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Übersicht

6 CO 6

der

im Jahr 1892 kontrollierten Käufe, Einschmelzungen und Proben von Gold- und Silberabfällen.

Kreise.

Kaufer, Schmelzer und Probierer.

Bordereaux.

Neu eröffnete Conti.

Eröffnete Conti bis 31. Dezember 1892.

1. Noirmont 2. St. Immer .

3. Tramlingen 4. Grenchen .

.

. .

5. Biel 6. Schaffhausen 7. Neuenburg 8. Fleurier 9. Loele 1 0 . Chauxdefonds . . . .

11. Genf 12 Pruntrut

2 « 1 2 9 2 9 8 13 24 10 3

682 1,761 1,189 354 3,666 178 437 531 2,629 11,930 1,608 1,851

37 63 57 29 108 8 23 27 69 255 67 57

402 913 653 195 1,222 194 266 311 929 2901 851 684

91

26,816

800

9,621

Am 31. Dezember 1892 Am 31 . Dezember 1891 Mehr 1891 * ) . . . .

Abfälle (bezahlter Wert).

, Fr.

37,884.

148,178.

48,525.

20,748.

532.581.

49,206.

30,386.

39,500.

383,853.

1,428,375.

305,930.

64,135.

35 15 35 16 20 65 40 10 75 40 90 80

' Ì i !

;

28,707

3,089,306. 20 3,867,443. 60 ;

1,891

778,137. 40

*) Dieser Bückgang ist jedenfa Ils der Krisis zu anschreiben, die iinsère Uhrenindustrie noch 1 leimsucht.

.

«97 Aufsichtskreise und Stellvertreter der Kontrollverwaltungen /Préposés/. Infolge Niederlegung seines Mandates ist ein Préposé nach dem Vorschlage der beteiligten Kontrollverwaltung ersetzt worden.

Auch dieses Jahr können wir uns nur lobend aussprecheu über die umsichtige und uneigennützige Mitwirkung der Kontrollverwaltungen und deren Stellvertreter.

Inspektion der Souchenregisler. Eine allgemeine Inspektion der Souchenregister liât im Berichtsjahre stattgefunden. Aus den uns darüber erstatteten Rapporten konnten wir ersehen, daß außer einigen Ausnahmen diese Register in guter Ordnung befunden wurden. Die vorgekommenen Unregelmäßigkeiten konnten auf administrativem Wege erledigt werden.

Zuwiderhandlung gegen das Gesetz. Ein einziger Fall kam vor. Ein Industrieller, der hierzu nicht berechtigt war, kaufte Abfälle von einer sich vorübergehend in Môtiers (Val de Travers) aufhaltenden Person. Das Bezirkspolizeigericht verurteilte ihn zu einer Buße und zu den Kosten.

III, Abteilung.

Auswanderungswesen.

A. Administrative Sektion.

i. Allgemeines.

1. S t a t i s t i s c h e s . Die schweizerische Auswanderungsstatistik beruht auf den Angaben der patentierten Auswanderungsagenten und umfaßt sonach nur die von den letztern nach überseeischen Staaten beförderten Schweizerbürger und in der Schweiz niedergelassenen Ausländer. Im nachfolgenden geben wir eine Übersicht der Resultate jener Angaben pro 1892 und der den Agenten einbezahlten und den Auswanderern des verflossenen Jahres am Bestimmungsorte wieder ausbezahlten Summen:

6U8 Kantoue.

Zahl der Auswanderer.

ZUrich Bern Luzern Uri Schwyz Unterwaiden ob dem Wald . .

Unterwaiden nid dem Wald .

Glarus Zug Freiburg Solothurn Basel-Stadt Basel-Landschaft Schaffhausen Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh St. Gallen Granbünden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg Genf Total

828 1642 124 85 237 83 8 186 38 48 167 480 119 145 244 4 80'2 293 369 182 636 263 337 366 149 7835

Betrag der den Agenturen einbezahlten Wechselsumnien.

Fr.

97,479.

204,667.

21,686.

13,569.

18,796.

6,297.

333.

17,669.

2,725.

2,738.

13,316 60,174.

7,476.

4,318.

19,187.

156.

66,743.

26,272.

52,602.

14,881.

2,808.

27,022.

9,060.

20,791.

8,697.

719,472.

15 60 88 20 95 45 -- 15 60 65 -- 65 15 -- -- 17 55 65 50 60 20 50 80 80 20

Während in den Jahren 1890 und 1891 eine Abnahme der Auswanderung zu konstatieren war, Übersteigt die Zahl der im Berichtsjahre Ausgewanderten diejenige des Vorjahres um 319. Die Zunahme ist um so auffallender, als die Verkehrsstörungen, welche infolge des Auftretens und der Verbreitung der Cholera in mehreren Einschiffungshäfen eingetreten sind, und die damit in Zusammenhang stehende Erhöhung der Passagepreise ohne Zweifel manchen abgehalten haben, auszuwandern. So war in den Monaten September und Oktober, während welcher jene Störungen am intensivsten waren, ein Kilckgang der Auswanderungsziffer um 979 gegenüber derjenigen derselben Monate des Vorjahres zu verzeichnen; allerdings war dann offenbar wegen dieses Rückganges die Auswanderung in den Monaten November und Dezember wieder eine weitaus stärkere. Eine ganz

(WH

erhebliche Vermehrung der Auswandererzahl weisen die Kantune Schwyz, Baselstadt, Schaff hausen, St. Gallen, Waliis und Neuenburg auf, während der Kanton Bern eine bemerkenswerte Abnahme verzeichnet.

Als Einschiffnngshafen wurden von den Auswanderern des Jahres 1892 hauptsächlich benutzt: Havre (5521), Antwerpen (1508), Cherbourg (250), Boulogne s. M. (242), Marseille (77), Bordeaux (68), Rotterdam (63), Genua (36). Die Auswanderer nach den Vereinigten Staaten werden größtenteils über Havre und Antwerpen, diejenigen nach Südamerika über Havre, Marseille und Bordeaux befördert.

2. Von der Summe von Fr. 719,472. 20, welche die Auswanderer des Jahres 1892 in Form von Wechseln ihrer neuen Heimat gebracht haben, waren Fr. 714,840. 70 in den Vereinigten Staaten auszubezahlen und nur Fr. 4631. 50 in anderen Ländern, nach denen die Auswanderer ihre Barbeträge auf anderem Wege gelangen zu lassen scheinen.

3. Auch im Berichtsjahre wurden wir des öftern angegangen, über in frühem Jahren ausgewanderte Personen, die während längerer Zeit nichts von sich hatten hören lassen, Auskunft zu verschaffen.

Da die Anhaltspunkte, welche zur Aufsuchung der Vermißten gegeben werden, in der Regel sehr mangelhaft sind, erwächst den Gesandtschaften und Konsulaten, die mit den erforderlichen Nachforschungen beauftragt werden müssen, oft sehr viel Mühe.

4. Auf Ansuchen einer Agentur verwandten wir uns dafür, daß der für den Personenverkehr in Frankreich seit dem 1. April 1892 eingeführte reduzierte Tarif auch bei der Peststellung der Preise der Auswandererhillets, welche bei einer Anzahl schweizerischer Bahnstationen (Basel, Bern, Neueuburg, Biel, Freiburg, Lausanne, St. Maurice, Genf, Delsberg und Luzern) nach französischen Hafenplätzen zur Ausgabe gelangen, berücksichtigt werde.

II. Agenten, Unteragenten und Kautionen.

1. Die Zahl der Agenturen hat sich im Berichtsjahre nicht und die der Unteragenten nur um drei vermehrt. Aus dem Dienste von Agenturen getreten sind 21, neu eingetreten 24, von einer Agentur zur andern übergetreten sind 3 Unteragenten. An Gebühren für diese Mutationen im Bestände der Agenten wurden Fr. 830 bezahlt.

Firmaänderung trat bei zwei Agenturen ein, bei der einen in Gemäßheit des Art. 902 des O.-R., bei der andern infolge Vermehrung der Zahl der Gesellschafter. Indem wir im übrigen auf die gesetzlich vorgeschriebenen Veröffentlichungen der Namen der aus- und ein-

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getretenen Unterageuteu im Bundesblatte verweisen, geben wir im nachstehenden die Namen der patentierten Agenten und die Zahl der von ihnen beschäftigten Unteragenten : 1. Louis Kaiser in Basel (28 Unteragenten); 2. Leo Komme) (Kümmel & Cie.) in Basel (37 Unteragenten); 3. Konrad Schneebeli in Basel (13 Unteragenten) 5 4. Wirtb-Herzog in Aarau (7 Unteragenten); 5. J. Leuenberger (Firma J. Leuenberger & Cie.) in Biel (7 Unteragenten) ; 6. Johann Imobersteg (Firma ,,Zwilchenbart", schweizerische Aktiengesellschaft für Auswanderung) in Basel (47 Unteragenten) ; 7. Corecco & Brivio in Bodio (23 Unteragenteii); 8. Berta, Andreazzi & Tognazzini in Giubiasco (7 Unteragenten) ; 9. L. Werzinger (Firma Danzas & Cie), Verkäufer von Passagebillets (2 Filialen).

Die von diesen Agenten deponierte Kautionssumme beläuft sich zu Ende 1892 auf Fr. 971,620, gegen Fr. 854,530 zu Ende 1891.

2. In Beziehung auf die Art und Weise, wie das Auswanderungsgeschäft betrieben wird, die hohe Zahl der Unteragenten, den kontinuierlichen Wechsel im Bestände derselben und die damit zusammenhängenden Erscheinungen haben wir im Berichtsjahre dieselben Beobachtungen gemacht wie in frühem Jahren. Es läßt sich zwar nicht verkennen, daß etwelche Besserung eingetreten ist, und manche Übelstände, über welche wir uns in frühen) Berichten zu beklagen Ursache hatten, wenn auch nicht völlig beseitigt worden sind, so doch sich vermindert haben. So läßt sich sagen, daß die meisten Agenturen in der Wahl der Unteragenten etwas vorsichtiger sind, daß die gesetzlich vorgeschriebenen Register über die Vertragsabschlüsse sorgfältiger geführt werden, und daß die Klagen wegen Anreizung zur Auswanderung seltener geworden sind.

Dagegen waren wir im Berichtsjahre wiederum zu beobachten im Falle, daß kantonale Behörden immer noch übersehen, daß die Aufsicht über die Auswanderungsagenten nicht allein Sache des Bundes ist, sondern daß sie nach Art. l des Gesetzes zur Mitwirkung boi dieser Aufsicht berufen sind. Bei der großen Zahl von Agenten und Unteragenten, bei dem Umstände, daß dieselben über fast alle Kantone zerstreut sind, ist es der eidgenössischen Aufsichtsbehörde materiell unmöglich, diese Aufsicht allein auszuüben. Die Inspektionen haben sich als sehr nützlich erwiesen ; sie waren für manche Agenten der einzige Beweis, daß eine Aufsicht besteht, und ihnen haupt-

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sächlich ist zu verdanken, daß die Geschäftskontrollen, sowie Überhaupt die Bücher vieler Unteragenten besser geführt und die Vertragsformulare sorgfältiger ausgefüllt 'werden.

3. Die Anfrage einer schweizerischen Eisenbahngesellschaft, ob dagegen Einsprache erhoben werden könnte, wenn Auswandererbillets auf die Vorweisung eines mit, einem ausländischen Agenten abgeschlossenen Auswanderungsvertrages abgegeben würden, wurde, bejaht, und zwar aus folgenden Gründen : Ausländische, d. h. innerhalb der Eidgenossenschaft kein festes Domizil habende Agenten können nach Art. 3, Ziffer 3, des Bundesgesetzes vom 22. März 1888 in der Schweiz kein Patent erhalten und sind deshalb zum Geschäftsbetrieb nicht ermächtigt. Hieraus folgt, daß Eisenbahngesellschaften, welche solchen Agenten Emigrantonbillets abgeben, sich der Mithülfe bei unerlaubten Auswanderungsgeschiiften schuldig machen würden. Dem Einwand, daß, da der Vertrag im Auslande abgeschlossen worden, das schweizerische Gesetz nicht anwendbar sei, ist entgegenzuhalten, daß wer von einer schweizerischen Eisenbahngesellschaft, gestützt auf einen solchen Vertrag, ein Emigrantenbillet verlangt, will, daß die Beförderung von einem Punkte des schweizerischen Territoriums aus erfolge, und eine solche Beförderung darf von einem ausländischen Agenten nicht vorgenommen werden.

Es ist überhaupt zu beachten, daß das Auswanderungsgesetz, sowohl für die Eisenbahn- als für die Schiffahrt, als Expedienten einzig und allein den Agenten, der den Vertrag abgeschlossen, und nicht die wirklichen Inhaber der verschiedenen Transportanstalten betrachtet.

Da nach dem Gesetze nur die Agenten mit den Auswanderern in Geschäftsverkehr treten dürfen, kann den Eisenbahngesellschaften auch nicht gestattet werden, Emigrantenbillets direkt an Auswanderer abzugeben. Anders verhält es sich, wenn die Eisenbahngesellschaften den Agenten oder Auswanderern Gesellschaftsbillets abgeben, da hier die Eigenschaft der einzelnen Mitglieder als Auswanderer nicht in Betracht fällt. Aber gerade weil zur Erlangung von Emigrantenbillets die Vorweisung von Auswanderungsverträgen nötig ist, bildet der Verkauf solcher Billets eine zum Auswanderungsgeschäft gehörende Thätigkeit xind darum ein allein den patentierten Agenten anstehendes Recht.

e. Eine von einer Gesellschaft betriebene Auswanderungsagentur
glaubte, auch nicht patentierte Mitglieder derselben zur rechtsverbindlichen Unterschrift befugt erklären zu können. Gestützt auf folgende Erwägungen verhielten wir die Agentur dazu, die bereits im Handelsregister eingetragene gesetzwidrige Erklärung zu annullieren.

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Aus Art. 3, Alinea l, des Bundesgesetzes vorn 22. März 1888 geht hervor, daß in dem Falle, wo eine Agentur von einer Gesellschaft betrieben wird, das Patent nicht ihr, sondern dem Bevollmächtigten derselben zu erteilen ist, und Art. 2, Alinea l, bestimmt, daß nur, wer ein Patent besitzt, sich mit der geschäftsmäßigen Beförderung von Auswanderern befassen darf. Hieraus folgt, dalJ nach dem Gesetze eine Auswanderungsagentur allerdings von einer Gesellschaft betrieben werden darf, daß der letztern aber nicht freisteht, beliebige Personen als Bevollmächtigte zu bezeichnen. Diese müssen vielmehr die in Art. 3 des Gesetzes vorgeschriebenen Eigenschaften besitzen und um ein Patent einkommen. Nicht die Gesellschaft, deren einzelne Glieder nicht bekannt sind, sondern nur die Bevollmächtigten, d. h. bestimmte, physische, kontrollierbare Personen dürten Auswanderungsgeschäfte betreiben. Gesellschafter, welche hierfür kein Patent erhalten haben, können darum nicht Bevollmächtigte der Gesellschaft sein und die rechtsverbindliche Unterschrift für dieselbe nicht führen.

