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Schweizerisches Bundesblatt.

45. Jahrgang. III.

Nr. 25.

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14. Juni 1893.

Bericht der

Kommission des Ständerates Über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts während des Jahres 1892.

(Vom 30. Mai 1893.)

Tit.

Ihre Kommission ist zweimal zusammengetreten, um von den Geschäftsberichten des Bundesrates und des Bundesgerichtes über das Jahr 1892 Kenntnis zu nehmen.

Wir hätten es vorgezogen, wenn die Gegenstände in der gleichen Reihenfolge behandelt worden wären, wie im Budget. Um keine Verwirrung hervorzurufen, werden wir in unserm Berichte die vom Bundesrate diesmal eingeschlagene Reihenfolge beobachten.

Der Geschäftsbericht enthält sehr viele und sehr interessante Aufschlüsse. Es scheint uns jedoch, daß viele dieser Mitteilungen, welche in den Berichten der Abteilungsvorstände an ihre Vorgesetzten wohl am Platze sind, nicht genug allgemeines Interesse bieten, um eine Stelle im bundesrätlichen Geschäftsbericht beanspruchen zu können.

Dieser würde nur gewinnen, wenn er knapper gefaßt würde und in weniger Einzelheiten ganz untergeordneter Natur einträte.

Nach diesen Bemerkungen gehen wir zur Prüfung der einzelnen Departements über.

Bundesblatt. 45. Jahrg. Bd. III.

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Ä, Geschäftsführung des Bundesrates.

Geschäftskreis des Departements des Innern.

I. Centralverwaltung.

3. Bandeskanzlei.

IV. Drucksachen.

Im Jahre 1885 hat die ständerätliche Geschäftsprüfungskommission folgendes Postulat gestellt: ,,Der Bundesrat wird eingeladen, darauf bedacht zu sein, daß seine Berichte und Anträge über wichtige Vorlagen jeweilen drei Wochen vor der Besammlung der Räte den Mitgliedern mitgeteilt werden."

Es ist zu bedauern, daß die immer anwachsende Zahl der Geschäfte die Ausführung dieses Postulates bedeutend erschwert.

Dennoch wollen wir neuerdings daran eriunern, daß das rechtzeitige Erscheinen der Vorlagen im Interesse des Studiums derselben und der Förderung der Geschäfte in den Kommissionen und in den Räten sehr zu wünschen ist. Namentlich wird über das verspätete Erscheinen der französischen Ausgabe der Vorlagen und Botschaften geklagt, welche öfter erst während der Behandlung der betreffenden Geschäfte in den Räten zur Austeilung gelangen.

II. Vollziehung der Bundesverfassung und eidgenössischer Gesetze.

2. Freizügigkeit der Personen, welche wissenschaftliche Berufsnrten ausüben (Art. 33 und Art. 5 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung).

Der Bundesrat hat den Rekurs des Herrn Heinrich Häberlin, von Bißegg (Thurgau), Besitzer eines auf bestandene Prüfung hin erworbenen Advokatenpatentes seines Heimatkantons, gegen einen Beschluß des Kantonsgerichtes von Waadt, durch welchen dieses das Begehren des Rekurrenten um Zulassung zu der dortigen An-

299 waltspraxis abgewiesen hatte, begründet erklärt, und zwar namentlich gestützt auf die klare Vorschrift des Art. 5 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung.

Die Kommission (eilt vollständig die Auffassung des Bundesrates, und da es sich um einen prinzipiellen Entscheid handelt, hat sie beschlossen, hiervon in ihrem schriftlichen Bericht Erwähnung zu thun.

3. Gesundheitswesen.

Wir anerkennen gerne das umsichtige und energische Vorgehen des Bundesrats gegenüber der Gefahr einer von verschiedenen Seiten drohenden Cholerainvasion in der zweiten Hälfte des Berichtsjahres. Wir können uns aber der Befürchtung nicht erwehren, daß das Land nicht genügend mit Sanitätsmaterial ausgerüstet sei.

Was uns in dieser Hinsicht namentlich not thut, ist, abgesehen von der Verbesserung der öffentlichen Gesundheitspflege, die Erstellung eines Netzes von zweckmäßig eingerichteten Absonderungshäusern im ganzen Lande herum, besonders an Hauptpässen, Eingangsstationen und in volksreichen Centren. Die internationale Sanitätskonferenz in Dresden und die auf derselben vereinbarte internationale Konvention, welcher auch die Schweiz und alle sie umgebenden Staaten beigetreten sind, legen auf Desinfektion und Isolierung das Hauptgewicht.

Damit aber hierin überall im Lande und rechtzeitig das Erforderliche auch gethan werde, muß der Bund den Kantonen und Gemeinden, . welche ja nicht nur für sich, sondern für weiteste Kreise sorgen und vorbeugen müssen, auch energische und weitgehende finanzielle Unterstützung angedeihen lassen.

V. Werke der öffentlichen Gemeinnützigkeit und Wohlthätigkeit.

4. Hebung der Kunst.

Die Kunst ist ihrem Wesen nach nicht national, sie gehört di Menschheit an: ,,Die schöpferische Kunst umschließt . . .

,,Des Geistes unermess'nes Keich."

Aber der Staat kann und soll die Kunst in dem Sinne nationalisieren, daß er sie, soviel wie möglich, dem ganzen Volke nahe bringt und durch sie erzieherisch auf dasselbe einzuwirken sucht.

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Dazu genügt es aber nicht, daß der Bund alljährlich für namhafte Summen Kunstwerke erwirbt, um die Kunst zu fördern und zu unterstützen, sondern er muß auch darauf Bedacht nehmen, die Schöpfungen des Kunstgeistes dem Volke in allen Teilen des Landes zugänglich zu machen.

Es muß anerkannt werden, daß der Bund auf dem Gebiete der plastischen Kunst dieser Aufgabe gerecht zu werden sucht, indem er Werke der Bildnerei, namentlich öffentliche Denkmäler, ausgiebig durch Subventionen unterstützt. Der Bericht zählt diesbezüglich, auch für 1892, eine Reihe anerkennenswerter Verwendungen aus dem Kunstkredit auf (zu gunsten eines Denkmals des Erbauers des Gotthardtunnels, Louis Favre, in Chêne-Bourg bei Genf, eines projektierten Denkma.ls für Heinrich Zschokke in Aarau, 2,u gunsten des durch den Bildhauer Richard Kißling auszuführenden Tellmonuments in AHdorf u. s. w.).

Anders verhält es sich mit der Malerei. Gemälde sind allerdings zunächst für den Salon und für die öffentlichen Sammlungen bestimmt, aber allein durch diese Mittel wird die Malerei nicht popularisiert.

Der Bund trägt die Werke der Plastik in die Kantone hinaus durch Subventionierung von Standbildern und trägt Sorge für die Restauration alter Baudenkmäler im ganzen Lande. Warum sollte er nicht auch die Malerei in ähnlicher Weise hinaustragen in die verschiedenen Gaue der Schweiz?

Statt alljährlich bessere und schlechtere, gute und geringe Gemälde anzukaufen, könnte der Bund die Werke zeichnender Künste dem Volke nutzbar und zum Gemeingut aller machen, indem er z. B. öffentliche Gebäude, Türme u. s. w., in den Kantonen ausschmücken ließe. Die äußeren Flächen solcher Bauten blieben, wie z. B. beim Rathaus in Schwyz, der Malerei überlassen, welche den architektonischen Schmuck ersetzen würde.

Der Bund sollte also nicht bloß kaufen, sondern auch Aufträge erteilen und endlich auch Werke großer Künstler mehr berücksichtigen, auch wenn dieselben in den Salons nicht ausstellen.

VI. Polytechnische Schule.

Mit Bezug auf die finanziellen Verhältnisse des Polytechnikums verweist der Bündesrat auf seine Botschaft vom 27. Januar 1893 (Bundesbl. 1893, I, 353).

Nach derselben soll der für einen neuen Zeitabschnitt der polytechnischen Schule auszusetzende regelmäßige jährliche Beitrag der Eidgenossenschaft auf Fr. 800,000 festgesetzt werden.

301 Der schweizerische Schulrat betont in seinem Bericht an den Bundesrat, daß das neu aufzustellende Normalbudget des Polytechnikums sich in dem durch die gegenwärtige Organisation der Schule gegebenen Rahmen bewege, daß aber die Ansätze so bemessen seien, daß sie auf Jahre hinaus der Fortentwicklung der Schule den erforderlichen Spielraum gewähren und nur nach und nach zur vollen Verwendung gelangen werden. Dagegen wird vom Schulrat auf eine etwas ausgiebigere und andauernde Speisung des Schulfonds durch den jeweilen nicht in Anspruch genommenen Teil der Ansätze des Kormalbudgets gerechnet.

Wir überlassen es der für die Frage dieser. Krediterhöhuug bestellten Specialkommission, zu erwägen, ob mit der Aufstellung eines solchen, über die momentanen Bedürfnisse der polytechnischen Schule bedeutend hinausgreifenden Normalbudgets, ohne gleichzeitige Regelung der zur Speisung des Reservefonds (Schulfonds) bestimmten Beträge, die Begehrlichkeiten der einzelnen Fachschulen, Anstalten und Sammlungen nicht sofort wieder ins Steigen geraten werden.

Unserseits wollen wir bloß konstatieren, daß die polytechnische Hochschule sich fortwährend nach verschiedenen Richtungen fortentwickelt, umgestaltet und vertieft. Bis zum Ende des Jahrhunderts werden, im jetzigen Rahmen des Unterrichts, etwa noch sechs neue Professuren notwendig werden. Insbesondere soll die französische Sprache, durch Aufstellung von noch mehreren Doppelprofessuren, gebührende Berücksichtigung finden.

Anderseits haben wir das Gefühl, daß das eidgenössische Polytechnikum in dieser und jener Richtung über den Rahmen einer technischen Hochschule hinausgehe, und daß an demselben Aufgaben und Einrichtungen aneinander gereiht werden, die nur sehr entfernt miteinander verwandt sind. Wenn wir dazu noch erwägen, daß das Verhältnis des Polytechnikums zur zürcherischen Universität einmal gründlich abgeklärt und auseinandergesetzt werden sollte, daß die Frage der Ruhegehalte, der Witwen- und Waisenversorgung der Professoren immer noch der definitiven Lösung harrt, und daß endlich, wie man aus zuverlässiger Quelle in Erfahrung bringt, das neu aufzustellende Normalbudget kaum für den Zeitabschnitt eines üecenniums vollständig ausreichen wird, so finden wir, die Frage, die sich auch schon die erwähnte Specialkommission gestellt haben soll, sei berechtigt,
nämlich: ob nicht der Augenblick gekommen sei, zunächst nun einmal die Organisation der polytechnischen Hochschule und die Revision des Gesetzes von 1854 ernstlich in Erwägung zu ziehen.

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IX. Bauwesen.

Die Abschnitte über das S t r a ß e n - und W a s s e r b a u w e s e n gehören jedesmal zu den schönsten Blättern des bundesrätlichen Geschäftsberichtes. Die Eidgenossenschaft hat auf diesem Gebiete schon Großes geleistet.

Auf Ende 1892 waren in den verschiedenen Kantonen 244 vollendete Korrektions- und Verbauungsobjekte zu unterhalten, während die Zahl der im Bau begriffenen subventionierten Werke 245 beträgt. Von den durch besondere Bundesbeschlüsse subventionierten Korrektionen und Verbauungen sind 7 im Unterhalt und 41 in Ausführung begriffen.

Als das Bundesgesetz betrefi'end die Wasserbaupolizei im Hochgebirge erlassen wurde, bildeten die Wildbachverbauungen nur sporadische Erscheinungen in wenigen Kantonen, und die für die Subventionierung derartiger Werke ausgesetzten Kredite des Bundes wurden während manchen Jahren nur spärlich benutzt. In welchem Maße sich dieses Verhältnis verändert, zeigt die stattliche Reihe der auf allen unsero Flußgebieten ausgeführten oder in Ausführung begriffenen Verbauungswerke. Den Impuls zu diesem Aufschwung des Verbauungswesens in der Schweiz hat in erster Linie ohne Zweifel das eidgenössische Wasserbaupolizeigesetz von 1877 gegeben.

Es entstanden reger Wetteifer unter den Kantonen, in Anlehnung an dieses Gesetz Werke auszufuhren, welche für Erhaltung und Sicherheit von Grund und Boden und daher namentlich auch für die landwirtschaftliche Produktion von größter Bedeutung sind. Von Wichtigkeit ist mit Rücksicht auf die großen Opfer, welche Bund und Kantone sich alljährlich auferlegen, eine fortwährende Kontrolle sowohl über den Unterhalt der subventionierten Schutzbauten, nls auch über den Erfolg der angewandten Systeme. Wir begrüßen daher die im Berichtsjahr in ausgedehnter Weise stattgefundenen Inspektionen und die zur Ermittelung der Veränderungen in den Flußsohlen vorgenommenen Aufnahmen von Querproftlen in den korrigierten Wasserläufen. Wir äußern endlich auch noch den Wunsch, es möchte der Bundesrat die schon einmal bei Anlaß der Beratung über den Geschäftsbericht ventilierte Frage der Anlage von Reservefonds "zur Sicherung des Unterhalts der vom Bunde subventionierten Verbauungsarbeiten nicht aus dem Auge verlieren.

Betreffend die H o c h b a u t e n des Bundes bemerken wir bloß, daß wir keineswegs die Ansicht teilen, es sei einem
republikanischen ·Staatswesen nicht angemessen, schöne, architektonisch vollendete Bauten aufzuführen. Dagegen möchten wir iiuch auf diesem Gebiete vor allem Überschwenglichen und Überladenen, das mit den An-

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schauungen des Volkes und mit der Finanzkraft des Landes nicht im Einklänge steht, ernstlich warnen und einem edeln, einfachen Baustil das Wort reden.

