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Schweizerisches Bundesblatt.

45. Jahrgang. III.

Nr. 23.

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31. Mai 1893.

Bericht der

nationalrätlichen Kommission zu dem Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend Förderung der Landwirtschaft durch den Bund.

(Vom 16. Mai 1893.)

Tit.

Unterm 28. November 1892 hat der hohe Bundesrat den eidgenössischen Räten den Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund samt einläßlicher Botschaft unterbreitet. Die Veranlassung zur Ausarbeitung dieses Gesetzes bildete eine im Juni gleichen Jahres in der Bundesversammlung gestellte bezügliche Motion der Herren Nationalräte Dr. Curti und Genossen, welche auf Antrag des eidgenössischen Landwirtschaftsdepartements in etwas modifizierter Fassung mit folgendem Wortlaute angenommen worden ist: ,,Der Bundesrat ist eingeladen, zu untersuchen, ob nicht der Bundesbeschluß betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund, vom 27. Juni 1884, im Sinne von größerer Nutzbarmachung für die letztere einer Revision zu unterstellen sei.

,,Ferner wird der Bundesrast ersucht, eine Zusammenstellung der Thatsachen zu veranlassen, welche er über die landwirtschaftliche Bodenverschuldung und ihre Folgen in Erfahrung bringen kann."

·· Die Kommission begrüßt es, daß der Bundesrat nicht dabei stehen geblieben ist, den Bundesbeschluß betreffend Förderung der Landwirtschaft vom Jahr 1884 bloß zu ergänzen und zu erweitern, Bundesblatt. 45. Jahrg. Bd. III.

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sondern daß in Form eines Bundesgesetzes die Förderung und Unterstützung der Landwirtschaft von seiten des Bundes gesichert werden soll.

Sofern da oder dort die Verfassungsmäßigkeit eines solchen Gesetzes angezweifelt werden wollte, so verweisen wir auf die Ausführungen in der Botschaft des Bundesrates vom 4. Dezember 1883 zum Bundesbeschluß betreffend Förderung der Landwirtschaft.

Wenn der Bund berechtigt war, gemäß dem damaligen Bundesbeschluß der schweizerischen Landwirtschaft fördernd und unterstützend beizustehen, so wird er es auch in der Form des projektierten Gesetzes thun können, da diese gesetzlichen Bestimmungen keineswegs dahin tendieren, die Kantonalsouveränität irgendwie zu beeinträchtigen, sondern dieselben sich an die bestehenden Verhältnisse anlehnen und nicht selbst ausführend, sondern nur fördernd und anregend wirken und die eigenen Leistungen der Kantone unterstützen wollen.

Auch jetzt noch wird es dem Bund wie damals zustehen, mittelst Subventionen da nachzuhelfen : 1. wo die Kräfte und Mittel der Kantone nicht ausreichen, 2. wo es sich um Unternehmungen, Einrichtungen oder Maßnahmen handelt, die für die Schweiz oder für einen größeren Teil derselben von Interesse sind, 3. wo es sich um Verhältnisse handelt, deren Regelung wegen der Intensität des Verkehrs den Kantonen nicht allein überlassen werden kann, 4. wo es sich um Wegräumung von Hindernissen handelt, die einer gedeihlichen Entwicklung der Landwirtschaft im Wege stehen.

Da nun aber diese Verhältnisse gesetzlich geregelt werden sollen, so hat die nationalrätliche Kommission es in ihrer Pflicht erachtet, möglichst einläßlich unsere landwirtschaftlichen Verhältnisse zu studieren und auch zu prüfen, zu welchen Resultaten die bisherigen Bundessubventionen geführt haben, ferner, in welcher Weise auch in benachbarten Staaten der Landwirtschaft Staatshülfe geleistet wird und welche Erfolge hieraus resultieren.

In verdankenswerter Weise sind durch das schweizerische Landwirtschaftsdepartement die geltenden Gesetze und die Jahresberichte betreffend Landwirtschaft einiger benachbarten Staaten: Württemberg, Bayern und Hessen vermittelt worden, und wenn die nationalrätliche Kommission schon anfänglich glaubte, in ihrem Gesetzesentwurfe noch etwas weiter gehen zu sollen, als wie der bundesrätliche Entwurf in Aussicht nimmt, so wurde sie in dieser Beziehung

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55 unterstützt durch die Art und Weise, wie diese Staaten mit monarchischer Staatsform eben in sehr intensiver Weise die Landwirtschaft unterstützen und fördern.

Die Vorlage des Bundesrates lehnt sich im Wortlaute, die beantragten Erweiterungen ausgenommen, ziemlich an den Bundesbeschluß vom Jahr 1884 an. Wenn im letztern die Fassung meistens so gewählt ist, daß es heißt: Der Bundesrat ist e r m ä c h t i g t , der Bund k a n n etc. erteilen, soweit der S t a n d d e r B u n d e s f i n a n z e u es g e s t a t t e t , wird der Bund unterstützen etc., so hält die nation alrätliche Kommission dafür, daß in einem Gesetze diese Leistungen etwas positiver fixiert werden sollten, es ist daher die Form so gewählt) daß es in unserm Entwurfe bei denjenigen Positionen, die wir von vornherein als gegeben erachten, heißt: Der Bund u n t e r s t ü t z t . -- Der B u n d wird an die K a n t o n e B e i t r ä g e a u s r i c h t e n etc.

