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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung) betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Petit Saconnex nach Champel.

(Vom 19. Juni 1893.)

Tit.

Unterm 20./28. Januar 1893 reichten die Herren Guillaume Pictet, Banquier in Genf, und Konsorten ein K o n z e s s i o n s g e s u c h ein für eine e l e k t r i s c h e S t r a ß e n b a h n von P e t i t S a c o n n e x durch die Stadt G e n f nach C h a m p e l , von welchem das Eisenbahndepartement der Regierung von Genf ein Exemplar zur Vernehmlassung mitteilte, die übrigen Exemplare aber den Potenten zur Ergänzung verschiedener Lücken in den Vorlagen nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften, unterm 1. April gleichen Jahres, wieder zustellte, wobei namentlich auch darüber Aufschluß verlangt wurde, zu wessen Händen die Konzession erworben werden wolle.

Mit Schreiben vom 27. April abbin teilten hierauf die Herren Ferdinand G e n t e t , Advokat, Louis C r a m e r , Advokat, und Jules D a r i e r, Banquier in Genf, als Vertreter des Initiativkomitees für die Straßenbahn P e t i t S a c o n n e x - C h a m p e l mit, daß sie, um den hierseitigen Bemerkungen Rechnung zu tragen, ein neues Projekt hätten ausarbeiten lassen und dessen Konzessionierung im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft der T r a m w a y s S u i s s e s , mit welcher eine bezügliche Übereinkunft getroffen worden sei, verlangten.

Der Eingabe lagen sowohl ein die Vereinbarung bestätigendes Schreiben der Gesellschaft der Tramways Suisses vom gleichen Tage als auch die vorschriftsgemäßen Konzessionsvorlagen für das Projekt bei, welche überdies durch die genannte Gesellschaft mitunterzeichnet sind.

In dem allgemeinen Bericht wird zur Begründung des Gesuches angeführt, daß die projektierte Linie bezwecke, das Dorf Petit Saeonnex mit dem Plateau von Champel und diese beiden Bundesblatt. 45. Jahrg. Bd. III.

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514 Endpunkte mit dem Innern der Stadt Genf zu verbinden, wobei gleichzeitig Quartiere der Stadt bedient werden könnten, welche gegenwärtig weder von dem Netz der Schmalspurbahnen noch von demjenigen der Tramways berührt würden.

Der Nutzen dieser Linie sei unbestreitbar im Hinblick auf die zahlreiche Bevölkerung, die verhältnismäßig große Entfernung der Endpunkte vom Centrum der Stadt und den großen Verkehr der Stadtquartiere, welche von dieser Bahn durchzogen würden.

Das Tracé beginnt auf der Place de l'Eglise von Petit Saconnex, benutzt die Straßen von Moillebeau, Grand Pré und Hoffmann und gelangt durch die Avenue de la Servette, die Straße gleichen Namens und diejenige de la Pépinière zum Bahnhof von Cornavin. Von hier folgt die Linie den Straßen von Comavin und Coutance, geht über die Inselbrücke und den Platz Bei Air und vereinigt sich bei der Corratene mit der Tramwaylinie Carouge-Chene, der sie bis zur rue du Conseil général folgt. Hier zweigt sie ab, geht durch die Straßen de Candolle und St. Léger längs der Promenade des Bastions und erreicht von hier aus durch den Weg nach Champel die Endstation gleichen Namens.

Die Länge der Bahn beträgt, inklusive das 455 m. lange Stück der Linie Carouge-Chêne, 5,«oo km., die Spurweite 1,486 m., die Maximalsteigung 55 °/oo, der Minimalradius 25 m.

Es sind 6 Ausweichungen als obligatorische Haltstellen, außerdem eine Anzahl fakultativer, noch zu bestimmender Haltstellen vorgesehen. Für den elektrischen Betrieb sind Automobile mit oberirdischer Stromzuführung in Aussicht genommen.

Der summarische Kostenvoranschlag berechnet für: 1. Vorarbeiten und Bauaufsicht Fr.

4,000 2. Terrainankauf ,, 3,000 3. Unterbau ,, 8,000 4. Oberbau ,, 126,500 5. Hochbau ,, 8,000 6 . Bauzinse . . . " . . .

,, 5,000 7. Betriebsmaterial : a. Rollmaterial Fr. 50,000 b. Motoren, Transmissionen und elektrische Apparate . . . . ,, 80,000 c. Stromleitung ,, 48,000 ,, 178,000 8. Unvorhergesehenes ^ 7,500 Total oder rund Fr. 60,700 per km. der Bahnlänge.

