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Aus den Verhandlungen des Schweiz, Bundesrates, (Vom 13. Juni 1893.)

Die Regierungen der Kantone Tessin und Neuenburg, diese im Namen ihres Großen Rates, eine Versammlung von Landwirten in Schupfen, sowie die Fédération des sociétés d'agriculture de la Suisse romande, haben mit Eingaben vom 19. und 22. Mai und vom 6. Juni dieses Jahres die Anregung gemacht, es möchte im Hinblick auf die durch die anhaltende Trockenheit verursachte Notlage der Landwirtschaft auf eine Reduktion der Militärauslagen des Bundes und auf die Verschiebung nicht dringlicher militärischer Übungen, vorab des diesjährigen Truppenzusammenzuges, Bedacht genommen werden.

Dabei sind die Potenten der Ansicht, es sei das durch die Verschiebung des Truppenzusammenzuges ersparte Geld zu verwenden einmal, um Futter anzuschaffen und es zu verteilen, sodann, um das Vieh, welches wegen der herrschenden Futternot veräußert werden müsse, anzukaufen, in der Meinung, daß es geschlachtet und in der Fischkonservenfabrik Rorschach oder in eigens dazu einzurichtenden Anstalten zu Konserven verarbeitet werde.

Der Bundesrat hat diese Petitionen dahin beantwortet, daß er bei aller Sympathie, die er für die leidenden Volkskreise empfinde, dieser Anregung keine Folge geben könne. Abgesehen von der Frage, ob der Bund überhaupt verpflichtet sei, zur Linderung der geschilderten Notlage beizusteuern, sei so viel klar, daß dies jedenfalls nicht auf die vorgeschlagene Art und Weise geschehen könne. Denn eine Verschiebung des Truppenzusammenzuges würde zweifelsohne für unser Wehrwesen schwere Nachteile nach sich ziehen.

Ohne Übungen im größeren Stil, bei welchen zum mindesten Division gegen Division zur Verwendung kommen, werde keine Armee, am allerwenigsten eine Milizarmee, für den Krieg vorbereitet.

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Zu solchen Übungen werde alljährlich nur ein Vierteil unserer Armee einberufen, so daß die gleichen Truppeneinheiten nur je das vierte Jahr zu größeren Übungen kommen. Das sei aber in unseren Verhältnissen das unerläßliche Minimum. Schon habe man der Kosten der Neubewaffnung wegen letztes Jahr die Herbstmanöver ausfallen lassen und dieses Jahr nur 2 statt 4 Divisionen zu den Wiederholungskursen einberufen.

Eine Verschiebung der diesjährigen Herbstübungen hätte zur Folge, daß nicht nur der diesjährige Wiederholungskurs des II. Arméecorps, sondern die sämtlichen Wiederholungskurse des Auszuges successive um ein Jahr hinausgeschoben würden.

Man würde alsdann in der Instruktion des Auszuges ein volles Jahr versäumen, was um so weniger angehe, als unsere Infanterie sich in einem Übergangsstadium befinde, das so rasch als möglich überwunden werden müsse, solle die Armee den an sie herantretenden Anforderungen genügen können. Es wäre geradezu unverantwortlich, die Instruktion unserer Truppen unter so bewandten Verhältnissen ohne zwingenden Grund zu vernachlässigen.

Ob ein solch zwingender Grund im Herbst vorliegen werde, das lasse sich zur Stunde nicht mit Sicherheit beurteilen. Jedenfalls sei der Beweis für eine solche Behauptung heute nicht zu erbringen. Im übrigen biete der Truppenzusammenzug der Landwirtschaft auch gewisse direkte Vorteile. Es werde für die ganze Dauer desselben von der Eidgenossenschaft eine große Anzahl von Pferden gegen anständige Entschädigung eingemietet und von der eidgenössischen Militärverwaltung verpflegt und unterhalten. Diese Pferde müßten, wenn der Truppenzusammenzugnicht abgehalten würde, von den betreffenden Pferdeeigentümern selbst verpflegt werden, und diese gingen überdies des Mietgeldes verlustig.

Im weitern falle in Betracht, daß die Truppen im Dienste vorzugsweise Fleischkost erhalten, während sie diese zu Hause zum Teil wenigstens in geringerem Maße bekommen. Würde nun für die Verpflegung der Truppen im diesjährigen Truppenzusammenzug nur inländisches Vieh verwendet, wie beabsichtigt sei, so werde damit ein Absatzgebiet eröffnet, das manchem Landwirt erwünscht sein werde, der nicht wisse, wie er seine Viehware überwintern solle.

