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Aus den Verhandlungen des Schweiz, Bundesrates.

(Vom 30. Mai 1893.)

Die Ratifikationsurkunden zu der am 3. März dieses Jahres zwischen der Schweiz und Rumänien abgeschlossenen Handelsübereinkunft sind am 12. dies zwischen Herrn Generalkonsul S t a u b und dem rumänischen Minister des Auswärtigen, Herrn A. L a h o v in Bukarest ausgewechselt worden. Die Übereinkunft ist nach tikel 9 derselben am darauffolgenden Tage in Kraft getreten.

(Vom 2. Juni 1893.)

Der Bundesrat hat die Bundeskanzlei beauftragt, die Beschwerde der Gesellschaft schweizerischer Landwirte betreffend seinen jüngsten Beschluß über die Einfuhr aus den zollfreien Zonen von Hochsavoyen und der Landschaft Gex (Bundesbl. II, 842) folgendermaßen zu beantworten : Mittelst Eingabe vom 24. Mai teilten Sie dem h. Bundesrate mit, daß Sie in der am 19. Mai stattgehabten außerordentlichen Gesellschaftssitzung beauftragt worden seien, den Bundesrat zu ersuchen, ,,im Interesse der notleidenden heimischen Landwirtschaft seinen Beschluß vom 9. Mai betreffend die Einfuhr aus der zollfreien Zone von Gex und Hochsavoyen in Wiedererwägung zu ziehen und die einem uns in zollpolitischen Angelegenheiten so wenig entgegenkommenden Lande gewährten Vergünstigungen rückgängig zu machen".

Sie gehen in der Begründung dieses Gesuches von der Voraussetzung aus, daß von dem Tage der Inkraftsetzung jenes Beschlusses an Genf und ein großer Teil der übrigen Westschweiz mit französischem Vieh aus den begünstigten Distrikten überschwemmt werden; Sie sprechen ferner die Befürchtung aus, daß die Begünstigung, die der Beschluß gewährt, dazu benutzt werden könnte, Bundesblatt. 45. Jahrg. Bd. III.

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um die Einfuhr von Vieh aus den weiter rückwärts liegenden Gebieten des Landes zu vermitteln, weil Frankreich ebenfalls der Thatsache eines beträchtlichen Ausfalles der Futterernte gegenüberstehe und deshalb sehnsuchtig der Stunde harre, wo sich seinem überzählig gewordenen Vieh die Thore der Schweiz öffnen werden.

Wir beehren uns, Sie im Auftrage des Bundesrates darauf aufmerksam zu machen, daß Ihre Voraussetzungen und Befürchtungen auf Irrtum beruhen.

Es ist nämlich zunächst zu bemerken, daß den fraglichen Gebieten keinerlei Begünstigung vor andern Grenzstrecken eingeräumt worden ist, mit einziger Ausnahme derjenigen, welche uns von dem großen französischen Zollgebiet trennt, und auf welche nach wie vor unser Ausnahmetarif angewendet bleibt. Das im Beschlüsse vom 9. Mai aufgezählte Vieh aus der Zone von Hochsavoyen und aus der Landschaft Gex hat also bei der Einfuhr in die Schweiz die gleichen Zölle zu entrichten, wie italienisches, österreichisches oder deutsches Vieh.

Wenn der Bundesrat diese Gleichstellung der Zonen mit den übrigen Ländern beschloß, geschah es , weil sie zollpolitisch gar nicht zu Frankreich gehören und, wie schon angedeutet, vollständig außerhalb der französischen Zolllinie stehen. Am Eingang derselben befinden sich keine französischen Zollämter. Alle schweizerischen Erzeugnisse, auch landwirtschaftliche, wie z. B. Käse, finden daselbst trotz unserm Zollkrieg mit Frankreich Eingang, ohne irgend einen Zoll zu entrichten ; die Bevölkerung der Zonen bezieht den größten Teil dessen, was sie von außen bedarf, nicht aus Frankreich, sondern aus der Schweiz, und es ist in durchaus glaubwürdiger Weise berechnet worden, daß der Wert dieser Bezüge von Artikeln aller Art, an welchen fast alle unsere Erwerbszweige und Landesgebiete, die Ost- und.Central- wie die Westschweiz, direkt oder indirekt beteiligt sind, jährlich 15--20 Millionen Franken beträgt.

Unter diesen Umständen hat es der Bundesrat für billig erachtet, die hauptsächlichsten Erzeugnisse der zollfreien Zone von Hochsavoyen und der Landschaft Gex, welche bisher dem gegen Frankreich aufgestellten Ausnahmetarif unterlagen, nicht ungünstiger zu behandeln, als diejenigen von Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien, wo dem Export unserer landwirtschaftlichen Produkte und industriellen Fabrikate hohe Zolltarife hemmend
entgegenstehen.