Zu den einzelnen wichtigeren Änderungen und Ergänzungen, welche die nationalrätliche Kommission gegenüber dem bundesrätlichen Gesetzesentwurf beantragt, übergehend, ist in erster Linie zu begründen der Vorschlag betreifend A. Organisation einer Centralstelle beim schweizerischen Landwirtschaftsdepartement.

Schon in dem Enquetebericht betreffend die landwirtschaftlichen Verhältnisse, des Herrn Prof. Krämer, vom Jahr 1882 ist mit allem Nachdruck darauf hingewiesen, daß seit einigen Jahren in den Kreisen der Landwirte und Freunde der Landwirtschaft dem Wunsche lebhafter Ausdruck gegeben worden sei, daß eine dem schweizerischen Landwirtschaftsdepartement beizuordnende, aus Vertretern der Landwirtschaft zu bildende Körperschaft eingesetzt werden möge, welche die Aufgabe habe, die Interessen dieses Standes bei der Bundesbehörde durch Antragstellung und durch Erstattung von.

Gutachten in allen Fragen und Aufgaben der Förderung der Bodenkultur wahrzunehmen. Sodann wurde vorgeschlagen die Anstellung von zwei mit der Wissenschaft und Praxis des landwirtschaftlichen Faches vertrauten Beamten, der Eine wesentlich für die Geschäftsführung der Centralstelle für die administrative Seite, der Andere ·^fur das Eingreifen in die Aufgaben der Kulturtechnik (Landesmeliorationen). Es wurde darauf hingewiesen, daß wir bereits in dem eidgenössischen Forstinspektorat ein ana.loges Institut besitzen und daß in Sachsen, Österreich, Italien, Württemberg und Baden solche landwirtschaftliche Centralstellen bestehen.

56 Die über diesen Vorschlag damals bei den kantonalen Regierungen und den schweizerischen landwirtschaftlichen Hauptvereinen gemachten Erhebungen haben ergeben, daß diesen zufolge damals von der Bildung einer eigentlichen Landwirtschaftskommission und von der Schaffung einer eidgenössischen Stelle für Kulturtechnik Umgang genommen wurde, dagegen die erstere Stelle für einen mit Wissenschaft und Praxis vertrauten administrativen Beamten kreiert worden ist, und es soll hier konstatiert werden, daß durch diese Stelle nicht nur das eidgenössische Landwirtschaftsdepartement einen fachmännischen Berater in landwirtschaftlichen Fragen erhalten hat, sondern durch dieselbe vieles zur Förderung unserer Landwirtschaft angeregt worden ist. Allein die nationalrätliche Kommission ist der Ansicht, daß wir hier nicht stehen bleiben dürfen. Betrachten wir die Fortschritte, welche in landwirtschaftlicher Beziehung in unsern Nachbarstaaten gemacht worden sind, so müssen wir sagen, daß wir schon in vielen Beziehungen überholt worden sind. Zum nicht geringen Teile sind die großen Fortschritte in diesen Staaten dem Umstände zuzuschreiben, daß durch diese landwirtschaftlichen Centralstellen ein enger Kontakt zwischen der landwirtschaftlichen Bevölkerung, den landwirtschaftlichen Vereinen, den landwirtschaftlichen Bildungsanstalten mit den ausführenden Organen des Staates geschaffen ist; diese Landwirtschaftskommissionen, welche das Recht der Begutachtung und der Antragstellung beim Landwirtschaftsministerium haben, werden meistens gebildet aus Abgeordneten von landwirtschaftlichen Hauptvereinen, Direktoren von landwirtschaftlichen Bildungsanstalten und übrigen hervorragenden um die Landwirtschaft verdienten Praktikern.

Die Bildung einer solchen Kommission, deren Mitglieder täglich alle Vorkommnisse im Betriebe der Landwirtschaft wahrnehmen und welche von Zeit zu Zeit vom schweizerischen Landwirtschaftsdepartement zur Begutachtung dieser oder jener landwirtschaftlichen Fragen oder Anregungen beigezogen würden, wäre vom landwirtschaftlichen Standpunkt aus sehr zu begrüßen und es dürften die Kosten hierfür von jährlich ein paar tausend Franken sich mehr als rechtfertigen. Allerdings war das schweizerische Landwirtschaftsdepartement auch bisher schon in der Lage, für specielle landwirtschaftliche Fragen Expertengutachten
einzuziehen oder Konferenzen von Fachmännern zu veranstalten, allein das Gefühl der eigenen Verantwortlichkeit einer ständigen Kommission dürfte mehr Gewähr bieten für eine allseitige Prüfung und Beurteilung irgend einer landwirtschaftlichen Frage, als der bloße Rat von einzelnen weniger verantwortlichen Experten.

Nach Art. 102, Ziff. 6, der Bundesverfassung wäre eine solche Landwirtschaftskommission vom Bundesrate zu wählen, wobei vor-

57 ausgesetzt wird, daß die verschiedenen Landesgegenden und die landwirtschaftlichen Hauptbetriebszweige Berücksichtigung finden könnten, ohne daß der Geschäftsgang ein zu komplizierter und schwerfälliger werden dürfte.

