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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Zahnradbahn von Luzern auf den Sonnenberg.

(Vom 19. Juni 1893.)

Tit.

Mit Eingabe vom 26. April 1893 stellte Herr F. von S c h u m a c h e r , Ingenieur in Luzern, das Gesuch um Erteilung der Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Zahnradbahn von L u z e r n auf den S o n n en b e r g zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft.

Der Sonnenberg sei dem reisenden und Erholung suchenden Publikum schon genügend bekannt und brauche demselben nicht erst erschlossen zu werden, da er in allen Jahreszeiten den Zielpunkt einer Menge Spaziergänger und Touristen bilde. Wenn er auch noch nicht zu den Alpenregionen zähle, so gebe ihm seine Vegetation in den höher gelegenen Teilen den Charakter einer niedrig gelegenen, anmutigen Alp. Dazu käme der Vorzug der prächtigen Tannenwälder mit den vielen gut angelegten Fußpfaden,, die sich nahezu horizontal in der Richtung gegen das Renggloch hinzögen. Das Kurhaus Sonnenberg sei in den letzten Jahren stark besucht, und gerade die regelmäßig wiederkehrenden Gäste hätten den ersten Anstoß zur Anhandnahme des vorliegenden Projektes gegeben. Ebenso zeigten die Besitzer der umliegenden Güter lebhaftes Interesse an dem Unternehmen. Petent zweifle deshalb auch nicht, daß das auf die Bahn verwendete Geld gut angelegt sein werde.

Die Bahn nimmt ihren Anfang im Obergrund, am Ausgangspunkt der Luzern-Kriens - Bahn, durchschneidet die Säälimatte, überschreitet mit einer eisernen Brücke die Einfahrt zum neuen Centralbahnhof, steigt durch den Steinhof hinauf, geht dem Gigenwald entlang nach dem Hof Ober-Amlehn, von da in einer Gegenkurve und über den Rücken des Böschenhofes nach dem Wirtshaus Langfohre und von hier längs des südlichen Abhanges des Sonnenberges auf dessen höchsten Punkt, Sonnenberg-Kulm oder SignaL

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Die Länge der Bahn, horizontal gemessen, beträgt 3800 m., die Spurweite l m., die Maximalsteigung 148,88 °/eo, die Höhendifferenz 330,5 m., der Minimalradius 100 m. auf offener Strecke.

Als Zwischenstationen sind Haltstellen bei Steinhof, Ober-Amlehn und Kurhaus Sonnenberg vorgesehen, und zum Betrieb sollen elektrische Automobilen mit oberirdischer Stromzuführung dienen.

Der summarische Kostenvoranschlag berechnet für a. Expropriation Fr. 74,000 b. Bahnbau : 1. Unterbau Fr. 107,000 2. Oberbau und elektrische Anlage ,, 239,500 3. Hochbau und mechanische Einrichtungen ,, 17,900 4. Telephon, Signale und Verschiedenes ,, 13,700 ,, 378,100 c. Rollmaterial ,, 47,000 d. Mobiliar und Gerätschaften ,, 7,000 e. Verschiedenes und Unvorhergesehenes . . . ,, 10,000 Total Fr. 516,100 oder Fr. 136,000 per Kilometer der Bahnlänge.

Eine Rentabilitätsberechnung wird nicht aufgestellt.

Die konferenziellen Verhandlungen fanden unterm 16. Juni abbin statt und ergaben allseitige Zustimmung zu dem nachstehenden Konzessionsentwurf, welcher die für derartige Specialbahnen üblichen Bestimmungen enthält. Die in Art. 16 gewährten Taxen entsprechen ungefähr den unter ähnlichen Verhältnissen admittierten Ansätzen und können um so weniger beanstandet werden, als für die Bewohner ·von Luzern und Umgebung ermäßigte Taxen vorbehalten sind.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 19. Juni 1893.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

507.

(Entwurf.)

Bundesbeschluß

«

betreffend

Konzession einer elektrischen Zahnradbahn von Luzern auf den Sonnenberg.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht \. einer Eingabe des Herrn F. v. Schumacher, Ingenieur in Luzern, vom 26. April 1893; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 19. Juni 1893, beschließt: Dem Herrn F. v. S c h u m a c h e r , Ingenieur in Luzern, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Zahnradbahn von L u z e r n auf den S o n n e n b e r g , unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen, erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundes behörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Luzern.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitem Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung1 ist der Anfang mit den Brdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Bhmen \lk Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe der Bahn erforderlichen Einrichtungen, darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von einem Meter als elektrische Zahnradbahn mit oberirdischer Stromzuführung erstellt..

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantona Luzern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt in erster Linie die Beförderung von Personen und Gepäck ; Güter werden nur befördert, sofern das Betriebssystem es gestattet.

Zum Viehtransport ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

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Art. 13. Die Gesellschaft kann den Betrieb der Bahn auf die Sommersaison beschränken. Dem Bundesrat bleibt aber das Recht vorbehalten, im Falle des Bedürfnisses eine weitere Ausdehnung des Betriebes zu verfügen.

Im allgemeinen ist es der Gesellschaft anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzustellen. Immerhin sind alle Projekte, die sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Die Fahrgeschwindigkeit wird, der Betriebseröffoung vorausgehend, vom Bundesrate festgesetzt.

Art. 14. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

Art. 15. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Tjpus durch den Bundesrat genehmigt werden muß.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : für die Bergfahrt 50 Rappen, für die Thalfahrt 30 ,, per Kilometer der Bahnlänge.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen und für die zum Transport angenommenen Güter eine solche von 3,5 Rappen per 10 Kilogramm, im Minimum 40 Rappen, bezogen werden.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bedingungen Abonnementsbillets einzuführen.

Für die Bewohner von Luzern und Umgebung bleiben ermäßigte Taxen vorbehalten, welche der Bundesrat nach Anhörung der Gesellschaft festsetzen wird.

In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Ein-

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heiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 17. Die in Artikel 16 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Aufund Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

Art. 18. Für die Einzelheiten des Transportdieustes sind besondere Reglements und Tarife aufzustellen.

Art. 19. Die sämtlichen Reglements und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 20. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der ßundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 21. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesete über die Haftpflicht vom 1. Juli 1875 hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 22. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Luzern, gelten folgende Bestimmungen :

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a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefondsdazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 221/sfachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem I.Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20faehen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug des Erneuerungs - und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder eirfem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

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Art. 23. Hat der Kanton Luzern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es in Art. 22 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 24. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Zahnradbahn von Luzern auf den Sonnenberg. (Vom 19. Juni 1893.)

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21.06.1893

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