Geschäftskreis des Industrie- und Landwirtschaftsdepartements.

I. Abteilung.

Industrie.

I. Industrie- und Gewerbewesen im allgemeinen.

.Die Aufnahme eines neuen Artikels in die Bundesverfassung, wonach in die Kompetenz des Bundes fällt, ,,die Einführung des Rechts der Gesetzgebung über das Gewerbewesen", wird von der Kommission begrüßt. Der bezügliche Antrag wird durch die- ausführliche Botschaft vom 25. November 1892 näher begründet und erörtert.

Die im bundesrätlichen Berichte erwähnten Eingaben : a. der Abgeordnetenversammlung schweizerischer Uhrenarbeiterverbände; b. des Centralkomitees des Ceutralverbandes der Arbeiter und Arbeiterinnen der Stickereiindustrie von Lachen-Vonwil ; c. des schweizerischen Gewerksehaftsbundes im Namen von 46 Volksversammlungen ; werden inskünftig durch die oben erwähnte Revision der Bundesverfassung und der daraus sich ergebenden Gesetzgebung am besten eine richtige Erledigung finden.

Vom socialen und wirtschaftlichen Standpunkte aus findet die Kommission es für logisch und gerechtfertigt, daß in einem republikanischen Staatswesen die Arbeiterschutzgesetzgebung sich allmählich weiter entwickle und das Gewerbewesen als fortlaufendes Glied sich derselben bald anschließen möge.

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II. Bundesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken.

1. Unterstellung unter das Gesetz.

Die Tendenz des Departements, den Kreis der Betriebe mit Soontogsarboit nicht zu erweitern, wird von der Kommission gutgeheißen.

Durch Bundesratsbeschluß betreffend Nacht- und Sonutagsarbeit in Fabriken vom 14. Januar 1893 werden cirka 15 Etablissements vom Verbot der Nacht- und der Sonntagsarbeit dispensiert.

Wir wünschen, daß auch inskünftig nur die allernotwendigsten Arbeiten bewilligt und die Dispense nicht weiter ausgedehnt werden.

Der schweizerische Arbeiter soll den Sonntag feiern können.

YII. Ausstellungen im Inlande.

Unter diesem Titel wird offiziell angezeigt, daß Genf sich anschicke, für das Jahr 1896 eine große schweizerische Landesausstellung zu veranstalten.

Mit Sympathie begrüßt die Kommission diese große nationale Idee. In Übereinstimmung mit der im Berichtsjahr am 21. Dezember zahlreich besuchten Vorversammlung bewillkommt sie dieses patriotische Bestreben; sie erblickt in einer schweizerischen Landesausstellung, auf der alle Produktionsgebiete vertreten sind, die Lösung einer eines industriellen Landes würdigen und verdienstvollen Aufgabe.

Sie erblickt in einer solchen Ausstellung eine ideale und praktische Anregung, auf dem Gebiete der Industrie, der Gewerbe und der Kunst nicht stille zu stehen, sondern in edelm Wettkampfe stets auf der Höhe der Zeit zu bleiben.

II. Abteilung.

Landwirtschaft.

I. Landwirtschaftliches Unterrichtswesen und Versuchsanstalten.

Alle die verschiedenen unter dieser Aufschrift angeführten Kredite und Subsidien des Bundes stutzen sich auf den Bundesbeschluß betreffend Förderung der Landwirtschaft durch den Bund, vom 27. Juni 1884, haben somit gesetzlichen Grund und Berechtigung.

305 Bei den theoretischen und praktischen Ackerbau- und den landwirtschaftlichen Winterschulen ist aufgefallen, daß die Frequenz dieser Institute eine sehr geringe ist.

Angesichts der Thatsache, daß die Schweiz 289,274 Viehbesitzer zählt, darf gesagt werden, daß von Seiten der landwirtschaftlichen Bevölkerung diese Einrichtungen sich eines bessern Zuspruchs erfreuen sollten.

Gestutzt hierauf wurde die Ansicht geäußert, daß es vielleicht ratsamer wäre und den jungen Landwirten entsprechender und dienlicher, wenn in Zukunft mehr Gewicht auf die diesbezüglichen Wander vorträge und hauptsächlich S p e c i a l k u r s e gelegt würde.

Diese Unterrichte zeichnen sich aus durch ihre kurze Dauer, bessere Zugänglichkeit, sowie durch erleichterten Besuch und eine praktische Durchführung; infolge dieser Umstände mag der angehende Landökonom dieselben vorteilhaft benutzen.

II. Förderung der Tierzucht.

A, Hebung der Pferdezucht.

11. Ankauf und Anerkennung von Zuchthengsten.?

Laut § 6 des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884 soll jährlich in das eidgenössische Budget ein Posten von mindestens Fr. 60,000 zur Hebung und Verbesserung der Pferdezucht aufgenommen werden.

Der Bundesrat stellt die Bedingungen fest, unter denen die Unterstützungen aus obigem Kredite verabfolgt werden.

Behufs Verbreitung der Pferdezucht und auf Begehren verschiedener Kantone um Übernahme von Zuchthengsten sind 10 Stück Halbblüthengste in der Normandie angekauft worden; die Bundesauslagen hierfür erhoben sich auf Fr. 41,377. 76.

Wir beachten diesbezüglich die einfache und dennoch sichere Methode (Belegeregister) betreff Glaubwürdigkeit des Abstammungsnachweises, welche auf dem Gebiete der Zuchtwahl von wesentlicher Bedeutung ist.

5. Beiträge für Fohlenweiden.

Die Natur hat uns nicht mit jenen ausgedehnten Pferdeweiden bedacht, wie sie Ungarn und das Kosakenlaud besitzen ; wir müssen nachholen und selbst zu verbessern suchen, was uns mangelt.

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Wir nehmen daher gerne Notiz von der Thatsache, daß die Schweiz nunmehr in 10 verschiedenen Kantonen itn Besitze von 49 Fohlenweiden ist, auf welchen cirka 1000 Fohlen Nahrung und gesunden Weidgang gefunden haben.

7. Depot dreijähriger Remonten.

Mit Vergnügen konstatiert die Kommission, daß laut Bericht die Qualität der Fohlen im Vergleich zu frühern Jahren sich bedeutend gebessert habe. Dieser Fortschritt unserer einheimischen Pferdeo aufzucht wird wesentlich einem günstigen Weidgange zugeschrieben, wodurch das Tier in allen seinen Körperformen stark entwickelt wird.

Behufs rationellen Veredlungsverfahrens war man der Ansicht, es sollte der Ankauf durch den Bund sich nicht nur auf die Hengste, sondern auch auf die Stuten ausdehnen.

B. Kindviehznoht, 2. Prämiierung von Zuchtstieren und Stierkälbern im Jahr 1892.

Die Kredite für die Rindviehzucht gründen sich auf den § 5 des diesbezüglichen Bundesbeschliisses.

Die Hebung, Pflege und Veredlung der Bind Viehzucht ist für die Landwirtschaft von eminenter Tragweite und Bedeutung in mehr als einer Richtung.

Laut der im Jahre 1886 aufgenommenen Viehzählung im Gebiete der Eidgenossenschaft erhob sich der damalige Bestand auf die enorme Zahl von 1,212,538 Stück Rindvieh (darunter 663,102 Kühe).

Dieser Großviehstand wird noch vermehrt durch 1,153,044 Stück Kleinvieh (Schweine, Ziegen, Schafe). Dieses an die 400 Millionen Franken zählende Kapital darf mit Recht auf besondere Rücksicht einigen Anspruch machen.

Die Kommission, im Gegensatz zürn einschlägigen Bundesbeschlusse, welcher nur einseitig auf das männliche Zuchtmaterial bedacht ist, findet, daß auch von Seiten des Bundes nicht nur Stiere, sondern auch Kühe und Rinder, wie es seit langem in den Kantonen gepflogen wird, successive mit einer Beiprämio bedacht werden sollten.

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Von der Thatsache, daß die Beiprämie um Fr. 2 erhöht worden ist, nimmt die Kommission gerne Notiz ; sie findet den Ansatz auch jetzt noch nicht zu hoch.

G, Kleinviehzucht.

Daß der Bund zum erstenmal das Bestreben an den Tag legt, auch die Kleinviehzucht zu heben (Eber und Ziegenböcke) und derselben, gestützt auf § 12 des Bundesbeschlusses vom Jahre 1884, Beiträge zukommen läßt', kann einen vorteilhaften Erfolg haben. Nur wäre zu wünschen, daß die drei großen südlichen Gebirgskantone sich inskünftig lebhafter bei der Sache beteiligen würden, denn für sie ist die Veredlung der Kleinviehzucht von wesentlicher Bedeutung.

Besonders möchten wir die Verbesserung des Ziegengeschlechtes betonen. Die Schweiz besitzt davon 416,323 Stück. Diese gewaltige Herde teilt sich unter 61,811 Besitzer, von denen 65 °/o nur l bis 2 Ziegen ihr Eigentum nennen.

Dieses nützliche Tier, das mit seiner nahrhaften und gesunden Milch so zahlreichen, unbemittelten Existenzen aushilft, darf von uns nicht vernachlässigt weiden. '

IV. Viehseuchenpolizei.

A. Seuchenverhältnisse und Maßnahmen im Innern.

Die Kommission wünscht rücksichtslosen Vollzug der Bestimmungen des Bundesgesetzes über polizeiliche Maßregeln gegen Viehseuchen vom 8. Februar 1872, sowie derjenigen des Nachtragsgesetzes vom 1. Juli 1886.

Die strenge Handhabung dieser sanitätspolizeilichen Normen durch die Kantone und eine energische Überwachung von seilen des Bundes ist zur Sicherung gegen Einschleppung und Verbreitung von Tierkrankheiten jeder Art eine unabwendbare Notwendigkeit.

In viehseuchenpolizeilicher Hinsicht hat bekanntlich der Grenzkanton St. Gallen als Eingangsthor für den gewaltigen Viehimport aus Österreich-Ungarn und dessen Hinterländern eine hervorragende Bedeutung. Der Gesundheitszustand des schweizerischen Viehstandes ist nicht wenig abhängig von einer strengen Organisation der Viehseuchenpolizei an der dortigen Grenze (Überwachung der Viehin ärkte).

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Mit Befriedigung würdigen wir daher das Vorgehen der Regierung von St. Gallen, durch welches -- auf Ratschlag des Departements -- die Stelle eines Kantonstierarztes geschaffen worden ist. Diese polizeiliche Maßregel an der Ostgrenze ist für das Gesamtinteresse von wesentlichem Belange, denn von einer starken und gewissenhaften Viehseuchenpolizei hängt das Wohl oder Weh von vielen unserer Viehbesitzer ab.

Tl. Landwirtschaftliche Tereine und Genossenschaften.

Eine wesentliche Aufgabe dieser landwirtschaftlichen Vereinigungen bildet die vermehrte Abhaltung von Wandervorträgen und Specialkursen. Eine volkstümliche Instruktionsmethode -- nicht zu gelehrt gehalten -- hat für die angehenden Landwirte weit mehr Anziehungskraft, als eine systematische, ermüdende, Zeit und Geld in Anspruch nehmende Unterrichtsweise.

IIL|Abteilung.

Porstwesen, Jagd und Fischerei.

A. Forstwesen" im eidgenössischen Forstgebiet.

Das Bundesgesetz betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei im Hochgebirge schreibt vor, daß die unter dasselbe fallenden Waldungen vermarcht, vermessen und innert 10 Jahren von allen schädlichen Dienstbarkeiten befreit werden sollen (§ 14). Die Vermessung anbelangend, wofür keine Frist besteht, haben bis dato drei Kantone (Zürich, Freiburg und Waadt) dem Gesetze Nachachtung verschafft.

Betreffs Ablösung der Servituten sind vollständig frei dio Kantone Zürich, Zug, Freiburg, Appenzell A.-Rh. und Waadt.

Einige Kantone befinden sich hierin stark im Rückstand ; einer hat sich überhaupt noch nicht damit befaßt. Da nunmehr die gesetzliche Frist schon längst abgelaufen ist, stellt sich die Kommission auf den Boden des Gesetzes und hofft, daß behufs einer rationellen Waldwirtschaft dieses Postulat baldigst überall zur Durchführung gelange. Wenn auch zugegeben werden muß, daß die Ausführung dieser Maßregel in einigen Gebirgskantonen auf verwickelte Hindernisse stößt, die vom juristischen Standpunkte aus beinahe unlösbar erscheinen, so vermag der gute Wille unendlich viel.

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B. Jagd und Vogelschutz.

A. Jagd.

Jeder Naturfreund hat mit Freude die amtliche Botschaft entgegengenommen, daß unser Hochwild im Gebirge -- dank den gesetzlichen Bestimmungen -- anfängt, sich wiederum zu vermehren.

Gemsen, Rehe und Murmeltiere, diese typischen Zierden unserer Alpen, fangen wieder an, unsere Hochweiden zu beleben.

In einigen Bannbezirken sind Gemsrudel bis zu 60 Stück beobachtet worden, und auch das eigenartige Murmeltier in seinen tiefen Höhlen nistet sich wieder einheimisch zwischen unseren Felsblöcken ein. Leider mußte konstatiert werden, daß am Griselstock-Bisithal auf freventliche Weise 50 Stück ausgegraben wurden.

C. Fischerei.

Das Bundesgesetz über die Fischerei vom 21. Dezember 1888 geht immer mehr seiner Durchführung entgegen, wenn auch mit vielen Hindernissen kämpfend.

Zur Überwachung, wenigstens der wichtigsten Fischereigewässer, wurden von den Kantonen 109 Fischereiaufseher angestellt mit einer Entschädigung von Fr. 41,348. 80. Behufs Instruktion derselben fand in Zug ein Kurs statt, der von 22 Teilnehmern besucht und dessen Ergebnis ein sehr befriedigendes war.