Mit Bezug; "o auf Abschnitt B. Landwirtschaftliches Unterrichtswesen und Versuchsanstalten ist die Kommission mit den vom Bundesrate beantragten Erweiterungen, Erhöhung der Stipendien- für Schüler, welche sich als Landwirtschaftslehrer oder Kulturtechniker ausbilden wollen, von Pr. 400 auf Fr. 600 und Unterstützung der Ausgaben der Kantone für Käsereiund Stalluntersuchungen, sowie Alpinspektionen einverstanden, ohne weitergehende Anträge zu stellen. Es ist allerdings in der nationalrätlichen Kommission auch der Antrag gestellt worden, daß Kantone, welche eigentliche landwirtschaftliche Fortbildungsschulen analog den Handwerks- und Gewerbeschulen errichten und unterstützen, ebenfalls Anspruch auf eine Bundesunterstützung haben sollen. Davon ausgehend, daß die Bildung von landwirtschaftlichen Winterschulen, als für die Jungmannschaft der Landwirtschaft am besten passend, besonders zu fördern sei, für landwirtschaftliche Fortbildungsschulen in den einzelnen Ortschaften nicht immer passende Lehrkräfte zur Verfügung sein würden, wurde diesem Antrag keine Folge gegeben.

Der Kranz unserer landwirtschaftlichen Bildungsanstalten hat sich in den letzten Jahren in ansehnlicher Weise erweitert und es hat anläßlich der Sitzungen Ihre Kommission eine Mehrzahl dieser Schulen und Versuchsstationen besucht und den Eindruck erhalten, daß dieselben, als gut geleitet, ihren Zweck bestmöglichst erfüllen und die vom Bunde geleisteten Subventionen hier ihre volle Berechtigung haben. Da der Bund durch den Schlußsatz dieses Abschnittes die Kompetenz erhält, landwirtschaftliche Versuchsanstalten selbst zu errichten, so spricht die Kommission die Hoffnung aus, es möchte die schon längst gewünschte schweizerische Milchversuchsstation nicht allzulange auf sich warten lassen.

Bei dem Abschnitte C. Förderung der Tierzucht glaubt die Kommission erhöhte Kredite beim Bunde beantragen zu sollen.

In dem bundesrätlichen Gesetzesentwurfe sind die gleichen Minimal betrage wie bisher von Fr. 100,000 zur Hebung und Verbesserung der Rindviehzucht und von Fr. 60,000 für die Pferde-

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zucht in Aussicht genommen. Laut Bericht des schweizerischen Landwirtschaftsdepartements sind pro 1892 teils ausbezahlt, teils zugesichert : für die Hebung der Pferdezucht . Fr. 118,113. 81 ,, ,, ,, ,, Rindviehzucht ,, 326,295. 78 es sind also zur Zeit schon jene Minimalansätze weit überholt, und doch sollte in der Unterstützung und Förderung der Viehzucht noch mehr gethan werden können.

Wenn die Kommission in ihrem Gesetzesentwurfe für die Förderung der Rindviehzucht einen Kredit von mindestens Fr. 500,000 in Aussicht nimmt, so ist sie zwar nicht der Ansicht, daß derselbe schon die nächsten Jahre voll zur Verwendung kommen werde, da die Leistungen der Kantone für die Prämiierung von Zuchtstieren, Kühen und Rindern letztes Jahr erst rund Fr. 275,000 betragen haben und die Bundesbeiprämien auch in Zukunft nicht höher bemessen werden sollen als die Prämienbeträge von Seiten der Kantone.

Dagegen ist der Kommission bekannt, daß bei in den letzten Jahren vorgenommenen Revisionen von kantonalen Gesetzen oder Verordnungen betreffend Viehprämiierung die zu verwendenden Summen weit höher bemessen worden sind als früher, und daß solche Revisionen in einer Reihe von Kantonen in naher Aussicht stehen, wo auch höhere Beträge bewilligt werden dürften, davon ausgehend, daß Verbesserung und Hebung unseres Viehbestandes ein Hauptmittel bildet zur Hebung unserer Landwirtschaft überhaupt.

Der schweizerische Rindviehbestand absorbiert jährlich cirka 8 /5 der gesamten Urproduktion unseres Landes, der Ertrag desselben wird an Milch, Fleisch und Arbeitleistung auf jährlich 280 bis 300 Millionen Franken berechnet. Würde es den allgemeinen Anstrengungen von Bund, Kantonen, Genossenschaften und Privaten gelingen, infolge vermehrter Aufmerksamkeit und Verbesserungen in der Nachzucht unserer Tiere diese Leistungen nur um 10°/o zu erhöhen, so würde das jährlich cirka 28--30 Millionen ausmachen, eine Mehrleistung, die unsern schweizerischen Viehzüchtern zu gute käme; ein Ziel, das wahrlich nicht zu hoch gesteckt ist, aber es verdient, daß alle Kräfte sich vereinigen, um dasselbe in nicht allzu ferner Zeit zu erreichen.

Daß drei Fünfteile des gewünschten Kredites zur Verbesserung des Bestandes an Zuchtstieren verwendet werden wollen und nur zwei Fünfteile zu Prämien für weibliche Zuchttiere, wird man allseitig richtig finden ; ein deutsches Sprichwort sagt : Der Zuchtstier

59 ist die halbe Herde. Nun werden vom Auslande her alljährlich eine bedeutende Zahl der besten Zuchtstiere unserer beiden schweizerischen Hauptviehrassen Simmenthaler (Fleck-) und Schwyzer (Braun-) Vieh zu hohen Preisen zu kaufen gesucht und die bisherigen Prämien von höchstens Fr. 300 von Kanton und Bund zusammen, reichen meistens nicht hin, um den Export von solchen Rassentieren zu hindern, resp. solche der inländischen Zucht zu erhalten. In deu eigentlichen Zuchtgebieten, wo Preise von Fr. 2000 und mehr für Zuchtstiere erster Qualität offeriert werden, wären Prämien bis auf Fr. 500, um diese Tiere der inländischen Zucht zu erhalten, nicht zu hoch bemessen.