Von der in Ihrer Eingabe als Hauptbedenken gegen den Beschluß des Bundesrates hervorgehobenen Gefahr einer ,,Überschwemmung Genfs und eines großen Teils der übrigen Westschweiz mit französischem Vieha könnte nur die Rede sein, wenn, wie Sie vorauszusetzen scheinen, die Einfuhr ohne Kontrolle und in un-

273 beschränkter Menge stattfinden könnte, und wenn die Futternot in den Zonen und in Frankreich so groß wäre, daß sie zum massenhaften Verkauf von Vieh nötigen würde.

Wir können Ihnen in diesen Beziehungen die beruhigendsten Aufschlüsse geben. Wie es im Beschlüsse des Bundesrates ausdrücklich gesagt wird, müssen die Einfuhren von Ursprungszeugnissen begleitet sein, aus welchen in zuverlässiger Weise hervorgeht, daß das betreffende Vieh aus den Zonen und nicht aus dem französischen Zollgebiet stammt; es wird von den schweizerischen Zollämtern auch sonst keine Maßregel versäumt werden, welche zur Verhütung von mißbräuchlicher Einfuhr geeignet ist. Sodann ist die Einfuhr jeder Viehsorte auf eine bestimmte Stückzahl pro Jahr beschränkt, und um gegen jede Masseneinfuhr aus spekulativen Absichten, so unwahrscheinlich auch eine solche ist, gesichert zu sein, hat das Zolldepartement betreffend Großvieh außerdem die Anordnung getroffen, daß ohne besondere Bewilligung j e d e n Monat nur ein ungefähr dem normalen Marktverkehr e n t s p r e c h e n d e r Teil d e r f i x i e r t e n J a h r e s m e n g e e i n g e f ü h r t w e r d e n k a n n . Daß übrigens jede Gefahr einer Masseneinfuhr auch ohne dies ausgeschlossen wäre, scheint aus der Thatsache hervorzugehen, daß zu der Zeit der größten Kalamität keine wesentlich vermehrte Einfuhr von Vieh aus den Zonen stattfand, vielmehr eine Menge von Heu und Stroh aus dem Innern jener Gebiete auf den Markt nach Genf geführt wurde, so daß also von einer eigentlichen Futternot und einem Zwang zur massenhaften Ausfuhr von Vieh aus jenen Grenzgebieten nach der Schweiz nicht gesprochen werden kann.

Es hat sich denn auch eine vom Staatsrate einberufene Versammlung von Landwirten aus dem ganzen Kanton Genf, welche doch in erster Linie die Konkurrenz der Zonen zu fürchten hätte, einmütig für die Beibehaltung des bundesrätlicheu Dekretes ausgesprochen.

Von einer von Ihnen empfohlenen Rückgängigmachung des Beschlusses vom 9. Mai vermöchte sich der 'Bundesrat keine Besserung der Notlage unserer Landwirtschaft zu versprechen. Abgesehen davon, daß vorläufig die eigentliche Putternot und die Periode der gezwungenen Viehverkäufe bereits vorüber ist, sollen wir Sie darauf aufmerksam machen, daß die verlängerte Anwendung unseres Ausnahmetarifes auf die Zonen und die damit
verbundene Erschwerung der Vieheinfuhr aus denselben bei gleichzeitiger Anwendung des niedrigem Gebrauchstarifs auf das Vieh aus den übrigen Ländern hauptsächlich eine entsprechend größere Einfuhr aus Italien etc. zur Folge hätte und also der schweizerischen Landwirtschaft nicht

274 wesentlich zu gute käme. Für die Inkraftsetzung des Beschlusses spricht hingegen, abgesehen von den eingangs erwähnten Billigkeitsgründen, der Umstand, daß durch die niedrigere Verzollung von Vieh aus den Zonen die Konkurrenz desjenigen aus dem französischen Zollgebiet, die bisher trotz des Ausnahmetarifs immer noch sehr beträchtlich war, g a n z w e s e n t l i c h e r s c h w e r t , w e n n nicht v e r u n m öglicht wird.

Der Bundesral glaubt annehmen zu dürfen, daß die vorstehenden Aufschlüsse und Erwägungen, sowie die Auseinandersetzungen, welche außerdem die beiliegende Botschaft an die Bundesversammlung enthält, Ihnen die Überzeugung gewähren werden, daß er seinen Beschluß vom 9. Mai nicht nur vom allgemein politischen, sondern ganz besonders auch vom Gesichtspunkte der Landwirtschaft aus wohl erwogen und daß er vorläufig keine Veranlassung hat, denselben rückgängig zu machen oder dessen Ausführung zu verschieben. Sollte sich dies wider Erwarten nach kürzerer oder längerer Anwendung für nötig oder zweckmäßig erweisen, so kann es sofort geschehen, da der Bundesrat dabei an keinerlei Vereinbarung gebunden ist.