Die Zahl der im Betrieb gestandenen Fischbrutanstalten erhob sich auf 94. Von inländischen Fischarten wurden 15,342,700 Stück, von ausländischen 58,500 Fischchen ausgesetzt.

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Geschäftskreis des Finanz- und Zolldepartements.

A. Finanzverwaltung.

1. Finanzbnreau.

Gesetzgebung und Postulate.

Einheitliches Wappenschild der schweizerischen Münzen.

Der Bundesrat wirft die Frage auf, ob es angesichts des jetzigen Standes dieser Angelegenheit nicht angemessen sei, dieselhe von neuem anzupacken und dabei zu erwägen, ob nicht, in Abweichung von dem engen Wortlaute des ursprünglichen Postulates, ein neues Münzbild überhaupt (Avers und Revers) anzustreben und ob nicht zu einer neuen Konkurrenzausschreibung zu schreiten sei? Nachdem wir von dem bisherigen Gange der Sache und dem vorhandenen Material Kenntnis genommen haben, halten wir ein solches Vorgehen für zutreffend und glauben, daß die bisherigen Beschlüsse der Bundesversammlung demselben nicht entgegenstehen.

V e r z e i c h n i s .der B e a m t e n u n d A n g e s t e l l t e n .

Dieses Verzeichnis soll nunmehr den Mitgliedern der Räte mit dem Budget pro 1894 gedruckt zugestellt werden. Da jedoch aus den etwas summarischen Angaben des handschriftlichen Verzeichnisses, welches der Budgetkommission bereits vorlag, zum Teil unrichtige Schlüsse gezogen wurden, sollen dem neuen Verzeichnis einläßlichere Notizen beigefügt werden.

Allgemeine Finanzlage.

Der Bericht über die Finanzlage des Bundes und über allfällige Maßnahmen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts ist noch nicht so weit vorgeschritten, daß er den Räten schon in der Junisession vorgelegt werden könnte. Von den übrigen Departementen sind Mitteilungen verlangt worden, welche bei der Abfassung verwertet werden müssen. Doch sind bedeutende Vorarbeiten gemacht, aus welchen sich entnehmen läßt, daß der Bericht eine klare und umfassende Orientierung über die finanziellen Verhältnisse und Hülfsmittel des Bundes bieten wird.

311 Taggelder und Reise en t s c h ä d i g u n g e n eidgenössischer Kommissionen.

Mit der auf Seite 227 mitgeteilten Lösung der aufgeworfenen Frage erklären wir uns einverstanden.

Eisenbahnrente-Anleihen.

Da die Abschreibung des auf dem verkauften Posten Eisenbahnrente gemachten Netto-Gewinns von Fr. 195,750 an dem Posten ,,Emissionsverlust an dem Rentenanleihen"1 sachlich gerechtfertigt ist, so haben wir dazu nichts zu bemerken.

Verifikation der Wertschriften.

Dieselbe hat im Berichtsjahre in doppelter Weise, einmal durch besondere. Experten und sodann bei der Übernahme der Wertschriften durch die auf 1. September in Funktion getretene Wertschriftenverwaltung stattgefunden und zu keinen Bemerkungen Anlaß gegeben. Es wurde vollständige Übereinstimmung der Anlagen mit den gesetzlichen Vorschriften und des Bestandes mit den Büchern konstatiert.

Miinzunion und italienisches Silbergeld.

Über die internationale Münzkonferenz, welche im November in Brüssel stattfand, wird ein besonderer Bericht vom Bundesrate vorgelegt werden. Dieselbe hat nicht zu einem praktischen Resultate geführt.

Im Juli 1892 hat das Departement durch das lospektorat der Emissionsbanken eine Enquête über das Ursprungsland der iu der Schweiz umlaufenden Silber-Courant- und Scheidemünzen angeordnet.

Das Ergebnis derselben bestätigte, wenn auch nicht vollständig, so doch nahezu, die über die schweizerischen Münzverhältnisse gehegten Befürchtungen. Der Bundesrat hat nun eine Reihe von Maßnahmen ergriffen oder vorbereitet, welche geeignet erscheinen, dem bestehenden Übelstande des Vorhandenseins von zu vielem italienischem Silbergeld entgegenzutreten, soweit es ohne Änderung der internationalen Vereinbarungen geschehen kann. Wir halten angesichts der bezüglichen Mitteilungen, welche uns vom Leiter des Finanzdepartements gemacht worden sind, dafür, es sei der Erfolg jener Schritte abzuwarten und zur Zeit von weitern Anregungen abzusehen.

2. Finanzkontrolle.

Die bei der Behandlung des Geschäftsberichts pro 1891 von der nationalrätlichen Kommission als wünsch bar bezeichnete grundsätzliche Reform der Finanzkontrolle ist noch nicht in Behandlung

312 gezogen worden. Dagegen wurde die Finanzkontrolle in verschiedenen einzelnen Punkten durch Beschlüsse des Bundesrates verschärft und erweitert. So werden bei Überschreitungen der Budgetansätze keine Zahlungsmandate mehr visiert, wenn nicht eine Bewilligung des Bundesrates vorliegt. Die Methode der Kontrollierung der ßudgetkredite wurde im Sinne einer erheblichen Verschärfung und einer größern Ausdehnung auf die Unterrubriken einer Revision unterworfen. Die Militärkasse und die Alkohol ver waltung wurden angewiesen, ihre Einnahmen täglich der Finanzkontrolle zu avisieren.

Zahlungen der Konstruktionswerkstätte, Munitionsfabrik und Waffenfabrik, welche Fr. 5000 übersteigen, erfolgen (mit Ausnahme der Arbeiterlöhnungen) direkt durch die eidgenössische Staatskasse. Die Verifikation der eingelösten Obligationen und Coupons der eidgenössischen Anleihen wird doppelt durch die Staatskasse und die Finanzkontrolle, nicht mehr bloß durch die letztere allein, vorgenommen. Das Departement behält weitere Änderungen der Finanzkontrolle auf den Zeitpunkt vor, in welchem sich die Wirkungen der bereits getroffenen geäußert haben werden, und der neue Chef der Finanzkontrolle im Falle sein werde, Vorschläge zu machen.

Wertschriftenbestand.

Die große Verminderung des Wertschriftenbeslandes im abgelaufenen Jahre (Fr. 12,238,632) erklärt sich leicht, wenn man das Deficit der Staatsrechnung (Fr. 10,285,806. 61) und die Zunahme der unverzinslichen Bestände (über 4 Millionen Franken, Seite 51 der Staatsrechnung) in Betracht zieht, wofür die Gelder beschafft werden mußten.

3. Banknotenkontrolle.

Der Leiter des Departements beschäftigt sich angelegentlich mit. der Vorbereitung des zur Ausführung des neuen Bundesverfassungsartikels notwendigen Gesetzes und war in der Lage, viele Gutachten und gesammeltes Material vorzuweisen.- Leider haben ihm die durch die Zollverhältnisse geschaffenen vielen Arbeiten die Zeit nicht gelassen, um sieh nachhaltig mit den schwierigen und großen Fragen zu befassen, welche zu lösen sind.

Der Bericht des Inspektorats der Emissionsbanken ist eine außerordentlich fleißige und reichhaltige Arbeit. Es werden darin auch die Ergebnisse des verflossenen Jahres mit denjenigen der frühern Jahre seit dem Bestände des Inspektorats (1883) in Vergleichung gebracht. So nützlich eine solche Arbeit auch sein mag, so können wir doch die Bemerkung nicht unterdrücken, daß die-

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selbe den Geschäftsbericht in außergewöhnlicher Weise belastet, daß sie deshalb wohl besser in Zukunft zum Gegenstand einer besonderen Publikation gemacht würde.

Die auf Seite 291 mitgeteilten grundsätzlichen Entscheidungen halten wir filr richtig.

4. Staatskasse.

Dieselbe weist eine Zunahme des Umsatzes um nicht weniger als 56 Millionen Franken auf, was die Anstellung eines neuen Gehülfen gerechtfertigt erscheinen läßt.

B. Zollverwaltung.

Allgemeines.

Mit Rücksicht auf die im Gange befindliche Revision des Zollgesetzes unterlassen wir es, hier allgemeine Bemerkungen anzubringen.

Nur der außerordentlich schwierigen und arbeitsvollen Situation sei erwähnt, welche der Zollverwaltung im abgelaufenen Jahre durch die in Wirksamkeit getretenen Tarifänderungen und Neuerungen erwachsen ist. Es ist selbstverständlich, daß die große Vermehrung der Arbeit auch eine Vermehrung des Personals nach sich ziehen mußte.

Die Zunahme der Zolleinnahmen im Jahr 1892 um Fr.4,489,409.76 gegenüber 1891 verdient ebenfalls hervorgehoben zu werden. Sie ist wohl in erster Linie den höhern Ansätzen des schweizerischen Zolltarifs zuzuschreiben.

I. Gesetze, Reglements, Verträge, Postulate.

A. Zollwesen.

AnweTid.ung des n e u e n Z o l l t a r i f s .

Wir können es nur billigen, daß die Zollverwaltung auf Kleinigkeiten, welche im Grenzverkehr eingebracht werden, die neuen Bestimmungen über die Gewichtsaufrundung von Bruchteilen eines Kilogramms nicht rigoros zur Anwendung bringt. Ein gegenteiliges Verfahren würde für die Grenzanwohner zu Unerträglichkeiten fuhren.

Ebenso stimmen wir der Entscheidung des Bundesrates bei, wodurch er die Zollbefreiung von Postsendungen, welche 500 Gramm nicht übersteigen, aufrecht erhalten hat.

Bnndesblatt. 45. Jahrg. Bd. III.

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IX. Stradile.

Die Art und Weise der Erledigung verschiedener Straffälle der Zollverwaltung durch das genferische Polizeigericht hat zu begründeten Bemerkungen im Geschäftsbericht Veranlassung gegeben. Es ist zu hoffen, daß die erwähnte Gerichtsstelle sich in Zukunft der Konsequenzen eines laxen Verfahrens bewußt werde.

XL Handelsstatistik.

Es wäre von großem Werte, wenn die schweizerische Handelsstatistik nunmehr in der Weise durchgeführt werden könnte, daß das ursprüngliche Erzeugungsland der eingeführten und das endgültige Verbrauchsland der ausgeführten Waren ermittelt würde.

Wir haben bisher ein solches Vorgehen angesichts der Verschiedenheit der statistischen Aufnahmen der Ein- und Ausfuhr in den in Betracht fallenden Ländern nicht für möglich gehalten und nehmen deshalb gerne Akt von den Mitteilungen im Geschäftsbericht, wonach eine solche Statistik seit 1. Februar 1892 im Gange ist.

Geschäftskreis des Justiz- und Polizeidepartements.

A. Justizverwaltung.

I. Organisatorisches.

Das Departement betont, daß die ihm gesetzlich zugeschiedenen Arbeitskräfte seit Jahren nicht mehr ausgereicht haben und daß es sich, um die Geschäfte zu bewältigen, gezwungen gesehen, von sich aus Abhülfe zu schaffen.

Dieses durch die außerordentliche Mehrung der Arbeit geforderte Vorgehen ist sicherlich auch ein Grund, die baldige Reform der Bundesverwaltung, beziehungsweise eine Neuorganisation des Justiz- und Polizeidepartements, als dringend wünschbar verzeigen zu dürfen.

II. Gesetzgebung.

1. Vorab war es das Gesetz über die O r g a n i s a t i o n der B u n d e s r e c h t s p f l e g e , welches die Thätigkeit des Departements in Anspruch nahm.

315 Dieses Gesetz ist nun in der Märzsitzung laufenden Jahres von den Räten angenommen worden, und wir wollen hoffen, daß damit ein wirklicher Fortschritt erzielt werde und gewisse, in der Presse laut gewordene Bemängelungen desselben sich nicht bewahrheiten.

2. Das Gesetz über die P a t e n t t a x e n der H a n d e l s r e i s e n d e n ist am 24. Juni 1892 beschlosse'n worden und Anfang des Jahres 1893 in Kraft getreten.

Die Überwachung des Gesetzesvollzuges und die Besorgung der bezüglichen Geschäfte ist der Handelsabteilung des Departements des Auswärtigen zugeschieden, während die Beschwerden über das Hausierwesen, nach wie vor, vom Justiz- und Polizeidepartement zu begutachten sind.

3. Sämtliche Kantonsregierungen haben auf 1. Juni 1892 ihre Vollziehungsverordnungen zum Bundesgesetz über die ci vi l rechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und A u f e n t h a l t e r eingesandt, und der Bundesrat bezeichnete, in thunlichster Berücksichtigung waltender Verhältnisse, den 1. Juli 1893 als Übergaagstermin der Vormundschaftsverwaltung vom H e i m a t kanton auf den Wohnsitzkanton.

4. Die schon wiederholt angeregte Revision des Bundesgesetees über C i v i l s t a n d und Ehe gestaltet sieh nicht so glatt, wie viele vermeinen.

Eingeholte Gutachten bei den Herren Professoren König und Mentha lehnen wesentliche Änderungen der Grundlagen des Gesetzes rundweg ab.

Immerhin wird vom Ressortdepartement eingeräumt, daß manche redaktionelle Verbesserungen geboten sind und daß auch die Artikel 43 und 56 desselben m a t e r i e l l anders gefaßt werden sollten.

Da noch dieses Jahr den Räten eine bezügliche Vorlage eingereicht werden soll, enthalten wir uns weiterer Erörterungen.

5. Das Bundesgesetz betreffend die A u s l i e f e r u n g gegenü b e r dem A u s l a n d e ist am 19. Mai 1892 als sofort vollziehbar erklärt worden.

Dadurch wurde der Prüfung unserer Reciprooitätsverhältnisse mit den auswärtigen Staaten gerufen.

