erzeugter Energie.

Art. 20 Beteiligung am Unternehmen Dem Lande Baden und den Kantonen Zürich und Schaffhausen ist Gelegenheit zu geben, sich am Unternehmen spätestens bei der Zeichnung des Aktienkapitals im Verhältnis ihres Anteils an der Wasserkraft direkt oder indirekt zu beteiligen. Diese Beteiligung darf die Hälfte des jedem Land entsprechend der Bohwasserkraft zukommenden Kapitalanteils nicht überschreiten.

Art. 21 Verwaltung des Unternehmens Der Verwaltungsrat soll aus einer dem Anteil der Länder an der nutzbaren Wasserkraft entsprechenden Anzahl Angehöriger Deutschlands und der Schweiz bestehen.

2 Das Kraftwerksunternehmen hat dafür zu sorgen, dass je eine von den .

beidseitigen Eegierungen bezeichnete Persönlichkeit dem Verwaltungsrat als vollberechtigtes Mitglied angehören kann.

3 An Stelle des im zweiten Absatz genannten Verwaltungsratsmitgliedes können das Land Baden und die Schweiz je einen Kommissär ernennen, der das Eecht hat, an den Sitzungen des Verwaltungsrats und seiner Delegationen teilzunehmen.

Art. 22 1

Domizil Die zu gründende Aktiengesellschaft hat in Baden einen Gerichtsstand gemäss § 17, Absatz 3, der deutschen Zivilprozessordnung zu begründen.

819 Art. 23 Zollschutz Das Kraftwerksuntemehmen hat sich den von den zuständigen Behörden im Interesse des Zollschutzes getroffenen Anordnungen zu unterziehen und die hierfür erforderlichen Einrichtungen auf seine Kosten zu erstellen.

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Art. 2 4

Arbeitskräfte, Verwendung einheimischer Erzeugnisse 1

Das Kraftwerksunternehmen ist .verpflichtet, für die Bauausführung und den Betrieb des Werkes einen dem deutschen Anteil an der Wasserkraft entsprechenden leil der .Arbeitskräfte aus Angehörigen Deutschlands anzustellen.

2 Bei Vergebung von Lieferungsaufträgen sind, soweit wirtschaftlich möglich, im wesentlichen deutsche Lieferanten und Arbeitskräfte im Verhältnis des deutschen Anteils an der Wasserkraft zu berücksichtigen.

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Art. 2 5 Heimfall

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Nach Ablauf der Verleihungsdauer ist das Land Baden zusammen mit den Kantonen Zürich und Schaffhausen befugt, die dem Kraftwerksunternehmen gehörenden Grundstücke nebst Zubehör, die dein, Kraftwerksunternehmen an fremden Grundstücken zustehenden Rechte und die auf öffentlichem Boden errichteten Anlagen, welche : a. zum Betriebe des Wasserkraftwerkes, b. zur Erzeugung und Fortleitung der elektrischen Energie dienen und diejenigen Grundstücke, auf denen Verwaltungsgebäude oder Dienstwohnungen stehen, nebst Zubehör, lastenfrei an sich zu ziehen.

Für die unter 'a fallenden Grundstücke, Eechte und Anlagen wird ein Entgelt nicht gewährt. Falls die Staaten die unter a fallenden Grundstücke, Rechte und Anlagen an sich ziehen, so sind sie auf Verlangen des Kraftwerksunternehmens verpflichtet, auch die übrigen, obengenannten Grundstücke, Rechte und Anlagen gegen die vorgesehene Entschädigung zu übernehmen.

Für die, unter b fallenden Grundstücke, Rechte und Anlagen und diejenigen Gründstücke, auf denen Verwaltungsgebäude oder Dienstwohnungen stehen, wird eine angemessene, dem dannzumaligen Sachwert entsprechende und im Streitfall durch Sachverständige festzusetzende Entschädigung gezahlt.