5. Von einer Agentur wurden Bedenken darüber geäußert, daß ein Gerichtspräsident als Unteragent im Dienste einer Agentur stehe.

Wir bemerkten hierzu, daß das Auswanderungsgesetz die Kantone nicht verhalte, ihren Beamten das Betreiben von Auswanderungsgeschäften zu untersagen. Einer vom Bundesrate mit Kreisschreiben vom 10. Juli 1888 den Kantonen gemachten diesbezüglichen Anregung hat nur eine kleine Anzahl derselben Folge gegeben. Wir hatten deshalb nicht zu untersuchen, ob die Stelle eines Gerichtspräsidenten mit der eines Unteragenten vereinbar sei. Sollte die Doppelstelluug in einem bestimmten Falle zu Inkonvenienzen fuhren, so ist es je nach der Natur der letztern Sache des Bundes oder des Kantons,, dieselben zu beseitigen.

6. Eine kantonale Behörde teilte mit, daß sich eine Agentur geweigert habe, die gesetzlich vorgeschriebene Steuer für den Betrieb einer Subagentur zu entrichten, und frug an, ob, da der Betrag der Steuer zu unbedeutend sei, um die Kosten der Betreibung der Hauptagentur an ihrem in einem andern Kanton gelegenen Hauptsitze zu rechtfertigen, sie derselben nicht den Betrieb von Auswanderungsgeschäften im Kanton verbieten dürfe. Wir erwiderten: Das vom Bundesrat einer Agentur erteilte Patent giebt derselben das Recht, im
ganzen Gebiet der Eidgenossenschaft Auswanderungsgeschäfte zu betreiben und Unteragenten anzustellen. Es steht den Kantonen nicht zu, aus irgend einem Grunde einer Agentur oder einem Unteragenten zu untersagen, auf ihrem Gebiete sich mit Auswanderungsgeschäften zu befassen. Glaubt eine kantonale Behörde

7(K5 Ursache zu haben, sich über einen Agenten zu beschweren, so kann sie sich an die Bundesbehörde wenden, welche einzig das Kecht hat, einer Agentur das Patent oder die Bewilligung zur ferneren Verwendung eines Unteragenten zu entziehen (Art. 3, Alinea 3, und Art. 5, Alinea 4, des Gesetzes). Wegen Steuerverweigerung eines Agenten kann aber der Bund von jenem Rechte nicht Gebrauch machen. Dagegen dürfte dem Kanton, vermöge seiner legislatorischen Kompetenz, das Recht zustehen, dem Unteragenten den Charakter des persönlichen Schuldners für die vom Hauptagenten geforderte Steuer zu verleihen, und so, unter Vorbehalt des Rückgriffsrechtes des Unteragenten gegen den Hauptagenten, von ersterem die Bezahlung erlangen.

III. Klagen.

Im Berichtsjahre haben die Klagen Über allerlei Vorkommnisse im AuswanderungBgeschäfte zwar nicht abgenommen, jedoch waren systematische und böswillige Umgehungen des Gesetzes weniger oft zu beobachten, als in frühern Jahren. Nicht selten bezogen sich die Beschwerden auf Verhältnisse, die zu ändern nicht in der Macht der Auswanderungsagenten liegt. Dies war insbesondere bei den zahlreichen Anständen der Fall, welche durch die mit dem 1. September beginnenden und heute noch bestehenden Verkehrsstörungen veranlaßt wurden, welch' letztere ihrerseits eine Folge des Auftretens der Cholera in mehreren Hafenstädten und der von der Kegierung der Vereinigten Staaten gegen die Einschleppung der Krankheit ergriffenen Maßnahmen waren.

Wenn nun auch einerseits mit Befriedigung wahrzunehmen ist, daß das auswandernde Publikum immer mehr mit den Bestimmungen des Auswanderungsgesetzes und der Absicht des Gesetzgebers vertraut wird und von den Wohlthaten des Gesetzes Gebrauch macht, so darf aber anderseits auch nicht übersehen werden, daß liber viele bedauernswerte Vorkommnisse Beschwerde nicht erhoben wird, weil derjenige, welcher hierzu Ursache hätte, bereits an seinem Bestimmungsorte angelangt ist und beim Betreten des neuen Lebensweges sich auch von der Begründeterklärung einer in der alten Heimat anhängig gemachten Klage keinen Nutzen verspricht und nur selten einer auf den Gedanken kommt, es möchten seine Erfahrungen den zukünftigen Auswanderern von Nutzen sein.

Aber auch die Auswanderungsagenten selbst, von denen einzelne das Gesetz und dessen strenge Vollziehung verlästerten und als das Auswanderungsgeschäft ruinierend erklärten, müssen, wenn sie der Wahrheit die Ehre geben wollen, bekennen, nicht nur daß ihre Befürchtungen grundlos waren, sondern daß sie alle Ursache haben,

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die Zweckmäßigkeit des Gesetzes anzuerkennen. Abgesehen davon, daß es ihnen auf Grund eines einzigen Patentes und einer einheitlichen Kaution gestattet ist, ihr Geschäft in allen Kantonen zu betreiben, bot gerade die strenge Aufsicht, unter die sie durch das Gesetz gestellt wurden, den Auswanderern eine gewisse Garantie, die den Agenten dadurch zu gute kam, daß sich das auswanderungslustige Publikum vertrauensvoller an sie wandte.

Die im Jahre 1892 bei uns eingereichten Klagen und Interventionsgesuche betrafen : 1. Die Beförderung von minderjährigen oder unter Vormundschaft stehenden Personen ohne schriftliche, amtlich beglaubigte Einwilligung der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt (Art. 11, Ziff. 2): 4 Fälle; 2. die Beförderung von Personen, welche keine Ausweisschriften Über Herkunft und Bürgerrecht besaßen (Art. 11, Ziff. 5) : 6 Fälle; 3. die Beförderung von militärdienstpflichtigen Schweizerbiirgern, die sich nicht ausgewiesen, daß sie die vom Staate erhaltenen Militäreffekten zurückerstattet haben (Art. 11, Ziff. 6) : 2 Fälle ; 4. die Beförderung von Eltern, welche unerzogene Kinder zurückgelassen hatten und mit deren Auswanderung die zuständige Armenbehörde nicht einverstanden war (Art. 11, Ziff. 7) : 4 Fälle ; 5. unbefugten Betrieb von Auswanderungsgeschäften (Art. 2 und 19): l Fall; 6. unbefugte Publikationen (Art. 8, Alinea 2, und Art, 24, Ziff. 1): 4 Fälle; 7. die Beförderung von Auswanderern über eine andere Route, mit einer andern Schiffsgelegenheit oder einer niedrigeren Klasse, als die im Vertrage genannte (Art. 16, Ziff. 2, Art. 17, Ziff. l und 2): 3 Fälle; 8. Versicherung des Familienhauptea gegen Unfall für Fr. 500 und des Gepäckes gegen Beschädigung und Verlust (Art. 15, Ziff. 5 und 6) : 2 Fälle ; 9. das Verbot des Abschlusses von AuswanderungvertrKgen an einem andern als dem der Behörde verzeigten Domizil (Art. 11 und 21 der Vollziehungsverordnung): 2 Fälle; 10. die Verwendung von Personen, welche der Behörde nicht als Unteragenten angemeldet waren, zum Geschäftsbetrieb (Art. 5, AI. 5) : 2 Fälle ;

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11. Gesetzwidrige Ausfertigung der Auswanderungsverträge; Unterlassung der Vormerkung des Gepäckes, des Preises des überseeischen Inlandfahrbillets, der Schiffsgelegenheit etc. (Art. 17): 3 Fälle; 12. die Weigerung von Agenten, civilrechtliche Ansprüche zu befriedigen: 7 Fälle; 13. mangelhafte Spedition des Gepäckes von Auswanderern : 4 Fälle.

Im nachfolgenden werden wir nur derjenigen Klagen einläßlich Erwähnung thun, welche in irgend einer Weise besonderes Interesse zn bieten scheinen.

1. Eine Agentur hatte einen Minderjährigen befördert, ohne die Einwilligung des Vaters desselben zur Auswanderung zu besitzen.

Sie hatte allerdings den Vater angefragt, ob er seine Einwilligung gebe, von demselben aber nie eine Antwort erhalten und daraus geschlossen, derselbe billige die Auswanderung stillschweigend. Wohl hätte von dem Vater des Knaben erwartet werden dürfen, daß, wenn ·es ihm ernstlich darum zu thun gewesen wäre, die Auswanderung seines Sohnes zu verhindern, er dem Agenten mitteile, er gestatte ·die Beförderung seines Sohnes nach Amerika nicht. Aber angesichts des klaren Wortlautes des Gesetzes, der eine schriftliche, amtlich beglaubigte Einwilligung verlangt, konnten wir darauf keine Riicksicht nehmen und verfällten daher die Agentur in eine Buße.

2. Die größte Vorsicht scheint bei der Umgehung der Bestimmung von Art. 11, Ziff. 5, des Gesetzes angewendet zu werden, welcher die Beförderung von Personen verbietet, die sich nicht im Besitze von Ausweisschriften über Herkunft und Bürgerrecht befinden.

Denn oft ist es unmöglich, die Agentur ausfindig zu machen, welche die Beförderung besorgt hat. In der Eegel handelte es sich um Personen, welche dem Strafrichter zu entfliehen trachteten oder ihre Familien böswillig verließen, deren Unterstützung dann den Gemeinden oblag, oder welche aus einem andern Grande ihre Ausweisschriften nicht erlangen konnten. Zwar ist nicht ausgeschlossen, daß solche Personen auswandern, ohne sich der Vermittlung einer schweizerischen Agentur zu bedienen, in den meisten Fällen aber hatten wir Ursache zu der Vermutung, die Spedition sei von einer schweizerischen Agentur ausgeführt worden oder es habe eine solche zum mindesten dabei mitgewirkt, indem sie die Personen einem ausländischen Agenten zugewiesen. In gewissen Fällen hält es schwer, sich dem Eindruck zu verschließen,
daß mit der Genauigkeit der Untersuchung die Schliche einzelner Agenten zunehmen.

3. Eine Agentur wurde beschuldigt, einen in Langnau (Bern) heimatberechtigten, in Port bei Nidau wohnhaft gewesenen F a m i l i e n Bundesblatt.

45. Jahrg. Bd. II.

47

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v a t e r ohne Ausweise über Herkunft und Bürgerrecht nach Amerika spediert zu haben. Die Agentur behauptete jedoch, der Auswanderer habe einen Heimatschein vorgewiesen, und war in der Lage, das Datum desselben anzugeben. Die Untersuchung ergab, daß das letztere allerdings richtig war, daß der Heimatschein des Auswanderers aber noch auf der Gemeindekanzlei Port deponiert lag,, ohne daß er von der letzteren dem Auswanderer zum Zwecke des Vertragsabschlusses je herausgegeben worden wäre. Es mußte der Agent also auf Umwegen zur Kenntnis des richtigen Datunis gelangt sein, und wirklich ergab die weitere Untersuchung, daß er, nachdemer von der gegen ihn eingereichten Strafanzeige Kenntnis erhalten haben mochte, nach Port gereist war, sich auf der dortigen Gemeindekanzlei als Angestellten des Wohnsitzregisterführers von Langnau vorgestellt und so das Datum der Ausstellung des fraglichen Heimatscheines in Erfahrung gebracht hatte. -- Gegen die Anschuldigung,, den nämlichen Auswanderer auch unter Verletzung von Art. 11, Ziffer 7, des Gesetzes, d. h. ohne die Einwilligung der zuständigen Avmenbehörde, befördert zu haben, machte die Agentur geltend, beide Eheleute hätten erklärt, keine Kinder zu besitzen. Das Kreisschreiben des Departements des Auswärtigen, welches die Agenturen verhalte, in allen Fällen, wo Personen mit Ausweisschriften fUr Verheiratete von ihnen spediert werden wollen, sich die in jenem Gesetzesartikel geforderte amtliche Erklärung vorlegen zu lassen, sei spätem Datums als der betreffende Auswanderungsvertrag, und darum finde die in jenem Kreisschreiben erteilte Weisung auf diesen Fall keine Anwendung. Diesem Einwand wurde entgegengehalten, daß das citierte Kreisschreiben keine neue Vorschrift aufstellt und nicht etwas verbietet, was vorher gestattet gewesen wäre. Der Inhalt desselben sei den Agenturen zur Kenntnis gebracht worden, weil es.

in der Aufgabe der Behörde liege, nicht nur Gesetzesverletzungen zu bestrafen, sondern auch solchen vorzubeugen. Übrigens war nach dem Resultat der Untersuchung dem Agenten weder ein Heimatschein für Verheiratete, noch ein solcher für Unverheiratete vorgewiesen worden, und der bezügliche Einwand auch aus diesem Grunde wertlos.

Im Hinblick auf das von der Agentur angewandte raffinierte Manöver, die Behörde zu täuschen, und angesichts des Umstandes,
daß hierbei zwei Bestimmungen des Gesetzes verletzt wurden, haben wir auch die Buße entsprechend höher bemessen.

4. Der Vertreter einer Agentur, welcher der nämlichen Gesetzesverletzung angeschuldigt war, suchte sich damit zu entschuldigen,, daß er behauptete, er habe bloß den Schiffsplatz für den betreffenden Auswanderer bei der Hauptagentur belegt und den Passagebetrag

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vereinnahmt, einen Reisevertrag jedoch nicht abgeschlossen; von einer Gesetzesverletzung könne also nicht gesprochen werden.

Wir konnten die Argumentation des beteiligten Unteragenten nicht gutheißen, sondern verfällten die verantwortliche Hauptagentur in eine Buße, und zwar gestützt auf folgende Erwägungen: 1. Es kann von dem Unteragenten T. nicht bestritten werden, daß er die Beförderung des J. M., welcher Frau und Kinder in bedrängten Verhältnissen zurückgelassen hatte, übernommen hat; daran ändert der Umstand, daß er mit demselben keinen Auswanderungsvertrag abgeschlossen, nichts. Die Beförderung eines Auswanderers kann ganz wohl erfolgen, ohne daß ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wird. Mit der Entgegennahme der ganze.) Accordsumme hat sich T.

verpflichtet, für die Beförderung des J. M. zu sorgen. Hätte es sich, wie T. vorgiebt, bloß um das Belegen eines Platzes gehandelt, so war es nicht nötig, sich den ganzen Accordbetrag einzahlen zu lassen ; ein Haftgeld würde genügt haben, wie dies die Hauptagentur selbst zugiebt.