Zur Vorberatung des Programms und zur Beurteilung der einlangenden Konkurrenzentwürfe für ein Post- und Telegraphengebäude in Winterthur wird ein Preisgericht aufgestellt und dasselbe bestellt aus den Herren: Architekt V i s c h e r - S a r a s i n in Basel, Architekt G u l l in Zürich, Architekt P r i n c e in Neuenburg, Oberpostdirektor L u t z in Bern und Baudirektor F l ü c k i g e r in Bern.

Mit Bezug auf die Verpflegung im Militärdienst bestimmt das Verwaltungsreglement : a. in Art. 165, daß die tägliche Fourageration für Reit- und Zugpferde im Feldverhältnis zu bestehen habe aus 5 kg. Hafer und 6 kg. Heu; o. in Art. 166, daß die erwähnte Fourageration im Friedensverhältnis in folgenden Kursen oder Kurszeiten verabfolgt werde : in allen Wiederholungskursen, in der zweiten Hälfte der Rekrutenschulen aller Waffen, im letzten Dritteil der Remontenkurse und auf Rekognoszierungen und Märschen ; c. in Art. 167, daß in allen andern in Art. 166 nicht genannten Kursen und Kurszeiten die schwache Ration, bestehend aus 4 kg. Hafer und 5 kg. Heu, verabfolgt werde.

275 Mit Rücksicht auf den eingetretenen Futtermangel, und um die bei den Lieferanten und beim Oberkriegskommissariat noch vorhandenen Heuvorräte einigermaßen schonen zu können, hat der Bundesrat vorläufig für die Monate Juni, Juli und August die Fourageration für Reit- und Zugpferde folgendermaßen festgestellt: starke Ration: 5Va kg. Hafer und 5 kg. Heu; schwache Ration: 4*/2 kg. Hafer und 4 kg. Heu,

Als Registratur des Centralamtes für den internationalen Eisenbahntransport wird Herr Gustav M a r c h a n d , von Freiburg, und als Kanzlist des genannten Amtes Herr Emil Fleuti von Saanen, ernannt.

Als Verwaltungsräte der Gotthardbahn (gemäß Art. 34 der Gesellschaftsstatuten) sind die Herren Kommandeur A l l i e v i , Senator des Königreichs Italien, in Rom, und alt-Regierungsrat S p i l l er, in Winterthur (bisherige), bestätigt worden.

(Vom 5. Juni 1893.)

Herrn Oberst Franz M a r t i , von Othmarsingen, in Lenzburg, wird die nachgesuchte Entlassung als Kommandant der X. Infanteriebrigade A. erteilt, und Herr Oberstlieutenant Stefan Gutzwiller, von Therwil, in Bern, unter Beförderung zum Obersten zum Kommandanten der genannten Brigade ernannt.

Die in Art. 5 der Konzession einer Eisenbahn von Spiez nach Frutigen vom 20. Dezember 1890 (E. A. S. XI, 222 ff.) festgesetzte Frist zur Einreichung der vorschriftsgemäßen finanziellen und technischen Vorlagen, sowie der Statuten der Gesellschaft, wird um weitere 30 Monate, d. h. bis 20. Dezember 1895, verlängert.

Der Bundesrat nimmt Kenntnis von dem Berichte des Militär.departementes über die Ergebnisse der Untersuchung in Sachen der eidgenössischen Waffenfabrik, der eidgenössischen Munitionsfabrik und der eidgenössischen Konstruktionswerkstätte, und über die Anordnungen, zu welchen das Militärdepartement im Laufe dieser Unter-

276 siichung sich veranlaßt gesehen hat. Er betrachtet die fraglichen Anordnungen, soweit sie von den Vorschriften der Verordnungen über den Betrieb der eidgenössischen Waffenfabrik, der eidgenössischen Munitionsfabrik und der eidgenössischen Konstruktionswerkstätte vom 7. Februar 1876 abweichen, als durch die damaligen außerordentlichen Umstände und Verhältnisse in den Werkstätten bedingte provisorische Maßregeln. Er erachtet namentlich mit Rücksicht 1. auf die Frage der Einsetzung ständiger Arbeiterkommissionen im Sinne des durch das Militärdepartement dem Bundesrate vorgelegten Berichtes des Chefs der technischen Abteilung, 2. auf die ebendaselbst berührte Frage der Aufstellung einer Aufsichtskommission Über die WafFenfabrik, eine Revision der obgenannten Verordnungen für erheblich und ladet das Militärdepartement ein, ihm hierüber besondern Bericht und Antrag vorzulegen.

^Wahlen.

(Vom 2. Juni 1893.)

Industrie- und Eanzlist der Abteilung Forstwesen, Jagd und Fischerei:

Landwirtschaftsdepartement.

Herr Paul Bertholet, von Aigle, in Lausanne.

Post- und Eisenbahndepartement.

Posthalter und Briefträger in Vionnaz (Wallis): Posthalter und Briefträger in Kleindietwyl:

Herr Louis Guérin, von Reverculaz, Lehrer in Vionnaz.

Frl. Martha Wolfisberg, von und in Kleindietwyl.

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