Beidseitige Gegenrechtszusicherungen sind bis Ende 1892 eingegangen : von der Argentinisehen Republik, ,, Brasilien, vom Deutschen Reiche,

316

von der Französischen Republik, ,, Italien, vom Fürstentum Liechtenstein, von Mexiko, ,, Rumänien und ,, Schweden, und verteilen sich auf verschiedentliche, auf den Seiten 416 und 417 des bundesrätlichen Geschäftsberichts namhaft gemachte Delikte.

7. Studien und Vorarbeiten für Vereinheitlichung u n s e r e s R'echtes sind nicht außer acht gelassen worden und diesfällige Abkommnisse zur Abgabe von Vorlagen und so weiter erreicht worden mit Herrn Professor Dr. Huber bezüglich der Civilrechtsgesetzgebung und mit Herrn Professor Stooß bezüglich der Strafrechtsgesetzgebung. " Ganz zuversichtlich bemerkt der bundesrätliche Bericht, man hoffe damit das Interesse an der Unifikation unseres Rechtes in das ganze Volk zu tragen und die öffentliche Meinung in dem Maße zu gewinnen, daß es nur noch als F o r m s a c h e erscheine, einen Artikel in die Bundesverfassung aufzunehmen, der dem Bund die Kompetenz zur Gesetzgebung im Gebiete des Strafrechts und des Civllrechts überantworte.

III. Schuldbetreibung und Konkurs.

Laut Art. 15-und 19 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs ist der Bundesrat die Oberaufsichtsbehörde und die oberste Rekursinstanz.

Das Gesetz ist seit Anfang des Jahres 1892 in Anwendung gekommen.

Gleich im ersten Jahr seines Bestandes sind dem Bundesrat 187 Beschwerden unterbreitet worden.

Die wichtigern Entscheide finden sich in dem vom eidgenössischen Betreibungsrat herausgegebenen ,,Archiv für Schuldbetreibung und Konkurs"'.

Diese wertvolle Zeitschrift bringt ferner alle amtlichen Erlasse und die Beschlüsse des Betreibungsrates, sowie interessante Entscheidungen kantonaler Instanzen.

Auch 610 Anfragen juristischen Inhaltes sind vom eidgenössischen Amt, unter Gutheißung des Betreibungsrates, beantwortet worden.

317

IV. Schweizerisches Bundesrecht.

Das von Herrn Professor v. Salis redigierte Werk : ,,Schweizerisches Bundesrecht"- wird dieses Jahr dem Schlüsse entgegengeführt.

r V. Gewährleistung von Kantonsverfassungen.

Die Bundesgarantie erhielten die Partialrevisionen der Kantone B a s e l s t a d t , A p p e n z e l l A.-Rh., U r i u n d G l a r u s u n d d i e Totalrevision des Kantons B a s e l l a n d .

Daneben wurden gewährleistet: ein Verfassungsgesetz von T e s s i n, zwei Verfassungsgesetze von G e n f und zwei solche von Sch ä f f h a u s en.

VI. Konkordate.

Bern, Freiburg, Waadt, Wallis, Neuenburg und Genf haben eine V o l l z i e h u n g s v e r o r d n u n g ü b e r d i e S t e l l e n v e r m i t t l u n g f ü r D i e n s t b o t e n i m I n l a n d e vereinbart.

Von Freiburg, Waadt und Neuenburg ist ein interkantonales R e g l e m e n t ü b e r d i e D a m p f s c h i f f a h r t a u f d e m Neuenburger- und Murtensee, sowie dem Kanal der untern B r o y e, übermittelt worden.

Beide wurden genehmigt.

Von einer Prüfung, ob die im letztern Reglement enthaltenen Vorschriften, die Ausführung des Dienstes und die Sicherung des Betriebes betreffend, genügend oder Ergänzungen ratsam seien, mußte der Bundesrat, weil nicht dazu ermächtigt, Umgang nehmen.

Sollte diese Befugnis zur Nachprüfung derartiger Bestimmungen in kantonalen, interkantonalen oder internationalen Regulativen nicht aus dem im März 1893 erlassenen Gesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege abgeleitet werden können, so ersuchen wir, den Räten demnächst eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten, welche den Bund befähigt, in dieser Richtung sich einzumischen.

VII. Verhältnis zu auswärtigen Staaten, a. Verträge und Konventionen.

Schwebend sind die Verhandlungen wegen eines neuen A u s l i e f e r u n g s v e r t r a g e s m i t Ö s t e r r e i c h - U n g a r n u n d eines

318 Freundschafts-, Niederlassungs-, Handels- und Kons u l a r v e r t r a g e s mit C o l u m b i a.

Den Transport der von Deutschland nach Italien und umgekehrt auszuliefernden Individuen anbelangend, wurde begehrt, daß jeweilen die Bewilligung für Durchführung unter Vorweis des Haftbefehles oder einer gleichwertigen Urkunde nachgesucht werde.

b. Specielle Fälle internationaler Natur.

Diese bieten keinen Stoff zu Bemerkungen. Einschalten möchten wir hier und den Bundesrat bitten, dahin zu trachten, daß die Kantone verpflichtet werden, sich gegenseitig R e c h t s h ü l f e zu leisten, d. h.

Requisitorialien und Rogatorien administrativer und gerichtlicher Behörden, von Kanton zu Kanton, ohne weiteres und in a l l e n F ä l l e n , in Erledigung zu bringen.

Kann ein ähnliches Abkommen auch mit ausländischen Staaten erreicht werden, so wolle man die zutreffenden Schritte nicht verzögern.

YIII. Civilstand und Ehe.

Befremdend ist uns, daß die Berichte der kantonalen Aufsichtsbehörden über die Inspektion der Civilstandsämter im Jahre 1891 nur kurz gestreift, deren Ergebnisse aber völlig totgeschwiegen sind.

Wir erwarten, daß der Bundesrat fürderhin nicht ermangeln werde, die ihm gewordenen Erhebungen in seinem Geschäftsbericht einläßlich wiederzugeben.

Erwägen wolle der Bundesrat ferner, ob nicht die Gründe für den Pflichtigen Ausstand der Civilstandsbeamten auszudehnen seien, -- soll es doch vorgekommen sein, daß Trauungen und Eintragungen betreffend eigene nächste Familienangehörige vorgenommen werden.

Daß es ungemein schwer hält, neue Vornamen einzuschieben oder Geschlechtsnamen willkürlich umzutauschen, haben Bürger des Kantons Luzern erfahren.

Die daherigen Verfügungen des Bundesrates erscheinen uns «Durchaus korrekt. Die Einladung an Frankreich, seine in der Schweiz residierenden Vertreter resp. Konsuln vor Trauungen hier wohnender französischer Brautpaare zu warnen, war, im Hinblick auf die den Interessierten drohenden nachteiligen Folgen, nicht nur wohl berechtigt, sondern geradezu geboten.

IX. Handelsregister.

Keine Bemerkungen.

319

X. Staatsrechtliche Rekurspraxis.

Einzelne Rekursfalle.

D i e Rekurse b e t r e f f e n d d a s W i r t s c h a f t s w e s e n steigern sich von Jahr zu Jahr.

So sehr wir geneigt sind, Willkürakte kantonaler Behörden zu entkräften, so möchten wir anderseits nicht Hand bieten, begründete Verweigerungen von Wirtschaftspatenten anzufechten.

Wir bitten den Bundesrat, sich, wie bisher, seinen Entscheidungen vorgängig, über den wirklichen Sachverhalt und die Richtigkeit eingelangter Beschwerden jeweilen auf das genaueste zu erkundigen und nur, wo offenbare Verletzungen der Bundesverfassung oder kantonaler gesetzlicher Vorschriften über den Wirtschaftsbetrieb nachweisbar sind, Reklamationen zu willfahren, sonst aber die Kantone sich frei bewegen zu lassen.

Übel hat einem Liqueurfabrikanten mitgespielt, daß er sein Präparat als Heilmittel ausgeschrieben hatte. Gestützt auf diese Selbstdeklaration ist ihm das Recht des Allgemein Verkaufes untersagt worden, und dürfen nur Apotheker den Verschleiß dieser Tropfen besorgen.

B. Polizeiverwaltung.

I. Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten.

Der des Überfalles, Verwundung und Beraubung eines Nikiaus Ott von Lammerkirch (Großherzogtum Baden) mit nachfolgendem Tode des Verletzten geständige F r i e d r i c h T h i e r s t e i n von Bowyl (Bern) ist von den badischen Gerichten den hiesigen zur Beurteilung überwiesen worden. Baselstadt, als zeitweiser Aufenthaltsort, und Bern, als Heimatsort des Verbrechers, stritten sich .darüber, wem die Strafverfolgung obliege. Der Bundesrat entschied zu gunsten von Baselstadt; Bern, welchem noch die Anrufung des Bundesgerichts offen gestanden hätte, übernahm hierauf die Beurteilung und es hat Thierstein unlängst seine wohlverdiente Strafe erhalten.

II. Bnndesstrafrecht.

Die Bundesanwaltschaft hatte 52 Fälle von G e f ä h r d u n g des E i s e n b a h n b e t r i e b e s und 2 Fälle von G e f ä h r d u n g des P o s t b e t r i e b e s zu behandeln.

320

Davon wurden 47 Fälle an die kantonalen Gerichte zur Beurteilung geleitet, und sind 30 Fälle erledigt, 17 dagegen als am Ende des Berichtsjahres noch hängend verzeigt.

Über Erledigung dieser Fälle verlieren wir kein Wort, denn wollte man gewisse Erscheinungen bei Durchführung der Untersuchungen, bei Ânhandnahme und Abwicklung der Prozesse durch den Strafrichter näher beleuchten, so könnten herbe Bemerkungen kaum erspart werden.

Um nicht mißverstanden zu werden, erklären wir ausdrücklich, daß dieser Tadel nicht die Bundesbehörden, sondern kantonale Instanzen treffen müßte.

111. Politische Polizei.

Diesem Zweig der Strafjustizverwaltung wird noch immer gebührende Aufmerksamkeit zugewendet, allerdings nicht in dem Sinne, daß geringere Ausschreitungen gewisser Elemente sofort geahndet, sondern nur dann verfolgend und strafend eingegriffen wird, wenn ernstliche Verwicklungen entstanden, beziehungsweise zu befürchten sind oder völkerrechtswidrige Handlungen in Frage kommen.

Daß die öffentliche Meinung eine maßvolle Handhabung der politischen und Fremdenpolizei unterstützt, bedarf keines weitern Nachweises.

V. Heimatrecht.

Notwendig werdende Untersuchungen über das Heimatrecht sind in 26 Fällen und über 63 Personen geführt worden. Dem Heimatlosenwesen widmet das Departement volle Sorgfalt, und es ist ihm gelungen, einer größern Anzahl von Personen ein schweizerisches Kantons- und Gemeindebürgerrecht zu erwerben.

Weitere Pendenzen sollen demnächst geordnet und zum Abschluß gebracht werden können.

Umgekehrt ist darauf zu verweisen, daß Jahr für Jahr neue Fälle von Heimatlosigkeit auftauchen, weshalb wir den Bundesrat dringend ersuchen, Mittel und Wege zu erforschen, wie diesem leidigen Übelstand begegnet und gesteuert werden kann.

l 321

Geschäftskreis des Post- und Eisenbahndepartements.

1. Eisenbahnwesen.

A. Allgemeines.

1. Organisation und Personal.

Die gegen Jahresschluß vakant gewordene Stelle des administrativen Inspektors wurde einstweilen nicht wieder besetzt. Die Gründe, welche hierfür maßgebend waren, sind verschiedener Natur. Einerseits ist es schwierig, für diesen Posten eine Persönlichkeit zu gewinnen, welche die nötigen Kenntnisse und auch die ebenso wünschenswerte praktische Erfahrung besitzt, indem solche Leute wenig Lust zeigen, ihre angenehmem und meist auch noch besser bezahlten Stellen gegen die etwas heikle eines administrativen Inspektors zu vertauschen. Anderseits ist, wie auch der Bericht andeutet, die Frage einer Änderung in der Organisation des Eisenbahndepartements pendent, und empfiehlt es sich schon aus diesem Grunde, mit der Besetzung vakanter Stellen zuzuwarten. Wir erlauben u n s , hier den Wunsch auszusprecheu, es möchte diese Reorganisation beförderlichst und in einer Weise durchgeführt werden, die geeignet ist, dieser Behörde jene Bedeutung zu verschaffen, welche für die künftige gedeihliche Entwicklung unseres Eisenbahnwesens nötig ist.

2. Gesetze, Verordnungen und Postulate.

Das im Berichtsjahr perfekt gewordene Übereinkommen für den internationalen Frachtverkehr ist auf 1. Januar 1893 in Kraft getreten. Um die Gesetzgebung über den internen Verkehr dem genannten Übereinkommen möglichst anzupassen, wurde vom Bundesrat mit Botschaft vom 25. Oktober 1892 der Entwurf eines Bundesgesetzes über den Transport auf Eisenbahnen und Dampfschiffen vorgelegt. Derselbe wurde seither von beiden Räten mit wenigen Änderungen angenommen und tritt, insofern die Referendumsfrist unbenutzt abläuft, auf 1. J a n u a r 1894 in Kraft.

psp-

322

B. Specielle Mitteilungen betreffend Bau und Betrieb der Eisenbahnen.

1. Rechtliche Grundlagen der Eisenbahnunternehmungen.

Von den aus dem Vorjahr überschriebenen und im Berichtsjahr neu hinzugekommenen Konzessionsgesuchen wurden 16 durch Erteilung der Konzession erledigt; 5 wegen unbenutztem Ablauf der Frist abgeschrieben; 2 zurückgezogen und 30 als unerledigt auf 1893 übergetragen. 3 wegen Fristablaut' dahingefallene Konzessionen wurden unter den früheren Bedingungen erneuert und in 5 Fällen Konzessionsänderungen bewilligt. Infolge unbenutzten Ablaufes der für Einreichung der Vorlagen und Statuten angesetzten Fristen oder infolge Verzichtes sind 7 Konzessionen erloschen. Fristverlängerungsgesuche wurden 24 eingereicht und in 19 Fällen denselben entsprochen.