Fr. 340,000

515 Eine eigentliche Rentabilitätsberechnung wird nicht aufgestellt, sondern nur bemerkt, daß zur Deckung der Betriebskosten und zu Verzinsungs- und Amortisationszwecken eine Summe von Fr. 98,000 erforderlich sei, während die Annahme einer Jahreseinnahme von total Fr. 100,700 mit Rücksicht auf die Dichtigkeit der Bevölkerung auf dem größten Teil der Linie nicht als zu hoch erscheine.

Zunächst ist zu diesem Konzessionsgesuch zu bemerken, daß bereits unterm 20. Dezember 1889 den Konzessionären der Genfer Schmalspurbahnen für die Strecke Genf-Petit Saconnex die Konzession erteilt wurde (E. A. S. X, 226) und daß die für Einreichung der vorschriftsgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen festgesetzte Frist durch Bundesratsbeschluß vom 2. Mai 1890 (E. A. S.

XI, 14) bis zum 29. April 1892 erstreckt worden ist.

Unterm 12. April 1892 reichte die Gesellschaft der Schmalspurbahnen ein Fristverlängerungsgesuch ein, das seitens des Staatsrates nicht empfohlen wurde. Wir gaben der Gesellschaft hiervon Kenntnis und teilten ihr auch den Eingang des vorstehenden Konzessionsgesuches mit, in der Voraussetzung, daß sie dadurch eventuell zu entsprechender Modifikation ihres Fristverlängerungsgesuches veranlaßt werden könnte.

Mit Schreiben vom 16. Mai abhin gab jedoch die Gesellschaft der Genfer Schmalspurbahnen die Erklärung ab, daß sie ihr Gesuch in vollem Umfange aufrecht erhalte. Diese Stellungnahme, deren nähere Begründung in der Botschaft betreffend das Fristverlängerungsbegehren angegeben ist, veranlaßte uus, den neuen Bewerbern von der Sachlage Kenntnis zu geben und sowohl diese als die Gesellschaft der Schmalspurbahnen auf den Weg der Verständigung zu verweisen. Die Herren Gramer und Pictet erklärten jedoch namens des Initiativkomitees unterm 29. gl. M., daß sie nicht geneigt seien, auf eine Verständigung einzutreten, da einerseits das Fristverlängerungsgesuch der Gesellschaft der Schmalspurbahnen von der Gemeinde. Petit Saconnex und dem Staatsrat in ablehnendem Sinne begutachtet worden sei, daß die Schmalspurbahnen bei ihrer schlechten Finanzlage nur einen mittelmäßigen Betrieb erwarten ließen, daß ferner deren Linienführung ohne wirklichen Nutzen für die Interessenten sei und die Ausführung voraussichtlich erst in einem möglicherweise sehr weit entfernten Zeitpunkte würde stattfinden können, während
die Gesellschaft der Tramways Suisses ein ausgedehnteres Tracé und zugleich die nötige Garantie für einen baldigen vollständigen Betrieb der neuen Linie biete, so daß deren Projekt einzig den wahren Interessen der Bevölkerung entspreche und denn auch durch drei Gemeinden und den Staatsrat lebhaft unterstützt werde.

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In der That ist vom Staatsrat unterm 18. April d. J. beschlossen worden, das Konzessionsgesuch der Herren Gentet und Konsorten in empfehlendem Sinne zu begutachten, unter Vorbehalt der Genehmigung des mit den Konzessionären zu vereinbarenden Pflichtenheftes und des definitiven Tracés der Linie. Dieser Beschluß wurde mit Schreiben vom gleichen Tage dem Eisenbahndepartement mitgeteilt und dieses um seine Meinungsäußerung über diese Punkte ersucht.

Es teilte hierauf dem Staatsrate von Genf mit, daß der Inhalt des zu vereinbarenden Pflichtenheftes der bundesseitigen Genehmigung nicht unterliege, und daß die Frage der definitiven Gestaltung des Tracés nicht anläßlich der Konzessionierung zum Gegenstand der Erörterung gemacht, sondern bei Vorlage und Prüfung des Bauplanes zu lösen sein werde, wobei gemäß Art. 14 des Eisenbahngesetzes dem Kanton Gelegenheit geboten werde, seine Interessen geltend zu machen und zu wahren.

Den Beschluß des Staatsrates glaubte das Departement in dem Sinne auffassen zu können, daß derselbe die Bewilligung der Straßenbenutzung in sich schließe, und daß diese durch die gemachten Vorbehalte grundsätzlich nicht alteriert werde, mit welcher Auffassung die Regierung von Genf mittelst Schreibens vom 2. Mai abbin sich ausdrücklich einverstanden erklärte.