Des ferneren sei zu berücksichtigen, daß die Bestellung der Landarbeiten im laufenden Jahre voraussichtlich weniger Arbeitskräfte
erfordere, als in normalen Jahren, und daß die landwirtschaftlichen Arbeitskräfte anfangs September so wie so am leichtesten enbehrt werden können. Während des Militärdienstes werden diese der Landwirtschaft entbehrlichen Arbeitskräfte vom Bunde

551 beschäftigt, ernährt und besoldet. Dazu komme, daß überhaupt die Ausgaben, welche die Truppenzusammenzüge verursachen, unmittelbar und beinahe ausschließlich der eigenen Bevölkerung zu gut kommen.

Was die Anregung betreffe, aus dem gegenwärtigen Überschuß des Viehstandes Fleischkonserven zu fabrizieren, so sei zu bemerken, ·daß diese Anregung undurchführbar sei. Im Sommer oder bei warmer Jahreszeit lassen sich Fleischkonserven ohne großangelegte und deshalb unverhältnismäßig kostspielige Eiskühlapparate nicht anfertigen.

Der Regierung des Kantons Graubünden wird an die Kosten der Kanalisierung des untern Laufes der Val Giandains in Ponti-esina, welche zu Fr. 122,000 devisiert sind, ein Bundesbeitrag bewilligt von 40 °/o der wirklichen Kosten bis zum Maximum der Voranschlagsumme, also Fr. 48,800.

(Vom 17. Juni 1893.)

Für die eidgenössischen Medizinalprüfungen werden nachstehende Ersatzwahlen in die medizinischen Examenbehörden der Prüfungssitze von Basel und Bern getroffen : A. Für den Prüfungssitz Basel: 1. Zum Mitglied der Kommission für naturwissenschaftliche Prüfung der Ärzte, an Stelle des die Neuwahl ablehnenden Herrn Professors Dr. L. R ü t i m e y e r in Basel: Herrn Professor Dr. F.

Z s c h o k k e in Basel, dermaliger Suppléant der Behörde.

2. Zum Suppleanten der Kommission für die Fachprüfung der Zahnärzte, an Stelle des ganz von Basel wegzogenen Herrn Zahnarzts Dr. A. W e t z e l : Herrn Dr. med. Alfred S c h i r m er, Zahnarzt in Basel.

B. Für den Prüfungssitz

Bern:

Herrn Apotheker B. S t u d e r in Bern wird die nachgesuchte Entlassung als Suppléant des Ortspräsidenten der medizinischen Prüfungskommission in allen Ehren und unter Verdankung der geleisteten Dienste erteilt und an seiner Stelle für den Rest der laufenden Amtsperiode des leitenden Ausschusses gewählt: Herr Dr. F. S c h m i d , eidgenössischer Sanitätsreferent in Bern.

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(Vom 19. Juni 1893.)

Zum Laudsturmkommandanten des V. Territorialkreises, an Stelle des zurückgetretenen Herrn Oberst von Mechel in Basel, wird unter Beförderung zum Oberstlieutenant der Infanterie Herr Major Kemigius S a u e r l ä n d e r in Aarau ernannt.

Dem Kanton Zug wird für die Sicherung des Geländes zwischen der neuen Dampfschifflände und dem Schützenhause auf Grund und unter den Bestimmungen des eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetzes vom 22. Juni 1877 eine Subvention von 50 °/o der effektiven Kosten bis zum Maximum von Fr. 25,000 bewilligt.

Auf ein wiederholtes Gesuch der Chokoladefabrikanten um Gewährung des Zuckerrückzolles für Chokolade und Zuckerwaren wird nicht eingetreten.

Der Art. 12, Deckung emission

,,Bank in St. Gallen" wird unter der nach Maßgabe von litt. 6, und Art. 15 des Banknotengesetzes zu leistenden durch das Wechselportefeuille die Erhöhung der Notenvon Fr. 11,500,000 auf Fr. 12,500,000 bewilligt.

Die Eröffnung des regelmäßigen Betriebs auf der Wengernalpbahn (Lauterbrunnen-Grindelwald) wird gestattet.

(Vom 20. Juni 1893.)