2 Sämtliche Anlagen - mit Ausnahme der Anlagen zum Fortleiten der elektrischen Kraft ab Schalthaus - gehen in diesem Falle in das Miteigentum des Landes Baden und der Kantone Zürich und Schaffhausen zu ideellen Teilen, im Verhältnis der von jedem Staate verliehenen Wasserkräfte (Art.17), über. Die Anlagen zur Fortleitung der elektrischen Kraft erwirbt jedes Land für sich,

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soweit sie auf seinem Hoheitsgebiet erstellt oder für die Überführung nach diesem Gebiet notwendig sind.

3 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, zur Sicherung des vorstehend beschriebenen Heirof allrechts die Eintragung einer Vormerkung in das Grundbuch zu bewilligen.

Art. 26 Rückkauf 1 Das Land Baden und die Kantone Zürich und Schaffhausen können das ganze Kraftwerk auf je fünfjährige Voranzeige hin nach Verfluss von 40, 50, 60 und 70 Betriebsjahren im entsprechenden Verhältnis des Kraftanteils, wie in Artikel 25, Absatz 2, vorgesehen, lastenfrei zu Eigentum erwerben. Der Eückkaufspreis ist gleich dem arithmetischen Mittel aus dem Erstellungswert und dem Geschäftswert.

Der Erstellungswert wird hierbei für die festen Anlagen des Tief- und Hochbaues, letztere mit Ausnahme der Dienstwohn- und Verwaltungsgebäude, auf den Betrag der gesamten Erstellungskosten dieser Anlagen abzüglich einer Abschreibung von l Prozent für jedes Jahr von Beginn des 11. Betriebsjahres an festgesetzt. Für die seit der Vollendung des Werkes gemachten baulichen Erweiterungen und Erneuerungen ist der Erstellungswert gleich dem seinerzeitigen Kostenbetrag, abzüglich einer Abschreibung von l Prozent für jedes Betriebsjahr seit Ablauf von 10 Jahren nach der Erweiterung oder Erneuerung.

Für die maschinellen und elektrischen Einrichtungen, auch die Wassermotoren und die beweglichen Anlagen zum Stauen oder Fassen, Zu- oder Ableiten des Wassers, sowie die Dienstwohn- und Verwaltungsgebäude und die Stromverteilungsanlagen wird eine angemessene, dem dannzumaligen Sachwert entsprechende und im Streitfall durch Sachverständige festzusetzende Summe eingestellt.

Als G e s c h ä f t s w e r t gilt der zwanzigfache Betrag des nach Vornahme deibei Unternehmungen solcher Art erforderlichen und üblichen Eücklagen verbleibenden mittleren Jahresgewinnes aus den dem Eückkauf vorausgehenden 5 letzten Geschäftsjahren.

2 Im Falle des Eückkaufes sind das Land Baden sowie die Kantone Zürich und Schaffhausen berechtigt und auf Verlangen des Kraftwerksunternehmens verpflichtet, die laufenden Energielieferungsverträge zu übernehmen und zu halten. Diese Verpflichtung besteht jedoch nur für solche Energielieferungsverträge, die keine Benachteiligung des Kraftwerksunternehmens bedeuten.

3 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, zur Sicherung
des vorstehend beschriebenen Eückkaufsrechts die Eintragung einer Vormerkung in das Grundbuch zu bewilligen.

· Art. 27 Nachweis der Erstellungskosten 1 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, innerhalb von 2 Jahren nach Vollendung der Anlage den Behörden genauen Nachweis über die Er-

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Stellungskosten zu leisten, die für die Berechnung des Eückkaufspreises (Art. 26) und die Höhe des Reingewinns (Art. 18) sowie für die Staatsaufsicht (Art. 33) massgebend sind. Ebenso ist von allfälligen baulichen Erweiterungen und Erneuerungen Kenntnis zu geben. Anlagen, für welche diese Kostenausweise nicht binnen 2 Jahren nach Vollendung eingereicht werden, finden bei der Bestimmung des Eückkaufspreises keine Berücksichtigung.