Bei dieser Sachlage erseheinen die formellen Voraussetzungen für die Konzessionierung der projektierten Linie sämtlich als erfüllt, und auch vom Standpunkte der neuern, von Ihnen mehrfach geübten Praxis aus, welche freie Konkurrenz in weitgehendstem Sinne gestattet, läßt sich gegen die Erteilung der Konzession nichts einwenden. Das Projekt einer elektrischen Straßenbahn Petit SaconnexChampel konkurrenziert zwar das den Schmalspurbahnen konzessionierte Teilstück Genf-Petit Saconnex, dessen Fortbestand allerdings infolge des noch unerledigten Fristverlängerungsgesuches zur Zeit nicht definitiv gesichert ist. Aber auch wenn die Fristverlängerung, in Bezug auf welche wir Ihnen gleichzeitig unsere Anträge unterbreiten, bewilligt und die Konzession für dieses Teilstück fernerhin als zu Recht bestehend anerkannt wird, so ist daraus ein Grund zur Verweigerung der Konzession für die neue Linie, nach den bei Beurteilung von Konkurrenzgesuchen in letzter Zeit als maßgebend anerkannten Grundsätzen, nicht herzuleiten, um so weniger, als die
Linie vermöge ihrer umfassenderen Anlage eine größere Summe wirtschaftlicher Interessen befriedigt und damit wahrscheinlich für die thatsächliche Erstellung die günstigeren Vorbedingungen vorfinden wird.

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Von diesen Erwägungen geleitet, wurden die konferenziellen Verhandlungen zur Beratung des Konzessionsentwurfes angeordnet.

Dieselben fanden am 9. Juni abbin statt und ergaben allseilige Zustimmung zu dem nachstehenden Beschlußeutwurf, mit Ausnahme der in den Art. 15 und 17 enthaltenen Taxbestimmungen, wo differierende Auffassungen bestanden, in Bezug auf die ein Entscheid vorbehalten werden mußte.

In dem Konzessioosgesuch sind foldende Personentaxen verlangt worden: für Petit Saconnex-Gare de Cornavin 15 Rappen, für Petit Saconnex-Place neuve 20 Rappen, für Petit Saconnex - Champel 30 Rappen, während der Entwurf die Taxen für die einzelnen Abschnitte nach Maßgabe der Gesamttaxe von 30 Rappen festsetzte, also für die erste Sektion bis Cornavin dem Gesuch entsprechend, für das Teilstück Gare de Cornavin-Place neuve auf 5 und für dasjenige Place neuve-Champel auf 10 Rappen. Die Petenten verlangten dagegen für diese letztern Strecken Erhöhung auf 10, bezw.

15 Rappen, wogegen die Taxe für die ganze Strecke ausdrücklich auf 30 Rappen im Maximum beschränkt werden könne.

Wir können diese Ansätze mit Rücksicht auf die für die Gesamtstrecke angenommene Maximaltaxe, welche einer Kilometertaxe von 5 Rappen entspricht, zur Annahme empfehlen, da sie sich in durchaus mäßigen Grenzen bewegen und namentlich auch niedriger gehalten sind als diejenigen der bestehenden Konzession Genf-Petit Saconnex.

Die Verpflichtung, Kinder zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre zur halben Taxe zu befördern, ist wie bei ändern Straßenbahnen im Hinblick auf die mäßigen Taxen und die praktischen Schwierigkeiten in der Kontrolle im allseitigen Einverständnis gestrichen worden.

Die Gepäcktaxe wurde im Entwurf ursprünglich auf 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer festgesetzt. Die Petenten wünschten dagegen aus Gründen der Betriebsvereinfachung die Aufnahme der bei den Tramways Suisses geltenden Vorschriften, wonach für Gepäck von 10 bis 100 Kilogramm die Personentaxe zu entrichten sei. Wir können uns materiell damit einverstanden erklären, beantragen aber für diesen Fall die Redaktion, wie sie bei den Berner und Zürcher Straßenbahnen aufgenommen worden ist, wonach das Handgepäck frei ist, soweit es ohne Belästigung der Mitfahrenden untergebracht werden kann, soweit aber dafür besonderer Platz in
Anspruch genommen wird, für dasselbe die entsprechende Personentaxe zu bezahlen ist, indem sich bei dieser Formulierung die Bestimmung praktisch leichter handhaben läßt.