2. T. bestreitet nicht, daß er sich die gesetzlich vorgeschriebenen Ausweisschriften nicht hat vorweisen lassen; er hält dafür, es sei Aufgabe des Hauptagenten in Basel gewesen, sich darüber zu vergewissern, ob M. Ausweisschriften besitze oder nicht. Diese Auffassung ist nicht richtig; die Vorweisung der Ausweisschriften hat beim Vertragsabschluß stattzufinden (Art. 11, Schlußalinea), erfolge dieser beim Hauptagenten oder beim Unteragenten. Durch die Annahme des Accordbetrages aber war der Accord abgeschlossen. Wenn T. behauptet, er habe M. angewiesen, seine Answeisschviften dem Agenten in Basel vorzulegen, so ist nicht einzusehen, warum er ihn nicht auch gleichzeitig angewiesen, .die Accordsumme in Basel zu erlegen.

6. Eine Agentur wurde gebüßt, weil auf einem ihrer Filialbureaux, entgegen der Vorschrift in Art. 5, Alinea 5, des Gesetzes, zwei Personen, die nicht als Unteragenten bestätigt waren, zu Auswanderungsgeschäften verwendet wurden. Die Agentur hatte sich damit zu verteidigen gesucht, daß die betreifenden Angestellten (S. und K.) keine Funktionen verrichten, welche als Auswanderungsgeschäfte im Sinne des Gesetzes betrachtet werden können, allein eine Untersuchung der kantonalen Behörde konstatierte, daß die beiden Angestellten in der That mit Auswanderern sehr
häufig in Kontakt kommen, daß sie in Auswanderungsangelegenheiten korrespondierten und Auswanderer auf ihrer Eeise nach dem Einschiffungshafen begleiteten.

Indem wir die Agentur in eine Buße verfällten, ließen wir uns durch folgende Erwägungen leiten :

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1. Nach Art. 5, Alinea 5, des Bundesgesetzes betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen darf der Geschäftsverkehr mit den Auswanderern nur durch die Agenten, beziehungsweise Unteragenten, vermittelt werden.

2. Die vom Agenten vertretene Ansicht, die Funktionen, mit denen er die beiden Angestellten betraut habe, können nicht als Auswanderungsgeschäfte im Sinne des Gesetzes betrachtet werden, ist durchaus unstichhaltig. Der Ausdruck ,,Geschäftsverkehr" darf nicht in dem engen Sinne aufgefaßt werden, daß darunter nur der Abschluß von Auswanderungsverträgen zu verstehen wäre; er schließt vielmehr jede auf die Beförderung eines Auswanderers hinzielende Thätigkeit in sich, ganz besonders die Funktionen, welche nach dem eigenen Zugeständnis der Agentur die beiden Angestellten ausüben, wie das Abholen der Auswanderer am Bahnhof, die Spedition ihres Gepäckes, die Begleitung derselben auf der Reise u. s. w.

3. Wenn in Art. 31 der Vollziehungsverordnung vom 10. Juli 1888 den Hauptagenturen gestattet ist, zum Bureaudienst Korrespondenten, Buchhalter, Kassiere und Ausläufer zu verwenden, welche nicht Unteragenten sein müssen, so geschah dies, weil solche Angestellte unter den Augen der verantwortlichen Chefs arheiten. Den Unteragenten konnte ein Gleiches nicht gestattet werden, weil für ihre Geschäftsführung nicht sie selbst, sondern die Hauptagentur verantwortlich ist, Angestellte von Unteragenten somit nicht unter der direkten Aufsicht eines verantwortlichen Agenten arheiten würden.

7. Eine zum Betriebe von Auswanderungsgeschäften nicht berechtigte Person hatte in mehreren Wirtschaften Plakate ausgehängt, auf welchen ihr Name als Auswanderungsunteragent figurierte. Gemäß Art. 19 des Gesetzes Überwiesen wir den Fall dem zuständigen kantonalen Gerichte zur Beurteilung. Dasselbe fand, daß angesichts des klaren Wortlautes der Bestimmung in Art. 8 des Gesetzes, welche Drittpersonen jede auf die Beförderung von Auswanderern sich beziehende Publikation verbietet, die Einrede des Angeschuldigten, er habe keine Auswanderungsgeschäfte betrieben, nicht stichhaltig sei und verurteilte denselben in eine Buße von Fr. 50. Die Anfrage dagegen, ob das Anbringen von Auswanderungsplakaten in Wirtschaften zulässig sei, wurde für den Fall bejaht, daß die Plakate nichts enthalten, was mit den Vorschriften des
Gesetzes in Widerspruch steht.

Von zwei Agenten wurden Annoncen erlassen, in denen sie während der Zeit, daß die Beförderung von Zwischendeckpassagieren nach den Vereinigten Staaten verboten oder nur in ganz wenigen Ausnahmefällen gestattet war, ankündigten, daß sie die Beförderung

709 von Personen^ in III. Klasse wieder übernehmen. Da die Annonce mit den thatsächlichen Verhältnissen im Widerspruch stand und geeignet war, das auswanderungslnstige Publikum irre zu führen, wurden die Agenten auf das Schädliche ihrer Annonce aufmerksam gemacht und der wahre Sachverhalt durch eine Mitteilung an die Presse bekannt gegeben. Es wäre überhaupt zu wünschen, daß die Agenturen, bevor sie eine Publikation erlassen, dieselbe der Aufsichtsbehörde zur Prüfung vorlegen würden. Es steht nach Art. 24 dem Bundesrat allerdings das Recht zu, Annoncen in öffentlichen Blättern oder andere Publikationen jeder Art, welche geeignet sind, Personen, die auswandern wollen, in Irrtum zu führen, zu verbieten ; aber wenn die Behörde von solchen Bekanntmachungen Kenntnis erhält, sind sie bereits erlassen und können schon großen Schaden gestiftet haben.

In einem zürcherischen Blatte wurde Personen, die nach Amerika auswandern wollen, Arbeit in industriellen Etablissements zugesichert.

Wir machten die zuständige Behörde darauf aufmerksam, daß solche Inserate einerseits nach unserem Gesetze verboten seien, andrerseits, daß die Gesetze der Vereinigten Staaten die Einwanderung solcher Personen verbieten, mit welchen bereits in Europa irgend ein ihnen in der Union Arbeit zusicherndes Abkommen abgeschlossen worden ist. Da der Urheber des Inserates eine gewinnsüchtige Absicht nicht gehabt und überhaupt in guten Treuen gehandelt hatte, wurde von einer Bestrafung Umgang genommen.

8. Drei nach Kalifornien ausgewanderte Bürger des Kantons Tessin hatten durch Vermittlung des schweizerischen Konsulats in San Francisco darüber Klage geführt, daß die Agentur, mit welcher sie die Reiseverträge abgeschlossen, sie über eine andere als die im Vertrage festgesetzte Route spediert habe. Nach dem Vertrage hätten sie von New York aus via Union Pacific und Central Pacific Railway nach San Francisco befördert werden sollen, während der Korrespondent der betreffenden Agentur in New York sie via thè Atlantic und Pacific Railway spediert habe. Aus dieser kontraktwidrigen Spedition sei den Auswanderern, abgesehen von der längern Reisedauer, eine Mehrausgabe von je 10 Dollars erwachsen, indem sie die Fahrt von San Francisco nach Reno, wo sie sich aufzuhalten gedachten, besonders bezahlen mußten, während sie mit der vertraglich
festgesetzten Reisegelegenheit den genannten Ort berührt hätten. Die Einsicht in die Reiseverträge ergab, daß dieselben in mehrfacher Hinsicht mangelhaft ausgefertigt waren, daß z. B. die in Art. 17, Ziff. 4, des Geset/.es geforderte Vormerkung des Preises des Inland-Fahrbillets nicht notiert war.

Diese Vorschrift hat den Zweck, eine Kontrolle darüber zu ermöglichen, daß die Auswanderer, welche überseeische Bahnlinien

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benutzen und sich die Fahrbillets dafür schon bei den Agenten in der Schweiz erwerben, nicht Uberfordert werden und thatsächlich auf der Linie befördert werden, für welche sie bezahlt haben.

Die Agentur machte geltend, daß die von ihr ausgestellten Ordres thatsächlich auf die kontraktlich stipulierte Route Union Pacific und Central Pacific gelautet haben, daß aber die Auswanderer selbst auf die Benutzung dieser Route Verzicht geleistet und sich entschlossen hätten, mit Landsleuten, welche die andere Eoute benutzten, zusammen zu reisen. Da von Seiten der Kläger eine Erwiderung auf dieses Vorbringen nicht erhältlich war und sich ihre Forderung überdies als ein civilrechtlicher Anspruch darstellte, wiesen wir sie an das zuständige Gericht des Kantons Tessin, verfällten indessen die Agentur wegen Mißachtung der Vorschrift in Art. 17, Ziff. 4, des Gesetzes und wegen sonstiger mangelhafter Ausfertigung der Auswanderungsverträge in eine Buße.

9. Eine Agentur schloß mit einer Anzahl Auswanderer Verträge für die Reise Chiasso-New York via Havre ab. Die Reise ab Havre hätte mit einem Dampfer der Hamburger Linie stattfinden sollen, doch wurde in den Verträgen, entgegen der Vorschrift in Art. 17, Ziff. 2, weder der Name des Dampfers noch die Abfahrtszeit desselben angegeben. Dafür war auf denselben die Bemerkung angebracht, daß der Unterhalt bis zum Tage der Abfahrt des Schiffes zu Lasten der Passagiere falle. In Havre angekommen, fanden die Auswanderer die Fahrgelegenheit, auf welche sie gehofft hatten, nicht, denn gerade zu jener Zeit waren die Kurse der Hamburger Linie der Cholera wegen eingestellt. Die Auswanderer verlangten daher von der Agentur Aufhebung der Verträge, Rückerstattung des Passagepreises, Bezahlung der Kosten des Unterhalts während der Dauer des Aufenthalts in Havre und Bezahlung der Rückreise.

Die angeschuldigte Agentur suchte ihr Verhalten damit zu rechtfertigen, daß die Auswanderer, obschon sie auf die herrschende Verkehrsstörung aufmerksam gemacht worden seien, darauf bestanden hätten, abzureisen, in der Hoffnung, in Havre bis zur Abfahrt eines Hamburger Dampfers Arbeit zu finden und so den Unterhalt zu verdienen. Dem Drängen habe die Agentur endlich nachgegeben und die Verträge mit dem erwähnten Vorbehalt ausgefertigt. Der Raum für Angabe des Schiffes und der Abfahrtszeit sei im
Vertrage offen gelassen worden, damit, sobald die Schiffsgesellschaft die Wiedereröffnung des Verkehrs bekannt gegeben haben würde, der Vertreter der Agentur in Havre das Fehlende nachtragen könne.

Diese Rechtfertigung der Agentur schien uns ungenügend ; wir fanden vielmehr, daß nichts sie hätte veranlassen dürfen, einen den Vorschriften des Gesetzes widersprechenden Vertrag abzuschließen.

711 Wollten die in Rede stehenden Auswanderer in gedachter Absicht nach Havre reisen, so konnte die Agentur die Spedition ablehnen.

Indem sie dieselbe übernahm, setzte sie die Auswanderer der Gefahr aus, in Havre keine oder niclit für so lange Beschäftigung zu finden, bis die Hamburger Schiffsgesellschaft die Speditionen wieder aufnahm, was, beinebens gesagt, auch lange Zeit nachher noch nicht der Fall war. Unter normalen Verhältnissen würde der Abschluß solcher Verträge den Entzug des Patentes gerechtfertigt haben. Es war aber zu berücksichtigen, daß die Auswanderung der Beschwerdeführer in die Zeit fiel, wo infolge des Auftretens der Cholera und der von den Vereinigten Staaten dagegen ergriffenen Maßnahmen der regelmäßige Auswanderungsverkehr gestört war und die Agenturen wegen des kontinuierlichen Wechsels in den Anordnungen der Schiffsgesellschaften eines sichern Haltes für ihre Speditionen entbehrten.

Immerhin verfällten wir die Agentur in eine Buße von Fr. 100.

Infolge unserer Intervention wurden die Beschwerdeführer nach einem kurzen Aufenthalt in Havre an Bord eines Schiffes einer anderen Gesellschaft nach New York befördert.

10. Zwei Anstände wegen Versicherung des Familienhauptes gegen Unfall und des Gepäckes der Auswanderer fanden, der eine durch unsere Intervention, der andere durch richterlichen Entscheid, zu gunsten der Versicherten bezw. ihrer Rechtsnachfolger Erledigung.

Der richterliche Entscheid verdient besondere Erwähnung.

Die Witwe eines im Jahr 1887 anläßlich eines Zusammenstoßes zweier Schiffe ertrunkenen Mannes wandte sich nach fruchtlosen Versuchen, von der Agentur, welche die Beförderung der betreffenden Familie übernommen hatte, die Summe von Fr. 500 zu erhalten, für welche nach Art. 15, Ziff. 6, des Gesetzes die Agenturen die Familienhäupter gegen Unfall zu versichern haben, schließlich an den Richter.

Die Agentur bestritt die Forderung, indem sie behauptete, nach Art. 21 des Gesetzes hätte dieselbe innert Jahresfrist vorgebracht werden müssen, sei also verjährt, und da der Vertrag im Ausland abgeschlossen worden, der schweizerische Richter nicht kompetent; überdies habe der Verunglückte den Befehlen der Schiffsangestellten bei den Rettungsarbeiten entgegengehandelt und seinen Tod selbst verschuldet. Das Gericht aber fand, daß Art. 21 des Gesetzes nicht anwendbar
sei, indem es sich nicht um eine civilrechtliche Forderung aus Verletzung des Gesetzes, sondern um eine auf einem Versicherungsvertrag basierte Forderung handle, daß hierbei nicht die kurze Verjährungsfrist des Art. 21 des Auswanderungsgesetzes, sondern die gewöhnliche Verjährungsfrist maßgebend sei. Bezüglich des Einwandes der Selbstverschuldung zog das Gericht in Erwägung :

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,,Die Verpflichtung der Beklagten aus der Unfallversicherungwird nach versicherungsrechtlichen Grundsätzen nicht ausgeschlossen durch Selbstverschulden des Versicherten, wenn dies nicht im Vertrage ausdrücklich vereinbart war, sondern der Versicherer unterliegt einer weitergehenden Haftung. Überdies hat die Beklagte den ihr obliegenden Nachweis eines Selbstverschuldens nicht erbracht.

Denn auch bei dem Thatbestand, wie ihn die Beklagte schildert,, kann ein ihre Haftbarkeit ausschließendes Verschulden des Versicherten nicht angenommen werden, da man von einem Manne, der sich in einer für ihn völlig neuen Lage und in Lebensgefahr befindet, nicht die Überlegung und Besonnenheit verlangen kann, wie in gewöhnlichen Verhältnissen."