So sehr wir unserer Landwirtschaft die alljährlich schönen Einnahmen für den Verkauf von guten Rassentieren gönnen wollen, ebenso sehr müssen wir dazu Sorge tragen, daß unser Land an gutem Zuchtmaterial nicht zu sehr ausverkauft wird, und es giebt ältere Viehkenner genug, welche behaupten, daß in verschiedenen Gegenden der Schweiz vor 20 und 30 Jahren der eigentliche Zuchtvieh bestand besser gewesen sei, als heute, indem der schönen Preise wegen zu viel Rassentiere ausverkauft werden. Dieser Umstand hat dazu geführt, daß in verschiedenen neuern kantonalen Gesetzen zur Förderung der Viehzucht auch die Prämiierung von weiblichen Zuchttieren und von Jungvieh neu aufgenommen worden ist, um durch die Erteilung von Prämien den Viehbesitzer an dem Verkauf der bessern Tiere zu hindern. Die Aussetzung eines höhern Kredites von Seiten des Bundes zur Förderung der Viehzucht dürfte in vielen Kantonen Veranlassung sein, das Institut der Zuchtviehprämiierungen besser als bisher zu ordnen ; daß die Kantone über das Bedürfnis nicht hinausgehen werden, darf als sicher angenommen werden.

Während bisher die Repartierung des Bundeskredites für die Beiprämien für Zuchtstiere auf Grundlage der bei der letzten Viehzählung vorhandenen Zuchtstiere vorgenommen wurde (1892 Fr. 10 per Zuchtstier), so wird es als richtiger erachtet, die vorhandenen Kühe und mehr als einjährigen Rinder als Basis für diese Zuteilung zu nehmen. Nach d i e s e n Tiergattungen richtet sich das Bedürfnis der Zuchtstierhaltuog. Da in einzelnen Kantonen eine doppelte Anzahl von Zuchtstieren vorhanden war, im Verhältnis zu den weiblichen Zuchttieren gegenüber ändern, so mußte die bisherige
Repartition zu Ungleichheiten führen. (Bei der Viehzählung vom Jahr 1886 war z. B. je ein Zuchtstier vorhanden in den Kantonen Wallis auf 21, Freiburg 25, Schwyz 27, Waadt 40, Thurgau 43, Aargau 45, Schaffhausen 55, Tessin 61 Kühe.) Nach den gleichen Tiergattungen würde auch die Zuteilung der Kredite an die Kantone für Unterstützung der Prämiierung weiblicher Zuchttiere in Zukunft vorgenommen werden.

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Tableau für die Eepartition der Beiträge für Bundesbeiprämien nach § 5 des Gesetzesentwurfes.

Viehzählung 1886.

Zahl von Kühen und mehr als einjährigen Rindern.

Kantone.

Prämienbetrag Prämienbetrag für weibliche für Zuchttiere Zuchtstiere à 35 Rp.

à 22 Rp.

per StUck.

per StUck.

Fr.

Zürich Bern . .

.

.

Luzern uri Schwyz Unterwaiden o. d. W.

Unterwaiden n. d. W.

Glarus Zua Freiburg Solothurn Baselstadt Baselland Schaffhausen . . .

Appenzell A.-Rh.

Appenzell I.-Rh. . .

S t . Gallen . . .

Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg Genf

.

.

.

.

.

Fr.

61,000 180,000 60,000 8,000 21,000 7,500 6,000 8,500 8,500 50,000 24,000 2,000 13,000 7,000 14,000 6,000 66,000 48,000 23,000 36,000 64,000 50,000 15,000 6,000

21,350 63,000 21,000 2,800 7,350 2.625 2^100 2,975 2,975 17,500 8,400 700 4,550 2,450 4,900 2,100 23,100 16,800 8,050 12,600 22,400 17,500 5,250 2,100

13,420 39,600 13,200 1,760 4,620 1,650 1,320 1,870 1,870 11,000 5,280 440 2,840 1,540 3,080 1,320 14,520 10,560 5,060 7,920 14,080 11,000 3,300 1,320

834,500

292,075

183,590

Von dem Kredite für weibl iche Zuchttiere verbleiben für Beiträge an die Grründung von Viehzuchtgenosseuschaften.

Tota

16,410 200,000

61 Nebenstehende Tabelle gibt ein ungefähres Bild, welche Kredite von dem Gesamtbundeskredit von Fr. 500,000 den einzelnen Kantonen nach den Aoträgen der Kommission für die Prämiierung von Rindvieh in abgerundeten Summen zur Verfügung stehen würden.

Um unter allfällig ungünstigen Zufälligkeiten bei einer eidgenössischen Viehzählung (wie Futtermangel etc.) einzelne Landesteile nicht allzu lange leiden zu lassen bei der Zuteilung der Bundesbeiträge, so wurde in Aussicht genommen, künftig alle fünf Jahre eine solche Viehzählung vorzunehmen, was sich auch noch aus ändern Gründen empfehlen dürfte.

Sodann fand man es für angezeigt, bei der größern Unterstützung für die Förderung der Viehzucht von selten des Bundes auch die hauptsächlichsten Bedingungen, welche nach den bisherigen Erfahrungen an die Ausrichtung der Bundesbeiträge geknüpft werden sollen, gleich in das Gesetz aufzunehmen.

Der für die Unterstützung der Pferdezucht im Gesetze angesetzte Minimalkredit von Fr. 200,000 entspricht dem bereits genehmigten Budgetansatz pro 1893, welcher ebenfalls von der Bundesversammlung mit Fr. 200,000 acceptiert worden ist.

