466 Ablauf der Beferendumsfrist:

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29. Dezember 1904

Bundesgesetz über

die Vorbereitung der Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung (Vom 30. September 1954)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel Sliuinquies ,jer Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bündesrates vom 9. April 19541), beschliesst : I. Grundsatz

Art. l 1

Der Bund trifft nach Massgabe dieses Gesetzes Vorbereitungen für die Krisenbekärapfung und Arbeitsbeschaffung.

2 Bei allen Massnahmen auf den Gebieten der Wirtschafts- und Finanzpolitik ist den Erfordernissen der Krisenverhütung sowie der Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung nach Möglichkeit Rechnung zu tragen.

3 Die Bestrebungen der Wirtschaft, aus eigener Kraft genügend Beschäftigungsgelegenheiten zu bieten, insbesondere die Bemühungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, zur Krisenvorsorge sowie zur Erhaltung bisheriger und zur Erschliessung neuer Absatzmöglichkeiten, sind zu fördern.

u. Allgemeine Massnahmen Art. 2 Vergebung öffentlicher Arbeiten und Aufträge 1

Der Bund hat in Verbindung mit den Kantonen eine möglichst weitgehende Anpassung der Vergebung und Ausführung der Arbeiten und Aufträge der öffentlichen Verwaltungen und Unternehmungen an die Lage auf dem Arbeitsmarkt anzustreben.

!) BEI 1954, I, 565.

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Soweit nicht wichtige allgemeine, regionale oder lokale Interessen entgegenstehen, sind die Arbeiten und Aufträge der öffentlichen Verwaltungen und,Unternehmungen bei guter Wirtschaftslage zurückzustellen und in Zeiten drohender oder, bereits eingetretener Arbeitslosigkeit in vermehrtem Umfange auszuführen.

, ' ; Art! 3 Bundesbeiträge an Arbeiten und Aufträge Die Zusicherung von Beiträgen auf 1 Grund der Bundesgesetzgebung an Arbeiten und Aufträge ist, soweit diese nicht wegen wichtiger allgemeiner, regionaler oder lokaler Interessen als unaufschiebbar erscheinen, an die Bedingung zu knüpfen, dass die Ausführung der Zustimmung des Bundes bedarf. Diese ist nur zu gewähren, wenn sie im Hinblick auf die Beschäftigungslage des Landes oder einzelner Gegenden angezeigt ist.

Art. 4 Forschung Der Bund kann Hochschulen, andern wissenschaftlichen Organisationen sowie Forschungsabteilungen von Fachschulen, die nicht unmittelbar Erwerbszwecke verfolgen, Beiträge für zusätzliche wissenschaftliche und technische Forschungen gewähren, oder ihnen ausnahmsweise Forschungsaufträge selbst erteilen, soweit diese Forschungen der Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung dienen. Der Heranbildung eines qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchses ist dabei Bechnung zu tragen.

Art. 5 Wirtschaftsbeobachtung

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Der Bund beschafft sich in Zusammenarbeit mit den Kantonen und den Organisationen der privaten Wirtschaft die für die Beurteilung der; Konjunkturentwicklung notwendigen Unterlagen. Er kann unter Mitwirkung der Kantone eine jährliche Erhebung über die für das laufende Jahr geplanten und die-im Vorjahr ausgeführten öffentlichen und privaten Bauten durchführen.

III. Vorbereitungen für die Arbeitsbeschaffung

Art. 6 Allgemeines 1 Für den Fall einer Wirtschaftskrise, deren Auswirkungen durch Selbsthilfemassnahmen der Unternehmungen und durch Massnahmen der Arbeitsmarktpolitik nicht mehr begegnet werden kann, trifft der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen und der privaten Wirtschaft Vorbereitungen zur Er-

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haltung und Erweiterung bestehender sowie zur Schaffung neuer Arbeitsgelegenheiten.

2 Die Vorbereitungen für die Arbeitsbeschaffung sind auf das Ziel einer möglichst weitgehenden Erhaltung der Arbeitsmöglichkeiten im erlernten oder angelernten Beruf an Arbeitsplätzen in der privaten, Wirtschaft auszurichten.