2 Hierbei dürfen nur die sachlich gerechtfertigten Ausgaben für Erwerbung der Verleihungen, Errichtung der Gesellschaft, Geldbeschaffungskosten, Kursverluste, Kosten der Organisation und der Einrichtung des Betriebes zu den Erstellungskosten gerechnet werden.

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Art. 28 Betriebsfähiger Zustand

Im Palle des Eückkaufes oder des Heimfalles ist die gesamte Anlage in gutem und betriebsfähigem Zustand zu übergeben.

VI. Schlussbestimmungen

Art. 29 Haftung für Schäden und Einstand in Prozesse 1

Das Kraftwerksunternehmen haftet für jeden Schaden und Nachteil, der nachweisbar infolge der Errichtung und des Betriebes der Wasserkraftanlage an Eechten Dritter .entsteht. Soweit ein solcher Nachteil Wassefkraftanlagen trifft, ist er durch unentgeltliche Lieferung elektrischer Kraft oder auf andere Weise auszugleichen.

2 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, die beidseitigen Staaten für allfällig gegen sie erhobene Ansprüche von Drittpersonen schadlos zu halten und alle damit im Zusammenhang stehenden Prozesse auf eigene Kosten und Gefahr hin zu übernehmen.

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Art. 30 Zustand des Rheinbettes 1

Nach Weisung der Behörden ist der Zustand des Bheinbettes vor dem Ausbau auf der ganzen durch das Kraftwerk ausgenutzten Flußstrecke durch Aufnahme der erforderlichen Längen- und Querprofile vor der Einstauung auf Kosten des Kraftwerksunternehmens festzustellen. Die Behörden können verlangen, dass die Aufnahmen auch nach dem Aufstau von Zeit zu Zeit wiederholt werden (vgl. Art. 6, Ziff. 4, dieser Verleihung).

2 Das gleiche gilt für die Seitengewässer, soweit sie eingestaut werden.

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Art. 31 Enteignung Dem Kraftwerksunternehmen bleibt es überlassen, gegebenenfalls eine Entschliessung über die Abtretung der zur Ausführung des Unternehmens erforderlichen Grundstücke und Eechte an solchen gemäss dem badischen Enteignungsgesetz und über die Einräumung von Zwangsbefugnissen gemäss § 35 des badischen Wassergesetzes zu beantragen.

Art. 32

Planvorlagen Nach Vollendung der Anlagen sind den Behörden über die gesamte Wasserkraftanlage endgültige Ausführungspläne in der nötigen Zahl zu übergeben, nämlich : 1. Übersichtskarte l : 25 000.

2. Situationsplan l : 5000 (Katasterplan) mit Höhenangaben.

3. Wehranlagen, Wasserfassung, Oberwasserstollen, Maschinenhaus und Vorbecken, Situation l : 500 oder l : 1000 und Schnitte l : 200.

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4. Längenprofil des Bheins l : ------ mit eingetragenen natürlichen und 100 gestauten Wasserspiegeln des Bheins entsprechend einem Wasserstand am Pegel Basel (Sohlenzustand 1920) von 0,0 m (QBasel = 525 m3/s bzw. Q No i = 170 m3/s) 1,0 m (Qßasel = 1020 m3/s bzw. Q^ol = 320 m3/s) 2.0 m (Qßasel = 167° m3/s bzw' QNol = 60° m3/s) 3,0 m (Qßasel = 2480 m3/s bzw. Q^ol = 890 m3/s) 2000 5. Längenprofil der Anlage l : 6. Kahnrampen, Situation und Schnitte l : 200.

2 Änderungen oder Erweiterungen des Kraftwerkes sind auf Kosten des Kraftwerksunternehmens in diesen Plänen jeweils nachzuführen, nötigenfalls sind diese neu herzustellen.

3 Sämtliche Höhenangaben sind an das Nivellement beider Staaten anzuschliessen, unter Angabe der Anschlusspunkte.

Art. 33 Staatsaufsicht 1 Durch die zuständigen Behörden wird darüber Aufsicht geführt, dass die Wasserkraftanlagen und die damit zusammenhängenden Einrichtungen entsprechend den Bedingungen der erteilten Verleihung und den polizeilichen Vor-

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Schriften hergestellt, unterhalten und betrieben, sowie dass Zuwiderhandlungen ; gegen diese Bedingungen und Vorschriften vermieden werden.