5. Bahnbau und Unterhalt.

I, Linien im Bau.

Infolge von Vorwürfen, die in der Presse und letzthin auch in einer öffentlichen Versammlung dem Eisenbahndeparlement gemacht wurden, betreffend ungebührliche Verschleppung bei ihm anhängiger Entscheide über Baupläne etc., hat sich dasselbe veranlaßt gesehen, eine auf die Akten basierte Darstellung dieser Vorgänge ausarbeiten zu lassen. Es wird hierüber ein besonderer Bericht erstattet werden.

u. Linien im Betrieb.

Zustand der Bahnen.

Die im vorjährigen Geschäftsbericht angekündigte neue Expertise ilber die mutmaßlichen Ursachen der Katastrophe von'Mönchenstein hat im Berichtsjahre stattgefunden. . Die Experten sprachen sich dahin aus, der Einsturz der Brücke hange weder mit dem Projekt noch mit dessen Ausführung zusammen, müsse vielmehr unentcleckt gebliebenen lokalen Beschädigungen zugeschrieben werden. Es steht uns nicht zu, diesen Bericht einer Kritik zu unterziehen, hingegen benutzen wir den Anlaß, unsere Befriedigung auszusprechen über die Maßnahmen, welche seither getroffen worden sind, um ähnliche Unfälle auf unsern schweizerischen Bahnen in Zukunft zu verhüten.

Der Bericht spricht sich ausführlich über die umfassenden Vorschriften aus, welche erlassen wurden über die Pläne, den Bau, Unterhalt und die fortwährende Überwachung des Zustandes der Eisenbahnbrücken.

323 Mechanische Einrichtungen und Signale.

Die Vervollständigung der Weichen- und Deckungssignale hat im Berichtsjahr erfreuliche Fortschritte gemacht, so daß angenommen werden darf, diese für die Sicherheit des Betriebes so wichtigen Einrichtungen werden in kurzer Zeit überall eingeführt sein.

B. Eollmaterial.

Betreffend die Ausrüstung des Rollmaterials mit kontinuierlichen Bremsen ist den Eisenbahngesellscbaften als äußerster Termin der 1. Juni 1894 bezeichnet worden. Der weitem Bestimmung, daß für die Schnellzüge schon auf \. Juni 1892 die automatische kontinuierliche Luftdruckbremse eingeführt sein müsse, wurde von allen Verwaltungen nachgekommen.

Der Gesamtpark der schweizerischen Gesellschaften pro Ende 1892 bestand aus: 873 Lokomotiven, 5,937 Personenwagenachsen, 965 Gepäekwagenachsen, 21,103 Güterwagenachsen.

6. Bahnbetrieb, b. Transportwesen.

Im Jahr 1892 traten einheitliche reglementarisehe Vorschriften eines größeren Verbandes über den Personen- und Gepäckverkehr in Kraft. Es ist zu hoffen, daß dieses den Anstoß geben werde zu einer internationalen Regelung der Frage durch ein Übereinkommen, analog dem jüngst in Kraft getretenen über den Frachtverkehr.

In Chiasso erhebt die italienische Mittelmeerbahn von Gütern, die infolge der Bestimmungen des schweizerischen Gesetzes an Sonntagen nicht weiter spediert werden können, für diesen Tag eine Lagergebühr, worüber der Handelsstand in Chiasso sich mit Recht beklagt. Nach Art. 8 des bezüglichen Staatsvertrages mit Italien steht jeder Regierung die volle Landeshoheit für die auf ihrem Gebiete befindlichen Bahnstrecken zu, und infolgedessen hat der Bundesrat am 22. November die italienischen Bahnen angewiesen, die Sonntage in die dem Publikum zur Verfügung gestellte lagerzinsfreie Zeit n i c h t einzurechnen- Trotzdem behielt die Mittelmeerbahn die frühere Rechnungsweise bei, und es werden nun Schritte, gegen dieselbe direkt beim italienischen Ministerium eingeleitet.

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324

Bei Anführung der infolge des Auftretens der Cholera in den Nachbarländern getroffenen Maßregeln erwähnt der Bericht, daß sämtliche Verwaltungen den Anordnungen sofort nachgekommen seien, mit Ausnahme der Jura-Simplou-Bahn, worüber derselben das ,,ernste Bedauern" der Behörde ausgesprochen worden sei.

Es betraf das die Vorschriften über die Aborte in den Wagen und die Sistierung des Verkehrs der direkten Wagen aus Frankreich.

In letzterer Beziehung handelte es sich nicht etwa um Nachlässigkeil oder besondere Umstände, sondern es war ein bewußtes, direktes Zuwiderhandeln gegen die Befehle der Behörden. Angesichts dieser Thatsache und der Gefahr, welcher das ganze Land durch diese Renitenz der Gesellschaft ausgesetzt war, will es uns scheinen, es wäre eine schärfere Ahndung dieses Vergehens am Platz gewesen.

e.^Unfalle und Betriebsgefährdungen.

K^Im Berichtsjahr sind 2 Unglücksfälle von größerer Bedeutung vorgekommen, der Untergang des Dampfers ,,Delphin" auf dem Greifensee und die Explosion auf dem Dampfboot ,,Mont-Blanc" während dessen Aufenthaltes in Ouchy. Wir enthalten uns weiterer Bemerkungen bezüglich letzterer Katastrophe, welche bekanntlich im In- und Auslaude eine traurige Berühmtheit erlangt hat, und beschränken uns darauf, auch hier wieder die Maßregeln zu begrüßen, welche getroffen worden sind, um solche Vorkommnisse in Zukunft zu verhüten.

Bei der im Bericht enthaltenen Tabelle über die Unfälle im Eisenbahnbetrieb ist der Kommission aufgefallen, wie unverhältnismäßig viel Tötungen bei der Jura-Simplon-Bahn verzeichnet sind, obschon die bei den Katastrophen von Mönchenstein und Zollikofen vorgekommenen -- weil außergewöhnlich -- nicht mitgezählt wurden.

Eingezogenen Erkundigungen zufolge muß angenommen werden, daß der Grund hierfür in einer etwas laxen Handhabung der bahnpolizeilichen Vorschriften zufsuchen aei.

f. Arbeitszeit und Ruhetage.

Veranlaßt durch die im Nationalrate gestellte Motion betreffend die Vollziehung des Bundesgesetzes über die Arbeitszeit und die Ruhetage des Betriebspersonals der Transportanstalten und auf besonderen Wunsch der für diese Angelegenheit bestellten Kommission, wurde vom Bundesrate eine einläßliche Enquete über die einschlägigen Verhältnisse angeordnet. Dieselbe ist nahezu beendet und ihr Ergebnis wird Gegenstand eines Specialberiehtes sein.

325

7. Rechnungswesen und Statistik.

a. Vollziehung des Rechnungsgesetzes.

,;

Bei Prüfung der Bilanzen pro 1891 ergab sich ein einziger Anstand, welchen wir hier erwähnen, da er zu einem prinzipiellen Entscheide Veranlassung gab. Die Centralbahngesellschaft hatte eine Verstärkung der Birsbrücke bei Basel vorgenommen und hierfür den Bauconto mit der Summe von Fr. 11,177. 52 belastet, trotzdem nachgewiesen war, daß nur ein Teil derselben wirklich hierzu verwendet, der Rest hingegen für Arbeiten ausgegeben wurde, die zum Unterhalt der Brücke gehören. Der Bundesrat entschied, daß nur der erstere Teil auf Bauconto gebucht werden dürfe, der letztere hingegen in die Betriebsrechnung eingestellt werden müsse.

Die Angelegenheit war zuerst beim Bundesgericht anhängig gemacht, von diesem jedoch, nachdem die betreffende Gesellschaft sich schließlich gefügt hatte, als durch Anerkennung der Klage erledigt, abgeschrieben worden.

c. Vollziehung des Hlilfskassengesetzes.

Bei Anlaß der Behandlung des Geschäftsberichtes pro 1891 wurde der Wunsch geäußert, es möchte ein ausführlicher Bericht hierüber ausgearbeitet werden. Derselbe ist der Vollendung nahe und wird in nächster Zeit vorgelegt werden können.

II. Postverwaltung.

I. Allgemeines.

Der Reinertrag stellt sich auf Fr. 912,949. 84, also wesentlich höher als der ursprüngliche Voranschlag von Fr. 820,000, erreicht aber damit allerdings noch lange nicht die Ergebnisse früherer Jahre. Zwar sind die Einnahmen keineswegs kleiner geworden, aber es steht denselben eine sehr bedeutende Vermehrung der Ausgaben gegenüber, hauptsächlich veranlaßt durch die nun durchgeführten Besoldungserhöhungen auf den verschiedenen Gebieten der Postverwaltung.

IT. Torlagen an die Bundesversammlung und Erlasse derselben.

Im Dezember 1891 wurde der Bundesrat durch ein von der damaligen Budgetkommission des Ständerates aufgestelltes Postulat

326 ersucht, die Frage zu prüfen, ob es nicht angezeigt sei, die aus dem Ausland kommenden und zum Verkauf oder zur Verteilung gelangenden Zeitungen unter das Postregal zu stellen. Dieses Postulat ist im Berichtsjahr durch Berücksichtigung dieser Frage in dem vom Bundesrat vorgelegten Entwurf eines neuen Postregalgesetzes erledigt worden.

III. Unterhandlung, Abschluß und Vollziehung von wichtigern Verträgen.

b. Ausland.

"Weltp ostver trag.

A. Briefpost.

Es siud hier eine Reihe von Erleichterungen in Kraft getreten, von welchen folgende von größerem Interesse sind: 1. Für die Briefpostsendungen nach dem Vereins-Ausland -- das heißt nach den Ländern, welche dem Weltpostverein n i c h t angehören -- wird nicht mehr, wie früher, eine besondere erhöhte Transporttaxe erhoben.

2. Bezüglich der Warenmuster sind für den Verkehr mit allen Ländern größere Dimensionen gestattet, nämlich 30 cm. Länge, 20 cm. Breite, 10 cm. Dicke.

3. Die Ausnahmebestimmungen von der Regel, daß die Drucksachen keine Zusätze enthalten dürfen, sind bedeutend erweitert worden (siehe Bericht).

Alle diese Erleichterungen gelten auch für den internen Verkehr der Schweiz.

III. Telegraphenverwaltung.

I. Allgemeines.

Im internen Telegraphenverkehr ist abermals ein Rückgang zu verzeichnen. Außer den Wirkungen des im allgemeinen unbefriedigenden Geschäftsganges ist ein weiterer und vermutlich der Hauptgrund in der wachsenden Konkurrenz des Telephons zu suchen. Hierfür spricht denn auch der Umstand, daß der Ausfall im Ergebnis des Telegraphenverkehrs pro 1892 gegenüber 1891 beinahe ganz durch den Mehrertrag desjenigen des Telephonver-

327 kehrs ausgeglichen wurde, was aus nachfolgenden Zahlen ersichtlich ist: 1891.

Telegraph Aktivsaldo . .. . Fr. 365,242. 67 Telephon Aktivsaldo . . . ,, 495,313. 82 Total

Fr. 860,556. 49

1892.

Telegraph Aktivsaldo . . . Fr. 301,086. 70 Telephon Aktivsaldo . . . ,, 546,736. 07 Total

Fr. 847,822. 77

Es wird nun allerdings im Berichte die Behauptung aufgestellt, der Aktivsaldo des Telephonbetriebes würde sich auf Fr. 329,334. 73 reduzieren, wenn in den Einnahmen der Posten von Fr. 222,588. 92 für In ventar Vermehrung, welcher keine eigentliche Bareinnahme repräsentiere, weggelassen würde. Unseres Erachtens würde aber eine solche Rechnungsweise sowohl den allgemein gültigen Anschauungen, als auch dem bisher in diesen Bilanzen zur Anwendung gelangten Prinzip widersprechen. Wir können deshalb diese Behauptung nicht als richtig anerkennen und ebensowenig die daran geknüpfte Folgerung, daß das Rechnungsergebnis des Telephonbetriebes günstiger erscheine, als es in Wirklichkeit sei. Der Reinertrag desselben beziffert sich nicht nur scheinbar, sondern wirklich auf Fr. 546,736. 07. Hingegen teilen wir einigermaßen die im Bericht ausgesprochene Befürchtung über den Einfluß, den die für Verzinsung und Amortisation des rapid anwachsenden Baucontos erforderlichen Ausgaben auf die Betriebsergebnisse der kommenden Jahre ausüben werden. Der im Januar 1890 eröffnete Bauconto, auf welchem alle Ausgaben für die Erstellung neuer Linien gebucht werden, ist nämlich von Fr. 733,024. 76 per Ende 1890 auf Fr. 3,088,876. 94 per Ende 1892 angewachsen. Bis jetzt wurde jeweilen eine Amortisationsquote von 10 °/o der Betriebsrechnung des betreffenden Jahres belastet, es erscheint uns aber fraglich, ob nicht ein höherer Prozentsatz geboten wäre.

9. Telegraphenlinien.

Neu erstellte Linien: 62,8km. mit 76,4 km. Drahtlänge. Bestand per Ende 1892 : Linien 8524 km. mit 28,269 km. Drahtlänge.

328

7. Telegraphischer Terkehr.

Die größte Gesamtzahl der Telegramme im Jahr 1892 weist der Platz Zürich auf mit 560,524; dann folgen: Basel mit 415,830, Genf mit 322,995, Bern mit 219,802 etc.

8. Telephonwesen.

Bestand anf Ende 1891.