Bei der Bereitstellung zusätzlicher Arbeitsmöglichkeiten sind die Eignung und die persönlichen Verhältnisse der Arbeitsuchenden zu berücksichtigen.

Art. 7 Umfang der Vorbereitungen 1

Die Vorbereitungen haben sich auf alle Möglichkeiten der Arbeitsbeschaffung zu erstrecken, so insbesondere auf a. die Förderung des Exportes, des Fremdenverkehrs, der privaten Investitionstätigkeit ; b. die Ausnützung privater Auftragsreserven (Hotelerneuerung, technische Ausrüstung der Landwirtschaft, Bodenverbesserungen, Altstadtsanierung, Reparatur und Renovation privater Gebäude, Erhaltung von Kunstdenkmälern) ; c. die Vergebung zusätzlicher öffentlicher Aufträge an Industrie und Gewerbe; d. die Durchführung zusätzlicher Arbeiten zugunsten besonders krisenempfindlicher Berufe und älterer Arbeitskräfte.

2 Soweit es die Natur der einzelnen Massnahmen zulässt, sind die Vorbereitungen auf lange Sicht und möglichst abschliessend zu treffen.

Art. 8 Aufgabe des Bundes und der Kantone 1

Dem Bund obliegt die Vorbereitung aller Arbeitsbeschaffungsmassnahmen, die nach ihrer Art oder mit Rücksicht auf die bestehenden Wettbewerbsverhältnisse nur auf gesamtschweizerischem Boden getroffen werden können.

2 Soweit Arbeitslosigkeit durch regionale Massnahmen bekämpft werden kann, ist die Vorbereitung in erster Linie Sache der Kantone; zu deren Aufgabe gehört insbesondere die Vorbereitung der Arbeitsbeschaffung: a. für das Baugewerbe durch die vorsorgliche Bereitstellung öffentlicher Bauvorhaben mit Einschluss der Altstadtsanierung; b. für Industrie und Gewerbe durch die Bildung einer Auftragsreserve bei den öffentlichen Verwaltungen und Unternehmungen; : c. für das kaufmännische und technische Personal, die intellektuellen und künstlerischen Berufe sowie für ältere Arbeitskräfte aller Berufsarten durch die Bereitstellung geeigneter zusätzlicher Arbeiten und Aufträge.

3 Der Bund ergänzt die Vorbereitungen der Kantone, soweit er hiezu durch die Bereitstellung eigener Arbeiten und Aufträge in der Lage ist.

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Art. 9 , · · · ; · · Gesamtprögramm ' 1 Der'Bund fasst die von ihm und von ,den Kantonen vorbereiteten Massnahmen in ein Gesamtprogramm für die Arbeitsbeschaffung zusammen. Er ist1 befugt, bei den< Kantonen die hiezu nötigen statistischen Erhebungen durch: ; zuführen und andere Auskünfte einzuholen.

2 Soweit sich das Gesamtprögramm auf die gemäss Artikel 7, Absatz l, lit, c und d, vorbereiteten öffentlichen Aufträge und Arbeiten bezieht, haben sich an dessen Aufstellung auch die Gemeinden und die übrigen öffentlichrechtlichen Körperschaften zu beteiligen.

Art. 10 Bundesbeiträge an vorbereitende Massnahmen 1 Der Bund kann zur Förderung der Vorbereitungen für die Arbeitsbeschaffung Beiträge gewähren, insbesondere : a. an die Kosten von Regional- und Ortsplanungen bis 30, Prozent ; b. an die Kosten der vorsorglichen Projektierung von Tief- und Hochbauarbeiten der Kantone und Gemeinden unter Einschluss der Altstadtsanie1 rung bis 30 Prozent, soweit diese Arbeiten als Arbeitsbeschaffungsmassnahmen vorgesehen sind und sich als solche besonders eignen.

2 Die Bundesbeiträge gemäss Absatz l, lit. a und b, werden in den Fällen, in denen der Kanton nicht selbst Träger der Vorbereitungsmassnahmen ist, von einer mindestens gleich hohen kantonalen Leistung abhängig gemacht.

3 Werden Arbeiten, für welche der Bund gemäss Absatz 1; lit. b, einen Beitrag an die Projektierungskosten geleistet hat, ausgeführt, ohne dass die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit dies erfordert, so ist der Bundesbeitrag'zurückzuerstatten.