2 Im Falle von Zuwiderhandlungen können, abgesehen von allfälligem straf rechtlichem Einschreiten und der dem Kraftwerksunternehmen obliegenden Verpflichtungen zum Ersatz des etwa erwachsenden Schadens, zur Herstellung des ordnungsgemässen Zustandes behördliche Anordnungen getroffen werden.

3 Den in diesem Sinne ergehenden Anordnungen der administrativen oder technischen Aufsichtsbehörde hat das Kraftwerksunternehmen Folge zu leisten, widrigenfalls die nötigen Massnahnaen auf seine Kosten getroffen werden können.

4 Das Kraftwerksuntemehrnen ist verpflichtet, den mit der Staatsaufsicht (Wasserbau-, Fischerei- und Schiffahrtspolizei, hydrometrischen Arbeiten, Kontrolle der erzeugten und verwendeten Kraft, Gewerbeaufsicht usw.) betrauten Beamten jederzeit den Zutritt zu sämtlichen Anlageteilen zu gestatten.

5 Durch die; staatliche Aufsichtsführung wird das Kraftwerksunternehmen seiner Haftplicht und Verantwortlichkeit bei vorkommenden Unglücksfällen und dergleichen in keiner .Weise entbunden.

6 Das Kraftwerksunternehmen ist verpflichtet, dem Badischen Ministerium der Finanzen den 'Gründungsvertrag und die Statuten der Gesellschaft sowie die Bauabrechnung in 3 Exemplaren zu übersenden (vgl. auch die Art. 18 und 27 dieser Verleihung).

Art. 34 Kosten des Verfahrens und der Staatsaufsicht Das Kraftwerksunternehmen trägt sämtliche Kosten des Verfahrens. Es ist ferner für sämtliche aus Anlass der staatlichen Aufsichtsführung, der gemäss Artikel.8 vorzunehmenden Prüfung der Widerstandsfähigkeit und Tüchtigkeit der errichteten Anlagen und der Festsetzung des Entgelts entstehenden Kosten ersatzpflichtig.

· l Art. 35 Übertragung der Verleihung Die Verleihung kann nur mit Zustimmung der beidseitigen Behörden auf einen anderen übertragen werden. Diese Zustimmung soll nicht verweigert werden, wenn der neue Erwerber allen Erfordernissen der Verleihung genügt; und keine Gründe des öffentlichen Wohles der Übertragung entgegenstehen.

Art. 36

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Widerruf und Erlöschen der Verleihung 1 Die Verleihung für die Gesamtanlage erlischt mit dem Ablauf der Verleihungsdauer. Ferner erlischt sie, wenn nicht, von demjenigen Tag an gerechnet, an welchem dem Kraftwerksunternehmen die Verleihungsurkunde zugestellt wurde: . . .

: a. binnen 3 Jahren mit den Bauarbeiten ernstlich begonnen wird,

824 b. binnen längstens 7 Jahren das Kraftwerk auf 400 m3/s ausgebaut und wenigstens teilweise dem Betrieb übergeben ist.

Ausserdem erlischt die Verleihung: c. durch den gegenüber den Behörden ausgesprochenen Verzicht des Kraftwerksunternehmens, d. wenn nach erfolgter Herstellung und Inbetriebnahme der Anlage der Betrieb während 3 Jahren eingestellt war und hierauf die auf mindestens 1 Jahr zu berechnende Frist, die dem Kraftwerksunternehmen von den Behörden zur Wiederaufnahme des Betriebes bestimmt wird, unbenutzt abgelaufen ist.