Gestern abends um 9 Uhr 15 Minuten wurde der Vorsteher des eidgenössischen Militärdepartements von Herrn Oberstdivisionär Müller, Stadtpräsidenten von Bern, von dem Andauern eines Arbeiterkrawalles in hiesiger Stadt telephonisch in Kenntnis gesetzt, mit dem Beifügen, es sei zu befürchten, daß das Polizeicorps von Bern und die aufgebotene städtische Feuerwehr zur Wiederherstellung der Ruhe und zur Sicherung der im Verlaufe der Unruhen verhafteten Tu multuanten nicht genügen werden : den Behörden stehen momentan keine Truppen zur Unterstützung des Polizeicorps zur Verfügung, und er ersuche daher dringend darum, Truppen aufzubieten und zur Verfügung zu stellen. Um den kantonalen Behörden die allfällig nötig werdende Hülfe sofort zur Verfügung zu

553 halten, bis die Regierung von Bern selbst die ihr gut scheinenden Maßregeln getroffen hätte, hat der Vorsteher des Militärdepartements die Mannschaften des Schießkurses für Offiziere der Feldartillerie in Thun und die Infanterierekrutenschule in Luzern mit Extrazügen nach Bern kommen lassen und den städtischen Polizeidirektor, Herrn Oberstbrigadier Scherz,, zum Platzkommandanten ernannt.

Die Artillerieschießschule von Thun ist vergangene Nacht um 12 Uhr 10 Minuten, die Infanterierekrutenschule von Luzern heute vormittag 5 Uhr in Bern eingetroffen.

Der Bundesrat hat der Regierung von Bern von den Anordnungen des eidgenössischen Militärdepartements Kenntnis gegeben, welche er mit diesem als rein provisorische und vorsorgliche Maßregeln betrachtet, da nach Art. 16 der Bundesverfassung es ihr in erster Linie zukommt, für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung in der Bundesstadt Sorge zu tragen. Um jedoch von der Tragweite der gestrigen Unruhen genau unterrichtet zu sein, hat er die Regierung des Kantons Bern ersucht, ihm beförderlichst über die Angelegenheit Bericht zu erstatten und ihm gleichzeitig mitzuteilen, was seitens der Regierung zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung in der Bundeshauptstadt angeordnet worden ist, oder was sie noch vorzukehren gedenke.

Da es der Regierung inzwischen möglich gewesen sein wird, allfällig nötig werdende Vorsichtsmaßregeln zu treffen, so wird der Bundesrat die bezeichneten, in Unterrichtskursen befindlichen Truppen innerhalb 24 Stunden wieder nach ihren Waffenplätzen zurückgehen lassen, da der Unterrichtszweck es nicht gestattet, sie länger als nötig in Bern zu behalten.

Die Regierung des Kantons Bern hat dem Bundesrat heute ihr Bedauern über die vorgefallenen Unruhen ausgesprochen und ihm mitgeteilt, daß sie das Bataillon 37 und die Kavallerieschwadron Nr. 10 zur Aufrechterhaltung der nun eingetretenen Ruhe aufgeboten habe und daß daher auf morgen mittag die zur Zeit in Bern befindlichen Truppen wieder in ihre Schule zurückgezogen werden können. Als Platzkommandant habe sie den schon vom eidg. Militärdepartement mit dieser Aufgabe betrauten Herrn Oberst S c h e r z bestätigt. Indem die Regierung dem Bundesrate die vom eidg. Militärdepartement den städtischen Behörden bereitwillig geleistete vorübergehende Aushülfe bestens verdankt, spricht sie die zuversichtliche Hoffnung aus, daß sie im stände sein werde, die Ruhe in Zukunft aufrecht zu erhalten.

554 \Vahlen.

(Vom 13. Juni 1893.)

Finanz- und Zolldepartement.

Gehülfen der Zollverwaltung: Herr Jakob Schwarzenbach, von Thalweil (Zürich), bisher provisorischer Gehülfe in Romanshorn.

,, Samuel Häusermann, von Egliswyl (Aargau), bisher provisorischer Gehülfe in Romanshorn.

Post- und Eisenbahndepartement.

Posthalter und Telegraphist in Neukirch i. E. (Thurgau) : Frau Elisabetha Däadliker, von Hombrechtikon (Zürich), Telegraphist in Steckborn.

Posthalter, Briefträger und Bote in Lostallo (Graubünden): Herr Karl Toaolla, von Lostallo, Postgehülfe daselbst.

Telegraphist in Wynigen (Bern) : Frl. Rosa Schürch, von Buren zum Hof (Bern), in Wynigen.

(Vom 19. Juni 1893.)

Finanz- und Zottdepartement.

Einnehmer am Hauptzollamt Thayngen-Bahnhof: Herr August Höchli, von Klingnau, bisheriger Gehülfe beim Zollamt Romanshorn.

Post- und Eisenbahndepartement.

Postcommis in St. Immer: Herr Robert Renaud, von St. Georges, Postaspirant in St. Immer.

Adjunkt der Telegrapheninspektion Zürich : ,, Hermann Richter, von Combes (Neuchâtel), I. Telegraphengehillfe in Zürich.

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21.06.1893

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