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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Rekurs der Herren Römer und Carrard in Yverdon gegen den Entscheid des Bundesrates vom 15. August 1892 in Sachen ihrer Landschadenreklamationen.

(Vom 30. Mai 1893.)

Tit.

Das Infanterieregiment Nr. 6 A hatte im Jahre 1892 vom 21. März bis 9. April seinen Wiederholungskurs zu bestehen. Die Bataillone Nr. 16 und 17 waren in Colombier und das Bataillon Nr. 18 in Yverdon untergebracht.

Am 28. und 29. März wurden vom Bataillon Nr. 18 Felddienstübungen abgehalten. Der frühen Jahreszeit wegen konnte das Terrain, welches die Gemeinde Yverdon zu solchen Übungen gewöhnlich zur Verfügung stellt, nicht benutzt werden, weil der Grund noch nicht fest genug war und die Leute deshalb bis über das Fußgelenk und an einzelneu Stellen selbst bis zu den Knieen einsanken. Die Felddienstübungen des genannten Bataillons mußten daher in ein geeigneteres Terrain verlegt werden.

Anläßlich derselben traf es sich nun, daß Truppen zwischen Yverdon und Orbe, in der Gegend benannt ,,Graveline", mehrere mit Klee bepflanzte Äcker zu passieren hatten. Da diese Äcker dadurch einigen Schaden gelitten hatten, wandten sich der Eigentümer und der Pächter derselben, die Herren Römer und Carrard in Yverdon, mittelst Zuschrift vom 6. April 1892 an den Korn-

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mandanten des Füsilierbataillons Nr. 18, Herrn Major Prince in Yverdon, und verlangten für den fraglichen Landschaden eine Entschädigung von Fr. 500.

In einer am 8. April 1892 an den Gemeindepräsidenten von Yverdon gerichteten Zuschrift forderten die Genannten für denselben Landschadeu jedoch nur noch die reduzierte Summe von Fr. 100.

Diese Entschädigungsforderungen sind dem Kommandanten des 6. Infanterieregiments, Herrn Oberstlieutenant Roulet, zugestellt worden. Außerdem erhielt derselbe vom Gemeindepräsidenten von Essert-sous-Champvent eine weitere Landschadenreklamation im Betrage von Fr. 100.

Da die Herren Römer und Carrard mittelst ihrer nachträglichen Zuschrift vom 8. April an den Gemeindepräsidenten von Yverdon ihre Forderung für Landschadea auf Fr. 100 reduziert hatten, durfte der Regimentskommandant diese Forderung auch als die eigentlich gültige betrachten, wie er umgekehrt die Forderung von Fr. 500 als gültig hätte anerkennen, müssen, wenn dieselbe nach derjenigen von Fr. 100 gestellt worden wäre.

Die beiden Entschädigungsforderungen für den durch das Bataillon Nr. 18 verursachten Landschaden überstiegen somit die Summe von Fr. 200 nicht und es hatte der Kurskommandant deshalb das Recht, diese Reklamationen im Sinne der Bestimmungen des Artikels 295 des Verwaltungsreglements zur Erledigung zu bringen.

Dieser Artikel lautet wie folgt: ,,In Fällen, wo der gesamte bei einer Truppenübung verursachte Schaden den Betrag von Fr. 200 nicht übersteigt, sind die ^Kommandos ermächtigt, ohne Veranstaltung einer Expertise, jedoch unter Zuziehung eines sachverständigen, dem Corps augehörenden Offiziers solche Forderungen auf gütlichem Wege zu bereinigen.a Herr Oberstlieutenant Roulet betraute mit der Erledigung der Reklamationen den Kommandanten des Bataillons Nr. 18, Herrn Major Prince, der sich zu diesem Zwecke, gemäß Vorschrift, einen sachverständigen Offizier des Bataillons, Herrn Hauptmauu d'Yvernois, welcher Landwirt ist, zugesellte.

Als diese beiden Offiziere in der Wohnung des Pächters, Herrn Carrard, eintrafen (18. oder 20. April), war dieser nicht zu Hause. Dagegen war dessen erwachsener Sohn anwesend, mit welchem die beiden Offiziere die Landschadenreklamation behandelten.

Die Parteien verständigten sich auf eine Entschädigung von Fr. 25 für den auf den Äckern in Graveline verursachten Schaden.

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Dieser Betrag wurde dem Sohne Carrara ausbezahlt uud dieser quittierte dafür.

Gleichen Tages wurde auch die andere Landschadenreklamation, welche aus Bssert-sous-Champvent eingelangt war, ohne Schwierigkeit erledigt.

Dem Herrn Römer erschien die Entschädigung von Fr. 25 zu gering. Er gelangte daher mittelst Zuschrift vom 10. Mai 1892 an das Militärdepartement und verlangte eine höhere Entschädigung, die er auf Fr. 200 angesetzt hatte.

Die Herren Römer und Carrard haben somit für d e n s e l b e n Landschaden drei verschiedene Forderungen gestellt: einmal eine solche von Fr. 500, welche sie später auf Fr. 100 reduzierten, um sie schließlich wieder auf Fr. 200 zu erhöhen.

Dieser Umstand scheint uns den Beweis zu liefern, daß es die Herren Römer und Carrard mit derartigen Forderungen nicht gerade genau nehmen.

Das Militärdepartemeut hat seiner Zeit diese nachträgliche Forderung von Fr. 200 abgewiesen.