2 Die Verleihung kann widerrufen werden, wenn das Kraftwerksunternehmen wesentlichen Bedingungen dieser Verleihung trotz wiederholter Mahnung erheblich zuwiderhandelt. Ehe eine Eegierung von dem Widerruf Gebrauch macht, wird sie sich mit der anderen Eegierung ins Benehmen setzen.

3 In den Fällen der Buchstaben a, b und d soll die Frist verlängert werden, wenn hindernde Umstände vorliegen, für die das Kraftwerksunternehmen nicht verantwortlich gemacht werden kann und die mit wirtschaftlichen Mitteln zu beseitigen nicht in seiner Macht liegt.

4 Beim Erlöschen dieser Verleihung ist das Kraftwerksunternehmen verpflichtet, auf seine Kosten und nach den Weisungen der zuständigen Behörden den den öffentlichen Interessen entsprechenden Zustand herzustellen.

Art. 37 Wirksamkeit der Verleihung 1 Diese Verleihung tritt erst dann in rechtliche Wirksamkeit, wenn die Eegierungen des Landes Baden und der Schweizerischen Eidgenossenschaft einander die für ihr Gebiet erteilten Verleihungsurkunden mitgeteilt und durch Austausch von Erklärungen festgestellt haben, dass die Verleihung allseitig auf Grund übereinstimmender Pläne erteilt, und dass die Bedingungen der zwei Verleihungen in allen Punkten, über die eine Vereinbarung im Sinne der Übereinkunft vom 10. Mai 1879 erforderlich ist, übereinstimmen.

2 Die beiden Eegierungen behalten sich vor, die rechtliche Wirksamkeit der Verleihung davon abhängig zu machen, dass die gegen das Verleihungsgesuch erhobenen wichtigeren Einsprachen, auch diejenigen privatrechtlicher Natur, soweit sie von den zuständigen Behörden als begründet erachtet werden, zuvor sachgemäss erledigt worden sind.

Vorstehender Bescheid ist vom Landratsamt Waldshut am 14. November 1947 erlassen und rechtskräftig geworden, nachdem die erhobenen Einsprachen verbeschieden wurden und das Badische Finanzministerium den eingelegten Eekurs mit Erlass vom 3. Januar. 1948, Nr. 16 128 abgewiesen hat.

Waldshut, den 16. August 1948.

Landratsamt: Beck

825 Beilage 6

Bern, den 27. Januar 1951.

An die Kommission zur Konzessionserwerbung eines Kheinkraftwerkes in Eheinau Winterthur

Stadthausstrasse 39

Kraftwerk Eheinau Genehmigung der Abänderungsvorlage vom 29. Oktober 1949.

Sehr geehrter Herr Präsident !

Sehr geehrte Herren !

In Anwendung von Artikel 4, Ziffer l, der Verleihung für die Errichtung einer Wasserkraftanlage am Ehein bei Eheinau vom. 22. Dezember 1944 und im Einvernehmen mit den zuständigen badischen Behörden und den beteiligten Kantonen Zürich und Schaffhausen, genehmigen wir hiermit,die mit,Schreiben vom 29. Oktober, 1949 dem Eidgenössischen Amt für Wasserwirtschaft eingereichte «Abänderungsvorlage 1949» gegenüber der Vorlage für ein Kraftwerk Eheinau vom 18. Juni 1942.

I. Demgemäss ! wird dem Kraftwerksunternehmen gestattet, in Abweichung von Artikel;3, Ziffern 2 und 3, der Verleihung vom 22. Dezember 1944 folgende Anlagen auszuführen: 1. ein auf dem linken Eheinuf er beim Stauwehr an den Hang angelegtes Maschinenhaus nebst Turbinenanlage; 2. einen als: Stollen auszubildenden Unterwasserablauf mit Wasserrückgabe in den Ehein ungefähr 1400 m unterhalb der bestehenden Salmenbrücke in Eheinau.

826 II. Vorbehalten sind nachstehende vom Kraftwerksunternehmen zu erfüllende Bedingungen : 1. Die in Artikel 5, Ziffer 3, der Verleihung vom 22. Dezember 1944 auf Kote 349,50 festgesetzte Überfallkante des unteren Hilfswehres ist um 50 cm auf Kote 350,00 zu heben.