11. Der Art. 11 der Vollziehungsverordnung vom 10. Juli 1888verbietet den Agenten und Unteragenten, zur Auswanderungen verleiten oder mittelst Umherziehens im Lande die Vermittlung von Auswanderungsgeschäften zu betreiben, und der Art. 21 schreibt vor, daß ohne Einwilligung des Departements des Auswärtigen Unteragenten nicht an einem andern Orte Auswanderungsgeschäfte betreiben dürfen, als an dem in der Anmeldung angegebenen Domizil. Ein Unteragent wurde beschuldigt, Auswanderungsgeschäfte auch an andern Orten zu betreiben, als an dem der Behörde verzeigten Domizil desselben. Die Agentur, in deren Dienst der angeschuldigte Unteragent stand, hielt der Beschwerde entgegen, daß das in Art. 21 der Vollziehungsverordnung aufgestellte Verbot im Gesetze selbst keinen Halt habe, und daß Bestimmungen von so großer Tragweite im Gesetze selbst niedergelegt sein müßten, um gültig zu sein. Wir erwiderten, daß der Bundesrat nach Art. 102, Ziff. 2, der Bundesverfassung die Pflicht habe, Über die Beobachtung der Bundesgesetze zu wachen und die hierzu erforderlichen Verfügungen zu treffen.

Weder der Agentur, noch ihren Ratgebern, auf die sie sich bezogen hatte, stehe das Recht zu, eine Verfügung des Bundesrates als ungültig zu bezeichnen, sondern einzig und allein der Bundesversammlung. Und solange nicht von dieser selbst eine Bestimmung einer Vollziehungsverordnung als aufgehoben erklärt worden sei, haben die dem betreffenden Gesetze unterstellten Personen oder Gesellschaften derselben nachzukommen. In materieller Beziehung magfür einmal nur so viel bemerkt werden, daß die in Art. 34 der
Bundesverfassung vorgesehene und im Bundesgesetze vom 22. März 1888 näher präcisierte Aufsicht Uher den Geschäftsbetrieb von Auswandernngsagenturen ohne die in den Art. 11 und 21 der Vollziehungsverordnung aufgestellten Vorschriften illusorisch wäre.

12. Wiederum sehr zahlreich waren die Fälle, in denen unsere Intervention zu dem Zwecke verlangt wurde, damit Agenturen an

7l a sie gestellten Entschädigungbegehren u. dgl. entsprechen. Meist handelte es sich um Anstände, welche aus der Anwendung des § 13 des Auswanderungsvertrages entstanden. Dieser § lautet: ,,Dieser Vertrag kann einseitig weder gehrochen noch abgeändert werden.

Erfüllt der Reisende den Vertrag nicht, so ist der Agent, im Falle die Reise noch nicht begonnen hat, berechtigt, die Hälfte der Vertragssumme als Entschädigung innezubehalten oder einzufordern, sowie auch vollständigen Schadenersatz zu verlangen, wenn der Schaden sich über die Hälfte der Vertragssumme beliefe. Wird die Expedition durch ein Verschulden des Auswanderers unterbrochen und unmöglich, so ist der ganze Accordbetrag der Agentur verfallen."

Während der bereits erwähnten, infolge Auftretens der Cholera eingetretenen Verkehrsstörungen und des häufigen Wechsels in den Anordnungen der Schiffsgesellschaften ist es nicht selten vorgekommen, daß Personen von ihrem Vertrage zurücktreten oder später, als in letzterem festgesetzt war, verreisen wollten, und dann wegen des citierten § auf Schwierigkeiten stießen. Mit Rücksicht darauf, daß andererseits auch die Agenturen während jener Zeit nicht immer in der Lage waren, eine vereinharte Spedition auszuführen, traten wir entschieden dafür ein, daß eine rigorose Geltendmachung des den Agenten durch den § 13 eingeräumten Rechtes nicht stattfinde.

Eine kantonale Behörde war der Ansicht, daß dieser § auch dann nicht zur Anwendung kommen sollte, wenn infolge polizeilichen Einschreitens die Beförderung nicht habe stattfinden können. Wir konnten die Anschauung derselben, daß dann die Bestimmung in Art. 17, Ziff. 6, des Gesetzes maßgehend sei, nicht teilen. In der That verpflichtet die letztere die Agentur zur Zurückerstattung des gesamten Accordbetrages unter Ahzng der effektiven Auslagen nur im Falle der Erkrankung oder anderweitiger unverschuldeter Verhinderung des Auswanderers. Es läßt sich nun aber nicht behaupten, daß wenn ein Reisender durch gerichtlichen Entscheid verhindert wird, den Auswanderungsvertrag zu vollziehen, nicht in nahezu allen Fällen ein Verschulden seinerseits vorliege. Dagegen läßt sich nicht bestreiten, daß der Agent bei der Geltendmachung des § 13 des Reisevertrages in der Regel einen ihn ftlr seine Bemühungen und Auslagen reichlich entschädigenden Gewinn macht, der in den
meisten Fällen höher ist als derjenige, welchen er bei der Ausführung der Spedition gemacht hätte.

13. Wir haben bereits im Berichte über unsere Geschäftsführung im Jahr 1891 des Übelstandes Erwähnung gethan, der in der nicht unerheblichen Verschiedenheit der Preise besteht, welche die einzelnen Agenturen für die Beförderung nach ebendenselben Orten verlangen.

Da die Auswanderer unterwegs sich gegenseitig über Reiseziel, Accord-

714 betrag u. s. w. befragen und die Verschiedenheit der Preise entdecken, sind Klagen wegen Überforderung nicht selten. Die letztere ·wird sich aber thatsächlich in den meisten Fällen nicht feststellen lassen, da der Auswanderer, wollte er sich der Vermittlung einer Agentur nicht bedienen, mehr Auslagen hätte. Die Verschiedenheit erklärt sich übrigens größtenteils dadurch, daß die Agenten, je nachdem beim Abschluß von Auswanderungsverträgen Konkurrenz zu befürchten ist oder nicht, die beträchtlichen Kommissionen, die sie von den Schiffs- und Überseeischen Eisenbahngesellschaften beziehen, voll in Anrechnung bringen oder reduzieren. Einzelne Agenturen bedauern selbst den Übelstand und haben schon des b'ftern versucht, durch Konventionen demselben abzuhelfen. Von Bestand waren dieselben aber nie. Der Behörde steht ein Recht nicht zu, auf die Gestaltung der Preise einen Einfluß auszuüben, und es ginge auch nicht wohl an, ihr auf legislatorischem Wege ein solches Recht zu verschaffen.

Wenn nun auch alle diese Beschwerden letztgenannter Art nur vom Civilrichter entschieden werden konnten, verwiesen wir die Beschwerdeführer, denen die Trennung der Gewalten und die jeder derselben zustehenden Kompetenzen nicht gerade geläufig sind, nicht in erster Linie an denselben, sondern versuchten im Interesse beider Teile eine gütliche Verständigung zu erzielen, und mit Genugthuung können wir melden, daß es uns in vielen Fällen gelungen ist.

Auch bei den Eeklamationen wegen Abhandenkommens von Gepäck wiesen wir die Auswanderer nicht allein an die Agentur, welche die Spedition desselben übernommen hatte, oder wegen der Entschädigungsforderung an den Richter, sondern thateu unsrerseits durch das Mittel der Konsulate in den Ein- und Ausschiffungshäfen das möglichste zur Auffindung desselben. Der Fall war namentlich infolge der bereits mehrfach erwähnten Verkehrsstörungen nicht selten und ereignete sich auch bei nach der Schweiz zurückkehrenden Personen.

IV. Auswanderungsziele. Anstände bei der Einwanderung in die Vereinigten Staaten von Amerika. Störungen des Schiffsverkehrs infolge des Auftretens und der Verbreitung der Cholera in einigen europäischen Hafenstädten. Kolonisationswesen. Propaganda fllr die Auswanderung.

A. Vereinigte Staaten von Amerika.

1. Von den im Berichtsjahre aus der Schweiz ausgewanderten 7835 Personen haben sich 7340 oder 93,6 °/o nach den Vereinigten

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Staaten begeben, gegen 6920 oder 92 °/o im Vorjahre. Während im Jahr 1892 319 Personen mehr ausgewandert sind als im Jahr 1891, beläuft sieh die Zahl der im Jahr 1892 mehr als ini Vorjahre nach den Vereinigten Staaten Ausgewanderten auf 420. Diese Thatsache ist um so auffallender, als seit dem 1. September aus Europa kommende und in einem Hafen der Union anlangende Schiffe, welche Auswanderer an Bord haben, einer Quarantäne von 20 Tagen unterworfen werden können, und eine größere Anzahl von Auswanderern gezwungen war, ihre Überfahrt in der ungleich teureren II. Schiffsklasse zu machen, deren Passagiere in den Vereinigten Staaten nicht als Auswanderer betrachtet werden und auf die auch die Einwanderungsgesetze nicht angewendet werden. Aber auch diejenigen, welche die Überfahrt in III. Klasse machten, hatten von der zweiten Hälfte des Monats November an Fr. 50 mehr zu bezahlen als vorher.

Zum Teil mag zur Zunahme das Gerücht beigetragen haben, die Vereinigten Staaten beabsichtigten, die Einwanderung auf ein Jahr zu verbieten, und zu der verstärkten Auswanderung in den Monaten November und Dezember einerseits die Stauung derselben in den Monaten September und Oktober, andrerseits der Umstand, daß mehrere Schiffsgesellschaften veröffentlicht hatten, vom 1. Januar 1893 an keine Zwischendeckpassagiere mehr zu befördern. Von einer unerlaubten Anreizung zur Auswanderung nach den Vereinigten Staaten ist uns, einige wenige Ausnahmen von geringer Bedeutung abgerechnet, nichts bekannt geworden. Namentlich wird, im Gegensatz zu Südamerika, von den Vereinigten Staaten selbst nichts gethan, was als Absicht, die Auswanderung aus Europa zu fördern, betrachtet werden könnte. Es beweisen vielmehr die in den jüngsten Jahren von den letztern erlassenen Gesetze, daß dort eine starke Einwanderung nicht erwünscht ist, weil befürchtet wird, sie könnte ·ein Sinken der Löhne zur Folge haben. Wir haben in den früheren Berichten Über unsere Geschäftsführung dieser Gesetze und der ihnen zu Grunde liegenden Tendenz einläßlich Erwähnung gethan, so daß wir hier uns darauf beschränken können, darauf zu verweisen. Indessen haben jene Gesetze auch in dem Sinne keinen Einfluß auf die Auswanderung aus der Schweiz, daß sie dieselbe zu vermindern geeignet wären. Fälle, in denen Personen nach den Vereinigten Staaten befördert werden,
denen die Einwanderung dortselbst verboten ist, kommen nur noch höchst selten vor. Allerdings sind auch im Berichtsjahre 25 aus der Schweiz ausgewanderte Personen von ·der Einwanderungsbehörde in New York zurückgewiesen worden; aber in nahezu allen Fällen handelte es sich um eine unrichtige oder willkürliche Auslegung und Anwendung der Einwanderungsgesetze. In 18 Fällen ist es dann auch der Verwendung des schweizerischen Konsulats in New York gelungen, den Rückweisungs-

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beschluß wieder rückgängig zu machen. Von 17 schweizerischen Einwanderern wurde angenommen, sie seien sogenannte Kontraktarbeiter, d. h. Personen, mit denen bereits vor ihrer Auswanderung Abkommen betreffend Übernahme einer Stelle oder eines Dienstes in den Vereinigten Staaten abgeschlossen worden sind ; thatsächlich aber ist nur die Klickspedition von zweien erfolgt und auch bei diesen konnte von einem Arbeitskontrakt nicht die Rede sein. Unvorsichtige Äußerungen seitens der betroffenen Personen waren in vielen Fällen die Ursache der ihnen gemachten Schwierigkeiten. In 7 Fällen handelte es sich um ledige Frauenzimmer, die ihrer Niederkunft entgegensahen. Zufolge einem Berichte des schweizerischen Konsulats in New York werden Personen letztgedachter Art unnachsichtlich zurückgewiesen, während früher ihre Einwanderung in dem Falle gestattet wurde, daß sich jemand fand, der dafür Garantie leistete, daß die betroffene Person nicht der öffentlichen Woblthätigkeit zur Last fallen werde.

2. Von einer Seite wurde darüber Beschwerde geführt, daß die Einwanderungsbehörde in New York unbegrUndeterweise eine Tochter, welche zu ihrem Bräutigam reisen wollte und von letzterem bereit» das Reisebillet erhalten hatte, an der Einwanderung habe verhindern wollen und in ehrenrühriger Weise als in die Kategorie der Personen gehörend bezeichnet habe, deren Einwanderung in die Vereinigten Staaten nicht gestattet ist. Die angestellte Untersuchung ergab, da& der Mann, den die fragliche Tochter als ihren Bräutigam bezeichnet hatte, bereits verheiratet war und daß von einer beabsichtigten Verhinderung ihrer Einwanderung nicht die Rede sein konnte, indem seitens der genannten Behörde vielmehr die Absicht bestanden hatte, das Mädchen auf das seiner wartende Schicksal aufmerksam zu machen.

3. In einem im Oktober 1890 erschienenen Zeitungsartikel waren die Verhältnisse in Florida aufs glänzendste geschildert, die Auswanderung nach dem genannten Staate wärmstens empfohlen und Landanweisungen in Aussicht gestellt worden. Aus dem Kanton Waadt waren infolgedessen vier Personen nach Florida ausgewandert, welche bei ihrer Ankunft von einer Kolonie keine Spur fanden und ins bitterste Elend gerieten. Es scheint, daß ein Gutsbesitzer in dem Bestreben, billige Arbeitskräfte zu erhalten, sich an den Verfasser des in Rede stehenden
Artikels gewandt hatte. Einer der vier arg getäuschten Auswanderer führte Beschwerde und auf unsere Veranlassung wurde die Angelegenheit dem zuständigen Gerichte überwiesen, das den Verfasser jenes Artikels wegen Verletzung von Artikel 10 des Bundesgesetzes vom 22. März 1888 und Artikel 41 der Vollziehungsverordnung vom 10. Juli 1888/12. Februar 1889

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(Verbot der Veröffentlichungen über nicht als zulässig anerkannte Kolonisationsunternehmungen) in eine Busse von Fr. 50 verfällte, trotzdem er, wie übrigens alle Kolonisationsunternehmer, sich auf seine philanthropischen Absichten berufen hatte.

e. Auch in diesem Jahre sind uns wieder Berichte über das Treiben m o r m o n i s c h e r E m i s s ä r e zugekommen, die zur Auswanderung nach Utah anreizen. Ihr Thätigkeitsgebiet scheinen vorzüglich die Kantone Bern, Aargau, St. Gallen und Genf zu sein. Die kantonalen Behörden, welche ein Einschreiten des Bundes erwarteten, machten wir darauf aufmerksam, daß nach Artikel 19 des Gesetzes es Sache der Kantone ist, diejenigen Personen zu bestrafen, welche unbefugterweise Auswanderungsgeschäfte betreiben, und daß die mormonischen Apostel in die Kategorie solcher Personen gehören, ist den kantonalen Behörden, welche sich an uns gewendet haben, einläßlich nachgewiesen worden.