1892.

Zahl der Netze ,, ,, Abonnemeots ,, ,, Stationen .

Länge der Linien . .

,, Drähte. .

fl

101 . . . 10,888 . . . 12,595 . km. 5,159 .

,, 21,358

124 12,434 14,369 5,818 26,665

Vermehrung.

23 1546 1774 659 5307

Die ständerätliche Kommission für Prüfung des Geschäftsberichts pro 1891 stellte in der Sitzung des Ständerates vom 17. Juni 1892 folgendes Postulat: Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob und auf welche Weise -- in Ausführung des Art. 15, Absatz 2, des Telegraphengesetzes vom 27. Juni 1889 -- in den von den größern Verkehrscentren abgelegenen Landesteilen der Telephonverkehr durch eine Taxermäßigung zu erleichtern sei.

Das Postulat wurde von beiden Räten angenommen und infolgedessen vom Bundesrate mit Botschaft vom 19. November 1892 ein Entwurf zu einem Bundesgesetz betreffend Ermäßigung der Telephoogebühren vorgelegt, in welchem eine Herabsetzung der Abonnementsgebühren auf 100 res'p. 80 und 60 und, als Ersatz dafür, die Freigebung von nur 400 statt 800 Lokalgesprächen und Taxierung der weitern zu 5 Rappen vorgeschlagen ist. Nach dem Bekanntwerden dieses Entwurfes durch die Presse gingen aus verschiedenen Landesteilen Petitionen ein, welche Begünstigungen verlangten, die bedeutend über das Maß dessen hinausgehen, was im Entwurf zugestanden ist. So wurde z. B. von einer Seite die Freigebung von 800 Gesprächen bis auf die Distanz von 30 km. gefordert.

Infolgedessen erließ der Bundesrat unterm 28. April 1892 eine neue Botschaft, worin er sich gegen Gewährung dieser Forderungen ausspricht. Er hält vielmehr an den Bestimmungen des Entwurfes fest, bemerkt aber gleichzeitig, daß er lediglich aus Opportunitätsgründen einstweilen noch eine Anzahl von 400 lokalen Freigesprächen darin aufgenommen habe und gerne bereit wäre, hiervon ab- und zu dem einzig richtigen System überzugehen, nämlich: F e s t s e t z u n g

329

·einer m ö g l i c h s t n i e d r i g e n A b o n u e m e n t s g e b ü h r u n d d a f ü r T a x i e r u n g j e d e s e i n z e l n e n G e s p r ä c h e s . Er führt weiter aus, daß dieses System die bestehenden Ungleichheiten am gründlichsten beseitigen würde und überhaupt das richtigste wäre, weil so die Leistungen des einzelnen Abonnenten genau im Verhältnis zu seinem Gebrauch des Telephons, d. h. zur Benutzung und Abnutzung der Apparate, der Inanspruchnahme der Beamten und der Linien, stehen. Wir sind mit dieser Anschauung so vollkommen einverstanden, daß wir auch nicht einsehen können, warum -- aus Opportunitätsgründen -- dieses System nicht jetzt schon eingeführt werden soll.

Wir nehmen von der Aufstellung eines bezüglichen Postulates nur deshalb Umgang, weil der fragliche Entwurf von beiden Räten bereits an Specialkommissionen gewiesen worden ist.

Hingegen erlaub'en wir uns, zu Händen des Bundesrates und der betreffenden Specialkommissionen den Wunsch auszusprechen, es möchte- bei der projektierten Abänderung des Bundesgesetzes betreffend das Telephonwesen, vom 27. Juni 1889, das vom Bundesrat als allein richtig bezeichnete System zur Anwendung gelangen, nämlich: F e s t s e t z u n g e i n e r g a n z n i e d r i g e n A b o n n e m e n t s g e b ü h r u n d , als E r s a t z d a f ü r , T a x i e r u n g j e d e s einzelnen Gespräches.

Geschäftskreis des Militärdepartements.

III. Sanitarische Untersuchung und pädagogische Prüfung der Wehrpflichtigen.

Die eidgenössischen Experten hielten ihre Jahreskonferenz für 1892 am 2. und 3. Juli in Aarau ab und beschäftigten sich u. a.

auch mit der Frage, ob die Eintragung der pädagogischen Noten ins Dienstbüchlein abgeschafft oder beibehalten werden solle. Über den gefaßten Beschluß -- wenn ein solcher überhaupt gefaßt wurde -- spricht sich der Geschäftsbericht nicht aus.

Die Mehrheit der Kommission ist für die Abschaffung. So gut sich im allgemeinen die Ausstellung von Fähigkeitszeugnissen begrlinden läßt, sei es, weil sie einen ehrenvollen Ausweis über den Besitz gewisser wissenschaftlicher Kenntnisse bilden, sei es, weil Bnndesblatt. 45. Jahrg. Bd. III.

23

Vf

330

sie dem Träger im praktischen Leben den Weg zu verschiedenen besondern Berufszweigen offnen, so ungerechtfertigt und inhuman ist es, unglücklichen Mitbürgern ein Unwissenheitsbrevet aufzuzwingen, das sie bei unzähligen Anlässen vorzuweisen genötigt sind.

In den meisten Fällen kann der Mangel an Wissen nicht dem Ungebildeten selbst zur Last gelegt werden. Schuld daran ist fast immer die Sorglosigkeit oder Armut derjenigen, welchen seine Erziehung oblag, die mangelhaften Institutionen der Umgebung, in welcher er aufwuchs, oder endlich seine geringe Intelligenz. Welchen Nutzen kann es demnach haben, 'in einem öffentlichen, von Hand zu Hand gelangenden Aktenstück, wie das Dienstbüchlein es darstellt, seine Inferiorität für immer festzunageln?

Als statistische Handhabe, die ihm gestattet, da wo sich Übelstände zeigen, für bessere Ausbreitung des öffentlichen Unterrichts wohlthätige und heilsame Anordnungen zu treffen, stehen dem Bundesrate ja bereits die Ergebnisse der Prüfungen, die an diesen gelieferten und aufbewahrten Arbeiten zur Verfügung.

Die Eintragung der pädagogischen Noten in das Dienstbüchlein kann nur nachteilige und schädliche Folgen haben. Sie trifft den Rekruten in seinem Selbstbewußtsein und in seinen zukünftigen Existenzmitteln. Sie verdammt ihn zu den gröbsten Arbeiten, schneidet ihm jede Hoffnung auf eine Verbesserung seiner gesellschaftlichen Lage, seiner materiellen Existenz ab. Dies zeigen klar die häufigen Fälle von Notenfälschungen; wäre die Aufnahme der Noten ins Dienstbüchlein nicht von außerordentlichem Schaden für diejenigen, welche sozusagen dadurch gebrandmarkt werden, so würden sie nicht in Versuchung geraten, durch deren Abänderung sich vor ihrer niederdrückenden Wirkung zu schützen.

Es wäre also ein menschenfreundliches, moralisches Werk, wenn das eidgenössische Militärdepartement für Abschaffung der pädagogischen Noten im Dienstbüchlein wirken würde.

Das Departement beklagt sich darüber, daß das von den Kantonen für die Rekrutenprüfungen zur Verfügung gestellte Bureaumaterial allgemein ungenügend sei. Wäre es nicht seine Sache, hierin Abhülfe zu schaffen ? Besitzt es nicht die gesetzlichen Mittel hierzu? Und sollte es uns nicht, statt Klage zu führen, die Mitteilung machen können, daß es durch wohlwollendes, aber entschiedenes Auftreten dazu gelangt sei, dem bisher nicht oder nur unvollkommen befolgten Gesetz volle Beobachtung zu verschaffen?

331

VI. Unterricht.

Vorunterricht.

Art. 81, AI. l, der Militärorganisation vom 13. November 1874 lautet : ,,Die Kantone sorgen dafür, daß die männliche Jugend vom 10. Altersjahr bis zum Austritt aus der Primarschule, dieselbe mag letztere besuchen oder nicht, durch einen angemessenen Turnunterricht auf den Militärdienst vorbereitet werde. a Nun haben wir nach dem Geschäftsbericht des Militärdepartements für verflossenes Jahr n u r e l f Kantone, in welchen alle Schulklassen Turnunterricht erhalten.

Eine große Anzahl von Gemeinden besitzen ungenügende Turnplätze, andere noch gar keine, noch weniger ein Turnlokal; die einen besitzen die vorgeschriebenen Turngeräte nur teilweise, andere noch gar nicht; endlich wird das gesetzliche Minimum von 60 Turnstunden per Jahr bloß in 1241 Schulen erteilt, während 4046 Schulen dies Minimum nicht erreichen.

Die Kommission muß denn auch, wie dies übrigens auch von anderer Seite schon geschehen ist, ihr lebhaftes Bedauern darüber aussprechen, daß seit Jahren das Militärdepartement stets mit der Gleichgültigkeit der Ortsbehörden, dem passiven Verhalten der kantonalen Behörden zu kämpfen hat und nicht dazu gelangen kann, daß in jeder Schulgemeinde ein genügender Turnplatz mit den notwendigen Gerätschaften vorhanden sei. Sie stellt die dringende Einladung an den Herrn Departementschef, die Ausführung des Art. 81 der Militärorganisation kräftig an Hand zu nehmen und ohne längeres Zuwarten der Bundesversammlung bezügliche Vorschläge vorzulegen, wenn, wie er anzunehmen scheint, eine Revision der Vorschriften über den Turnunterricht erforderlich ist, um den gewollten Zweck zu erreichen.

Die Kommission empfiehlt dem Departement, den Subventionsgesuchen der Kantone für Errichtung von geschlossenen Turnlokaleu Rechnung zu tragen und ihnen möglichst entgegenzukommen. Der Besitz solcher Lokale allein gestattet, den Turnunterricht, im Winter fortzusetzen und so eine in rationeller Weise verteilte Stundenzahl innezuhalten, ohne welche von einem wahrhaft nützlichen, die künftige physische Ausbildung unserer Milizen fördernden Unterricht keine Rede sein kann.

Die Kommission hofft, hiermit keinen leeren Wunsch ausgesprochen zu haben, und möchte für die Zukunft die Erscheinung versehwinden sehen, daß die eine Hälfte der eidgenössischen Stände

332 Jahr für Jahr einer für alle gültigen Verpflichtung pünktlich nachkommt, während die andere keinen Anstand nimmt, ihren Pflichtenanteil zu vernachlässigen.

Untemohtskurse, F. Sanität.

5. Operationskurse.

,,Es wird beabsichtigt, die Beförderung zum Hauptmaun von den Leistungen in einem Operationskurse abhängig zu machen und infolgedessen die Operationskurse zu eigentlichen Hauptmannsschulen umzugestalten."1 Muß man denn Wundarzt sein, um Arzt höheren Ranges zu werden ?

Beim Militär, wie in der wissenschaftlichen Welt und in der Praxis, wird die Tüchtigkeit eines Arztes nicht ausschließlich durch irgend eine Specialität, der er sich widmet, bestimmt.

Unser Heer hat in Friedenszeit, und glücklicherweise bildet dieselbe die Regel, eher Ärzte für andere Krankheiten als Wundärzte nötig.

Warum sollte also nur der Umstand, daß ein Arzt einen Operationskurs mit Erfolg durchgemacht hat, ihm die Beförderung zum Sanitätshauptmann sichern?

Die Mehrheit der Kommission hält die vorgeschlagene Bedingung nicht für gerecht.

Das Departement sollte seine Ansicht fallen lassen.

VIII. Kommissariatswesen.

B, Kriegsbereitschaft.

1. Getreidevorräte.

Der Bund besitzt keine Kornspeicher, sondern magaziniert seine Vorräte in den Niederlagshäusern der Eisenbahngesellschaften.

Im allgemeinen geschieht dies auf 6 Monate; nach Ablauf dieser Frist kann das Kommissariat angehalten werden, die Lokale zu räumen.

Es ist nicht zulässig, daß die Magazinierung der Getreidevorräte, der Lebensmittel, deren Bedeutung nicht geringer ist als diejenige der Munition für Feuerwaffen, von der Willkür anderer Personen

333

abhängig und nicht dem Militärdepartement allein unterstellt sei.

Dieses hat daher letztes Jahr eine besonders hierzu einberufene Kommission mit der Prüfung der Frage beauftragt, ob ein großer Getreidekeller (Silo) erstellt werden solle; die Kommission sprach sich dagegen aus, weil eine solche Einrichtung sehr teuer wäre und für eine Lagerung von längerer Dauer nicht die nötige Gewähr hole.

Sie empfahl an Stelle dessen die Errichtung eines großen Speichers mit mechanischen Einrichtungen in Luzern, sowie großer, zur Aufbewahrung von Getreide in Säcken dienender Schuppen in Bern (Galgenfeld) und in Zug.

Die Militärverwaltung hat bereits ein großes Magazin in Brunnen für mehrere Jahre gemietet. Sie wird diejenigen in Luzern, Bern und Zug in nächster Zeit eröffnen müssen. Finanzielle Rücksichten dürfen sie dabei nicht abhalten, wenn man bedenkt, daß die K o s t e n f ü r d i e M a g a z i n i e r u n g u n d d i e Verwaltung d e r jetzt vorhandenen Getreidevorräte sich jährlich auf Fr. 60,000 belaufen.

Das Bundesgesetz über das Zoll wesen, welches in der nächsten Junisession den beiden Räten vorgelegt werden wird, sieht in Art. 16 die Errichtung von Niederlagshäusern im Innern der Schweiz vor.

Hier dürfte vielleicht für die Eidgenossenschaft der Anlaß geboten sein, den Interessen des Handels gleichzeitig mit den Anforderungen der militärischen Verproviantierung Rechnung zu tragen. Eine derartige Kombination dürfte kaum ein Hindernis dagegen bieten, passende Örtlichkeiten für die Militärdepots zu finden, und würde wahrscheinlich die Kosten doppelter Einrichtung ersparen. Die Dauer der Magazinierung von Getreide beträgt ein bis höchstens zwei Jahre.