D. Verbesserung des Bodens.

Es ist anzuerkennen, daß die nach § 7 des Bundesbeschlusses vom Jahr 1884 an Bodenverbesserungen geleisteten Beiträge bisanhin fördernd und wohlthätig gewirkt haben. Allein wenn wir unsere Thalschaften betrachten, wo zahlreiche große Flächen sumpfigen Landes noch der Trockenlegung harren, welche vielerorts erst in letzter Zeit durch die Korrektion und Tieferlegung der Hauptgewässer ermöglicht worden ist; wenn wir sehen, wie viele tausend und aber tausend Grundstücke an unsern Hängen bis hinauf in die Alpen durch rationelle Entwässerung oder Bewässerung zu viel größerem Ertrage gebracht werden könnten, wenn die Bewirtschaftung auch des guten Landes in vielen Gegenden durch die heillose Zerstückelung desselben sehr beeinträchtigt und erschwert ist, so folgt daraus, daß hier noch sehr viel gethaa werden könnte und gethan werden sollte. Auch die bundesrätliche Botschaft sagt: die Kredite für Unterstützung der Boden Verbesserungsunternehmungen sind bis jetzt nicht in dem Maße benutzt worden, wie dies der Bundesrat erwartete, als er durch die einschlägige Vollziehungsverordnung vom 20. März 1885 festsetzte, jedes einzelne Subventionsgesuch müsse ihm zur Entscheidung vorgelegt werden.

Will man hier einen Schritt vorwärts thun, so hält die nationalrätliche Kommission dafür, daß es an der Zeit sei, von Bundes

62 wegen ein kulturtechnisches Bureau beim schweizerischen Landwirtschaftsdepartement zu errichten, wovon im Jahr 1884 bei Erlaß des Bundesbeschlusses zur Förderung der Landwirtschaft auch schon die Rede war.

In den meisten Kantonen mangelt es an dem technischen Personal fiir richtige Planierung, Berechnung der Kosten und richtige Anleitung für die Durchführung solcher Unternehmungen. Nimmt einmal der Bund die Sache in die Hand, indem er nach Anstellung einiger tüchtiger Fachmänner die für solche Unternehmungen erforderlichen technischen Arbeiten unentgeltlich anfertigen läßt, so wird diese Erleichterung von vielen benützt werden. In verschiedenen Kantonen sind auch bereits gesetzliche Grundlagen vorhanden, welche eine bessere Feldeinteilung ermöglichen, in ändern dürften solche bald nachfolgen und dieselben durch die Schaffung des erwähnten kulturtechnischen Bureau gefördert werden. Mit der Bildung eines ständigen Bureau für Kulturtechnik schaffen wir nur eine Einrichtung, wie solche in benachbarten landwirtschaftlich fortgeschrittenen Staaten schon längst besteht zum großen Nutzen und allgemeiner Anerkennung der landwirtschaftlichen Bevölkerung.

In Bayern z. B. amtet in jedem der acht Regierungskreise ein staatlicher Kulturingenieur; wo es erforderlich ist, ist demselben noch ein zweiter Techniker beigegeben. Dem Kreiskulturingenieur fällt die Aufgabe zu, die Vornahme von Kulturunternehmungen in Anregung zu bringen, Projekt und Kostenvoranschläge zu entwerfen, bei den Verhandlungen über die Unternehmung mitzuwirken, die Ausführung zu leiten und zu überwachen, die von ändern Kulturtechnikern entworfenen Pläne zu revidieren, das kulturtechnische Personal entsprechend zu beaufsichtigen, für Erhaltung der bestehenden Kulturanlagen zu sorgen und in kulturtechnischen Fragen Gutachten an die königliche Kreisregierung, die Landeskulturversuchskommission, Flurbereinigungskommission und sonstige Behörden zu erstatten. In der Regel erwachsen den Beteiligten durch die Anfertigung der Pläne und sonstigen Vorarbeiten auch dort keine Kosten. Ähnliche Einrichtungen bestehen in Baden, Württemberg, Hessen, Österreich etc. ; besonders auf dem Gebiete der Feldbereinigungen wird vielerorts eine große Thätigkeit entfaltet. Aus einer Übersicht über den Stand des Feldbereinigungswesens im Königreich Württemberg ist
zu entnehmen, daß seit Inkrafttreten des betreffenden Gesetzes vom 30. März 1886 bis Ende 1890 Feldbereinigungen mit neuer Feldeinteilung durchgeführt worden sind in 146 Fällen mit 15,420 Hektaren Land und 20,086 Beteiligten. In vielen Kantonen der Schweiz leidet der landwirtschaftliche Betrieb an der im Erbrechte begründeten Realteilung von Grund und Boden

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und der damit ins Absurde getriebenen Zerstückelung. In den leider noch zu wenigen Gemeinden, wo bisher Güterzusammenlegungen stattgefunden haben, herrscht nur eine Stimme über den einfacher und rentabler gewordenen landwirtschaftlichen Betrieb. Schon im dritten Heft der schweizerischen landwirtschaftlichen Zeitschrift vom Jahr 1880 findet sich ein sachkundiges Urteil über die Güterzusammenlegung einer Gemeinde im Kanton Aargau. Es heißt da: ,,Wo ehedem ein Teil der Grundslücke vom Wege abgeschlossen war, da hat jetzt jeder Acker von beiden Seiten eine bequeme Zufahrt, braucht kein Bauer auch nur mit einem Wagen auf einem Felde zu kehren ; alle Tret- und Überfahrstraßen sind verschwunden ; die Äcker haben mit Ausnahme einiger weniger, welche an der östlichen Straßengrenze liegen, paralelle Grenzen, bei ihrer Bearbeitung ist also ein Aufwenden (Kehren) mit Pflug, Egge, Walze etc.

nicht mehr nötig; Grenzstreitigkeiten können nicht mehr.vorkommen; die Felder gleichen Gartenbeeten; jede Grund Verbesserung, z. B.

