554

# S T #

Schweizerische Bundesversammlung,

Bei Eröffnung der Sitzung vom 11. Dezember 1893 gedachten die Präsidien beider Räte des am 9. Dezember in der französischen Deputiertenkammer in Paris verübten Attentates.

Herr Nationalratspräsident C o m t e s s e äußerte sich folgendermaßen : Meine Herren Kollegen !

Wir alle sind tief entrüstet und erschüttert durch die Kunde Ton dem schrecklichen Verbrechen, dessen Schauplatz letzten Samstag die französische Deputiertenkammer war. Wir wollen nicht unnütze Worte verlieren über die Einzelheiten dieses schändlichen Verbrechens -- nicht des ersten dieser Art -- das soeben in der Person ihrer Vertreter, ohne Partei- noch Klassenunterschied, gegen die gesamte französische Nation verübt worden ist.

Es ist gebieterische Pflicht, uns dem allgemeinen Protest anzuschließen, den die Gesamtheit der civilisierten Völker und Regierungen im Namen des öffentlichen Rechtsbewußtseins, des civilisatorischen Fortschritts, im Namen des unbegrenzten Mitgefühls, welches die Schwachen und Unschuldigen beschützen soll, gegen derartige verbrecherische Unternehmungen und Unthaten und gegen alle diejenigen erheben müssen, welche durch ihre nicht minder verbrecherische Propaganda beständig zur Zerstörung und zum socialen Umsturz aufreizen.

Meine Herren, in Kundgebung dieser Gefühle beantragen wir Ihnen, der französischen Deputiertenkammer den Ausdruck unserer aufrichtigen und bewegten Sympathie zu übermachen.

Die Worte des Herrn Ständeratspräsidenten M u n z i n g e r lauteten : Meine Herren!

Das Attentat, das vorgestern auf die Abgeordneten-Kammer der französischen Republik verübt worden ist, hat uns alle mit Entrüstung und Bedauern erfüllt.

555 Mit Entrüstung über den rücksichtslosen verbrecherischen Willen, der dadurch zum Ausdrucke gelangt ist und auf keinerlei Entschuldigung Anspruch machen kann, und mit Bedauern darüber, daß durch derartige widersinnige Handlungen die ruhige Entwicklung notwendiger socialer Reformen nicht nur nicht gewinnen wird, sondern Gefahr läuft, geradezu gehemmt zu werden.

Mit Genugthuung vernehmen wir auch die Nachricht, daß es gelungen ist, des Attentäters habhaft zu werden, so daß derselbe dem Arme der Gerechtigkeit überliefert werden kann.

Im Anschluß an den lauten Protest, der sich in der ganzen civilisierten Welt gegen das unerhörte Attentat ganz unzweifelhaft erheben wird, beantrage ich Ihnen, der französischen Kammer gegenüber unseren Gefühlen der Sympathie durch ein Telegramm Ausdruck zu geben, und sie zu beglückwünschen zu der mannhaften Haltung, die sie bei dem beklagenswerten Vorfall bewahrt hat, ganz besonders aber dazu, daß kein Menschenleben demselben zum Opfer gefallen ist.

Einstimmig wurde in beiden Räten beschlossen, folgendes Telegramm an das Bureau der Deputiertenkammer in Paris zu adressieren: ,,Der Nationalrat und der Ständerat der schweizerischen Eidgenossenschaft, in heutiger Sitzung versammelt, übermachen der französischen Deputiertenkammer den Ausdruck ihrer vollsten Sympathie bei Anlaß des gegen die Vertreter der französischen Nation gerichteten Attentates. Das empörte öffentliche Gewissen aller Völker erhebt lauten Protest gegen solche Schandthaten."

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Schweizerische Bundesversammlung.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1893

Année Anno Band

5

Volume Volume Heft

52

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.12.1893

Date Data Seite

554-555

Page Pagina Ref. No

10 016 412

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.