2. An Stelle des in Artikel 8, Ziffer l, der Verleihung erwähnten Oberwasserstollens tritt der Unterwasserstollen.

3. Im Sinne von Artikel 11, Ziffer 6, der Verleihung ist im Bereiche des Wehres und der Zentrale ein öffentlicher Uferweg zu erstellen und im Bereiche des Stollenauslaufes eine Verbindung der vorhandenen Wege längs der Hochborde am Ehein zu erhalten.

III. Ausserdem ist das Kraftwerksunternehmen verpflichtet: 1. Eine Verschiebung des Maschinenhauses hangwärts in Erwägung zu ziehen und die Baumassen dieses Gebäudes durch Weglassung aller Nebenräume möglichst zu reduzieren, der architektonischen Gestaltung des Maschinenhauses alle Sorgfalt zuteil werden zu lassen und das endgültige Projekt vor Baubeginn der Natur- und Heimatschutzkommission des Kantons Zürich zur Begutachtung und dem Eegierungsrat des Kantons Zürich zur Genehmigung vorzulegen.

2. Für das linke -Eheinufer einen Gesamtgestaltungsplan inklusive Bepflanzung vor Baubeginn zur Begutachtung durch die Natur- und Heimatschutzkommission des Kantons Zürich und Genehmigung durch den Eegierungsrat des Kantons Zürich vorzulegen. Dieser Plan hat sich auf die Strecke vom Wald (längs der Strasse Marthalen-Eheinau) bis zur Klosterinsel zu erstrecken. Dabei soll untersucht werden, ob nicht eine Weiterführung des Waldes bis zum Maschinenhaus in Frage kommen kann.

3. Die linke Uferlinie: vom Wehr an abwärts besser zu gestalten, insbesondere den Anschluss an das Wehr selbst, unter Vermeidung der jetzt vorgesehenen starken Verengung der Mussbreite am Fusse des Wehres.

4. Die in Artikel 6, Ziffer 9, der Verleihung vom 22. Dezember 1944 für die Speisung der Eheinschleife vorgesehene ständige Minimalwassermenge von 5 m3/s ständig über die Wehranlage fliessen oder in anderer Weise zum Abfluss gelangen zu lassen.

5. Zu prüfen, ob beim unteren Hilfswehr die Grundablassöffnung nicht ebenfalls durch ein Dachwehr abgeschlossen werden kann.

6. Zu prüfen, ob beim Hauptwehr die Oberkante der Pfeilerverlängerungen im Unterwasser nicht unter den normalen Wasserspiegel gelegt werden kann.
7. Im Sinne von Artikel 14 der Verleihung vom 22. Dezember 1944 die nötigen Anordnungen zu treffen, um übermässige Zeitversäumnisse . beim Transport von Schiffen über die Kahnrampen zu vermeiden.

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827

8. In Ausführung von Artikel 5, Ziffer 5, Absatz 2, der Verleihung vom 22. Dezember 1944, über die Wehranlage, die Stellung und Ausbildung der Zentrale und die Gestaltung des linken Eheinufers und der Bheinhalde vom Wald, flussaufwärts der Zentrale, bis oberhalb der Klosterinsel Pläne und Modelle in einem für die ästhetische Beurteilung geeigneten Maßstabe zu erstellen und dem Eegierungsrat des Kantons Zürich zur Genehmigung vorzulegen.

9. Die vom Eegierungsrat des Kantons Zürich allfällig zu treffenden Anordnungen gernäss vorstehenden Ziffern 1-8 auszuführen.

Genehmigen Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Herren, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Eidgenössisches Post- und Eisenbahndepartement: (gez.) Escher

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über das Volksbegehren zum Schutze der Stromlandschaft Rheinfall--Rheinau (Vom 4. Mai 1954)

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Jahr

1954

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

19

Cahier Numero Geschäftsnummer

6556

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.05.1954

Date Data Seite

721-827

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