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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die eidgenössische Gewährleistung der Verfassung des Kantons Graubünden vom 2. Oktober 1892.

(Vom 17. Januar 1893.)

Tit.

Der Kleine Rat des Kantons Graubünden benachrichtigt uns, daß eine neue Verfassung dieses Kantons mit 8457 gegen 2762 Stimmen am 2. Oktober 1892 vom Volke angenommen worden sei.

Der Große Rat hat am 16. November 1892 das Abstimmungsergebnis erwahrt und mit Beschluß vom gleichen Tage das Inkrafttreten der neuen Verfassung auf den 1. Januar 1894 festgesetzt.

Die Kantonsregierung ersucht den Bundesrat, bei der Bundesversammlung die Gewährleistung dieser Verfassung auswirken zu wollen.

Der Text des neuen Grundgesetzes des Kantons Graubündea ist Ihnen gedruckt ausgeteilt worden.

Wir heben daraus zur Kennzeichnung des Werkes in Vergleichung mit der nun aufgehobenen Verfassung vom 23. Mai 1880 folgende Punkte hervor": I. A b s c h n i t t : V o l k s s o u v e r ä n e t ä t .

Die Ausübung des Initiativrechts ist erleichtert; die alte Verfassung verlangte für die Gesetzesinitiative ein Begehren von wenigstens 5000 Stimmberechtigten, während nun ein solches von 3000 Stimmberechtigten genügt (Art. 3).

IV. Abschnitt: Politische und V e r w a l t u n g s b e h ö r d e n .

Wie für die Gesetzesinitiative bedarf es nach der neuen Verfassung auch zur außerordentlichen Einberufung des Großen Rates eines Begehrens von nur 3000 Stimmberechtigten, statt wie bisher von 5000 (Art. 22).

104 Das Kollegialsystem der Regierung ist durch das Departementalsystem ersetzt, was eine Umarbeitung des Titels ,,Kleiner Rat* (Art. 30--41 alt, 25--37 neu) nötig machte und den Wegfall des Titels ,,Standeskommissiontt zur Folge hatte.

Die Regierung besteht nun aus 5 statt wie bisher aus 3 Mitgliedern und wird vom Volke, nicht mehr vom Großen Rate, gewählt (Art. 18 alte, Art. 18 und 25 neue Verfassung).

Die Änderung des Regierungssystems bringt es mit sich, daß gewisse Wahlrechte und andere Befugnisse, welche bisher dem Großen Rate und der Standeskommission zustanden, auf die Regierung übergehen (Art. 18, 25--29 alte, Art. 18 und 32 neue Verfassung).

VIII. A b s c h n i t t : R e v i s i o n d e r V e r f a s s u n g .

Für die Verfassungsinitiative (Art. 54 neu) bleibt wie bisher (Art. 58) die Stimmenzahl 5000 vorgeschrieben. Neu ist, daß auch Partialrevisionsbegehren auf dem Wege der Initiative an die Volksabstimmung gebracht werden können.

Tit.

Die Prüfung der einzelnen Artikel Jergiebt, daß diese neue Verfassung den in Art. 6 der Bundesverfassung aufgestellten Bedingungen der eidgenössischen Gewährleistung Genüge leistet.

Wir beantragen deshalb, ihr die Garantie des Bundes zu erteilen, indem wir Sie bitten, den unten folgenden Beschlußentwurf anzunehmen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 17. Januar

1893.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

die eidgenössische Gewährleistung der Verfassung des Kantons Graubünden vom 2. Oktober 1892.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des ßundesrates vom 17. Januar 1893 über die Verfassung des Kantons Graubünden vom 2. Oktober 1892, in B e t r a c h t : daß diese Verfassung nichts den Vorschriften der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthält; daß sie die Ausübung der politischen Rechte nach re-, publikanischen Formen sichert ; daß sie in der Volksabstimmung vom 2. Oktober 1892 von der absoluten Mehrheit der stimmenden Bürger angenommen worden ist; daß die absolute Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Bürger ihre Revision beschließen kann ; in Anwendung von Art. 6 der Bundesverfassung, beschließt: 1. Der Verfassung des Kantons Graubünden vom 2. Oktober 1892 wird die Bundesgarantie erteilt.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die eidgenössische Gewährleistung der Verfassung des Kantons Graubünden vom 2. Oktober 1892. (Vom 17.

Januar 1893.)

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18.01.1893

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