Art. 32 des Zollgesetzes schreibt für die Waren in den Niederlagshäusern eine Lagerfrist von höchstens zwölf Monaten vor. Nichts ist also einfacher, als, um die gesetzliche Vorschrift in Einklang zu bringen, ausnahmsweise eine doppelte Frist für die militärischen Niederlagshäuser aufzustellen.

3. Zwiebackvorräte.

Die Kommission ist der Neuerung der Verwendung des Zwiebacks als Nahrungsmittel durchaus nicht abgeneigt, mit der Einschränkung indessen, daß er als Ersatz für das Brod in der N o t r a t i o n gebraucht und an die Truppen in Unterrichtskursen nur sehr ausnahmsweise und zu Versuchen ausgeteilt werde, um ihn der Mannschaft bekannt zu machen
und den vorhandenen Magazinvorrat nach und nach erneuern zu können.

Wir wollen den Wert des Zwiebacks für den Kriegsfall sowohl vom Gesichtspunkt der Nahrhaftigkeit als der Leichtigkeit

334

des Transportes durchaus nicht in Frage stellen, aber diese außerordentliche Verpflegungsart für diejenigen Zeiten vorbehalten, wo die Notwendigkeit zum Gesetz wird.

Es ist nicht nötig, hier auf die letztes Jahr angestellten Versuche ausführlich zurückzukommen, bei welchen man den Soldaten den Genuß von Brod untersagte und sie zwang, nur Zwieback zu essen. Das zu Tage getretene Ergebnis war, daß die Mannschaft unter dem jähen Wechsel im Verpflegungsregime gelitten hat, und die Annahme entbehrt nicht der Wahrscheinlichkeit, daß der Zwieback der Anglo-Swiss Company in Winterthur hauptsächlich dann nicht gehörig gewürdigt wird, wenn er obligatorisch und Brot genügend vorhanden ist.

Der Mißerfolg des Zwiebacks darf nicht mit demjenigen der ersten Fleischkonserven zusammengestellt werden. Der neue eidgenössische Zwieback schmeckt ausgezeichnet. Die Fleischkonserveu dagegen waren anfänglich nicht gut und wurden zurückgewiesen; seit einigen Jahren sind sie gut und deshalb gesucht.

Geschäftskreis des Departements des Auswärtigen.

L Abteilung.

Politische Abteilung.

Eine Reorganisation der politischen Abteilung sowohl als der Handelsabteilung auf dem Wege der Gesetzgebung ist dringendes Bedürfnis geworden. Der Bundesrat giebt in seinem Berichte selbst zu, daß diese Verwaltungszweige sich nach verschiedenen Richtungen hin in einem provisorischen, nicht länger beizubehaltenden Zustand befinden; wir sprechen deshalb die bestimmte Hoffnung aus, er werde uns, sobald die Frage der Vertretung der Schweiz im Auslande geregelt sein wird, einen Gesetzesentwurf hierüber vorlegen.

I. Beziehungen zum Auslande.

Da das Finanz- und Zolldepartement die Verhandlungen über die Handelsverträge näher geprüft hat, so beschränken wir uns darauf, hier von den Übereinkünften mit Frankreich, betreffend die

335 Regulierung der Grenzgewässer und betreffend den Telephondienst zwischen der Schweiz und Frankreich, sowie von dem Vertrage mit Österreich-Ungarn, hinsichtlich der Rheinregulierung, und von der Übereinkunft mit Deutschland, betreffend den gegenseitigen Schutz der Erfindungspatente, der Muster, Modelle und Handelsmarken, Vormerk zu nehmen. Diese letztere Übereinkunft wird hoffentlich nächstens von Deutschland ratifiziert werden; denn die Inhaber von schweizerischen Mustern und Modellen genießen dort noch keinen Schutz, während die Deutschen schon der Vorteile des schweizerischen Gesetzes teilhaftig sind.

Da die internationale Konferenz in Madrid zum Schütze des gewerblichen Eigentums einen günstigen Ausgang genommen hat, so hat der Bundesrat in seiner Eigenschaft als leitende Behörde des internationalen Bureaus unterm 30. August 1892 die Vollziehungsmaßregeln zu den im Protokoll vom 1. August 1892 niedergelegten Beschlüssen festgestellt. Wir begrüßen diese Thatsache um so mehr, als dieselbe dem Bundesrate die Möglichkeit geboten hat, die internationalen Bureaux für das gewerbliche, litterarische und künstlerische Eigentum definitiv einzurichten und sie auf den gleichen Fuß zu stellen, wie die bereits in Bern bestehenden Bureaux gleicher Art (siehe Bundesratsbeschluß vom 11. November 1892).

Die internationale Übereinkunft betreffend das Eisenbahnfrachtrecht ist mit dem 1. Januar 1893 in Kraft getreten, und das betreffende Bureau steht unter der Leitung des Herrn alt Bundesrat Numa D r o z.

Wir nehmen auch mit Befriedigung davon Kenntnis, daß eine sehr große Anzahl kleinerer Staaten dem Weltpostverein und den am Wiener internationalen Postkongreß vom 20. Mai bis 4. Juli 1891 beschlossenen Vereinbarungen beigetreten sind.

C. Projektierte Verträge.

Über diesen Abschnitt haben wir wenig Bemerkungen zu machen. Das Institut für internationales Recht hat die Schaffung einer internationalen Union zur Veröffentlichung der Staatsverträge angeregt und in seiner letzten Sitzung in Genf die Schweiz ausdrücklich eingeladen, diesen neuen Verband ins Leben zu rufen, obwohl Belgien schon mit der Ausführung der internationalen Übereinkunft vom 5. Juli 1890, betreffend die Veröffentlichung der Zolltarife, beauftragt worden ist. Zweck der Übereinkunft ist nicht nur die Veröffentlichung aller Verträge in ihrem ursprünglichen Wortlaut, sowie der inländischen Gesetze und Verordnungen, der Protokolle über internationale Kongresse oder Konferenzen, der Kreisschreiben

336

und der dazu gehörigen Weisungen, sondern auch die Anfertigung französischer Übersetzungen bei allen denjenigen Verträgen, die in einer ändern Sprache abgeschlossen worden sind. Dieses internationale Bureau wird jedenfalls dem Publikum bedeutende Vorteile bieten. Da die Kosten unter alle beteiligten Staaten, die je nach der Wichtigkeit ihrer Interessen in sechs Klassen zerfallen, verteilt werden, so kann sich die Schweiz zu diesem neuen, ihr zu teil gewordenen Beweise des Zutrauens nur Glück wünschen.

D. Besondere Fälle.

Spanische Soldrückstände.

Dank den ausdauernden Bemühungen des Bundesrates, der emsigen Thätigkeit der Unterhändler und dem Entscheide des als Gerichtshof in Verwaltungsstreitigkeiten urteilenden spanischen Staatsrats, vom 13. Oktober 1892, ist die Abzahlung dieser alten Schuld, soweit dies die als gültig anerkannten Guthaben anbetrifft, mit Bezug auf die Regimenter Nr. \ (Wimpfen) und 4 (Zay) erledigt worden. Hinsichtlich des Regiments Nr. 3 (Kayser) nehmen die Unterhandlungen ihren regelmäßigen Fortgang. Was die Regimenter Nr. 2 und o, sowie das Walliser Regiment von Courten anbelangt, so ist die Liquidation sehr schwierig, weil die Ausweise hierfür bei der Übergabe von Baylen und bei der Einnahme von Lerida am 14. Mai 1810, wo das Regiment Traxler in Kriegsgefangenschaft geriet, großenteils vernichtet wurden.

E r m o r d u n g der Schweizer Monnier und Lecoultre.

Die Ermordung dieser beiden ehrenwerten Mitbürger, von denen der eine in seinem eigenen Hause in Santiago getötet, der andere in einem Hinterhalte von einer Bande Schreckensmänner in der Provinz Bahia meuchlings überfallen wurde, hat den Bundesrat zu energischen Beschwerden bei den Regierungen von Chile und Brasilien veranlaßt. Leider ist es schwierig, in diesen fernen Ländern, selbst mit Hülfe befreundeter Mächte, Gerechtigkeit zu erlangen.

Indessen ist doch die Familie Monnier auf Kosten der chilenischen Regierung in ihre Heimat befördert und José Alves Leaô, der Hauptangeklagte in der Angelegenheit Lecoultre, endlich dem Strafgericht seiner Provinz überwiesen worden. Wir hoffen, die eifrigen Bemühungen des Bundesrates im Interesse unserer Kolonisten werden von Erfolg gekrönt werden.

337

Befreiung aus dem Dienst in der Fremdenlegion.

Der Bundesrat hat den Wünschen, die ihm bei Anlaß der Verhandlung über den Geschäftsbericht pro 1891 unterbreitet wurden, Folge gegeben. Leider haben seine Schritte keinen Erfolg gehabt.

Frankreich beruft sich auf Art. 7 der Organisationsverordnung für die Fremdenlegion vom 10. März 1831 und bemerkt, das Alter von 18 Jahren sei dasjenige, welches im allgemeinen für die freiwillige Aufnahme ins Landheer gefordert werde. Unsere jungen Landsleute müssen sich also vor unüberlegten Anwerbungen hüten, gegen die keine Einsprachen mehr möglich sind.

I t a l i e n i s c h e Z o l l w a c h t er .

Schon im Jahre 1891 haben die eidgenössischen Räte den Bundesrat ersucht, das schweizerische Grenzwächterpersonal hinreichend zu verstärken, um den beständigen Verletzungen des schweizerischen Gebiets durch italienische Zoll- und Finanzwächter ein Ziel zu setzen. Der Geschäftsbericht des Jahres 1892 sagt zwar, daß diese Maßregel getroffen worden sei; aber er erwähnt eine neue Anzahl von Übertretungen dieser Art. Die italienische Regierung hat allerdings immer unsere gerechten Beschwerden berücksichtigt und hält auf genaue Beachtung der Übereinkunft vom 15. Dezember 1882 über den Zollabfertigungsdienst in den internationalen Bahnhöfen Chiasso und Luino. Außerdem ist unterm 12./14. Mai 1891 in Mailand eine besondere Übereinkunft getroffen worden zur Regelung des Viehverkehrs zwischen beiden Ländern, namentlich bei der Sommerung auf den Alpen. Wir können dennoch nicht umhin, den Bundesrat zu ersuchen, die ihm am wirksamsten scheinenden Maßnahmen zu ergreifen, um auf diesem Teil unserer Grenze einem unleidlichen Zustand abzuhelfen.

II. Tertretnng der Schweiz im Anslande.

Wir wünschen, der vorgelegte Gesetzesentwurf über diesen Gegenstand möchte noch während der gegenwärtigen Session angenommen werden. Es ist wirklich an der Zeit, alles, was mit unsern diplomatischen Beziehungen zusammenhängt, in endgültiger Weise zu ordnen. Einerseits muß sich der Bundesrat davor hüten, neue Posten zu schaffen, wie sie oft von einigen unserer Landsleute anbegehrt werden, und andererseits muß er allen bedeutsamen Interessen der Schweizer im Auslande Rechnung tragen.

Das Verzeichnis der den 48 bestehenden Generalkonsulaten zugewiesenen Entschädigungen weist so beträchtliche Abweichungen

338

auf, daß wir auf die Einführung einer billigeren Verteilung der für diesen Zweck ausgesetzten Beträge Bedacht nehmen müssen. Wir führen einige Beispiele an : Die Gesandtschaft in Buenos Aires erhält Fr. 49,000, während unser Generalkonsul in Rio de Janeiro nur Fr. 9000 erhält. Der Generalkonsul in St. Petersburg bezieht Fr. 6000 und derjenige in Madrid Fr. 1500. Die Konsuln in Melbourne und Sidney, welche für die Interessen der zahlreichen Schweizer in ganz Australien zu sorgen haben, erhalten nur je Fr. 3000, u. s. w.

Über die Abschnitte III und IV des Berichts der politischen Abteilung haben wir keine Bemerkungen zu. machen.

V. Verschiedene Geschäfte.

Wir bedauern lebhaft, daß die preußische Regierung den Vorstellungen des Bundesrates betreffend die in Preußen konzessionierten ausländischen Versicherungsanstalten nicht Rechnung getragen hat.

Die Unterscheidung zwischen physischen und juristischen Personen bei der Anwendung der schweizerisch-deutschen Niederlassungs- und Handelsverträge scheint uns nicht zulässig zu sein. Wir hoffen deshalb, der Bundesrat werde auch ferner dieser Angelegenheit, die noch nicht erledigt ist, seine ganze Aufmerksamkeit widmen.

Wir haben von den Akten über die Angelegenheit WeltiStauffer Kenntnis genommen und uns nach Prüfung aller Schriftstücke überzeugt, daß die Haltung des Bundesrates sowohl als der schweizerischen Gesandtschaft in Rom vom Anfang bis zum Schluß dieser traurigen Episode eine durchaus korrekte gewesen ist.

VI. Bürgerrechtserteilnngen.

Die dem 4. Absatz des Art. 9 des Bundesgesetzea vom 3. Juli 1876 gegebene Auslegung berührt eine sehr heikle Frage, welche noch nähere Untersuchung verdient. Wir anerkennen übrigens gerne, daß es angezeigt wäre, dieser Bestimmung eine weitherzige Auslegung zu geben, um so viel als möglieh den im Berichte erwähnten verschiedenen Kategorien von Personen den Wiedererwerb des Schweizerbürgerrechfs zu erleichtern. Hierfür muß man die Mitwirkung der Kantone vorbehalten, namentlich damit diejenigen Personen, die durch Verzicht auf das Schweizerbürgerrecht ihr Gemeindebürgerrecht verloren haben, des letztern wieder teilhaftig werden.