5. Störung des A u s w a n d e r e r v e r k e h r s . Am 2. September erhielten wir die Nachricht, daß ein tags zuvor von Basel nach Havre abgegangener Specialzug der Compagnie générale transatlantique in Chaumont angehalten und wieder nach Basel zurückspediert worden sei; gleichzeitig erfuhren wir, daß die ab andern schweizerischen Stationen nach Havre verreisten Auswanderer bis nach Paris gelangt und von da ebenfalls wieder nach der Schweiz zurückgekehrt seien, im ganzen etwa 330 Personen. Die nach Basel zurückgekehrten Auswanderer ersuchten uns telegraphisch um unsere Intervention, und noch selbigen Tages wurde der Chef der administrativen Sektion des Auswanderungsbureaus nach Basel abgeordnet, wo er folgendes in Erfahrung brachte : Infolge Auftretens der Cholera in mehreren europäischen Hafenstädten hatte die Regierung der Vereinigten Staaten unterm I.September beschlossen, daß alle europäischen Schiffe, welche Auswanderer an Bord haben, einer Quarantäne von 20 Tagen unterworfen werden könnten, und hiervon nur die bereits auf der See befindlichen Schiffe ausgenommen. Da in Havre selbst um diese Zeit die Cholera ebenfalls herrschte, war die Verschiffung schon vorher nach Cherbourg verlegt worden. Nach Eintreffen der Verfügung der nordamerikanischen Regierung aber beschloß die Compagnie générale transatlantique, keine Personen 3. Klasse mehr zu befördern und die bereits auf der Reise
nach Havre sich befindenden Passagiere zurückzuspedieren. Viele von den letztern hatten ihre Stellungen, ihr Geschäft und ihre Wohnung aufgegeben und waren deshalb in größter Verlegenheit. Da sie ihre Verträge mit den Agenten abgeschlossen hatten, konnten ihre Reklamationen nur an die Adresse der letztern gerichtet werden, so wenig die Agenturen den Zustand der Dinge verschuldet hatten; dagegen konnten dieselben bei allfälligen ihnen

718 auferlegten Schadenersatzleistungen ein Rü'ckgriffsrecht gegen dieSchiffsgesellschaften geltend machen. Es handelte sich also darum,, die Interessen der Auswanderer gegenüber den Auswanderungsagenten und das der letztern gegen die Schiffsgesellschaft zu vertreten. Von Belang war die Frage, ob die Schiffsgesellschaft den Einwand der höheren Gewalt zu erheben berechtigt sei. Hierbei war einerseits zu berücksichtigen, daß andere Schiffsgesellschaften nach dem Erlaß der Eegierung der Vereinigten Staaten noch eine Fahrt ausgeführt hatten,, daß jener Erlaß die Ausführung der Spedition nicht absolut verunmöglichte, andererseits aber auch zu beachten, daß die Schiffsgesellschaft den Vorwürfen auch nicht entgangen wäre, wenn an Bord des Schiffes die Cholera aufgetreten wäre, und daß die Auswanderer, wenn sie eine 20tägige Quarantäne hätten bestehen müssen^ vielleicht noch größeren Schaden erlitten hätten als durch die Kttckspedition von Chaumont und Paris. Nach mühsamen Verhandlungen gelang es unserem Abgeordneten, folgenden Vergleich zu stände zu bringen : a. Die Kosten der Fahrt nach Chaumont beziehungsweise Parisund zurück nach dem vertraglich festgesetzten Abreiseorte werden von der Schiffsgesellschaft getragen, b. Die abgeschlossenen Verträge sind gültig bis zu dem Zeitpunkt, wo die Speditionen in 3.KIass& wieder aufgenommen werden können, c. Wer vom Vertrag zurücktreten will, erhält den Accordbetrag zurück, d. Die Kosten de& Unterhalts der Auswanderer vom Zeitpunkt ihrer Rückspedition bis zum Momente des Zustandekommens der gegenwärtigen Abmachung werden von den Agenturen getragen. Diese zahlten jedem Auswanderer Fr. 3. 50 per Tag. Diese Vereinbarung wurde auch derr übrigen, nicht über Basel zurückgekehrten Personen zur Kenntnis, gebracht, welche sich, wie die ersteren, damit vollständig zufrieden erklärten.

Am 29. Oktober wurden die Abfahrten wieder nach Havre verlegt. Die Verfügung der Vereinigten Staaten - Regierung ist noch nicht aufgehoben. Immerhin traten Erleichterungen ein für Personen, welche a. sich als amerikanische Bürger oder Frauen und Kinder von solchen ausweisen können ; b. nachweislich schon in Amerika gelebt haben; c. vor dem 1. September 1892 ihr Billet für die Seepassage gelöst haben ; d. Inhaber von Freikarten (prepaids) sind, die in den Vereinigten Staaten vor dem 1. September
gekauft worden sind, und e. für Personen, die in Geschäften, zum Vergnügen oder Besuch, zum zeitweiligen Aufenthalt und nicht in der Absicht, sich dort dauernd niederzulassen, nach Amerika reisen. Viele Auswanderer machten während dieser Zeit die Überfahrt in 2. Klasse oder in den 2. Klasse ähnlichen Kompartimenten, welche die Schiffsgesellschaften infolge

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der mehrerwähnten Maßregel hatten herrichten lassen und für deren Benutzung sie auch höhere Preise verlangten.

B. Central- und Südamerika.

Nach Centralamerika sind 16 Personen ausgewandert, nämlich nach Mexiko 9, nach Guatemala 3, nach Cuba und Guadeloupe je 2.

Die Zahl war nie viel höher, noch viel niedriger, so daß sie zu besonderen Bemerkungen nicht Veranlassung giebt.

Nach Südamerika wanderten 438 Personen aus gegen 500 im Vorjahre. Wir haben die Gründe, aus welchen vom Jahre 1883 an die Auswanderung nach Südamerika, speciell nach Chile, Argentinien und Brasilien, zugenommen hat, sowohl als diejenigen, warum sie seit einigen Jahren in Abnahme begriffen ist, in den Berichten über unsere Geschäftsführung während der jüngsten Jahre einläßlich aufgeführt. Die von den genannten drei Staaten angewendeten Mittel zur Beförderung der Einwanderung: unentgeltliche Spedition von einem europäischen Hafen aus, Vorschüsse für die erste Installation, Landanweisungen, Aussendung von Emissären, Errichtung von sogenannten Informationsbureaux, haben anfänglich eine Zunahme der Auswanderung bewirkt, ihre Kraft aber verloren, nachdem die politischen und wirtschaftlichen Krisen und ihre Ursachen auch in den Schichten der Bevölkerung bekannt wurden, aus denen sich die Auswanderung gemeiniglich rekrutiert. So hat selbst die Störung im Verkehr mit Nordamerika nicht vermocht, Südamerika eine größere Anzahl von Auswanderern aus der Schweiz zuzuführen.

Von den 438 Personen, die nach Südamerika ausgewandert sind, wandten sich 358 nach Argentinien (gegen 282 im Vorjahre), 49 nach Brasilien (gegen 184 im Vorjahre), 14 nach Chile, 11 nach Uruguay, 4 nach Kolumbia und je l nach Peru und Ecuador. Die starke Abnahme der Auswanderung nach Brasilien erklärt sich dadurch, daß im Berichtsjahre die Beförderungen nach der Kolonie Alpina aufgehört haben. Auffallend war, daß in den beiden letzten Monaten des Jahres einzig aus dem Kanton Wallis 113 Personen nach Argentinien ausgewandert waren. Die Nachfrage ergab, daß die Thatsache, welche überhaupt ein mächtiger Paktor in den GrUnden der Auswanderung ist, auch hier die Veranlassung war : aus Argentinien auf Besuch gekommene Schweizer. Ausgewanderte, die arm die Heimat verlassen haben, in einem überseeischen Staate thatsächlich oder anscheinlich vorwärts gekommen sind, bilden dann
für viele den Maßstab für die Beurteilung der Verhältnisse der Länder, aus denen jene Leute gekommen sind, während jene, die ins Elend geraten oder gar umgekommen sind, weil von ihnen seltener Nach-

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richten in die alte Heimat gelangen und noch seltener^jemand zurückkehrt, niemand abhalten, auszuwandern.

Hier erübrigt uns noch, von dem Schicksal der in den letzten Jahren nach den Kolonien ,,la Matilde", argentinische Provinz Buenos Aires, und Alpina, brasilianische Provinz Rio de Janeiro, ausgewanderten Personen zu berichten : a. Wie dem Berichte über unsere Geschäftsführung im Jahre 1889 zu entnehmen ist, gestatteten wir damals dem Herrn M. Fernandez, gewesenem argentinischen Konsul in Genf, zur Bewirtschaftung seines in der argentinischen Provinz Buenos Aires gelegenen Besitztums ,,la Matilde" in den Kantonen Freiburg und Waadt Landwirte und Dienstpersonal zu engagieren. Im Berichte über das Jahr 1890 sodann wurde mitgeteilt, daß von seiten der engagierten Personen zahlreiche Klagen eingelaufen seien über die Behandlung, die ihnen Herr Pernandez zu teil werden lasse, sowie über Nichterfüllung vertraglich eingegangener Verpflichtungen seitens des letztern, und daß wir über die Begründetheit dieser Klagen eine Untersuchung an Ort und Stelle haben vornehmen lassen. Diese Untersuchung wurde Herrn Minister Rodé übertragen und von demselben gleich nach seiner Ankunft in Buenos Aires mit aller Gründlichkeit durchgeführt. Herr Rodé hat sich persönlich auf die Kolonie begeben, sich über alle Verhältnisse daselbst genau informiert und uns das Ergebnis seiner Untersuchung in einem umfangreichen Berichte zur Kenntnis gebracht.

Unser Vertreter sprach seine Ansicht dahin aus, daß die Klagen zum Teil der Begründung entbehren oder doch wenigstens Übertrieben seien. Freilich lasse sich nicht leugnen, daß die Krisis, welche im Jahr 1890 über Argentinien hereingebrochen, auch auf das Unternehmen des Herrn Fernandez ungünstig gewirkt habe, und namentlich seien es die mit dem zweiten Transport dort angekommenen Kolonisten gewesen, welche unter den durch diese Krisis hervorgerufenen Verhältnissen hätten leiden müssen ; die Installationen flir Aufnahme jener Kolonisten seien in der That unzureichend gewesen und überhaupt wäre jener zweite Transport besser gar nicht ausgeführt worden. Herr Rodé war schließlich der Ansicht, daß die Angelegenheit am ehesten einem befriedigenden Ende entgegengeführt werden könnte, wenn die Parteien dieselbe dem schiedsrichterlichen Urteile des Bundesrates unterbreiten würden. Wir
fanden indessen, daß Herr Eodé selber am ehesten in der Lage sei, die Vermittlerrolle zu übernehmen, da er an Ort und Stelle sich befinde, wo der Beklagte und die Mehrzahl der Kläger wohnen, die Möglichkeit eines direkten Verkehrs zwischen den Parteien also vorhanden sei. Die bereits nach der Schweiz zurückgekehrten Kläger oder die Angehörigen von solchen veranlaßten wir, eine Erklärung zu unterzeichnen,

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womit sie der Gesandtschaft in Buenos Aires unbeschränkte Vollmacht zur Vertretung ihrer Interessen gegenüber Herrn Fernandez erteilten. Diese Vollmacht ließen wir der Gesandtschaft im September des Berichtsjahres zugehen, mit dem Auftrage, das Zustandekommen eines Vergleiches nun nach Kräften zu fördern. Über die endgültige Erledigung der Angelegenheit hoffen wir Ihnen im nächsten Berichte ^Näheres mitteilen zn können.

b. Die Kolonie A l p i n a wurde im Jahre 1890 von dem in Eio de Janeiro etablierten Kaufmann Eugen Meyer aus Liestal gegründet. In den Jahren 1890 und 1891 sind gegen 140, zumeist aus dem Kanton St. Gallen kommende Personen nach derselben ausgewandert. Bereits im Jahre 1890 langten von Seiten eines Ansiedlers Klagen Über die Verhältnisse auf der Kolonie und namentlich über die ihm von der Leitung derselben widerfahrene Behandlung ein.

Da diese Klagen während geraumer Zeit von anderer Seite keine Bestätigung fanden und die Annahme gerechtfertigt schien, der Kläger habe sich zu wenig lange auf der Kolonie aufgehalten, um sich ein Urteil Über dieselbe bilden zu können, wurde den Klagen keine Bedeutung beigemessen, dieselben indessen der Firma Eugen Meyer & Cie. in Basel in der Absicht zur Kenntnis gebracht, sie zu veranlassen, allfällige in der Kolonie bestehende Übelstände zu beseitigen. Im Jahr 1892 mehrten sich die Klagen, ein großer Teil der Kolonisten bestätigte das Vorhandensein ernster Übelstände. l)ie Beschwerdeführer glaubten sich in ihren Hoffnungen getäuscht; Klima, Bodenbeschaffenheit, Lebensweise etc. meinten sie, seien nicht so, wie sie ihnen vom Koloniebesitzer geschildert worden waren ; die Lebensbedingungen schienen ihnen nicht zusagend, die Rendite nicht nur in keinem Verhältnis zum Arbeitsaufwand, sondern sogar derart, daß sie eine stets wachsende Verschuldung befürchten mußten.

Ein Bericht des schweizerischen Generalkonsulates in Rio de Janeiro über eine von dessen Kanzler vorgenommene Untersuchung der Verhältnisse auf Alpina lautete nicht zu gunsten der Kolonisten.

Die Unzufriedenheit der letztern nahm indessen zu und es drohte ein Aufstand derselben gegen die Kolonialleitung, welche die Dazwischenkunft des Generalkonsulates und sogar der brasilianischen Polizei anrufen zu müssen glaubte. Die Folge hiervon war, daß ein Teil der Kolonisten von Alpina fortgewesen
wurde, andere dieselbe freiwillig verließen, um in den benachbarten Ortschaften Petropolis und Cascatinha Arbeit zu suchen, von wo aus sie unsere Verwendung daftir nachsuchten, daß ihnen Herr Meyer die Rückreise nach der Schweiz ermögliche. Schon vorher hatte es sich das Departement des Auswärtigen angelegen sein lassen, zu gunsten einzelner Kolonisten, die ihm ihre Lage als eine verzweifelte geschildert hatten, Bundesblatt. 45. Jahrg. Bd. II.