Drainage, ist dem Einzelnen oder einer Genossenschaft mehrerer Grundeigentümer in jeder Richtung erleichtert; jeder Grundbesitzer kann sein Feld bebauen, wie und wann er will ; die Bewirtschaftung des Landes ist die denkbar bequemste und arbeitsparendste. Und das alles wurde erreicht durch ein Opfer von im ganzen nur 2 °/o des Landwertes.11 .

Daß gleichwohl' trotz vorhandenem Bedürfnis die Begehren um die Anfertigung der technischen Vorarbeiten für Bodenverbesserungen bei dem betreffenden Bureau des Landwirtschaftsdepartements nicht ins Ungemessene ansteigen werden, dafür sorgt litt, b des Art. 9, wonach die Beiträge des Kantons oder der Gemeinde oder der Korporation an solche Unternehmungen ebenso hoch sein müßten als die Leistung des Bundes. Immerhin hält die Kommission dafür, daß von dieser Regel auch eine Ausnahme da gemacht werden dürfte mit der Bundesunterstützung, wo eine Genossenschaft, Korporation etc., welche hinlängliche Garantie für die Ausführung und Unterhaltung bietet, eine bedeutende Melioration aus eigenen Mitteln ausführt, ohne vom Kanton, Gemeinde etc.

subventioniert zu werden.

Die Bestimmung, daß an Kantone, welche im Falle sind, eigene Kulturingenieure anzustellen, der Bund bis auf 50 °/o der denselben ausgerichteten Besoldung leistet, dürfte größere Kantone veranlassen,
wirklich solche Stellen für Kulturingenieure zu schaffen, womit auch wieder verhütet würde, daß die eidgenössische Centralstelle für das Meliorationswesen zu sehr belastet würde. Sollte aber in absehbarer Zeit das kulturtechnische Bureau zu sehr in Anspruch genommen werden, was allerdings im höchsten Interesse des Landes liegen würde, dann dürften in den

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verschiedenen Landesgegenden einige Zweigbureaux errichtet werden, wie solche in den auswärtigen landwirtschaftlich fortgeschrittenen Staaten an verschiedenen Orten bestehen.

E. Maßnahmen gegen Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion bedrohen.

Die nationalrätliche Kommission begrüßt die vom Bundesrat in seinem Eutwurfe in § 12 vorgesehene Unterstützung der Viehund Hagelversicherung durch Verabreichung von Beiträgen im Maximum in gleicher Höhe wie die kantonalen Leistungen. Sie hält ebenfalls die Ausführungen der bundesrätlichen Botschaft betreffend die Unterstützung der Viehversicherung (Seite 33 -- 38) für vollständig zutreffend. Die Frage der obligatorischen Versicherung ist in den letzten Jahren gleichzeitig in einer Reihe von Kantonen in den Vordergrund getreten und hauptsächlich zu einer brennenden geworden da, wo von einem landwirtschaftlichen Notstand geredet werden kann. In Baselstadt ist ein bezügliches Gesetz bereits in Kraft erwachsen, in Beratung sind solche Gesetze in den Kantonen Schaffhausen, Zürich, Aargau, Glarus, Solothurn, Neuenburg eto.

Die Viehversicherung ist so recht geeignet, dem kleinen Manne zu Hülfe zu kommen und demselben im Falle vqn Viehverlust die weitere Fortexistenz zu ermöglichen Aber auch die Gesamtheit hat ein Interesse daran, indem bei ausreichender Versicherung weniger Ansteckungskrankheiten verheimlicht und diese daher mehr eingeschränkt werden. Nicht ohne Grund wird behauptet, daß die so sehr verbreitete Riadertuberkulosis, die auch für dio Menschheit so gefährlich ist, weitaus am ehesten durch die obligatorische Viehversicherung gemindert werden könne. Wo das allgemeine Interesse ein so bedeutendes ist, da ist es auch angezeigt, die hiefür nötige Unterstützung zu leisten.

In erster Linie sollen also diejenigen Kantone Bundesbeiträge erhalten, welche kantonal die Viehversicherung als obligatorisch geordnet haben und solche finanziell unterstützen. Da, wo es aber zur Zeit noch nicht möglich ist, ein kantonales Gesetz für die obligatorische Viehversicherung zur Annahme zu bringen, aber einzelne Viehversicherungskreise diese obligatorische Versicherung durchführen und von dem Kanton subventioniert werden, da hätte der Bund ebenfalls seine Unterstützung eintreten zu lassen.