339

VII. Optionen.

Wir teilen die Ansicht des Bundesrates mit Bezug auf das französische Nationalitätsgesetz vom 26. Juni 1889. Nur in Frankreich geborene Kinder eines ausländischen Vaters, der aber selbst in Frankreich geboren ist, sind als Franzosen anzusehen, aber nicht alle Kinder einer in Frankreich geborenen Mutter. Wir hoffen, in den über diesen Gegenstand mit der französischen Regierung angeknüpften Unterhandlungen werde dieser Grundsatz festgestellt werden, da derselbe in dem den Art. 8 § 3 des französischen Civilgesetzbuches abändernden Gesetzesentwurf enthalten ist.

II. Abteilung, Handelsabteüung.

II. Handelsverträge.

Der in unserer Dezembersession von 1892 ratifizierte Handelsvertrag mit Spanien ist von den Cortes noch nicht ratifiziert worden.

Man teilt uns mit, das spanische Ministerium .gedenke unsern Vertrag gleichzeitig wie diejenigen mit ändern Ländern, mit welchen es in Unterhandlung steht, vorzulegen. Inzwischen wird auf schweizerische Waren der Minimaltarif angewendet.

Unterm 9. Mai abbin hat sich der Bundesrat, auf das dringende Ansuchen des Kantons Genf hin, veranlaßt gesehen, die in seinem Beschlüsse vom 28. Dezember 1892 festgesetzten Differentialzölle bezüglich der Einfuhr aus den zollfreien Zonen von Hochsavoyen und der Landschaft Gex abzuändern. Unglücklicherweise ist diese Maßregel zu einer Zeit erfolgt, da Frost und andauernde Trockenheit der schweizerischen Landwirtschaft sehr erheblichen Schaden zugefügt haben. Es ist deshalb nicht zu verwundern, daß gegen den Beschluß des Bundesrates in den ackerbautreibenden Kantonen sehr lebhafte Einsprache erhoben worden ist. Wir müssen zugeben, daß dieser Beschluß zu einer sehr ungelegenen Zeit und unter Umständen, die man durchaus nicht voraussehen konnte, gefaßt worden ist.

Es ist wünschenswert, daß die mit Bezug auf die Handelsreisenden sowohl in der Schweiz als in Frankreich gegenseitig getroffenen Maßregeln, die für den schweizerischen Handel sehr lästig sind, auch bald wieder rückgängig gemacht werden.

Wir begrüßen die von Schweden und Norwegen, Portugal und Korea behufs Abschluß von Handelsverträgen gethanen Schritte.

340

T. Kommerzielle Berufsbildung.

Die Vollziehung des Gesetzes vom 24. Juli 1891 zeigt sich stets als sehr fruchtbringend. Sechs Schulen, diejenigen in Chaux de-Fonds, Genf, Neuenburg, Bern, Sololhurn und Winterthur, genießen Bundesunterstützung. Sie zählen zusammen 407 Schüler; einige Klassen sind etwas zahlreich. 36 kaufmännische Vereine mit 4633 Mitgliedern werden vom Bunde unterstützt und wetteifern miteinander in der Erfüllung ihrer Aufgaben.

Über die fernem Unterabteilungen dieser Abteilung können wir nur unsere Befriedigung aussprechen.

III. Abteilung, Auswanderungswesen.

Die Zahl der schweizerischen Auswanderer hat 7835 betragen.

Bern, Zürich und St. Gallen lieferten die größte Anzahl. Diese Abteilung ist sehr gut eingerichtet und widmet sich eifrig der Durchführung ihrer Aufgabe. Sie liefert nützliche Auskunft und überwacht die Abfassung und Ausführung der Auswanderungsverträge. Zu diesem Behufe steht sie mit den schweizerischen Konsulaten im Auslande im Briefwechsel und hat sogar Kommissäre mit der Begleitung von Auswandererzügen beauftragt, um sich von der guten Einrichtung derselben zu überzeugen. Es ist wirklich bedauerlich, daß das eidgenössische Auskunftsbureau in der Schweiz nicht besser bekannt ist. Die meisten Auswanderer wissen nichts davon oder erfahren nur zufällig etwas darüber. Die Zeitungen sollten sich mehr damit beschäftigen. Die im Auslande lebenden Schweizer dagegen, welche seine Dienste schätzen gelernt habeu, nehmen sehr oft ihre Zuflucht zu ihm, um sich über Länder zu erkundigen, wo sie sich behufs nochmaliger Auswanderung niederzulassen wünschen.

Die Maßregeln gegen die Verbreitung der Cholera haben ernstliche Störungen in der Beförderung der 'Züge herbeigeführt und zu einer gewissen Anzahl Beschwerden Veranlassung gegeben. Wir wollen auf die Einzelheiten dieser Klagen, die ein Dutzend Seiten im Berichte füllen, hier nicht eintreten. Sie sind bestmöglich im Interesse der Parteien erledigt worden, und diejenigen, welche sich mit Auswanderungsfragen beschäftigen oder auswanderungslustig sind, können daraus Nutzen ziehen.

341

IV. Abteilung.

Amt für geistiges Eigentum.

Das Amt für geistiges Eigentum hat 1802 Patentgesuche erhalten, nämlich: 1189 Gesuche für provisorische, 560 für definitive und 53 für Zusatzpatente. Es hat 1554 Patente registriert, von welchen 36 °/o auf in der Schweiz und 64 °/o auf im Auslande, größtenteils in Deutschland, wohnhafte Personen entfallen.

Die Gesamtanzahl der in der Schweiz registrierten Fabrikmarken betrug auf Ende 1891 5591 Vermehrung im Jahre 1892 608 Total 6199 Die Gesamtsumme der Muster und Modelle belief sich Ende 1892 auf 1034. Die Eintragungen zum Schütze des litterarischen und künstlerischen Eigentums endlich erreichten die Zahl 134.

Diese Zahlen beweisen die Wichtigkeit dieser Abteilung zur Genüge und rechtfertigen die Vermehrung ihres Personals.

B, Geschäftsführung des Bundesgerichts.

A. Allgemeines.

Zunächst halten wir uns verpflichtet, die großen Verdienste des am 18. Mai "1892 verstorbenen Herrn Bundesrichter Gaudenz Olgiati von Puschlav, Graubünden, anerkennend zu erwähnen.

Überzeugt sind wir auch, daß sein Nachfolger, Herr Soldati, von Neggio, Tessin, das ihm entgegengebrachte Vertrauen allseitig rechtfertigen wird.

Das Bundesgericht hatte 87, das Kassationsgericht 2 Sitzungen.

Kriminalkammer und Anklagekammer hatten keine Traktanden

342

B. Specielles.

I. Ciyilrechtspflege.

An Civilsachen waren dem Bundesgerichte im Jahre 1892 491 Fälle eingegangen. Davon sind erledigt' 331 und Ende des Berichtsjahres noch pendent 160.

II. Strafrechtspflege.

Von den durch das Kassatiousgericht behandelten 6 Fällen bezogen sich 4 auf Übertretungen des Bundesgesetzes betreffend gebrannte Wasser und 2 auf Übertretungen des Zollgesetzes. Vier davon sind ablehnend beschieden und zwei als unerledigt ins Jahr 1893 übertragen worden.

III. Staatsrechtspflege.

Staatsrechtliche Anstände resp. Beschwerden sind im Jahr 1892 eingelangt 252.

Erledigt sind 224 und 28 ins Jahr 1893 herübergenommen worden.

Das Berichtsjahr erzeigt sonach abermals eine wesentliche Vermehrung der Geschäftslast.

Gerne nehmen wir an, daß das neue Gesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege diesen Überbürdungen abhilft und auch die ändern in dasselbe niedergelegten Hoffnungen zu befriedigen im stände ist.

In eine Erörterung einzelner durch das Bundesgericht in seinem Berichte aufgeworfener Rechtsfragen und anderweitiger Anregungen können wir an dieser Stelle selbstverständlich nicht eintreten.

343

G, Antrag der Kommission, Den Geschäftsberichten des Bundesrates und des Bundesgeriehtes vom Jahre 1892 wird die Genehmigung erteilt.

B e r n , den 30. Mai 1893.

Die Mitglieder der Kommission: Schaller, Präsident.

Binder,

Good.

Keiser.

Leumann.

Lienhard.

Loretan.

344

Munitions - Tarif für die

Verwaltung des eidgenössischen Munitionsdepots Thun.

(Vom Bundesrate genehmigt den 5. Juni 1893.)

L Munition für Handfeuerwaffen.

Kaliber.

per Mille.

Fr.

10,4mm

'7,5mm

Scharfe Gewehrpatronen . . . Schwarzpulver 50.-- Scharfe Gewehrpatronen f ü r Export . . . .

50. -- Scharfe Gewehrpatronen in verlöteten Blechbüchsen zu 30 Stück (Notmunition), per Büchse 1. 70 Blinde Gewehrpatronen, halbe Ladung . . .

49. -- Scharfe Kadettenpatronen 50. -- Blinde Kadettenpatronen 47. -- Scharfe Gewehrpatronen . . . . Weißpulver 50. -- Blinde Gewehrpatronen . . . .

,, 55. -- Scharfe Revolverpatronen . . . Schwarzpulver 40. -- Scharfe Revolverpatronen für Export ,, 55.-- Blinde Revolverpatronen . . .

^ 40. -- Scharfe Revolverpatronen . . .

,, 40. -- Scharfe Revolverpatronen für Export ,, 55. -- Blinde Revolverpatronen . . .

,, 40. -- Scharfe Gewehrpatronen in verlöteten Blechbüchsen zu 30 Stück (Notmunition), per Büchse 3. 20 Scharfe Gewehrpatronen . . . . Weißpulver 100. -- Scharfe Gewehrpatronen für Export . . . . 110. -- Blinde Gewehrpatronen . . . . Weißpulver 80. --

345.

IL Artillerie-Munition.

Kaliber.

7,5 «m

Fr.

a. Gebirgsartillerie.

Scharfe Granaten Blinde Granaten Shrapnels Patronen zu 400 g Exerzierpatronen zu 400 g Tempierplatten Kanonenstöpsel

m

8,4 «

b. Feld- und Positionsartillerie.

Scharfe Granaten Shrapnels Büchseukartiitschen Schußpatronen zu 1400 g. Schwarzpulver . .

Schußpatronen zu 600 g. S c h w a r z p u l v e r . . .

Exerzierpatronen zu 500 g. Schwarzpulver . .

Exerzierpatronen zu 150 g. Weißpulver . . .

(auch für Kaliber 7,5 on> verwendbar.)

Tempierplatten Kanonenstöpsel

12 «m

6.10 3. 75 10.50 l. -- 1. -- 1. -- --.40

6.20 12.50 6.50 2. 50 5. 85 1.15 1. 95 1.-- --.50

c. Positionsartillerie.

Scharfe Granaten Shrapnels Schußpatronen für Kanonen zu 4400 g. ...

Wurfpatronen für Mörser zu 450 g Wurfpatronen für Mörser zu 300 g Tempierplatten l Paar

14. -- 27.50 5. 60 1. 20 1. -- 2.50

d. Festungsmunition.

cm

5,3

Schnelllader-Kanone.

Scharfe Granatschüsse Weißpulver 12. -- Blinde Granatschüsse . . . . .

,, 11.20 Shrapnelsehüsse ,, 11.50 Kartätschschüsse ,, 8.50 Exerzierschüsse mit 365 g. mit Pfropfen . .

5. 50 Bandesblatt. 45. Jahrg. Bd. III.

24

346

Kaliber.

8,4 o«1 e. Bronzegeschlltze (Caponnieren).

Blei- Scharfe Granaten (inkl. Fett- und Metallkappen) mantel. Patronen zu 700 g Einheits-Kartätschen mit Patronen 840 g. . .

Filzpfropfen mit Patronen zu 500 g. (Einheitsmunition) Exerzierpatronen zu 500 g

Fr.

6. 90 1.45 8.50 2. -- 1.15

8,4 °m f. RinggeschUtze (Kasematten).

Kupfer- Scharfe Granaten (inkl. Fett- und Metallkappen) band. Shrapnels Tempierplatten Patronen zu 1400 g Einheits-Kartätschen mit Patronen zu 840 g. .

Filzpfropfen mit Patronen zu 500 g. (Einheitsmuuition) Exerzierpatronen zu 500 g Kanonenstöpsel

2. -- 1.15 --.50

12«» g. Turmkanone und Kugelmörser.

Kupfer- Scharfe Granaten (inkl. Fett- und Metallkappen) band.

per Stück Shrapnels Tempierplatten l Paar Schußpatronen für Kanonen zu 4400 g. per Stück · Wurfpatronen für Mörser zu 250 g. ,, ,, ,, » ,, 200g. ,, ,, ,, ,, * 150 g. ,, , ,, * ,, 25 g. ,, ,, Exerzierpatrone zu 1400 g. für Kanone . . .

Exerzierpatrone zu 250 g. für Mörser . . .

Kanonenstöpsel

14.70 28.20 2.50 5. 60 1.05 -.95 -- 85 -. 70 2. 50 1. 05 --. 70

Geschützzündpatronen Petarden für Manöver (Rauch mit Schlag) per Stück ,, Schußbeobachtung (Rauch ohne Schlag) .

,, Artillerie-Ziel per Ries ,, fl I n f a n t e r i e - Z i e l . . . . . .

fl Bränderchen · ,, ,,

6. 90 13.20 1. -- 2. 50 8. 50

--. 10 --.75 --.35 7. 75 5. -- --.01

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Ständerates über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts während des Jahres 1892. (Vom 30. Mai 1893.)

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Bundesblatt

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Foglio federale

Jahr

1893

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

25

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.06.1893

Date Data Seite

297-346

Page Pagina Ref. No

10 016 195

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