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7-22 sich dafìlr zu verwenden, daß ihnen von Herrn Meyer die Kosten der Rückreise bestritten oder zum mindesten ein Beitrag an dieselben gewährt werde. Wir haben uns sodann gegen Schluß des Berichtsjahres veranlaßt gesehen, Herrn Meyer die bestimmte Erwartung auszusprechen, daß er denjenigen Kolonisten, die es wünschten, die Heimreise nach der Schweiz erleichtere. Den Kolonisten selbst ließen wir durch das Generalkonsulat eröffnen, daß sie sich für den Fall, daß Herr Eugen Meyer der Aufforderung des Bundesrates keine Folge geben sollte, beim zuständigen Gerichte Rechts zu erholen hätten, da nur der Richter darilber zu entscheiden kompetent sei, ob Herr Meyer die Bestimmungen der zwischen ihm und den Kolonisten abgeschlossenen Verträge ausgeführt habe oder nicht. Da die Verträge in der Schweiz abgeschlossen worden seien und da Herr Eugen Meyer in Rio de Janeiro in der Schweiz durch die Firma Eugen Meyer & Cie. in Basel vertreten sei, könnten die Klagen bei den schweizerischen Gerichten anhängig gemacht werden.

Aus dem umfangreichen Aktenmaterial Über die Angelegenheit haben wir die Überzeugung gewonnen, daß Herr Eugen Meyer, beziehungsweise seine Vertreter von dem Vorwurf nicht freigesprochen werden können, daß sie es bei der«Auswahl der sich ihnen als Kolonisten anbietenden Personen an der nötigen Vorsicht haben fehlen lassen und daß die Kolonialleitung insbesondere, was die Behandlung der Kolonisten anbetrifft, sehr viel zu wUnschen Ubri^ ließ. Die Kolonisten ihrerseits mögen gefehlt haben, indem sie sich von den Mühen und Entbehrungen eines Ansiedlers in einer wenig bevölkerten Gegend unrichtige Vorstellungen gemacht und es an Ausdauer haben fehlen lassen. Daß Herr Meyer die Gründung der Kolonie in bester Absicht unternommen, wurde dagegen nie bezweifelt.

C. Andere Es wanderten 1. Nach 2. ,, 3.

,,

Auswanderungsziele.

ferner aus: Afrika 10 Personen.

Asien 9 ,, Australien 20 ,,

B. Kommissarische Sektion.

1. Begleitung von Auswandererzügen.

Die Maßregeln, welche die Behörden der Vereinigten Staaten von Nordamerika infolge der in mehreren europäischen Seehäfen ausgebrochenen Cholera-Epidemie treffen zu müssen glaubten, brachten mancherlei Störungen in der Beförderung der Auswanderer mit sich.

T2'ì Darin hauptsächlich liegt auch der Grund, daß im Berichtsjahre weniger Auswandererzüge vom Auswanderungs-Kommissär begleitet werden konnten, als dies in früheren Jahren der Fall war. Einerseits waren diese Züge überhaupt etwas weniger zahlreich, und anderseits sah sich dieser Beamte durch die oft wechselnden Verhältnisse zu gewissen Zeiten in besonderem Maße genötigt, im Interesse der Auswanderer sich zum Zwecke der Auskunfterteilung auf seinem Bureau zur Verfügung zu halten. Immerhin wurde eine beschränkte Anzahl von Auswandererzügen Ms über die Schweizergrenze hinaus, und zwei derselben bis zu den Einschiffungshäfen Havre und Antwerpen begleitet.

Jene kürzeren Begleitungen haben, wie teilweise schon in früheren Geschäftsberichten dargethan worden ist, einem mehrfachen Zwecke zu dienen. Es konnte dabei leider neuerdings konstatiert werden, daß ein großer Teil dieser Auswanderer von der Existenz des Auswanderungs-Kommissariates und dessen Funktionen keine genügende Kenntnis hatte. Daß von dieser Amtsstelle jedermann auf gestelltes Begehren Auskunft und Rat, und unter Umständen auch Empfehlungen unentgeltlich erhalten könne, blieb trotz frliher erfolgten Publikationen vielen, denen sonst zuverlässige und einläßliche Informationen über ihre Auswanderungsziele höchst willkommen hätten sein müssen, unbekannt. Es liegt dies teilweise in der Natur der Sache; denn wer Auskunft verlangt und erhalten hat, reist in der Regel bald nachher ab, und übt diesbezüglich nur noch in seltenen Fällen einen Einfluß auf seine Umgebung aus, wenn er nicht, wie im Berichtsjahr geschehen, von der neuen Heimat aus seinen auswanderungslustigen Verwandten oder Freunden den Rat erteilt, sich vorerst an die amtliche Auskunftstelle zu wenden. Das wird voraussichtlich so bleiben, so lange nicht die kantonalen und die gemeindlichen Behörden es sich zur Pflicht machen, darauf hinzuwirken, daß alle Auswanderungskandidaten, soweit sie ihnen als solche zur Kenntnis kommen, auf die erwähnte Auskunftstelle aufmerksam gemacht werden, sowie auf die Wichtigkeit, welche zuverlässige Belehrungen über ihre Auswanderungsziele und über die dort bestehenden, für sie besonders in Betracht fallenden Verhältnisse haben können. Nur auf diese Weise ist es möglich, der leichtsinnigen Auswanderung nachhaltig vorzubeugen. Wohl finden sich bei jedem
Auswanderungszuge zahlreiche Personen, welche an vorausgereisten Verwandten oder Freunden mehr oder weniger feste Stutzpunkte zu finden hoffen, und daher weiteren Rates entbehren zu dürfen glauben. Allein nicht minder zahlreich sind gewöhnlich diejenigen, welche in dem Lande, das sie sich zur neuen Heimat gewählt haben, niemand kennen, sich von dem Lande ihrer Zukunft

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durchaus keine genauere Vorstellung zu bilden vermögen, dagegen mit mancherlei Illusionen erfüllt sind, und namentlich auch keine Kenntnis haben von den dort gültigen gesetzlichen Bestimmungen, welche doch schon wegen einer möglichen Ruckweisung ftir sie von besonderem Interesse wären. Dieser Klasse von Auswanderern in ihrer Plan- und Ratlosigkeit noch mit einigen Belehrungen nahe zu kommen und sie wenn möglich vor verhängnisvollen Gefahren und Irrwegen zu bewahren, ist einer der wichtigsten Zwecke der Begleitung. Sobald die Einwanderungsverhältnisse in Nordamerika sich etwas konsolidiert haben werden, wird ein ,,Ratgeber" für die dorthin reisenden schweizerischen Auswanderer im Druck erscheinen, welcher die wichtigsten allgemeinen Ratschläge für die Reise und die amerikanischen Einwanderungsgesetze enthalten soll.

Es ist aber durch die Begleitung gleichzeitig eine äußerst günstige Gelegenheit geboten, zu kontrollieren, ob und inwiefern die Ausfertigung der Reiseverträge den gesetzlichen Vorschriften entspreche.

Es wurden bei diesen Anlässen denn auch regelmäßig gewisse Mängel entdeckt, welche der Behörde zu weiterer Orientierung über die Geschäftsführung der Auswanderungsagenturen dienten und die Beseitigung noch bestehender Übelstände zur Folge haben konnten.

Während in Basel die über Antwerpen reisenden Auswanderer in bequemen besonders für diesen Transport konstruierten Wagen, und in Genf für die Marseiller Linie schon im dortigen Bahnhof in französischen sogenannten Coupewagen mit gepolsterten Sitzen untergebracht werden können, findet in Delle und in Pontarlier ein Umsteigen in französische Wagen statt, sofern nicht die bekannten von der Compagnie générale transatlantique eingerichteten Specialzüge zur Verwendung kommen. Da bietet sich dann dem begleitenden Beamten die Aufgabe, nachzusehen, ob die schon vor mehreren Jahren getroffenen Vereinbarungen mit den Eisenbahngesellschaften, wonach mit Rücksicht auf die lange Reise und auf das viele Gepäck nicht mehr als 8 Personen in eine Abteilung gewiesen werden dürfen, zur Anwendung kommen oder nicht; eventuell werden zu gunsten der Auswanderer bei den Bahnangestellten Reklamationen erhoben, wie dies infolge des öfteren Wechsels der Bahnangestellten beinahe regelmäßig geschehen mußte. Im fernem wurde auch die gewöhnlich von den Agenturen zur
Lieferung übernommene Beköstigung einer genaueren Einsichtnahme unterstellt und in allen beobachteten Fällen als gut und preiswlirdig erkannt.

Im FrUhjahr begleitete der Kommissär einen Specialzug der Compagnie générale transatlantique mit etwas über 200 schweizerischen Auswanderern nach Havre. Die vorerwähnten Untersuchungen ergaben hinsichtlich der Ausfertigung der Reiseverträge verschiedene

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Mängel, zu deren Beseitigung seither Maßregeln getroffen wurden.

In der aus dem mitfahrenden Büffettwagen vorgenommenen Beköstigung war auf hierseitige Anregung eine von den Auswanderern beifallig aufgenommene Verbesserung eingeführt worden, indem nunmehr an die Stelle des früher verabreichten schwarzen Kaffees dauernd eine teilweise warme Kost getreten ist. Unter den mitfahrenden Schweizern befanden sich verhältnismäßig viele, welche noch kein anderes Ziel kannten als New-York, wo sie, gänzlich unbekannt mit den dortigen Verhältnissen, leicht Arbeit zu finden hofften. Unter dem Hinweis auf die vielen in jener Stadt vorhandenen Arbeitslosen konnten mehrere zu dem Entschluß vermocht werden, sich anderen schweizerischen Auswanderern mit bestimmten und besseren Reisezielen anzuschließen, und dann sofort von New-York weiter nach dem Westen zu reisen. Da diesmal der Raum des Zwischendecks nur teilweise von Passagieren angefüllt wurde, so konnten die schweizerischen Auswanderer weit hesser als gewöhnlich sich zu einzelnen Gruppen ordnen und ihre Plätze auswählen. Mit dem schweizerischen Konsul in Havre und der Direktion der Gesellschaft wurden einige obschwebende Fragen, u. a. auch betreffend eine von einem Schweizer gegen einen Schiffsarzt wegen Pflichtverletzung erhobene Klage, besprochen, eine Angelegenheit, welche hierseits nach längeren Verhandlungen fallen gelassen werden mußte. Eine auffallende und auch für unsere Bevölkerung lehrreiche Thatsache ist die im letzten Frühjahr vorgekommene starke Rückwanderung aus Amerika nach Europa von Leuten, welche allem Anscheine nach das gehoffte Glück in der neuen Welt nicht gefunden hatten.

Im Monat Dezember wurde ein Zug nach Antwerpen begleitet.

Diese Reise ist für die Auswanderer unzweifelhaft weniger beschwerlich als diejenige nach Havre oder Marseille, weil sie infolge der Benützung eines Schnellzuges von StralSburg bis Brüssel, welche durch eine ganz minime Zuschlagstaxe ermöglicht werden kann, und daher nur die Tagesstunden von morgens früh bis nachts 11 Uhr in Anspruch nimmt, und das Übernachten in einem guten Gasthause in Antwerpen gestattet. Freilich wird diese Bequemlichkeit durch eine auf dieser Route um etwa zwei Tage längere Seereise aufgewogen.

Die Wagen waren nicht überfüllt, und die Fahrt vollzog sich wie gewöhnlich. Es befanden sich
mehrere Personen dabei, welche früher schon in Amerika gewesen waren, und beinahe alle übrigen hatten bestimmte Reiseziele im Innern der Vereinigten Staaten. Wer nicht so glücklich war, schloß §ich bald den übrigen an, nachdem ihnen der Ernst ihrer Lage klar gemacht worden war. Bei ihrer Ankunft in Antwerpen wurden unsere Leute von Angestellten der Red Star Company in Empfang genommen und getrennt von den übrigen

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mitfahrenden Auswanderern anderer Nationalitäten in ein Hotel gebracht, wo sie am darauffolgenden Tage auf Befragen einstimmig erklärten, gute Verpflegung gefunden zu haben. Unser Konsul in Antwerpen konstatierte auch den guten Willen der Schiffsgesellschaft, allen gerechtfertigten Wünschen hinsichtlich der Unterbringung und Beköstigung an Bord nach Möglichkeit nachzukommen. Dieselbe Versicherung erneuerte auch die Passagedirektion, und wenn auch einzelne jener Passagiere II. Klasse seither über den Mangel einer durchgreifenden Ordnung an Bord Bemerkungen machten, so sind doch förmliche Klagen mit sicheren Anhaltspunkten, welche die Durchführung einer Untersuchung ermöglicht hätten, nicht eingelaufen.

Der Kommissär benützte den Anlaß, um noch das benachbarte Rotterdam zu besuchen, dort Über die wegen der Maßregeln der amerikanischen Behörden getroffenen und noch zu treffenden Vorkehren mit der Direktion der niederländisch - amerikanischen Schifffahrtsgesellschaft sich zu besprechen und die neuesten Einrichtungen im Zwischendeck der Schiffe zu besichtigen. Es zeigte sich, daß beim besten Willen nicht vorausgesagt werden konnte, wie sich die Auswandererbeförderung in Zukunft gestalten werde. Daß diese Gesellschaft nicht vor den Opfern zu gunsten einer anständigen Behandlung der Auswanderer zurilckscheut, beweist schon der von ihr unternommene großartige und nahezu vollendete Bau eines mit vorzüglichen Einrichtungen versehenen Auswandererhotels, das schon im Monat Februar 1893 dem Betrieb übergeben werden soll.

Wenn, wie es den Anschein hat, die Ansprüche der nordamerikanischen Behörden · den Erfolg haben, einige längst als notwendig empfundene Verbesserungen in der Einrichtung aller Schiffe und in der Art der Beförderung der Auswanderer Überhaupt herbeizuführen, so sind dieselben nur zu begrüßen, selbst auf die Gefahr hin, daß die Transportkosten dafür etwas erhöht werden müssen.

II. Begutachtung von Kolonisationsunternehmungen.

1. Schon im vorigen Jahre hatte die Canadian Kailway Company in London das Gesuch gestellt, in der Schweiz eine Flugschrift verbreiten zu dürfen, in welcher vorzugsweise die kanadischen Provinzen Manitoba und Britisch Columbia als Gebiete dargestellt werden, die sich zur Ansiedlung für schweizerische Auswanderer besonders gut eignen. Nachdem wir dieses Gesuch hauptsächlich aus GrUnden des in jenen Gegenden herrschenden unwirtlichen Klimas in ablehnendem Sinne beschieden hatten, wurde dasselbe im Berichtsjahr wiederholt, mit dem Vorgeben, die hierseitige Behörde sei über die wirklichen Verhältnisse nicht genügend unterrichtet gewesen.

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Eine nochmalige Prüfung ergab aber die volle Richtigkeit der Motive, aus denen das Gesuch abgewiesen worden war, und wir lehnten dasselbe in Festhaltung unsrer Schlußnahme neuerdings ab.