IV. Arbeitsbeschaîfungsmassnahmen

Art. 11 Massnahmen für Angehörige der kaufmännischen und technischen Berufe Der Bund kann an Arbeitsbeschaffungsmassnahmen für ältere, von einer andauernden Stellenlosigkeit betroffene Angehörige der kaufmännischen und technischen Berufe, die in öffentlichen Verwaltungen oder in freiwilligen Arbeitsdiensten .vorübergehend mit zusätzlichen Arbeiten beschäftigt werden, Beiträge bis zu einem Drittel der Kosten gewähren.

Art. 12 Einleitung der Massnahmen bei einer unerwarteten Verminderung der Beschäftigungsmöglichkeiten 1 Trittt eine unerwartete ernstliche Verminderung der Beschäftigungsmöglichkeiten in einzelnen Wirtschaftszweigen oder Landesgegenden ein, der

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die private Wirtschaft und die Kantone aus eigener Kraft nicht zu begegnen vermögen, und der gegenüber auch die dem Bund auf Grund dieses Gesetzes und anderer gesetzlicher Erlasse zustehenden Möglichkeiten nicht ausreichen, und erfordert diese Lage unverzüglich weitere Massnahmen des Bundes, so ist der Bundesrat befugt, durch die Gewährung finanzieller Hilfe Arbeitsbeschaffungsmassnahmen in Gang zu setzen.

2 Macht der Bundesrat von dieser Befugnis Gebrauch, so hat er möglichst bald der Bundesversammlung zu beantragen, die von ihm eingeleiteten Massnahmen durch Bundesgesetz oder allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss zu ordnen.

3 Soweit die Bundesversammlung die vom Bundesrat beantragten Massnahmen durch Bundesgesetz oder allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss ordnet, treten die Beschlüsse des Bundesrates mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes oder des allgemeinverbindlichen Bundesbeschlusses ausser Kraft.

4 Soweit die Bundesversammlung die vom Bundesrat beantragten Massnahmen ablehnt, treten die Beschlüsse des Bundesrates ausser Kraft.

5 Die Beschlüsse des Bundesrates bleiben jedoch in allen Fällen längstens ein Jahr in Kraft.

V. Organisation Art. 13 Der Delegierte für Arbeitsbeschaffung 1

Der Bundesrat ernennt einen Delegierten für Arbeitsbeschaffung, der mit der Betreuung der dem Bund auf dem Gebiete der Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung obliegenden Aufgaben sowie mit der fortlauf enden Überwachung aller Möglichkeiten der Krisenverhütung und der Koordination entsprechender Massnahmen beauftragt wird.

2 Der Delegierte und seine Dienstabteilung unterstehen dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement.

Art. 14 Arbeitsbeschaffungsitommission Der Bundesrat ernennt eine eidgenössische Kommission für Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung, bestehend aus Vertretern des Bundes, der Kantone und Gemeinden, der Wissenschaft sowie der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Grundlegende Fragen sind dieser Kommission zur Begutachtung vorzulegen.

VI. Vollzug und Inkrafttreten

Art. 15 Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragt. Er erlässt die erforderlichen Ausführungsvorschriften.

2 Dieses Gesetz tritt auf den 1. Januar 1955 in Kraft.

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471 Also beschlossen vom Ständerat, Bern, den 30. September 1954.

Der Präsident: Barrelet Der Protokollführer: P.Weber Also beschlossen vom Nationalrat, Bern, den 30. September 1954.

Der Präsident: Henri Perret Der Protokollführer: Ch. Oser

Der Schweizerische Bundesrat beschliesst: Das vorstehende Bundesgesetz ist gemäss Artikel 89. Absatz 2, der Bundesverfassung und Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

Bern, den 30. September 1954.

Im Auftrag des Schweizerischen Bundesrates, 1689

Der Bundeskanzler: Ch. Oser

Datum der Veröffentlichung: 30. September 1954.

Ablauf der Referendumsfrist: 29. Dezember 1954.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesetz über die Vorbereitung der Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung (Vom 30. September 1954)

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1954

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39

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30.09.1954

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466-471

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