Infolge des Bundesbeschlusses vom 6. April 1889, nach welchem der Bund an
die Kantone, welche die Versicherung von Feldfrüchten gegen Hagelschlag unterstützen, Beiträge in gleicher Höhe wie die kantonale Leistung ausrichtete, haben die Versicherungen bis zum

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Jahr 1892 um das Dreifache zugenommen. Im Jahr 1889 betrug die Zahl der Policen bei der schweizerischen Hagelversicherungsgesellschaft 7055, im Jahr 1892 deren 22,220. Die Versicherungssumme im Jahr 1889 Fr. 7,684,860, diejenige vom Jahr 1892 Fr. 20.479,360. Die Zunahme der Versicherungen hat fast ausschließlich ihren Grund in der Ausrichtung von Beiträgen von selten der Kantone und des Bundes an die Versicherungskosten. Wie bei der Vieh Versicherung, so bildet auch bei der Hagelversicherung eine Entschädigung bei Hagelschaden dem unbemittelten Laudwirthe eine Existenzbedingung, daher ist die gesetzliche Normierung einer Bundesunterstützung auch hier wohl gerechtfertigt. Während bisanhin der Bund seine Beiträge leistete an die Kantone nur für die Minderung der Prämienbeträge und Policenkosten, so waren einzelne Kantone bestrebt, aus allfällig jährlich sich ergebenden Kreditüberschüssen Reservefonds anzulegen, damit bei außerordentlichen Hagelschäden und daherigem Bezug von Nachschußprämien letztere aus den vorhandenen Reserven getilgt werden könnten. Der Bund hat es bisher abgelehnt, an zu bildende Reservefonds seinerseits Beiträge zu leisten, da der Bundesbeschluß vom Jahre 1889 nur versuchsweise auf 3 Jahre eine diesf'ällige Unterstützung in Aussicht nahm. Nun ist aber bei jedem soliden Versicherungsgeschäft die Bildung von Reserven ein Haupterfordernis. In der Kommissionalvorlage des Gesetzes sind nun die Beiträge des Bundes an die Bildung von kantonalen Reservefonds ebenfalls in Aussicht genommen.

Daß bei diesen beiden Versicherungsanstalten (Vieh- und Hagelversicherung") die Bundesbeiträge nicht ins Ungemessene ansteigen werden, dafür liegt wieder das Korrektiv in der Bestimmung, daß die zu gewährenden Bundessubventionen nur bis zur Höhe der kantonalen Leistungen ansteigen dürfen. In den meisten Kantonen ist nun die Finanzlage derart, daß auch diese kantonalen Beiträge in ganz bescheidenem Rahmen gehalten werden müssen.

F. Landwirtschaftliche Genossenschaften und Hauptvereine.

Mit den Verbesserungen, welche der bundesrätliche Vorschlag an diesem Abschnitte gegenüber dem frühern Bundesbeschlusse in Aussicht nimmt, ist ihre Kommission durchaus einverstanden. Das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen hat iu dem letzten Dezennium ganz bedeutende Fortschritte gemacht. Von den in den letzten Jahren neu gegründeten und mit Bundessubsidien geförderten Viehzuchtgenossenschaften z. B. ist ein ganz wesentlicher Fortschritt in der Viehzucht zu erwarten.

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Die in Art. 17 für die landwirtschaftlichen Genossenschaften eröffnete Möglichkeit, ebenfalls Bundesbeiträge erhalten zu können, wird zur Bildung von Genossenschaften anregen überall da, wo die Kraft der Einzelnen zu einem rationellen Betrieb nicht ausreichend ist und wo der genossenschaftliche Betrieb hiefür bessere Aussichten eröffnet.

H. Anderweitige Förderung der Landwirtschaft.

Der bundesrätliche Entwurf nimmt in Art. 18 die Möglichkeit in Aussicht, daß schweizerische landwirtschaftliche Ausstellungen in Perioden von 4 zu 4 Jahren stattfinden können. Die Kommission hält dafür, daß dieser Termin zu kurz bemessen sei und daß derselbe auf 6 Jahre ausgedehnt werden sollte. Lokale landwirtschaftliche Ausstellungen, mehr auf die Umgebung berechnet, werden von Kantonen, Bezirks- oder Kreisvereinen in ausreichendem Maße veranstaltet. Schweizerische landwirtschaftliche Ausstellungen haben dann ihre Berechtigung, wenn empfehlenswerte landwirtschaftliche Neuerungen und wesentliche Fortschritte dem In- und Auslande zur Darstellung gebracht werden können. Hierfür sind aber größere Intervalle nötig. Gerade in der Tierzucht braucht es mehr Zeit als bloß 4 Jahre um von wesentlichen Fortschritten reden zu können..

Für Bestreitung der Kosten einer eidgenössischen landwirtschaftlichen Ausstellung leistet der Bund jeweilen einen Beitrag von mindestens Fr. 150,000. Wenn daher nach dem Antrage der Kommission in einem Zeiträume von 12 Jahren nur 2 eidgenössische AusstellungeD abzuhalten möglich sind, statt deren drei, so kann innert dieser Periode aus den ersparten Fr. 150,000 manches Gute für die Landwirtschaft entsprechend dem gegenwärtigen Gesetzesentwurfe gefördert werden.

In unserer Kommission ist dann auch mit Nachdruck einer Bundesunterstützung der Kantone für Gründung und Sicherung von klimatischen Schutzwäldern auch außerhalb des dermaligen Bereiches des eidgenössischen Forstgebietes das Wort geredet worden und es wäre ohne Zweifel von uns ein bezüglicher Artikel in diesen Gesetzesabschnitt aufgenommen worden, wenn nicht von Seite des Vorstehers des schweizerischen Landwirtschaftsdepartements erklärt worden wäre, daß diese Anregung besser in dem neu zu revidierenden eidgenössischen Forstgesetze ihre Stelle finden werde.

In Art. 20 des Kommissionalentwurfes ist der Grundsatz ausgesprochen, daß der Bund
auch die Bestrebungen der Kautone für Durchführung einer den Anforderungen des Grundbesitzes entsprechenden Katastervermessung der Gemeinden unterstützen solle..