2. Am 1. März des Berichtsjahres zog Herr Gaullieur sein Gesuch, die Kanalbaugesellschaft ira Pecos-Thale (Neu-Mexiko) in der Schweiz vertreten zu dürfen, zuriick, kurz vor dem Zeitpunkt, als die ersten Kundgebungen über einen höchst ungünstigen Fortgang, den die durch Herrn Gaullieur veranlagte dortige Sehweizerkolonie nehme, in den öffentlichen Blättern erschienen. In der Folge mehrten und verschärften sich jene ungünstigen Nachrichten, besonders als eine Anzahl der Kolonisten teils in andere Gegenden der Vereinigten Staaten übersiedelten, teils enttäuscht durch den totalen Mißerfolg ihrer Arbeit in die Heimat zurückkehrten, und es stellte sich immer deutlicher heraus, daß die heftigen Angritte, welche Herr Gaullieur gegen die hierseitigen Auswanderungsbehörden in der Presse erhoben und lange fortgesetzt hatte, jeder Begründung entbehrten und das Unternehmen am Pecos ein verfehltes war.

3. Gegen die im vorigen Geschäftsbericht erwähnte Abweisung eines Gesuches für eine im Staate New-Jersey zu gründende Schweizerkolonie wurde ein Kekursbegehren eingereicht mit der Begründung, das damals mit der Untersuchung auf Ort und Stelle beauftragte schweizerische Konsulat in Philadelphia habe Über die thatsächlichen Verhältnisse nach nur oberflächlich vorgenommenem Augenschein einen ungenauen Bericht anher erstattet. Der hierauf von unsrer Gesandtschaft in Washington einverlangte Bericht widerlegte aber diese Behauptung in allen Teilen und bestätigte die volle Wahrheit der vorerwähnten Berichterstattung des Konsulates in Philadelphia, wonach der humnsarme Sandboden der für die Kolonisation in Aussicht genommenen Gegend sich unmöglich für eine gedeihliche Niederlassung schweizerischer Auswandererfamilien eignen könne.

4. Eine Gesellschaft in London reichte ein Gesuch ein, die künstlich bewässerten Ländereien der Bear Lake and Hiver Water Works and Irrigation Company im Territorium Utah durch Hchweizerische Familien besiedeln zu dürfen. Unsere mit der Berichterstattung hierüber beauftragte Gesandtschaft in Washington zog liber diese Gesellschaft, über die Beschaffenheit dieser Landereien, sowie über alle sonstigen für eine
ersprießliche Kolonisation in Betracht kommenden Verhältnisse umfassende Erkundigungen ein und erstattete darüber einen einläßlichen Bericht. Aus demselben ergab es sich, daß in Utah bereits viele ähnliche, unter den gleichen Bedingungen ins Leben gerufene Unternehmungen existieren und gute Erfolge aufzuweisen haben, und daß ein solcher Erfolg unter ge-

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wissen Voraussetzungen auch von einer Besiedlung der Gegend aus Bear Lake zu hoffen sei. Da diese Voraussetzungen aber wesentlich darin bestehen, daß nur solche Auswanderer, welche mit Kapitalien und mit tüchtigen körperlichen und geistigen Kräften ausgerüstet sind, mit Aussicht auf einen unzweifelhaften Erfolg an diesem Unternehmen sich beteiligen könnten, so wurde von einer formellen Genehmigung des gestellten Gesuches abgesehen, um, wenn möglich, zu verhüten, dali ungeeignete Elemente jene Gegend als Auswanderungsziel wählen. Dagegen wurde der Gesellschaft erwidert, das Auswanderungskommissariat werde allfällig eingehende Auskunftsbegehren solcher Personen, welche nach dem Bear Lake auswandern wollen, nach Mitgabe der eingezogenen Informationen und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der betreffenden Auswanderer beantworten.

III. Erteilung von Auskunft und Rat an Auswanderer.

Wenn einerseits die Zahl der eingegangenen Auskunftsbegehren keineswegs hinter derjenigen der früheren Jahre zurückblieb, so ergab es sich doch aus den Korrespondenzen als höchst wahrscheinlich, daß ein noch höherer Prozentsatz der schweizerischen Auswanderung durch vorausgereiste Verwandte und Freunde, oder auch von solchen, welche vorübergehend aus Amerika in die Schweiz zurückgekehrt waren, zur Abreise veranlaßt wurde, und daß dieser Teil der Auswanderer in der Regel sich für hinlänglich unterrichtet hält und daher die amtliche Auskunftsstelle nur in seltenen Fällen in Anspruch nimmt. Daß vielen die Existenz einer solchen Amtsstelle unbekannt geblieben ist, wäre auch aus einer großen Zahl von Auskunftsbegehren nachweisbar, deren Verfasser sich damit einfuhren, sie hätten ,,zufällig" davon vernommen, daß man in Bern über ihre Auswandernngsziele Auskunft erhalten könne. Dagegen fehlte es nicht an Informationsgesuchen von Schweizern, die im Alislande, sogar in Amerika leben und nach anderen Ländern übersiedeln wollen, wie denn Überhaupt die Wanderungen von Schweizern im Auslande häufiger vorkommen, als man gewöhnlich annimmt.

In stärkerem Maße als früher war im Berichtsjahr die landwirtschaftliche Berufsrichtung dabei vertreten, und sie zeigte sich im allgemeinen zielbewußter, als mehrere andere Berufsrichtungen, wenn es auch nicht an Nachfragen nach Ländern fehlte, wo schon aus klimatischen Gründen von
einem gedeihlichen landwirtschaftlichen Betriebe durch neu Eingewanderte keine Rede sein kann. Von einzelnen Handwerkern und Fabrikarbeitern wurde Auskunft über Länder verlangt, wo sie keine Gelegenheit zur lohnenden Ausübung ihres Berufes finden würden, weil entweder gerade für sie kein Bediirfni.s

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besteht, oder weil die dort einheimische Bevölkerung infolge ihrer geringen Bedürfnisse für den Lebensunterhalt um Löhne arbeitet, bei denen auch der bescheidenste Europäer nicht leben könnte. Einzelnen Vertretern wissenschaftlicher Berufsarten konnten ziemlich günstige Aussichten eröffnet werden, während anderen gesagt werden mußte, daß ihre Sprachkenntnisse nicht auf derjenigen Höhe der Ansprüche stehen, welche das Einwanderungsland an sie stellen würde, oder daß in letzterem selbst wegen Überfluß an solchen Leuten oder ans anderen Gründen eine Nachfrage nach ihrer Kichtung nicht vorhanden sei, oder daß sie nach gewissen von ihnen in Aussicht genommeneu Ländern nicht ohne ein vorheriges, vertraglich sichergestelltes Engagement auswandern dürften, wenn sie nicht Gefahr laufen wollten, nach ihrer Ankunft lange beschäftigungslos zu bleiben, und sich Arbeiten unterziehen zu müssen, welche zu verrichten sie bisher nicht gewöhnt waren und die überdies schlecht bezahlt werden. Dieses letztere gilt ganz besonders auch von jungen Kaufleuten, von denen sich eine erhebliche Anzahl an das Auswanderungskommissariat gewendet hat; es ist dies von einzelnen auf gut Glück hin ausgewanderten Personen dieser Kategorie, welche diese Erfahrung selber machen mußten, hezeugt worden. Andere junge Kaufleute, denen Stellen auf überseeischen Plätzen angetragen worden waren, erkundigten sich nach den klimatischen, socialen und kommerziellen Verhältnissen jener Plätze und erhielten in jedem einzelnen Palle einläßliche Auskunft. Es kann auf diese Weise mancher veranlaßt werden, gewisse Reiseziele zu meiden, deren ungunstige Klimaverhältnisse derart sind, daß sich seine körperlichen Kräfte denselben gegenüber nicht als widerstandsfähig genug erweisen würden, oder wo das angebotene Honorar mit den finanziellen Anforderungen des Ortes nicht Schritt zu halten vermöchte.

Die zunehmenden Schwierigkeiten, welche die Einwanderungabehörden der Vereinigten Staaten der Landung ärmerer Personen, oder solcher, die mit einer größeren oder geringeren Anskaufssumme aus den ortsbürgerlichen Gütern ihre Auswanderungs- und Ansiedelungskosten bestreiten, entgegenstellen, veranlaßteu einige Gemeindebehörden, sich nach den betreffenden amerikanischen Vorschriften und nach den mutmaßlichen Folgen ftlr auswandernde Gemeindegenossen zu erkundigen. Die
diesbezüglichen Auskünfte wurden, selbstverständlich unter ausdrücklicher Ablehnung jeder Verantwortlichkeit, erteilt, und es ist uns nicht bekannt geworden, daß solche Auswanderer, wenn sie wirklich abreisten, zurückgewiesen worden wären.

Besondere ïlrwahnung verdient die Thatsache, daß eine Anzahl, von Stickern aus der Ostschweiz infolge des schlechten GeschUfta-

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ganges ihrer Industrie Neigung zur Auswanderung nach Nordamerika zeigte, um in den dortigen Fabriken in Arbeit zu treten. Auf diesen leicht vorauszusehenden Fall hin waren über die wirkliche Lage der Stickerei in Amerika von zuverlässigster Seite Erkundigungen eingeholt worden, und als dann bezügliche Auskunftsbegehren einlangten, konnte darauf geantwortet werden, daß die Stickerei auch dort unter dem nämlichen Übelstand zu leiden habe, wie in der Schweiz, indem sie zu sehr von der herrschenden Mode abhänge, als daß eine konstante Beschäftigung der Arbeiter zu erhoffen wäre. Wenn auch die dortigen Löhne erheblich höher seien, als in der Schweiz, so sei dagegen die Lage der Arbeiter während eines beschäftigungslosen Zeitraumes um so prekärer, als der Lebensunterhalt dort in ähnlichem Verhältnis kostspieliger sei. Zudem könne man, wie dies seiner Zeit bei der Uhrenindustrie der Fall gewesen, mit Bestimmtheit erwarten, daß die Fabrikation gewisser Artikel sich niemals oder nur schwer in Amerika dauerhaft einbürgern werde, und dali in nicht allzuferner Zukunft der gegenwärtige hohe Zollschute für die Stickerei in bedeutendem Maße reduziert werden dürfte.

Als eine Auskunfterteilung mehr summarischer Art sind die stattgefundenen Warnungen in der öffentlichen Presse vor gewissen Auswanderungszielen und die öffentlichen Vorträge, welche vom Chef der kommissarischen Sektion auf ergangene Einladung seitens des Centralkomitees des schweizerischen kaufmännischen Vereins oder anderer Gesellschaften an verschiedenen Orten der Schweiz gehalten wurden, zu betrachten. Daß Warnungen nur in ganz besonderen Fällen publiziert werden dürfen, z. B. wenn sie für alle Berufsrichtungen oder dann nur für einzelne derselben gelten können, oder bei Propaganda für Kolonisationsunternehmungen, Über welche uns die gesetzlich verlangten Aufschlüsse nicht erteilt wurden und welche sich aus verschiedenen Gründen für schweizerische Auswanderer nicht eignen, oder gegenüber von Ländern, Uber welche vorübergehend schwere Krisen gekommen sind, die ein gedeihliches Fortkommen von Auswanderern gefährden oder als unmöglich erscheinen lassen, liegt in der Natur der Sache. Sie dürfen auch nicht zu häufig sich wiederholen, weil die Erfahrung gezeigt hat, dalS es immer Leute giebt, die dadurch angereizt werden, sich gerade um solche gefährliche
Reiseziele zu interessieren. Die öffentlichen Vorträge verfolgten immer den Zweck, einerseits der leichtsinnigen Auswanderung entgegen zu wirken, andererseits aber der berechtigten Auswanderung, besonders derjenigen junger Kaufleute, die nötigen Vorbedingungen für ein gutes Gelingen zu zeigen, und auf die Wichtigkeit der Vermeidung ungünstiger Reiseziele und die Notwendigkeit einer allseitigen Orientierung Uber letztere aufmerksam zu machen.

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Die Quelle für die Auskunfterteilung bildeten in erster Linin die Berichte unserer hierfür besonders in Betracht kommenden Gesandtschaften und Konsulate, und einige dieser Aintsstellen haben uns denn auch einläßliche und wertvolle Mitteilungen gemacht. Bei der hohen Wichtigkeit der Sache hegen wir das Vertrauen, daß sich die Konsulate stets werden angelegen sein lassen, uns über die unsere Auswanderer aller Berufsrichtungen interessierenden Vorkommnisse auf dem Laufenden zu halten. In Ländern, wo die Schweiz nicht offiziell vertreten ist, wurden die Berichte schweizerischer Hülfsgesellschaften im Auslande, und sodann auch solche von Vertretern anderer Staaten, soweit sie veröffentlicht sind, und als zuverlässig anerkannte Privatnachrichten zu Rate gezogen.

IV. Verschiedenes.

1. Auf ein Ansuchen der kaiserlich deutschen Gesandtschaft in Bern wurde derselben ein ausführlicher Bericht Über die Einrichtung und die Aufgaben des Auswanderungskommissariates zugestellt.

2. Im Frühjahr erhielt der Auswanderungskommissär von der Commission permanente internationale pour la protection des émigrants in Paris eine Einladung, in ihrer Mitte über die schweizerische Auswanderungsgesetzgebung und speciell Über das Kommissariat und dessen Funktionen, sowie auch über einzelne Punkte, über welche ini Interesse eines ausgiebigen Auswandererschutzes eine internationale Verständigung als thunlich und nützlich erscheinen könnte, einen Vortrag zu halten. Das Departement des Auswärtigen hielt dafür, daß dieser Einladung um so eher Folge gegeben werden dürfe, als jene Gesellschaft schon während der Ausstellung von 1889 in Paris eine Besprechung der Frage des Auswandererschutzes zwischen Vertretern mehrerer europäischer und überseeischer Länder veranlaßt, und dann auch der geographische Weltkongreß von 1891 die Initiative zur Anbahnung einer diesbezüglichen internationalen Übereinkunft ergriffen hatte, und überdies die Reise nach Paris mit einer Begleitung eines nach Havre gehenden Auswandererzuges verbunden werden konnte.

3. Im Herbst reichte uns die Société internationale pour l'étude des questions d'émigration in Paris eine Eingabe ein mit der Anregung, es möchte hierseits in Erwägung gezogen werden, ob und in welcher Weise eine Vereinbarung zum Schutze der Auswanderer zwischen den bei der Auswanderung nach überseeischen Ländern in besonderem Maße beteiligten Staaten herbeigeführt werden könnte.

Diese Eingabe wurde mit einem derselben beigelegten Vorprojekt

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dem Departement des Auswärtigen zur gelegentlichen Berichterstattung und Antragstellung zugewiesen ; es ist diese Angelegenheit zur Zeit hierseits noch nicht zur Behandlung gelangt.