Die in Art. 17 normierten Warentaxen wurden von den Petenten materiell nicht beanstandet; immerhin hätten sie den Wortlaut der

518 Konzession für das bestehende Pferdebahnnetz vorgezogen, wonach das Recht zum Warentransport bloß vorbehalten ist und erst für den Fall der wirklichen Einrichtung die Taxen durch die Bundesversammlung festgesetzt würden. Nachdem nun aber der Gütertransport auf den Tramways Suisses thatsächlich eingeführt ist, liegt kein innerer Grund vor, auf der neuen Linie bloß einen fakultativen Gütertransport vorzusehen; es empfiehlt sich vielmehr die Fixierung der Verpflichtung zum Gütertransport wie der bezüglichen Tarifbestimmungen in der Konzession selbst.

Neben diesen Taxbestimmungen geben nur noch wenige Artikel zu Bemerkungen Anlaß.

Die Konzessionsdauer ist in Art. 2 antragsgemäß auf 50 Jahre festgesetzt worden. Art. 12 behält in der bei solchen Bahnen üblichen Weise die Festsetzung der Zahl der täglichen Züge und der Fahrgeschwindigkeit dem Bundesrate vor.

Art. 25 unterwirft die Gesellschaft bezüglich der Straßenbenutzung den durch die kantonalen Behörden zu erlassenden Vorschriften, soweit sie mit der Konzession und der Bundesgesetzgebung nicht im Widerspruch stehen. Es ist hier ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Regierung von Genf die Straßenbenutzung g r u n d s ä t z l i c h bereits bewilligt hat, und deshalb indem Umstand, daß die Detailvorschriften zur Zeit noch nicht vorliegen, keineswegs ein Abgehen von der konstanten Praxis erblickt werden soll, wonach auf Konzessionsgesuche hierseits erst eingetreten wird, wenn die Frage der Straßenbenutzung mit den kompetenten kantonalen, beziehungsweise lokalen Behörden in abschließlicher Weise geordnet ist. Art. 26, litt, c, hat eine der verkürzten Konzessionsdauer entsprechend modifizierte Fassung erhalten.

Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf zur Annahme empfehlen, ersuchen wir Sie, Tit., die erneute Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung genehmigen zu wollen.

B e r n , den 19. Juni

1893.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schetfk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Petit Saconnex nach Champel.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe eines Initiativkomitees vom 27. April 1893 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 19. Juni 1893, beschließt: Den Herren Ferdinand G e n te t, Advokat, Louis Cramer, Advokat, und Jules D a r i e r, Banquier, in Genf, als Vertreter eines Initiativkomitees, wird zu Händen der Gesellschaft der T r a m w a y s Suisses die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Straßenbahn von P e t i t S a c o n n e x durch die S t a d t G e n f nach C h a m p e l unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetzo, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 50 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Genf.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

520 Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 12 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird normalspurig und eingeleisig erstellt, mit Ausnahme der als Ausweichstellen erforderlichen doppelspurigen Strecken.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Genf und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe z,u jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben, und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12.. Hinsichtlich der Zahl der Züge und der Geschwindigkeit derselben bleibt die Prüfung und der Entscheid dem Bundesrate vorbehalten.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

521 Art. 14. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus durch den Bundesrat genehmigt werden muß.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für deii Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : für die ganze Strecke 30 Rappen, für die Strecke Petit Saconnex -- Gare Corna vin 15 Rappen, Gare Cornavin -- Place neuve 10 Rappen, Place neuve -- Champel 15 Kappen.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts zu zahlen.

Handgepäck ist soweit frei, als es ohne Belästigung der Mitreisenden untergebracht werden kann; soweit dafür besonderer Platz in Anspruch genommen wird, ist für solches die Personentaxe zu bezahlen.

Für Abonnementsbillets ist ein Rabatt von mindestens 25 °/o zu bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 4 Rappen, die niedrigste nicht über 2 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Das Minimum der Tranaporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 18. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, desseu Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwciltung festgesetzt werden.

Art. 19. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 100 Kilogramm für volle 100 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Ist die genaue

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Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 20. Die in Artikel 17 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Aufund Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern und andere Gegenstände, deren Verladung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. ,21. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Reglements und Tarife aufzustellen.

Art. 22. Die sämtlichen Reglements und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 23. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 25. In Bezug auf die Benutzung der öffentlichen Straßen für die Anlage und den Betrieb der Bahn werden die von den kantonalen Behörden zu erlassenden Vorschriften vorbehalten, sofern

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dieselben mit den Bestimmungen der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung nicht im Widerspruch stehen.

Art. 26. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Genf, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Ruckkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 22'/2fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden, d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch O ~ letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

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f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Hat der Kanton Genf den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Petit Saconnex nach Champel. (Vom 19. Juni 1893.)

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21.06.1893

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