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In welcher Weise das zu geschehen habe, bedarf nach der Ansicht der Kommission noch weiterer Untersuchung und Prüfung und es wird daher auch dem Bundesrate anheim zu geben sein, in welcher Weise und unter welchen Bedingungen das zu geschehen habe.

Daß eine richtig durchgeführte Vermessung von Grund und Boden für die Landwirtschaft treibende Bevölkerung, wie für unsere Kreditverhältnisse überhaupt von eminenter Bedeutung ist, braucht nicht speciell hervorgehoben zu werden.

Es erübrigt uns noch, mit einigen Worten auf die von den Motionären angeregten Fragen der landwirtschaftlichen Bodenverschuldung und der Vermittlung von gutem und billigem Kunstdünger einzutreten, da dieselben mit dem Bundesbeschlusse vom Jahr 1884, resp. dem jetzt in Aussicht genommenen Gesetzesentwurf betreffend Förderung der Landwirtschaft in Verbindung gebracht worden sind.

Was Frage l, B o d e n v e r s c h u l d u n g , anbetrifft, so ist die Kommission nicht in der Lage, weitergehende Anregungen zu machen.

Es werden die gemäß Kreisschreiben des schweizerischen Landwirtschaftsdepartements vom 30. Mai 1892 von den Kantonen zu machenden Erhebungen abzuwarten sein, worüber dann ja ein weiterer Bericht an die Bundesbehörden in Aussicht gestellt ist.

Betreffend der zweiten Anregung, zu untersuchen, ob nicht d e r B e z u g g u t e r u n d b i l l i g e r K u n s t d ü n g e r d e m Kleinbauer möglich gemacht werden sollte, teilt die Kommission die in der bundesrätlichen Botschaft gemachten Ausführungen. Mit Bezug auf die Untersuchung und Prüfung der im Handel erscheinenden Kunstdünger ist das nötige vorgesorgt. Die Untersuchung über Gehalt und Wert derselben wird an der eidgenössischen Untersuchungsstation in Zürich unentgeltlich für die Käufer besorgt. Aufgabe derjenigen Kreise, welche berufen sind, Fachkenntnisse zum Gemeingut der landwirtschaftlichen Bevölkerung zu machen, ist es, letztere über Gehalt, Wert und Wirkung der Düngstoffe aufzuklären, damit schwindelhafte Anpreisungen und Überforderungen möglichst wenig mehr zum Ziele gelangen können. Die Vermittlung solcher landwirtschaftlichen Hülfsstoffe wird man richtiger der Thätigkeit von landwirtschaftlichen Genossenschaften, größern und kleinern Vereinsverbänden überlassen können, welche hierin in den letzten Jahren in den meisten Kantonen eine erfolgreiche Thätigkeit
auf diesen Gebieten entfaltet haben. Ob unter Umständen diesem oder jenem Mitgliede eines landwirtschaftlichen Genossenschaftsverbandes oder Gemeindevereines eine gewisse Zeit Dünger auf Kredit gegeben werden kann, das können die bezüglichen Vorstände ebenfalls besser beurteilen als die entferntem Organe des Staates.

68 Prüfen wir zum Schlüsse noch die Frage, welche finanziellen Opfer dem Bunde jährlich zugemutet würden bei Annahme des Bundesgesetzes nach der Vorlage der nationalrätlichen Kommission, so haben hierüber angestellte Rechnungen ergeben, daß sich dieselben für eine Reihe von Jahren kaum mehr als um einen Dritteil der bereits schon vom Bunde zu Gunsten der Landwirtschaft gemachten Ausgaben erhöhen dürften.

Die Ausgaben im Bundesbudget für die Landwirtschaft pro 1893 beziffern sich auf Fr. 1,112,952, ohne die a,ußerordentlicherweise budgetierten Fr. 150,000 für die eidgenössische landwirtschaftliche Ausstellung in Bern. Mit einer weitern Verwendung von cirka Fr. 500,000 jährlich dürften alle berechtigten Ansprüche, welche nach Annahme des Gesetzesentwurfes sich ergeben dürften, für eine längere Reihe von Jahren befriedigt werden können. Da die Kantone ebenfalls mit dem der Landwirtschaft zu leistenden Unterstützungen mit dem Bunde Schritt halten müssen, so liegt hierin ein für den Bund sicherndes Moment vor allzu starker Inanspruchnahme.

Die landwirtschaftliche Bevölkerung kämpft seit einer Reihe von Jahren unter vielen ungünstigen klimatischen Einflüssen und unter den für ihre Interessen teilweise ungünstigen Verkehrsverhältnissen einen schweren Kampf, und es beträgt diese mit der Urproduktion beschäftigte Einwohnerschaft unseres Landes gegen 40°/o der Gesamtbe.völkerung. Die landwirtschaftliche Bevölkerung ist mehr als jeder andere Stand an die Scholle, d. h. an den heimatlichen Boden gebunden, in ihr liegt das Konstante, ein bleibender Kern für die Grundlage eines geordneten Staates. Es ist daher das Bestreben der meist vorgeschrittenen Staaten vorhanden, durch eine zeitgemäße Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen alles dasjenige zu thun, was diesem Stande seine oft kritische Lage verbessern und zu einer erträglichen machen kann. In diesem Sinne werden auch die eidgenössischen Räte, wie wir hoffen, unsere Gesetzesvorlage beurteilen.

Z ü r i c h , den 16. Mai 1893.

Namens der Kommission: Eschmann, Berichterstatter.

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Bericht der nationalrätlichen Kommission zu dem Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend Förderung der Landwirtschaft durch den Bund. (Vom 16. Mai 1893.)

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