Gegen diesen Entscheid rekurrierten die Herren Römer und Carrard mittelst Eingabe vom 22. Juli 1892 beim Bundesrate.

In der Begründung dieses Rekurses bringen die Rekurrenten folgende Behauptungen vor: 1. der Landschaden in Graveline betrage mehrere hundert Franken; 2. die Summe von Fr. 25, bei deren Inempfangnahme der junge Carrard ängstlich und erschrocken gewesen sei, erzeige sich als eine den Verhältnissen im höchsten Grade hohnsprechende' (pag. 3, 1. Alinea); 3. es sei bei Behandlung der Landschadenreklamation nicht nach Vorschrift verfahren worden, indem Art. 283 des Verwaltungsreglements (Abschätzung durch besondere Experten) zur Anwendung hätte gelangen sollen.

Wir haben das Militärdepartement über diesen Rekurs zur Vernehmlassung eingeladen; sein daheriger Bericht ging uns am 5. August 1892 zu.

In diesem Berichte ist eine ausführliche Darstellung des Sachverhaltes seitens des Herrn Oberstlieutenant Roulet wiedergegeben.

Dieser Darstellung ist zu entnehmen : 1. Herr Hauptmann d'Yvernois, welcher Herrn Major Prince als sachverständiger Offizier zur Erledigung der Landschaden-

129 reklamation begleitete, hatte, da er Landwirt ist, schon.zu wiederholten Malen in Wiederholungskursen in solchen Angelegenheiten mitzuwirken ; er ist letztes Jahr auch vom Militärdepartement des Kantons Neuenburg als Experte zur Abschätzung des von 'Regiment Nr. 7 verursachten Landschadens berufen worden.

Dieser Offizier hat den Landschaden in Graveline auf Fr. 25 geschätzt und erachtet die in diesem Betrage ausgerichtete Entschädigung als durchaus angemessen. Herr Hauptmann d'Yvernois betont, daß Herr Carrard mit dieser Entschädigung auch zufrieden gewesen wäre, wenn Herr Römer denselben nicht zu neuen Forderungen veranlaßt hätte; 2. die Zeit, in welche der Wiederholungskurs des Infanterieregiments Nr. 6 gefallen ist, war für die Abhaltung von Übungen im Terrain, mit Bezug auf Kulturbeschädigungen, sehr günstig. Es wurde wenig Kulturschaden verursacht.

Außer den vorerwähnten Entschädigungsforderungen ist nach dem Abschluß der Übungen des Regiments Nr. 6 und der zu denselben kommandierten zwei Guidencompagnien nur noch eine Landschadenreklamation (Fr. 71) aus dem Kanton Neuenburg eingegangen; 3. der Pächter, Herr Carrard, hat sich gegenüber Herrn Nationalrat Paillard, Gemeindepräsident und Friedensrichter in Yverdon, unter zwei Malen, am 17. oder 18. Mai und am 20.

oder 21. Mai ausdrücklich dahin geäußert, daß er nicht mehr als die Entschädigung von Fr. 25, die er erhalten habe, reklamiere ; 4. die Herren Major Prince und Hauptmann d'Yvernois stellen in Abrede, den Sohn Carrard durch ihr Benehmen eingeschüchtert zu haben; gewissermaßen als Gegenbeweis führen sie den Unistand an, daß der Sohn Carrard von dem Entschädigungsbetrage eigenmächtig Fr. 5 für sich reserviert habe.

In Betracht, 1. daß die Anwendung des Art. 295 des Verwaltungsreglements für die Abschätzung des Landschadens des Bataillons Nr. 18, der Fr. 200 nicht überstieg, korrekt war und die Behauptung der Rekurrenten, es hätte Art. 283 des genannten Reglements zur Anwendung kommen sollen, unzutreffend ist, somit die Verletzung reglementarischer Vorschriften nicht vorliegt;

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2. daß der Pächter Carravd, mit dem als direkt Geschädigten es der Bund zu thun hatte, zu wiederholten Malen sich dahin ausgesprochen hat, daß er mit der Entschädigung von Fr. 25 zufrieden sei und nichts weiter reklamiere; 3. daß keine Ursache vorhanden ist, Zweifel in die daherigen Mitteilungen des Herrn Oberstlieutenant Roulet zu setzen; die Behauptungen der Rekurrenten betreffend Einschüchterung von Sohn und Vater Carrara (Punkt 4 der Eingabe vom 22. Juli 1892) der Sachlage nach nicht ernst genommen werden können, sondern als bloße Annahme des Herrn Römer aufgefasst werden müssen; 4. daß die bezahlte Entschädigung von Fr. 25 auf der Schätzung eines durchaus sachverständigen Offiziers beruht, der diese Entschädigung als dem Schaden wohl entsprechend bezeichnet, haben wir den Rekurs der Herren Römer und Carrard vom 22. Juli 1892 als unbegründet abgewiesen.

Die Angelegenheit ist nach unserer Ansicht durchaus abgeklärt.

Wir beehren uns daher, Ihnen zu beantragen, Sie wollen den Rekurs als unbegründet abweisen.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 30. Mai 1893.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Bingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Rekurs der Herren Römer und Carrard in Yverdon gegen den Entscheid des Bundesrates vom 15. August 1892 in Sachen ihrer Landschadenreklamationen. (Vom 30. Mai 1893.)

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31.05.1893

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