4. Ein höherer Beamter des Königreichs Italien, welcher zum Zwecke des Studiums verschiedener schweizerischer Institutionen nach Bern gekommen war, richtete an das Departement des Auswärtigen das Ansuchen, es möchte dem Vorsteher des Auswanderungskommissariates ermöglicht werden, einer Einladung zum italienischen geographischen Kongreß in Genua Folge zu geben, weil in Italien eine Revision der Auswanderungsgesetzgebung angestrebt und diese auf dem Kongreß zur einläßlichen Erörterung kommen werde. Von dem Wunsche geleitet, den Bestrebungen eines befreundeten Staates förderlich sein zu können, erteilte dasselbe die nachgesuchte Einwilligung.

IV. Abteilung.

Amt für geistiges Eigentum.

Personal.

Die in unserm vorjährigen Bericht erwähnte Vermehruug des Personals ist in diesem Jahre zum Teil verwirklicht worden. So sind im Laufe des zweiten Semesters 1892 ein Techniker, ein Kanzlist und ein Kontrolleur eingetreten.

Eine merkliehe Zunahme in der Zahl der Patentanmeldungen (.im Jahre 1892 sind 246 mehr eingereicht worden als im Jahre 1891), sowie die in früheren Berichten schon erwähnten Ursachen rechtfertigen diese Vermehrung des Personals.

1. Erfindungsschutz.

Wir lassen hier, wie gewöhnlich, statistische Angaben folgen, welche am besten einen Einblick in die Thätigkeit des Amtes während dem verflossenen Jahre ermöglichen.

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Die Anzahl der Patentgesuche, welche im Vorjahre 1556 betrug, ist im Jahre 1892 auf 1802 gestiegen ; diese Zahl beträgt das Doppelte der vom Amte ursprünglich angenommenen Frequenz.

Unter diesen Gesuchen befinden sich 1189 für provisorische, 560 für definitive und 53 für Zusatzpateote. Gesuche betreffend Ausstellungsschute wurden dieses Jahr nicht eingereicht. Die zurückgezogenen Gesuche beliefen sich auf 53 und die zurückgewiesenen auf 70. 4 Rekurse gingen an das Departement, von denen 2 gutgeheißen und 2 abgewiesen wurden. Von den eingereichten Gesuchen konnten 1478 nicht sofort registriert werden und veranlaßteu 2058 auf Lücken, Fehler oder Unregelmäßigkeiten bezügliche Beanstandungen. Außerdem wurden 54 vertrauliche Mitteilungen versandt.

Das Amt hat im Laufe des verflossenen Jahres 1554 Patente registriert, nämlich 1531 Haupt- und 23 Zusatzpatente; von denselben entfielen 560 (d. h. 36 °/o) auf in der Schweiz und 994 (d.h. 64°/o) auf im Ausland wohnhafte Personen. Letztere 994 Patente verteilen sich folgendermaßen : Schweden und Norwegen . 12 Deutschland . . . . 5 0 4 Spanien 11 Frankreich . . . . 1 7 7 Niederlande 7 Großbritannien . . . 9 7 Österreich-Ungarn . .

74 Rußland 7 Vereinigte Staaten von Dänemark tt Australien 3 Nordamerika . . . 6 0 Italien 22 Luxemburg "Ì Belgien 12 Neu-Seeland l Der Ertrag der Jahresgebühren steigt von Jahr zu Jahr. So sind im Jahre 1892 in Summa 3729 Gebühren mit folgender Verteilung gezahlt worden : 1662 erste, 1022 zweite, 472 dritte, 478 vierte, 95 fünfte Annuitäten. Die Stundung der Jahresgebühren wurde für 2 Gesuche nachgesucht und bewilligt. Das Amt erlieli 1437 Zahlungsmahnungen. Die dreimonatliche Frist, während welcher die fälligen Gebühren noch gezahlt werden können, gereicht oft zum Nachteil der Patentinhaber; diese versäumen es, rechtzeitig zu zahlen, in der Meinung, das Gesetz werde nicht strikt angewendet werden, da es ja selbst eine Zahlungsfrist nach d«r Verfallzeit gewähre. Ein anderer Nachteil dieser Maßregel ist die daraus entstehende, drei Monate lang dauernde Ungewißheit darüber, ob die Patente, für welche eine Zahlungsmahoung erlassen werden muß, fortbestehen oder nicht. Würden die Mahnungen nicht n a c h , sondern vor der Verfallzeit erlassen, so fielen die meisten dieser Nachteile weg, und es würde auf diese Weise dem Gedanken, welcher jener Maßregel zu Grunde liegt, besser entsprochen werden.

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Die Schwierigkeiten, welche aus der Verpflichtung erwachsen, einen Modellausweis zu leisten, sind nach wie vor sehr empfindliche. Eine bereits in unserm vorigen Bericht erwähnte eingehende Beschäftigung mit dieser Frage veranlaßte uns. Ihnen den Vorschlag zu unterbreiten, es möchte bei der Revision des Gesetzes betreffend die Erflnduugspatente die Dauer der provisorischen Patente von zwei auf d r e i Jahre ausgedehnt werden. Durch eine solche Verfügung könnten die sich aus dem gegenwärtigen System ergebenden Nachteile wenigstens einigermaßen gemildert werden.

Die Zahl der Modellvergleiehungen belief sich auf 919, wovon 80 von amtlichen Experten außerhalb der Bureaulokaliläten vorgenommen wurden; 166 Modellausweise wurden, weil ungenügend, abgewiesen. Gegen diesbezügliche Entscheide des Amtes gingen 18 Rekurse an das Departement, von denen 9 nach Vervollständigung der Beweismittel angenommen werden konnten. Außerdem sind 151 Modelle bleibend hinterlegt worden.

Auf das Obligatorium der Leistung eines Modellausweises vor Ablauf des zweiten Patenljahres ist von Seiten des Amtes durch 505 Mahnungen aufmerksam gemacht worden.

Im ganzen sind im Laufe des Jahres 990 Haupt- und Zusatepatente gelöscht worden.

Einen Beweis für den Wert, der einer großen Anzahl von Patenten innewohnt, geben die 100 Abtretungen, 19 Lizenzerteilungen und 3 Verpfändungen, welche eingetragen worden sind.

Die auf den Erfindungsschutz bezügliche Korrespondenz hat gegenüber dem Vorjahre ebenfalls zugenommen ; dies erhellt daraus, daß das Amt 8070 verschiedene Mitteilungen dieser Art erhalten hat.

Die in unserm letzten Bericht erwähnte Gratisverteilung von Patentschriften hat auch im Jahre 1892 stattgefunden. Den Gemeinden, welche im Interesse der lokalen Industrie mit der Auslegung der Patentschriften ziemliche Lasten auf sich nehmen, werden dieselben schon jetzt durch die Vergütung der Einbandskosten wesentlich erleichtert; dies wird noch mehr der Fall sein infolge des specielleu Beitrages für Überwachung und Unterhalt der Sammlungen, welcher im Budget für 1893 vorgesehen ist.

Deutschland hat das Übereinkommen betreffend den gegenseitigen Schutz des gewerblichen Eigentums, dem Sie Ihre Zustimmung bereits gegeben haben, noch nicht ratifiziert.

Wir erwähnen noch die Botschaft vom 25. November 1892, mittelst welcher wir Ihnen ein Revisionsprojekt zum Bundesgeseta vom 29. Juni 1888 über Erfindungspatente vorgelegt haben.

785

2. Gewerbliche Muster und Modelle.

In Bezug auf diesen Dienstzweig ist die Thatsache bemerkenswert, daß es immer wieder solche Interessenten giebt, welche patentierbare Erfindungen unter den den gewerblichen Mustern und Modellen gewährten Schutz stellen möchten.

Sollte die Aufhebung des Schutzes, welchen der Stickereiverband der Ostschweiz; seinen Mitgliedern bis jetzt angedeihen ließ, zur Thatsache werden, so würde wahrscheinlich die Zahl der Hinterlegungen von seilen der Stickerei-Industrie eine bedeutendere werden als bisher.

Auf Grund des am 1. Februar 1892 außer Kraft getretenen französisch-schweizerischen Vertrages vom 23. Februar 1882 hat keine Hinterlegung stattgefunden.

Da das am 13. April 1892 zwischen der Schweiz und Deutschland getroffene Übereinkommen vom letzteren Lande noch nicht ratifiziert worden ist, so entbehren die schweizerischen Besitzer von Mustern und Modellen nach wie vor den Schutz in Deutschland, während die Deutschen die Vorteile des schweizerischen Gesetzes bereits genießen.

Zwei au das Departement gerichtete Rekurse sind abgewiesen worden.

Die nachstehende Tabelle giebt eine Übersicht der Frequenz des Muster- und Modellschutzes im Jahre 1892.

-3 CO OS l

Modelle

Muster Hinterlegungen.

i

offen.

1891. 1892.

versiegelt.

1891. 1892. 1891.

1892.

offen.

j ,i

versiegelt.

1891. 1892. : 1891. 1892.

" l

Total der Muster und Modelle.

1891.

11

II.

r,

.

147

184

446

. . .

45

43

85

.

.

570

66

* 1253 1458

145

233 n 323

:

144

97 ·; -

III.

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10

4

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. . .

10

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12

12

11

45

62

543

Abtretungen Löschungen .

.

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'

1892.

i 1 !

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I. Periode

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2167

2688

2

229

165

1

10

2 ;; -- |

2

10

*

10

2 i'

-

2

10

4

6

1

59

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1

22

16

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115

- !;

171 s; -- i: 1

658

1 109 |

1034

i

\

737

3. Fabrik- und Handelsmarken.

Im Laufe des vergangenen Jahres sind 608 Marken eingetragen worden; 23 Eintragungsgesuche wurden zurückgezogen, 32 zurückgewiesen. Das Amt hat 163 Anzeigen betreffend Verweigeruugsgründe und 55 konfldentielle Mitteilungen betreffend Ähnlichkeit versandt. Die Registrierung von Änderungen betraf 26 Marken; 11 wurden in den Registern gelöscht.

In Anwendung des Art. 14 des Bundesgesetzes vom 26. September 1890 mußte das Amt manche Marken zurückweisen, weil dieselben öffentliche Wappen enthielten. Zwei diesbezügliche, an das Departement gerichtete Rekurse wurden abgewiesen.

Eine Eingabe eines Uhrenfabiïkantenvereins an das Departement bezweckte die Einführung eines obligatorischen Registers für Eintragung der gewerblichen Auszeichnungen. Diese Frage wurde zum Gegenstand eines eingehenden Studiums gemacht, welches ergab, daß dem Bundesrat die Kompetenzen dazu fehlen, und daß durch ein solches Register der beabsichtigte Zweck, ohne Anwendung der bestehenden Gesetzesbestimmungen Täuschungen zu verhindern, nicht erreicht werden kann.

Zwei der am 14. April 1891 in Madrid getroffenen internationalen Vereinbarungen sind ratifiziert worden. Die eine bezieht sich auf die Unterdrückung falscher Herkunftsbezeichnungen von Waren und ist am 15. Juli 1892 in Kraft getreten. Die andere, die internationale Eintragung der Fabrik- und Handelsmarken betreffend, ist am 1. Januar 1893 in Kraft getreten.

4. Schutz des litterarischen und künstlerischen Eigentums.

Die Anzahl der im Laufe des Jahres vorgenommenen Eintragungen beträgt 134 ; sie setzt sich zusammen aus 99 obligatorischen und 34 fakultativen Eintragungen, sowie einer Änderung.

Am 1. Februar 1892 ist der französisch-schweizerische Vertrag vom 23. Februar 1882, welcher zu vielen Reklamationen seitens schweizerischer Musikgesellschaften und Gesangvereine Anlaß gegeben hatte, außer Kraft getreten.

Bundesblatt. 45. Jahrg.

Bd. II.

49

Zu Seite 737.

Statistik der bis Ende 1892 vollzogenen Eintragungen von Fabrik- und Handelsmarken.

Frankreich.

Sei weiz.

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Warenklassen.

End t 189

Deutschland.

Grossbritannien.

Italien.

Schweden.

Niederlande.

Belgien.

ÖsterreichUngarn.

Spanien.

Ver.Staaten von Nord- Brasilien.

Amerika.

Ende Ende Ende i Ende Ende Ende E n d e j Q, Ende Ende Ende i-,,,,,, Ende 1892. 1891. 1892. 1891. 1892. 1891. 1892. 1891. 1892. 1891. 1892. 1891.

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Total.

Ende ! ,_,,, 1891. 1 1892'

1 1

1. Frische, zubereitete und konservierte Nahrungsmittel; Milch; Speiseöle; Spezereien etc.

2. Gegorene und andere Getränke; Mineralwasser; Eis 1 3. Tabakfabrikate ; Raucherartikel 4. Hygieinische, medizinische, pharmaceutische und chemische Materialien und Präparate (ausgeschlossen Farben); Verbandartikel; chirurgische, orthopädische Instrumente; Turn-, Feuer- .

1 lösch- und Rettung8creräte .

5. Farben, Lacke und Firnisse; Wachse; Wichsen; Klebmittel; technische und landwirtschaftliche Präparate (Tierarzneien ausgenommen); Seifen und Waschartikel; Parfümerien und Coiffeuri artikel 6. Produkte der Textilindustrie, der Gerberei etc.; Kleider; Schuhwaren; Hüte; Bettwaren, Matten, Teppiche; Reit- und Zugtierausrllstungen; Reiseartikel, Korb- und Bürstenwaren etc., sowie j Fournitüren und Zubehör 7. Stoffe, Apparate und Einrichtungen für die Beleuchtung und die Heizung; Zündwaren, Explosivstoffe, Munition; Waffen etc. .

8. Papier- und Kartonwaren; Schreib-, Zeichen-, Malerartikel etc. ; 9. Baukoustruktionen, Baumaterialien; keramische Produkte; Glaswaren ; Asphalt u. s. w 10. Möbel und Gegenstände, welche zum persönlichen, häuslichen oder öffentlichen Gebrauche dienen, soweit sie nicht zu einer 11. Rohe und bearbeitete Metalle; Werkzeuge, Instrumente, Appaj rate, Maschinen und Motoren; Vehikel etc 12. Uhren und Uhrenbestandteile; Edelsteine und Edelmetalle; Gravierarbeiten; Musikinstrumente etc.; sowie Fournitüren und · Zubehör (Werkzeuge ausgenommen) 13 Diverses Total

4CJ4 15;7 532

59 18 38

64 12 289 5 29

66 31 47

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27 15 12

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5

574 512 649

82 25 41

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34

340

35

768

103

99

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99

3

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2

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2

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18

2

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2

42 72 140

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738

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 21. April 1893.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Übersicht der im Jahr 1892 kontrollierten Käufe, Einschmelzungen und Proben von Goldund Silberabfällen.

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Jahr

1893

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

18

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

26.04.1893

Date Data Seite

696-738

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10 016 135

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